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Schlagwortarchiv für: Ungarn

Gastautor

Urteil des EuGH im Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn

Europarecht, Examensvorbereitung, Lerntipps, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite

Wir freuen uns, nachfolgend einen Gastbeitrag von Alexandra Ritter veröffentlichen zu können. Die Autorin studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn und ist am Institut für Arbeitsrecht und Recht der sozialen Sicherheit tätig.
Im Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission gegen Ungarn hat der EuGH mit Urteil vom 6. Oktober 2020 (Az. C-66/18) festgestellt, dass das ungarische Hochschulgesetz gleich mehrfach gegen europäisches Recht verstößt. Aktuelle europarechtliche Fragen und Verfahren sind in jüngster Zeit vermehrt Gegenstand von Universitäts- und Examensklausuren und insbesondere von mündlichen Prüfungen. Die Entscheidung sollte Anlass bieten, die Grundlagen der Verfahren vor dem EuGH sowie der europäischen Grundrechte zu wiederholen. Hier nun ein Überblick über Sachverhalt und Entscheidungsgründe.
I. Hintergrund der Entscheidung
Im Jahr 2017 hat wurde das ungarische Hochschulgesetz geändert. Mediale Aufmerksamkeit erfuhr die Gesetzesänderung dadurch, dass die Central European University (CEU) infolge der Gesetzesänderung, seinen Sitz von Budapest nach Wien verlegen musste. Einige Studierende hatten zuvor noch gegen die Gesetzesänderung protestiert (Langowski, Für freie Universitäten in Ungarn, in: Tagesspiegel (online) v. 28.11.2018).
II. Gegenstand der Gesetzesänderung des ungarischen Hochschulgesetzes
Die problematische Gesetzesänderung bestand im Wesentlichen aus zwei Aspekten, die auch Gegenstand des Vertragsverletzungsverfahrens vor dem EuGH waren. Zum einen wurde in Art. 76 Abs. 1 lit. a des Hochschulgesetzes – vereinfacht dargestellt – geregelt, dass Hochschulen mit Sitz außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums nur dann innerhalb Ungarns ihre Lehre anbieten dürfen, wenn zwischen ihrem Herkunftsstaat und Ungarn ein entsprechender völkerrechtlicher Vertrag besteht. Zum anderen wurde in Art. 76 Abs. 1 lit. b des Hochschulgesetzes geregelt, dass ausländische Hochschulen zusätzlich nur dann innerhalb Ungarns ihre Lehre anbieten dürfen, wenn sie dies auch in ihrem Herkunftsstaat tun. Im Gegensatz zu Art. 76 Abs. 1 lit. a des Hochschulgesetzes, der nur für Hochschulen mit Sitz in Drittstaaten gelten sollte, sollte diese Regelungen auch für Hochschulen mit Sitz in einem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums gelten. Da durch die Gesetzesänderung ganz besonders die CEU betroffen war, wurde sie auch als „Lex CEU“ bezeichnet.
Infolge der Gesetzänderung wurde ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, in dem der EuGH mit seinem Urteil nun mehrfach Verstöße gegen Unionsrecht feststellt. Im Folgenden sollen die wesentlichen Aspekte der Entscheidung beleuchtet werden.
III. Verstoß gegen das GATS-Abkommen der Welthandelsorganisation
Zunächst stellt der EuGH fest, dass er zuständig ist, Verstöße gegen Abkommen der Welthandelsorganisation festzustellen. Von der Union geschlossene internationale Übereinkünfte sind nach ständiger Rechtsprechung des EuGH nämlich ab ihrem Inkrafttreten integrierender Bestandteil der Unionsrechtsordnung (s. Urt. v. 8.3.2011 – C-240/09, Rn. 31 ff – Lesoochranárske zoskupenie). Auch das der Welthandelsorganisation eigene Streitbeilegungsverfahren ändere nichts an der Zuständigkeit (EuGH, Pressemitteilung Nr. 66/20 v. 6.10.2020, S. 2 (engl.)). Ungarn ist nach Art. XIIV des General Agreement on Trade and Service (GATS) dazu verpflichtet, den Dienstleistungserbringern eines anderen Mitglieds der Welthandelsorganisation eine Behandlung zu gewähren, die nicht weniger günstig ist, als die, die es seinen eigenen vergleichbaren Dienstleistungserbringern gewährt. Hiergegen wird mit dem Erfordernis eines völkerrechtlichen Abkommens zum Tätigwerden einer Hochschule innerhalb Ungarns nach Art. 76 Abs. 1 lit. a des Hochschulgesetzes verstoßen. Der Verstoß kann auch nicht durch Erwägungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gerechtfertigt werden (EuGH, Pressemitteilung Nr. 66/20 v. 6.10.2020, S. 2 (engl.))
Mit der Anforderung, dass Hochschulen mit Sitz in Drittstaaten auch dort Hochschullehre anbieten müssen, wird ein weiterer Verstoß gegen Art. XVII GATS begründet.
IV. Verstoß gegen die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit und Rechte aus der Europäischen Grundrechtecharta (GRCh)
Die Voraussetzung des Hochschulgesetzes, nach welcher Hochschulen mit Sitz in einem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums auch in ihrem Herkunftsstaat Lehre anbieten müssen, Art. 76 Abs. 1 b des Hochschulgesetzes, verstößt gegen diverse Vorschriften des Unionsrechts.
1. Verstoß gegen die Niederlassungs- und die Dienstleistungsfreiheit
Zunächst verstößt das ungarische Hochschulgesetz hier ungerechtfertigt gegen die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV und gegen die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 16 RL 2006/123/EG. Auch die Generalanwältin stellt diese Verstöße in ihren Schlussanträgen (Rs. C-66/18) fest. Indem die ausländischen Hochschulen an der Aufnahme ihrer Tätigkeit gehindert werden, liegt ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit vor (Generalanwältin Kokott, Schlussantr. Rs. C-11/94, Rn. 156). Eine Rechtfertigung kann sich hier nicht aus Erwägungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne von Art. 52 Abs. 1 AEUV ergeben.
Art. 76 Abs. 1 lit. b des Hochschulgesetzes dient der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG. Er verstößt aber gegen Art. 16 derselben, wegen seines diskriminierenden Charakters (Generalanwältin Kokott, Schlussantr. Rs. C-11/94, Rn.170 f.). Auch hier ist eine Rechtfertigung nicht zu erblicken.
Im Rahmen der Prüfung wird Art. 16 RL 2006/123/EG als im Verhältnis zu Art. 56 AEUV speziellere Vorschrift angesehen, weshalb ein Verstoß gegen letztere nicht zusätzlich geprüft wird.
2. Verstoß gegen Art. 14 Abs. 3 und Art. 13 GRCh
Weiter wird durch das Hochschulgesetz gegen die Freiheit zur Gründung von Lehrveranstaltungen, Art. 14 Abs. 3 GRCh und gegen den Grundsatz der akademischen Freiheit, Art. 13 GRCh, verstoßen. Die akademische Freiheit hat nicht nur eine individuelle Dimension, die die Meinungsfreiheit, insbesondere im Bereich der Forschung, umfasst, sondern auch eine institutionelle und organisatorische Dimension (EuGH, Pressemitteilung Nr. 66/20 v. 6.10.2020, S. 3 (engl.)). Das Hochschulgesetz gefährdet die autonome Infrastruktur und Gestaltung der Hochschulen hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen und lehrenden Tätigkeiten, sodass ein Verstoß gegen den Grundsatz der akademischen Freiheit nach Art. 13 GRCH vorliegt. Zudem wird das Gründen von Hochschulen verhindert, sodass zudem gegen Art. 14 Abs. 3 GRCH verstoßen wird. Eine Rechtfertigung nach Art. 52 Abs. 1 CRCH ist wieder nicht ersichtlich.
V. Zum Schluss
Am Ende hat Ungarn mit dem Urteil des EuGH eine weitere Niederlage vor der Institution erlitten. Das Hochschulgesetz verstößt gleich mehrmals gegen Unionsrecht – gegen das GATS-Abkommen, gegen die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit und gegen die Vorschriften zum Schutz der Freiheit der Lehre aus der Europäischen Grundrechtecharta. Das ohnehin schon angespannte Verhältnis zwischen einigen Mitgliedstaaten der Union und Ungarn dürfte durch dieses Urteil zumindest keine Entspannung erfahren. Für die CEU kommt das Urteil jedoch zu spät, denn sie hat ihre Tätigkeit bereits nach Wien verlegt.

09.10.2020/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2020-10-09 08:15:072020-10-09 08:15:07Urteil des EuGH im Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn
Dr. Johannes Traut

Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn geht in nächste Runde

Aktuelles, Europarecht

Auf der Titelseite berichtet die FAZ heute (8.3.2012) wieder von dem gegen Ungarn eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren („EU-Kommission mit Ungarn weiter unzufrieden“). Einer der Vorwürfe – nämlich dass die Unabhängigkeit der Notenbank nicht gewahrt sei – wurde fallengelassen, die beiden anderen werden weiterverfolgt.
Wer sich darauf für die mündliche Prüfung vorbereiten möchte: Hier geht es zu unserem Artikel „Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet“
Der Artikel stellt die Streitpunkte dar, beleuchtet die dahinterstehenden rechtlichen Erwägungen und gibt einen Kurzabriss des Vertragsverletzungsverfahrens.

08.03.2012/0 Kommentare/von Dr. Johannes Traut
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Johannes Traut https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Johannes Traut2012-03-08 15:30:022012-03-08 15:30:02Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn geht in nächste Runde
Dr. Johannes Traut

Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet

Aktuelles, Europarecht, Öffentliches Recht

Vorgestern hat die Kommission drei Vertragsverletzungsverfahren gegen den EU-Mitgliedsstaat Ungarn eingeleitet, wie beck-aktuell (v. 18.1.2012) berichtet. Es geht um mögliche Verstöße gegen EU-Recht durch jüngere Gesetzesänderungen in Ungarn. Die Kommission sieht die Unabhängigkeit der Zentralbank des Landes, der Datenschutzbehörde und die Nichtdiskriminierung von Richtern gefährdet.
Dieser Artikel wirft einen kurz Blick auf die konkreten Vorwürfe, aber insbesondere auf das Vertragsverletzungsverfahren. Die materiellen Vorwürfe gegen Ungarn kann man eher in die Rubrik „juristische Allgemeinbildung“ ohne Prüfungsrelevanz einordnen, das Vertragsverletzungsverfahren sollte aber gerade für die mündliche Prüfung bekannt sein. Insofern mögen die aktuellen Geschehnisse manchem Prüfer Anlass geben, es abzuprüfen.
Die materiellen Fragen

  • Unabhängigkeit der Zentralbank – Hier ist die Lage eindeutig: Nach Art. 130 AEUV müssen (auch) die nationalen Zentralbanken unabhängig sein.
  • Unabhängigkeit der Datenschutzbehörde – Diese ist in Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr geregelt. Nach Art. 28 Abs. 1 UAbs. 1 sehen die Mitgliedstaaten vor, daß eine oder mehrere öffentliche Stellen beauftragt werden, die Anwendung der von den Mitgliedstaaten zur Umsetzung dieser Richtlinie erlassenen einzelstaatlichen Vorschriften in ihrem Hoheitsgebiet zu überwachen. Nach UAbs. 2 „nehmen diese Stellen „die ihnen zugewiesenen Aufgaben in völliger Unabhängigkeit wahr“.
  • Nichtdiskriminierung von Richtern – Hier geht es um Altersgrenzen. Diese unterfallen dem europäischen Diskriminierungsrecht, insbesondere der Richtlinie 2000/78/EG (RL zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ). Sie ist auch auf Richter anwendbar, vgl. Art. 3 Abs. 1. Gleichzeitig wird durch die Richtlinie auch der Anwendungsbereich der primärrechtlichen Diskriminierungsverbote gem. Art. 51 Abs. 1 („Durchführung des Unionsrechts“) eröffnet (vgl. Pötters/Traut, ZESAR 2010, 267, 268ff. – bei juris im Volltext). In Art. 21 GRC ist ein solches ausdrücklich geregelt; es gilt gleichzeitig auch als ungeschriebener Grundsatz des Unionsrechts (vgl. EuGH v. 22. 11. 2005, Rs. C-144/04, Slg. 2005, I-9981 (Mangold)).

Das Vertragsverletzungsverfahren
Das Vertragsverletzungsverfahren ist in Art. 258f. AEUV geregelt. Es existiert in zwei Formen: Nach Art. 258 kann die Kommission einen Mitgliedsstaat wegen der Verletzung der Verträge verklagen; nach Art. 259 AEUV kann ein Mitgliedsstaat gegen den anderen wegen einer Verletzung der Verträge klagen.
Vorliegend geht es um eine Klage der Kommission, also um ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV. Dieser lautet:

Hat nach Auffassung der Kommission ein Mitgliedstaat gegen eine Verpflichtung aus den Verträgen verstoßen, so gibt sie eine mit Gründen versehene Stellungnahme hierzu ab; sie hat dem Staat zuvor Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
Kommt der Staat dieser Stellungnahme innerhalb der von der Kommission gesetzten Frist nicht nach, so kann die Kommission den Gerichtshof der Europäischen Union anrufen.

A. Zulässigkeit
[Anm: Die Kommission kann, muss aber nicht das Verfahren einleiten vgl. Art. 258 Abs. 2 AEUV. Es besteht also kein Automatismus.]
I. Parteifähigkeit
[Beachte: Man spricht von Parteifähigkeit, weil es um ein kontradiktorisches Verfahren geht.] Klagen kann nach Art. 258 AEUV nur die Kommission, Beklagter kann nur ein Mitgliedsstaat sein.
II. Gegenstand der Klage: Vertragsverletzung
Gegenstand der Klage kann nur eine Vertragsverletzung durch einen Mitgliedsstaat sein. Nach dem Wortlaut könnte man der Ansicht sein, es seien nur die Verträge, also das Primärrecht, wohl auch die GRC, gemeint; nicht erfasst wäre dann grundsätzlich Verstöße gegen Sekundärrecht. Die ganz hM legt den Begriff „Verpflichtung aus den Verträgen“ jedoch sehr weit aus und fasst hierunter das gesamte Unionsrecht, also auch das Sekundärrecht (vgl. Calliess/Ruffert-Cremer, Art. 258 Rn. 33 mw.N.).
Im Ergebnis ist dem schon deshalb zuzustimmen, weil zahlreichen primärrechtlichen Normen eine Scharnierfunktion zukommt: Weil sie zur Einhaltung des Sekundärrechts verpflichten, stellt ein Verstoß gegen dieses gleichzeitig ein Verstoß gegen das primärrechtliche Gebot, das Sekundärrecht zu beachten, dar. Hierher gehört insbesondere das Gebot der loyalen Zusammenarbeit (Art. 4 Abs. 3 EUV) oder auch die Verpflichtung zur Umsetzung von Richtlinien aus Art. 288 Abs. 3 AEUV.
Dazu Calliess/Ruffert-Cremer, Art. 258 Rn. 27:

Im Vertragsverletzungsverfahren sind nur staatliche Vertragsverstöße zulässiger Klagegegenstand. Als Urheber kommen dabei sämtliche Einrichtungen des betreffenden Mitgliedstaates in Betracht. Dazu zählen Verfassungsorgane ebenso wie (untergeordnete) Behörden; gerügt werden kann das Verhalten der Zentralgewalt sowie ihrer staatlichen Untergliederungen. Das Verhalten Privater kann die Kommission im Vertragsverletzungsverfahren gem. Art. 258 AEUV grundsätzlich nicht rügen. Anderes gilt, wenn einem Mitgliedstaat entscheidender Einfluß auf das Verhalten Privater zukommt.

III. Durchführung des zweistufigen Vorverfahren
Vor der Klageerhebung muss ein zweistufiges Vorverfahren durchlaufen worden sein: Die Kommission hat zunächst dem Staat durch ein informelles „Mahnschreiben“ („warning letter“, „lettre de mise en demeure“ vgl. Calliess/Ruffert-Cremer, Art. 258 Rn. 6) Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (Art. 258 Abs. 1 Hs. 2 AEUV). Dann gibt die Kommission die mit Gründen versehene Stellungnahme ab (Art. 258 Abs. 1 Hs. 1 AEUV). Erst wenn der Staat dieser Stellungnahme nicht nachkommt, kann die Kommission den Gerichtshof anrufen (Art. 258 Abs. 2 AEUV).
Vorliegend befindet sich das Verfahren noch in der ersten Stufe des Vorverfahrens, also der informellen Äußerung. Die Kommission hat Ungarn dafür eine Frist von einem Monat gesetzt, wie sich aus dem oben zitierten Bericht von Beck-Aktuell ergibt.
IV. Klagebefugnis?
Eine Klagebefugnis ist schon nach dem klaren Wortlaut nicht erforderlich. Sie widerspräche auch dem Zweck des Verfahrens, der die objektiv-rechtliche Durchsetzung des Unionsrechts ist. Es ermöglicht der Kommission ihrer Aufgabe als „Hüterin der Verträge“ (vgl. Art. 17 Abs. 1 S. 2-3 EUV) nachzukommen.
Ein Rechtsschutzbedürfnis ist ebenfalls grundsätzlich nicht erforderlich. Allerdings war strittig, ob nicht ausnahmsweise die Klage unzulässig wird, wenn dem Verstoß seit der zwischen Ablauf der Äußerungsfrist im Vorverfahren und der Klageerhebung bzw. mündlicher Verhandlung abgeholfen wird. Die neuere Rspr. verneint dies aber. M.E. wegen der Funktion, objektiv das Unionsrecht durchzusetzen, zu Recht (Calliess/Ruffert-Cremer, Art. 258 Rn. 31).
B. Begründetheit
Die Klage ist begründet, wenn der Mitgliedsstaat (innerhalb des von der Kommission vorgebrachten Streitgegenstandes) gegen das Unionsrecht verstoßen hat.
C. Urteil
Ist die Klage begründet, spricht der EuGH aus, wie die Vertragsverletzung zu beseitigen ist (Art. 260 Abs. 1 AEUV). Kommt der Mitgliedsstaat dieser Anordnung nicht nach, kann ein Ordnungsgeld festgesetzt werden (Art. 260 Abs. 2 AEUV).  Die Möglichkeit, nach Art. 7 Abs. 3 EUV, die Rechte des Mitgliedsstaates aus den Verträgen zu suspendieren, steht daneben. Allerdings wird eine normale Vertragsverletzung hierfür kaum ausreichen.

19.01.2012/0 Kommentare/von Dr. Johannes Traut
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Johannes Traut https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Johannes Traut2012-01-19 10:13:352012-01-19 10:13:35Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet

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