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Schlagwortarchiv für: Unwirksamkeit

Dr. Maximilian Schmidt

OLG Köln: Wirksamkeit eines Nottestaments vor drei Zeugen

Erbrecht, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht

In erbrechtlichen Klausuren spielt häufig das sog. Nottestament eine wichtige Rolle. Daher könnte die Entscheidung des OLG Köln v. 5.7.2017 – 2 WX 86/17 demnächst Gegenstand einer Examensklausur sein: Es ging um die Wirksamkeit eines Nottestaments. Zu deren Klärung bedarf es eines lehrreichen Ritts durch die Vorschriften des BGB sowie des Beurkundungsgesetzes.
I. Sachverhalt (der Pressemitteilung entnommen)

Wenige Stunden vor dem Tod eines im eines im Alter von 84 Jahren in einem Kölner Krankenhaus verstorbenen Kölners waren vier Personen ans Sterbebett gekommen. Drei von ihnen hielten in einer Niederschrift fest, dass nach dem letzten Willen die Lebensgefährtin Alleinerbin werden solle. Der Kranke sei mit diesem Nottestament einverstanden, habe aber keine Kraft mehr, es zu unterschreiben. Unter den Zeugen war auch der Sohn der Lebensgefährtin. Die Lebensgefährtin beantragte unter Vorlage dieses Dokuments einen Erbschein. Die ohne dieses Testament erbberechtigten Nichten und Neffen des Verstorbenen haben sich dagegen vor Gericht gewehrt.

II. Rechtliche Würdigung
Die Lebensgefährtin könnte nur Erbin geworden sein, wenn eine wirksame testamentarische Einsetzung am Sterbebett vorgenommen wurde. Voraussetzungen zur Errichtung eines Testaments finden sich in § 2247 BGB, wobei nur Absatz 1 zwingende Vorschriften enthält:

(1) Der Erblasser kann ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten.

Vorliegend erfolgte aufgrund der körperlichen Schwäche keine eigenhändige Errichtung des Testaments, sondern gleichsam eine „mündliche“ gegenüber den am Sterbebett befindlichen Personen. Für diese Fälle sehen §§ 2249, 2250 BGB die Möglichkeit eines Nottestaments vor, das absoluten Ausnahmecharakter hat. § 2249 BGB regelt die Testamentserrichtung vor dem Bürgermeister, die eine vor dem Notar vorzunehmende Testierung ersetzt. Ist auch das nicht möglich, kommt nach § 2250 BGB das Nottestament vor drei Zeugen in Betracht, das folglich ebenfalls notarersetzende Funktion hat. Dies betrifft einmal die fehlende örtliche Zugänglichkeit (Abs. 1, etwa der Seefahrer auf See) oder aber die nahe Todesgefahr in Abs. 2.

(2) Wer sich in so naher Todesgefahr befindet, dass voraussichtlich auch die Errichtung eines Testaments nach § 2249 nicht mehr möglich ist, kann das Testament durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen errichten.

Fraglich war nun, ob tatsächlich eine mündliche Erklärung vor drei tauglichen Zeugen gegeben war – schließlich war einer der Zeugen der Sohn der bedachten Lebensgefährtin. Zu den tauglichen Zeugen iSd § 2250 BGB können solche nicht zählen, die durch die Erklärung selbst einen Vorteil erlangen sollen. An dieser Stelle kann man sein Verständnis für die Vorschriften über das Nottestament zeigen: Dieses ersetzt die Errichtung vor einem Notar, weswegen § 2250 Abs. 3 S. 2 BGB Vorschriften des Beurkundungsgesetzes in Bezug nimmt. Schlägt man § 7 BeurkG auf, findet man schnell die Lösung der Frage:

Die Beurkundung von Willenserklärungen ist insoweit unwirksam, als diese darauf gerichtet sind,

1. dem Notar,

2. seinem Ehegatten oder früheren Ehegatten,

2a. seinem Lebenspartner oder früheren Lebenspartner oder

3. einer Person, die mit ihm in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist oder war,

einen rechtlichen Vorteil zu verschaffen.

Die Zeugen nehmen also die Funktion des Notars wahr, hier also auch der Sohn der Lebensgefährtin. Dieser ist nach § 7 BeurkG insoweit ausgeschlossen, als einer Person, die mit ihm in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist oder war, ein rechtlichen Vorteil verschafft werden soll; hier also der Mutter des Zeugen. Damit kann als Zeugen nicht auf den Sohn der Lebensgefährtin zurückgegriffen werden. Dies ist auch unter teleologischen Gesichtspunkten nur richtig: Die Gefahr der absichtlichen Veränderung der bloß mündlich abgegebenen Erklärung ist zu groß. Als Ausnahmevorschrift muss § 2250 BGB eng ausgelegt werden, um Missbrauch zu verhindern.

Hinweis: § 7 BeurkG sieht nur eine teilweise Unwirksamkeit vor! Nur soweit unzulässig ein rechtlicher Vorteil verschafft werden soll, ist die Beurkundung unwirksam. Wird also in einem Testament etwa ein Vermächtnis einer nicht unter § 7 BeurkG fallenden Person zugesprochen, ist diese Beurkundung wirksam.

Auch die vierte Person, die sich am Sterbebett befand, kommt nicht als Zeuge in Betracht. Zwar genügt es, wenn mehr als drei Zeugen zugezogen worden sind, wenn wenigstens drei von ihnen die Anforderungen erfüllen (BGH NJW 1991, 3210). Es kann also durchaus sinnvoll sein, mehr als drei Personen hinzuziehen, damit nicht das gesamte Testament „platzt“. Allerdings sollte und wollte die vierte Person zum einen schon nicht die Funktion eines Zeugen wahrnehmen; das bloße „Zuhören“ und die bloße Anwesenheit begründen den Zeugenstatus jedoch gerade nicht. Zum anderen müssen alle Zeugen der Sprache der Niederschrift hinreichend kundig sein, § 2250 Abs. 3 BGB. Dies war laut den tatsächlichen Feststellungen jedoch nicht der Fall.
Somit fehlt es an der Wirksamkeit des Nottestament, weswegen es bei der gesetzlichen Erbfolge bleibt. Ein spannender Fall!

30.08.2017/2 Kommentare/von Dr. Maximilian Schmidt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2017-08-30 10:00:262017-08-30 10:00:26OLG Köln: Wirksamkeit eines Nottestaments vor drei Zeugen
Dr. Maximilian Schmidt

BGH: Schönheitsreparaturen aufs Neue – als Zuschlag zulässig!

Mietrecht, Schon gelesen?, Zivilrecht

Ein hochinteressanter Beschluss des BGH zur Zulässigkeit eines „Zuschlags Schönheitsreparaturen“ ist nunmehr veröffentlicht worden (BGH, Beschluss vom 30.05.2017 – VIII ZR 31/17). Dass Schönheitsreparaturen und deren formularmäßige Abwälzung auf Mieter ein juristischer Dauerbrenner ist, muss nicht nochmals betont werden. Der vorliegende Fall ist gerade zu prädestiniert, das Argumentationsgeschick und die Systemkenntnis von Prüflingen abzuprüfen, da dieser völlig anders zu beurteilen ist als die gängigen Klauseln (starrer/flexibler Fristenplan etc.). Zudem sollte die Klausel im Zweiten Staatsexamen in einer Kautelarklausur bekannt sein, um dem Mandanten den bestmöglichen Rat geben zu können.
I. Der Sachverhalt
Der schriftliche Mietvertrag sieht in § 3 neben einer „Grundmiete“ und einer „Betriebskostenvorauszahlung“ einen monatlichen „Zuschlag Schönheitsreparaturen“ i.H.v. 79,07 EUR vor. In § 7 des Mietvertrages ist geregelt, dass der Vermieter die Ausführung der Schönheitsreparaturen übernimmt und der dafür in der Miete enthaltene Kostenansatz sich auf 0,87 EUR je qm monatlich beläuft.
II. Die rechtliche Bewertung
Der Vermieter könnte einen Anspruch auf Zahlung von monatlich 79,07 EUR aus § 3 des Mietvertrages haben. Dazu müsste die Vereinbarung einer rechtlichen Prüfung standhalten.
Zunächst könnte die Klausel im Wege einer AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB unwirksam sein. Dazu müsste es sich aber überhaupt um eine kontrollfähige Abrede handeln. Nach § 307 Abs. 3 BGB sind der AGB-Kontrolle Hauptpreisabreden nicht unterworfen. Dies sind solche, die unmittelbar das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung regeln. Sinn und Zweck dieser Herausnahme ist, dass es für die Angemessenheit einer Hauptpreisabrede im Lichte des Grundsatzes der Privatautonomie und des freien Marktes keinen Vergleichsmaßstab gibt. Mangels gesetzlicher Regelung für den Inhalt von Hauptleistungspflichten kann also keine Abweichung geprüft werden. Mit anderen Worten: Es gibt insoweit kein dispositives Recht, das Ausgangspunkt richterlicher Prüfung sein könnte. Vorliegend handelt es sich bei dem „Zuschlag Schönheitsreparatur“ der formalen Stellung nach um eine Hauptleistungsabrede, da dieser zusammen mit der Grundmiete geregelt ist. Wesentlicher ist aber, dass dieser Zuschlag inhaltlich ein Entgelt für die Hauptleistungspflicht (Gebrauchsgewährungs- und Gebrauchserhaltungspflicht) des Vermieters darstellt. Nach § 535 Abs. 1 S. 2 BGB ist nämlich dieser für die Gebrauchserhaltung der Mietsache verantwortlich (was freilich aufgrund der in der Praxis regelmäßig vorgenommenen formularvertraglichen Übertragung auf den Mieter übersehen wird) und erhält hierfür nach § 535 Abs. 1 S. 1 BGB die Miete. Daher unterfällt dieser Zuschlag bereits nicht der AGB-Kontrolle!
Allerdings könnte ein Umgehungsgeschäft nach § 306a BGB vorliegen, was wiederum zur Unwirksamkeit der Regelung führte. Nach § 306a BGB finden die Vorschriften der AGB-Kontrolle nämlich auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. Dies wäre aber nur dann der Fall, wenn die Vereinbarung des Zuschlags eine Regelung darstellte, die eine anderweitige – dann unwirksame – Klausel ersetzte. Insoweit ist wiederum auf die Rechtsnatur als Hauptpreisabrede abzustellen: Die Parteien können als Gegenleistung für die Gebrauchsgewährung- und Gebrauchserhaltungspflicht des Vermieters frei einen Preis vereinbaren. Somit wird dem Mieter gerade nicht mittelbar eine Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen auferlegt, die ansonsten unzulässig wäre: Die Parteien hätten ja einfach ohne gesonderte Ausweisung als „Zuschlag“ eine höhere Grundmiete vereinbaren können. An diesem Ergebnis ändert auch die Mitteilung des Kostenansatzes nichts, da hiermit der Vermieter nur seine interne Kalkulation bekannt gibt, ohne dass hierdurch irgendwelche Rechte oder Pflichten begründet würden.

Hinweis: Der BGH hat mit diesem Beschluss übrigens die Revision mangels grundsätzlicher Bedeutung nach § § 543 II 1 ZPO bereits nicht zugelassen! Ein anderes Ergebnis wird daher nur mit sehr guter Begründung vertretbar sein. Umso wichtiger die wesentlichen Argumente des BGH in der Prüfung nachzuvollziehen.

III. Examenstipps
Ein Fall, der juristische Argumentationsgeschick und Systemverständnis im Bereich der AGB-Kontrolle erfordert. Wichtig ist eine abgeschichtete Prüfung genau nach dem bekannten AGB-Kontrollschema. Zudem sollte kurz auf § 306a BGB eingegangen werden, um dem Prüfer ganz deutlich die Unterschiede zur formularmäßigen Abwälzung von Schönheitsreparaturen deutlich zu machen. In einem letzten Schritt könnte dann – etwa in einer Anwaltsklausur im Zweiten Staatsexamen – mit dem Hinweis geglänzt werden, dass die Vereinbarung eines Zuschlags für Schönheitsreparaturen der beste Weg ist, diese Kosten vom Mieter abdecken zu lassen. Die feinziselierte Rechtsprechung des BGH zur formularmäßigen Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter kann so elegant beiseite gelassen werden (die dennoch notwendiges Wissen fürs Examen darstellt, s. unsere Beiträge hier und hier). Ein toller Fall fürs Examen!

24.07.2017/2 Kommentare/von Dr. Maximilian Schmidt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2017-07-24 11:11:322017-07-24 11:11:32BGH: Schönheitsreparaturen aufs Neue – als Zuschlag zulässig!
Maria Lohse

BGH: AGB-Klauseln des Reiseveranstalters zu „vorläufigen“ Flugzeiten unwirksam

AGB-Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Reiserecht, Startseite, Zivilrecht

Mit Urteil vom 10.12.2013 hat der BGH (Az.: X ZR 24/13) zwei AGB-Klauseln für unwirksam erklärt, durch die sich ein Reiseveranstalter die Änderung vorläufiger Flugzeiten vorbehielt.
Sachverhalt:
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat gegen den Reiseveranstalter TUI auf Unterlassung der Verwendung von AGB-Klauseln geklagt, durch welche sich dieser in seinen „Ausführlichen Reisebedingungen“ die endgültige Festlegung von Flugzeiten vorbehielt und die diesbezügliche Informationen durch Reisebüros für unverbindlich erklärte.
Die verwendeten Klauseln in Ziffer 3.3 Absatz 1 S. 1-3 der Reisebedingungen lauteten:

„Der Veranstalter weist darauf hin, dass es bei Direktflügen aus flug- und programmtechnischen Gründen zu Zwischenlandungen kommen kann. Die endgültige Festlegung der Flugzeiten obliegt dem Veranstalter mit den Reiseunterlagen.
Informationen über Flugzeiten durch Reisebüros sind nicht verbindlich.“

Nachdem das LG Hannover als Eingangsinstanz nur die Verwendung der ersten Klausel untersagt hatte, hatte bereits das OLG Celle in der Berufungsinstanz beide Klauseln für unwirksam erklärt. Die Revision des Beklagten blieb erfolglos, der BGH bestätigte die Unwirksamkeit beider Klauseln.
Entscheidung:
Der BGH hielt die Klage für zulässig und begründet.
I. Die Klage war zunächst zulässig.
Insbesondere war der Verbraucherzentrale Bundesverband prozessführungsbefugt als qualifizierte Einrichtung gemäß §§ 3, 4 UKlaG. Daher konnte er den Anspruch auf Unterlassung der Verwendung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) gegenüber Verbrauchern gemäß § 1 UKlaG hier geltend machen.
II. Die Klage war auch begründet.
Der Anspruch der Verbraucherzentrale auf Unterlassung ließ sich auf § 1 UKlaG stützen. Danach kann ein Unterlassen hinsichtlich der Verwendung unwirksamer AGB in Verbraucherverträgen verlangt werden. Zu prüfen war hier also vom BGH, ob es sich bei den angegriffenen Klauseln hinsichtlich der Änderung vorläufig bestimmter Flugzeiten um unwirksame AGB handelte.
Vorliegen von AGB, § 305 I BGB
Es müsste sich zunächst überhaupt um AGB handeln. AGB sind gemäß § 305 I 1 BGB alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Vorliegend handelte es sich bei den verwendeten Klauseln um solche, die standardmäßig vom Reiseveranstalter in Pauschalreiseverträgen verwendet werden. Diese finden sich im Gesamtvertragswerk auch unter der Rubrik „Ausführliche Reisebedingungen“. Ersichtlich handelte es sich damit um AGB im Sinne des § 305 I BGB.
Einbeziehung in Verbraucherverträge, § 305 II BGB
Sie müssten auch wirksam in einen Vertrag einbezogen werden. Das richtet sich im Grundsatz nach § 305 II BGB. Danach bedarf es zur wirksamen Einbeziehung der Klauseln eines ausdrücklichen Hinweises an den Vertragspartner sowie der Verschaffung einer Kenntnisnahmemöglichkeit. Wegen der standardmäßigen Verwendung der Klauseln kann im Normalfall von einer regelkonformen Einbeziehung ausgegangen werden. Daher sind auch die Voraussetzungen des § 305 II BGB gegeben.
Überraschende Klausel, § 305 c BGB
Es dürfte sich des Weiteren nicht um überraschende Klauseln nach § 305 c BGB handeln. Diese werden schon aus diesem Grunde nicht Vertragsbestandteil. Die Einordnung einer Bestimmung als überraschende Klausel setzt voraus, dass sie völlig untypisch für den jeweils in Bezug genommenen Vertragstyp ist und der Verbraucher daher nicht mit ihr zu rechnen braucht. Das ist jedoch bei den hier streitgegenständlichen Klauseln nicht der Fall. Dem durchschnittlichen Verbraucher, der eine Pauschalreise bucht, kann vielmehr eine solche Klausel nicht als völlig untypisch und daher unvorhersehbar erscheinen. Dass sich im Einzelfall wegen unvorhersehbarer Umstände die konkreten Flugzeiten ändern können, ist dem Durchschnittsverbraucher vielmehr zumindest latent bewusst. Die Klauseln sind daher nicht überraschend im Sinne des § 305 c BGB.
Kontrollfähigkeit, § 307 III 1 BGB
Zudem müssten die Klauseln auch einer Inhaltskontrolle zugänglich sein. Das ist nach § 307 III 1 BGB nur der Fall, sofern durch sie eine Abweichung oder Ergänzung von gesetzlichen Vorschriften bewirkt wird. Nicht kontrollfähig sind demgegenüber auch bloße Leistungsbeschreibungen und Preisabreden. Vorliegend geht es in der ersten Klausel in Ziffer 3.3 Absatz 1 S. 1, 2 darum, dass die endgültige Festlegung der Reisezeiten dem Reiseveranstalter (nach Vertragsschluss) obliegt, was eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung darstellt, wonach grundsätzlich die Bedingungen des Vertrages bei dessen Abschluss bestimmt zu sein haben, da gerade sie die Grundlage für die Entscheidung zum Vertragsschluss bilden.
In Ziffer 3.3 Absatz 1 S. 3 geht es um die Unverbindlichkeit der durch das vermittelnde Reisebüro getätigten Aussagen zu Flugzeiten. Auch dies stellt eine Abweichung von der gesetzlich vorgesehenen Regelung dar, denn es ist für den Verbraucher grundsätzlich davon auszugehen, das getätigte Aussagen seines unmittelbaren Ansprechpartners zu den Leistungsmodalitäten beim Vertragsschluss bindend sind.
Beide Klauseln sind daher nach § 307 III 1 BGB kontrollfähig.
Inhaltskontrolle, §§ 307, 308, 309
Somit waren die Klauseln einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 – 309 BGB zu unterziehen.
Ziffer 3.3. Absatz 1 S. 1, 2
Ein Verstoß der ersten Klausel gegen ein Klauselverbot ohne Wertungsmöglichkeit nach § 309 BGB ist nicht ersichtlich.
Ein Verstoß gegen das Klauselverbot des § 308 Nr. 4 BGB mit Wertungsmöglichkeit kommt hingegen in Betracht. Danach sind

„Vereinbarungen eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist (Änderungsvorbehalt).“

Einen Verstoß gegen diese Norm bejahte der BGH hier ebenso wie eine unangemessene Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben gemäß § 307 I 1 BGB. Er führte dazu aus, dass zwar das Interesse des Reiseveranstalters an einer Absicherung berechtigt sei, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses unvorhersehbare Umstände die Verschiebung der Reisezeit erforderlich machten. Allerdings sei der Wortlaut der Klausel zu weitgehend, denn er erlaube es dem Reiseveranstalter völlig unabhängig vom Vorliegen sachlicher Gründe, nach seinem Willen die Flugzeiten abzuändern. Dies sei aber auch in Anbetracht oftmals vorliegender rechtfertigender Gründe dem Reisenden nicht zumutbar und benachteilige ihn unangemessen.
Auch ergäbe sich durch Billigung der Klausel ein Widerspruch zum Sinn und Zweck des verbraucherschützenden § 6 II Nr. 2 BGB-InfoV, wonach dem Reisenden die Flugzeiten mitzuteilen sind. Diese Informationspflicht verlöre ihre Sinnhaftigkeit, wenn die Zeiten, über die zu informieren ist, anschließend beliebig geändert werden könnten.
Die Klausel sei daher wegen Verstoßes gegen §§ 308 Nr. 4, 307 I 1 BGB unwirksam.
Ziffer 3.3. Absatz 1 S. 3
Ein Verstoß der zweiten Klausel gegen ein Klauselverbot ohne oder mit Wertungsmöglichkeit nach §§ 309, 308 BGB ist nicht ersichtlich. Allerdings kam wiederum ein Verstoß gegen § 307 I BGB in Betracht. Dies bejahte der BGH. Die Klausel ermögliche es dem Reiseveranstalter nach seiner Ansicht, sich einer vertraglichen Bindung zu entziehen, die durch Informationen des für ihn selbst tätigen Reisebüros in der Position eines Vermittlers einträte. Dies sei dem Verbraucher, der auf die Zuverlässigkeit der Aussagen seines unmittelbaren Ansprechpartners vertraue nicht zumutbar und benachteilige ihn somit unangemessen.
Nach Ansicht des BGH war daher auch diese Klausel wegen Verstoßes gegen § 307 I BGB unwirksam.
Ergebnis
Beide Klauseln halten daher einer Inhaltskontrolle nicht stand.
Ergebnis
Dem vzbz stand daher der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Der Klage war vollumfänglich stattzugeben.
Stellungnahme:
Der Entscheidung des BGH ist zuzustimmen.
Schon das Gesetz gibt mit § 305 c II BGB vor, dass die Mehrdeutigkeit von Klauseln in AGB zulasten des Verwenders geht. Es ist daher diejenige mögliche Auslegung der Bedingungen heranzuziehen, die am verbraucherfeindlichsten wäre und dementsprechend über die Wirksamkeit der Klausel zu entscheiden. Das war auch hier maßgeblich. Wie der BGH feststellt, hat der Reiseveranstalter grundsätzlich durchaus ein berechtigtes Interesse an der Änderung von Flugzeiten, wenn in Extremfällen Umstände eintreten, die das Festhalten an der ursprünglichen Vereinbarung unmöglich machen. Die konkrete Formulierung der vorliegenden Klauseln war hingegen zu weit, denn durch sie würde ein Freibrief des Reiseveranstalters geschaffen, allein nach seinem Gutdünken Änderungen an den vereinbarten Leistungsmodalitäten vorzunehmen. Hierfür besteht natürlich kein berechtigtes Interesse des Verwenders mehr. Folgerichtig musste die verbraucherfeindlichste Auslegung der Klauseln zu deren Unwirksamkeit führen.
““

18.12.2013/0 Kommentare/von Maria Lohse
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Maria Lohse https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Maria Lohse2013-12-18 10:00:592013-12-18 10:00:59BGH: AGB-Klauseln des Reiseveranstalters zu „vorläufigen“ Flugzeiten unwirksam

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