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Schlagwortarchiv für: U-Bahn-Lied

Dr. Maximilian Schmidt

OLG Hamm: Mainz ist nicht Jerusalem – Das „U-Bahn-Lied“ als Volksverhetzung i.S.d. § 130 StGB

Schon gelesen?, Startseite, Strafrecht, Strafrecht BT, Tagesgeschehen, Verfassungsrecht, Versammlungsrecht

Das OLG Hamm hat am 1.10.2015 entschieden, dass das in der Öffentlichkeit hörbare Singen des sog. U-Bahn-Liedes mit
dem Text ʺEine U-Bahn, eine U-Bahn, eine U-Bahn bauen wir, von Jerusalem bis nach Auschwitz, eine U-Bahn bauen wir!ʺ den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen kann. Ein Lied, das rund um Fußballstadien Deutschland leider immer wieder von einigen wenigen angestimmt wird. Nun wurde die entsprechende Pressemitteilung veröffentlicht, die Anlass zur kritischen Diskussion des Falles sein soll und zeigt, dass das (moralisch?) richtige Ergebnis manchmal doch schwierig zu begründen ist.
Zum Sachverhalt aus der Pressemitteilung:

Die 1970 und 1973 geborenen Angeklagten aus Gottmadingen besuchten im April 2014 das Bundesligaspiel Borussia Dortmund gegen den FSV Mainz, aufgrund getragener Trikots als Fans des Vereins Borussia Dortmund erkennbar. Nach dem Ende des Spiels sangen sie Arm in Arm im Bereich des Vorplatzes am Nordausgang des Stadions in der Nähe einer Gruppe Mainzer Fans für die umstehenden Personen deutlich hörbar das sog. U-Bahn-Lied mit dem oben zitierten Text.

Die Angeklagten wurden wegen Volksverhetzung nach § 130 Abs. 2 StGB verurteilt. Dieser lautet:

Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

§ 130 Abs. 3 StGB war nicht nur bereits Gegenstand einer Vielzahl von Einzelfallentscheidungen, sondern auch das BVerfG hat sich im Hinblick auf die Verfassungskonformität mit ihm beschäftigt (s. etwa BVerfG v. 06.4.2006 – 1 BvQ 10/06; v. 13.4.1994 – 1 BvR 23/94). Für die Klausur sollte beachtet werden, dass das BVerfG relativ streng wertet, da häufig der Schutzbereich der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG eröffnet ist. Der Tatbestand des § 130 Abs. 3 StGB wird auch in der Literatur eher kritisch gesehen (s. Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014).
Das OLG begründet die Strafbarkeit nun damit, dass durch das Singen des Liedes zum einen eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten
Art in einer Weise verharmlost wird und zum anderen hierdurch der öffentliche Frieden gestört wird. Beides kann man mit guten Gründen anders sehen. Insoweit sollen für eine Prüfung Anknüpfungspunkte der Argumentation aufgeworfen werden, ohne das Ergebnis zu determinieren.
1. Das OLG begründet die Verharmlosung damit, dass durch die von den Sängern zum Ausdruck gebrachte Möglichkeit das Konzentrationslager wieder aufzubauen, der Unrechtsgehalt der unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangenen Taten begrenzt werden:

Dadurch erscheine der Völkermord der Nationalsozialisten an den Juden in seinem Unrechtsgehalt
begrenzt, mithin nicht schwerwiegend und der Gedanke einer Wiederholung als billigenswert. Aus Sicht eines verständigen Zuhörers erscheine das als eine Verharmlosung der Verbrechen der Nationalsozialisten.Es gebe keine Begleitumstände, die das Lied in einen anderen Kontext, z.B. den einer Fanrivalität, stellen könnten. Das Lied sei
zwar in der Nähe einer Gruppe Mainzer Fans gesungen worden, sein Inhalt aber nicht an diese gerichtet gewesen, Mainz sei nicht Jerusalem und Jerusalem sei am Spiel nicht beteiligt gewesen.

Diese Argumentation ist durchaus angreifbar. Dass die „Fans“ hier nach dem Abpfiff vor den Stadiontoren gegnerische Fans provozieren wollten und ihre „Überlegenheit“ zum Ausdruck bringen wollten, liegt auf der Hand. Die vom OLG vorgenommene Auslegung widerspricht daher der vom BVerfG geforderten grundrechtsfreundlichen Auslegung, nach der diejenige noch möglich Auslegung gewählt werden muss, die vom Schutzbereich der Grundrechte erfasst ist (s. etwa BVerfG NJW 2001, 61, 62). Daneben führt der letzte zitierte, durchaus eingänge Satz des OLG Hamm aus der Pressemitteilung zu der Frage: Wenn „Fans“ das „U-Bahn-Lied“ gegen Beitar Jerusalem singen, liegt dann etwa keine Verharmlosung des Holocaust vor? Schließlich ist die ja die „richtige“ Stadt genannt und man könnt eine Auslegung i.S. einer Fanrivalität annehmen. Ein völlig sinnwidriges Ergebnis. Besser wäre es daher davon auszugehen, dass unabhängig vom Äußerungskontext das „U-Bahn-Lied“ eine Verharmlosung des Holocaust darstellt und dies gerade zwischen rivalisierenden „Fans“. Vielleicht wollte das OLG Hamm dies sogar so sagen – der Wortlaut der Entscheidung ist insoweit jedoch mehr als missverständlich.
Andere Gerichte gehen übrigens davon aus, dass gerade durch die Heranziehung des Holocausts die besonders grausame Vernichtung des Gegner gewünscht wird, so dass deswegen keine Verharmlosung vorliegt – so etwa das OLG Rostock ( v 23.7.2007 – 1 Ss 080/06 I 42/06, 1 Ss 80/06 I 42/06 –, Rn. 10, juris):

Infolgedessen lässt sich der Text des Liedes dahin interpretieren, dass den „Gegnern“ eine – als solche erkannte und als historische Wahrheit akzeptierte – besonders grausame und menschenverachtende Vernichtung gewünscht wird, wobei offen bleiben kann, ob dies (lediglich) im übertragenen – sportlichen – Sinn zu deuten ist. „Auschwitz“ ist schlagwortartiges Synonym für diese Vernichtung. Einer solchen – angesichts des Gesamtgeschehens sogar nahe liegenden – Deutung stünde ein qualitatives oder quantitatives Bagatellisieren jedoch entschieden entgegen. Dass das Geschehen in „Auschwitz“ gutgeheißen werden sollte, ist ebensowenig – jedenfalls nicht „ohne Deuteln“ – zu erkennen: Vielmehr bedingt – wie hier – gerade dessen Einzigartigkeit eine sprachlich verknappte (synonyme) Ausdrucksform, ohne dass damit gleichzeitig eine – dem Schutzgut zuwiderlaufende – positive Zustimmung hinsichtlich des dem Synonym zugrunde liegenden Geschehens verbunden wäre.

Nimmt man diese Auslegung ernst, kann es hinsichtlich der Verharmlosung wohl nicht – wie das OLG Hamm annimmt – darauf ankommen, ob ausdrücklich die gegnerische Mannschaft in den Liedtext aufgenommen wird. Vielmehr ist der Sinnzusammenhang maßgeblich, der sich bei engem zeitlich-örtlichem Geschehensablauf auch aus dem Kontext des Textes ergeben kann.
2. Das OLG Hamm nimmt zudem an, dass durch den Gesang der öffentliche Friede gestört worden sei.

Das Singen des Liedes durch die Angeklagten sei geeignet gewesen, den öffentlichen Frieden zu stören. Insoweit genüge schon die konkrete Eignung. Bei der in der Liedform in die Öffentlichkeit getragenen ʺJudenhetzeʺ bestehe ohne weiteres die Gefahr, dass die Botschaft der Angeklagten von Zuhörern, die diese billigten, weitergetragen werde, so dass das psychische Klima aufgeheizt und Unfrieden in der Bevölkerung erregt werde.

Hier können ebenfalls Bedenken angemeldet werden. Mit der Eignungsformel wird die Volksverhetzung nach § 130 Abs. 1 und Abs. 3 StGB zu einem abstrakt-konkreten Gefährdungsdelikt. Diesem Tatbestandsmerkmal kommt in erster Linie die Funktion eines eingrenzenden Korrektivs zu, mit dem der begrifflichen Weite vor allem des Verharmlosens und Leugnens Rechnung getragen werden kann (Schäfer, in: MüKoStGB, 2. Aufl. 2012, § 130 Rn. 86). Notwendig ist daher eine konkrete Eignung zur Friedensstörung; sie darf nicht nur abstrakt bestehen und muß – wenn auch aufgrund generalisierender Betrachtung – konkret festgestellt sein (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2000 – 1 StR 184/00 –, BGHSt 46, 212-225). Letztlich muss das Vertrauen in die öffentliche Rechtssicherheit erschüttert werden können (BGHSt 29, 26). Ob diese durchaus engen Voraussetzungen tatsächlich erfüllt sind, ist anhand einer Betrachtung der konkreten Tatumstände zu ermitteln. Zunächst spricht für eine Störung des öffentlichen Frieden sicherlich, dass ein Kernunrecht unter der Herrschaft des Nationalsozialismus verharmlost wird. Demgegenüber handelt es sich ersichtlich um einen – wenn auch zu missbilligenden, armseligen und denkbar dummen – Fangesang, der gerade der Rivalität typischen Herabsetzung des Gegners dient. Ein Bezug zu einer tatsächlichen, künftig drohenden oder angestrebten Deportation von Juden liegt nicht vor. Eine Aufstachelung zur Wiederholung ist ebenfalls nur schwer ersichtlich. Auch insoweit ist der Schutzbereich der Meinungsfreiheit zu berücksichtigen und der konkret gesungene Text in den Gesamtkontext zu stellen: Meinten die „Fans“ tatsächlich eine aus Jerusalem vorzunehmende Deportation? Wohl kaum.
3. Das OLG Hamm hat im Sinne der Fußballfans, Stadionbesucher und Freunden echten Fußballliedgutes entschieden. Dennoch bleiben Zweifel, ob das Urteil den ohnehin sehr schwammigen Tatbestand des § 130 StGB nicht überdehnt hat. Jedenfalls zeigt der Fall, dass § 130 StGB für das juristische Staatsexamen nahezu unverzichtbar ist, da das Verhältnis von Strafrecht und Grundrechten, insbesondere der Meinungsfreiheit, immer weider neu ausgelotet werden muss. Hingewiesen sei noch einmal auf Entscheidungen des OLG Rostock (v. 23. 7.2007 – 1 Ss 80/06 I 42/06) sowie des OLG Braunschweig (v. 6.3.2007 – Ss 2/07), die die Strafbarkeit ablehnen, sofern die gegnerische Mannschaft ausdrücklich in Bezug genommen wird.

05.02.2016/3 Kommentare/von Dr. Maximilian Schmidt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2016-02-05 10:00:572016-02-05 10:00:57OLG Hamm: Mainz ist nicht Jerusalem – Das „U-Bahn-Lied“ als Volksverhetzung i.S.d. § 130 StGB

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