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Schlagwortarchiv für: Verbraucher Fernabsatzverträge

Monika Krizic

Grundlagen des Verbraucherwiderrufsrechts bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen

Aktuelles, Examensvorbereitung, Für die ersten Semester, Kaufrecht, Lerntipps, Rechtsgebiete, Schuldrecht, Startseite, Uncategorized, Verbraucherschutzrecht, Verschiedenes, Werkvertragsrecht, Zivilrecht

Gerade die besonders große Praxisrelevanz des Widerrufsrechts macht es auch nicht selten zum Inhalt von (Examens-)Klausuren. Der folgende Beitrag soll einen Überblick über das Widerrufsrecht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen schaffen. Dabei widmet sich unsere Gastautorin Monika Krizic insbesondere dessen gesetzlicher Systematik sowie vereinzelter Probleme. Die Autorin studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn.

I. Grundlegendes

Das Ausüben des Widerrufsrechts führt zum Erlöschen des Schuldverhältnisses. Hinsichtlich seiner Rechtsfolgen entspricht das Widerrufsrecht am ehesten dem Rücktritt. Dies verwundert auch nicht, wenn berücksichtigt wird, dass das Widerrufsrecht früher durch den Gesetzgeber als besonderes Rücktrittsrecht kategorisiert wurde (Völker, ZJS 2014, 602). Gleichwohl zeichnet sich das Widerrufsrecht auch dadurch aus, dass es keines besonderen Rechtsgrundes für die Vertragsaufhebung bedarf. So muss nicht etwa eine Schlecht- oder Nichtleistung vorliegen.  Vielmehr genügt im Ausgangspunkt die Eigenschaft als Verbraucher (Stürner, Europäisches Vertragsrecht, 2021, § 14 Rn. 1). Teleologisch dient das Widerrufsrecht dem Schutz des Verbrauchers in bestimmten Vertragssituationen, in denen er sich in einer unterlegenen Stellung befindet (Stürmer, JURA 2016, 26).

II. Tatbestandsvoraussetzungen

1. Widerrufsrecht

Gem. § 355 Abs. 1 S. 1 BGB muss ein Widerrufsrecht durch Gesetz eingeräumt werden. Für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und Fernabsatzverträge wird dies ausdrücklich in § 312g Abs. 1 BGB normiert. Daneben sieht das Gesetz u.a. auch bei Verbraucherdarlehensverträgen (§ 495 Abs. 1 BGB), unentgeltlichen Darlehensverträgen (§ 514 Abs. 2 S. 1 BGB) sowie Verbraucherbauverträgen (§ 650l S. 1 BGB) ein Widerrufsrecht vor.

a) Außergeschäftsraumvertrag

Die situativen Voraussetzungen für einen Vertrag, der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurde, werden in § 312b Abs. 1 S. 1 BGB geregelt. Maßgebliches Charakteristikum aller vier Nummern ist der Ort des Vertragsschlusses bzw. der Ort der Abgabe des Angebots (Weiler, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 5. Aufl. 2020, § 35 Rn. 9).

aa) Vertragsschluss an einem Ort, der kein Geschäftsraum ist

Geschäftsräume sind nach § 312b Abs. 2 S. 1 BGB unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt und bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt. Erfasst von Nr. 1 sind u.a. Vertragsschlüsse auf offener Straße, in der Privatwohnung oder in den Geschäftsräumen eines komplett unbeteiligten Unternehmens (Weiler, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 5. Aufl. 2020, § 35 Rn. 11).

Fall 1 (BGH Urt. v. 6.7.2023 – VII ZR 151/22)

A ist Eigentümer eines Hauses und beauftragt B für Handwerksarbeiten an den Dachrinnen. B möchte die Arbeiten bei A beginnen und baut dafür auch ein Gerüst auf. Während der Ausführung der Arbeiten bemerkt B zusätzlich, dass der Wandanschluss des Dachs defekt ist. Noch vor Ort teilt B dem A den zusätzlichen Arbeitsaufwand samt Größenordnung der Vergütung mit. Einen Tag später erklärt sich A mit den zusätzlichen Arbeiten einverstanden. Nach mangelfreier Erbringung der Arbeiten, möchte A den Vertrag widerrufen.

Fraglich war hier vor allen Dingen, ob es sich um einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag i.S.v. § 312b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB handelt. In örtlicher Hinsicht fanden Angebot und Annahme außerhalb der Geschäftsräume statt. Problematisch war indes die zeitliche Differenz zwischen den beiden Willenserklärungen. Ob auch solche Konstellationen unter § 312b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB fallen, musste der BGH durch Auslegung ermitteln.

Gegen eine solche Kategorisierung spricht in systematischer Hinsicht die bewusste Differenzierung des Gesetzgebers zwischen „Vertrag“ einerseits und „Angebot“ andererseits im Rahmen des § 312b Abs. 1 S. 1 BGB. Besonderes Augenmerk wurde aber auf Sinn und Zweck der Norm gelegt. Teleologisch soll der Verbraucher vor einer „Überremplungssituation“ geschützt werden. Diese besteht aber nicht, wenn der Verbraucher – wie in diesem Fall – eine Überlegzeit hatte. Dann ist er nicht mehr derart schutzwürdig (BGH Urt. v. 6.7.2023 – VII ZR 151/22, NJW 2023, 3082 Rn. 23, 24). Folglich wurde eine Subsumption unter § 312 b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB aufgrund des zeitlichen Auseinanderfallens von Angebot und Annahme abgelehnt.

bb) Angebotsabgabe des Verbrauchers an einem Ort, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist

Die situativen Umstände müssen ähnlich denen des § 312b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB sein. Der teleologische Hintergrund dieser Nummer liegt darin begründet, dass das Angebot für den Verbraucher bindend ist und der Vertragsschluss nur noch vom Unternehmer abhängt (Weiler, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 5. Aufl. 2020, § 35 Rn. 11).

cc) Vertragsschluss in den Geschäftsräumen des Unternehmers, wenn der Verbraucher unmittelbar zuvor außerhalb der Geschäftsräume persönlich und individuell angesprochen wurde

Auch hier ist ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Ansprechen und dem Vertragsschluss erforderlich, da nur so ein Überrumplungseffekt auf Seiten des Verbrauchers anzunehmen ist (Weiler, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 5. Aufl. 2020, § 35 Rn. 11).

dd) Organisierter Ausflug zur Bewerbung von Waren und zur Schließung von Verträgen

Bei Nr. 4 handelt es sich um sog. Kaffeefahrten, bei denen der Unternehmer den Ausflug bewusst als Kaufveranstaltung gestaltet (Schärtl, JuS 2014, 577, 579).

b) Fernabsatzvertrag

Daneben normiert § 312g Abs. 1 BGB auch für Fernabsatzverträge ein gesetzliches Widerrufsrecht. Die Definition dieser Vertragsart findet sich in § 312c Abs. 1 BGB. Sinn und Zweck dieses Widerrufsrechts ist es dem Informationsdefizit des Verbrauchers hinreichend Rechnung zu tragen. Dieses ergibt sich daraus, dass der Verbraucher bei der Verwendung von Fernkommunikationsmitteln nicht die Möglichkeit hat, die Ware oder Dienstleistung in Augenschein zu nehmen (Stürner, Europäisches Vertragsrecht, 2021, § 14 Rn. 3). Diese Ratio ist aber nicht tangiert, wenn Vertragsverhandlungen vor Ort stattfinden, der eigentliche Vertragsschluss dann aber unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande kommt (Weiler, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 5. Aufl. 2020, § 35 Rn. 20).

2. Ausschluss des Widerrufsrechts

Im Vergleich zu anderen Gestaltungsrechten des BGB wie etwa dem Rücktritt (§ 323 BGB), erfordert das Widerrufsrecht – außer den besonderen Vertragsschlussumständen – keine weiteren, besonderen materiellen Voraussetzungen. Allerdings darf mit Blick auf die zahlreichen Ausschlusstatbestände des § 312g Abs. 2 BGB nicht angenommen werden, dass das Widerrufsrecht uneingeschränkt weit ist. Die Gründe für einen solchen Ausschlusstatbestand sind vielfältig. Zum einen stehen hygienische Erwägungen dahinter (§ 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB) und zum anderen Fallgestaltungen, in denen eine Rückabwicklung des Vertrags für den Unternehmer besonders belastend ist, weil die Sache für ihn dann praktisch unbrauchbar wäre (Stürner, JURA  2016, 26, 28). Dies ist insbesondere der Fall bei schnell verderblichen Lebensmitteln, individuell gefertigten Waren oder Waren, die sich nach der Lieferung untrennbar mit anderen Gütern vermischen.

Fall 2 (BGH Urt. v. 20.10.2021 – I ZR 96/20)

B vertreibt Treppenlifte in unterschiedlichen Variationen. Zum einen besteht die Möglichkeit aus vorgefertigten Standardbauteilen eine gerade oder kurvenförmige Treppe zu errichten. Zum anderen kann aber auch ein individueller Kurventreppenlift mit individuell angefertigten Schienen errichtet werden. Zu Hause bei A, informiert B den A darüber. A wiederum entschließt sich für einen Kurventreppenlift mit individuell anzufertigenden Schienen. Einige Tage nach Vertragsschluss möchte A den Vertrag widerrufen.

Es lag ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag vor, sodass der Anwendungsbereich des Widerrufsrechts eröffnet war. Entscheidend Streitpunkt war aber ein etwaiger Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB. Demnach besteht ein Widerrufsrecht nicht bei Verträgen zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind.

Es müsste zunächst ein „Vertrag zur Lieferung von Waren vorliegen“. Lieferung i.d.S. meint die Besitzübertragung und Übereignung der Sache nach § 929 S. 1 BGB. Der Kauf- und Werklieferungsvertrag sind auf Lieferung gerichtet. Dienst- und Werkverträge sind hiervon jedoch nicht erfasst (Weiler, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 5. Aufl. 2020, § 35 Rn. 16).

Zur Abgrenzung dieser Vertragstypen stellte der BGH auf den Schwerpunkt der Leistung im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ab. Bilde die mit dem Warenumsatz verbundene Übertragung von Eigentum und Besitz den Schwerpunkt, sei ein Kauf- oder ein Werklieferungsvertrag anzunehmen. Liege hingegen die Montage- oder Bauleistung im Vordergrund, handle es sich vielmehr um einen Werkvertrag (BGH Urt. v. 20.10.2021 – I ZR 96/20, NJW-RR 2022, 121 Rn. 22).

Im konkreten Fall wurde betont, dass für A als Kunden die individuelle Erstellung eines Treppenlifts, der sich seinen Wohnverhältnissen anpasst, im Vordergrund stand. Demgegenüber nahm die Übereignung eine untergeordnete Rolle ein. Vor diesem Hintergrund wurde ein Werkvertrag angenommen und damit ein „Vertrag zur Lieferung von Waren“ i.S.v. § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB abgelehnt.

Fall 3 (BGH Urt. v. 3.7.2019 – VIII ZR 194/16)

B vertreibt als Onlinehändler Matratzen, welche A für private Zwecke über die Website des B bestellt. In der Rechnung befand sich eine „Widerrufsbelehrung für Verbraucher“, welche folgende Passage enthielt: „Ihr Widerrufsrecht erlischt in folgenden Fällen vorzeitig: ‚Bei Verträgen zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.‘“ In der Folgezeit wird die Matratze an A geliefert, welcher die Schutzfolie entfernt. Danach entschließt sich A jedoch den Kaufvertrag zu widerrufen.

Hier stand vor allen Dingen die Frage im Raum, ob die Matratze aufgrund der Entfernung der Schutzfolie „aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet“ war i.S.v. § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB. Dabei wurde zunächst betont, dass die Ausnahmevorschrift zu einem grundsätzlich gegebenen Widerrufsrecht eng auszulegen ist. Entscheidend sei vor allen Dingen der Aspekt, ob sich die Ware noch mit verhältnismäßigem Aufwand wieder „verkehrsfähig“ machen lasse (BGH Urt. v. 3.7.2019 – VIII ZR 194/16, NJW 2019, 2842 Rn. 19). Hinsichtlich Matratzen wurde ausgeführt, dass auch nach der Rücksendung eine Reinigung oder Desinfektion durch den Unternehmer möglich sei, da gerade auch ein separater Markt für die Reinigung dieser bestehe (BGH Urt. v. 3.7.2019 – VIII ZR 194/16, NJW 2019, 2842 Rn. 20). Vor diesem Hintergrund wurde die Einschlägigkeit des Ausnahmetatbestands verneint.

3. Widerrufserklärung
a) Erklärung des Widerrufs

Gem. § 355 Abs. 1 S. 2 BGB erfolgt der Widerruf durch die Widerrufserklärung. Wie bei anderen Gestaltungsrechten auch, muss der Begriff „Widerruf“ nicht ausdrücklich erwähnt werden, vielmehr reicht es aus, wenn sich dies gem. §§ 133, 157 BGB aus den Umständen ergibt. Ein bloßes Rücksenden der Ware wird dem aber nicht gerecht, da § 355 Abs, 1 S. 3 BGB eine Erklärung verlangt. Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen besteht für den Unternehmer zusätzlich noch die Möglichkeit ein Muster-Widerrufsformular zur Verfügung zu stellen, § 356 Abs. 1 S.1 BGB. Dies gestaltet die Rückabwicklung des Vertrags für beide Parteien einfacher: Der Unternehmer kann den Vertrag unmittelbar dem Kundenkonto zuordnen und dem Verbraucher wird aufgrund von § 356 Abs. 1 S. 3 BGB unverzüglich der Zugang des Widerrufs bestätigt (Stürner, JURA 2016, 26, 31).

b) Frist

Grundsätzlich beträgt die Widerrufsfrist für alle Verträge 14 Tage, § 355 Abs. 2 S. 1 BGB. Ihr Beginn wiederum richtet sich nach den Besonderheiten des jeweiligen Vertrags. Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen sind die besonderen Regelungen des § 356 BGB zu beachten. Besonders praxisrelevant ist dabei § 356 Abs. 2 Nr. 1 lit. a BGB, wonach bei einem Verbrauchsgüterkauf (§ 474 Abs. 1 BGB) die Widerrufsfrist erst mit Erhalt der Ware beginnt.

Von besonderer Relevanz im Rahmen dieses Tatbestandsmerkmals ist die Widerrufsbelehrung. Denn bleibt diese aus oder ist sie fehlerhaft, so hat dies gravierende Konsequenzen für den Unternehmer. So endet das Widerrufsrecht gem. § 356 Abs. 3 S. 2 BGB spätestens nach zwölf Monaten und 14 Tage nach den in § 356 Abs. 2 BGB jeweils genannten Zeitpunkten.

Jedoch ist die Wertung des Art. 10 Abs. 2 der Verbraucherrechte-Richtlinie (RL 2011/83/EU) zu beachten. Demnach gilt wieder die Widerrufsfrist von 14 Tagen, wenn der Unternehmer den Verbraucher nachträglich belehrt hat. Zwar wird dies nicht explizit in § 356 Abs. 3 BGB erwähnt, muss sich jedoch aus einer richtlinienkonformen Auslegung ergeben (Koch, JZ 2014, 758, 761).

4. Rechtsfolgen

Mit Ausüben des Widerrufsrechts wandelt sich das primäre Schuldverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis um. Die allgemeine Rechtsfolge beinhaltet § 355 Abs. 3 S. 1 BGB, wonach im Falle des Widerrufs die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren sind. Besondere Regelungen für den Außergeschäftsraum- und den Fernabsatzvertrag finden sich wiederum in §§ 357, 357a BGB. Besonders erwähnenswert ist hierbei zum einen das Zurückbehaltungsrecht des Unternehmers nach § 357 Abs. 4 S. 1 BGB. Dadurch dass dieses Zurückbehaltungsrecht bereits erlischt, wenn der Verbraucher nur den Nachweis der Rücksendung erbracht hat, kommt es zu keiner übermäßigen Belastung des Verbrauchers (Koch, JZ 2014, 758, 762). Darüber hinaus kann dem Unternehmer für seine Ware ein Wertersatzanspruch in zwei Fällen zustehen. Zum einen ist dies gem. § 357a Abs. 1 Nr. 1 BGB der Fall, wenn der Wertverlust auf einen Umgang mit der Ware zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaft und der Funktionsweise der Ware nicht notwendig war. In teleologischer Hinsicht wird hier dem Interesse des Unternehmers an einem neuen Verkauf begegnet, wobei er aber auch die Beweislast dafür trägt (Koch, JZ 2014, 758, 753). Daneben hat der Verbraucher auch dann Wertersatz zu leisten, wenn eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung stattgefunden hat, wobei dieser Anspruch verschuldensunabhängig ist.

III. Zusammenfassung

Ein Überblick über das Widerrufsrecht zeigt, dass der Gesetzgeber dies in vielerlei Hinsicht verbrauchergünstig geregelt hat. Gleichwohl ist auch zu beachten, dass die typisierenden und abstrakten Regelungen stets versuchen einen angemessenen Interessenausgleich zwischen Verbrauchern und Unternehmern zu erzielen.

14.10.2024/1 Kommentar/von Monika Krizic
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Monika Krizic https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Monika Krizic2024-10-14 12:53:222024-11-27 18:18:52Grundlagen des Verbraucherwiderrufsrechts bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen
Samuel Ju

BGH: Widerrufsrecht des Verbrauchers im Fernabsatz besteht auch bei sittenwidrigem Vertrag über ein Radarwarngerät

BGB AT, Schon gelesen?, Schuldrecht, Zivilrecht, Zivilrecht

Der BGH hat in einer Entscheidung vom 25.11.2009 entschieden, dass bei einem Fernabsatzgeschäft auch dann ein Widerrufsrecht des Verbrauchers besteht, wenn es einen Kaufvertrag über ein Radarwarngerät zum Gegenstand hat, der eigentlich wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist.
Sachverhalt
Nach einem telefonischen Werbegespräch vom 1. Mai 2007 bestellte die Klägerin am darauf folgenden Tag per Fax einen Pkw-Innenspiegel mit einer unter anderem für Deutschland codierten Radarwarnfunktion zum Preis von 1.129,31 € (brutto) zuzüglich Versandkosten. Der von der Klägerin ausgefüllte Bestellschein enthält unter anderem den vorformulierten Hinweis: „Ich wurde darüber belehrt, dass die Geräte verboten sind und die Gerichte den Kauf von Radarwarngeräten zudem als sittenwidrig betrachten.“ Die Lieferung des Gerätes erfolgte per Nachnahme am 9. Mai 2007. Am 19. Mai 2007 sandte die Klägerin das Gerät an die Beklagte zurück und bat um Erstattung des Kaufpreises. Die Beklagte verweigerte die Annahme des Gerätes und die Rückzahlung des Kaufpreises. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin unter anderem die Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises zuzüglich 8,70 € Rücksendungskosten, insgesamt 1.138,01 €. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage stattgegeben. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Grundsätzlich ist der Kaufvertrag über den Erwerb eines Radarwarngeräts nach der Rechtsprechung des Senats sittenwidrig und damit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Der Kauf eines Radarwarngeräts, das aufgrund seiner Codierung zum Einsatz im deutschen Straßenverkehr bestimmt ist, diene der Begehung eines nach § 23 Abs. 1 b der StVO verbotenen Verhaltens im Straßenverkehr, durch das Geschwindigkeitskontrollen unterlaufen und Geschwindigkeitsübertretungen mit den damit verbundenen Gefahren für Leib und Leben Dritter begünstigt werden. Ein solches Rechtsgeschäft, das letztlich darauf gerichtet sei, die Sicherheit im Straßenverkehr zu beeinträchtigen, verstöße gegen die guten Sitten und sei deshalb von der Rechtsordnung nicht zu billigen (§ 138 Abs. 1 BGB). Zwar untersagt § 23 Abs. 1 b StVO nicht schon den Erwerb eines Radarwarngeräts, sondern erst dessen Betrieb oder betriebsbereites Mitführen im Kraftfahrzeug. Jedoch sei dies eine unmittelbare Vorbereitungshandlung für dessen Betrieb. Deshalb sei bereits ein solcher Erwerb rechtlich zu missbilligen – so der BGH in seinem Urteil vom 23. Februar 2005 (VIII ZR 129/04, NJW 2005, 1490 f.) Dies entspricht auch der nahezu einhelligen Auffassung in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und im rechtswissenschaftlichen Schrifttum.
Das Recht der Klägerin, sich von dem Fernabsatzvertrag zu lösen, wird davon jedoch nicht berührt. Ein Widerrufsrecht nach §§ 312d, 355 BGB beim Fernabsatzvertrag ist unabhängig davon gegeben, ob die Willenserklärung des Verbrauchers oder der Vertrag wirksam ist. Der Sinn des Widerrufsrechts beim Fernabsatzvertrag besteht darin, dem Verbraucher ein an keine materiellen Voraussetzungen gebundenes, einfach auszuübendes Recht zur einseitigen Loslösung vom Vertrag in die Hand zu geben, das neben den allgemeinen Rechten besteht, die jedem zustehen, der einen Vertrag schließt.
Der Senat ist der Auffassung entgegengetreten, nach der sich der Verbraucher bei einer Nichtigkeit des Vertrages dann nicht auf sein Widerrufsrecht berufen könne, wenn er den die Vertragsnichtigkeit nach §§ 134, 138 BGB begründenden Umstand jedenfalls teilweise selbst zu vertreten habe. Ein Ausschluss des Widerrufsrechts wegen unzulässiger Rechtsausübung kann nur bei besonderer Schutzbedürftigkeit des Unternehmers in Betracht kommen. Daran fehlt es jedoch, wenn – wie in diesem Fall – beiden Parteien ein Verstoß gegen die guten Sitten zur Last fällt.
BGH, Urteil vom 25. November 2009 – VIII ZR 318/08
Andere Fallkonstellation: BGH-Urteil aus dem Jahr 2005
Dieser Fall unterscheidet sich in seiner Fallkonstellation von einem Urteil des BGH vom 23. Februar 2005 – VIII ZR 129/04, NJW 2005, 1490. Dort ging es ebenfalls um die Rückabwicklung eines sittenwidrigen Kaufvertrages über ein Radarwarngerät. Jedoch hatte die Klägerin nicht ein Widerrufsrecht nach § 312 d BGB geltend gemacht. Vielmehr ging es in diesem Fall um die Rückabwicklung des wegen Sittenwidrigkeit nichtigen Kaufvertrages wegen angeblicher Mängel. Vertragliche Mängelgewährleistungsansprüche kamen wegen Nichtigkeit des Vertrages nicht in Betracht. Auch ein Anspruch auf Rückzahlung des zur Erfüllung des nichtigen Vertrages geleisteten Kaufpreises stand der Klägerin nicht zu. Nach § 817 Satz 2 BGB ist der Rückforderungsanspruch ausgeschlossen, wenn beiden Parteien ein Verstoß gegen die guten Sitten zur Last fällt. Zwar zog die Beklagte (Verkäuferin) infolge der Anwendung des § 817 Satz 2 BGB aus dem sittenwidrigen Vertrieb von Radarwarngeräten wirtschaftliche Vorteile. Jedoch traf der Ausschluss des Rückforderungsanspruchs die Klägerin, wie der BGH ausgeführt hat, auch unter Berücksichtigung dieses Umstands nicht unbillig, da die Klägerin ebenfalls sittenwidrig handelte und dem verbotenen Verhalten noch näher stand als die Beklagte, weil sie das Radarwarngerät zu dem Zweck erwarb, es entgegen dem Verbot in der StVO zu verwenden.
BGH, Urteil vom 23. Februar 2005 – VIII ZR 129/04
Examensrelevanz
Zwei sehr interessante und examensrelevante BGH-Entscheidungen, die man gut auch in Form eines Grundfalls mit einer Abwandlung (BGH-Urteil aus dem Jahr 2005) im Rahmen einer Zivilrecht Examensklausur prüfen könnte. Bei einer möglichen Fallfrage „Was kann die Klägerin unternehmen?“ in der Klausur wäre die Schwierigkeit gewesen, überhaupt erst einmal drauf zu kommen, dass ein Widerrufsrecht nach §§ 312d, 355 BGB beim Fernabsatzvertrag gegeben sein könnte, unabhängig davon, ob die Willenserklärung des Verbrauchers oder der Vertrag als ganzes wirksam ist oder nicht.

28.11.2009/8 Kommentare/von Samuel Ju
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Samuel Ju https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Samuel Ju2009-11-28 11:32:402009-11-28 11:32:40BGH: Widerrufsrecht des Verbrauchers im Fernabsatz besteht auch bei sittenwidrigem Vertrag über ein Radarwarngerät

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