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Schlagwortarchiv für: Unterlassungsanspruch

Redaktion

Schema: Öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch

Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Staatshaftung, Startseite, Verschiedenes

Schema: Öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch

A. Anspruchsgrundlage

- Keine ausdrückliche Anspruchsgrundlage, es handelt sich um einen gewohnheitsrechtlich anerkannten ungeschriebenen Anspruch.
– Herleitung streitig: zT.: §§ 823, 906, 1004 BGB analog; z.T.: Herleitung aus der Abwehrfunktion der Grundrechte; z.T.: Herleitung aus Art. 20 III GG.
– Streitentscheid i.E. entbehrlich, da Anspruchsvoraussetzungen unstreitig.
B. Anspruchsvoraussetzungen

I. Eingriff in ein subjektives Recht

- Möglich sind unmittelbare Eingriffe.
– Möglich auch mittelbare Eingriffe, sofern sie dem Hoheitsträger zurechenbar sind. Zurechenbar sind mittelbare Eingriffe, wenn sich in ihnen die durch den Hoheitsträger geschaffene typische Gefahrenlage realisiert.
– Subjektive Rechte können sich aus dem Gesetz, insbesondere aus Grundrechten, aber auch aus einem VA oder einem öffentlich-rechtlichen Vertrag ergeben.

II. Durch hoheitliches Handeln
– Unerheblich ist, ob der Hoheitsträger durch VA handelt oder ob schlichtes Verwaltungshandeln vorliegt.
– Erforderlich ist lediglich, dass die Störungshandlung öffentlich-rechtlich ist.

III. Eingriff rechtswidrig
Der Eingriff ist rechtswidrig, wenn keine Duldungspflicht auf Seiten des Anspruchstellers besteht.

IV. Eingriff dauert noch an oder steht bevor

V. Keine Ausschlussgründe

C. Rechtsfolge
Schlichtes Unterlassen. Unabhängig davon, ob die Stöungshandlung durch VA erfolgte, handelt es sich bei dem gewünschten Unterlassen um schlichtes Verwaltungshandeln.
D. Prozessuale Durchsetzung

I. Hauptsache: Unterlassungsklage als Unterfall der allgemeinen Leistungsklage
II. Vorläufiger Rechtsschutz: Antrag nach § 123 I 1 VwGO.

 
Das Schema ist in den Grundzügen entnommen von myjurazone.de.

27.07.2017/2 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2017-07-27 10:00:112017-07-27 10:00:11Schema: Öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch
Gastautor

Jur:next Urteil: „Unfreiwillige Werbung für den Arbeitgeber nach Ende des Arbeitsverhältnisses“

Arbeitsrecht, Lerntipps, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Der nachfolgende Beitrag stammt aus unserer gemeinsamen Kooperation mit jur:next und befasst sich mit einem examensrelevanten Urteil des BAG, welches über das Vorliegen von Ansprüchen auf Unterlassung und Schmerzensgeld in einer arbeitsrechtlichen Fallgestaltung zu entscheiden hatte.
BAG Urteil vom 19.02.2015 – 8 AZR 1011/13
Videoaufnahme eines Arbeitnehmers in Werbefilm des Arbeitgebers, Unterlassungsanspruch und Widerruf der Einwilligung nach § 22 KUG
Entscheidungsname: Unfreiwillige Werbung für den Arbeitgeber nach Ende des Arbeitsverhältnisses
Fundstelle: Entscheidungsdatenbank des BAG (http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi- bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&sid=9ee988b47de1f04c8beab428bb a65ad1&nr=18052&pos=0&anz=1)
Problemaufriss
Kernfrage des hier besprochenen BAG-Urteils ist, ob und wann ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber nach Ende des Arbeitsverhältnisses verlangen kann, dass dieser z.B. Videos mit Aufnahmen des Arbeitnehmers nicht mehr verwendet.
Anspruchsgrundlage für einen Unterlassungsanspruch ist §§ 1004 I 2, 823 I, II BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG und Art. 1 I, 2 I GG. Das BAG legt in seinem Urteil lehrbuchhaft das abgestufte Schutzkonzept der §§ 22,23 KUG dar und stellt das Verhältnis von KUG und BDSG dar.
Ferner klärt das BAG die sehr relevante Frage, ob eine Einwilligung des Arbeitnehmers der Schriftform bedarf (i.E. ja) und unter welchen Voraussetzungen die Einwilligung widerrufen werden kann (nämlich nur mit substantiiertem Grund).
Gem. § 241 Abs. 2 BGB sind die Interessen des Arbeitgebers, nämlich das Veröffentlichungsinteresse und das wirtschaftliche Interesse an der Nutzung des erstellten Videomaterials, sowie die Interessen des Arbeitnehmers, nämlich das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, in Einklang zu bringen.
Sachverhalt
Die Parteien streiten um die Unterlassung der weiteren Veröffentlichung eines Videos zu Werbezwecken im Internet sowie um die Zahlung eines vom Kläger beanspruchten Schmerzensgeldes.
Die Beklagte betreibt ein Unternehmen für Kälte- und Klimatechnik. Mit Arbeitsvertrag vom 10. Januar 2007 trat der Kläger am 15. Januar 2007 als Monteur in ihre Dienste. Am 30. Oktober 2008 erklärte der Kläger – wie 25 weitere Arbeitnehmer der Beklagten – durch Unterschrift auf einer Namensliste, dass Filmaufnahmen von seiner Person zur freien Nutzung im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Beklagten „verwendet und ausgestrahlt werden dürfen“. Auf dieser Grundlage ließ die Beklagte 2008 einen Werbefilm fertigen, in welchem ihr Unternehmen dargestellt wurde. Der Kläger ist in zwei kurzen Sequenzen von jeweils zwei bis drei Sekunden zu sehen, nämlich einmal an einem Schaltschrank stehend und zum anderen auf einem Stuhl sitzend. In der Folgezeit konnte das Video im Rahmen eines neuen Internetauftritts der Beklagten von ihrer Homepage aus angesteuert und eingesehen werden.
Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete am 15. September 2011. Mit Anwaltsschreiben vom 4. November 2011 ließ der Kläger den Widerruf seiner „möglicherweise“ erteilten Einwilligung zur Verwendung seiner Bilder erklären und die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 13. November 2011 auffordern, das Video von der Homepage zu entfernen. Ein vom Kläger eingeleitetes einstweiliges Verfügungsverfahren blieb in zwei Instanzen erfolglos. Die Beklagte hat am 26. Januar 2012 das Video von der Homepage genommen, sich jedoch vorbehalten, es in Zukunft erneut auf diesem Wege zu veröffentlichen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Anfertigung und Veröffentlichung der Videoaufnahme stelle die Erhebung personenbezogener Daten im Sinne des § 3 BDSG dar, zu der der Kläger nicht formwirksam im Sinne des § 4a BDSG seine Einwilligung erteilt habe. Die Formvorschriften des BDSG seien nicht eingehalten worden, sodass die Beklagte die Daten des Klägers von Anfang an nicht habe nutzen dürfen. Daraus resultiere sowohl der Unterlassungsanspruch des Klägers nach § 35 BDSG, als auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld aus den §§ 611, 242 BGB aufgrund der mehrjährigen Persönlichkeitsrechtsverletzung. Selbst wenn von einer wirksam erteilten Einwilligung auszugehen wäre, sei diese von vornherein auf die Zeit des Bestandes des Arbeitsverhältnisses begrenzt gewesen. Zudem ergebe sich der Unterlassungs- und Schmerzensgeldanspruch auch aus den §§ 823, 1004 BGB.
Der Kläger begehrt Unterlassung der weiteren Verbreitung des Videos sowie ein angemessenes Schmerzensgeld für die erfolgte Verletzung des Persönlichkeitsrechts.
Zur Begründung ihres Antrags auf Klageabweisung hat die Beklagte die Auffassung vertreten, der Sachverhalt sei nach dem – spezielleren – § 22 KUG zu beurteilen. Die danach an eine wirksame Einwilligung zu stellenden Anforderungen seien erfüllt. Die Einwilligung sei zeitlich unbefristet, jedenfalls aber nicht befristet auf das Ende des Arbeitsverhältnisses vom Kläger erteilt worden. Gründe für einen Widerruf dieser Einwilligung habe der Kläger nicht vorgetragen. Zudem liege ein individueller Bezug zur Person und zur Persönlichkeit des Klägers bei beiden fraglichen Videoszenen nicht vor. In Ermangelung einer Persönlichkeitsrechtsverletzung, komme ein Schmerzensgeldanspruch des Klägers nicht in Betracht.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Mit der vom Senat durch Beschluss vom 12. Dezember 2013 zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter. Das BAG hat die Revision des Klägers zurück gewiesen.
Entscheidung des Gerichts

Das Gericht weist die zulässige Revision als unbegründet zurück. Die nach § 22 KUG erforderliche Einwilligung hat der Kläger wirksam erteilt. Die Einwilligung war nicht auf den Bestand des Arbeitsvertrages befristet. Einen Grund für den nun erklärten Widerruf hat der Kläger nicht dargelegt. Es besteht daher kein Anspruch auf Unterlassung oder Schmerzensgeld.
1. Anspruch auf Unterlassung aus §§ 1004 I 2, 823 I, II BGB, §§ 22,23 KUG und Art. 1I, 2 I GG
a) Einwilligung erforderlich nach § 22 KUG
Die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen ist nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen. Das Persönlichkeitsrecht kann nur dann tangiert sein, wenn die abgebildete Person überhaupt erkennbar und individualisierbar ist. „Bildnisse“ einer Person dürfen nur mit deren Einwilligung verbreitet werden, § 22 S. 1 KUG. Eine Ausnahme besteht nach § 23 I Nr. 1 KUG nur bei Personen der Zeitgeschichte. Dies war jedoch im vorliegenden Sachverhalt nicht relevant.
Das BDSG ist gem. § 1 III 1 BDSG subsidiär. Andere Bundesvorschriften wie das KUG gehen hier vor. Hier geht es um die Veröffentlichung von Videoaufnahmen. Auch bewegte Aufnahmen können „Bildnisse“ im Sinne des KUG sein. Um die Erhebung personenbezogener Daten wie im BDSG geregelt geht es gerade nicht.
Da der Kläger in dem Video eindeutig erkennbar und individualisierbar ist, ist § 22 KUG einschlägig. Die „Bildnisse“ des Klägers dürfen daher nur mit seiner Einwilligung verbreitet oder benutzt werden.

b) Wirksamkeit der Einwilligung
Einwilligung ist die vorherige Zustimmung gem. § 183 Satz 1 BGB. Das KUG sieht keine Formerfordernisse vor. Dies stellt einen erkennbaren Widerspruch zu § 4a I 3 BDSG dar, der Schriftform verlangt. Zwar geht das KUG dem BDSG vor, jedoch ist das KUG verfassungskonform auszulegen. Dies ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des BVerfG, wonach die betroffenen Belange, nämlich Verwendungsinteresse des Arbeitgebers und Recht des Arbeitnehmers auf informationelle Selbstbestimmung, abzuwägen sind und zu prüfen ist, ob eine Erlaubnis erforderlich ist und wenn ja in welcher Form.
Das BAG kommt infolge der Abwägung zu dem Ergebnis, dass die Einwilligung auch und gerade im Arbeitsverhältnis der Schriftform bedarf. Dies folgt aus der erheblichen Bedeutung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Ein Arbeitnehmer kann im Arbeitsverhältnis völlig frei entscheiden, wie sie ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ausüben wollen. Hier gilt kein Weisungsrecht des Arbeitgebers aus § 106 GewO.
Der Kläger als Arbeitnehmer hat im vorliegenden Fall schriftlich und anlassbezogen in die Verwertung der Videoaufnahmen eingewilligt.
c) Ende des Arbeitsverhältnisses irrelevant
Die wirksame Einwilligung ist nicht mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erloschen. Die Einwilligung wurde unbefristet erteilt. Vorliegend dient das Video allein Illustrationszwecken von Betriebsabläufen. Das Video hat keinerlei individuellen Bezug zum Kläger. Daher hätte der Kläger ausdrücklich erklären müssen, dass seine Einwilligung trotzdem nur befristet gilt, das hat er aber nicht.
d) Kein wirksamer Widerruf der Einwilligung
Aus § 241 II BGB und der daraus folgenden Rücksichtnahmepflicht folgt, dass ein Widerruf nicht grundlos erfolgen kann. Es muss eine Abwägung beider Interessen stattfinden. Auf Arbeitgeberseite steht das wirtschaftliche Interesse, das Video kostendeckend zu Werbezwecken zu verwerten. Der Arbeitnehmer hat ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
Wenn in dem Video mit der Person des ausscheidenden Arbeitnehmers bzw. seiner konkret ausgeübten Tätigkeit geworben wird, kann der Arbeitnehmer verlangen, dass nach seinem Ausscheiden nicht mehr mit seiner Person geworben wird.

Wenn aber – wie hier – der Arbeitnehmer in einer allgemeinen Darstellung gezeigt wird, nicht hervorgehoben, namentlich genannt oder sonst wie individualisiert, so darf der Arbeitgeber das Video auch nach dem Ausscheiden weiter verwerten.
Allein das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis berechtigt nicht zum Widerruf der erteilten Einwilligung. Es bedarf eines darüber hinausgehenden Grundes für den Widerruf. Ein solcher ist hier nicht dargelegt.
2. Anspruch aus §§ 823 I, 253 II BGB, Art. 1 I, 2 I GG auf Schmerzensgeld
Ein Schmerzensgeldanspruch für eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung auf Ersatz des immateriellen Schadens besteht nicht.
Examensrelevanz
Die vorliegende Entscheidung des BAG ist m.E. sehr examensrelevant, da der Problemkreis KUG, allgemeines Persönlichkeitsrecht, Recht am eigenen Bild und daraus folgende Ansprüche auf Unterlassung und Schmerzensgeld Dauerbrenner im Staatsexamen sind. Diese klassische Problematik aus dem Zivilrecht taucht hier in einer arbeitsrechtlichen Fallgestaltung auf. Dies ist zuerst einmal untypisch und muss von den Bearbeitern auch erst einmal erkannt werden. Darüber hinaus sind Besonderheiten des Arbeitsrechts, z.B. die Rücksichtnahmepflichten aus § 241 II BGB, zu beachten.
Die Anspruchsgrundlagen auf Unterlassung und Schmerzensgeld sind nicht ganz leicht zu erkennen. Die hier besprochene Entscheidung prüft diese Ansprüche systematisch durch und wiederholt nebenbei die Rechtsprechung zum Thema KUG. Diese Thematik wird dadurch wieder sehr interessant für eine Examensklausur…

30.06.2015/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2015-06-30 12:30:562015-06-30 12:30:56Jur:next Urteil: „Unfreiwillige Werbung für den Arbeitgeber nach Ende des Arbeitsverhältnisses“
Gastautor

Jur:Next Urteil: Rauchen auf dem Balkon – wenn es zwischen Nachbarn raucht!

Examensvorbereitung, Lerntipps, Mietrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns, einen weiteren aktuellen und insbesondere examensrelevanten Beitrag aus unserer Kooperation mit jur:next veröffentlichen zu können. Darin wird ein möglicher Unterlassungsanspruch zwischen Mietern bzgl. des Rauchens auf dem Balkon der Mietwohnung thematisiert.
 
BGH Urteil vom 16. Januar 2015 – V ZR 110/14: Unterlassungsanspruch zwischen Mietern wegen Rauchen auf dem Balkon, Besitzstörung, verbotene Eigenmacht, Abwehranspruch wegen Gesundheitsgefährdung
Fundstelle: Entscheidungsdatenbank des BGH (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/list.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=adeb0ab418bfe5f8cf97e14d3f6e3eee)
 
I. Problemaufriss
Kernfrage des hier besprochenen BGH-Urteils ist, ob und wann ein Mieter von einem anderen Mieter verlangen kann, dass er in Freien, auf seinem eigenen Balkon, gar nicht mehr raucht oder nur zu bestimmten Zeiten.
Maßgeblich sind dabei zwei Anspruchsgrundlagen: Zum einen kommt ein Unterlassungsanspruch aus der Besitzstörung gem. §§ 862 Abs. 1, 858 Abs. 1 BGB in Betracht. Hierfür müsste verbotene Eigenmacht vorliegen. Eine widerrechtliche Besitzstörung kann unabhängig davon vorliegen, ob dem Mieter von seinem Vermieter – also einem Dritten – das Rauchen in seiner Mietsache gestattet ist. Entscheidend ist, dass die Störung wesentlich ist.
Zum anderen steht ein Anspruch aus §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1 BGB im Raum. Hierfür müsste eine Gesundheitsschädigung vorliegen.
Leitsatz:

  1. Die Störung eines Mieters in seinem Besitz durch den Tabakrauch eines anderen Mieters, der auf dem Balkon seiner Wohnung raucht, ist auch dann eine verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 Abs. 1 BGB, wenn dem anderen Mieter im Verhältnis zu seinem Vermieter das Rauchen gestattet
  2. Nach dem auf den Besitzschutzanspruch (§ 862 Abs. 1 BGB) entsprechend anzuwendenden Maßstab des § 906 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Mieter Einwirkungen durch das Rauchen eines anderen Mieters nicht verbieten, wenn sie einen verständigen Nutzer in dem Gebrauch der Mietsache nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen.
  3. Der Unterlassungsanspruch nach § 862 Abs. 1 Satz 2 BGB besteht auch gegenüber wesentlichen Beeinträchtigungen nicht uneingeschränkt, weil der durch den Rauch gestärte Mieter auf das Recht des anderen Mieters Rücksicht nehmen muss, seine Wohnung vertragsgemäß zu nutzen, wozu grundsätzlich auch das Rauchen in der eigenen Wohnung gehört.
  4. Das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme führt im Allgemeinen zu einer Gebrauchsregelung. Für die Zeiten, in denen beide Mieter an einer Nutzung ihrer Balkone interessiert sind, sind dem einen Mieter Zeiträume freizuhalten, in denen er seinen Balkon unbeeinträchtigt von Rauchbelästigungen nutzen kann, während dem anderen Mieter Zeiten einzuräumen sind, in denen er auf dem Balkon rauchen darf.
  5. Gesundheitsschädliche Immissionen durch Tabakrauch sind wesentliche Beeinträchtigungen, die nicht geduldet werden müssen. Das gilt auch im Verhältnis von Mietern untereinander.
  6. Der Mieter, der unter Berufung auf die Gesundheitsschädlichkeit des Passivrauchens von einem anderen Mieter verlangt, das Rauchen auf dem Balkon zu unterlassen, muss das sich aus den Nichtrauchergesetzen ergebende Indiz erschüttern, dass mit dem Rauchen im Freien keine solchen Gefahren einhergehen.

II. Sachverhalt
Streitgegenstand ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Mieter von einem anderen verlangen kann, dass er auf seinem Balkon nicht mehr raucht oder nur zu bestimmten Zeiten.
Die Parteien sind Mieter eines Mehrfamilienhauses. Die Kläger wohnen im 1. Stock, die Beklagten im Erdgeschoss. Die Balkone liegen direkt übereinander. Die Beklagten sind Raucher und nutzen ihren Balkon mehrmals täglich zum rauchen. Der konkrete Umfang ist streitig. Die Kläger als Nichtraucher fühlen sich durch den aufsteigenden Rauch gestört. Sie haben beantragt, die Beklagten zu verurteilen, das Rauchen auf ihrem Balkon während bestimmter Stunden zu unterlassen. Das AG hat die Klage abgewiesen, das LG die hiergegen gerichtete Berufung. Der BGH hat in der Revision das Urteil aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das LG zurück verwiesen.
III. Entscheidung des Gerichts
Das Gericht gibt der zulässigen Revision der Kläger teilweise statt, hebt das Urteil der Vorinstanz teilweise auf und verweist den Rechtsstreit zurück.
1. Anspruch aus §§ 862 Abs. 1, 858 Abs. 1 BGB wegen Besitzstörung
a) Eine Besitzstörung kann dann vorliegen, wenn die Kläger durch Immissionen beeinträchtigt sind. Bei Rauch verhält es sich hier nicht anders als z.B. bei Lärm. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Rauchen in der Wohnung im Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter gestattet ist. Vertragliche Vereinbarungen des Störers mit Dritten rechtfertigen eine Besitzstörung nicht. Allerdings stellt das Rauchen einen vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung dar.
b) § 906 Abs. 1 S. 1 BGB ist entsprechend anzuwenden. Ein Abwehr – bzw. Unterlassungsanspruch besteht nur, wenn eine wesentliche Beeinträchtigung Dies bestimmt sich nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen. Diese Tatfrage muss das Ausgangsgericht in der neuen Verhandlung klären.
c) Eine wesentliche Beeinträchtigung durch den Rauch kann unabhängig davon vorliegen, dass Rauchen auf dem eigenen Balkon in den Schutzbereich des 2 Abs. 1 GG fällt. Eine Ansicht geht davon aus, dass Rauchen sozialadäquat sei und damit verbundene Immissionen daher nie wesentlich sein können. Der BGH schließt sich auch aufgrund der bestehenden Nichtraucherschutzgesetze der a.A. an, wonach auch das Recht des nicht rauchenden Mitmieters auf ungestörten Gebrauch seiner Mietsache zu beachten ist. Der rauchende Mieter kann daher im Einzelfall verpflichtet sein, das Rauchen auf ein verträgliches Maß zu beschränken.
d) Die Rechte beider Mieter auf vertragsgemäße Nutzung ihrer eigenen Wohnung kollidieren und müssen in Ausgleich gebracht werden.
Über § 242 BGB bestimmen sich die Grenzen des zulässigen Gebrauchs und der hinzunehmenden Beeinträchtigung nach dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Dies führt meist zu einer Gebrauchsregelung über Zeiten, in denen ein Mieter rauchen und der andere dies dulden muss sowie über Zeiten, in denen nicht geraucht wird. Beide Mieter müssen ihren Balkon zumindest zeitweise jeweils so nutzen können, wie sie es wollen.
2. Anspruch aus § 1004 Abs. 1 S. 2 analog, 823 Abs. 1 BGB
Der Anspruch aus § 1004 BGB gilt analog für alle absoluten Rechte sowie für alle deliktsrechtlich geschützten Rechtsgüter.
Dieser Abwehranspruch besteht, wenn das Rauchen zwar zu keiner oder nur einer unwesentlichen Beeinträchtigung führt, jedoch eine konkrete Gefahr für die Gesundheit der nicht rauchenden Mieter besteht.
Gesundheitsschädliche Immissionen sind stets wesentlich und müssen nicht hingenommen werden. Der Annahme der Vorinstanz, dass Passivrauchen im Freien weniger gefährlich ist als in geschlossenen Räumen, stimmt der BGH zu. Der BGH geht von einer Indizwirkung der bestehenden Nichtraucherschutzgesetze aus. Diese verbieten das Rauchen grundsätzlich nur in Räumen, nicht aber im Freien.
Daher geht der BGH davon aus, dass vom Rauchen im Freien grundsätzlich keine konkrete Gesundheitsgefahr ausgeht.
Diese Indizwirkung kann jedoch im Einzelfall erschüttert werden. Die Kläger müssten daher beweisen, dass in ihrem konkreten Einzelfall trotzdem eine Gesundheitsgefährdung vorliegt, z.B. durch toxische Feinstaubpartikel, die in ihre Wohnung ziehen. Können Sie dies beweisen, erfordert das Gebot der Rücksichtnahme eine Gebrauchsregelung nach Zeitabschnitten.
IV. Bewertung der Entscheidung
Die Entscheidung des Gerichts überzeugt. Das Gericht prüft Schritt für Schritt beinahe wie in einer Examensklausur die verschiedenen Anspruchsgrundlagen.
Dabei kommt es konsequent zu dem Ergebnis, dass sowohl der Raucher als auch der Nichtraucher grundgesetzlich geschützte Rechtspositionen haben. Beide müssen ihre Wohnungen vertragsgemäß nutzen können. Über das Gebot der Rücksichtnahme kommt das Gericht salomonisch zu der Möglichkeit, die Angelegenheit nach Zeitabschnitten zu regeln, wann geraucht werden darf und wann nicht.
Allerdings sagt auch der BGH, dass unwesentliche Beeinträchtigungen – solange sie nicht gesundheitsgefährdend sind – geduldet werden müssen.
V. Examensrelevanz
Beim Mietrechtssenat des BGH häufen sich derzeit die Urteile zum Thema „Rauchen“. Über diese Urteile haben viele Medien breit berichtet, so dass diese Urteile sowohl für den schriftlichen Teil als auch besonders für den mündlichen Teil des Staatsexamens in Frage kommen.
Sehr lesenswert ist auch die Entscheidung des BGH vom 18. Februar 2015 – VIII ZR 186/14. Darin geht es um die Frage, ob eine fristlose Kündigung nach über 40 Jahren zulässig ist, wenn angeblich Rauch aus der Wohnung ins Treppenhaus zieht und dort die anderen Mieter belästigt.
Durch diese beiden BGH-Urteile rückt das Thema Rauchen beim Thema Mietrecht in den Fokus und sind daher Pflichtlektüre für jeden gut vorbereiteten Examenskandidaten
Die hier besprochene Entscheidung zeichnet insgesamt eine sehr leichte Lesbarkeit aus. Die Urteilsbegründung ist aus sich heraus sehr gut verständlich. Mietrecht per se ist examensrelevant. Diese vorliegende Entscheidung zeichnet sich dadurch aus, dass im Rahmen des Mietrechts Unterlassungsansprüche aus dem Sachenrecht – also außerhalb des reinen Mietrechts – geprüft werden müssen. Ferner muss man wissen, dass bei den Besitzschutzrechten § 906 BGB analog herangezogen wird. Beide Aspekte erhöhen die Examensrelevanz der Entscheidung.
 

09.06.2015/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2015-06-09 09:01:432015-06-09 09:01:43Jur:Next Urteil: Rauchen auf dem Balkon – wenn es zwischen Nachbarn raucht!
Dr. Maximilian Schmidt

BGH: Unterlassungsanspruch bei persönlichkeitsrechtsverletzenden Suchergänzungsvorschlägen bei „Google“

Deliktsrecht, IPR, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht, Zivilrecht

A. Sachverhalt
In einem am 14.05.2013 entschiedenen Fall (VI ZR 269/12) stellte sich dem BGH die Frage, ob Google eine Pflicht zur Prüfung und Löschung von Suchvorschlägen (sog. Autocomplete-Funktion) in seiner Suchmaschine trifft (s. einen Bericht im Tagesspiegel). Bei Eingabe des Namens des Klägers in die Suchmaske erschienen u.a. die Suchvorschläge „Scientology“ und „Betrug“. Dabei stand der Kläger (ein Unternehmen und sein Vorstand) nachweislich nicht in einem Näheverhältnis zu Scientology noch war ein Ermittlungsverfahren wegen Betruges eingeleitet worden. Daher sah sich der Kläger in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt und machte einen Unterlassungsanspruch sowie einen Schadensersatzanspruch gegen Google geltend.
B. Entscheidung
I. Unterlassungsanspruch
Ein Unterlassungsanspruch könnte sich vorliegend aus §§ 1004 Abs. 1 S. 2 analog, 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, 1 I GG (Allgemeines Persönlichkeitsrecht) ergeben.
1. Anwendbarkeit deutschen Rechts
Dafür müsste zunächst deutsches Recht überhaupt Anwendung finden. Dies ergibt sich hier daraus, dass der Erfolgsort einer unerlaubten Handlung im Internet grundsätzlich überall dort ist, wo die Internetseite abrufbar ist, Art. 40 EGBGB. Somit findet nach Wahl des Klägers gem. Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB deutsches Recht Anwendung.
Anm.: Hier findet die Rom II-VO wegen Art. 1 Abs. 2 lit. g Rom II-VO ausnahmsweise keine Anwendung, so dass nach Art. 40 EGBGB anzuknüpfen ist (vgl. auch MüKoBGB/Junker, 5. Aufl. 2010, Art. 40 EGBGB Rn. 20).
2. Voraussetzungen § 1004 Abs. 1 S. 2 analog
Zunächst müsste ein Eingriff in ein geschütztes Rechtsgut vorliegen. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB schützt in analoger Anwendung neben dem genannten absoluten Rechtsgut Eigentum auch alle von § 823 I BGB umfassten absoluten Rechtsgüter, sog. quasi-negatorischer Unterlassungsanspruch (vgl. MüKoBGB/Baldus, 6. Aufl. 2013, § 1004 Rn. 32f.). Als verletztes absolutes Rechtsgut kommt hier allein das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in Betracht, Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.
Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt die Achtung und Entfaltung der Persönlichkeit (grundlegend das sog. Lebach-Urteil des BVerfG v. 5.6.1973 -1 BvR 536/72, BVerfGE 35, 202). Es handelt sich hierbei um ein Rahmenrecht, dessen Grenzen im Einzelfall  nach Abwägung der widerstreitenden Interessen festzulegen sind (MüKoBGB/Wagner, 5. Aufl. 2009, § 823 Rn. 179).
Gegen eine Beeinträchtigung ließe sich (so die Instanzgerichte, vgl. LG Köln v. 19.10.2011 -28 O 116/11 u OLG Köln 10.05.2012 – 15 U 199/11) anführen, dass Google durch die Suchvorschläge überhaupt keine inhaltliche Aussage über den Kläger trifft. Die Suchvorschläge beruhen auf der Berechnung eines Algorithmus auf der Grundlage der Suchaufträge anderer Nutzer, so dass Google im Einzelfall auf die Suchvorschläge gar keinen Einfluss hat. Hieraus ließe sich ableiten, dass Google mangels genauer Kenntnis auch gar keine inhaltliche Aussage über den Kläger treffen kann und auch keine Aussage Dritter weiter gibt.. Dies ist dem maßgeblichen Durchschnittsinternetnutzer auch bewusst, sodass schon gar keine negative Aussage über den Kläger getroffen wird, sondern eine bloße inhaltsleere Wiedergabe einer mathematischen Berechnung. Außerdem könnte man anführen, dass die automatische Vervollständigung mehrdeutig ist (Ist der Kläger Mitglied oder Gegner von Scientology? Hat er einen Betrug begangen oder kämpft er gegen Betrug?), was bei Durchführung der Suche durch den Nutzer aufgeklärt würde (anders wohl nach der Stolpe-Rechtsprechung (BVerfG v. 25.10.2005 – 1 BvR 1696/98): es genügt wenn eine mögliche Aussage persönlichkeitsrechtsverletzend ist, da dann zukünftig anders formuliert werden kann). Daher läge schon keine Beeinträchtigung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor.
Der BGH hingegen sah eine Beeinträchtigung als gegeben an (vgl. Pressemitteilung 87/2013 v. 14.05. 2013).
Für eine Beeinträchtigung spricht, dass durch die Autocomplete-Funktion von Google dem maßgeblichen Durchschnittsnutzer suggeriert wird, dass die Vorschläge einen gewissen Wahrheitskern beinhalten. Die Autocomplete-Funktion soll dem User ein möglich schnelles und effektives Surfen garantieren. Das bedeutet zugleich, dass die Suchvorschläge zumindest den Anschein erwecken sinnvoll zu sein. Die maßgebliche Aussage wäre also, dass es sinnvoll ist den Kläger zusammen mit dem Begriff „Scientology“ oder „Betrug“ zu suchen. Diese Aussage würde den Kläger dann in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht beeinträchtigen.
An dieser Stelle müsste der Streit entschieden werden. Hier kommt es entscheidend darauf an, welche Aussage man den Suchvorschlägen beimisst:
Nimmt man an, dass der Suchvorschlag lediglich die Aussage beinhaltet, dass die jeweiligen Begriffe häufig zusammen gesucht worden sind, liegt mangels Unwahrheit keine Beeinträchtigung vor bzw. müsste diese geduldet werden.
Unterstellt man hingegen die Aussage, dass eine inhaltliche Verbindung zwischen Suchwort und Vorschlag besteht, liegt eine Beeinträchtigung wegen Unwahrheit der Aussage vor.
Der BGH führt aus:

„Die Suchwortergänzungsvorschläge „Scientology“ und „Betrug“ bei Eingabe des Vor- und Zunamens des Klägers zu 2 in die Internet-Suchmaschine der Beklagten beinhalten eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Kläger, da ihnen ein fassbarer Aussagegehalt innewohnt, zwischen dem Kläger zu 2 und den negativ belegten Begriffen „Scientology“ und/oder „Betrug“ besteht ein sachlicher Zusammenhang.“

Entscheidend zur Bestimmung des Inhaltes der Aussage muss sein wie der Durchschnittsnutzer den Suchvorschlag versteht. M.E. stellt ein Durchschnittsnutzer bei Suchvorschlägen instinktiv eine Verbindung zwischen Suchwort und Vorschlag her. Eine inhaltliche Verbindung besteht zumindest bis eine weitere Suche das Gegenteil belegt. Es kann aber nicht angenommen werden, dass jeder User eine solche vornimmt. Dann bleibt die unwahre Aussage über die Verbindung zu „Scientology“ und „Betrug“ aber bestehen und beeinträchtigt den Kläger in seinem APR.
Daher liegt m.E. eine Beeinträchtigung des APR des Klägers durch die Suchvorschläge Googles vor (Gegenteil aber sicher gut vertretbar).
Aufgrund der Unwahrheit der Aussage besteht keine Duldungspflicht nach § 1004 Abs. 2.  (Anm.: In Fällen der Unklarheit müsste hier eine umfassende Güter-und Interessenabwägung stattfinden, zB Art. 12 GG vs. APR).
Google hat den Nutzer die Vorschläge unterbreitet, ist also Handlungsstörer.

„Diese Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Kläger ist der Beklagten auch unmittelbar zuzurechnen. Sie hat mit dem von ihr geschaffenen Computerprogramm das Nutzerverhalten ausgewertet und den Benutzern der Suchmaschine die entsprechenden Vorschläge unterbreitet.“

Als Rechtsfolge muss Google daher die persönlichkeitsrechtsverletzenden Suchvorschläge „Scientology“ und „Betrug“ löschen.
Der Kläger hat somit einen Anspruch gegen Google auf Löschung der Suchvorschläge „Scientology“ und „Betrug“ in Zusammenhang mit seinem Namen aus § 1004 Abs 1 S. 2 iVm. § 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.
II. Schadensersatzanspruch wegen Persönlichkeitsverletzung
Hinsichtlich eines Schadensersatzanspruches stellte sich die praktisch spannende und interessante Frage, ob Google nun alle Suchvorschläge auf etwaige persönlichkeitsrechtsverletzende Inhalte durchsuchen muss und bei Verstößen haftet.
Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 823 Abs.1 iVm. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs.1 GG (APR) in Betracht. Eine Verletzung des APR liegt nach hier vertretener Meinung vor (s.o.).
Fraglich ist, ob auf aktives Tun oder Unterlassen abzustellen ist. Dies ist nach dem Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit zu beurteilen. Sicherlich kann Google nicht die Verwendung einer automatisierten Autocomplete-Funktion vorgeworfen werden. Vielmehr kommt ein schuldhaftes Unterlassen der Überprüfung bei Hinweisen auf verletzende Inhalte in Betracht.
Ein Unterlassen ist aber nur dann haftungsauslösend, wenn gegen eine Rechtspflicht zum Handeln verstoßen worden ist. Diese könnte sich aus einer Verkehrspflicht ergeben. Wenn Google die Möglichkeit bereit stellt über eine automatisierte Suchhilfe Inhalte schneller zu finden, muss diese so ausgestaltet sein, dass Dritte nicht in ihren Rechten verletzt werden. Eine Rechtspflicht zum Handeln besteht daher.
Allerdings muss ein Pflichtiger nur solche Maßnahmen ergreifen, die zumutbar und sinnvoll erscheinen. Insofern muss hier der Inhalt der Rechtspflicht Googles bestimmt werden.
Der BGH bezog in seiner Pressemitteilung wie folgt Stellung:

„Der Betreiber einer Suchmaschine ist regelmäßig nicht verpflichtet, die durch eine Software generierten Suchergänzungsvorschläge generell vorab auf etwaige Rechtsverletzungen zu überprüfen. Der Betreiber ist grundsätzlich erst verantwortlich, wenn er Kenntnis von der rechtswidrigen Verletzung des Persönlichkeitsrechts erlangt.“

Somit liegt eine Prüfpflicht erst vor, wenn Google Kenntnis von den verletzenden Inhalten hat. Dem ist m.E. zuzustimmen: Die Suchvorschlagsfunktion wäre praktisch nicht mehr rechtmäßig durchzuführen, da diese sich dynamisch an die Suchaufträge anderer Nutzer anpasst. Eine ständige Kontrolle erscheint nicht praktikabel.
Angesichts der in der Regel nur geringen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wäre eine solche schlicht unzumutbar (wenn nicht ohnehin schon unmöglich).
Mangels Verstoßes gegen eine Rechtspflicht scheidet ein Schadensersatzanspruch daher aus.
Anm.: Insoweit hat der BGH an die Vorinstanz verwiesen; evtl. hat Google durch die Weigerung schon gegen diese Prüfpflicht verstoßen. Wegen der unklaren Rechtslage wird aber wohl ein Verschulden iSd. § 823 Abs. 1 BGB abzulehnen sein.
Zukünftig kommt ein Schadensersatzanspruch allerdings in Betracht, wenn Google trotz Kenntnis der Inhalte diese nicht unverzüglich löscht. Dies ist nun die praktische Folge des Urteils: Google muss ein System zur Verfügung stellen, in dem Betroffene schnell und effizient auf verletzende Inhalte hinweisen können, damit Google diese unverzüglich löscht.
Fazit
Die Lösung des BGH stellt einen gerechten Interessenausgleich dar, der zum einen Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch den Unterlassungsanspruch beseitigt, zum anderen aber Google die Nutzung der Autocomplete-Funktion ohne die ständige Gefahr von Schadensersatzforderungen Dritter ermöglicht.
Für das Examen bietet sich der Fall aufgrund seiner Praxisnähe und zugleich vorhandenen Verbindung zum juristischen Grundwissen (§ 1004, APR, Verkehrssicherungspflichten) sowohl für schriftliche als auch mündliche Prüfungen an. Zumindest die Argumentation bei § 1004 und der Umfang der Verkehrssicherungspflicht sollte daher in Grundzügen bekannt sein.
 

23.05.2013/5 Kommentare/von Dr. Maximilian Schmidt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2013-05-23 10:30:472013-05-23 10:30:47BGH: Unterlassungsanspruch bei persönlichkeitsrechtsverletzenden Suchergänzungsvorschlägen bei „Google“

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