Erstmalig hat nun das LG Frankfurt ein Fahrverbot für einen privaten Faher, der seine Dienste über die App Uber angeboten hat, erteilt (s. https://beck-aktuell.beck.de/news/lg-frankfurt-am-main-taxifahrer-erwirkt-einstweilige-verf-gung-gegen-uber-fahrer). Auch hier handelt es sich um ein wettbewerbsrechtliches Verfahren, sodass die Ausführungen in unserem Uber-Artikel übertragbar sind.
Als kurze, schlagwortartige Zusammenfassung: Mangels erforderlichem Personenbeförderungsscheins verstoßen sowohl Uber als auch die Fahrer gegen das PBefG. Dieses stellt eine Marktverhaltensregel nach § 4 Nr. 11 UWG dar, sodass Konkurrenten diesen Verstoß vor den Zivilgerichten geltend machen können.
Dennoch empfehle ich, sich anhand des Artikels in das UWG und PBefG einzuarbeiten – gerade für eine anstehende mündliche Prüfung.
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Wir freuen uns heute einen Gastbeitrag von Janis Beckedorf veröffentlichen zu können. Inhaltlich setzt er sich mit der neuen Praxis von Amazon auseinander Kunden ihre Accounts aufgrund zu häufiger Rücksendungen zu sperren.
I. Sachverhalt
Wer Ware bei Amazon bestellt, kann sämtliche Produkte innerhalb von 30 Tagen zur Erstattung zurücksenden. So lauten jedenfalls die AGB von Amazon, denn der Onlineshop gewährt seinen Kunden über das gesetzliche Widerrufsrecht hinaus eine freiwillige Rückgabegarantie.
Ganz im Gegensatz zu diesem kundenfreundlichen Verhalten wurde nun eine neue Praxis von Amazon bekannt: Einige Kunden erhielten ohne Vorwarnung eine E-Mail des Onlineshops, ihr Kundenkonto werde aufgrund „wiederholter Überschreitung der hausüblichen Anzahl von Retouren“ gesperrt. Der Onlineshop möchte durch derartige Maßnahmen die hohen Retourkosten reduzieren. Auf Nachfragen weist Amazon darauf hin, dass sie „eine Sperrung nicht ohne gründliche Prüfung des Gebrauchs der Rücksendemöglichkeit vornehmen“. Ihre Entscheidung sei jedoch endgültig und sie bitten keine neuen Kundenkonten zu eröffnen. Auf Grund der Größe des Onlineshops hat die Sperrung teilweise erhebliche Einschränkungen für die Betroffenen zur Folge.
Inwiefern Amazon weiterhin als kundenfreundlich gelten kann, wird sich in der Handhabung ähnlicher Fälle in der Zukunft zeigen. Jedoch könnte sich Amazon auch bei den bisherigen Sperrungen rechtswidrig verhalten haben. Aus rechtlicher Sicht könnte sich dies zum einen daraus ergeben, dass Amazon einem gesetzlich nicht abdingbaren Widerrufsrecht entgegenwirke, zum anderen dass der ausgeübte Druck eine unlautere geschäftliche Handlung nach dem UWG darstelle. Des Weiteren kann eine AGB-Kontrolle dahinstehen, da die Praxis von Amazon nicht in ihren AGB festgelegt wird.
II. Das Widerrufsrecht
§§ 355 I 1, 312d I 1 BGB statuieren für Verträge, die im Fernabsatz geschlossen wurden ein Widerrufsrecht. Dieses steht auch den Kunden von Amazon zu. § 312i BGB erweitert den Rechtschutz der Kunden dahingehend, dass man von den gesetzlichen Vorschriften weder zum Nachteil des Verbrauchers abweichen darf (S. 1), noch diese durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden können (S. 2).
Dass ein solches Widerrufsrecht bei Verträgen mit Amazon besteht, wird von keiner Seite bestritten. Allerdings übt der Onlineshop erheblichen Druck auf die Kunden aus, dieses nicht wahrzunehmen. Daraus ergibt sich die Problematik, ob dieser Druck eine für § 312i BGB relevante Abweichung oder Umgehung des gesetzlichen Widerrufsrecht darstellt, denn faktisch kann der Kunde sich nicht mehr folgenlos von seiner Willenserklärung lösen.
1. Abweichung von den Vorschriften zum Nachteil des Verbrauchers
Wie oben dargestellt besteht für den konkreten Vertrag unstreitig ein Widerrufsrecht. Somit steht eine Änderung der tatsächlichen Rechtsposition des Kunden bezüglich des konkreten Kaufvertrages nicht in Frage. Da der Druck von Amazon erst auf der faktischen Ebene wirkt, liegt eine rechtliche Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften über das Widerrufsrecht zum Nachteil des Verbrauchers iSd § 312i S. 1 BGB nicht vor.
2. Umgehung durch anderweitige Gestaltungen
Dieser Druck könnte allerdings eine Umgehung nach § 312i S. 2 BGB darstellen. Dabei ist zu beachten, dass hier dem Kunden zwar ein Widerrufsrecht eröffnet wird, der faktische Druck allerdings bei der anschließenden Wahl des Kunden ansetzt, das Widerrufsrecht nicht auszuüben.
Daher stellt sich zunächst die Frage, ob eine an den Tatbestand anschließend wirkende faktische Beeinträchtigung der Ausübung des Widerrufsrechts eine Umgehung iSd § 312i S. 2 BGB sein kann.
Dafür spricht, dass der Wortlaut von § 312 S.2 BGB nicht nur das Abweichen von Vorschriften, sondern jegliche Gestaltungen, die zur Umgehung führen, umfasst. Es handelt sich bei § 312i BGB um die Konkretisierung mehrerer EU-Richtlinien, wie beispielsweise Art. 12 I der Fernabsatzrichtlinie (97/7/EG). Dort wird die Möglichkeit auf Rechte zu verzichten umfänglich ausgeschlossen. Dieses weit gefasste Umgehungsverbot findet sich auch in der Struktur von § 312i BGB wieder, da dort nicht nur Abweichung von Vorschriften, sondern explizit auch anderweitige Gestaltungen geregelt werden. Es spricht daher auch die Umsetzung der Richtlinie für eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf faktische Hinderungen der Ausübung des Widerrufsrechts.
Somit ist der seitens Amazon ausgeübte Druck zunächst von dem Umgehungsverbot erfasst. Dies hätte zur Folge, dass Amazon nicht grundlos ein Kundenkonto sperren dürfte. Der Onlineshop müsste folglich, solange keine besonderen Gründe vorliegen, mit jedem Kunden Verträge schließen. Grundrechtlich liegt jedoch die Entscheidung, ob es zu einem weiteren Vertrag kommt, aufgrund der grundrechtlich geschützten Vertragsfreiheit (Art. 2 I GG) bei beiden Vertragsparteien, also auch bei Amazon. Wenn man in dem Verhalten von Amazon eine unzulässige Umgehung sieht, wird Amazon jedoch die Entscheidung, einen weiteren Vertrag abzuschließen, genommen. Dies widerspricht der grundrechtlich geschützten Privatautonomie nach hier vertretener Auffassung in so erheblichem Maße, dass eine grundrechtskonforme Auslegung einem so weiten Verständnis von Umgehungen nach § 312i S. 2 BGB entgegensteht. Daher ist Amazons Praxis nach dem BGB rechtmäßig.
III. Unlautere geschäftliche Handlung
Dennoch könnte Amazons Verhalten die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher durch Ausübung von Druck nach § 4 Nr. 1 Var. 1 UWG unlauter beeinträchtigen.
Hierbei ist jedoch die Schutzrichtung von § 4 UWG zu beachten: Es wird dort die Freiheit geschützt, sich zwischen den Angeboten verschiedener Unternehmen entscheiden zu können (Sosnitza in: Piper/Ohly/Sosnitza, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 5. Auflage 2010, § 4 UWG, Rn. 1.4.). Vorliegend liegt jedoch kein Druck vor, der sich auf die Entscheidung zwischen verschiedenen Unternehmen richtet, sondern es ist die Ausübung eines Widerrufsrechts betroffen. Daraus ergibt sich, dass die hier in Rede stehende Geschäftspraxis von Amazon aus teleologischen Gesichtspunkten keinen Verstoß gegen § 4 UWG darstellt, sodass Amazons Verhalten auch nach Maßgabe des UWG rechtmäßig ist.
Sonderfall: Kindlebesitzer
Kindlebesitzer (der Kindle ist ein E-Book-Reader von Amazon) sind besonders hart von einer Kontosperrung betroffen, da die Geräte darauf ausgelegt sind, nach dessen Kauf weitere E-Books von Amazon zu beziehen. Nach einer Sperrung des Kontos ist es ihnen jedoch nicht mehr möglich, neue E-Books über Amazon zu erwerben. Bezüglich des Kaufes der einzelnen E-Books ist Amazons Verhalten wie oben zu bewerten. Jedoch bleibt zu diskutieren, ob es Teil der Geschäftsgrundlage (§ 313 I BGB) des Kindlekaufes ist, dass Amazon dem Kunden nicht ohne einen sachlichen Grund und einer vorherigen Abmahnung den Kauf von neuen E-Books verweigert. Damit dies Teil der Geschäftsgrunde ist, muss es mindestens von einer Partei bei Vertragsschluss vorausgesetzt worden sein und die andere hätte sich redlicherweise auf eine solche Vertragsbedingung einlassen müssen. Es ist zu beachten, dass Amazon kein Interesse hat, sich nach Vertragsschluss derartig zu binden. Die Möglichkeit bei Amazon E-Books zu kaufen, ist eine wesentliche Funktion des Kindles, jedoch bleibt es weiterhin möglich von anderen Onlineshops ungeschützte E-Books zu beziehen und diese auf dem Kindle zu lesen, sodass nach der Sperrung ein Kindle für den Nutzer weiterhin brauchbar ist. Somit ist auch das Vorliegen einer Geschäftsgrundlage zu verneinen und Amazons Verhalten als rechtmäßig einzustufen.
Der Autor studiert zur Zeit Jura an der Bucerius Law School in Hamburg.
Das OLG Bremen hatte am 05.10.2012, Az: 2 U 49/12, einerseits darüber zu entscheiden, ob die Angabe der Lieferfrist im Online-Handel mit „Voraussichtliche Versanddauer: 1-3 Werktage“ wettbewerbswidrig ist. Andererseits ging es um die Frage, wie eine klare und verständliche Widerrufsbelehrung ausgestaltet sein muss.
Leitsätze (des Verfassers):
- Die Angabe der Lieferzeit mit „Voraussichtliche Versanddauer: 1-3 Werktage“ verstößt gegen § 308 Nr. 1 BGB und ist daher wettbewerbswidrig.
- Eine Widerrufsbelehrung, die vom Verbraucher nur durch Herunterscrollen auf der betreffenden Internetseite erreicht werden kann, während die für die Kaufentscheidung wesentlichen Informationen bereits am Anfang der Seite unmittelbar einsehbar sind, entspricht den Anforderungen des Art. 246 § 1 Nr. 10 EGBGB nicht.
Sachverhalt:
Die Parteien sind Wettbewerber im Handel mit Bar- und Partyartikeln. Die Klage richtet sich gegen eine von der Beklagten im Internet auf der Handelsplattform Amazon geschaltete Werbung für einen Shaker. Von der Klägerin wird diesbezüglich beanstandet, dass eine klare und verständliche Widerrufsbelehrung fehle und zudem die Angabe „Voraussichtliche Versanddauer: 1-3 Werktage“ zu unbestimmt und daher unzulässig sei. Diese Regelung findet sich im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit Angaben über Versandkosten, Garantie u.ä. Die Regelung zum Widerrufsrecht ist mit „Umtausch & Rücknahme“ überschrieben und befindet sich am unteren Ende der Seite, die nur durch Herunterscrollen vom Verbraucher erreichbar ist.
Die Klägerin (im Folgenden K) beantragt, die Beklagte (im Folgenden B) zum Unterlassen eines derartigen Warenangebots zu verurteilen.
Entscheidung:
Das OLG Bremen hat dem Unterlassungsantrag stattgegeben.
I. Anspruch auf Unterlassung aus § 8 I 1 UWG
Der K kann ein Anspruch auf Unterlassung aus § 8 I 1 UWG zustehen. Dazu wäre erforderlich, dass die B eine unzulässige geschäftliche Handlung vorgenommen hätte.
1. Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG
In Betracht kommt vorliegend ein Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG. Dann müsste die B vorliegend einer Vorschrift zuwider gehandelt haben, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.
a) § 308 Nr. 1 BGB
Als verletzte Norm kommt hier § 308 Nr. 1 BGB in Betracht.
Diese Vorschrift enthält Vorgaben für die Ausgestaltung wirksamer AGB. Grund für diese strikten Vorgaben, die gleichzeitig die Privatautonomie der Parteien beschränken, ist der Verbraucherschutz. Verbraucher ist gemäß § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zuzuordnen ist.
Der Verbraucher ist auch Marktteilnehmer gemäß § 8 I 1 UWG. Hätte die B vorliegend gegen § 308 Nr. 1 BGB verstoßen, so wäre darin auch ein Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG zu sehen. Der Unterlassungsanspruch wäre dann gemäß § 8 I 1 UWG begründet, da die K als Wettbewerber der B auch befugt wäre, die Verletzung zu rügen.
Fraglich ist daher, ob ein Verstoß gegen § 308 Nr. 1 BGB vorliegt.
aa) Vorliegen von AGB
Dann müsste es sich zunächst überhaupt um AGB handeln, die in den einzelnen Vertrag der B mit einem Verbraucher einbezogen würden.
AGB sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Vertragsschluss stellt, § 305 I 1 BGB. Vorliegend handelte es sich bei der Bestimmung der Lieferzeit um eine essentielle Angabe des Vertragsinhalts, wie das Gericht feststellte. Diese Regelung könnte nach §§ 133, 157 BGB nur so verstanden werden, dass der Leistungszeitpunkt verbindlich festgelegt werden soll. Keinesfalls handle es sich dabei um einen bloßen Hinweis oder eine Werbeaussage. Das ergebe sich bereits aus dem unmittelbaren Kontext der Regelung, da in diesem auch Angaben zu Garantie, Rücknahme- und Versandkosten enthalten seien.
Es handelt sich daher vorliegend um AGB.
bb) Einbeziehung in den Vertrag
Diese würden aufgrund unmittelbarer Kenntnisnahmemöglichkeit durch den vertragsschließenden Verbraucher auch Vertragsbestandteil gemäß § 305 II BGB.
Die Klausel ist auch nicht überraschend, § 305 c I BGB. Auch lag in diesem Fall keine vorrangige Individualabrede vor, § 305 b BGB.
cc) Inhaltskontrolle
Die Bestimmung der Leistungszeit mit der Angabe „Voraussichtliche Versanddauer: 1-3 Werktage“ weicht auch von der gesetzlichen Regelung ab, wie § 307 III 1 BGB fordert. Gemäß § 271 BGB ist die Leistung im Zweifel sofort fällig,
Damit kann die Bestimmung einer Inhaltskontrolle unterzogen werden.
Zu prüfen ist, ob gegen Klauselverbote verstoßen worden ist.
Das Vorliegen eines Klauselverbotes ohne Wertungsmöglichkeit nach § 309 BGB ist nicht ersichtlich.
In Betracht kommt aber ein Klauselverbot mit Wertungsmöglichkeit nach § 308 Nr. 1 BGB. Dann müsste vom Verwender vorliegend eine Bestimmung getroffen worden sein, durch die er sich unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält. Vorliegend kommt eine nicht hinreichende Bestimmung der Leistungszeit in Betracht. Dazu führt das Gericht aus, dass durch die Verwendung des Begriffs „voraussichtlich“ eine zu starke Subjektivierung der Leistungszeit eintritt. Dies hätte für den Verbraucher zur Folge, dass es ihm nicht möglich sei, mit hinreichender Sicherheit den Fälligkeitszeitpunkt für die Leistung zu bestimmen. Das wiederum führe dazu, dass er außerstande gesetzt werde, festzustellen, wann er seine Rechte insbesondere aus §§ 281, 323, 280 I, II, 286 geltend machen kann. Mangels Definition von Ausnahmefällen sei die Leistungszeit im Einzelfall völlig undurchsichtig und damit unangemessen.
Das Gericht nimmt auch Bezug auf die Rechtsprechung zur Angabe der Lieferfrist mit „in der Regel“. Mit gleicher Begründung wurde hier eine hinreichende Bestimmbarkeit der Leistungsfrist abgelehnt.
Anders soll es jedoch liegen, werde die Lieferfrist mit „ca. 3 Tage“ angegeben. Durch Bezugnahme auf ein hierzu ergangenes Urteil wird diese Rechtsprechung erneut vom OLG bestätigt. Die Differenzierung wird damit begründet, dass sich bei dieser Formulierung die Lieferzeit nach dem Verständnis des Kunden hinreichend zuverlässig eingrenzen lasse. Der Leistungszeitpunkt sei hierdurch im Wesentlichen festgelegt, auch wenn er im Einzelfall Schwankungen unterliegen könne. Dieses Maß an Relativierung sei aber im Gegensatz zu derjenigen, die mit Gebrauch des Begriffs „voraussichtlich“ einhergehe, noch hinnehmbar.
Nach Ansicht des Gerichts nicht wegen fehlender Bestimmtheit unzulässig ist der Begriff „Versanddauer“. Unter diesem habe der verständige Verbraucher nicht lediglich die Postlaufzeit, sondern den gesamten Vorgang bis zur Auslieferung der Ware zu verstehen. Damit umfasse dieser Begriff Verpackung, Auslieferung und Postversand.
Die Verwendung des Begriffs „voraussichtlich“ ist folglich zu unbestimmt gemäß § 308 Nr. 10 BGB. Die Klausel ist somit unwirksam.
Durch Verstoß gegen § 308 Nr. 1 BGB liegt auch eine unlautere geschäftliche Handlung nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG vor.
b) Verstoß gegen Art. 246 § 1 Nr. 10 EGBGB wegen fehlender Widerrufsbelehrung
Des Weiteren stellt das Gericht fest, dass keine hinreichende Information des Verbrauchers über ein bestehendes Widerrufsrecht vorläge. Während die Tatsache allein, dass dieses nicht als Widerrufsbelehrung sondern als Umtausch und Rückgabe deklariert wurde, noch nicht zwangsläufig zum Fehlen einer Widerrufsbelehrung führe, wäre ein solches Fehlen wegen Verstoßes gegen Art. 246 § 1 Nr. 10 EGBGB aber darin zu sehen, dass der Verbraucher zum unteren Ende der Angebotsseite herunterscrollen müsste, um auf den Hinweis zu stoßen. Der durchschnittliche Kunde werde im Regelfall keine Veranlassung sehen dies zu tun, wenn bereits im oberen Bereich der Angebotsseite alle für die Kaufentscheidung wesentlichen Informationen verfügbar seien.
2. Zwischenergebnis
Durch Verstoß sowohl gegen § 308 Nr. 1 BGB als auch gegen Art. 246 § 1 Nr. 10 EGBGB liegt auch eine unlautere geschäftliche Handlung nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG vor.
II. Endergebnis
Ergebnis ist damit, dass der Unterlassungsanspruch gemäß § 8 I 1 UWG begründet ist. Der Klage war somit stattzugeben.
Stellungnahme:
Der Einschätzung des OLG Bremen zur fehlenden hinreichenden Bestimmbarkeit der Angabe „Voraussichtliche Versanddauer: 1-3 Werktage“ ist meines Erachtens zuzustimmen. Darin liegt eine vollkommen undurchsichtige Lieferzeitbestimmung, da für den Verbraucher nicht ersichtlich wird, nach welchen Kriterien sich eine eventuelle Abweichung richten soll. Die dadurch getroffene Relativierung ist unangemessen im Sinne des § 308 Nr. 1 BGB.
Nicht einleuchtend erscheint zunächst jedoch die Begründung, mit der im Falle der Lieferzeitbestimmung mit „ca. 3 Tage“ eine hinreichende Bestimmbarkeit erneut bestätigt wird. „Ca.“ bedeutet nichts anderes als „ungefähr“. Eine ungefähre Lieferzeit von 3 Tagen liegt aber auch bei einer voraussichtlichen Lieferzeit von 3 Tagen vor. In beiden Fällen werden Ausnahmefälle nicht definiert und sind für den Verbraucher daher intransparent.
Zu bedenken ist jedoch, dass gerade im Online-Handel eine klare Angabe zur Lieferzeit nicht immer realisierbar ist. Es sind diverse Umstände denkbar, die gerade im Rahmen eines solchen Fernabsatzgeschäfts zu unkalkulierbaren Verzögerungen führen können. Die „Stationen“, die die Ware durchlaufen muss, um letztlich beim Verbraucher einzugehen, sind ungleich vielfältiger als bei stationären Kaufgeschäften. Würde man dem Betreiber eines Online-Shops auferlegen, eine exakte Leistungszeit anzugeben, so stellte dies wiederum eine unzumutbare Beeinträchtigung seiner Interessen durch den unmittelbaren Eintritt diverser Rechtsfolgen bei Überschreiten dieser Leistungszeit dar, was – wie gesehen – aufgrund verschiedener Faktoren der Fall sein könnte.
Es erscheint daher durchaus legitim, dem Unternehmer hier einen gewissen Spielraum einräumen zu wollen. Der Ansatz des Gerichts ist daher nachvollziehbar, wenn auch meiner Ansicht nach mangels genauerer Begründung der Differenzierung zwischen den Begrifflichkeiten missglückt. Das Argument eines geringeren Subjektivierungsgrades wegen Differenzierungen im allgemeinen Sprachgebrauch ist jedenfalls – wie aufgezeigt – nicht tragend.
Gastautorin: Maria Lohse, Jurastudium an der Universität Hamburg und der Karlsuniversität Prag, 1. Staatsexamen 2012, im Moment als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Hogan Lovells in Hamburg tätig, außerdem AG-Leiterin (Schuldrecht BT II) an der Universität Hamburg, ab Dezember 2012 Referendarin in Hamburg
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Diese Auslobung bezieht sich auf das Werk „Lauterkeitsrecht“, 1. Auflage 2011 von Karl-Nikolaus Peifer
Das Lehr- und Übungsbuch stellt in systematischer Folge sämtliche wichtigen Fallkonstellationen des Lauterkeitsrechts anhand neuerer höchstrichterlicher Entscheidungen dar. Es enthält Prüfungsschemata, Lösungsskizzen und anschauliche Illustrationen. Es eignet sich ideal zur Klausurvorbereitung in der Schwerpunktbereichsprüfung, aber auch zum systematischen Studium des Lauterkeitsrechts.
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