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Yannick Peisker

BGH: Neues zur Sterbehilfe im Rahmen des § 216 StGB

Klassiker des BGHSt und RGSt, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite, Strafrecht, Strafrecht AT, Strafrecht BT

Mit Entscheidung v. 28.6.2022 (Az. 6 StR 68/21) hat der BGH die bereits aus der „Gisela-Entscheidung“ bekannten Grundsätze zur Abgrenzung der straflosen Beihilfe zur strafbaren Tötung nach § 216 StGB weiter präzisiert. Dieses Problem ist ein echter Examensklassiker und immer wieder Gegenstand mündlicher und schriftlicher Prüfungen. Eine genaue Lektüre nicht nur dieses Beitrags, sondern auch der Entscheidungsgründe, die in Teilen wiedergegeben werden, kann sich daher bezahlt machen. Die neue Entscheidung des BGH soll zum Anlass genommen werden, die Problematik der Abgrenzung der straflosen Beihilfe von der strafbaren Tötung auf Verlangen noch einmal aufzubereiten. Auch sollen wertvolle Hinweise auf eine mögliche verfassungskonforme Auslegung infolge der Rechtsprechung des BVerfG zum grundrechtlichen Schutz der Selbsttötung. Eine klausurmäßige Aufbereitung der Probleme ist hier auffindbar.

I. Der Sachverhalt der Entscheidung

Der Sachverhalt, über den der sechste Senat des BGH zu entscheiden hatte, gestaltete sich wie folgt:

O wurde seit 2016 von der seiner Ehefrau T, einer ehemaligen Krankenschwester, betreut. Er hatte seit 1993 ein schweres chronisches Schmerzsyndrom entwickelt und war krankheitsbedingt berufsunfähig und in Rente. Er litt zudem unter zahlreichen Erkrankungen. Seine Schmerzen nahmen 2019 weiter zu und sein Zustand verschlechterte sich stetig, sodass er erwog, die Dienste eines Sterbehilfevereins in Anspruch zu nehmen. Nahezu wöchentlich äußerte er seinen Wunsch, sterben zu wollen. Er bat die T darauf hin, ihn ein paar Tage nicht zu pflegen und wegzufahren, damit er sich mit Tabletten das Leben nehmen wollte. Die T weigerte sich jedoch. Sein Leiden verschlimmerte sich weiter. Während eines gemeinsamen Kaffeetrinkens sagte O „Heute machen wir’s“, der T war klar, dass O sich das Leben nehmen wollte. Gegen 23:00 forderte O die T auf, ihm alle vorrätigen Tabletten zu geben, die O daraufhin selbständig einnahm. Dann forderte er die T auf, ihm alle noch vorhandenen Insulinspritzen zu geben, was sie auch tat. O und T sprachen noch miteinander, bevor er einschlief, gegen 3:30 konnte T seinen Tod feststellen. Er starb an Unterzuckerung infolge des Insulins, die eingenommenen Tabletten waren ebenfalls zur Herbeiführung des Todes geeignet, jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt. Ursächlich war damit die Gabe des Insulins.

II. Die Prüfung der Strafbarkeit der T

Täter des § 216 StGB ist nur, wer die Straftat auch selbst vornimmt. Es gelten die allgemeinen Grundsätze zur Abgrenzung zwischen Täterschaft und Beihilfe. Auf eine erneute Darstellung der Abgrenzung zwischen subjektiver Theorie und Tatherrschaftslehre soll hier verzichtet werden. Denn auch der BGH ist zumindest im Kontext des § 216 StGB von seinem subjektiven Ansatz abgewichen und stellt prinzipiell ausschließlich darauf ab, wer das zum Tode führende Geschehen tatsächlich beherrscht (BGH NJW 1965, 699, 701) Gerade im Falle des einseitig fehlgeschlagenen Doppelselbstmordes, wo grundsätzlich beide Suizidenten einen entsprechenden Willen gebildet haben, sei eine subjektive Abgrenzung fraglich (BGH NJW 1965, 699, 700).

In seiner jüngsten Entscheidung formuliert der BGH wie folgt:

„Täter einer Tötung auf Verlangen ist, wer das zum Tode führende Geschehen tatsächlich beherrscht, auch wenn er sich damit einem fremden Selbsttötungswillen unterordnet. Entscheidend ist, wer den lebensbeendenden Akt eigenhändig ausführt. Gibt sich der Suizident nach dem Gesamtplan in die Hand des anderen, um duldend von ihm den Tod entgegenzunehmen, dann hat dieser die Tatherrschaft. Behält der Sterbewillige dagegen bis zuletzt die freie Entscheidung über sein Schicksal, dann tötet er sich selbst, wenn auch mit fremder Hilfe. Dies gilt nicht nur, wenn die Ursachenreihe von ihm selbst, sondern auch, wenn sie vom andern bewirkt worden war. Solange nach Vollzug des Tatbeitrags des anderen dem Sterbewilligen noch die volle Freiheit verbleibt, sich den Auswirkungen zu entziehen oder sie zu beenden, liegt nur Beihilfe zur Selbsttötung vor […]. Die Abgrenzung strafbarer Tötung auf Verlangen von strafloser Beihilfe zum Suizid kann dabei nicht sinnvoll nach Maßgabe einer naturalistischen Unterscheidung von aktivem und passivem Handeln vorgenommen werden. Geboten ist vielmehr eine normative Betrachtung.“

BGH, Beschl. v. 28.06.2022 – 6 StR 68/21 Rn. 14 f.

Der BGH verordnete die Tatherrschaft bei O selbst. T hingegen habe lediglich unterstützende Akte vorgenommen und sei demnach lediglich Gehilfin einer straflosen Beihilfe zum Suizid.

Dieses Ergebnis mag zunächst erstaunen, denn das Spritzen des Insulins hat ausschließlich T vorgenommen, bei genauer Betrachtung ist dies jedoch folgerichtig und nicht als Täterhandlung einzuordnen.

„[Denn] Eine isolierte Bewertung dieses Verhaltens trägt dem auf die Herbeiführung des Todes gerichteten Gesamtplan nicht hinreichend Rechnung. Danach wollte sich [O] in erster Linie durch die Einnahme sämtlicher im Haus vorrätigen Schmerz-, Schlaf- und Beruhigungsmittel das Leben nehmen, während die zusätzliche Injektion des Insulins vor allem der Sicherstellung des Todeseintritts diente; er wollte keinesfalls „als Zombie zurückkehren“. Bei wertender Betrachtung bildeten die Einnahme der Tabletten und die Injektion des Insulins nach dem Gesamtplan einen einheitlichen lebensbeendenden Akt, über dessen Ausführung allein [O] bestimmte. Die Medikamente nahm er eigenständig ein, während die Angeklagte ihm der jahrelangen Übung entsprechend die Insulinspritzen setzte, weil ihm dies aufgrund seiner krankheitsbedingten Beeinträchtigungen schwerfiel. Nach dem Gesamtplan war es letztlich dem Zufall geschuldet, dass das Insulin seinen Tod verursachte, während die Medikamente ihre tödliche Wirkung erst zu einem späteren Zeitpunkt entfaltet hätten. In Anbetracht dessen wird die Annahme des Landgerichts, dass [O] sich in die Hand der Angeklagten begeben und den Tod duldend von ihr entgegengenommen habe, den Besonderheiten des Falles nicht gerecht. […].

BGH, Beschl. v. 28.06.2022 – 6 StR 68/21 Rn. 16.

In anderen Worten: Die Tatsache, dass sowohl der Suizident als auch die betreuende Person aktive Handlungen vornehmen ist unerheblich, sofern es sich um einen Gesamtplan handelt und über diesen Gesamtplan allein der Suizident die Tatherrschaft innehat.

III. Keine Strafbarkeit durch Unterlassen

Wird der Suizident bewusstlos oder schläft ein, kommt es vorliegend zu keinem Tatherrschaftswechsel und damit zu einer Strafbarkeit wegen Tötung auf Verlangen durch Unterlassen, §§ 216 Abs. 1, 13 Abs. 1 StGB. Denn trotz kraft der hier bestehenden Ehe zu bejahenden Garantenstellung der T für den O, liegt keine Garantenpflicht für das Leben ihres Mannes vor. Ein frei und selbstbestimmt gefasster Sterbewille führt zur Suspendierung der Garantenpflicht. Es gilt dasselbe wie für ärztliche Garantenpflichten, zu denen sich der BGH bereits mit seinen beiden Entscheidungen vom 3.7.2019 – 5 StR 132/18; 5 StR 393/18 geäußert hatte. Die Besprechung durch Juraexamen.info lässt sich hier abrufen.

IV. Exkurs: Verfassungskonforme Auslegung des § 216?

In seiner Entscheidung reißt der BGH zudem die Problematik an, ob durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit des § 217 StGB auch eine Neubewertung der Verfassungsmäßigkeit des § 216 StGB angezeigt ist. Zur Erinnerung: Das BVerfG hat in seiner Entscheidung (BVerfGE 153, 182) aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht auch die grundrechtlich geschützte Freiheit abgeleitet, sein Leben eigenhändig bewusst und gewollt zu beenden und bei der Umsetzung dieser Selbsttötung auch auf die Hilfe Dritter zurückzugreifen. Wenn die betroffene Person zur Wahrnehmung dieses Freiheitsrechts auch auf die Hilfe Dritter angewiesen ist, schützt das APR auch vor einer Beschränkung gegenüber Dritten, die eine solche Unterstützung anbieten (Rn. 213). Strafrechtliche Normen dürften nach Auffassung des BVerfG nicht dazu führen, dass diese freie Entscheidung letztlich unmöglich gemacht wird, anderenfalls wird der verfassungsrechtliche Schutz dieser Freiheit nicht mehr gewährleistet (Rn. 273).

Eine Vergleichbarkeit der Konstellationen ist nicht von der Hand zu weisen, denn auch hier wird die Möglichkeit des Sterbewilligen, auf die Unterstützung Dritter zurückzugreifen, durch die Strafandrohung des § 216 StGB beschränkt. Dies sieht auch der 6. Senat des BGH so. Nach den Angaben in der o.g. Entscheidung hält er es für naheliegend, dass § 216 Abs. 1 StGB stets einer verfassungskonformen Auslegung bedürfe. Es seien jedenfalls die Fälle vom Anwendungsbereich der Norm auszunehmen, in denen es einer sterbewilligen Person faktisch unmöglich ist, ihre frei von Willensmängeln getroffene Entscheidung selbst umzusetzen. Dies sei der Fall, wenn sie darauf angewiesen ist, dass eine andere Person die unmittelbar zum Tod führende Handlung ausführt.

Wie genau eine solch verfassungskonforme Auslegung auszusehen hat und an welchem Merkmal des § 216 Abs. 1 StGB hier anzuknüpfen sein sollte, lässt der BGH offen. Für Studierende stellt sich daher die schwierige Frage, an welcher Stelle dieses Problem verortet werden sollte. Denkbar ist die Anwendung des § 34 StGB unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Wertungen. Der Wunsch des Suizidenten müsste intern gegen sein Rechtsgut „Leben“ abgewogen werden. Sofern der Suizidwunsch selbstbestimmt und frei von Willensmängeln bestand, müsste eine entsprechende Abwägung von „Tod“ gegen „Leben“ ausnahmsweise zulässig sein.

V. Wann liegen die Voraussetzungen für eine solche verfassungskonforme Auslegung vor?

Nicht geklärt ist hingegen, wann es einer Person faktisch unmöglich ist, ihre frei von Willensmängeln getroffene Entscheidung umzusetzen. In der Kommentarliteratur wird teils eine solch faktische Unmöglichkeit ausgeschlossen, sie könne nahezu nie vorliegen. Denn so sei vorstellbar, dass durch eine technische Einrichtung, durch die der Suizident mittels eines Augenzwinkerns eine Maschine in Gang setzen könne, auch ein an Armen und Beinen gelähmter Suizident selbständig töten könne. Sofern eine solche Einrichtung verfügbar sei, werde bis zur Verfügungstellung lediglich die Lebenszeit verlängert, dies sei auch aus verfassungsrechtlichen Gründen hinzunehmen (zu alldem Schneider, MüKoStGB, 4. Auflage 2021, § 216 StGB Rn. 60 mwN). Sofern der Sachverhalt auf eine solche Möglichkeit aber nicht ausdrücklich hinweist und er zugleich die körperliche Unfähigkeit zur Selbsttötung betont, liegt nahe, dass der Klausurersteller auf eine solch verfassungskonforme Einschränkung hinauswollte. Das genaue Lesen des Klausursachverhalts ist hier besonders essentiell. Gleichwohl ist damit natürlich nur Examenskandidaten, nicht aber der Praxis geholfen.

12.08.2022/von Yannick Peisker
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Yannick Peisker https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Yannick Peisker2022-08-12 08:22:172022-08-12 08:27:44BGH: Neues zur Sterbehilfe im Rahmen des § 216 StGB
Gastautor

Keine Hinweispflicht des Verkäufers auf Doppelmord in Wohnhaus: Urteil des LG Coburg vom 06.10.2020 – 11 O 92/20

BGB AT, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns, einen Gastbeitrag von Philippe Keller veröffentlichen zu können. Der Autor hat Rechtswissenschaften in Bonn studiert und verfolgt dort derzeit ein Promotionsvorhaben. Außerdem ist er Wissenschaftlicher Mitarbeiter in einer Kölner Großkanzlei.

Das LG Coburg hatte sich in einem erst kürzlich veröffentlichten Urteil vom 06.10.2020 (Az. 11 O 92/20) mit der Anfechtung eines Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung durch Verschweigen, und damit einem klassischen und examensrelevanten Problem des BGB-AT, zu beschäftigen. Kurz gesagt ging es darum, dass die Verkäuferin eines Wohnanwesens die Käuferin nicht darüber informiert hatte, dass sich in dem Haus ein Doppelmord an einer Frau und ihrem kleinen Kind ereignet hatte.

I.       Sachverhalt

Hintergrund war ein Immobilienerwerb im Jahr 2018. Die Klägerin (K) kaufte mit notariellem Vertrag vom 13.12.2018 ein Wohnanwesen von der Beklagten (B) zur Eigennutzung. Ein knappes Jahr später fand K heraus, dass es sich bei der Immobilie um den Schauplatz eines Doppelmordes an einer Frau und ihrem Kleinkind im Jahre 1998 handelte. Durch die Geschichte des Hauses ist K nun psychisch belastet. Sie hätte das Anwesen nicht gekauft, wenn sie von der düsteren Vorgeschichte gewusst hätte. Am 13.12.2019 erklärte K deshalb gegenüber B die Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung und verlangte die Rückabwicklung des Vertrags.

B, die das Anwesen ihrerseits 2004 erworben hatte, erfuhr damals auch erst nach dem Kauf von dessen Geschichte, hatte somit aber jedenfalls zu dem Zeitpunkt der Veräußerung an K Kenntnis. Sie informierte K jedoch hiervon im Rahmen des Immobilienerwerbs nicht. B und ihr damaliger Ehemann hatten vielmehr auch nach Kenntniserlangung von dem Doppelmord noch mehr als zehn Jahre dort gewohnt, da dieser für sie keine große Rolle gespielt hatte und sie sich keine weiteren Gedanken darüber gemacht hatten.

II.    Rechtliche Einordnung

Das rechtliche Kernproblem liegt in der Frage, wann eine arglistige Täuschung durch Verschweigen vorliegt. Nachfolgend soll diese durch das LG Coburg (unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des BGH) für den konkreten Fall beantwortete Frage erläutert werden.

Zur Geltendmachung ihres Anspruchs auf Rückzahlung des Kaufpreises aus rechtsgrundloser Bereicherung nach erfolgreicher Anfechtung wegen arglistiger Täuschung Zug um Zug gegen die Rückübereignung des Wohnanwesens kann K sich hier zunächst auf § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB i.V.m. §§ 142 Abs. 1, 123 Abs. 1 Var. 1 BGB berufen.

B hat den Kaufpreis durch Leistung von K erlangt. Fraglich ist jedoch, ob der Rechtsgrund durch Anfechtung des Kaufvertrags ex tunc (nach der m.M. ex nunc und damit § 812 Abs. 1 S. 2 Var. 1) entfallen ist. Wenn wie hier die Anfechtung eines Kaufvertrags aus Gründen erfolgt, die auch einen Mangel darstellen könnten, ist zumindest gedanklich zu prüfen, ob die Anfechtung nicht durch den Vorrang der §§ 437 ff. BGB ausgeschlossen ist (tatsächlich ist dies nur bei einem Eigenschaftsirrtum nach § 119 Abs. 2 BGB der Fall)[1]. Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist jedenfalls aufgrund des unterschiedlichen Schutzzwecks nicht ausgeschlossen.[2] K als Anfechtungsberechtigte hat die Anfechtung gegenüber B als richtiger Anfechtungsgegnerin gemäß § 143 Abs. 1, 2 BGB erklärt.[3] Auch die einjährige Anfechtungsfrist nach Kenntniserlangung gemäß § 124 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 BGB wurde eingehalten.

III.  Anfechtungsgrund: arglistige Täuschung durch Verschweigen

Die entscheidende Frage ist jedoch, ob eine arglistige Täuschung durch B und damit ein Anfechtungsgrund nach § 123 Abs. 1 Var. 1 BGB vorlag. Das LG Coburg führt hierzu aus:

„Bei einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Umstandes handelt arglistig, wer den Umstand kennt oder ihn für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragspartner den Umstand nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit diesem Inhalt geschlossen hätte (BGH, NJW 1995, Seite 1549f.).“

1.      Täuschung

a)      Offenbarungspflicht

Eine Täuschung kann auch durch ein Unterlassen begangen werden. Grundsätzlich muss aber jede Vertragspartei selbst ihre eigenen Interessen wahrnehmen. Es gibt keine allgemeine Pflicht zur Offenbarung aller Umstände, die für die andere Partei von Bedeutung für den Vertragsschluss sein könnten. Nur ausnahmsweise kommt eine Offenbarungspflicht in Betracht. Ganz im Sinne der Rechtsprechung des BGH[4] verlangt das LG Coburg für das Vorliegen einer solchen, dass

„[…] der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise Aufklärung über den betreffenden. Umstand erwarten darf.“

Ist nun die Tatsache, dass ein grausames Verbrechen in einem Wohnanwesen stattgefunden hat, ein solcher offenbarungspflichtiger Umstand, über den der Vertragspartner Aufklärung erwarten darf? Wie so oft heißt es auch hier wieder „es kommt drauf an“.

b)     Zeitfaktor: Bedeutung eines Verbrechens nimmt mit der Zeit ab

Grundsätzlich ist nach der Überzeugung des Gerichts die Tatsache, dass in einem zum Verkauf stehenden Haus ein Verbrechen stattgefunden hat, schon aufklärungspflichtig. Allerdings spiele der zeitliche Faktor eine entscheidende Rolle,

„[…] da bei objektiver Bewertung die Bedeutung eines derartigen Umstandes für die Kaufentscheidung mit zunehmendem Zeitablauf geringer wird.“

Hier lagen zwischen dem Doppelmord und dem Vertragsschluss gut 20 Jahre. Eine Zeitspanne, die nach Ansicht des Gerichts dazu führt, dass

„[…] über ein so lange zurückliegendes Verbrechen ohne Nachfrage oder ohne Hinzutreten besonderer Umstände […]“

nicht aufgeklärt werden muss. Vorliegend hat weder K nachgefragt, noch lagen besondere Umstände vor, die an der Beurteilung etwas geändert hätten. Es liegt somit schon keine Täuschung vor.

2.      Arglist

Sicherheitshalber und im Hinblick auf das Gewährleistungsrecht taktisch geschickt widmet sich das LG aber auch noch dem Merkmal der Arglist. Arglistig handelt, wie bereits oben erwähnt, nur der,

„[…] der damit rechnet bzw. billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragspartner den Umstand nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit diesem Inhalt geschlossen hätte.“

Das Gericht stellt darauf ab, dass das Verbrechen für B und ihren damaligen Ehemann keine Bedeutung gehabt habe. Dies zeige sich daran, dass beide auch nach Kenntniserlangung noch über ein Jahrzehnt selbst in dem Anwesen gewohnt hätten. Insoweit glaubt das Gericht der B, dass sie sich bei dem Verkauf keine Gedanken über die tragische Geschichte des Hauses gemacht habe.

„Sie hat daher gerade nicht billigend in Kauf genommen, dass die Klägerin den Vertrag bei Kenntnis der entsprechenden Umstände nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte.“

B hätte das Verbrechen somit auch nicht arglistig verschwiegen, wenn es sich dabei um einen offenbarungspflichtigen Umstand gehandelt hätte.

3.      Mängelgewährleistungsrechte

Die Frage, ob es sich bei der Geschichte des Hauses um einen Sachmangel handelt, konnte vorliegend unbeantwortet bleiben, da der Kaufvertrag einen Haftungsausschluss für Sach- und Rechtsmängel enthielt

„[…] und somit nur arglistig verschwiegene Mängel entsprechende Gewährleistungsansprüche des Käufers auslösen könnten.“

Mangels Arglist scheiden deshalb auch Gewährleistungsansprüche, wie die Rückabwicklung oder Schadensersatz für vergebens getätigte Aufwendungen, aus.

IV. Fazit

Auch hinter einer reißerischen Überschrift und einem tragischen Doppelmord kann sich am Ende ein klassisches Anfechtungsproblem des BGB-AT verbergen. Eine Offenlegungspflicht des Verkäufers besteht nur in Ausnahmefällen und zwar dann, wenn es sich um Umstände handelt, bei denen der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise Aufklärung erwarten darf. Ein solch schweres Verbrechen wie ein Doppelmord ist grundsätzlich ein solcher Umstand. Allerdings nimmt seine Bedeutung nach objektiver Betrachtung mit der Zeit an Bedeutung für die Kaufentscheidung ab. Ohne das Hinzutreten besonderer Umstände ist diese Information mehr als 20 Jahre nach dem Verbrechen nicht mehr unbedingt offenzulegen.

Das Urteil bietet eine hervorragende Grundlage für einen Klausurfall mit dem Schwerpunkt auf der Arglistanfechtung. Ergänzen ließe sich eine Klausur gut durch eine im Originalsachverhalt angelegte Vertretungsproblematik. Bei fortgeschrittenen Klausuren sind auch eine prozessuale Einkleidung sowie die vertiefte Problematisierung des Haftungsausschlusses denkbar.

Das Schema zur Anfechtungsprüfung findet sich hier.

[1] Vgl. m.w.N. MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl. 2021, BGB § 119 Rn. 29-34.

[2] BeckOK BGB/Wendtland, 60. Ed. 1.11.2021, BGB § 123 Rn. 40.

[3] Im Ausgangsfall ließ K sich hierbei vertreten, so dass in einer Klausur an dieser Stelle ein Anknüpfungspunkt für stellvertretungsrechtliche Probleme sein kann.

[4] BGH NJW 2001, 64; NJW-RR 1998, 1406; NJW-RR 1991, 439; NJW 1989, 763.

04.03.2022/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2022-03-04 09:25:002022-07-21 09:44:15Keine Hinweispflicht des Verkäufers auf Doppelmord in Wohnhaus: Urteil des LG Coburg vom 06.10.2020 – 11 O 92/20
Dr. Melanie Jänsch

BGH: Grundsatzurteile zur Sterbehilfe

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Mit Urteilen vom 3.7.2019 (Az.: 5 StR 132/18 und 5 StR 393/18) hat der BGH in zwei Sterbehilfe-Fällen Freisprüche der Vorinstanzen (LG Hamburg und LG Berlin) bestätigt. Konkret ging es um die Strafbarkeit zweier Ärzte, die ihren Patienten bei den Suiziden assistiert hatten. Einer Strafbarkeit der Ärzte stehe nach Ansicht des BGH sowohl in Bezug auf im Vorfeld geleistete Unterstützungsmaßnahmen als auch hinsichtlich des Unterlassens von Rettungsmaßnahmen nach Eintritt der Bewusstlosigkeit die Eigenverantwortlichkeit der Suizidwilligen entgegen. Dies ist eine eindeutige Abkehr von älterer Rechtsprechung des BGH, nach der ein Garant auch gegenüber einem freiverantwortlich handelnden Suizidenten jedenfalls zur Einleitung von Rettungsmaßnahmen verpflichtet ist, sobald der Garant nach Eintritt der Bewusstlosigkeit die Tatherrschaft über das Geschehen erlangt (BGH, Urt. v. 4.7.1984 – 3 StR 96/84, NJW 1984, 2639). Die extrem hohe Klausur- und Examensrelevanz der Entscheidungen liegt damit auf der Hand – die Auseinandersetzung mit der Rechtsprechungsänderung ist für jeden Examenskandidaten ein Muss. Im Rahmen dieses Beitrags sollen daher die Grundzüge der Entscheidungen dargestellt und erläutert werden.
 
A) Sachverhalte (vereinfacht)
Die den Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalte ähneln sich insoweit, als in beiden Fällen von einem freiverantwortlichen Suizid auszugehen war, der von Ärzten begleitet wurde. Im Hamburger Verfahren ging es um zwei befreundete ältere Frauen, die an mehreren nicht lebensbedrohlichen, jedoch ihre Lebensqualität und persönlichen Handlungsmöglichkeiten zunehmend einschränkenden Krankheiten litten. Sie wandten sich an einen Sterbehilfeverein, der seine Unterstützung bei ihrer Selbsttötung von der Erstattung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens zu ihrer Einsichts- und Urteilsfähigkeit abhängig machte. Dieses erstellte ein Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, der an der Festigkeit und Wohlerwogenheit der Suizidwünsche keine Zweifel hatte und auf Verlangen der beiden Frauen auch der Einnahme der tödlich wirkenden Medikamente beiwohnte sowie Rettungsmaßnahmen unterließ. Im Berliner Verfahren verschaffte der Hausarzt der Suizidwilligen, die an einer nicht lebensbedrohlichen, aber stark krampfartige Schmerzen verursachenden Krankheit litt und bereits mehrere Suizidversuche unternommen hatte, dieser ein tödlich wirkendes Medikament. Er betreute die nach der Einnahme des Medikaments Bewusstlose und ergriff ebenfalls keine Rettungsmaßnahmen.

B) Rechtsausführungen

Sowohl das LG Hamburg als auch das LG Berlin verneinten die Strafbarkeit der beiden Ärzte nach §§ 216 Abs. 1, 13 Abs. 1 StGB und § 323c StGB. Im ersten Fall hätten die beiden Frauen die Tatherrschaft über die Herbeiführung ihres Todes gehabt und im zweiten Fall sei die Beschaffung des Medikaments als straflose Beihilfe zur eigenverantwortlichen Selbsttötung zu qualifizieren. Zu Rettungsbemühungen nach Eintritt der Bewusstlosigkeit seien die Ärzte aufgrund der Eigenverantwortlichkeit der Sterbewilligen in beiden Fällen nicht verpflichtet gewesen. Der BGH hat die Urteile bestätigt.
 
I. Beihilfe zur Selbsttötung
Eine Strafbarkeit anknüpfend an die Beschaffung des tödlich wirkenden Medikaments kam schon nicht in Betracht, da es an der für eine Beihilfe zwingend erforderlichen Haupttat fehlte – ein Suizid ist nicht strafbar. Auch weitere Vorfeldmaßnahmen stellten kein strafrechtlich relevantes Verhalten dar, wie der BGH ausdrücklich feststellte:

„Eine strafrechtliche Verantwortlichkeit der Angeklagten für ihre im Vorfeld geleisteten Beiträge zu den Suiziden hätte vorausgesetzt, dass die Frauen nicht in der Lage waren, einen freiverantwortlichen Selbsttötungswillen zu bilden. In beiden Fällen haben die Landgerichte rechtsfehlerfrei keine die Eigenveranwortlichkeit der Suizidentinnen einschränkenden Umstände festgestellt. Deren Sterbewünsche beruhten vielmehr auf einer im Laufe der Zeit entwickelten, bilanzierenden „Lebensmüdigkeit“ und waren nicht Ergebnis psychischer Störungen.“ (Pressemitteilung Nr. 90/2019)

 
II. Tötung auf Verlangen durch Unterlassen, §§ 216 Abs. 1, 13 Abs. 1 StGB
Zu prüfen war daher zunächst eine Strafbarkeit der Ärzte wegen Tötung auf Verlangen durch Unterlassen, §§ 216 Abs. 1, 13 Abs. 1 StGB, indem nach Eintritt der Bewusstlosigkeit keine Rettungsmaßnahmen ergriffen wurden.
 
Anmerkung: Im Berliner Verfahren kam nur eine Strafbarkeit wegen versuchter Tötung auf Verlangen durch Unterlassen in Betracht, da nicht sicher festgestellt werden konnte, ob der Eintritt des Todeserfolgs durch zeitnah eingeleitete Rettungsmaßnahmen überhaupt noch hätte verhindert werden können. In einer Klausur würde dies einen erhöhten Schwierigkeitsgrad bedeuten, da auf diese Weise auch noch klassische Probleme des Versuchs – etwa der Versuchsbeginn bei Unterlassen – abgeprüft werden können.
 
1. Objektiver Tatbestand
a) Ausdrückliches und ernstliches Verlangen
Die Verstorbenen müssten die Ärzte durch ausdrückliches und ernstliches Verlangen zu ihrer Tötung bestimmt haben. Der Begriff des „Verlangens“ beschreibt den Todeswunsch des Tatopfers, wobei er seinem Wortsinn nach mehr als ein einverständliches Hinnehmen oder Geschehenlassen einer Fremdtötung voraussetzt. Erforderlich ist, dass eine auf das Vorstellungsbild des Erklärungsadressaten abzielende Einwirkung in Form einer Willensäußerung vorliegt (MüKoStGB/Schneider, 3. Aufl. 2017, § 216 Rn. 13). Vorliegend bestand hinsichtlich des Todeswunsches der Suizidenten kein Zweifel; dass keine Rettungsmaßnahmen ergriffen werden sollten, wurde auch ausdrücklich gegenüber den Ärzten geäußert. Ebenso stellt sich das Verlangen auch als ernstlich dar. Dies ist der Fall, wenn ein subjektiv frei verantwortlicher Willensentschluss gegeben ist. Hierzu genügen beiläufig oder leichthin artikulierte Tötungsverlangen, die einer depressiven Augenblicksstimmung entspringen, nicht. Vielmehr ist eine durch Willensfestigkeit gekennzeichnete innere Haltung des Lebensmüden erforderlich (MüKoStGB/Schneider, 3. Aufl. 2017, § 216 Rn. 19; Fischer, StGB, 65. Aufl. 2018, § 216 Rn. 9). Eine solche war hier, wie bereits angesprochen, in beiden Fällen anzunehmen: Bei den beiden älteren Frauen erstellte ein Facharzt für Neurologie und Psychiatrie ein Gutachten, das die Festigkeit und Wohlerwogenheit der Suizidwünsche attestierte. Aber auch die Verstorbene im Berliner Verfahren hatte sich viele Jahre mit der Thematik des Suizids auseinandergesetzt und war sich der Tragweite ihres Tuns bewusst. Mithin bestand ein ausdrückliches und ernstliches Verhalten, durch das die Ärzte auch bestimmt wurden.
 
b) Abgrenzung Tun / Unterlassen
Ein tatbestandliches aktives Tun ist den Ärzten evident nicht anzulasten. Der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit liegt hierbei im Unterlassen der Rettungsmaßnahmen nach Eintritt der Bewusstlosigkeit.
 
Zur Erinnerung: Ob eine Strafbarkeit wegen aktiven Tuns oder Unterlassens in Betracht kommt, ist auf den ersten Blick nicht immer eindeutig. Wie eine Abgrenzung vorzunehmen ist, ist umstritten. Die herrschende Meinung stellt auf normative Kriterien ab, konkret: ob der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit bei einem aktiven Tun oder Unterlassen liegt. Eine andere Ansicht – die Lehre vom Energieeinsatz – stellt die Frage, ob der Täter den Erfolg durch positiven Energieeinsatz verursacht hat oder ob er seine Energie gegenüber einem anderweitig in Gang gesetzten Kausalverlauf nicht eingesetzt hat (Zum Ganzen Schönke/Schröder/Bosch, StGB, 30. Aufl. 2019, Vorb. § 13 Rn. 158 ff.)
 
c) Garantenstellung
Weiterhin müssten die Ärzte eine Garantenstellung aufweisen, d.h. eine Summe von Voraussetzungen erfüllen, aus denen die rechtliche Pflicht resultiert, gegen Rechtsgutsgefährdungen einzuschreiten (Schönke/Schröder/Bosch, StGB, 30. Aufl. 2019, § 13 Rn. 7). Für den Hausarzt kommt eine Beschützergarantenstellung aufgrund des zwischen ihm und der Verstorbenen bestehenden Arzt-Patienten-Verhältnisses in Betracht. Zwar kann nicht der bloße Umstand, dass ein Arzt einem Suizid beiwohnt, eine Garantenstellung begründen (hierzu BGH, Urt. v. 26.10.1982 – 1 StR 413/82, NJW 1983, 350, 351). Hier hat der Arzt aber die Betreuung der Patientin übernommen, sodass insofern eine Garantenstellung anzunehmen ist. Diese Überlegungen können für den Gutachter, der auch als solcher auftrat, jedoch nicht übertragen werden. Diesbezüglich könnte allenfalls eine Garantenstellung aus Ingerenz, also pflichtwidrigem Vorverhalten, erwogen werden. Ein pflichtwidriges Vorverhalten begründet eine Garantenstellung, wenn es die nahe Gefahr des Eintritts des konkret untersuchten tatbestandsmäßigen Erfolgs verursacht (BGH, Urt. v. 19.4.2000 – 3 StR 442/99, NJW 2000, 2754, 2756).
 
d) Verpflichtung zur Vornahme von Rettungsmaßnahmen
Ob eine Garantenstellung angesichts dessen vorliegt, kann jedoch dahinstehen, wenn die Ärzte, selbst wenn sie grundsätzlich Garanten sind, nicht zur Abwendung des Todeserfolgs verpflichtet waren. Dies haben das LG Hamburg, das LG Berlin und nun auch der BGH aufgrund des Selbstbestimmungsrechts der Suizidentinnen angenommen:

„Beide Angeklagte waren nach Eintritt der Bewusstlosigkeit der Suizidentinnen auch nicht zur Rettung ihrer Leben verpflichtet. Der Angeklagte des Hamburger Verfahrens hatte schon nicht die ärztliche Behandlung der beiden sterbewilligen Frauen übernommen, was ihn zu lebensrettenden Maßnahmen hätte verpflichten können. Auch die Erstellung des seitens des Sterbehilfevereins für die Erbringung der Suizidhilfe geforderten Gutachtens sowie die vereinbarte Sterbebegleitung begründeten keine Schutzpflicht für deren Leben. Der Angeklagte im Berliner Verfahren war jedenfalls durch die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts der später Verstorbenen von der aufgrund seiner Stellung als behandelnder Hausarzt grundsätzlich bestehenden Pflicht zur Rettung des Lebens seiner Patientin entbunden.“ (Pressemitteilung Nr. 90/2019)

Mit anderen Worten: Selbst, wenn man im vorliegenden Fall eine Garantenstellung des Arztes bejaht, traf ihn aufgrund der Ausübung des Selbstbestimmungsrechts der später Verstorbenen nicht die Pflicht, nach Eintritt der Bewusstlosigkeit Maßnahmen zu ergreifen, um den Todeserfolg abzuwenden. Dies stellt eine Abkehr von einem älteren Urteil des BGH dar, in denen eine Pflicht des Garanten zur Einleitung lebensrettender Maßnahmen nach Eintritt der Bewusstlosigkeit selbst dann angenommen wurde, wenn es sich um einen freiverantwortlichen Suizid handelte (BGH, Urt. v. 4.7.1984 – 3 StR 96/84, NJW 1984, 2639). Bereits in einer Grundsatzentscheidung aus dem Jahre 1952 führte der BGH aus: „Beihilfe zur Selbsttötung ist nicht strafbar. Wer aber eine Rechtspflicht hat, Lebensgefahr von einem anderen nach Kräften abzuwenden, und diese Pflicht kennt, die Selbsttötung aber trotzdem nicht hindert, obwohl er es könnte, ist – je nach seinem Willen und seiner Haltung zur Todesfolge – in der Regel der vorsätzlichen oder fahrlässigen Tötung schuldig. Die Rechtspflicht kann auf Gesetz, Gewohnheitsrecht oder Vertrag beruhen, sie besteht für Ehegatten, die in ehelicher Gemeinschaft leben“ (BGH, Urt. v. 12.2.1952 – 1 StR 59/50, BGHSt 2, 150 Ls. 1). In Fortführung stellte der BGH in einem folgenden Urteil darauf ab, dass es im Zeitpunkt des Eintritts der Bewusstlosigkeit zu einem Tatherrschaftswechsel komme, aufgrund dessen der Garant zur Abwendung des Todeserfolgs verpflichtet sei:

„Wenn nämlich der Suizident die tatsächliche Möglichkeit der Beeinflussung des Geschehens („Tatherrschaft”) endgültig verloren hat, weil er infolge Bewußtlosigkeit nicht mehr von seinem Entschluß zurücktreten kann, hängt der Eintritt des Todes jetzt allein vom Verhalten des Garanten ab. […] In diesem Stadium des […] Sterbens hat dann nicht mehr der Selbstmörder, sondern nur noch der Garant die Tatherrschaft und, wenn er die Abhängigkeit des weiteren Verlaufs ausschließlich von seiner Entscheidung in seine Vorstellung aufgenommen hat, auch den Täterwillen. Daß der Garant durch sein Verhalten den früher geäußerten Wunsch des Sterbenden erfüllen will, ändert daran nichts.“ (BGH, Urt. v. 4.7.1984 – 3 StR 96/84, NJW 1984, 2639, 2640 f.)

Die Rechtsprechung ist in der Literatur vielfach unter Hinweis auf das Selbstbestimmungsrecht freiverantwortlich handelnder Suizidenten kritisiert worden. So sei es wertungswidersprüchlich, die Beihilfe zur Selbsttötung als straffrei einzuordnen, bei Nichthandeln nach Eintritt der Bewusstlosigkeit dann aber eine Strafbarkeit nach §§ 216 Abs. 1, 13 Abs. 1 StGB anzunehmen (zum Ganzen etwa MüKoStGB/Schneider, 3. Aufl. 2017, Vor § 211 Rn. 67 ff.; Fischer, StGB, 65. Aufl. 2018, Vor §§ 211-217, Rn. 24 m.w.N.). Zudem – und hierauf stützen sich auch die Vorinstanzen – bestehe einer veränderte gesellschaftliche Vorstellung über die Reichweite und Konsequenzen des Selbstbestimmungsrechts des Einzelnen, die sich auch in der Einführung der §§ 1901a ff. BGB zur Patientenverfügung ausdrücke. Zwar hat der BGH in jüngeren Urteilen dem Selbstbestimmungsrecht erhöhte Bedeutung beigemessen (s. etwa BGH, Urt. v. 21.12.2011 – 2 StR 295/11, NStZ 2012, 319; Urt. v. 5.8.2015 – 1 StR 328/15, NJW 2016, 176), eine ausdrückliche Aufgabe erfolgte indes erst mit dem Urteil vom 3.7.2019.  
 
2. Zwischenergebnis
Da die Ärzte aufgrund des Selbstbestimmungsrechts der Sterbewilligen keine Pflicht traf, nach Eintritt der Bewusstlosigkeit Rettungsmaßnahmen zur Abwendung des Todeserfolgs zu ergreifen, handelten sie nicht tatbestandsmäßig. Eine Strafbarkeit nach §§ 216 Abs. 1, 13 Abs. 1 StGB scheidet aus.
 
III. Unterlassene Hilfeleistung, § 323c StGB
Subsidiär war eine Strafbarkeit wegen unterlassener Hilfeleistung nach § 323c StGB zu prüfen. Auch dies verneinte der BGH konsequent:

„Eine in Unglücksfällen jedermann obliegende Hilfspflicht nach § 323c StGB wurde nicht in strafbarer Weise verletzt. Da die Suizide, wie die Angeklagten wussten, sich jeweils als Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts der sterbewilligen Frauen darstellten, waren Rettungsmaßnahmen entgegen deren Willen nicht geboten.“

 
Anmerkung: Vertretbare erschiene es auch, bereits das Vorliegen eines Unglücksfalls abzulehnen. Hierzu tendiert auch das LG Hamburg, das in Fällen wie dem vorliegenden, in denen der Adressat des § 323c StGB über die Selbsttötungsabsicht in Kenntnis gesetzt wurde und auch keine Willensänderungen ersichtlich sind, bereits das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals Unglücksfall anzweifelt.
 
IV. Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung, § 217 StGB
Seit der Einführung der Norm im Jahre 2015 kam bei Unterstützungshandlungen betreffend Selbsttötungen auch eine Strafbarkeit nach § 217 StGB in Betracht, der die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung unter Strafe stellte. Dieser war jedoch zur Zeit der hier gegenständlichen Suizide noch nicht in Kraft, sodass das Verhalten der Ärzte wegen des strafrechtlichen Rückwirkungsverbotes nicht hieran zu messen war.
Anmerkung: Die Einführung des § 217 StGB war in der überwiegenden Literatur auf Kritik gestoßen, da für eine geschäftsmäßige Förderung bereits das wiederholte Unterstützen genügte. Mit Urteil vom 26.02.2020 hat das BVerfG nun entschieden, dass § 217 StGB verfassungswidrig ist (Az.: 2 BvR 2347/15 u.a.; s. hierzu unseren Beitrag). Damit kommt eine Strafbarkeit nach § 217 StGB künftig auch nicht mehr in Betracht.
 
C) Fazit
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der BGH unter besonderer Würdigung des Selbstbestimmungsrechts eines freiverantwortlich handelnden Suizidenten nunmehr die Strafbarkeit eines Garantens wegen Untätigbleibens nach Eintritt der Bewusstlosigkeit ablehnt, was eine Abkehr von früherer Rechtsprechung bedeutet. Die Entscheidung war überfällig: Wie das LG Berlin betont, erfordert der Wertewandel in der Gesellschaft, der sich insbesondere auch in der Einführung der §§ 1901a ff. BGB zur Patientenverfügung ausdrückt, dem Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen eine erhöhte Bedeutung beizumessen – dann ist es nur konsequent, das Untätigbleiben eines Garanten bei einem freiverantwortlichen Suizid nicht als strafrechtlich relevantes Unterlassen einzuordnen. Dies entspricht auch gänzlich dem Urteil des BVerfG vom 26.02.2020, in dem ein neues Grundrecht auf Sterbehilfe entwickelt wurde.
 
 

18.07.2019/3 Kommentare/von Dr. Melanie Jänsch
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Melanie Jänsch https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Melanie Jänsch2019-07-18 09:00:122019-07-18 09:00:12BGH: Grundsatzurteile zur Sterbehilfe
Dr. Sabine Vianden

OLG Hamm: Neues zur Verkehrssicherungspflicht

Deliktsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht

Gleich in zwei kürzlich veröffentlichten Pressemitteilungen des OLG Hamm wird mit den Verkehrssicherungspflichten ein echter Prüfungsklassiker angesprochen. Dabei geht das Gericht auf die Fragen ein, in welchem Maße die Betreiber eines Supermarktes bzw. einer Diskothek dafür zu sorgen haben, dass ihre Kunden sich nicht verletzen, und inwiefern von diesen wiederum Eigenverantwortlichkeit zu fordern ist.
I. Sachverhalte
In beiden Fällen waren die jeweiligen Kläger aufgrund einer unerwarteten Beschaffenheit des Bodens zu Fall gekommen und hatten sich dabei in nicht unerheblichem Maße verletzt.
In der ersten Konstellation, die dem Urteil vom 05.04.2016 (Az.: 9 U 77/15) zugrunde liegt, endete eine Silvesterparty blutig: Die Nacht zum 01.01.2009 verbrachten die Klägerin und ihre Freunde in einer Bottroper Diskothek. In den frühen Morgenstunden kam sie jedoch auf der Tanzfläche zu Fall und zog sich aufgrund am Boden liegender Scherben eine tiefe Schnittverletzung an der rechten Hand zu. Diese wurden von den herbeigerufenen Sanitätern versorgt. Aufgrund der erlittenen physischen und psychischen Beeinträchtigungen verlangte die Dame u.a. ein Schmerzensgeld i.H.v. 200.000 Euro. Die Betreiber der Disko waren allerdings der Meinung, die Klägerin habe im alkoholisierten Zustand ihr Glas fallen lassen und anschließend in eben jene Scherben gestürzt.
In der zweiten Fallgestaltung (13.09.2016 – Az.:9 U 158/15) zog sich ein zu diesem Zeitpunkt 62 Jahre alter Mann einen komplizierten Bruch seines linken Oberarms zu als er vor einem Supermarkt über eine 3 cm hohe Unebenheit der Gehwegplatten stürzte. Aus diesem Grund verlangte er von dem Supermarkt Zahlung von Schadensersatz, u.a. eines Schmerzensgeldes in Höhe von 7.500 Euro.
II. Allgemeines zu Verkehrssicherungspflichten
In beiden Fällen stützten die Kläger ihr Schadensersatzverlangen darauf, dass die Betreiber des Supermarktes bzw. der Diskothek nicht ihren Verkehrssicherungspflichten nachgekommen seien. Diese werden vom BGH, u.a. in dem Urteil zu dem Sturz vor dem Supermarkt, wie folgt umschrieben:
„Nach ständiger Rechtsprechung des BGH und der Obergerichte ist derjenige, der eine Gefahrenlage schafft, grundsätzlich dazu verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Dabei ist zu beachten, dass eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, nicht zu erreichen und nach der berechtigten Verkehrsauffassung auch nicht zu erwarten ist. Deshalb umfasst die rechtlich gebotene Verkehrssicherung lediglich die Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren.“
Typische Fallgruppen sind dabei die Übernahme einer Obhutspflicht für das gefährdete Rechtsgut oder die Schaffung und Unterhaltung einer Gefahrenquelle. Die Annahme einer Verkehrssicherungspflicht selbst und die Bestimmung ihres Umfangs hat sich an verschiedenen Kriterien wie der wirtschaftlichen Zuordnung der Gefahrenquelle und der Beherrschbarkeit der Gefahr, der Zumutbarkeit von Maßnahmen für den Verantwortlichen, der Möglichkeit Dritter, Maßnahmen zum Selbstschutz zu ergreifen und der Sicherheitserwartungen selbiger zu orientieren.
Das Stichwort „Verkehrssicherungspflicht“ fällt besonders häufig im Zusammenhang mit deliktischen Ansprüchen aus § 823 Abs. 1 BGB. Dort werden sie bei dem zweiten Prüfungspunkt, der Handlung bzw. dem pflichtwidrigen Unterlassen des Anspruchsgegners relevant. Dabei ist jedoch nicht jedes Unterlassen tauglicher Anknüpfungspunkt für eine Rechtsgutsverletzung. Das Unterlassen ist vielmehr nur dann haftungsbegründend, wenn eine Handlungspflicht bestand. Eine solche besteht, wenn den Unterlassenden eine Verkehrssicherungspflicht trifft. Kann die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht bejaht werden, so ist auch die Rechtswidrigkeit indiziert.
Allerdings spielen Verkehrssicherungspflichten auch innerhalb von vertraglichen (z.B. im Fall des Diskobesuches) und vertragsähnlichen (aufgrund des Sturzes vor dem Supermarkt kommt je nach Fallgestaltung ein vertraglicher Anspruch oder einer aus c.i.c. in Betracht) Schadensersatzansprüchen eine Rolle, dort dann im Rahmen der Pflichtverletzung.
III. Die Urteile
1. Sturz in der Disko
Im Fall der in der Diskothek gestürzten Frau war das Gericht in Anbetracht der Beweissituation davon überzeugt, dass sich die Flüssigkeit, auf der sie ausgerutscht war, ebenso wie die Scherben, an den sie sich dann verletzt hatte, bereits vor ihrem Sturz auf dem Boden befunden hatten und nicht etwa von einem von ihr selbst fallengelassenen Glas herrührten. Da die Klägerin so eine objektive Pflichtverletzung der Beklagten nachgewiesen habe, hätte es nun an dieser gelegen sich diesbezüglich zu entlasten. Nach Ansicht des BGH sei aber weder ein Organisationsverschulden noch Mängel bei der Ausführung getroffener Organisationsanordnungen auszuschließen gewesen. Ein Mitverschulden der Klägerin aufgrund von Alkoholisierung sei demgegenüber nicht nachgewiesen worden.
Hier spricht der BGH ein weiteres insbesondere aus dem Deliktsrecht und auch im Zusammenhang mit Verkehrssicherungspflichten bekanntes Klausurproblem an, nämlich das sog. Organisationsverschulden. Grundsätzlich haftet ein Geschäftsherr schon nach § 831 Abs. 1 S. 1 BGB für deliktische Handlungen seines Verrichtungsgehilfen, kann sich aber gem. § 831 Abs. 1 S. 2 BGB exkulpieren, wenn er diesen sorgfaltsgemäß ausgewählt und überwacht hat. Daneben kann aber – und dies wird insbesondere in den Fällen, in denen die Exkulpation gelingt relevant – eine Haftung des Geschäftsherrn nach § 823 Abs. 1 BGB für die Verletzung von Organisationspflichten, als Unterfall der Verkehrssicherungspflichten, bestehen. Im konkreten Fall käme diesbezüglich beispielsweise in Betracht, dass der Betreiber der Diskothek seine Mitarbeiter nicht in ausreichendem Maße dazu angewiesen hat, regelmäßig zu kontrollieren, ob sich Scherben auf dem Boden befinden.
2. Sturz vor dem Supermarkt
Im Fall des vor dem Supermarkt gestürzten Mannes wurde neben der Pressemitteilung auch bereits das Urteil veröffentlicht. Darin äußert sich der BGH konkret zu den Anforderungen, die an den Supermarktbetreiber zu stellen waren:
„Ein Gehweg muss sich grundsätzlich in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand befinden, der eine möglichst gefahrlose Benutzung zulässt. Daraus folgt nicht, dass die Verkehrsfläche schlechthin gefahrlos und frei von allen Mängeln sein muss. Wie andere Verkehrsteilnehmer auch haben Fußgänger die gegebenen Verhältnisse grundsätzlich so hinzunehmen, wie sie sich ihnen erkennbar zeigen, sowie mit typischen Gefahrenquellen, wie etwa Unebenheiten, zu rechnen und sich hierauf einzustellen. Insoweit muss sich der Fußgänger den gegebenen Wegeverhältnissen anpassen und hat den Weg so zu benutzen, wie er sich ihm offensichtlich darstellt.“
Unebenheiten zwischen 2,0 und 2,5 cm seien dabei noch hinzunehmen. Im konkreten Fall befanden sich in dem Bereich, in dem der Kläger gestürzt war jedoch Unebenheiten von bis zu 3 cm. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH kommt es aber nicht darauf an, dass der Verletzte beweisen kann genau an einer Stelle von >2,5 cm gestürzt zu sein:
„Steht fest, dass der Geschädigte im Bereich einer abhilfebedürftigen Gefahrenstelle gestürzt ist, spricht nach ständiger Rechtsprechung (…) der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sich hier die Vernachlässigung der Verkehrssicherungspflicht im Sinne der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schadenereignis ausgewirkt hat. (…) Vielmehr obliegt es der Beklagten nachzuweisen, dass der Kläger an der Kante in einem Bereich hängen geblieben ist, der einen geringeren Höhenunterschied als 2,0 cm oder 2,5 cm aufweist, bzw. der Kläger aus Gründen gestürzt ist, die nicht auf der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht beruhen.“
Grundsätzlich hat das OLG also einen Verstoß des Supermarktes gegen dessen Verkehrssicherungspflichten angenommen. Dennoch wurde dem Kläger nicht in vollem Umfang ein Anspruch auf Schadensersatz zugesprochen. Nach Ansicht des Gerichts traf ihn bei dem Sturz nämlich ein Mitverschulden von 50 %, weil auch er schlichtweg hätte besser aufpassen müssen:
„Eine völlige Gefahrlosigkeit eines Gehwegs kann von den Kunden bzw. Passanten nicht erwartet werden. (…) Auch der Fußgänger in einem Gehwegbereich muss daher auf seinen Weg achten. Dabei ist danach zu differenzieren, in welchem Umfang der Fußgänger durch die Umgebung abgelenkt ist. So wird man in einer Fußgängerzone konzedieren müssen, dass der Passant genau das macht, was er machen soll, nämlich auf die Auslagen achten. Eine solche Ablenkung liegt hier nicht vor. Der Bereich des Treppenaufgangs ist ungeschickt ausgeführt. (…) Angesichts dessen musste der Kläger, wenn er die den Treppenaufgang abgrenzende Mauer schon in einem engen Bogen nimmt, dann auch seinen Blick unmittelbar vor dem Übergang nach unten richten. Der Sturz war dann vermeidbar. Die danach erforderliche Aufmerksamkeit hat der Kläger nicht aufgebracht.“
IV. Fazit
Die Inhalte von Verkehrssicherungspflichten wurden sowohl von den Obergerichten als auch dem BGH schon mehrfach konkretisiert. Weitere Beiträge auf juraexamen.info findet ihr u.a. hier, hier, hier und hier. Es handelt sich nicht nur um eine in der Praxis relativ häufig auftretende Thematik, sondern auch um einen für Examensklausuren bestens geeigneten Anknüpfungspunkt. Weitere Problemkreise, die in diesem Zusammenhang typischerweise eine Rolle spielen können sind die Haftung für eigenes und fremdes Verschulden (auch das Stichwort: Dezentralisierter Entlastungsbereich), im Bereich der c.i.c. auch der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (das seine Eltern begleitende Kind, das vor dem Supermarkt stürzt). Eine Auseinandersetzung mit den Grundsätzen der Verkehrssicherungspflichten, sowie bereits entschiedenen Sachverhalten lohnt sich also und kann im Ernstfall Inspiration für die eigene Argumentation bieten!

01.02.2017/2 Kommentare/von Dr. Sabine Vianden
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Sabine Vianden https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Sabine Vianden2017-02-01 10:00:242017-02-01 10:00:24OLG Hamm: Neues zur Verkehrssicherungspflicht
Dr. Patrick Christian Otto

Das unechte Unterlassungsdelikt am Beispiel der Garantenstellung des Arbeitgebers

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Wir freuen uns, einen weiteren Gastbeitrag von Patrick Otto [Studium in Hannover. Studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht (Prof. Dr. Volker Epping) sowie am Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaft (Prof. Dr. Veith Mehde)] veröffentlichen zu können.
Der Beitrag befasst sich mit den Grundlagen des unechten Unterlassungsdelikts anhand einer aktuellen Fragestellung.
Neben dem vorsätzlichen vollendeten Begehungsdelikt finden vor allem die unechten vollendeten Unterlassungsdelikte immer stärkeren Eingang in die Klausuren des Jurastudiums. Dies bereitet vielen Studierenden bisweilen erhebliche Schwierigkeiten. Dieser Beitrag gibt einen systematischen Überblick zur Prüfung des unechten Unterlassungsdelikts und legt hierbei einen besonderen Fokus auf die seit einiger Zeit in der Diskussion befindliche Frage der Garantenstellung des Arbeitgebers. Angereichert werden die Darstellungen zudem durch Klausurhinweise für die praktische Fallbearbeitung.
 I. Die Prüfung des unechten vollendeten Unterlassungsdelikts
Die nachfolgenden Ausführungen zeigen die Prüfung des unechten vollendeten Unterlassungsdelikts am Beispiel der Garantenstellung des Arbeitgebers, wobei die wesentlichen Kernpunkte dargestellt werden. Zentrale Norm für die Strafbarkeit ist dabei § 13 StGB, der das unechte Unterlassen als solches gesetzlich kodifiziert, die Streitfragen aber der weiteren Klärung durch Rechtsprechung und Schrifttum überlässt (vgl. BHG NJW 1990, 332).
1. Abgrenzung von Tun und Unterlassen
Vor Einstieg in die Fallbearbeitung ist zunächst (auch zum Teil nur gedanklich) eine Abgrenzung zwischen Tun und Unterlassen vorzunehmen, die darüber entscheidet, ob ein Begehungs- oder das Unterlassungsdelikt zu prüfen ist. Der BGH und Teile der Literatur bestimmen die Abgrenzung nach dem Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit (BGH NJW 1954, 766; BGH NJW 2008, 2199). Diese mitunter recht allgemein gehaltene Formel hat durch den Subsidiaritätsansatz eine Konkretisierung erfahren. Danach liegt dann der Vorwerfbarkeitsschwerpunkt auf dem Unterlassen, wenn der Täter entweder gar nicht aktiv gehandelt hat oder sein aktives Handeln keine strafrechtliche Verantwortlichkeit begründet.
Klausurhinweis: Um den überzeugenden Subsidiaritätsgrundsatz in der Klausurbearbeitung fruchtbar zu machen, empfiehlt sich die Lektüre der sehr guten Darstellung von Wohlers/Gaede (Kindhäuser/Neumann/Paeffgen/Wohlers/Gaede StGB, § 13 Rn. 4 ff.), weshalb in diesem Beitrag auf weitere Ausführungen verzichtet wird.
 2.Tatbestand
a) Objektiver Tatbestand
aa) Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs
Um in den Bereich des unechten vollendeten Unterlassungsdelikts zu gelangen, müsste zunächst der tatbestandliche Erfolg eingetreten sein, der sich wie beim vorsätzlichen vollendeten Begehungsdelikt bestimmt. Dadurch ist zugleich sichergestellt, dass eine Strafbarkeit über § 13 StGB nur dann zu begründen ist, wenn ein solcher Tatbestandserfolg existiert. Ist keine Vollendung eingetreten, kommt eine Strafbarkeit wegen Versuchs in Betracht. Diese richtet sich dann nach denselben Regeln wie auch beim vorsätzlichen vollendeten Begehungsdelikt.
Klausurhinweis: Zum Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs genügt ein feststellender Satz.
bb) Unterlassen einer zur Erfolgsabwendung objektiv nötigen und dem Täter real möglichen Handlung
Eine Handlung ist nur dann objektiv nötig, wenn durch sie der Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert worden wäre (BGH StV 1984, 247). Die bloße Verringerung der Gefahr genügt indes nicht. Eine Haftung kann zudem nur dann bestehen, wenn dem Täter die zur Erfolgsabwendung objektiv nötige Handlung auch möglich war. Dies beruht maßgeblich auf dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass Unmögliches keine rechtliche Verpflichtung sein darf. Davon unberührt bleibt wiederum die Haftung wegen Vorverschuldens.
Beispiel: Vater V macht mich seinem Kind K einen Campingausflug. V lässt den K unbeaufsichtigt im See schwimmen, während er sich fast zur Besinnungslosigkeit betrinkt. Kind K verliert an einer sehr tiefen Stelle im See plötzlich die Kraft zum Schwimmen, während V aufgrund seines Vollrausches den K nicht retten kann.
Klausurhinweis: Die meisten Sachverhalte sind so angelegt, dass es dem Unterlassenden möglich gewesen ist, die Handlung vorzunehmen. In streitigen Fällen ist eine Gesamtbetrachtung aller relevanten Handlungen vorzunehmen, sodass insbesondere die Frage des Vorverschuldens geklärt werden kann.
cc) Garantenstellung des Arbeitgebers, § 13 StGB
Die Notwendigkeit der Garantenstellung als Nukleus des unechten vollendeten Unterlassungsdelikts zur Begründung der Strafbarkeit ist im Schrifttum und in der Rechtsprechung anerkannt (vgl. Arzt JA 1980, 553, 647, 712; Schünemann ZStW 1996, 287, 304; Otto/Brammsen Jura 1985, 530, 592, 646; Kühl JuS 2007, 497; Ransiek JuS 2010, 585). Diese ist dann gegeben, wenn der Täter durch sein Untätigsein den Eintritt des objektiven Tatbestands eines Strafgesetzes verursacht, obwohl er rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt. Diese Pflicht muss zwingend eine Rechtspflicht sein, sodass rein sittliche bzw. moralische Pflichten nicht genügen (BGH NStZ-RR 2001, 114; BHW NJW 2010, 1090). Eine Herleitung ist allerdings nicht nur aus geschrieben Rechtssätzen möglich, sondern auch aus allgemeinen Rechtprinzipien. Ob ein Unterlassen rechtspflichtwidrig ist, muss anhand des Inhalts und der Zielrichtung der Garantenpflicht festgestellt werden, sodass gerade auf die konkrete Situation abgestellt werden muss. Generell gilt, dass die Garanteneigenschaft nach der modernen Lehre in Beschützer- und Überwachergaranten eingeteilt werden. Zur Herleitung dieser neuen Lehre und den Einzelheiten siehe Kindhäuser/Neumann/Paeffgen/Wohlers/Gaede StGB, § 13 Rn. 29 ff. Fraglich und von großer praktischer Relevanz ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob der Arbeitgeber Garant für seine Arbeitnehmer ist.
(1.) Der Arbeitgeber als Beschützergarant
Kennzeichnend für den Beschützergaranten ist, dass er eine Obhutpflicht für ein bestimmtes Rechtsgut innehat, dem er Beistand und Sicherheit zu gewähren hat. Im Verhältnis Arbeitgeber – Arbeitnehmer wurde eine solch enge Beziehung wiederum bislang eher verneint, sodass der Trend dahin geht, diese Problematik im Rahmen der Überwachergarantenstellung zu behandeln. Letztlich erscheint diese Auffassung auch vorzugswürdig, da es an einem engen Vertrauensverhältnis mit umfangreichen Garantenpflichten gerade fehlt. Zudem lässt sich unter Bezugnahme auf § 618 BGB sagen, dass eine umfassende Personensorge seitens des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis nicht geschuldet ist. Letztlich überzeugt die Ablehnung der Beschützergaranteneigenschaft auch im Vergleich zu den anerkannten Fallgruppen von Beschützergaranten wie etwa bei den eigenen Familienangehörigen, zu denen eine eminent hohe Bindung besteht, die auch durch ein noch so „familiäres“ Arbeitsklima nicht begründet werden kann.
(2.) Der Arbeitgeber als Überwachergarant
Überwachergarant ist demgegenüber, wem aufgrund der Verantwortlichkeit für bestimmte Gefahrenquellen Sicherungspflichten gegenüber jedermann obliegen (BGH NJW 2003, 525 m. krit. Anm. Ranft JZ 2003, 582). Zu den Überwachergarantenpflichten des Arbeitgebers lässt sich insbesondere auf die Fälle verweisen, die bereits obergerichtlich entschieden wurden.
(a) 1. Fallgruppe: Besondere Gefahrenquellen im Betrieb selbst
Eine erste Fallgruppe des Arbeitgebers als Überwachergarant ist, dass besondere Gefahrenquellen im Betrieb selbst existieren. Diese liegen beispielsweise in Betrieben vor, die mit gefährlichen Stoffen hantieren oder aber auch in der Fertigungshalle eines Automobilkonzerns, bei der eine Betriebsgefahr von den Maschinen ausgeht. Zum Schutz der Arbeitnehmer haben Rechtsprechung und Schrifttum hieraus eine Überwachergarantenpflicht des Arbeitgebers für die Betriebssicherheit entwickelt, die auch Bezug nimmt auf den schon angesprochenen § 618 BGB. Gleichwohl wurde für diese Fallgruppe richtigerweise als Korrektiv geschaffen, dass dies dann nicht gilt, wenn der Arbeitgeber die Willensbildung des Arbeitnehmers nicht beeinflusst hat, da dieser dann autark handelt und dem Einflussbereich des Arbeitgebers entzogen ist (vgl. OLG Rostock ArbuR 2006, 128 f.).
(b) 2. Fallgruppe: Begangene Straftaten von Angestellten
Eine zweite Fallgruppe betrifft die Frage, ob der Arbeitgeber für die begangenen Straftaten seiner Angestellten mithaftet. Zunächst einmal gilt dies korrekterweise dann nicht, wenn Straftaten nur bei Gelegenheit der Tätigkeit im Betrieb begangen werden. Dies beruht darauf, dass der Arbeitgeber nicht für Taten haften soll, die außerhalb seines Betriebes genauso begangen worden wären. Anders verhält es sich hingegen bei unmittelbar betriebsbezogenen Straftaten. Das Merkmal der Betriebsbezogenheit liegt dann vor, wenn die Tat einen inneren Zusammenhang mit der Tätigkeit des Haupttäters oder der Art des Betriebs aufweist, sie muss ergo Ausfluss einer dem Betrieb oder der Tätigkeit des Mitarbeiters anhaftenden spezifischen Gefahr sein (BGH NJW 2012, 1237). Bereits entschiedene Fälle hierzu sind etwa das Mobbing am Arbeitsplatz (BAG NZA 2006, 431, 432) oder die sonstigen Störungen des Betriebsfriedens (BAG NZA 2008, 223, 226). In solchen Fällen macht sich der Arbeitgeber zumindest der Beihilfe durch Unterlassen an den begangenen Delikten strafbar.
Klausurhinweis: Die umfassenden Ausführungen zeigen, dass insbesondere in den Fällen, in denen es um die potenzielle Garantenstellung des Arbeitgebers oder eines Vorgesetzten geht, der Schwerpunkt der Klausur auf der Beantwortung dieser Frage liegt, sodass es sich anbietet, die bereits entschiedenen Judikate zu studieren.
dd) Gleichwertigkeit von Tun und Unterlassen, § 13 I StGB
Nach der Entsprechungsklausel des § 13 I StGB muss das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands durch aktives Tun entsprechen. Keine Relevanz entfaltet diese bei reinen Erfolgsdelikte (z.B. §§ 223, 212, 303 StGB), da dort die Gleichwertigkeit schon mit der Garantenstellung begründet wird (OLG Karlsruhe JR 1989, 211, 212 m. Anm. Geerds).
Klausurhinweis: Diese zweite Entsprechungsklausel ist in nahezu sämtlichen Fällen erfüllt und kann daher kurz festgestellt werden. Für die Klausurpraxis fristet sie somit eher ein Schattendasein.
ee) Kausalität
Der Kausalitätsbegriff beim unechten vollendeten Unterlassungsdelikt weicht aufgrund der Deliktsnatur von dem des vollendeten Begehungsdelikts ab, da dort nicht etwas hinweggedacht werden kann, sondern hinzugedacht werden muss. Ein Kausalzusammenhang liegt beim unechten vollendeten Unterlassungsdelikt daher dann vor, wenn die unterlassene Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass damit der eingetretene Erfolg entfällt (BGH NJW 1998, 1573; BGH NStZ-RR 2002, 303). Erforderlich ist insofern Sicherheit oder zumindest an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit (BGH NJW 1953, 1838; BGH NJW 1954, 1048). Der Prüfungspunkt der Kausalität findet sein Korrelat in der dem Täter real möglichen Handlung, da bei Unmöglichkeit der Rettungshandlung auch der Erfolgseintritt unvermeidbar ist.
Klausurhinweis: Die Kausalität ist ähnlich wie beim vollendeten Begehungsdelikt häufig schnell zu bejahen, sodass eine kurze Darstellung im Gutachtenstil, bei umfangreichen Klausuren auch im Urteilsstil, genügt. Aufgrund der hohen Ähnlichkeit zur real möglichen Handlung kann bei streitigen Sachverhalten auf die Argumentation hierzu verwiesen werden.
ff) Objektive Zurechnung
Für die objektive Zurechnung ist maßgeblich, ob ein vom Täter gesetztes rechtlich missbilligtes Risiko im Taterfolg realisiert wurde. Insofern ist die Prüfung der objektiven Zurechnung der Definition nach in zwei Teile zu trennen. Zunächst muss nach dem rechtlich missbilligten Risiko gefragt werden. Dies liegt dann vor, wenn der Täter für die Erfolgsabwendung einzustehen hat, also Garant ist, weshalb dies in der Klausur stets gegeben ist, soweit die Garantenstellung bejaht wird. Sodann ist danach zu fragen, ob sich diese Pflichtverletzung auch im Erfolg realisiert hat, was im Falle einer Garantenstellung auch in aller Regel der Fall ist.
Klausurhinweis: Es bietet sich aufgrund der Parallelität zur Garantenstellung zwingend an, die objektive Zurechnung erst im Anschluss daran zu prüfen, da ansonsten eine Inzidentprüfung erfolgen müsste. Wird dem hier angebotenen Prüfungsschema daher gefolgt, kann weitestgehend auf die Prüfung der Garantenstellung verwiesen werden.
b) Subjektiver Tatbestand
aa) Vorsatz
Die Garantenstellung kommt nur dann zum Tragen, wenn der Unterlassende zum eingetreten tatbestandlichen Erfolg eine objektive, rechtliche Beziehung hat, die dieser auch kennt. Dies umfasst nicht lediglich die Kenntnis des Sachverhalts, sondern darüber hinaus auch zumindest die laienhafte Kenntnis der Handlungspflicht in der konkreten Situation (sog. Parallelwertung in der Laiensphäre). Fehlt diese Erkenntnis, so handelt der Unterlassende ohne Vorsatz.
Hätte der Unterlassende sie allerdings erkennen müssen, so macht er sich nach § 323c StGB wegen unterlassener Hilfeleistung bzw. nach § 222 StGB wegen fahrlässiger Tötung strafbar, sodass auch fahrlässiges Unterlassen strafbar ist.
Beispiel: Vater V sieht Kind K ins Wasser fallen. Dabei verkennt er fahrlässiger Weise, dass es sich hierbei um seinen eigenen Sohn handelt und bleibt untätig.
Klausurhinweis: Der Vorsatz beim unechten vollendeten Unterlassungsdelikt stellt nur in seltenen Fällen einen Schwerpunkt der Klausur dar, sodass häufig ein feststellender Satz genügt. Sollte der Vorsatz wiederum verneint werden, ist die Prüfung mit dem Ergebnissatz, dass keine Strafbarkeit aus Garantenstellung vorliegt, zu beenden.
bb) Sonstige subjektive Merkmale
Fordert das Gesetz für die Einschlägigkeit von Straftatbeständen beim vorsätzlichen Begehungsdelikt sonstige subjektive Merkmale, so müssen diese auch für das unechte Unterlassungsdelikt vorliegen. Zu nennen sind hier beispielsweise die subjektiven Mordmerkmale der 1. und 3. Gruppe von § 211 StGB.
Klausurhinweis: Da die Prüfung der sonstigen subjektiven Merkmale exakt wie beim Begehungsdelikt und sogar an derselben Stelle der Fallprüfung erfolgt, sind hier in der Klausur keine Fallstricke angelegt, sodass die Bearbeitung keine Probleme bereiten sollte.
3. Rechtfertigung
Im Rahmen der Rechtfertigung ergeben sich keine Unterschiede zum Begehungsdelikt, sodass auch die Probleme parallel verlaufen.
Klausurhinweis: Von besonderer Relevanz im Rahmen der Rechtfertigung ist der Rechtfertigungsgrund der rechtfertigenden Pflichtenkollision, sodass sich hier eine vertiefte Lektüre empfiehlt (siehe etwa Rönnau JuS 2013, 113 m.w.N).
4. Schuld
Auch im Rahmen der Schuld ergeben sich keine nennenswerten Abweichungen zum vollendeten Begehungsdelikt.
Klausurhinweis: Probleme im Rahmen der Schuld sind ebenfalls äußerst selten, sodass auch dieser Prüfungspunkt zumeist schnell nach dem von den Begehungsdelikten bewährten Prinzip abgehandelt werden kann.
II. Rechtsfolge
Rechtsfolge ist, dass der Unterlassende in gleicher Weise wie beim Begehungsdelikt bestraft wird. Besondere Bedeutung bei § 13 StGB hat die Möglichkeit der Strafbarkeitsmilderung nach § 49 I StGB, die durch § 13 II StGB möglich ist. In vielen Fällen hat der Täter nicht dieselbe kriminelle Energie wie beim Begehungsdelikt. Dies gilt insbesondere in den Grenzfällen der Unzumutbarkeit, sodass über § 13 II StGB eine angemessene Korrektur der sonst mitunter sehr empfindlichen Strafandrohung möglich ist. Maßgeblich ist bei der Entscheidung über eine Strafmilderung die wertende Gesamtbetrachtung (BGH NJW 1982, 393; BGH NStZ 1998, 245).
III. Ergebnis
Zusammenfassend zeigt sich, dass das unechte Unterlassungsdelikt zwar vom Prüfungsschema erheblich vom vollendeten Begehungsdelikt und auch den anderen Delikten abweicht, jedoch nicht besonders schwerer zu handhaben ist. Wer den Prüfungsablauf und die zentralen Fragestellungen sicher beherrscht, wird auch die Klausur gut meistern können. Zur Garantenstellung des Arbeitgebers ist zu sagen, dass diese aus der Überwachergarantenpflicht existiert, wenngleich diese Frage aufgrund ihrer durchaus vorhandenen Komplexität und der erheblichen Praxisrelevanz sicher eine über diesen Beitrag hinausgehende Betrachtung rechtfertigt. Es ist zudem davon auszugehen, dass dieses Thema den BGH weiter stark beschäftigen wird.

20.10.2015/1 Kommentar/von Dr. Patrick Christian Otto
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Patrick Christian Otto https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Patrick Christian Otto2015-10-20 07:41:272015-10-20 07:41:27Das unechte Unterlassungsdelikt am Beispiel der Garantenstellung des Arbeitgebers
Redaktion

Examensrelevantes Wissen zum Versuchsdelikt Teil II – Der Rücktritt vom Versuch

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Wir freuen uns heute den zweiten Teil eines Gastbeitrags von Dipl. -Jur. Sebastian Rechenbach veröffentlichen zu können. Er hat an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena studiert und ist ab Mai Rechtsreferendar am LG Gera.

I. Grundlegendes zum Rücktritt

Bei einem versuchten Delikt sollte stets ein möglicher Rücktritt im Auge behalten werden. Dieser erfolgt für einen Täter nach der Regelung des § 24 StGB. Die Ratio Legis ist nach der herrschenden Strafzwecktheorie, dass bei einem freiwilligen Rücktritt auf den Täter weder aus spezial- noch aus generalpräventiven Gründen eingewirkt werden muss. Jedoch beseitigt der Rücktritt weder das Unrecht noch die Schuld, weswegen er nach der h.M. als persönlicher Strafaufhebungsgrund behandelt wird und dadurch – wie im ersten Teil aufgezeigt – nach der Schuld zu prüfen ist. Zudem ist bei einem Alleintäter nur der § 24 I StGB und bei mehreren Tatbeteiligten nur der § 24 II StGB einschlägig.

II. Kein fehlgeschlagener Versuch

Allerdings gelangt man sowohl bei einem Alleintäter als auch bei mehreren Tatbeteiligten nach der ganz h.M. nur in den Anwendungsbereich des § 24 StGB, wenn kein fehlgeschlagener Versuch vorliegt.

1. Rücktrittshorizont

Für die Beantwortung der Frage, ob ein Fehlschlag vorliegt, ist – wie beim Versuch – alleine die Vorstellung des Täters maßgeblich. Dafür stellen die frühere Rspr. und Teile der Lit. auf die Vorstellung des Täters bei Tatbeginn ab (Tatplantheorie), wohingegen die neuere Rspr. und die h.L. auf die Vorstellung des Täters nach der letzten Ausführungshandlung (Rücktrittshorizont) abstellen.
2. Fehlschlag des Versuches
Ein fehlgeschlagener Versuch liegt demnach vor, wenn der Täter nach der letzten Ausführungshandlung davon ausgeht, noch nicht alles Erforderliche zur Erfolgsherbeiführung getan zu haben und für sich im unmittelbaren Fortgang des Geschehens auch keine Möglichkeiten mehr hierzu sieht; (vgl. Jäger, Examens-Rep. StrafR AT, 5. Aufl. Rn. 313). Fehlende Möglichkeiten den Erfolg weiterhin herbeizuführen ergeben sich dabei aus:
a) Physischen Gründen; z.B.: Täter greift in leere Geldkassette (vgl. BGH NStZ 2000, 531 f.);
b) Psychischen Gründen; z.B.: Beim Täter einer versuchten Vergewaltigung ebbt aufgrund des Opferverhaltens die sexuelle Erregbarkeit ab (BGH MDR 1971, 363);
c) Rechtlichen Gründen; z.B.: Opfer einer Vergewaltigung willigt in den Geschlechtsverkehr ein; wobei eine nur vorgetäuschte Einwilligung nach BGH nicht ausreicht; (vgl. BGHSt, 39, 244 ff.; a.A. Ulsenheimer, Grundfragen des Rücktritts vom Versuch in Theorie und Praxis, S. 328 f.).
3. Fehlschlag bei iterativer (wiederholter) Tatbegehung
Höchst umstritten ist aber das Problem, wann bei iterativer Tatbegehung ein Fehlschlag vorliegt:
Beispiel (Balkonsturz; BGH NStZ 2007, 399 f.): T schubst in Tötungsabsicht O von einem Balkon fünf Meter in die Tiefe. O überlebt leicht verletzt. Daraufhin hangelt sich T zu O hinunter, um ihn endgültig zu töten. Dafür zieht T den O an den Haaren auf einen Gehweg. Dort versucht er den Kopf von O gegen die Gehwegplatten zu schlagen, was T aber aufgrund der großen Gegenwehr von O misslingt. Trotz der Möglichkeit O noch mit dem Gürtel zu erwürgen lässt T von O ab.
a) Einzelaktstheorie, nach der jeder einzelne Ausführungsakt des Täters, den er bei Tatbeginn für erfolgsgeeignet gehalten hat, gesondert erfasst und ihn im Fall des Scheiterns als selbständigen fehlgeschlagenen Versuch behandelt wird; (vgl. Jakobs, StrafR AT, 2. Aufl., Kap. 26/ 15 ff.).

  • arg.: Der vom Täter einmal aus der Hand gegebene Verlauf des Geschehens gehört zum vergangenen Handeln und die Vergangenheit kann ein Täter nicht mehr ungeschehen machen.

b) Gesamtbetrachtungslehre; nach der auf das gesamte Tatgeschehen abgestellt wird. Demnach liegt ein fehlgeschlagener Versuch vor, wenn es dem Täter nach der letzten Ausführungshandlung aus seiner Sicht mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln noch möglich erscheint, den tatbestandlichen Erfolg in unmittelbarem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang zu erreichen (vgl. BGH NStZ 2007, 399 f.; Heinrich, StrafR AT, 3. Aufl. Rn. 821; Rengier, StrafR AT, 4. Aufl., Rn. 46 ff.).

  • arg.: Einheitliche Lebensvorgänge werden nicht wie bei der Einzelaktstheorie auseinandergerissen. Zudem dient es dem Opferschutz, da der Anreiz zum Rücktritt größer ist, wenn das gesamte Unrecht getilgt wird und das Opfer seine gefährliche Rolle als Belastungszeuge verliert.

III. Rücktritt des Alleintäters nach § 24 I StGB
Liegt kein fehlgeschlagener Versuch vor, bewegt man sich beim Alleintäter im § 24 I StGB. Dieser beinhaltet drei mögliche Varianten. Der Alleintäter kann entweder durch das Aufgeben der Tat (§ 24 I 1 Alt. 1 StGB) oder durch das Verhindern der Vollendung (§ 24 I 1 Alt. 2 StGB) oder durch das ernsthafte Bemühen um Vollendungsverhinderung (§ 24 I 2 StGB) zurücktreten.
1. Unbeendeter und beendeter Versuch
In welchen Fällen welche der drei Varianten einschlägig ist und was der Täter für eine Rücktrittsleistung zu erbringen hat, richtet sich danach, ob ein unbeendeter oder ein beendeter Versuch gegeben ist.
a) Unbeendeter Versuch
Ein unbeendeter Versuch ist gegeben, wenn der Täter glaubt, dass er noch nicht alles Erforderliche zur Erfolgsherbeiführung getan hat. Beim Vorliegen eines unbeendeten Versuches richtet sich die Rücktrittsleistung nach § 24 I 1 Alt. 1 StGB, sodass es ausreichend ist, wenn der Täter von der weiteren Ausführung der Tat endgültig und ernsthaft Abstand nimmt. Mehr ist nicht verlangt!
b) Beendeter Versuch
Beendet ist ein Versuch, wenn der Täter davon ausgeht, dass er alles Erforderliche zur Erfolgsherbeiführung getan hat oder sich über die Folgen seines Handelns keine Vorstellungen macht; (vgl. BGHSt. 40, 304 ff.). Der Täter kann dann nach § 24 I 1 Alt. 2 StGB oder § 24 I 2 StGB zurücktreten; wobei der § 24 I 1 Alt. 2 StGB stets vor dem § 24 I 2 StGB geprüft wird.
aa) Rücktritt nach § 24 I 1 Alt. 2 StGB
Nach § 24 I 1 Alt. 2 StGB ist entscheidend, dass der Täter die Vollendung der Tat verhindert. Er muss mithin eine kausale Rücktrittsleistung erbringen. Welche Qualität diese haben muss, ist aber umstritten:
1) Nach der Chanceneröffnungstheorie, die von Teilen der Rspr. und Teilen der Lit. vertreten wird ist es ausreichend, wenn der Täter eine neue Kausalkette in Gang setzt, die für die Nichtvollendung wenigstens mit-ursächlich wird (vgl. BGH NStZ 2008, 508 [509]; Neubacher, NStZ 2003, 576 [580]).

  • arg.: Nach dem Wortlaut des § 24 I 1 Alt. 2 StGB ist lediglich ein Kausalwerden verlangt.

2) Nach der Bestleistungstheorie der älteren Rspr. und Teilen der Lit. muss der Täter objektiv oder aber zumindest aus seiner Sicht die bestmögliche Rettungsmöglichkeit ergreifen und dadurch den Erfolg verhindern (vgl. BGH NStZ 1989, 525; Ladiges/Glückert, JURA 2011, 552 [557]).

  • arg.: Derjenige, der trotz des Fortbestehens der Gefahr bloß die Möglichkeit der Rettung eröffnet, nimmt den Erfolg weiterhin billigend in Kauf und erhält eine rechtlich missbilligte Gefahr aufrecht.

3) Nach weiteren Teilen der Lit. ist nach eigen- und fremdhändiger Erfolgsverhinderung zu differenzieren: Bei eigenhändigem Handeln des Täters reicht es aus, wenn der Täter irgendwelche kausalen Maßnahmen ergreift. Demgegenüber muss der Täter beim fremdhändigem Handeln (Einschaltung Dritter) das aus seiner Sicht bestmögliche zur Erfolgsverhinderung unternehmen; (vgl. Jäger, JURA 2009, 53 [58]).

  • arg.: Entscheidend ist, dass die Rettungsaktion des Täters als eine zurechenbare täterschaftliche Verhinderungsleistung in Erscheinung tritt. Dies ist dann der Fall, wenn der Täter eigenhändig seinen Kausalbeitrag umkehrt, wobei er sich nicht auf das Einschalten beliebiger Dritter verlassen darf, sodass bei fremdhändigem Handeln Bestleistung gefordert wird.

bb) Rücktritt nach § 24 I 2 StGB
Nach § 24 I 2 StGB muss sich der Täter ernsthaft um die Vollendungsverhinderung bemühen. Unter „ernsthaften Bemühen“ ist nach der h.M. und Rspr. zu verstehen, dass der Täter alles tut, was nach seiner Vorstellung zur Rettung erforderlich ist und die ihm bekannten Möglichkeiten ausschöpft; (vgl. BGH NStZ-RR 2010, 276 [277]; Fischer, 59. Aufl. § 24 Rn. 36). Dabei darf er aus seiner Sicht dem Zufall keinen Raum lassen, wo er ihn hätte vermeiden können. Der BGH geht soweit, dass sich der Täter in Fällen, in denen ein Menschenleben auf dem Spiel steht, um die bestmögliche Maßnahme bemühen muss (vgl. BGH NStZ-RR a.a.O.).
2. Korrektur des Rücktrittshorizontes
Der Rücktrittshorizont kann auch korrigiert werden. So kann ein unbeendeter Versuch in einen beendeten Versuch gewandelt werden und umgekehrt. Wichtig ist nur, dass die Korrektur der Vorstellung des Täters bei fortbestehender Handlungsmöglichkeit nach der letzten Tathandlung im engsten räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dieser erfolgt (BGH NStZ 2010, 146 f.). Es muss also eine einheitliche Tat vorliegen, sodass eine große Zäsur während des Geschehens einer Korrektur entgegensteht. Keine Korrektur, sondern ein erstmaliger Rücktrittshorizont liegt vor, wenn der Täter z.B. beim Verlassen der Wohnung davon ausgeht, dass er seine Ehefrau getötet hat, aber beim Wiederkommen nach einer gewissen Zeit sieht, dass sie doch noch am Leben ist (BGH, 1 StR 20/11, Urt. v. 26.05.2011, HRRS 2011 Nr. 803).
3. Freiwilligkeit
Des Weiteren muss die Rücktrittsleistung bei allen Varianten des § 24 StGB freiwillig erfolgen. Dies ist nach dem psychologischen Begriff der Rspr. und h.M. der Fall, wenn der Täter aufgrund einer freiwilligen autonomen Willensentscheidung zurücktritt. Autonome Gründe können z.B. Mitleid, Gewissensbisse oder aber auch die abstrakte Gefahr, entdeckt zu werden, sein. Ist ein Motivbündel gegeben, richtet sich die Freiwilligkeit nach dem Motiv, das für den Rücktritt bestimmend ist (vgl. BGH NStZ 2007, 399 f.). Ferner kann das Motiv auch von außen kommen, solange der Täter noch „Herr seiner Entschlüsse“ bleibt (vgl. BGHSt. 7, 296 ff.). Unfreiwillig ist ein Rücktritt erst dann, wenn er ausschließlich auf heteronomen Motiven basiert; z.B. eine äußere Zwangslage wie Eintreffen der Polizei oder seelischer Druck wie Schockwirkungen.
IV. Rücktritt bei mehreren Tatbeteiligten nach § 24 II StGB
Handeln mehrere Beteiligte und wurde festgestellt, dass kein fehlgeschlagener Versuch gegeben ist, hält § 24 II StGB ebenfalls drei Varianten für einen mögliche Rücktritt bereit. Ist die Vollendung der Tat nicht eingetreten, ist zunächst die Verhinderung der Vollendung durch eine kausale und bewusste Rücktrittsleistung eines Beteiligten nach § 24 II 1 StGB möglich (wie bei § 24 I 1 Alt. 1 StGB). Liegt keine kausale Rücktrittsleistung vor, kann ein Beteiligter durch ernsthaftes Bemühen um die Vollendungsverhinderung nach § 24 II 2 Alt. 1 StGB (wie bei § 24 I 2 StGB) zurücktreten. Sollte die Tat unabhängig von dem früheren Tatbeitrag des Beteiligten vollendet sein, kann er durch ernsthaftes Bemühen der Vollendungsverhinderung nach § 24 II 2 Alt. 2 StGB zurücktreten; d.h. die durch die anderen vollendete Tat darf nichts mehr vom Tatbeitrag des Zurücktretenden enthalten und er muss sich zusätzlich bemühen, die Tatvollendung zu verhindern. Des Weiteren muss der Rücktritt bei allen drei Varianten freiwillig sein (s.o.). Hingegen kommt es auf eine Unterscheidung zwischen unbeendeten und beendeten Versuch beim Handeln mehrerer Beteiligter nicht an.
V. Sonderprobleme
Beim Rücktritt vom versuchten Delikt sollten i.Ü. die folgenden Probleme bekannt sein:
1. Rücktrittsmöglichkeit bei außertatbestandlicher Zielerreichung
Umstritten ist, ob ein Täter zurücktreten kann, obwohl er sein außertatbestandliches Ziel erreicht hat:
Beispiel (Denkzettelfall; BGHSt. 39, 221 ff.): Um dem O ausdrücklich klar zu machen, dass er keine Widerrede dulde, sticht T dem O in Tötungsabsicht ein Springmesser bis zum Anschlag in den Bauch. Dadurch erleidet O eine lebensbedrohliche Verletzung. Da sich T denkt, dass sich O diesen Vorfall als Warnung dienen lasse, lässt er trotz der Möglichkeit des weiteren Handelns von O ab. O überlebt schwer verletzt.
a) Nach der älteren Rspr. und Teilen der Lit. kann ein Täter bei Erreichung seines außertatbestandlichen Zieles nicht zurücktreten (vgl. BGH NStZ 1990, 77 f.; Heinrich, a.a.O. Rn. 837 ff.).

  • arg.: Der Täter hat keine honorierbare Leistung erbracht. Er zeigt weder seine Rechtstreue noch, dass er fähig ist, seine geplante Tat zu vollenden.

b) Nach der neuen Rspr. und Teilen der Lit. kann der Täter bei Erreichung seines außertatbestandlichen Zieles zurücktreten (vgl. BGHSt. 39, 221 ff.; Bock, JuS 2006, 603 [606]).

  • arg.: der Bezugspunkt des § 24 StGB ist die Tat, wobei darunter nur tatbestandliche Handlungsziele zu verstehen sind; außertatbestandliche sind ohne Bedeutung.

2. Rücktritt vom erfolgsqualifizierten Versuch
Ebenso ist umstritten, ob ein Täter bei einem erfolgsqualifizierten Versuches zurücktreten kann, obwohl die schwere Folge eingetreten ist:
Beispiel (Warnschussfall; BGHSt. 42, 158 ff.): Um seinem Vorhaben Nachdruck zu verleihen, gibt Räuber R einen Warnschuss in die Luft, der an der Zimmerdecke abprallt und das Raubopfer O zufällig tödlich trifft. Daraufhin lässt R von seinem Vorhaben ab und geht ohne Beute wieder weg.
a) Nach Teilen der Lit. ist ein strafbefreiender Rücktritt nicht möglich (vgl. Streng, JZ 2007, 1089 [1093]).

  • arg.: Wenn sich die Verfolgung eines deliktischen Zieles bereits in einem den Deliktstypus prägenden tatbestandlichen Unrechtserfolg niedergeschlagen hat, kann das in dieser Zielverfolgung liegende Handlungsunrecht nicht mehr entschärft, d.h. die Tat in ihrer materiellen Vollendung verhindert werden.

b) Nach der Rspr. und Teilen der Lit. ist ein strafbefreiender Rücktritt möglich (vgl. BGHSt. 42, 158 [160]; Kühl, StrafR AT, 6. Aufl. § 17a Rn. 57).

  • arg.: Durch einen Rücktritt vom Grunddelikt fehlt der Erfolgsqualifikation der erforderliche Anknüpfungspunkt.

3. Rücktritt vom versuchten unechten Unterlassungsdelikt
Einigkeit besteht darüber, dass ein Täter von einem versuchten unechten Unterlassungsdelikt zurücktreten kann. Ob dabei aber eine Unterscheidung zwischen unbeendeten und beendeten Versuch möglich ist und wie sich dies auf einen untauglichen Versuch auswirkt, ist umstritten:
Beispiel (Kindesvernachlässigung; BGH NJW 2000; 1730 ff.): Die Mutter M vernachlässigt ihr Kind K, sodass dieses lebensgefährlich abmagert. Die Lebensgefahr für K erkennt M auch, vernachlässigt K aber weiterhin. Als sich der Gesundheitszustand von K noch weiter verschlechtert hat, ruft M den Arzt A. K verstirbt kurz darauf, weil M zu lange gewartet hat, bis sie A rief (vgl. dazu auch eine ähnliche neuere Entscheidung bei BGH NStZ 2012, 29).
a) Nach Teilen der Literatur wird auch beim versuchten unechten Unterlassungsdelikt zwischen einem unbeendeten und einem beendeten Versuch unterschieden. Ein unbeendeter Versuch liegt demnach vor, solange der Erfolgseintritt nach der Vorstellung des Täters noch durch Nachholung der ursprünglich gebotenen Handlung abzuwenden ist. Der Versuch ist hingegen beendet, sobald nach der Vorstellung des Täters die Nachholung der ursprünglich gebotenen Handlung für sich allein nicht mehr ausreicht, den tatbestandlichen Erfolg abzuwenden, sondern vielmehr andere Maßnahmen erforderlich sind (vgl. Jäger, a.a.O. Rn. 328; Wessels/Beulke, StrafR AT, 42. Aufl., Rn. 743 ff.).

  • arg.: Es kommt sonst zu einer nicht nachvollziehbaren Ungleichbehandlung von Begehungsdelikt und unechtem Unterlassungsdelikt. Mithin ist auch ein Rücktritt vom untauglichen Versuch eines unechten Unterlassungsdeliktes möglich.

b) Nach der Rspr. und Teilen der Lit. ist eine Unterscheidung zwischen unbeendeten und beendeten Versuch nicht möglich (vgl. BGH NJW 2000, 1730 ff.; Rengier a.a.O. § 49 Rn. 59 ff.).

    • arg.: Der unterlassende Garant, der sich mit dem Erfolgseintritt abgefunden und das Stadium des § 22 StGB überschritten hat, sieht sein Opfer stets in einer Gefahrensituation, in der ohne weiteres Zutun des Täters der tatbestandliche Erfolg eintreten kann. Dies entspricht aber stets der Situation des beendeten Versuches beim Begehungsdelikt. Mithin ist eine Unterscheidung in unbeendeten und beendeten Versuch nicht geboten. Dies hat jedoch zur Folge, dass der Täter bei einem untauglichen Versuch eines unechten Unterlassungsdeliktes nicht zurücktreten kann.

22.03.2013/4 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2013-03-22 16:00:482013-03-22 16:00:48Examensrelevantes Wissen zum Versuchsdelikt Teil II – Der Rücktritt vom Versuch
Christian Muders

LG Gießen: Keine Strafbarkeit des Arztes bei freiverantwortlichem Patientensuizid

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Anm. zu LG Gießen, Beschluss vom 28. 6. 2012 – 7 Qs 63/12 (= NStZ 2013, 43 ff.)
1. Um was geht es?
Der Sachverhalt nach dem Beschluss des LG Gießen: Am Nachmittag des 5. 11. 2010 brachten zwei Zeuginnen den Patienten A nach Überweisung durch den Arzt Dr. X wegen Suizidgefahr in eine Klinik für forensische Psychiatrie. Im Rahmen des Eingangsgesprächs erklärte der Patient gegenüber der Angeschuldigten, die dort als zuständige Ärztin tätig war, er wolle sich nicht umbringen, befürchte aber, er werde es tun. Auf seine Bitte hin wurde er stationär aufgenommen. Die Angeschuldigte stufte ihn als nicht suizidgefährdet ein und ordnete weder die Gabe sedierender Medikamente noch die Wegnahme von Gegenständen des Patienten an, die, wie etwa ein Gürtel, für einen Suizid geeignet waren. Am Morgen des 6. 11. 2010 fand man den A tot in seinem Zimmer auf. Er hatte sich mit seinem Gürtel im Bad erhängt.
2. Was sagt das Gericht?
Die StA warf der angeschuldigten Ärztin in der Anklageschrift vor, fahrlässig durch Unterlassen den Tod eines Menschen verursacht zu haben. Das AG hat die Zulassung der Anklage und die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt. Hiergegen richteten sich die sofortigen Beschwerden der StA und der Nebenklägerin. Das Gericht hat die Rechtsmittel verworfen.
a) Das LG Gießen begründet zunächst allgemein die Straflosigkeit der Beteiligung an einem eigenverantwortlichen Suizid:

Strafbar nach den §§ 211ff. StGB ist die Tötung eines anderen Menschen. Die Selbsttötung unterfällt demgegenüber nicht dem Tatbestand eines Tötungsdelikts (LK-Jähnke, 11. Aufl., vor § 211, Rn. 21). Die Mitverursachung eines Selbstmordes ist damit grundsätzlich ebenso straffrei wie die fahrlässige Ermöglichung der eigenverantwortlichen Selbsttötung (OLG Stuttgart, Beschl. v. 3. 2. 1997 – 4 Ws 230/96, juris Rn. 15; LK-Jähnke, aaO, Rn. 23). So kann derjenige, der mit Gehilfenvorsatz den Tod eines Selbstmörders mit verursacht, nicht bestraft werden. (…) Aus der Straflosigkeit von Anstiftung und Beihilfe zur Selbsttötung folgt zwingend, dass der Garant, der nichts zur Verhinderung des freiverantwortlichen Suizids unternimmt, ebenfalls straffrei bleiben muss (LK-Jähnke, aaO, Rn 24). (…) Hätte die Angesch. durch aktives Tun Beihilfe zum eigenverantwortlichen Suizid des Patienten geleistet, indem sie ihm etwa in Kenntnis seiner Suizidabsicht den Gürtel gereicht hätte, käme eine Strafbarkeit wegen Beihilfe aufgrund der Straflosigkeit des Suizids von vornherein nicht in Betracht. Ausgehend hiervon würde es unter Berücksichtigung der oben genannten Grundsätze einen unerträglichen Wertungswiderspruch darstellen, wollte man der Angesch. das bloße Untätigbleiben im Hinblick auf die Verabreichung sedierender Medikamente und der Wegnahme des Gürtels strafrechtlich zum Vorwurf machen.

b) Sodann stellt das Gericht fest, dass auch der Umstand, dass sich der Suizident in ärztliche Obhut begeben hatte, keinen Unterschied mache:

Dem steht auch nicht entgegen, dass sich aus dem vorliegenden ärztlichen Behandlungsvertrag besondere Sorgfaltspflichten der Angesch. ergaben. Die besondere Garantenstellung des Arztes gebietet es u.a. den Patienten im Rahmen der von ihm gewählten Therapie keinen vermeidbaren Risiken auszusetzen, wie sie etwa mit der erstmaligen Anwendung einer neuartigen Entziehungstherapie verbunden sind (BGH Urt. v. 18. 7. 1978 – StR 209/78, juris, Rn. 9). Da die Angesch. im vorliegenden Fall aber weder therapeutische Maßnahmen ergriffen, noch aktiv vermeidbare Risiken für den Patienten geschaffen hat, ist die dem Urteil vom 18. 7. 1978 zugrunde liegende Sachverhaltskonstellation, die überdies keine eigenverantwortliche Selbsttötung zum Gegenstand hat, auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.

c) Schließlich wird auch der Rspr. des BGH, wonach in Unterlassensfällen ein „Tatherrschaftswechsel“, weg von dem eigenverantwortlich handelnden Suizidenten hin auf den Garanten in Betracht kommt, sofern ersterer vor Todeseintritt bewusstlos wird, für den vorliegenden Sachverhalt eine Absage erteilt:

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des BGH vom 4. 7. 1984 (3 StR 96/84), wonach das Eingreifen des anwesenden Garanten geboten ist, wenn der Lebensmüde nach Beendigung seines Selbsttötungsversuchs das Bewusstsein verloren hat. Auf die Frage, ob es ab dem Zeitpunkt der Bewusstlosigkeit zu einem strafbegründenden Tatherrschaftswechsel kommt, weil der Garant damit zum Herrn über Leben oder Tod avanciert, kommt es im vorliegenden Fall nicht an. Die Angesch. war bei dem Suizid des Patienten nicht anwesend und konnte so zu keinem Zeitpunkt Tatherrschaft über das Geschehen erlangen.

d) Schlussendlich geht die Kammer im Hinblick auf die Kardinalfrage des Falls, nämlich der Frage nach der Eigenverantwortlichkeit des A, jedenfalls – in dubio pro reo – von einem eigenverantwortlichen Suizid aus:

Eine straflose Beteiligung am Suizid kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn die Willensbildung des Suizidenten einwandfrei ist und der Selbsttötungswille fortbesteht (LK-Jähnke, aaO, Rn. 25). Jedoch steht einem Freispruch der Angesch. bei den gegebenen Beweismöglichkeiten nach Aktenlage gemäß dem Grundsatz in dubio pro reo wahrscheinlich auch insoweit nichts entgegen. Zwar kann nach den Erkenntnissen der Suizidforschung von einem eigenverantwortlichen Handeln des Lebensmüden nur in Ausnahmefällen ausgegangen werden. Zweifel an der Eigenverantwortlichkeit können jedoch keine Strafbarkeit begründen, sondern wirken, wie stets, zugunsten des Angekl. (LK-Jähnke, aaO, Rn. 27, mwN, Rn. 31). (…) Da sich der Patient im Grenzbereich von eigenverantwortlicher Willensbildung und ausgeschlossener Eigenverantwortlichkeit befand, müssen sich die unüberwindbar bestehenden Zweifel an der Eigenverantwortlichkeit seines Handelns notwendig zu Gunsten der Angesch. auswirken.

3. Warum ist die Entscheidung interessant?
a) Der Beschluss des LG Gießen bezieht sich auf die examensrelevante Abgrenzung der Strafbarkeit wegen Fremd- und der straflosen Beteiligung an einer Selbsttötung, wobei die gute Darstellung der Begründung einer Straflosigkeit bei bloßer Teilnahme an einer eigenverantwortlichen Selbsttötung und ihre Übertragung auf den Unterlassensbereich, die so auch in einer Prüfungsklausur verwendet werden könnte, besondere Aufmerksamkeit verdient.
b) In der Sache ist der Beschluss allerdings nicht vollständig überzeugend: So erscheint es fraglich, ob eine Vergleichbarkeit mit der von der Kammer zitierten Entscheidung BGH Urt. v. 18. 7. 1978 – StR 209/78 (= JR 1979, 429) bereits unter Hinweis darauf verneint werden kann, dass die Angeschuldigte im vorliegenden Fall nicht „aktiv“ vermeidbare Risiken für den Patienten geschaffen hat. Im vom BGH entschiedenen Fall ging es um die Strafbarkeit eines Arztes, der zwei Drogenabhängigen ein morphinhaltiges Medikament zur Selbstinjektion verordnet hatte, was sie sich in der Folge, entgegen seiner Anweisung, in einer tödlichen Überdosis injizierten. Der dort in Rede stehenden „aktiven“ Herbeiführung von (vermeidbaren) Risiken durch unkontrollierte Mitgabe der Drogen muss aber das Unterlassen gebotener Maßnahmen jedenfalls dann als gleichwertiger Vorwurf zur Seite gestellt werden, sofern eine Garantenstellung des Betroffenen besteht. Eine solche kann aber für den vorliegenden Fall durchaus angenommen werden, da sich der Patient A offensichtlich mit der Bitte um Hilfe an die Angeschuldigte als Ärztin gewandt hatte, welcher selbige mit Einweisung in die Klinik auch tatsächlich nachkam (sog. Garantenstellung kraft tatsächlicher Übernahme). Jedenfalls zum Zeitpunkt der Einlieferung wollte der Patient nach eigener Aussage auch nicht sterben, so dass von einer eigenverantwortlichen Entscheidung des A, sich das Leben zu nehmen, entgegen der Kammer in diesem Moment kaum gesprochen werden kann. Stellt man sich allerdings auf den Standpunkt, dass nicht auszuschließen ist, dass das spätere Opfer sich (nachträglich) eigenverantwortlich das Leben nahm, dürfe es vertretbar sein, insoweit jedenfalls einen Pflichtwidrigkeitszusammenhang im Hinblick auf den letztendlich eingetretenen Erfolg abzulehnen: Denn wenn der Tod nicht mehr mit der in Anspruch genommenen Hilfe des Patienten in Verbindung steht, sondern dieser sich – in dubio pro reo – in freier Entscheidung dazu entschloss sich zu erhängen, erscheint der Schutzzweck der garantemäßigen Verhaltensanordnung, nämlich den Patienten durch die im Beschluss beschriebenen Maßnahmen gerade vor einem unfreiwilligen, da krankhaften Suizid zu bewahren, nicht mehr einschlägig. In diesen Kontext ist auch der Hinweis des Gerichts einzuordnen, dass es sich bei der vom BGH im Drogen-Fall behandelten Konstellation (schlussendlich) nicht um einen echten Fall der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung handelte, was insoweit zutrifft, als der BGH in seinem eigenen Urteil betont, dass „Drogenabhängige im Zustand des Entzugs jede Kontrolle über sich verlieren und unberechenbar werden“. Dabei kann freilich in Frage gestellt werden, ob das Argument der Eigenverantwortlichkeit in einer Situation, in welcher sich ein Patient bewusst in die Obhut Dritter begibt, damit er vor sich selbst geschützt wird, noch eine zurechnungsbegrenzende Wirkung bezüglich solcher naheliegender Risiken entfalten kann, die (wie das Erhängen mit dem mitgebrachten Gürtel) vorhersehbar sind und damit zumutbar durch den Garanten verhindert werden könnten. Argumentieren ließe sich insofern, dass – ähnlich zur Rechtsfigur der „Übernahmefahrlässigkeit“ – bei (freiwilliger) Übernahme der beschriebenen Schutzposition von einem strengeren Maßstab der durch den Garanten zu kontrollierenden Risiken ausgegangen werden muss, so dass das Eigenverantwortlichkeitsprinzip durch die garantenmäßig übernommene Verpflichtung, die schutzbedürftige Person vor selbstverletzenden Maßnahmen zu schützen, überlagert würde. Insofern ergibt sich auch ein augenscheinlicher Unterschied zu Fällen, in denen ein zum Selbstmord Entschlossener von vornherein überhaupt keine Hilfe möchte und diesbezüglich potentielle Garanten wie etwa Ehegatten (jedenfalls konkludent) vollständig von ihrer Pflicht zur Rettung entbindet.
c) Zum Schluss noch einige wenige Worte zur prozessualen Situation: Wie aus der Sachverhaltsschilderung des Beschlusses hervorgeht, hatte die Eingangsinstanz in Gestalt des AG bereits im Zwischenverfahren die Eröffnung der Hauptverhandlung gegen die Angeschuldigte abgelehnt, ist also – nach Anklage des Geschehens durch die StA – davon ausgegangen, dass es an einem „hinreichenden Tatverdacht“ fehlt (vgl. § 203 StPO). Gegen diese Entscheidung stand sowohl der StA (§ 210 Abs. 2 StPO) als auch der Nebenklage (§ 400 Abs. 2 S. 1 StPO) das Recht der sofortigen Beschwerde zu (§§ 304 ff., 311 StPO), über welche das LG als Rechtsmittelgericht zu entscheiden hatte (§ 73 Abs. 1 GVG). Aus dieser besonderen Situation heraus erklärt es sich, dass die Kammer des LG Gießen hier nicht von einem zu ihrer Überzeugung festgestellten Sachverhalt ausging, sondern es in ihrem Beschluss nur als „wahrscheinlich“ bezeichnet, dass dem Freispruch des Angeklagten nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ bei einer hypothetischen Hauptverhandlung nichts entgegenstehen würde und zudem die betroffene Ärztin nicht als „Angeklagte“, sondern lediglich „Angeschuldigte“ bezeichnet hat.

13.03.2013/0 Kommentare/von Christian Muders
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Christian Muders https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Christian Muders2013-03-13 10:00:332013-03-13 10:00:33LG Gießen: Keine Strafbarkeit des Arztes bei freiverantwortlichem Patientensuizid
Tom Stiebert

Ohrlöcher als Körperverletzung?

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Das Amtsgericht Berlin-Lichtenberg verhandelt heute einen Fall, der in den Medien bereits Wellen geschlagen hat: Es geht um die Strafbarkeit des Stechens von Ohrlöchern bei Kleinkindern. Auch wenn es bei dem Urteil nur um die zivilrechtliche Ebene geht, ist vor allem nach dem Urteil des LG Köln zur Beschneidung die strafrechtliche Dimension spannend. Nicht allein die Strafbarkeit des Tätowierers (der das Ohrloch sticht) wirft Probleme auf, insbesondere bei der Strafbarkeit der Eltern zeigt sich die Schwierigkeit der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme.
I. Strafbarkeit Tätowierer
Durch den Tätowierer wird tatbestandlich eine Körperverletzung nach § 223 StGB begangen. Eine Sozialadäquanz der Handlung lässt jedenfalls nach h.M. den Tatbestand nicht entfallen. Wenn selbst ein ordnungsgemäß durchgeführter ärztlicher Eingriff als Körperverletzung anzusehen ist, so muss dies erst recht hier gelten.
Fraglich ist aber, ob eine Rechtfertigung vorliegt. Zunächst könnte das Kind selbst hier einwilligen. Maßgeblich ist dazu dessen individuelle Einwilligungsfähigkeit. Diese liegt dann vor, wenn das Kind begreift, dass das Ohrlochstechen Schmerzen hervorruft und ein – wenn auch sehr kleines – bleibendes Loch hinterlässt. Bei einem dreijährigen Kind ist dies wohl abzulehnen. Dennoch sollte m.E. die Altersgrenze hier nicht zu hoch liegen, m.E. nach vermag ein 5-6-jähriges Kind die Bedeutung des Ohrlochstechens in dem gezeigten Ausmaß zu erkennen.
Allerdings könnten die Eltern für ihr Kind einwilligen. Grundsätzlich liegt eine solche Einwilligung wohl vor. Fraglich ist aber, ob diese wirksam ist. Überträgt man die Wertungen des LG Köln, so ist das wohl zu verneinen. Das Ohrlochstechen an sich widerspricht dem Wohl des Kindes (§ 1627 S. 1 BGB). [Hier könnte erwogen werden, ob das Ohrlochstechen der Verschönerung wie bspw. ein Haarschnitt dient. Im Ergebnis ist dies aber wohl zu verneinen.] Es sprechen auch keine grundrechtlichen Erwägungen für eine Zulässigkeit – das Erziehungsrecht der Eltern aus Art. 6 GG tritt hinter der körperlichen Unversehrtheit des Kindes aus Art. 2 Abs. 1 GG zurück. Eine Rechtfertigung scheidet damit aus.
Allerdings kann hier – parallel zur Entscheidung des LG Köln – das Vorliegen eines Verbotsirrtums nach § 17 Abs. 1 StGB bejaht werden.
II. Strafbarkeit Eltern
Fraglich ist, wie sich die Eltern strafbar gemacht haben könnten.
Eine Strafbarkeit nach § 171 StGB scheidet aus. Die Handlung ist weder gröblich, also subjektiv und objektiv schwerwiegend (BeckOK/Heuchemer, § 171 StGB Rn. 4), noch liegt eine konkrete erhebliche Gefährdung des Kindes vor.
Auch eine Misshandlung von Schutzbefohlenen nach § 225 StGB scheidet tatbestandlich aus. Weder liegen ein Quälen oder eine rohe Misshandlung, noch eine böswillige Vernachlässigung der Sorgepflichten vor. Zwar mag eine Vernachlässigung der Sorgepflichten und eine daraus resultierende Gesundheitsschädigung nach dem oben Dargelegten noch bejaht werden können, jedenfalls eine Böswilligkeit scheidet aber aus. Diese steht auf einer Stufe mit den beiden ersten Tatbestandsalternativen und ist „gekennzeichnet durch ein eigensinniges Verhalten aus Bosheit, Lust an fremden Leid, Hass und anderen besonders verwerflichen Gründen“ (BeckOK/Eschelbach, § 225 StGB Rn. 24).
Es bleibt damit auch bei den Eltern eine mögliche Strafbarkeit nach § 223 StGB. Fraglich ist dabei, ob sie diese als Täter oder als Teilnehmer begangen haben.  Hier liegt das besondere Problem vor, dass die Eltern nicht aktiv handeln, sondern allenfalls eine Unterlassensstrafbarkeit begehen können, indem sie die Körperverletzung nicht verhindern. Die Eltern haben jedenfalls eine Garantenstellung aus ihrer elterlichen Fürsorgepflicht. [Hier ist es auch gut vertretbar, die Eltern als Handelnde zu sehen, da sie das  Kind zum Tätowierer bringen. Im Vordergrund steht m.E. aber die Nichtverhinderung des Handelns des Tätowierers, so dass ein Unterlassen zu bejahen ist.]
Beim Nebeneinander von Unterlassen und aktiver Handlung kann vieles vertreten werden. Die Literatur stellt maßgeblich auf die Tatherrschaft ab. Nach einer Ansicht kann neben einer aktiven Handlung nie eine Tatherrschaft vorliegen (Gallas JZ 1952, 372; Jescheck/Weigend § 64 IV 5; Kühl § 20 Rn 230). Eine Mindermeinung bejaht dagegen stets auch eine Täterschaft aufgrund der herausgehobenen Stellung einer Garantenpflicht (Mitsch Jura 1989, 197). Teilweise wird nach der Art der Garantenpflicht differenziert (Beschützergaranten als Täter, Überwachergaranten nur als Teilnehmer, vgl. Herzberg JuS 1975, 171; Schönke/Schröder StGB vor §§ 25 ff Rn 101 ff).
Die Rechtsprechung hingegen stellt maßgeblich auf einen Täter- oder Teilnehmerwillen ab (BGH NJW 1952, 552; BGH NJW 1966, 1763). Da die Eltern hier mitbestimmend beim Geschehen sind, wäre eine Täterschaft zu bejahen.
An dieser Stelle soll gar nicht versucht werden, eine „richtige“ Antwort vorzugeben – alle Lösungen sind mit der entsprechenden Begründung sehr gut vertretbar. Je nachdem wie man sich aber entscheidet, haben sich die Eltern, legt man das Ohrlochstechen als Körperverletzung aus, wegen einer solchen als Täter oder Teilnehmer strafbar gemacht. Es muss aber klar sein, dass auch hier wieder ein Verbotsirrtum nach § 17 Abs. 1 StGB zu bejahen ist, so dass im Ergebnis eine Strafbarkeit nicht vorliegt.
III. Fazit
Der Fall ist wie geschaffen für eine mündliche Prüfung. Bewegt man sich anfangs noch auf bekannten Pfaden und kann bei der Prüfung des § 223 StGB sein erlerntes Wissen zeigen, so muss man spätestens bei §§ 171 und 225 StGB auch eigenständige Argumentationen entwickeln. Die Hauptschwierigkeit liegt dann jedenfalls bei der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme (insbesondere durch das Vorliegen eines Unterlassens). Hier muss dann selbständig argumentiert und ein gutes Problembewusstsein gezeigt werden.

31.08.2012/4 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2012-08-31 15:48:152012-08-31 15:48:15Ohrlöcher als Körperverletzung?
Christian Muders

Fälle zur Abgrenzung von Suizid und Fremdtötung

Fallbearbeitung und Methodik, Für die ersten Semester, Lerntipps, Schon gelesen?, Startseite, Strafrecht, Strafrecht AT, Strafrecht BT, Verschiedenes

Der nachfolgende Beitrag befasst sich überblicksartig und anhand eines stetig abgewandelten Falles mit der strafrechtlichen Problematik der Abgrenzung von Fremd- zur Selbsttötung (Suizid). Ausgespart bleibt demgegenüber die Frage einer Strafbarkeit der Sterbehilfe (Euthanasie), die häufiger in diesem Problemkomplex mitbehandelt wird und durch die Entscheidung BGH 2 StR 454/09 neue Relevanz bekommen hat (s. dazu aber bereits unsere Artikel hier und hier). Für fortgeschrittene Semester bietet es sich an, insbesondere auch im Hinblick auf eine nahende mündliche Prüfung, nach Erfassung des jeweiligen Falles zunächst eine eigene Lösung zurechtzulegen, bevor der nachfolgende Erläuterungstext gelesen wird.
1. Fälle der unmittelbaren Fremdtötung

  • Fall 1: A tötet den B durch einen Schuss aus einer Pistole, nachdem dieser den A dazu aufgefordert hat.

Dieser Ausgangsfall ist einfach zu erfassen: Der A macht sich einer Tötung auf Verlangen, § 216 StGB, schuldig. Die Einwilligung in die Einbuße des eigenen Rechtsguts, die regelmäßig zu einer Rechtfertigung (nach a.A. sogar zum Tatbestandsausschluss) führt, ist im Hinblick auf das Rechtsgut „Leben“ irrelevant, wie sich aus der vorgenannten Norm selbst ergibt: Danach wird gerade die Konstellation, dass jemand „durch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen des Getöteten zur Tötung bestimmt worden“ ist, explizit mit Strafe belegt. Die Einwilligung führt also nicht zu einem Ausschluss der Strafbarkeit, sondern berührt lediglich die Auswahl des einschlägigen Tötungstatbestandes und damit auch den in Betracht kommenden Strafrahmen. § 216 StGB stellt nämlich eine Privilegierung zum ebenfalls verwirklichten Delikt des Totschlags dar und sieht in der Rechtsfolge (lediglich) eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vor. Der gleichzeitig vorliegende Totschlag, dessen Strafrahmen erst bei fünf Jahren beginnen würde, tritt demgegenüber als lex generalis zurück.

  • Fall 2: B tötet sich selbst mittels eines Schusses aus einer Pistole, nachdem ihn der A dazu aufgefordert hat.

In dieser Abwandlung ist eine Strafbarkeit des A schon schwieriger zu beurteilen: Eine Verwirklichung des § 216 Abs. 1 StGB scheidet deswegen aus, weil dem A keine Tatherrschaft über die Tötung zukommt, die allein von B vorgenommen wird. Da A den B aber zur Tötung aufgefordert hat, wäre an ein Bestimmen zur Tat i.S.d. § 26 StGB, also eine Anstiftung, zu denken. Indes scheidet eine solche Teilnehmerstrafbarkeit hier deswegen aus, da eine Tat, zu der der B als Haupttäter bestimmt worden wäre, nicht vorliegt. Der Tatbestand des § 216 Abs. 1 StGB greift bereits seinem Wortlaut nach nicht ein, da dieser zwingend voraussetzt, dass die sterbewillige Person von einem Anderen zum Tode befördert wird. Aber auch § 212 StGB, der – neutraler – davon spricht, dass der Täter „einen Menschen tötet“, ist nicht einschlägig, da auch dieser Tatbestand nach ganz allgemeiner Meinung die Tötung eines Anderen erfordert, so dass der Suizid nicht hierunter subsumiert werden kann (vgl. MK-Schneider, 1. Aufl. 2003, vor § 211 Rn. 30 m.w.N.). Demgemäß hat sich der A durch seine Aufforderung hier überhaupt nicht strafbar gemacht.

  • Fall 3: B tötet sich mittels der Einnahme eines Giftes, welches ihm der A verschafft hat und zu dem dieser allein Zugang hatte.

Wiederum geht es um eine Strafbarkeit des A nach § 216 Abs. 1 StGB. Eine Tatherrschaft des A ist hier nicht ganz so einfach wie im letzten Fall zu verneinen, da der B sich zwar selbst mit dem Gift getötet hat, welches aber allein der A besorgen konnte. Geht man mit der h.M. in Rechtsprechung und Literatur davon aus, dass auch Mitwirkungen im Vorbereitungsstadium, jedenfalls bei einem erheblichen Gewicht des Beitrags, durchaus eine Tatherrschaft begründen können (man denke nur an den die Tat planenden „Bandenchef“, dazu etwa Kindhäuser, Lehr- und Praxiskommentar, 4. Aufl. 2010, vor § 25 Rn. 36 ff.) wäre eine Strafbarkeit des B nach § 216 Abs. 1 StGB im Hinblick auf seinen Mitwirkungsakt durchaus zu erwägen. Jedoch verengen Rechtsprechung und Schrifttum im Fall einer Beeinträchtigung eigener Güter den relevanten Zeitraum für die Tatherrschaft zu Recht auf den letzten todbringenden Akt. Danach ist allein entscheidend, wer die letzte Handlung, die dann ohne einen weiteren Zwischenschritt zum Tode führte, beherrscht hat. Diese Beschränkung der Tatherrschaft kann mit dem Eigenverantwortlichkeitsprinzip begründet werden: Ein vorsätzliches, unmittelbar selbstschädigendes Verhalten sperrt danach die Zuständigkeit eines Anderen für den hieraus resultierenden Erfolg. Die Herrschaft über den letzten Akt, also die Einnahme des Giftes, hatte vorliegend aber (wiederum) allein der B, so dass eine diesbezügliche Tatherrschaft des A ausscheidet. Zu denken wäre allenfalls daran, die Tatherrschaft des B dem A zuzurechnen, und zwar über die Figur der Mittäterschaft gem. § 25 Abs. 2 StGB. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – was hier nahe liegt – A und B von Anfang an im Hinblick auf einen gemeinsamen Tatplan zusammengewirkt haben. Indes stehen dieser Konstruktion zwei Einwände entgegen: Zum einen setzt auch die mittäterschaftliche Zurechnung voraus, dass der A einen täterschaftlichen, d.h. nach h.L. einen durch Tatherrschaft getragenen Tatbeitrag erbringt, was vorliegend gerade nicht der Fall ist. Zum anderen verwirklicht sein potentieller Mittäter B mit der Selbsttötung überhaupt keinen Tatbestand, so dass er kein Unrecht begründet, welches dem mitwirkenden B über § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden könnte. Eine Beihilfe des A an der Selbsttötung (§ 27 Abs. 1 StGB) durch Verschaffen des Giftes schließlich scheidet in entsprechender Argumentation zu der bereits im letzten Fall verneinten Anstiftung aus.
2. Fälle der mittelbaren Fremdtötung

  • Fall 4: B tötet sich mittels der Einnahme eines Giftes, welches ihm der A verschafft hat. Der A hat dem B zuvor vorgespiegelt, dass es sich um eine wohlschmeckende Limonade handelt.

In diesem Fall liegt die objektive Tatherrschaft wiederum bei B, der den letzten todbringenden Akt selbst ausführt. Allerdings kommt hier abweichend zum vorhergehenden Fall durchaus eine Zurechnung des Beitrags an A in Betracht, und zwar im Wege mittelbarer Täterschaft nach § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB. Im Gegensatz zur zuvor behandelten Mittäterschaft gem. § 25 Abs. 2 StGB verlangt diese Zurechnungsnorm gerade keine Unrechtsverwirklichung durch den Vordermann, sondern lässt auch einen tatbestandslosen Beitrag genügen. Nach welchen Kriterien allerdings in Fällen der Selbsttötung (die konsequenterweise auch auf sonstige Konstellationen der Selbstschädigung zu übertragen sind) nicht mehr von einer eigenverantwortlichen Schädigung des Opfers gesprochen werden kann, welche nach dem zuvor Ausgeführten die Zurechenbarkeit an einen mittelbaren Verursacher sperrt, ist umstritten:
a) Exkulpationstheorie
Nach der sog. Exkulpationslösung wird die Eigenverantwortlichkeit für eine Selbsttötung in Parallele zu der Verantwortlichkeit für eine Fremdtötung gesetzt. Es ist also der hypothetische Fall zu bilden, dass der B das Medikament nicht sich selbst, sondern einem Dritten zugeführt hätte. Sofern nach den vorliegenden Umständen eine Strafbarkeit für diesen hypothetischen Fall nicht gegeben wäre, namentlich weil der Suizident ohne Vorsatz oder Schuld gehandelt hätte, scheidet auch eine Verantwortlichkeit des Opfers für die tatsächlich vorgenommene Selbsttötung aus. Folge wäre, dass das hierauf bezogene Verhalten nicht als eigenverantwortlich eingestuft werden kann, so dass eine Zurechnung an den Hintermann offen stünde, sofern er selbiges veranlasst hat. Nach den vorgenannten Grundsätzen ist für den hier zu behandelnden Fall von einer fehlenden Eigenverantwortlichkeit des B auszugehen: Im Falle der Tötung eines Dritten hätte er nämlich, da er das Medikament für Limonade hielt, in einem vorsatzausschließenden Tatbestandsirrtum gem. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB gehandelt, wäre also straflos geblieben. Da dieser Irrtum wiederum in die Zuständigkeit des A fällt, der ihn durch seine unzutreffenden Angaben ausgelöst hat, kann ihm das Verhalten des B über § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB wie ein eigenes Verhalten zugerechnet werden.
b) Einwilligungstheorie
Nach der sog. Einwilligungslösung wird die Eigenverantwortlichkeit für eine Selbsttötung zwar ebenso mit der Verantwortlichkeit für eine Fremdtötung verglichen, allerdings wird der hypothetische Fall in der Weise abweichend gebildet, dass der Suizident Opfer der Tötung bleibt, wobei jedoch nicht er selbst, sondern der Hintermann den unmittelbar todbringenden Akt vollzieht. Sodann wird gefragt, ob in dieser Konstellation – abzüglich der tatsächlichen Sperre des § 216 Abs. 1 StGB – eine wirksame Einwilligung des Opfers bestehen würde. Nach diesen Grundsätzen ist im zuvor formulierten Fall ebenso von einer fehlenden Eigenverantwortlichkeit des B auszugehen: Im Falle der Tötung des B durch die Hand des A wäre eine wirksame Einwilligung in das Verabreichen des todbringenden Medikaments nämlich nicht gegeben gewesen, da B selbiges für Limonade hielt; somit wäre seine Einwilligung mit einem (rechtsgutsbezogenen) Irrtum bemakelt, die ihre Wirksamkeit ausschließt.
Da beide Auffassungen im vorliegenden Fall zu einem identischen Ergebnis kommen, bedarf es folglich keines Streitentscheids.

  • Fall 5: B tötet sich mittels der Einnahme eines Giftes, welches ihm der A verschafft hat. Der A hat dem B zuvor angedroht, dass er andernfalls dessen reiche Frau von den sexuellen Eskapaden des B unterrichten werde, was voraussichtlich zu einer Scheidung geführt hätte, die den B wirtschaftlich und gesellschaftlich ruiniert hätte.

Wiederum ist – ähnlich dem zuvor gegebenem Beispiel – zu fragen, ob die objektiv von B beherrschte Einnahme des Giftes dem A nach § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB zugerechnet werden kann. Die hierzu vertretenen beiden Meinungen kommen indes vorliegend zu unterschiedlichen Ergebnissen:
Stellt man mit der Exkulpationslösung darauf ab, ob das Opfer B im Falle einer Fremdtötung straflos geblieben wäre, ist dies zu verneinen. Um seine Ehe und damit seine gesellschaftliche und finanzielle Situation zu retten, darf B keinen unbeteiligten Menschen töten und ist bei einer solchen Tat folglich weder gerechtfertigt (§ 34 StGB) noch entschuldigt (§ 35 StGB).
Anderes gilt hingegen, wenn man der Einwilligungslösung folgt: Eine Einwilligung, die durch Nötigung – hier die Drohung mit einem empfindlichen Übel – erlangt wird, wäre per se unwirksam, so dass danach auch eine Eigenverantwortlichkeit der Selbsttötung des B abzulehnen ist.
Wie man am vorliegenden Fall sieht, führt die Einwilligungslösung eher zu einer Verschiebung der Verantwortlichkeit für ein selbstschädigendes Verhalten hin zum veranlassenden Hintermann. Demgegenüber wird man mit der Exkulpationslösung häufiger zu einer Straflosigkeit desselben kommen, da die Hürden, die im Falle einer Fremdverletzung entlasten, ungleich höher und damit schwieriger zu überwinden sind als die Voraussetzungen, unter denen die Wirksamkeit einer Einwilligung zu versagen ist. Indes verdient die Einwilligungslösung in den vorgenannten Fallgestaltungen den Vorzug, da Fälle der Selbstschädigung des Opfers eher mit dem hypothetischen Fall einer Einwilligung desselben in die nämliche Verletzung als mit der Fremdverletzung einer anderen Person vergleichbar sind. Da es letztendlich um eine Schädigung des Opfers geht, erscheinen die hierfür entwickelten Kriterien i.F. der Einwilligungsvoraussetzungen passender als solche, die für die Verletzung eines Dritten herangezogen werden, was in dieser Konstellation gerade nicht zur Debatte steht (so auch die wohl h.L., vgl. Kindhäuser, BT I, 5. Aufl. 2012, § 4/15; Rengier, BT II, 11. Aufl. 2010, § 8/4 f.; a.A. etwa MK-Schneider, 1. Aufl. 2003, Vor § 211 Rn. 54 ff.).
3. Fälle der Unterlassungstäterschaft

  • Fall 6: B tötet sich mittels der Einnahme eines Giftes, welches ihr Ehegatte A verschafft hat. Nach der Einnahme fällt B zunächst in Ohnmacht und lebt noch ca. eine Stunde weiter, bevor sie stirbt. A wacht an ihrem Bett, unternimmt aber nichts, da er den Todeswunsch seiner Frau respektiert.

Im vorliegenden Fall kommt neben einer Begehungsverantwortung durch Verschaffen des Giftes, die bereits oben abgelehnt wurde, zusätzlich noch eine Strafbarkeit wegen Unterlassens in Betracht: Dadurch, dass die B erst nach einer längeren Weile stirbt, hätte der A noch die konkrete („physisch-reale“) Möglichkeit gehabt, durch alarmieren eines Arztes seine Frau zu retten. Wie dieser Fall zu behandeln ist, ist wiederum umstritten.
a) Zumutbarkeitslösung der Rspr.
Die Rspr. nimmt an, dass eine Strafbarkeit des Garanten in diesen Fallgestaltungen durchaus in Betracht komme. Sie knüpft dabei an ihre Argumentation zur Tatherrschaft des Opfers beim Begehungsdelikt an, die grundsätzlich eine Strafbarkeit des Helfers sperrt (s. dazu oben). Für die vorliegenden Fallgestaltung nimmt sie aber an, dass im Falle der Bewusstlosigkeit ein „Tatherrschaftswechsel“ eintrete: Da es dann der Suizident nicht mehr in der Hand habe, den eigenen Todeseintritt zu verhindern, wandere diese Möglichkeit zu dem anwesenden Garanten, den aufgrund seiner Sonderstellung auch eine diesbezügliche Pflicht treffe. Allerdings soll im Rahmen des Prüfungspunktes der Schuld im Einzelfall eine Zumutbarkeit des Garanten fehlen beim eigenverantwortlichen Suizid des Opfers einzugreifen, so dass eine Strafbarkeit mangels Verschuldens entfiele.
b) Ausschluss der Garantenstellung nach h.L.
Die h.L. lehnt diese Konstruktion demgegenüber ab und sieht in der grundsätzlichen Strafbarkeit des Garanten einen Wertungswiderspruch begründet, da dieser zwar einerseits aktiv (durch Verschaffen des Todeswerkzeugs) an dem Suizid der Schutzperson mitwirken dürfe, aber anschließend, nämlich im Falle eines Tatherrschaftswechsels, plötzlich andererseits doch alles dafür tun müsse, den Tod zu verhindern (vgl. z.B. Joecks, Studienkommentar StGB, 7. Aufl. 2007, § 216 Rn. 15; Kindhäuser, BT I, 5. Aufl. 2012, § 4/22). Die Literatur nimmt daher überwiegend an, dass den Garanten im Falle der freiwilligen Selbsttötung bereits keine objektive Pflicht zum Eingreifen (mehr) treffe; begründet wird dies etwa damit, dass das Opfer den ursprünglich Pflichtigen spätestens mit Ansetzen zum Suizid aus dessen Garantenstellung entlasse, so dass zum Zeitpunkt des Tatherrschaftswechsels ein Gebot zur Hilfe nicht mehr existiere (so MK-Schneider, 1. Aufl. 2003, Vor § 211 Rn. 77). Diese Konstruktion steht freilich in einem gewissen Spannungsverhältnis zu § 216 StGB, da die Entlassung aus der Garantenstellung faktisch mit der Einwilligung in eine Fremdtötung durch Unterlassen gleichgesetzt werden kann. Allerdings wird überwiegend angenommen, dass bzgl. dieser Norm, die im Hinblick auf die Einschränkung für eine Lebensbeendigung ohnehin verfassungsrechtlich problematisch erscheint, eine teleologische Reduktion angezeigt ist. Danach kann § 216 Abs. 1 StGB allein auf die aktive Herbeiführung des Todes eines Menschen angewendet werden, während Fälle eines garantenwidrigen Unterlassens ausgeklammert bleiben. Eine solche teleologische Reduktion (als methodologisches Gegenstück zum Analogieschluss) ist hier ohne Weiteres zulässig, da sie die Strafbarkeit des Täters einschränkt, nicht begründet. Sie kann auch mit der Wertung unterfüttert werden, dass ein Heileingriff, der zur Abwendung des Todes nach Abschluss der aktiven Einwirkung regelmäßig vonnöten wäre, von der Rspr. grundsätzlich als strafbare Körperverletzung (§ 223 ff. StGB) eingestuft wird, wenn das Opfer nicht (mutmaßlich) einwilligt – eine solche Einwilligung ist aber in Fällen des freiwilligen Suizids, bei dem der Todeswillige gerade nicht mehr weiterleben will, regelmäßig nicht anzunehmen. Insoweit kann den Garanten aber kein Gebot treffen, mit dessen Erfüllung er gleichzeitig gegen ein Verbot (die Beteiligung an der Körperverletzung) verstoßen würde.

c) Strafbarkeit nach § 323c StGB?
I.Ü. käme im vorgenannten Fall (sowie auch dann, wenn den Anwesenden von vornherein keine Garantenstellung trifft) daneben eine Strafbarkeit wegen unterlassener Hilfeleistung, § 323c StGB, als „Auffangtatbestand“ in Betracht. Vom Standpunkt der Rspr. wäre auch insoweit allein an eine Einschränkung der Strafbarkeit wegen fehlender Zumutbarkeit des Eingriffs zu denken, wobei dieses Merkmal freilich hier nach überwiegender Auffassung ein echtes Tatbestandsmerkmal (und kein Element der Schuld) bildet. Die h.L. nimmt hingegen an, dass ein freiverantwortlicher Suizid bereits keinen Unglücksfall i.S.d. § 323c StGB darstellt (vgl. nur NK-Wohlers, 3. Aufl. 2010, § 323c Rn. 5 m.w.N.), und kommt so wiederum (ebenso) zur Straflosigkeit des Unterlassenden.

16.08.2012/3 Kommentare/von Christian Muders
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Christian Muders https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Christian Muders2012-08-16 10:00:562012-08-16 10:00:56Fälle zur Abgrenzung von Suizid und Fremdtötung
Dr. Stephan Pötters

BGH: Strafbarkeit des Sachverständigen für Einsturz des Dachs der Eissporthalle in Bad Reichenhall

Strafrecht, Strafrecht

Sachverhalt
Der Fall ging durch die Medien: In Bad Reichenhall war das Dach einer Eissporthalle unter der Last von Schneemassen eingestürzt und hatte die Besucher unter sich begraben. 15 Besucher – überwiegend Kinder – fanden den Tod; sechs weitere Besucher wurden schwer verletzt. Der BGH (BGH, Urteil vom 12. Januar 2010 – 1 StR 272/09) hatte nun über die Strafbarkeit eines angeklagten Diplomingenieurs zu entscheiden, der zuvor ein Gutachten über den Zustand des Daches erstellt hatte und darin die Stadt nicht hinreichend vor den Gefahren gewarnt hatte.
Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung?
Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für den Strafvorwurf war ein Unterlassen: Die Staatsanwaltschaft hatte dem Angeklagten zur Last gelegt, er habe bei der Erledigung dieses Auftrags unterlassen, die Träger des Daches umfassend aus nächster Nähe („handnah“) zu betrachten. Die für eine Unterlassensstrafbarkeit erforderliche Garantenstellung nach § 13 Abs. 1 StGB resultierte hier aus der Verantwortung des Angeklagten als sachverständiger Gutachter. Es war gerade seine Verpflichtung, auf entsprechende Gefahren hinzuweisen.
Problem: Kausalität
Problematisch war allein die Frage der hypothetischen Kausalität (Quasi-Kausalität). Bei einem Unterlassensdelikt müsste die gebotene Rettungshandlung den Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert haben.
Das Landgericht hatte dies noch verneint. Nach seiner ansicht verblieben erhebliche Zweifel, dass die Verantwortlichen der Stadt Bad Reichenhall Warnhinweise des Angeklagten zum Anlass für weitere Maßnahmen genommen hätten. Dies folge aus der bisherigen Untätigkeit der Stadt. Diese habe trotz schon früher erfolgter Anregungen, vertiefte Untersuchungen zu veranlassen, und trotz sonstiger Warnhinweise zur Tragfähigkeit des Vordachs des Eingangsbereichs nichts unternommen.
Ganz anders sah dies der BGH: Gebotene Hinweise auf Mängel in der Dachkonstruktion wären für die Stadt geradezu ein Alarmsignal für die mangelnde Tragfähigkeit des Hallendachs gewesen. Das Landgericht habe deshalb nicht rechtsfehlerfrei dargelegt, dass die Verantwortlichen der Stadt Bad Reichenhall trotz solcher Warnhinweise keine Maßnahmen zur Beseitigung der Gefahrenquelle ergriffen hätten.
BGH, Urteil vom 12. 01.2010 – 1 StR 272/09
LG Traunstein, Urteil vom 18. 11.2008 – 2 KLs 200 Js 865/06

22.01.2010/0 Kommentare/von Dr. Stephan Pötters
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