• Lerntipps
    • Examensvorbereitung
    • Fallbearbeitung und Methodik
    • Für die ersten Semester
    • Mündliche Prüfung
  • Examensreport
    • 2. Staatsexamen
    • Baden-Württemberg
    • Bayern
    • Berlin
    • Brandenburg
    • Bremen
    • Hamburg
    • Hessen
    • Lösungsskizzen
    • Mecklenburg-Vorpommern
    • Niedersachsen
    • Nordrhein-Westfalen
    • Rheinland-Pfalz
    • Saarland
    • Sachsen
    • Sachsen-Anhalt
    • Schleswig-Holstein
    • Thüringen
    • Zusammenfassung Examensreport
  • Interviewreihe
    • Alle Interviews
  • Rechtsgebiete
    • Strafrecht
      • Klassiker des BGHSt und RGSt
      • StPO
      • Strafrecht AT
      • Strafrecht BT
    • Zivilrecht
      • AGB-Recht
      • Arbeitsrecht
      • Arztrecht
      • Bereicherungsrecht
      • BGB AT
      • BGH-Klassiker
      • Deliktsrecht
      • Erbrecht
      • Familienrecht
      • Gesellschaftsrecht
      • Handelsrecht
      • Insolvenzrecht
      • IPR
      • Kaufrecht
      • Kreditsicherung
      • Mietrecht
      • Reiserecht
      • Sachenrecht
      • Schuldrecht
      • Verbraucherschutzrecht
      • Werkvertragsrecht
      • ZPO
    • Öffentliches Recht
      • BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker
      • Baurecht
      • Europarecht
      • Europarecht Klassiker
      • Kommunalrecht
      • Polizei- und Ordnungsrecht
      • Staatshaftung
      • Verfassungsrecht
      • Versammlungsrecht
      • Verwaltungsrecht
      • Völkerrrecht
  • Rechtsprechungsübersicht
    • Strafrecht
    • Zivilrecht
    • Öffentliches Recht
  • Karteikarten
    • Strafrecht
    • Zivilrecht
    • Öffentliches Recht
  • Suche
  • Menü Menü
Du bist hier: Startseite1 > Übereignung

Schlagwortarchiv für: Übereignung

Tom Stiebert

OLG Hamm: Neues zur Abgrenzung Diebstahl/Betrug/Computerbetrug

Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Strafrecht, Strafrecht, Strafrecht BT

Einen Fall mit sehr hoher Examensrelevanz hat das OLG Hamm mit einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 8.8.2013 (5 RVs 56/13) entschieden (Näheres dazu hier). Es geht hierbei um die äußerst relevante, und den meisten in der allgemeinen Konstellation wahrscheinlich bekannte Abgrenzung von Diebstahl und (Computer)Betrug.
I. Sachverhalt
Es ging dabei um folgende Konstellation:
Der Angeklagte bezahlte in einem Supermarkt eine Zeitschrift im Wert von 5 Euro lediglich mit 2 Euro. Dies erreichte er durch folgenden Trick: Er scannte an der Selbstbedienungskasse des Ladens nicht den korrekten Strichcode, sondern einen aus einer anderen Zeitschrift (im Wert von 2 Euro) herausgerissenen Strichcode ein und bezahlte folglich auch nur die angeforderten 2 Euro.
Fraglich war dabei, ob es sich hierbei um einen Diebstahl oder einen (Computer)Betrug handelt.
 
II. Entscheidung des OLG Hamm
1. Allgemeines
Fraglich war dabei, ob es sich bei der Handlung an der Kasse um einen Diebstahl § 242 BGB oder um einen Computerbetrug nach § 263a StGB gehandelt hat.
Entscheidend ist daher, ob im konkreten Fall eine Wegnahme (dann Diebstahl) oder eine Vermögensverfügung (dann Computerbetrug) vorgelegen. Nicht in Betracht kommt im konkreten Fall ein „einfacher“ Betrug iSd. § 263 StGB. Dieser unterscheidet sich vom Computerbetrug darin, dass nicht eine natürliche Person getäuscht wird und verfügt, sondern lediglich der Kassenautomat und folglich also der Datenverarbeitungsvorgang (einscannen des Barcodes und anschließende Ausgabe des Preises) von der Einwirkung bzw. Täuschung betroffen ist.
Entscheidende Frage ist also, ob die Zeitschrift dem Kunden (aufgrund der Täuschung bzw. der Einwirkung in den Datenverarbeitungsvorgang) wirksam übereignet wird (dann kann nur ein Computerbetrug vorliegen) oder ob der Kunde durch die Handlung nicht fremden Gewahrsam bricht und neuen Gewahrsam begründet, ohne dass dies dem Willen eines hinter dem Kassenautomaten stehenden Menschen entspricht.
2. Vorliegen Übereignung
Entscheidend ist also zunächst, ob eine wirksame Übereignung durch den Ladeninhaber in Form der Benutzung des Kassenautomatens mit einem falschen Barcode vorgelegen hat. Hier muss zwangsläufig auf den Willen des berechtigten Eigentümers der Zeitschriften und nicht auf den Automaten abgestellt werden. Die Übereignung fordert nach § 929 BGB die Einigung und Übergabe. Eine für die Einigung notwendige Willenserklärung kann nur eine natürliche Person abgeben. Eine wirksame Übereignung scheidet hier mangels Abgabe eines Übereignungsangebots durch den Berechtigten aus:

Die Zeitschriften seien ihm nicht übereignet worden, weil er diese zuvor nicht mit den ihnen zugewiesenen Strichcodes eingescannt habe. Zu den tatsächlich eingescannten Preisen habe der Geschäftsinhaber nicht verkaufen wollen. Beide Zeitschriften habe der Angeklagte auch ohne Einverständnis des Geschäftsinhabers mitgenommen. Nachdem er zuvor einen nicht zu den Zeitschriften passenden Strichcode eingescannt hatte, seien die Bedingungen für einen vom Geschäftsinhaber gebilligten Gewahrsamswechsel beim Passieren der Kasse nicht erfüllt gewesen.

Entscheidend ist hier der Wille des Ladeninhabers, der nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln ist. Möchte er ein konkretes Produkt stets an denjenigen Kunden übereignen, der irgendeinen Barcode einscannt (und entsprechend bezahlt) oder nur an denjenigen, der den richtigen Barcode einscannt (und den entsprechenden Preis bezahlt). Dabei darf aber auch nicht vernachlässigt werden, dass er sich bei dem Einsatz des Automaten nicht widersprüchlich verhalten darf. Sein Wille ist zumindest dahin auszulegen, dass er bei (formell) ordnungsgemäßer Nutzung des Automaten auch die Ware übereignen will. Wird der Automat als „getäuscht“ (hierfür gibt es gerade den § 263a StGB) darf er sich nicht darauf berufen, er wolle in einem solchen Fall nicht übereignen.
Gleichwohl geht sein Wille aber allein dahin, diejenige Ware zu übereignen, die dem entsprechenden Barcode zugeordnet ist. Im konkreten Fall will er also – durch den Einsatz des Automaten – allein eine Zeitschrift für 2 Euro übereignen; nicht aber die Zeitschrift für 5 Euro. Anders wäre die Situation nur dann, wenn er beispielsweise das Computerprogramm manipuliert und der Automat folglich „denkt“, dass es sich um einen Barcode für die 5-Euro-Zeitschrift handelt. Dies liegt hier aber gerade nicht. Der Automat „denkt“ es handle sich um eine 2-Euro-Zeitschrift; nur diesbezüglich liegt folglich ein Übereignungsangebot vor. Die 5 Euro teure Zeitschrift wird folglich nicht wirksam übereignet.
3. Folge fehlender Übereignung
Bei § 263 StGB würde es folglich an einer Vermögensverfügung fehlen. Der Computerbetrug ist sehr eng mit dieser Regelung verwandt, so dass eine Strukturgleichheit zu fordern ist. Dabei tritt Beeinflussung des Ergebnisses eines Datenverarbeitungsvorgangs  an die Stelle des Irrtums und der dadurch hervorgerufenen Vermögensverfügung (BeckOK/Beckemper, § 263a, Rn. 37). Das Ergebnis dieser Beeinflussung muss zudem vermögensrelevant sein und sich unmittelbar vermögensmindernd auswirken. Eine solche Beeinflussung, die sich vermögensmindernd auswirkt, liegt nach Ansicht des OLG gerade nicht vor:

Der Tatbestand des § 263 a StGB erfordert daher, dass die Manipulation des Datenverarbeitungsvorgangs unmittelbar eine vermögensrelevante Disposition des Computers verursacht.  Die Vermögensminderung muss unmittelbar, d.h. ohne weitere Zwischenhandlung des Täters, des Opfers oder eines Dritten durch den Datenverarbeitungsvorgang selbst eintreten. Daran fehlt es, wenn durch die Manipulation der Datenverarbeitung nur die Voraussetzungen für eine vermögensmindernde Straftat geschaffen werden, z.B. beim Ausschalten oder Überwinden elektronischer Schlösser. Hier führt das Einscannen des Strichcodes der „WAZ“ allein zu der Anzeige eines im Verhältnis zu den tatsächlich ausgewählten Zeitschriften geringeren Kaufpreises. Diese Anzeige bewirkt noch keinen verfügungsähnlichen Vorgang, der sich als unmittelbare Vermögensbeeinträchtigung darstellte. Die nachfolgende Mitnahme der Zeitschriften wird durch den Datenverarbeitungsvorgang als solchen weder ermöglicht noch erleichtert.

4. Überdies: Fehlende Tathandlung des § 263a StGB
Die Diskussion, welche Tathandlung des § 263a StGB verwirklicht ist, muss deshalb hier nicht geführt werden. Dennoch empfiehlt es sich in der Klausur hierauf zumindest kurz einzugehen, um ein vollständiges Ergebnis zu haben. Das OLG subsumiert hier sehr anschaulich die einzelnen Varianten des § 263a Abs. 1 StGB:

Das unrichtige Gestalten eines Programms (1. Var.) setzt das Neuschreiben, Verändern oder Löschen ganzer Programme oder jedenfalls von Programmteilen voraus . Nichts davon geht mit dem Einscannen des „WAZ“-Strichcodes einher.
Das Verwenden unrichtiger oder unvollständiger Daten (2. Var.) erfasst Fälle, in denen eingegebene Daten in einen anderen Zusammenhang gebracht oder unterdrückt werden, wobei eine Programmgestaltung unrichtig bzw. unvollständig ist, wenn sie bewirkt, dass die Daten zu einem Ergebnis verarbeitet werden, das inhaltlich entweder falsch ist oder den bezeichneten Sachverhalt nicht ausreichend erkennen lässt, den Computer also gleichsam „täuscht“ . Vorliegend wird über das Einlesen des Strichcodes der Kaufpreis einer Ausgabe der „WAZ“ richtig und vollständig angezeigt, diesen Kaufpreis hat der Angeklagte auch bezahlt.
Das Merkmal der unbefugten Verwendung von Daten (3. Var.) ist nach ganz überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur, der sich der Senat anschließt, „betrugsspezifisch“ auszulegen ; unbefugt ist die Verwendung danach dann, wenn sie gegenüber einer natürlichen Person Täuschungscharakter hätte. Insoweit muss auf das Vorstellungsbild einer natürlichen Person abgestellt werden, die sich ausschließlich mit den Fragen befasst, die auch der Computer „prüft“ . Da das Lesegerät einer Selbstbedienungskasse lediglich den in dem Strichcode festgelegten Kaufpreis anzeigt, ohne zu prüfen, ob auch tatsächlich die dem Strichcode zugewiesene Ware bezahlt und mitgenommen wird, würde auch ein „fiktiver Kassierer“ nur eine derart eingeschränkte Prüfung vornehmen und deshalb über den eingelesenen Preis der „WAZ“ nicht getäuscht.
Das sonstige unbefugte Einwirken auf den Ablauf (4. Var.) erfasst – im Sinne eines Auffangtatbestandes – solche strafwürdige Maßnahmen, die nicht unter Var. 1 bis 3 fallen, jedoch beinhaltet das Einscannen des Strichcodes der „WAZ“ keine Einwirkung auf den Ablauf, d.h. auf das Programm oder den Datenfluss.

5. Prüfung des Diebstahls
Es bleibt aber die Vollendung eines Diebstahls. Der Kunde hat hier eine fremde bewegliche Sache weggenommen, also den Gewahrsam gegen den Willen des Berechtigten gebrochen. Eine Übereignung lag nach dem oben Gezeigten gerade nicht vor. Die weiteren Voraussetzungen des Diebstahls sind auch erfüllt, sodass sich der Kunde nach § 242 StGB strafbar gemacht hat. In der Klausur wäre hier natürlich eine etwas ausführlichere prüfung geboten.
6. Überdies Urkundsdelikte
Zudem liegt eine Urkundenunterdrückung durch das Abtrennen des Barcodes von der günstigeren Zeitschrift vor (§ 274 StGB). Eine Urkundenfälschung in Form des Herstellens einer unechten Urkunde scheidet aus, da die Zeitschrift nicht mit dem Barcode fest verbunden wurde und damit keine neue, unechte Urkunde hergestellt wurde.
 
III. Examensrelevanz
Der Fall ist aufgrund seiner Aktualität von äußerst großer Examensrelevanz und ergänzt damit die bisherigen Supermarkt- und Selbstbedienungsfälle (bspw. SB-Tankstelle). Die Wertungen des Falles sollten auf jeden Fall beherrscht werden. Bedeutend ist auch, dass die zivilrechtlichen Wertungen auch im Strafrecht eine bedeutende Rolle spielen. Hier ist eine saubere Darstellung gefordert.
 

09.10.2013/8 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2013-10-09 13:58:502013-10-09 13:58:50OLG Hamm: Neues zur Abgrenzung Diebstahl/Betrug/Computerbetrug
Dr. Gerrit Forst

Die Übereignung beweglicher Sachen durch den Berechtigten

Für die ersten Semester, Lerntipps, Sachenrecht, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

Das Sachenrecht gehört zum Prüfungsstoff aller Prüfungsordnungen. Obwohl es eine Reihe hervorragender Lehrbücher zu diesem Rechtsgebiet gibt (ich persönlich kann Vieweg/Werner, Sachenrecht, 5. Aufl. 2011 nur empfehlen), wird das Sachenrecht von vielen Studenten als undurchsichtig und schwierig empfunden.
Der folgende Beitrag befasst sich mit einem häufig im Rahmen von Klausuren zu behandelnden Thema: Der Übereignung beweglicher Sachen durch den Berechtigten. Die Übereignung beweglicher Sachen durch den Nichtberechtigten soll in einem späteren Beitrag behandelt werden.
Der Begriff der beweglichen Sache (Mobilie) muss abgegrenzt werden von den unbeweglichen Sachen (Immobilien) einerseits, von den nicht körperlichen Gegenständen (z.B. Forderungen) andererseits. Üblich ist folgende (Negativ-)Definition: Bewegliche Sachen sind alle körperlichen Gegenstände, die nicht Grundstücke, Grundstücken gleichgestellt (z.B. Schiffsbauwerk) oder Grundstücksbestandteile sind (Ellenberger, in: Palandt, BGB, 71. Aufl. 2012, Überbl. vor § 90 Rn. 3).
I. Prüfungsrelevanz
Die Frage, ob eine Übereignung einer beweglichen Sache durch den Berechtigten stattgefunden hat, spielt in Klausuren etwa eine Rolle bei der Erfüllung (§ 362 BGB – so schuldet der Verkäufer nach § 433 BGB nicht nur die Übergabe, sondern auch die Übereignung der Kaufsache), bei Herausgabeansprüchen (insbesondere aus § 985 BGB) oder auch im Deliktsrecht, wenn es darum geht, wer Eigentum i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB für sich in Anspruch nehmen kann.
II. Formen der Übereignung / Systematik
Die Übereignung beweglicher Sachen durch den Berechtigten ist im Wesentlichen in den §§ 929 bis 931 BGB geregelt. Die Übereignung nicht eingetragener Seeschiffe (§ 929a BGB) kann man dabei als Spezialmaterie getrost außer Acht lassen. Es bedürfen also nur die §§ 929, 930 und 931 BGB näherer Betrachtung.
§ 929 S. 1 BGB regelt den Grundfall aller Übereignungen. Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist danach erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Aus § 929 S. 1 BGB ergeben sich drei Tatbestandsvoraussetzungen:

  • Dingliche Einigung
  • Übergabe
  • Einigsein im Zeitpunkt der Übergabe

Da die §§ 932 ff. BGB den Erwerb des Eigentums vom Nichtberechtigten regeln, ergibt sich im Umkehrschluss, dass die §§ 929, 930, 931 BGB nur den Fall der Übereignung beweglicher Sachen durch den Berechtigten regeln. Als viertes Tatbestandsmerkmal der §§ 929, 930, 931 BGB bleibt also die

  • Berechtigung

zu prüfen.
Der Unterschied zwischen § 929 S. 1 BGB und den §§ 929 S. 2, 930 und 931 BGB liegt nun bei der Übergabe. Während diese für § 929 S. 1 BGB zwingend erforderlich ist, kann sie nach den §§ 929 S. 2, 930 und 931 BGB durch andere Tatbestandsmerkmale ersetzt werden. Darauf ist unter IV. zurückzukommen.
III. Einigung
Erste Voraussetzung für den Erwerb des Eigentums vom Berechtigten ist eine dingliche Einigung. Die Einigung ist ein Rechtsgeschäft und kommt nach den allgemeinen Regeln zustande, also durch Angebot und Annahme (§§ 145, 147 BGB).
Warum spricht man von einer „dinglichen“ Einigung? Weil diese Einigung nicht identisch ist mit der Einigung, die zu der Verpflichtung führt, die Sache zu übereignen (Trennungsprinzip).

Beispiel: Verkauft A dem B ein Auto, schließen die Parteien einen Kaufvertrag, der A verpflichtet, B das Auto zu übergeben und zu übereignen (Verpflichtungsgeschäft). Die Übereignung selbst setzt aber einen weiteren Vertragsschluss voraus, nämlich die auf die Übertragung des Eigentums gerichtete Einigung i.S.d. § 929 S. 1 BGB (Verfügungsgeschäft).

Beide Geschäfte sind grundsätzlich getrennt voneinander zu beurteilen. Ficht z.B. B den Kaufvertrag an, bleibt die Wirksamkeit der dinglichen Einigung hiervon grundsätzlich unberührt (Abstraktionsprinzip). Ausnahmen von diesem Grundsatz sind ein vereinbarter Bedingungszusammenhang (Bedingungi.S.d. § 158 BGB  für die Wirksamkeit der dinglichen Einigung ist die Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts) sowie unter Umständen eine Geschäftseinheit i.S.d. § 139 BGB. Ferner liest man häufig, sogenannte Doppelmängel würden das Abstraktionsprinzip durchbrechen. Ein Doppelmangel liegt vor, wenn derselbe Mangel beide Willenserklärungen betrifft (Beispiel: Geschäftsunfähigkeit). Tatsächlich wird das Abstraktionsprinzip dann aber nicht durchbrochen. Ein Mangel wirkt sich lediglich mehrmals aus.
Die dingliche Einigung kann gleichzeitig mit dem Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts erklärt werden oder auch erst im Anschluss daran. Eine Stellvertretung ist nach den allgemeinen Regeln (§§ 164 ff. BGB) zulässig. Auch eine bedingte Einigung ist möglich (vgl. § 449 BGB), allerdings führt die Bedingung häufig nur zum Entstehen eines Anwartschaftsrechts (dazu noch unten VII.).
Eine Besonderheit des Sachenrechts ist, dass die Einigung, um wirksam zu sein, hinreichend bestimmt sein muss. Während Ungenauigkeiten im Rahmen des Verpflichtungsgeschäfts in weitem Umfang unschädlich sind, sofern sie durch Auslegung beseitigt werden können, muss bei der dinglichen Einigung klar sein, welche Sachen von der Einigung erfasst sind. Das hat seinen Grund darin, dass jede Sache rechtlich eindeutig zugeordnet sein muss und dementsprechend auch die Übertragung dinglicher Rechte sich auf bestimmte Sachen beziehen muss (Spezialitätsprinzip). Problematisch ist die Bestimmtheit bei der Übereignung von Sachgesamtheiten (z.B. Warenlager) und bei künftig noch zu erwerbenden Sachen.
IV. Übergabe
§ 929 S. 1 BGB setzt weiter voraus, dass eine Übergabe erfolgt. Übergabe ist die Aufgabe jeglichen Besitzes (vgl. § 854 BGB) durch den Veräußerer und die Erlangung irgendeines Besitzes durch den Erwerber auf Veranlassung des Veräußerers.
Fehlt es an einer solchen Übergabe, kommt eine wirksame Übereignung nach § 929 S. 1 BGB nicht in Betracht. Die Prüfung endet dann aber noch nicht! An die Stelle der Übergabe kann nämlich ein Übereignungstatbestand nach den §§ 929 S. 2, 930, 931 BGB treten (sog. Übergabesurrogate).
Befindet sich der Erwerber bereits im Besitz der Sache, kommt eine Übereignung nach § 929 S. 2 BGB in Betracht. Erforderlich ist dann nur, dass Veräußerer und Erwerber sich über den Übergang des Eigentums einigen.

Beispiel: A verliert seinen Kugelschreiber. B findet den Kuli und nimmt ihn in Besitz. Als A den Kuli in der Hand des B sieht, klärt er jenen auf. Aus Großzügigkeit erklärt A jedoch, B könne den Kuli behalten. B nimmt dankend an.

Als weitere Variante kommt eine Übereignung nach § 930 BGB in Betracht. Ist der Eigentümer im Besitz der Sache, so kann die Übergabe dadurch ersetzt werden, dass zwischen ihm und dem Erwerber ein Rechtsverhältnis vereinbart wird, vermöge dessen der Erwerber den mittelbaren Besitz erlangt (sog. Besitzkonstitut). Der mittelbare Besitz ist in § 868 BGB geregelt.

Beispiel: A verkauft (Verpflichtungsgeschäft!) B sein Auto. A will das Auto aber noch für eine Wochenendspritztour behalten. B erklärt sich einverstanden, will aber schon vorher das Eigentum erlangen.  A und B einigen sich über den Eigentumsübergang, gleichzeitig vermietet B dem A das Gefährt. B erlangt mittelbaren Besitz, es liegt ein Besitzkonstitut vor.

Schließlich kann die Übergabe dadurch ersetzt werden, dass der Eigentümer dem Erwerber den Herausgabeanspruch gegen einen Dritten abtritt, § 931 BGB.

Beispiel: A verleiht D sein Fahrrad. Während D das Fahrrad noch in Besitz hat, verkauft und übereignet A das Fahrrad an B ab. Anstelle der Übergabe tritt A dem B seinen Herausgabeanspruch gegen D aus § 604 Abs. 1 BGB nach § 398 BGB ab.

V. Einigsein im Zeitpunkt der Übergabe
Eine Besonderheit der dinglichen Einigung besteht darin, dass diese nach h.M. bis zur Übergabe frei widerruflich ist (BGHZ 7, 111, 115). Das kommt in § 929 S. 1 BGB in den Worten „einig sind“ zum Ausdruck. Für die Übereignung von Immobilien kommt dies in § 873 Abs. 2 BGB noch deutlicher zum Ausdruck. Damit weicht das Sachenrecht von den allgemeinen Regeln ab, denn nach allgemeinen Regeln ist eine Willenserklärung für den Erklärenden verbindlich, wenn sie den Empfänger erst einmal erreicht hat (§ 130 Abs. 1 S. 2 BGB). Allerdings wird man wie bei § 130 Abs. 2 BGB davon ausgehen müssen, dass der Tod oder die Geschäftsunfähigkeit des Erklärenden auch die dingliche Einigung unberührt lassen.
VI. Berechtigung
Letzte Voraussetzung der Übereignung beweglicher Sachen durch den Berechtigten ist die Berechtigung des Veräußerers. Diese festzustellen, ist wichtig und in Klausuren häufig problematisch, weil anderenfalls nur ein gutgläübiger Erwerb nach den §§ 932 ff. BGB in Betracht kommt.
Berechtigter ist zunächst, wer über die Sache als eigene verfügen kann, also der Eigentümer. Eine rechtsgeschäftliche Beschränkung der Verfügungsbefugnis ist nach § 137 S. 1 BGB ohne dingliche Wirkung.
Berechtigter ist darüber hinaus, wer von dem Eigentümer das Verfügungsrecht erhält. Das ist zunächst ein Stellvertreter.

Beachte: § 56 HGB ermächtigt Ladenangestellte scheinbar nur zu Verkäufen, also zum Abschluss von Verpflichtungsgeschäften. Die Norm ist aber älter als das BGB und gilt deshalb nach h.M. auch für Verfügungsgeschäfte, denn bei Inkrafttreten des § 56 HGB galt das Trennungs- und Abstraktionsprinzip noch nicht!

Darüber hinaus kann eine Verfügungsbefugnis kraft Gesetzes bestehen. Die wichtigsten Fälle sind:

  • Insolvenzverwalter, § 80 InsO
  • Nachlassverwalter, § 1984 BGB
  • Testamentsvollstrecker, §§ 2205, 2211 BGB.

Schließlich ist auch eine Verfügung mit Einwilligung (§ 183 BGB) oder Genehmigung (§ 184 BGB) des Berechtigten wie eine Verfügung des Berechtigten zu behandeln, § 185 BGB.
VII. Exkurs: Anwartschaftsrecht
Im Gesetz nicht geregelt, aber heute allgemein anerkannt ist, dass nicht nur das Vollrecht Eigentum übertragen werden kann, sondern auch ein sogenanntes Anwartschaftsrecht. Anwartschaftsrechte entstehen, wenn der Veräußerer dem Erwerber eine Rechtsposition einräumt, die durch den Veräußerer nicht mehr beeinträchtigt werden kann. Das wichtigste Beispiel ist die Veräußerung einer Sache unter Eigentumsvorbehalt: Dabei handelt es sich um eine aufschiebend bedingte Übereignung (§§ 929, 158 BGB). Die Bedingung besteht in der vollständigen Zahlung des Kaufpreises durch den Erwerber. Bereits die aufschiebend bedingte Übereignung führt zur Entstehung des Anwartschaftsrechts. Dieses unterliegt als „wesensgleiches Minus zum Vollrecht“ grundsätzlich denselben Regeln wie das Eigentum. Das Anwartschaftsrecht wird seinerseits nach den §§ 929 ff. BGB übertragen und genießt als „sonstiges Recht“ deliktischen Schutz nach § 823 Abs. 1 BGB.

15.05.2012/6 Kommentare/von Dr. Gerrit Forst
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Gerrit Forst https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Gerrit Forst2012-05-15 15:04:032012-05-15 15:04:03Die Übereignung beweglicher Sachen durch den Berechtigten

Über Juraexamen.info

Deine Zeitschrift für Jurastudium, Staatsexamen und Referendariat. Als gemeinnütziges Projekt aus Bonn sind wir auf eure Untersützung angewiesen, sei es als Mitglied oder durch eure Gastbeiträge. Über Zusendungen und eure Nachrichten freuen wir uns daher sehr!

Werbung

Anzeige

Neueste Beiträge

  • Neue Rechtsprechung des BGH zur Ersatzfähigkeit von „Schockschäden“
  • Praktikum in einer Großkanzlei – Einblicke in das FGS „Intern-Programm“
  • Human Rights and Labour – Modern Slavery – Effektive Durchsetzung von Menschenrechten in globalen Lieferketten

Weitere Artikel

Auch diese Artikel könnten für dich interessant sein.

Gastautor

Neue Rechtsprechung des BGH zur Ersatzfähigkeit von „Schockschäden“

Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns, nachfolgenden Gastbeitrag von Simon Mantsch veröffentlichen zu können. Er studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn und ist als Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Flick Gocke Schaumburg tätig. Ein nach §§ 823 […]

Weiterlesen
16.01.2023/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2023-01-16 15:42:082023-01-25 11:42:19Neue Rechtsprechung des BGH zur Ersatzfähigkeit von „Schockschäden“
Gastautor

Praktikum in einer Großkanzlei – Einblicke in das FGS „Intern-Programm“

Alle Interviews, Für die ersten Semester, Interviewreihe, Lerntipps, Rezensionen, Startseite, Verschiedenes

Wir freuen uns, nachfolgend einen Gastbeitrag von Maximilian Drews veröffentlichen zu können. Der Autor studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn und berichtet über sein absolviertes Pflichtpraktikum in einer Bonner Großkanzlei. […]

Weiterlesen
03.01.2023/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2023-01-03 07:26:222023-01-04 10:57:01Praktikum in einer Großkanzlei – Einblicke in das FGS „Intern-Programm“
Gastautor

Human Rights and Labour – Modern Slavery – Effektive Durchsetzung von Menschenrechten in globalen Lieferketten

Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Startseite, Tagesgeschehen, Uncategorized

Wir freuen uns, nachfolgend einen Gastbeitrag von Theo Peter Rust veröffentlichen zu können. Der Autor studiert Rechtswissenschaften im siebten Semester an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Mit dem vorliegenden […]

Weiterlesen
23.12.2022/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2022-12-23 07:42:522022-12-23 08:49:11Human Rights and Labour – Modern Slavery – Effektive Durchsetzung von Menschenrechten in globalen Lieferketten

Support

Unterstütze uns und spende mit PayPal

Jetzt spenden
  • Über JE
  • Das Team
  • Spendenprojekt
  • Gastautor werden
  • Mitglied werden
  • Alumni
  • Häufige Fragen
  • Impressum
  • Kontakt
  • Datenschutz

© 2022 juraexamen.info

Nach oben scrollen