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Schlagwortarchiv für: Supermarkt

Gastautor

Kurzüberblick: Standardprobleme beim Diebstahl in Selbstbedienungsläden

Für die ersten Semester, Lerntipps, Rechtsgebiete, Startseite, Strafrecht, Verschiedenes

Wir freuen uns, einen Gastbeitrag von Dr. Jesko Baumhöfener veröffentlichen zu können. Rechtsanwalt & Fachanwalt für Strafrecht Dr. Baumhöfener ist seit dem Jahr 2008 Strafverteidiger in Hamburg (https://strafverteidigung-hamburg.com). In seiner Praxis betreut er Delikte aus dem Wirtschaftsstrafrecht ebenso wie Schwurgerichtsverfahren oder „kleinere“ Vorwürfe wie Diebstahl und Betrug. Er hat sich besonders auf die Bearbeitung einer Revision im Strafrecht (https://revision-strafrecht.com) spezialisiert.
Der Diebstahl gemäß §242 StGB beinhaltet bereits für sich genommen eine Vielzahl von Problemfeldern, die auch stets Bestandteil von Examensklausuren sind. Dazu gehört sicherlich die Abgrenzung vom Trickdiebstahl zum Betrug gemäß § 263 StGB, das Exklusivitätsverhältnis dürfte den Kandidatinnen und Kandidaten bekannt sein. Während bei einem Diebstahl eine fremde, bewegliche Sache weggenommen wird, stellt der Betrug ein Selbstschädigungsdelikt dar und bedarf einer Vermögensverfügung.
Weitere Probleme liegen in der Definition des Begriffs ,,Wegnahme“, denn es muss sich um einen Bruch fremden Gewahrsams handeln.

,,Wegnahme definiert man als den Bruch fremden Gewahrsams und der Begründung neuen, nicht notwendig tätereigenen Gewahrsams.“

Die Subsumtion des Sachverhaltes unter das Merkmal der ,,Wegnahme“ ist regelmäßig ein Schwerpunkt strafrechtlicher Klausuren. Schon die Frage eines Bruchs kann problematisch sein, oftmals versteckt sich im Sachverhalt ein tatbestandsausschließendes Einverständnis. Dieses muss aber durch den Gewahrsamsinhaber erfolgen, das Einverständnis des Eigentümers ist an dieser Stelle nicht relevant und vielmals eine falsche Fährte. Ebenso kommt es nicht auf den Besitzer im zivilrechtlichen Sinne an, sondern auf den Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft. Ein mittelbarer Besitzer hat keinen Gewahrsam, ein Besitzdiener hat dafür Gewahrsam, ohne Besitzer zu sein.
Dies sind nur Problemfelder im objektiven Tatbestand, zudem können auch Probleme im subjektiven Tatbestand sowie im Bereich der Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe auftauchen.
Für den Selbstbedienungsladen, gemeinhin ein Supermarkt, entstehen Besonderheiten, die im Folgenden dargestellt werden sollen.
1. Vollendung der Tat- Versuchsstrafbarkeit und Gewahrsamsenklave
Eine Tat ist vollendet, wenn sämtliche Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Ist dies der Fall, ist das Stadium des Versuchs gemäß §§ 22, 23 StGB überschritten. Nach der vollendeten Tat kann Beendigung eintreten. Beendigung meint das Manifestieren des gesamten Unrechts der Tat nach außen. Dies ist bei einem Diebstahl dann der Fall, wenn sich der Täter entsprechend weit vom Tatort entfernt hat und die Beute gesichert ist.
 

,,Die Beendigung des Diebstahls setzt voraus, dass der Täter den Gewahrsam an den entwendeten Gegenständen bereits gefestigt und gesichert hat. Dies ist anhand der Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Verlässt der Täter den unmittelbaren Herrschaftsbereich des Opfers (hier: einen Supermarkt), befindet er sich aber noch in Sichtweite des ihn sofort verfolgenden Berechtigten und bleibt damit einem erhöhten Risiko ausgesetzt, die Beute infolge der Nacheile wieder herausgeben zu müssen, scheidet eine Beendigung selbst dann aus, wenn bis zur Konfrontation durch den Berechtigten mehrere Minuten vergehen.“ BGH 5 StR 395/14 – Urteil vom 8. Oktober 2014

 
Im Selbstbedienungsladen könnte eine Vollendung der Tat daran scheitern, dass ein Ladendetektiv die Ausführung der Tat beobachtet. Hier kommt es darauf an, ob der Ladendetektiv dem vermeintlichen Täter eine sogenannte Diebesfalle gestellt hatte. Wird also ein sehr werthaltiger, kleiner Gegenstand im Regal platziert und hofft der Ladendetektiv, dass jemand die Gunst der Stunde ausnutzt und den Gegenstand einsteckt, liegt ein tatbestandsausschließendes Einverständnis vor. Es fehlt mithin am Bruch im Rahmen der Definition der ,,Wegnahme“.
Der Diebstahl ist jedoch kein heimliches Delikt, weswegen grundsätzlich der beobachtete Diebstahl strafbar ist (BGH, StV 1985, 323), sofern dieser nicht auf einer präparierten Diebesfalle beruht. Es gibt dennoch Mindermeinungen, die einen Gewahrsamsbruch dann verneinen, sobald ein Hindernis in Form des Beobachtens vorliegt. Mit dieser Mindermeinung könnte man sich im ersten Examen noch in der gebotenen Kürze auseinandersetzen, in der Strafrechtsklausur für das zweite Examen wäre dies fatal.
Wie bereits dargelegt, erfordert die Bejahung einer Wegnahme neben dem Bruch fremden Gewahrsams auch zwingend die Begründung nicht notwendigerweise tätereigenen Gewahrsams. Daher kann eine Vollendung im Selbstbedienungsladen gegeben sein, sofern eine Gewahrsamsenklave entsteht. Dies bedeutet, während der vermeintliche Täter im Supermarkt steht und die Kassen und den Ausgangsbereich noch nicht passiert hat, können Dritte vom Gewahrsam ausgeschlossen sein. Nach sozialen Anschauungen haben Kunden eines Selbstbedienungsladens jedenfalls dann Alleingewahrsam, wenn sie die Kasse mitsamt Einkaufswagen passiert haben. Das Verstauen in der Hosentasche beispielsweise führt stets dazu, dass ein Dritter vom Gewahrsam ausgeschlossen wird. Nach der Verkehrsauffassung wird kein Fremder ungefragt in die Hosentasche eines anderen Menschen greifen.
Daher hat sich eine Faustformel entwickelt. Zusammenfassend besagt diese, dass eine Gewahrsamsenklave leichter zu begründen ist, desto kleiner die Sache ist.
 

“Namentlich bei Geldscheinen, Münzen und ähnlich handlichen Gegenständen wird regelmäßig schon ein Ergreifen und Festhalten als Wegnahmehandlung genügen. Bei anderen Sachen geringen Umfangs ist die Wegnahme in aller Regel jedenfalls dann vollzogen, wenn der Täter diese in seine Kleidung oder in eine mitgeführte Tasche steckt. Damit hat er nach der Verkehrsauffassung die Sachherrschaft des bisherigen Gewahrsamsinhabers aufgehoben und ein eigenes, dessen freie Verfügungsgewalt ausschließendes, tatsächliches Sachherrschaftsverhältnis hergestellt. Daran ändert auch eine etwaige Beobachtung nichts. Weder ist Diebstahl eine “heimliche” Tat, noch setzt die Vollziehung des Gewahrsamswechsels voraus, dass der Täter endgültigen und gesicherten Gewahrsam erlangt.” (BGH, Urt. v. 3.7.1986, Az. 4 StR 199/86 – Juris)

 
Diese Faustformel wird auch durch ganz aktuelle Urteile bestätigt. So ist ein Diebstahl noch nicht vollendet, wenn ein vermeintlicher Täter einen recht sperrigen Gegenstand noch vor Passieren des Kassenbereichs sichtbar durch den Supermarkt trägt. Dabei ist es gleichgültig, ob der Täter für sich schon entscheiden hat, die Sache zu stehlen. Dies führt dazu, dass der vermeintliche Täter nach wie vor die Möglichkeit hat, durch einen Rücktritt gemäß § 24 StGB die ,,goldene Brücke“ zur Straflosigkeit wahrzunehmen. Derjenige Täter, der kleine Sachen in die Hosentasche steckt, hat diese Möglichkeit aufgrund der Gewahrsamsenklave und der entstehenden Vollendung der Tat nicht mehr. Ungerecht ist diese Rechtsauffassung nicht. Wer Sachen für Dritte sichtbar im Einkaufswagen schiebt, hat in diesem Zeitpunkt nicht dieselbe kriminelle Energie freigesetzt als ein Täter, der kleine Sachen in der Hosen- oder Jackentasche verbirgt.
 

„Das sichtbare Wegtragen von Waren begründet innerhalb der Geschäftsräume noch keinen neuen Gewahrsam des Täters. Sofern er sich dabei noch innerhalb des durch Sicherungsmaßnahmen begrenzten Geschäftsbereichs aufhält, ist der Diebstahl daher nur versucht, nicht aber vollendet.“ (Leitsatz des Gerichts), KG Berlin, Beschluss vom 22.10.2018 – (2) 161 Ss 59/18 (12/18), BeckRS 2018, 31492

 
Nutzt der vermeintliche Täter dagegen mehrere – auch mitgebrachte – Einkaufstüten, um einen Teil der Sachen zu bezahlen und steckt er eine zu stehlende Sache ebenfalls in die Tüte, liegt in diesem Zeitpunkt noch keine Gewahrsamsenklave vor. Dies begründet das Gericht damit, dass eine Einkaufstüte etwas anderes als eine Jackentasche sei und es nicht unüblich sei, dass Kunden mitgebrachte Einkaufstüten dafür verwenden, temporär die Einkäufe zu verstauen. Insoweit muss auf eine objektive Sicht abgestellt werden und nicht auf die subjektive Sicht des Täters.

 

,,Das Wegtragen der umfangreicheren Beute in zwei Tüten begründete innerhalb der Gewahrsamssphäre des Ladeninhabers noch keine Gewahrsamsenklave.” (BGH, Beschl. v. 18.6.2013, Az. 2 StR 145/13)

2. Das Geschehen an der Kasse- Diebstahl, versuchter Diebstahl oder Betrug
Der Täter wird aller Voraussicht tunlichst vermeiden, dass der Kassierer den eingesteckten Gegenstand wahrnimmt und den Täter darauf anspricht oder gar den Ladendetektiv ruft. Daher stellt sich die Frage, ob es eine Vermögensverfügung darstellt, dass der Kassierer den vermeintlichen Täter durch den Kassenbereich passieren lässt, obgleich eine versteckte Sache nicht bezahlt wurde. Dies ist nach einhelliger Rechtsprechung abzulehnen, da der Kassierer gar keine Kenntnis von der versteckten Sache hat. Dann fehlt es bereits an der Situation einer Selbstschädigung, denn es wurde schon gar kein Irrtum durch den Täter hervorgerufen. Der Kassierer hatte sich von vornherein keine Gedanken über einen etwaigen versteckten Gegenstand gemacht, insoweit wurde keine Fehlvorstellung hervorgerufen. Dies ist jedoch Tatbestandsmerkmal gemäß § 263 StGB.
 

,,Wer in einem Selbstbedienungsladen eine Ware in seinem Einkaufswagen verbirgt und die Kasse ohne Bezahlung der versteckten Ware passiert, begeht regelmäßig – vollendeten oder versuchten – Diebstahl, nicht Betrug (im Anschluss an BGH, 13. April 1962, 1 StR 41/62, BGHSt 17, 205). (BGHSt)“

 
Für eine Versuchsstrafbarkeit bleibt insoweit nur Platz, sofern der Täter eine größere Sache vor dem Kassierer verbergen wollte und aufgrund der Sperrigkeit der Sache eine Gewahrsamsenklave noch nicht entstehen konnte. Ein Versuch kommt in aller Regel auch dann zum Tragen, wenn der Täter auf frischer Tat ertappt und spätestens beim Anstellen an der Kasse in das Detektivbüro beordert wird (LG Zwickau, NJW 2006, 166).
Der BGH macht in einem Beschluss (BGH Beschl. v. 26.7.1995 – 4 StR 234/95 (BGHSt 41, 198 ff.) deutlich, dass ein Betrug als Selbstschädigungsdelikt in einer solchen Situation nicht in Betracht kommt, da der Kassierer gerade kein generelles Verfügungsbewusstsein über den gesamten Einkaufswagen des Kunden und vermeintlichen Täters habe. Mit dieser Konstruktion hatte die Vorinstanz einen Betrug angenommen. Letztlich sollte auch in Examensklausuren der Auffassung des BGH gefolgt werden, da ein Kassierer nur über die Sachen verfügen kann, die er tatsächlich im Wagen oder auf dem Band wahrgenommen hat.
In der Zukunft wird es in Selbstbedienungsläden auch immer mehr Selbstbedienungskassen geben. Hierbei treten auch Problemfelder auf, die auf der Abgrenzung von Diebstahl und (Computer-) Betrug beruhen. Wer eine Zeitschrift selbst an der Kasse einscannt und vorher einen falschen Zahlencode auf das Heft geklebt hatte, begeht mit dem Entfernen des Heftes aus dem Kassenbereich einen vollendeten Diebstahl. Ein Computerbetrug nach § 263 a StGB wird abgelehnt, da das Scannen selbst noch keine Vermögensverfügung darstellt und letztlich nur Vorbereitungshandlung zum vollendeten Diebstahl sei. Eine Wegnahme erfolge, da eine hypothetische Einwilligung des Ladeninhabers in den Gewahrsamswechsel darauf basiert, dass nur ordnungsgemäß gescannte Hefte aus dem Kassenbereich entfernt werden (OLG Hamm, Beschluss v. 08.08.2013, 5 RVs 56/13).

22.07.2019/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2019-07-22 09:00:292019-07-22 09:00:29Kurzüberblick: Standardprobleme beim Diebstahl in Selbstbedienungsläden
Tom Stiebert

OLG Hamm: Zusammenstoß im Supermarkt – Verkehrsunfall analog?

Deliktsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht, Zivilrecht

Verkehrsunfälle sind in juristischen Klausuren ein Klassiker – nicht nur im zweiten sondern auch im Ersten Staatsexamen. Die etwas verworrene Prüfung der §§ 7 und 18 StVG und die komplizierte inzidente Prüfung des § 17 StVG sind wohl den meisten Juristen bekannt. Was aber, wenn ein Zusammenstoß in einem Supermarkt passiert? Die Pressemitteilung des OLG Hamm zu einem aktuellen Urteil (OLG Hamm v. 6.6.2016 – 6 U 203/15) spricht insofern von einer „Kundenkollision“.
I. Was war passiert?
Der Sachverhalt ist kurz zusammengefasst: Die Klägerin und die Beklagte suchten im April 2012 als Kundinnen einen Supermarkt auf. In einem Gang des Supermarktes machte die Beklagte beim Abbiegen von einem Haupt- in einen Seitengang einen Schritt rückwärts, ohne sich zuvor umzusehen. Nach ihren Angaben wollte sie eine ihr entgegen kommende Verkäuferin mit einer sog. Ameise nebst einer Palette vorbeilassen. Durch den Rückwärtsschritt kam es zum Zusammenstoß mit der Klägerin, die aus einem Seitengang kommend die Beklagte an der Seite ihres Rückens passieren wollte. Die Klägerin stürzte und zog sich den Bruch ihres Ellenbogens zu, der operativ versorgt werden musste. Die Klägerin begehrte nun Schadensersatz und ein angemessenes Schmerzensgeld.
II. Lösung des OLG
Das OLG sprach einen entsprechenden Anspruch zu, kürzte diesen aber wegen Mitverschulden um 50%. Dem lag folgende Würdigung zugrunde.
Da die Regelungen des StVG hier offensichtlich nicht greifen – ein Kraftfahrzeug liegt nicht vor – kann sich ein Anspruch allein aus § 823 Abs. 1 BGB ergeben.
Eine Handlung der Beklagten lag in Gestalt des Rückwärtsgehens vor.
Auch eine Rechtsgutsverletzung der Klägerin – gesundheitliche Schädigung – trat ein.
Die Handlung ist auch rechtswidrig und schuldhaft. Insbesondere war die Handlung auch nicht sozialadäquat. das OLG führt insofern aus:

Dabei habe die Beklagte schuldhaft gehandelt und sich nicht lediglich sozialadäquat verhalten. Wegen der in einem Supermarkt bestehenden Kollisionsgefahr mit anderen Kunden oder von diesen benutzten Einkaufswagen bewege sich ein verständiger Kunde im eigenen Interesse nicht rückwärts von einem Regal in den Gang zurück, ohne sich zuvor umzuschauen. Jedenfalls müsse ein Besucher, der sich rückwärts in die Verkaufsgänge zurückbewege, mit Hindernissen verschiedenster Art rechnen, weil diese dem Treiben im Supermarkt immanent seien. Auf diese habe sich der Kunde einzurichten, was die Beklagte versäumt habe, weil sie – ohne zuvor zurück zu sehen – zurückgegangen sei.

Auch eine haftungsbegründende Kausalität lag vor.
Ebenso ist ein Schaden vorliegend, für den auch die Rechtsgutsverletzung kausal ist (haftungsausfüllende Kausalität).
Somit steht der Klägerin ein Schadensersatzanspruch nach § 249 Abs. 1 BGB sowie ein Schmerzensgeldanspruch nach § 253 Abs. 2 BGB zu. Beide Ansprüche sind aber wegen Mitverschulden der Klägerin gemäß § 254 Abs. 1 BGB um 50% zu mindern, wobei zu beachten ist, dass im Rahmen des Schmerzensgeldes ein solches Mitverschulden bereits im Rahmen der Bemessung zu beachten ist (Palandt/Grüneberg, § 253 BGB, Rn. 20). Zur (Mit)verursachung durch die Klägerin führt das Gericht aus:

Die Klägerin treffe ein hälftiges Mitverschulden an dem Unfall, weil sie ebenso wie die Beklagte zu der Kollision beigetragen habe. Sie habe ihrerseits nicht auf die Bewegungen der sich in ihrer Nähe bewegenden Beklagten geachtet, als sie diese passiert habe. Hierdurch habe sie ebenso wie die Beklagte gegen die beschriebenen Sorgfaltspflichten eines Kunden beim Besuch eines Supermarkts verstoßen.

Damit war der Anspruch um 50% zu kürzen.
III. Fazit
Es zeigen sich daher auch hier deutliche Parallelen zum Autounfall. Auch hier ist die Problematik des Mitverschuldens von zentraler Bedeutung. Anders als dort ergibt sich ein Mitverschulden aber nicht aus der Betriebsgefahr selbst, sondern muss im Einzelfall deutlich werden. Allerdings wird auch hier offenkundig eine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme postuliert. Ein unbesonnenes Bewegen im Supermarkt soll nicht möglich sein. Vielmehr gilt es auch hier stets das Umfeld und den fließenden „Einkaufswagenverkehr“ im Blick zu behalten. Nur so können Haftungsrisiken ausgeschlossen werden.

23.08.2016/1 Kommentar/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2016-08-23 13:30:582016-08-23 13:30:58OLG Hamm: Zusammenstoß im Supermarkt – Verkehrsunfall analog?

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