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Tom Stiebert

BGH: Sieg für den 1. FC Köln – Zuschauer haftet ggü. Verein für Verbandsstrafe nach Knallkörperwurf

Deliktsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht

Für den 1. FC Köln könnte es aktuell nicht besser laufen: Nachdem sich der Verein auf Tabellenplatz 2 in der Fußballbundesliga einquartiert hat, gab es nun auch einen Sieg am Bundesgerichtshof (BGH v. 22.9.2016 – VII ZR 14/16). Dieser hatte zu entschieden, ob der Verein einen Zuschauer, der einen Knallkörper geworfen hat, für die entstehenden Kosten (insbes. Verbandsstrafe) in Regress nehmen kann. Der BGH bejahte dies im Gegensatz zum OLG Köln (und wie bereits in unserem Beitrag hierzu gefordert) nunmehr. Nicht nur Fußballfans sollte dies aufhorchen lassen: Der Fall behandelt absolut examensrelevante Bereiche des Schadensrechts und sollte daher auch außerhalb der Domstadt Beachtung finden.
I. Sachverhalt
(z.T. der PM des BGH entnommen)

Der 1. FC Köln verlangt von dem Beklagten Schadensersatz wegen des Zündens eines Knallkörpers bei einem Heimspiel im RheinEnergieStadion in der 2. Bundesliga gegen den SC Paderborn 07 am 9. Februar 2014. Ein „Fan“ zündete in der zweiten Halbzeit – entgegen den Vorgaben der Stadionordnung – einen Knallkörper, der aufgrund seiner Sprengenergie dem Sprengstoffgesetz unterfällt, und warf ihn vom Oberrang der Nordtribüne auf den Unterrang, wo er detonierte und sieben Zuschauer verletzte.

Wegen dieses Vorfalls und vier weiterer vorangegangener Vorfälle bei anderen Spielen der Lizenzspielermannschaft der Klägerin verhängte das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes e.V. (DFB) eine Verbandsstrafe gegen den Verein, u.a. bestehend aus einer Geldstrafe in Höhe von 50.000 € sowie der Bewährungsauflage, weitere 30.000 € für Projekte und Maßnahmen zu verwenden, die der Gewaltprävention sowie der Ermittlung von konkreten Tätern bei den Fußballspielen des Vereins dienen.

Der Verein bezahlte die Geldstrafe. und verlangt nun vom beklagten Fan Ersatz in Höhe von 30.000 €.

II. Lösung des Gerichts

Nachdem das LG Köln der Klage stattgegeben hat und das OLG Köln diese im Rahmen der Berufung abwies (hierzu auch unser ausführlicher Beitrag, der unbedingt zu empfehlen ist), sprach nun der BGH dem Verein einen entsprechenden Regressanspruch gegen den Werfer des Knallkörpers zu.
In Betracht kommt hier ein vertraglicher Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB iVm. mit dem Zuschauervertrag in betracht. Dessen Rechtsnatur kann hier dahingestellt bleiben, da jedenfalls ein solcher Vertrag und eine entsprechende Pflichtverletzung vorliegen. Diese ist auch ohne weiteres zu vertreten.

Dies gilt auch dann, wenn der Beklagte das Spiel mit einer Dauerkarte besuchte, die ihm lediglich für dieses Spiel von einem Bekannten zur Verfügung gestellt worden war, zumal die Klägerin die unentgeltliche Weitergabe von Dauerkarten für den Besuch einzelner Spiele grundsätzlich gestattet. Dann mag zwar die Hauptleistungspflicht des Zuschauers (Zahlung des Entgelts) in Person des Dauerkarteninhabers entstanden und durch diesen auch bereits erfüllt worden sein. Der Beklagte, der das Recht des Dauerkarteninhabers auf Besuch des konkreten Spieles in Anspruch genommen hat, ist jedoch für das betreffende Spiel in die weiteren Verhaltenspflichten aus dem Zuschauervertrag eingetreten.

Die Pflichtverletzung knüpft sowohl an einen Verstoß gg. die Stadionordnung als auch gegen sonstige Rücksichtnahmepflichten an.
Fraglich ist allein, ob ein kausaler Schaden eingetreten ist.
Ein Schaden ist zunächst jedenfalls in Höhe von 30.000 € eingetreten. Diesen ermittelt der Verein (rechnerisch richtig) wie folgt:

 Aus der verhängten Gesamtgeldstrafe in Höhe von 50.000,00 EUR und der Bewährungsauflage in Höhe von 30.000,00 EUR ergebe sich zunächst ein Gesamtschaden in Höhe von 80.000,00 EUR. Auf die Bewährungsauflage sei anzurechnen ein Betrag von 19.961,66 EUR, den die Klägerin bereits vor dem streitgegenständlichen Urteil für die Anschaffung eines Kamerasystems aufgewendet habe und den der DFB auf die Bewährungsauflage angerechnet habe. Hiernach ergebe sich ein verbleibender Schaden der Klägerin in Höhe von 60.038,34 EUR. Hiervon habe der Beklagte entsprechend seines Anteils am ursprünglichen Gesamtschaden 50 % (30.019,17 EUR) zu tragen, da die aufgrund seines Verhaltens vom DFB ausgeurteilte Einzelstrafe von 40.000,00 EUR die Hälfte des ursprünglichen Gesamtschadens von 80.000,00 EUR ausmache. Von dem so ermittelten Betrag von 30.019,17 EUR macht die Klägerin mit der vorliegenden Klage einen Teilbetrag von 30.000,00 EUR geltend.

Fraglich bleiben allein Kausalität und objektive Zurechnung.
Eine Kausalität im Sinne der conditio-sine-qua-non-Formel lag unproblematisch vor. Das OLG Köln lehnt aber die objektive Zurechung mangels Schutzzweckzusammenhangs ab.

Es fehlt jedoch an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang. Denn die Verhängung der Verbandsstrafe unterfällt nicht mehr dem Schutzzweck der vom Beklagten verletzten Pflichten.
Nach der Lehre vom Schutzzweck besteht eine Schadensersatzpflicht nur dann, wenn der geltend gemachte Schaden nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der verletzen Norm fällt (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 74. Aufl., 2015, vor § 249 Rn. 29 m.w.N.). Es muss sich um Nachteile handeln, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen oder die verletzte vertragliche oder vorvertragliche Pflicht übernommen worden ist. Der Nachteil muss zu der vom Schädiger geschaffenen Gefahrenlage in einem inneren Zusammenhang stehen; eine bloß zufällige äußere Verbindung genügt nicht. Der Schaden muss auch gerade durch die Pflichtwidrigkeit der Handlung verursacht worden sein.

Der OLG unterscheidet hier zwischen dem Verletzungsschaden und der Verbandsstrafe. Ersteres wäre zurechenbar, letzteres nicht.

Maßgeblich für das Verbot des Zündens von Knallkörpern im Stadion und hierdurch verursachter Spielstörungen ist die besondere Gefährlichkeit von Knallkörpern für die menschliche Gesundheit. Zuschauer, Organisationspersonal und Spieler sind durch die mit dem Feuer und der Explosion verbundenen Gefahren gleichermaßen bedroht (vgl. OLG Frankfurt, 3 U 140/10, Urteil vom 24.02.2011). Diese vom Beklagten geschaffene Gefahrenlage hat sich hinsichtlich des geltend gemachten Schadens jedoch nicht realisiert. Realisiert hat sich hierin vielmehr das durch die Unterwerfung der Klägerin unter die Regeln des DFB geschaffene Risiko, dass der Verein für sportliche Vergehen seiner Anhänger die Verantwortung zu übernehmen hat und dementsprechend im Rahmen des Verbandes mit Strafen belegt werden kann (§ 44 der Satzung des DFB, §§ 1 Abs. 4, 9a der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB). Diese Gefahr hat jedoch die Klägerin selbst durch ihre Mitgliedschaft im DFB begründet.

Anders nun der BGH. Er legt dar:

dass jeden Zuschauer die Verhaltenspflicht trifft, die Durchführung des Fußballspiels nicht zu stören. Verstößt er hiergegen durch das Zünden und den Wurf eines Knallkörpers, hat er für die daraus folgenden Schäden zu haften und sie zu ersetzen. Das gilt auch für eine dem Verein wegen des Vorfalls auferlegte Geldstrafe des DFB. Sie ist kein nur zufällig durch das Verhalten verursachter, hiermit nicht mehr in einem inneren Zusammenhang stehender Schaden. Vielmehr wird sie gerade wegen der Störung durch den Zuschauer verhängt. Auch die Regeln des Verbandes dienten wie die Pflichten des Zuschauervertrags der Verhinderung von Spielstörungen.

Der Schutzzusammenhang wird damit weiter gefasst als vom OLG. Auch wenn die genaue Begründung noch aussteht, zeigt sich hier eine weniger strenge Sichtweise als beim OLG. Entscheidend für den BGH ist der innere Zusammenhang des Wurfs zur Verbandsstrafe, sodass eine Zurechenbarkeit bejaht wird.
Ob der BGH ergänzend auch § 823 Abs. 1 und 2 BGB prüfte, ist der Pressemitteilung nicht zu entnehmen. Das OLG verneinte einen entsprechenden Anspruch.

Ein Anspruch folgt nicht aus § 823 Abs. 1 BGB. Das Vermögen ist nicht unmittelbar geschützt. Soweit die Klägerin einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb unterhält, fehlt es dem Zünden des Knallkörpers durch den Beklagten jedenfalls an der erforderlichen Betriebsbezogenheit. Hierzu müsste sich der Eingriff nach objektivem Maßstab spezifisch gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richten (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 74. Aufl., 2015, § 823 Rn. 135). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Auch eine Haftung des Beklagten gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 40 Abs. 1 Nr. 3 SprengG kommt nicht in Betracht. Das SprengG umfasst nicht den Schutz des Vereins vor Verbandsstrafen des DFB. Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist eine Rechtsnorm, die nach Zweck und Inhalt zumindest auch dazu dienen soll, den einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsgutes zu schützen.

Jedenfalls bei § 823 Abs. 2 BGB ließe sich bei Übertragung der obigen Wertung Abweichendes vertreten.
Zuletzt wäre noch § 826 BGB zu prüfen.

Schließlich ist auch eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Klägerin durch den Beklagten im Sinne des § 826 BGB zu verneinen. Es fehlt an einem Schädigungsvorsatz des Beklagten. Hierzu gehört, dass der Schädiger spätestens im Zeitpunkt des Schadenseintritts Art und Richtung des Schadens und die Schadensfolgen vorausgesehen und die Schädigung im Sinne eines direkten Vorsatzes gewollt oder im Sinne eines bedingten Vorsatzes zur Erreichung seines Ziels billigend in Kauf genommen hat.

III. Examensrelevanz
Die Examensrelevanz ergibt sich fast schon von selbst: Fußball ist ein beliebter Bereich (auch bei Prüfern), die Normen gehören zum Standardrepertoire und OLG und BGH divergieren in ihren Entscheidungen. Ferner fordert der Fall eine eigenständige Argumentation. Um diesen Fall sollte keinesfalls ein Bogen gemacht werden. Das Schadensrecht darf in der Klausur keinesfalls unterschätzt werden. Ansonsten drohen 3 Punkte: Im Fußball mag das optimal sein, im Examen gilt es dies aber auf jeden Fall zu vermeiden.

22.09.2016/2 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2016-09-22 15:43:262016-09-22 15:43:26BGH: Sieg für den 1. FC Köln – Zuschauer haftet ggü. Verein für Verbandsstrafe nach Knallkörperwurf
Dr. Christoph Werkmeister

Rezension: Ziegler, Das Strafurteil, 4. Auflage 2012

Rezensionen, Verschiedenes

Ziegler, Das Strafurteil, 4. Auflage 2012, ISBN 978-3-8006-4275-5, Preis: 24,90 EUR
In NRW haben Kandidaten für das zweite Staatsexamen in einer der zwei Strafrechtsklausuren mit einer staatsanwaltlichen Aufgabenstellung zu rechnen. Die zweite Klausur in NRW ist in etwa 70 bis 80% der Fälle eine Revisionsklausur, bei der im Rahmen eines Gutachtens die Erfolgsaussichten des einzulegenden Rechtsmittels zu erörtern sind. Gleichwohl besteht in Ausnahmefällen die Chance, dass anstelle einer Revisionsbegutachtung ein Strafurteil anzufertigen ist. Das Werk von Ziegler dient der Vorbereitung auf diese Prüfungsform.
Inhalt
Der zu den Grundsätzen des Strafurteils einleitende Abschnitt zum Rubrum begrenzt sich von Beginn an pointiert auf die notwendigen Formulierungen und die zu beachtenden praktischen Vorgaben, wobei exotische (bzw. weniger examensrelevante) Konstellationen meist nur in einem Satz behandelt werden. Der später folgende Abschnitt zur Beweiswürdigung bietet – angesichts der kaum vorhanden rechtlichen Vorgaben – dagegen weniger inhaltlichen Umfang. Im Gegenzug wird dem Prüfling dafür eine ganze Reihe von Beispielsformulierungen an die Hand gegeben, um vor Augen geführt zu bekommen, wie eine saubere Beweiswürdigung auszusehen hat.
Besondere Beachtung findet im Übrigen der (im Verhältnis am ausführlichsten behandelte) Abschnitt zur Strafzumessung. Die hier dargestellten – im Vergleich zu den meisten Revisionslehrbüchern durchaus vertieften – Grundsätze sind nicht nur für das Abfassen eines Strafurteils relevant. Viele der in diesem Abschnitt dargestellten Konstellationen können genauso Eingang in eine Revisionsklausur finden. Allgemein Bekanntes wie etwa die nachträgliche Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB wird hier m.E. besonders anschaulich dargestellt, so dass die Lektüre auch dann nicht schadet, wenn im Examen nun doch eine Revision Gegenstand der zweiten Strafrechtsklausur war. Positiv hervorzuheben sind in diesem Kontext überdies die verständlichen Ausführungen zur Strafmilderung bei verminderter Schuldfähigkeit, zur Strafmilderung nach der Kronzeugenregelung des § 46b StGB oder zum Härteausgleich.
Das Werk schließt mit denkbar knappen Ausführungen zum Strafurteil in Jungendsachen, zum Strafbefehl und zum Berufungsurteil. Zumindest die Lektüre des erstgenannten Abschnitts ist insofern lesenswert, da so in einem knappen Crashkurs die wichtigsten – und damit auch examensrelevanten – Besonderheiten des Jugendstrafrechts überflogen werden können.
Fazit
Das Werk präsentiert in übersichtlicher Art und Weise die für das Examen notwendigen Kenntnisse, um ein Strafurteil anzufertigen. Die Erörterungen sind knapp und schweifen nicht vom Wesentlichen ab. Das hier rezensierte Werk kann mit seinen 145 Seiten deshalb durchaus an einem Tag durchgearbeitet werden. Länger hätte ein Werk zur Erläuterung der klausurrelevanten Grundzüge des Strafurteils m.E. aber auch auf gar keinen Fall sein dürfen. Weitergehende Ausführungen würden der Examensrealität und der (statistisch) geringeren Bedeutung des Strafurteils zuwider laufen. Angesichts der geringeren Examensrelevanz erscheint es ausreichend, aber auch angemessen, das Werk ca. zweimal durchzuarbeiten. Ob man das Werk für diesen begrenzten Einsatzbereich für 24,90 EUR kauft oder stattdessen an einem Nachmittag in der Bibliothek durcharbeitet, bleibt dabei natürlich jedem selbst überlassen.

07.09.2012/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2012-09-07 16:39:172012-09-07 16:39:17Rezension: Ziegler, Das Strafurteil, 4. Auflage 2012
Dr. Stephan Pötters

EGMR vs. BVerfG: Ist die nachträgliche Sicherungsverwahrung zulässig?

Europarecht, Öffentliches Recht, Strafrecht, Verfassungsrecht

Nachträgliche Sicherungsverwahrung menschenrechtswidrig?
Nach einem aktuellen Urteil des EGMR (Urteil vom 17.12.2009, Az.: 19359/04) hat Deutschland mit der Regelung zur   Sicherungsverwahrung gegen die EMRK verstoßen. § 67d StGB erlaubt auch nach der Verbüßung einer „lebenslangen“ Strafe die Sicherungsverwahrung eines gefährlichen Täters.
Freiheitsgarantie und Rückwirkungsverbot verletzt?
Die BRD habe nach Ansicht der Strasbourger Richter mit der rückwirkenden Anwendung des § 67d Abs. 3 StGB in seiner Fassung nach Streichung der zeitlichen Begrenzung der Sicherungsverwahrung die EMRK verletzt. Die nachträgliche Verlängerung der Sicherungsverwahrung verstoße gegen das Recht auf Freiheit in Art. 5 EMRK und das Rückwirkungsverbot in Art. 7 EMRK. Der Gerichtshof sprach dem Beschwerdeführer deshalb eine Entschädigung von 50.000 Euro zu.
Interessant an dieser Entscheidung ist vor allem, dass diese Regelung bereits Gegenstand einer Entscheidung des BVerfG war, und die Karlsruher Richter genau zu gegenteiligen Ergebnissen gekommen waren. Nach Ansicht des BVerfG sei das Rückwirkungsverbot (Art. 103 GG) auf die Sicherungsverwahrung nicht anwendbar. Hier sei die grundlegende Unterscheidung zwischen Strafen und Maßregeln der Besserung und Sicherung nach dem StGB zu beachten. Das absolute Rückwirkungsverbot für Strafen nach Art. 103 Abs. 2 GG sei auf Maßregeln der Besserung und Sicherung wie die Sicherungsverwahrung gerade nicht anwendbar.
Ganz anders der EGMR: Art. 5 § 1 EMRK sei verletzt, weil es hinsichtlich der Verlängerung der Sicherungsverwahrung keinen ausreichenden Kausalzusammenhang zwischen der Verurteilung des Beschwerdeführers und seinem fortdauernden Freiheitsentzug gegeben habe.
Strafe oder nur Maßregel?
Weiter kritisierte der EGMR, dass die Verlängerung der Sicherungsverwahrung eine nachträglich auferlegte zusätzliche Strafe darstellt und deshalb gegen das Rückwirkungsverbot verstoße. Der EGMR argumentiert, dass die Sicherungsverwahrung einer Strafe sehr wohl ähnlich sei und daher die formale Trennung zwischen Strafvollzug und Maßregelvollzug nicht maßgebend sei. Die Sicherungsverwahrung bedeute genau wie eine gewöhnliche Haftstrafe einen Freiheitsentzug. In der Praxis seien Häftlinge in der Sicherungsverwahrung in gewöhnlichen Gefängnissen untergebracht. Zwar würden ihnen Verbesserungen bei den Haftbedingungen eingeräumt, was jedoch nichts an der grundlegenden Ähnlichkeit zwischen dem Vollzug einer normalen Haftstrafe und einer Unterbringung in der Sicherungsverwahrung ändere. Auch gebe es keine ausreichende psychologische Betreuung speziell für die Bedürfnisse von Häftlingen in der Sicherungsverwahrung.
Fazit und Ausblick

Diese zwei divergierenden Entscheidungen sind vor allem für die mündliche Prüfung wichtig, denn hier wird häufig ein Ausflug in den AT des StGB zu eher unbekannten Vorschriften gewagt. Zudem sollte die prinzipielle Trennung von Strafen und Maßregeln der Besserung und Sicherung bekannt sein. Die Bundesregierung hat übrigens angekündigt, dass sie vorerst keine Konsequenzen aus der Entscheidung des EGMR ziehen will, sondern noch die Große Kammer des EGMR anrufen möchte (Art. 43 EMRK). Gleichwohl lohnt sich die Überlegung, was bei einem EGMR-Verstoß auf nationaler Ebene zu tun wäre. Zum einen könnte § 67d StGB völkerrechtskonform ausgelegt werden und zumindest die Rückwirkung ausgeschlossen werden. Eine wichtige Entscheidung des BGH zur „Umsetzung“ von EGMR-Entscheidungen betraf die Frage eines Verstoßes gegen die EMRK durch eine überlange Verfahrensdauer. Dies hat der BGH bei der Strafzumessung berücksichtigt. Ein solcher Weg scheint jedoch im vorliegenden Fall zum Schutz der Bevölkerung nicht gangbar.
Wichtige nachträgl. Anm.: Der obige Beitrag erschien vor der Entscheidung des BVerfG vom 4.5.2011 (2 BvR 2365/09 u.a., BVerfGE 128, 326). In diesem Urteil gab das BVerfG seine bisherige Rechtsprechung auf und schloss sich der Ansicht des EGMR an (vgl. hierzu hier). Entscheidungen des EGMR, die neue Aspekte für die Auslegung des Grundgesetzes enthalten, stehen nach Ansicht des BVerfG rechtserheblichen Änderungen gleich, die zu einer Überwindung der Rechtskraft einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts führen können.

22.01.2010/2 Kommentare/von Dr. Stephan Pötters
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Stephan Pötters https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Stephan Pötters2010-01-22 14:37:302010-01-22 14:37:30EGMR vs. BVerfG: Ist die nachträgliche Sicherungsverwahrung zulässig?

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