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Schlagwortarchiv für: Staatsvertrag

Dr. Lena Bleckmann

BVerfG: Erhöhung des Rundfunkbeitrags nach erfolgreicher Verfassungsbeschwerde

Examensvorbereitung, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht

Vergangene Woche hat das Bundesverfassungsgericht seine lange erwartete Entscheidung zur Erhöhung des Rundfunkbeitrags veröffentlicht. Der Beitrag steigt rückwirkend ab dem 20.7.2021 (dem Tag des Beschlusses) um 86 Cent an. Dies ist das Ergebnis einer von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten angestrengten Verfassungsbeschwerde, nachdem die geplante Erhöhung zum 1.1.2021 ausgeblieben war.
 
Worum geht es?
Seit 2013 werden die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten unter anderem durch den Rundfunkbeitrag finanziert, der bis zur genannten Entscheidung des BVerfG 17,50€ pro Haushalt betrug. Das Verfahren zur Festsetzung sowie die Höhe des Rundfunkbeitrages sind im Medienstaatsvertrag festgelegt. Zum 1. Januar 2021 sollte der Beitrag um 86 Cent erhöht werden, was im Ersten Medienänderungsstaatsvertrags vorgesehen ist. 15 der 16 deutschen Bundesländer stimmten dieser Erhöhung bis Ende 2020 zu, lediglich das Land Sachsen-Anhalt verweigerte die Zustimmung. Dies verhinderte das Inkrafttreten des Vertrages und damit die Erhöhung des Rundfunkbeitrags. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sahen sich hierdurch in ihrer Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG verletzt und erhoben Verfassungsbeschwerde, der das BVerfG nun stattgab.
 
Das Wichtigste im Überblick
Im Rundfunk existiert derzeit ein Nebeneinander von öffentlich-rechtlichen und privatwirtschaftlichen Anbietern, wobei die letzteren weniger strengen Anforderungen unterliegen als die erstgenannten. Nach den Ausführungen des BVerfG kommt dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine besondere Rolle zu:

„Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk kommt im Rahmen der dualen Rundfunkordnung, das heißt im Nebeneinander von öffentlich-rechtlichem und privatwirtschaftlichem Rundfunk, die Erfüllung des klassischen Funktionsauftrags der Rundfunkberichterstattung zu. Er hat die Aufgabe, als Gegengewicht zu den privaten Rundfunkanbietern ein Leistungsangebot hervorzubringen, das einer anderen Entscheidungsrationalität als der der ökonomischen Anreize folgt und damit eigene Möglichkeiten der Programmgestaltung eröffnet. Er hat so zu inhaltlicher Vielfalt beizutragen, wie sie allein über den freien Markt nicht gewährleistet werden kann“ (BVerfG, Beschl. v. 20.7.2021, 1 BvR 2756/20 u.a., Rn. 78).

Diese Bedeutung sieht das BVerfG durch die modernen Formen der Kommunikation, insbesondere das Internet, nicht geschmälert, sondern gestärkt. Es weist auf die Schwierigkeit der Unterscheidung zwischen Fakten und Meinung sowie Unsicherheiten hinsichtlich der Glaubwürdigkeit von Quellen im Internet hin. Hierdurch wachse die Bedeutung der Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks „durch authentische, sorgfältig recherchierte Informationen, die Fakten und Meinungen auseinanderhalten, die Wirklichkeit nicht verzerrt darzustellen und das Sensationelle nicht in den Vordergrund zu rücken, vielmehr ein vielfaltsicherndes und Orientierungshilfe bietendes Gegengewicht zu bilden“ (Rn. 81 der Entscheidung).
Zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit gehört die Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, insbesondere auch einer bedarfsgerechten Finanzierung. Das BVerfG leitet daher aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG einen grundrechtlichen Finanzierungsanspruch der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten her, dessen Erfüllung der „Ländergesamtheit als föderaler Verantwortungsgemeinschaft“ obliegt (Rn. 75 der Entscheidung).  

Zur Erinnerung: In einer Klausur müsste man sich mit der Grundrechtsfähigkeit der Rundfunkanstalten auseinandersetzen. Bei den Anstalten handelt es sich um juristische Personen des öffentlichen Rechts. Für juristische Personen gelten die Grundrechte nach Maßgabe des Art. 19 Abs. 3 GG, soweit sie dem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Dem Wesen nach sind Grundrechte auf juristische Personen des öffentlichen Rechts grundsätzlich nicht anwendbar. Es gilt das Konfusionsargument – wer grundrechtsgebunden ist, kann nicht zugleich grundrechtsverpflichtet sein. Hiervon gibt es wohlgemerkt Ausnahmen, insbesondere die sog. Ausnahmetrias von Kirchen, Universitäten und Rundfunkanstalten. Letztere können sich auf die Rundfunkfreiheit berufen. Zu verorten ist das Problem bei der Beschwerdefähigkeit oder (bei materieller Fallfrage) beim persönlichen Schutzbereich.

Die Konstruktion dieser föderalen Verantwortungsgemeinschaft ist der Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen geschuldet: Diejenige für die Rundfunkfinanzierung liegt bei den Ländern. Da der öffentlich-rechtliche Rundfunk aber deutschlandweit organisiert ist, ist auch eine länderübergreifende Regelung der Finanzierung geboten. (Rn. 68 der Entscheidung)
Die erforderliche Koordinierung kann in derartigen Fällen durch den Abschluss eines intraföderalen Staatsvertrages, d.h. eines Vertrages zwischen den Bundesländern erfolgen. Der Staatsvertrag ersetzt in einem solchen Fall nicht das Landesrecht, verpflichtet die Länder als Vertragsparteien aber dazu, die entsprechenden Regelungen in Landesrecht überzuleiten (vgl. insgesamt Bortnikov, JuS 2017, 27). Dies erfolgt durch den Erlass von Zustimmungsgesetzen auf Landesebene. Vertragsparteien des Medienstaatsvertrags sind alle 16 Bundesländer. Seine Änderung bedarf wiederum der Zustimmung aller. Das BVerfG macht in seiner Entscheidung darauf aufmerksam, dass diese Art der Regelung durch Staatsvertrag mit Erfordernis der Einstimmigkeit nicht der einzige Weg ist, die Rundfunkfinanzierung zu organisieren (s. Rn. 99 der Entscheidung) – da es aber die aktuell gewählte ist, bleibt es bei dem Zustimmungserfordernis aller Länder und der genannten Verantwortungsgemeinschaft für die Gewährleistung der ausreichenden Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Die Verfassungsbeschwerden richten sich nun gegen die unterlassene Zustimmung des Landes Sachsen-Anhalt. Hier tritt ein weiteres, in einer Klausur nicht zu vernachlässigendes Problem auf: Kann ein Unterlassen Beschwerdegegenstand einer Verfassungsbeschwerde sein? Das BVerfG bejaht dies mit ausführlicher Begründung.

„Ein Unterlassen der öffentlichen Gewalt kann Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde sein (vgl. §§ 92, 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Voraussetzung ist hierfür, dass sich eine entsprechende Handlungspflicht aus dem Grundgesetz herleiten lässt (vgl. BVerfGE 6, 257 <264>; 23, 242 <249>; 56, 54 <70 f.>; 129, 124 <176>; 139, 321 <346 Rn. 82>). Eine solche Handlungspflicht ergibt sich hier aus der Rundfunkfreiheit im gegenwärtigen System auch für jedes einzelne Land. Für die funktionsgerechte Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als Ausprägung der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG besteht eine staatliche Gewährleistungspflicht (vgl. BVerfGE 90, 60 <91>; 119, 181 <224>), mit der ein grundrechtlicher Finanzierungsanspruch der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten korrespondiert.“ (Rn. 66 der Entscheidung)

Betont wird weiterhin, dass die gemeinschaftliche Verantwortung der Länder nichts an der Handlungspflicht des einzelnen Landes ändere. Ob diese Handlungspflicht und mit ihr die Gewährleistung des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG nun durch die Verweigerung der Zustimmung des Landes Sachsen-Anhalt verletzt wurde, hängt davon ab, ob die Zustimmung berechtigterweise verweigert wurde. Um dies zu beantworten ist ein Blick auf das Verfahren der Festsetzung des Rundfunkbeitrags erforderlich.
Dieses ist von der allgemeinen Rundfunkgesetzgebung strikt getrennt. Hierdurch soll einer Einflussnahme auf das Programm der Rundfunkanstalten vorgebeugt werden. Dessen Gestaltung obliegt den Rundfunkanstalten im Rahmen ihrer Programmfreiheit (Rn. 85 ff. der Entscheidung). Prozessual ist dieser Trennungsgrundsatz durch ein dreistufiges Verfahren abgesichert: Zunächst melden die Rundfunkanstalten Finanzbedarf an (1. Stufe). Dieser wird durch die Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) überprüft (2. Stufe). Der Beitragsvorschlag, den die KEF im Anschluss an ihre Prüfung macht, ist sodann Grundlage für die Entscheidung der Länder (3. Stufe), die im Staatsvertrag festgehalten wird. Nach der Empfehlung der KEF sollte der Rundfunkbeitrag ab Januar 2021 um 86 Cent erhöht werden.
An die Empfehlung der KEF sind die Länder nicht schlechterdings gebunden. Gemeinsam und mit guten Gründen können sie hiervon abweichen (vgl. Rn. 97 der Entscheidung). Diese Abweichungsmöglichkeit ist schon aufgrund des Demokratieprinzips geboten, ihre Grenzen dürfen im Lichte des Grundrechtsschutzes, den das beschrieben Verfahren gewährleisten soll, jedoch nicht zu weit gezogen werden.

„Der fachlich ermittelte Finanzbedarf muss dabei zwar die Grundlage für die Festsetzung der Beitragshöhe sein. Die Möglichkeit gehaltvoller politischer Verantwortungsübernahme setzt indessen die oben beschriebene Befugnis der Abweichung vom Vorschlag der KEF voraus. Bei der Bestimmung der Reichweite dieser Abweichungsbefugnis muss dem Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1, Abs. 2 GG) Rechnung getragen werden, ohne dass der prozedurale Grundrechtsschutz leerlaufen darf (vgl. BVerfGE 119, 181 <225 f.>). Erforderlich bleibt daher im gegenwärtigen System, der Bedarfsfeststellung durch die KEF maßgebliches Gewicht beizumessen, das über eine bloße Entscheidungshilfe hinausreicht.“ (Rn. 100 der Entscheidung)

Eine deutliche Absage erteilt das BVerfG jedoch Alleingängen der Länder. Im gegenwärtigen System genüge es nicht, wenn ein einzelnes Land die Erhöhung des Rundfunkbeitrags ablehne (Rn. 101 der Entscheidung). Will ein Land von der Empfehlung der KEF abweichen, sei es die Sache dieses Landes, das Einvernehmen aller Länder herbeizuführen (Rn. 108 der Entscheidung). Schon die Verweigerung der Zustimmung des Landes Sachsen-Anhalt an sich stellt demnach eine Verletzung des Gewährleistungsgehalts des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG dar. Darüber hinaus fehle es auch an einer tragfähigen Begründung für die geforderte Abweichung von der KEF-Empfehlung (Rn. 110 der Entscheidung). Hierauf kommt es indes nicht mehr entscheidend an – selbst wenn ein hinreichender Abweichungsgrund bestanden hätte, wäre das Einvernehmen aller Länder herbeizuführen gewesen.
Die Verfassungsbeschwerde der Rundfunkanstalten ist damit begründet – durch die infolge der fehlenden Zustimmung ausgeblieben Erhöhung des Rundfunkbeitrags wurde ihr grundrechtlicher Finanzierungsanspruch nicht erfüllt und ihre Rundfunkfreiheit verletzt. Hier bleibt das BVerfG jedoch nicht stehen: Auf Grundlage des § 35 BVerfGG nimmt es zur Vermeidung weiterer Beeinträchtigungen des Rundfunkfreiheit eine vorläufige Regelung vor und setzt die Regelung des Art. 1 des Ersten Medienänderungsstaatsvertrags, der die Beitragserhöhung vorsieht, übergangsweise in Kraft. Von einer rückwirkenden Änderung ab dem 1.1.2021 sah es ab, die Erhöhung gilt ab dem 20.7.2021, dem Tag der Entscheidung.
 
Ausblick
Die Entscheidung hat große mediale Aufmerksamkeit erfahren und wird kurz- oder langfristig sicherlich ihren Weg in Klausuren und mündliche Prüfungen finden. Neben klassischen Problemen wie dem der Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts sowie dem Unterlassen als Beschwerdegegenstand der Verfassungsbeschwerde ist die Prüfung auch mit anspruchsvolleren Fragen wie der Herleitung des Finanzierungsanspruchs aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG und dem Umgang mit dem Konstrukt des Staatsvertrags verbunden. Die vorläufige Regelung nach § 35 BVerfGG kann insbesondere in mündlichen Prüfungen angesprochen werden. In der Prüfung dürfte es hilfreich – wenn natürlich auch nicht unverzichtbar – sein, das Argumentationsmuster des BVerfG zu kennen, um auf dieser Grundlage zu einer eigenen Lösung zu gelangen.

 

09.08.2021/1 Kommentar/von Dr. Lena Bleckmann
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Lena Bleckmann https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Lena Bleckmann2021-08-09 08:00:492021-08-09 08:00:49BVerfG: Erhöhung des Rundfunkbeitrags nach erfolgreicher Verfassungsbeschwerde
Dr. Johannes Traut

Bimmelbingo – BVerwG und zivilrechtliche Weiterungen

Bereicherungsrecht, Deliktsrecht, Öffentliches Recht, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Verwaltungsrecht, Völkerrrecht, Zivilrecht

Gestern hat sich das BVerwG mit einem medienwirksamen und sowohl zivil- also auch öffentlich-rechtlich interessanten Fall beschäftigt. Als Teil der Show „TV Total“ wurden Beiträge mit so genanntem „Bimmelbingo“ ausgestrahlt. Das Gericht beschrieb das (in der Pressemitteilung, die auch den übrigen Ausführungen zu Grunde liegt) „Spiel“ so:

 „Ein Kamerateam [klingelte] unangekündigt nachts an Wohnungstüren, um deren Bewohner zu wecken und sie dadurch zur Mitwirkung an der Sendung zu bewegen, dass ihnen für drastisch ihre Verärgerung ausdrückende „Begrüßungssätze“ ein Geldgewinn in Aussicht gestellt wurde. Hierbei wurden regelmäßig zunächst das Klingelschild mit dem Familiennamen und später die mit Namen angesprochenen Bewohner in Schlafbekleidung gezeigt. In zwei Sendebeiträgen war durch sofortiges Zuschlagen der Haustür, Herunterlassen von Jalousien oder Drohung mit der Polizei deutlich erkennbar, dass kein Einverständnis mit dem Wecken und den Filmaufnahmen bestand.“

Dieser Sachverhalt lässt sich sowohl öffentlich-rechtlich als auch zivilrechtlich werten.
I. Öffentlich-rechtlich: Medienaufsicht
Zunächst wird hier der öffentlich-rechtliche Aspekt, mit dem sich das BVerwG zu befassen hatte, beleuchtet.
1. Beanstandung nach § 58 Medienstaatsvertrag
Die Landesmedienanstalt war der Ansicht, die Ausstrahlung, jedenfalls der Beiträge, in denen klar erkennbar war, dass die Gefilmten mit den Aufnahmen nicht einverstanden waren, sei rechtswidrig gewesen. Sie hätten das „allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen und ihr Recht am eigenen Bild verletzt [..] sowie das Wachklingeln und die Störung der Nachtruhe [seien] geeignet gewesen, die körperliche Unversehrtheit sowie das Wohlbefinden der Betroffenen bis hin zur Zufügung erheblicher Schäden zu beeinträchtigen“.
Jedenfalls der erste Aspekt – die Verletzung des Persönlichkeitsrechts bzw. des Rechts am eigenen Bild als Spezialfall desselben – ist M.E. evident zutreffend. Das Recht am eigenen Bild umfasst insbesondere die Befugnis zu bestimmen, ob man überhaupt abgebildet wird. Begibt man sich nicht selbst in die Öffentlichkeit oder hat sonst keinen Anlass gesetzt, so kann die Ausstrahlung des Bildes ohne Einwilligung des Betroffenden nicht rechtmäßig sein.
Ob freilich die Störung der Nachtruhe die körperliche Unversehrheit verletzt, mag dahinstehen. Ich halte das wiederum bei einer einmaligen Aktion für eher fernliegend. Der BGH nimmt jedenfalls für § 823 Abs. 1 BGB – dazu noch später – eine Bagatellschwelle an (vgl. BGH NJW 1953, 1440; vgl. BVerwGE 46, 1). Man muss insofern zwischen der ärgerlichen Störung und einer gesundheitlichen Beeinträchtigung klar unterscheiden. Die Störung der Nachruhe stellt M.E. eher einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar, da so die selbstbestimmte Lebensführung – wann man schläft oder wacht – gestört ist, als dass gesundheitliche Konsequenzen drohen. Im Ergebnis reicht freilich jedenfalls die Verletzung des Rechts am eigenen Bild aus, um das Handeln des TV-Senders rechtswidrig zu machen.
Damit war die Beanstandung nach § 58 Abs. 1 des Medienstaatsvertrages Berlin Brandenburg (MStV) rechtmäßig. Dieser erlaubt die Beanstandung – d.h. die Anordnung den Rechtsverstoß zu beheben und künftig zu unterlassen – von Sendungen, die gegen die Pflichten des Senders aus dem MStV verstoßen. Er verweist damit insbesondere auf § 46 des MStV, der wiederum auf § 41 des Rundfunkstaatsvertrages verweist, in dessen Abs. 1 die Bindung der Sendeanstalten bei der Programmgestaltung an die „verfassungsmäßige Ordnung“ festgeschrieben wird.
Das alles war vor dem BVerwG nicht streitig. Die Betreiberin von ProSieben hatte nicht gegen die Beanstandung als solche geklagt, sondern nur gegen die infolge der Beanstandung ausgesprochene Abschöpfung der damit verbundenen Einnahmen.
2. Rechtsfolge: Abschöpfung des Gewinns
Nach § 58 Abs. 3 MStV können im Fall der Beanstandung einer Sendung die „erzielten Entgelte“ abgeschöpft werden:

 (3) Dem Veranstalter kann aufgegeben werden, die durch Werbung im Zusammenhang mit der beanstandeten Sendung erzielten Entgelte an die Medienanstalt abzuführen. Der Veranstalter hat der Medienanstalt die hierfür erforderlichen Angaben zu machen.

Diese Norm wurde mit dem Argument angegriffen, sie enthalte eine Strafvorschrift, für welche die Länder Berlin und Brandenburg keine Gesetzgebungskompetenz hätten, weil der Bund seine konkurrierende Zuständigkeit erschöpfend genutzt hätte (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG).

Das BVerwG verwies darauf, dass die Norm keine Strafvorschrift sei. Anders als der Verfall nach dem StGB (§§ 73ff) betreffe sie nicht ausschließlich die Folgen einer Straftat, sondern allgemein die Folgen rechtswidrigen Verhaltens, das sich auch aus anderen Normen ergeben könne. Sie sei daher eine „Maßnahme der Medienaufsicht, durch die nicht strafrechtliches Unrecht sanktioniert, sondern die Einhaltung der rundfunkrechtlichen Bindungen, denen die privaten Rundfunkveranstalter unterliegen, effektiv sichergestellt werden soll.“

Soweit daneben ein Verfall nach strafrechtlichen Grundsätzen in Betracht komme, könne die Anstalt darauf achten, dass keine doppelte Inanspruchnahme drohe. Deshalb sei die Regelung auch verhältnismäßig. Dass sie für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten nicht gelte, stelle keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dar, da für diese gänzlich andere Regeln und Aufsichtsmechanismen existierten.
II. Zivilrechtlich: Entschädigung und Gewinnabschöpfung ?
Gänzlich unbeleuchtet gelassen hat das BVerwG naturgemäß die – vielleicht noch interessantere – zivilrechtliche Perspektive.
1. Entschädigung nach § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG
Zivilrechtlich erfüllt die Verletzung des Rechts am eigenen Bild den Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB. Diese Norm schützt auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht, darunter das Recht am eigenen Bild als besondere Ausprägung, wobei die Verletzung dieses Rechts jedenfalls fahrlässig erfolgte.
Damit sind Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 1 BGB dem Grunde nach gegeben. Weil es sich um die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt, kann dafür eine Entschädigung in Geld gefordert werden – wohl nicht gem. § 253 Abs. 2 BGB analog als Schmerzensgeld, sondern „direkt“ auf Grundlage der Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG als „Entschädigungsanspruch“ (vgl. BGHZ 128, 1, 15 = NJW 1995, 861 – Caroline von Monaco I; BGH NJW 1996, 984, 985 – Caroline von Monaco II; NJW 1996, 985, 987; NJW 2005, 58, 59; ausführlicher bei Stiebert, Zivilrechtliche Analyse des Gäfgen Urteils (LG Frankfurt v. 4.8.2011 – 2-04 O 521/05)).
Die Entschädigung, die hierfür gefordert werden kann, muss nach der Rspr. des BGH „fühlbar“ sein. Sie muss nicht nur den Gewinn, der aus der Persönlichkeitsverletzung erlangt wurde, schmälern, sondern auch der Höhe nach ein Gegenstück dazu bilden, dass hier das Persönlichkeitsrecht zum Zwecke der Gewinnerzielung verletzt worden ist. Nur so kann eine ausreichende Präventionswirkung erreicht werden. Es geht insofern zwar nicht um Gewinnabschöpfung, wohl ist aber die Höhe des Gewinns als Bemessungsfaktor in die Entschädigungshöhe einzubeziehen (BGH NJW 1996, 984 – Caroline von Monaco I).
2. Gewinnabschöpfung nach § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 2 BGB
Noch interessanter ist aber eine mögliche Eingriffskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 2 BGB, weil sie eine echte Gewinnabschöpfung zulässt. Die Ausstrahlung von Bildern der unfreiwillig Gefilmten lässt sich durchaus als Eingriff in den Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Bild begreifen. Wie dessen Name schon sagt, geht dieses dahin zu bestimmen wie das eigene Bild verwendet wird (vgl. MüKo/Schwab, § 812 Rn. 271) und ist auch einfachrechtlich geschützt in §§ 22 ff KUG.
Deshalb gilt grundsätzlich: Wenn Abbildungen einer Person von anderen unbefugt kommerziell verwertet werden, ist der Abgebildete unter dem Gesichtspunkt der Eingriffskondiktion berechtigt, den Wert der unbefugten Nutzung (§ 818 Abs. 2) herauszuverlangen (MüKo/Schwab, § 812 Rn. 273 unter Verweis auf BGHZ 20, 345, 354f.; BGHZ 81, 75, 80 ff; BGHZ 169, 340, 344 und andere). Dabei ist unerheblich, ob er das Recht selbst vermarkten wollte oder nicht.
Damit wäre hier „das Erlangte“ herauszugeben. Die Ausnahme, dass es am Zuweisungsgehalt nach Ansicht mancher fehlen soll, wenn ein Bild (etwa mangels Seltenheit) nicht kommerziell verwertbar ist (so etwa MüKo/Schwab, § 812 Rn. 273), ist vorliegend nicht gegeben. Denn offensichtlich sind die Aufnahmen, weil man damit eine populäre Sendung füllen kann, von Wert. Sie sind auch nicht ohne Weiteres durch Bilder, die man legal machen dürfte, zu ersetzen. Denn es kommt dem Filmenden ja gerade darauf an, dass die Betroffenen nicht gefilmt werden wollen und entsprechend unwirsch reagieren.
Es liegt nahe, dass die Werbeeinahmen des Senders jedenfalls anteilig aus der Nutzung der Rechte der Gefilmten „erlangt“ wurden. Sie bestimmen damit den Wert der aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gezogenen „Nutzungen“. Danach bemisst sich auch der Wertersatz der Nutzungen nach § 818 Abs. 2 BGB. M.E. können die Betroffenen damit dem Grunde nach einen Anteil der Werbeeinahmen bzw. deren Wertersatz herausverlangen, gem. § 818 Abs. 2 BGB. Schon wegen der Rspr. des BGH zu dem Entschädigungsanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB wird man hier zu einem eher höheren Wert kommen müssen, da § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ja gerade die Gewinnabschöpfung erlaubt und so in den Fällen medialer Vermarktung eher weiter geht als § 823 Abs. 1 BGB. Andererseits ist freilich der Beitrag, den Bilder von verschlafenen Unbekannten an dem Erfolg einer Sendung wie TV Total haben, geringer als Bilder einer Prominenten wie Caroline von Monaco in peinlicher Situation. Im Endeffekt bleibt die Bemessung Tatfrage.
3. Anrechnung der Abschöpfung nach § 58 Abs. 3 MStV?
Eine Anrechnung der möglicherweise bereits gezahlten Entgeltabschöpfung nach § 58 Abs. 3 MStV kommt M.E. jedenfalls im Ergebnis nicht in Betracht. Rechte der Bürger sollen durch diese Norm nicht beeinträchtigt werden. Andererseits soll die Norm auch nicht – wie das BVerwG für die Kollision mit strafrechtlichen Sanktionen andeutet – zu einer Doppelbelastung der Sendeanstalt führen.
Daher wäre wohl ein möglicher privatrechtlicher Anspruch von der Medienaufsicht bei der Bemessung des nach § 58 Abs. 3 MStV geltend gemachten Betrages zu berücksichtigen gewesen. Wird der privatrechtliche Anspruch erst im Nachhinein geltend gemacht, so kommt M.E. nach den allgemeinen Regeln des Verwaltungsrechts ein Widerruf bzw. eine Rücknahme nach §§ 48, 49 VwVfG in Betracht. Da der MStV eine Doppelbelastung wohl nicht möchte, wäre insofern das Ermessen auf Null reduziert.
III. Zusatzfrage: Was sind Staatsverträge und wie wirken sie?
Für die mündliche Prüfung vielleicht noch interessant: Es könnte danach gefragt werden

  • was überhaupt Staatsverträge (Rundfunkstaatsvertrag, MStV) sind und
  • wie es kommt, dass sie unmittelbare Wirkung im nationalen Recht haben. Immerhin handelt es sich ja um Staatsverträge, nicht um Gesetze.

Staatsverträge sind vertragliche Vereinbarungen zwischen Ländern oder Ländern und dem Bund, die sich auf Gegenstände der Gesetzgebung beziehen. Sonstige vertragliche Vereinbarungen zwischen Ländern oder Bund und Ländern, die sich auf den Bereich exekutiven Handelns beziehen, werden als sogenannte Verwaltungsabkommen bezeichnet (vgl. etwa Rudolf, Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl. 2008, § 141 Rn. 57).
Derartige vertragliche Regelungen sind – wenn schon nicht nach Völkerrecht, so doch zumindest in Anlehnung an dieses – zulässig, weil die Länder auch im Bund eigene Staatlichkeit besitzen und daher auch Verträge mit anderen Staaten schließen können. Das ist im Grundgesetz nicht ausdrücklich angesprochen, die Art. 32 und 59 GG betreffen nur die auswärtigen Beziehungen zu anderen Staaten (d.h. zu Staaten außerhalb des Bundes). Historisch war die Befugnis der Länder zum Abschluss von Verträgen jedoch stets anerkannt und an zahlreichen Stellen im Grundgesetz ist vorausgesetzt, dass die Länder Verträge untereinander oder mit dem Bund schließen können, vgl. etwa Art. 29 Abs. 7; Art. 130 Abs. 3 GG. Es ist übrigens auch anerkannt, dass auch Verträge von Ländern mit anderen Staaten zulässig sind, vgl. Art. 32 Abs. 3 GG. Gleichzeitig enthalten zahlreiche Landesverfassungen Regelungen zum Abschluss derartiger Verträge, vgl. Art. 50 S. 1 BadWürttVerf; Art. 72 Ab. 2 BayVerf; Art. 43 Abs. 1 S. 1 BerlinVerf; Art. 103 Abs. 1 S. 1 HessVerf; Art. 47 Abs. 1 MecklenbVorpVerf; Art. 26 Abs. 1 NiedersachsVerf; Art. 101 S. 1 RheinlPfalzVerf; Art. 95 Abs. 1 SaarlVerf; Art. 65 Abs. 1 SachsVerf; Art. 69 Abs. 1 S. 1 SachsAnhVerf; Art. 30 Abs. 1 S. 1 SchlHolVerf; Art. 77 Abs. 1 S. 1 ThürVerf (aus Rudolf, Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl. 2008, § 141 Rn. 61).
Die rechtlichen Regeln, die für diese Verträge gelten, sind grundsätzlich die allgemeinen des Völkerrechts, die innerhalb des Bundesstaates jedoch durch das GG, insbesondere dessen Kompetenzverteilung, überlagert werden (vgl. Maunz/Dürig/Herzog/Scholz-Herzog/Grzeszick, GG, 64. Erg.-Lfg. 2012, Art. 20 Rn. 155 m.w.N.).
Die Wirkung derartiger Staatsverträge richtet sich nach den allgemeinen Regeln. Selbst wenn sie unmittelbar anwendbar, also self-executing sind, binden sie grundsätzlich nur die Vertragsparteien, nicht aber den Bürger. Dessen Bindung wird erst durch das Zustimmungsgesetz herbeigeführt, in dessen Rang dann die vertraglichen Regelungen gelten (Rudolf, Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl. 2008, § 141 Rn. 62). Auch insofern gilt nichts anderes als bei völkerrechtlichen Verträgen des Bundes.

24.05.2012/0 Kommentare/von Dr. Johannes Traut
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Johannes Traut https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Johannes Traut2012-05-24 09:49:512012-05-24 09:49:51Bimmelbingo – BVerwG und zivilrechtliche Weiterungen
Tom Stiebert

OVG Berlin-Bbg: Online Hausverlosung ist unzulässig

Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Verwaltungsrecht

In seinem Beschluss vom 08.02.2012 (Az. 1 S 20.11) hatte sich das Oberverwaltungsgericht Berlin mit der Frage auseinanderzusetzen, ob eine Online-Hausverlosung zulässig ist. Dem lag folgender sachverhalt zugrunde: Der Anbieter wirbt im Internet mit dem Slogan: „Erste legale Hausverlosung dieses Hauses in Deutschland„. An der Verlosung kann jeder teilnehmen, der ein Los für 59 Euro erwirbt. Insgesamt sind 13900 Lose zu erwerben, nach deren Verkauf die Verlosung erfolgt. Eine Besonderheit liegt hier darin, dass eine Teilnahme unmittelbar über das Internet nicht möglich ist. Vielmehr ist ein kontakt per Mail bzw. per Briefpost erforderlich, um am „Gewinnspiel“ teilnehmen zu können.
 
I. Das Urteil das OVG
Das OVG hatte zu prüfen, ob ein verbotenes öffentliches Glücksspiel im Internet iSd § 4 abs. 4 GlüStV vorliegt.
Die entsprechenden Definitionen ergeben sich aus § 3 Abs. 1 und 2 GlüStV:

(1) Ein Glücksspiel liegt vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Auch Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind Glücksspiele.
(2) Ein öffentliches Glücksspiel liegt vor, wenn für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit besteht oder es sich um gewohnheitsmäßig veranstaltete Glücksspiele in Vereinen oder sonstigen geschlossenen Gesellschaften handelt.

Beides ist hier erfüllt. Insbesondere steht dem Grundsatz der Öffentlichkeit nicht entgegen, dass der Teilnehmerkreis auf die Anzahl der Lose (13900) beschränkt ist. Denn hier ist dennoch von vornherein der Teilnehmerkreis nicht abgeschlossen, sondern für alle Beteiligten offen, sodass die Definition erfüllt ist.
Fraglich ist aber, ob das Glücksspiel tatsächlich im Internet veranstaltet wird, schließlich sind hier auch Elemente außerhalb des Internets erforderlich. Das OVG hält dies dennoch für erfüllt:

„Für das Tatbestandsmerkmal von § 4 Abs. 4 GlüStV «im Internet» sei nicht eine bestimmte «Internet-Technik», sondern eine am Normzweck orientierte, auf den Vertriebsweg «Internet» abstellende Auslegung maßgeblich. Eine Ausspielung, die über das Internet angeboten und maßgeblich darüber vertrieben werde, verliere den Charakter einer Veranstaltung «im Internet» nicht dadurch, dass die weiteren Schritte per E-Mail oder Briefpost erfolgen sollen, weil die Veranstaltung ohne die Nutzung des Internets schlechterdings nicht durchführbar sei.“

Zudem wird auch auf einen eventuellen Nachahmungseffekt abgestellt, dem durch ein Verbot vorzubeugen ist. Hintergrund dieser Argumentation ist vor allem § 1 Nr. 1 GlüStVder zum Ziel hat, das „Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen“. Es ist damit eine Auslegung im Sinne dieses Schutzzweckes geboten. Gerade aus der veröffentlichung im Internet resultiert ein erhöhtes Gefährdungspotential, auch wenn eine Teilnahme unmittelbar über diesem Weg nicht möglich ist. Aus diesem Grund ist eine solche weite Auslegung geboten. Auch die Widerholungsgefhar ist ein Argument für eine restriktive Auslegung, kann doch nur so ein effektiver Schutz garantiert werden.
II. Alternative – zulässige – Gestaltungsmöglichkeiten
Allerdings ist eine solche Hausverlosung nicht per se unzulässig. Sie verstößt nur dann gegen den Glücksspielstaatsvertrag, wenn die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Dies liegt dann nicht vor, wenn eine Wissenskomponente zumindest zum mitbestimmenden Faktor wird, das heißt wenn bspw. zusätzlich noch Fragen gestellt werden, um ein Los zu bekommen. Hierbei muss aber abgesichert sein, dass die Fragen tatsächlich an die Wissenskomponente anknüpfen und (insbesondere aufgrund ihrer fehlenden Schwierigkeit) nicht nur zum Schein gestellt werden.
III. Die rechtlichen Rahmenbedingungen – der Glücksspielstaatsvertrag
Abschließend noch einige Hinweise auf den dem Urteil zugrundeliegenden rechtlichen Rahmen: den Glücksspielstaatsvertrag. Hierbei handelt es sich um einen Staatsvertarg zwischen den einzelnen Bundesländern, der durch Zustimmungsgesetze in den jeweiligen Landesparlamenten ratifiziert wurde. Insofern ist eine parallele Anwendung zu Staatsverträgen des Bundes geboten (vgl. Art 59 GG).  Aufgrund der Entscheidung des EuGH v. 8.9.2010 (C-316/07) war dieser Staatsvertrag zumindest aber hinsichtlich des enthaltenen Sportwettenmonopols unzulässig, sodass er von den Bundesländern erneut abgeändert werden musste, was durch den Glücksspieländerungsstaatsvertarg erfolgte. Für die hier relevanten Normen trat aber keine Änderung ein. Insgesamt wird damit die Einschränkung des Glücksspiels in Deutschland bundeseinheitlich geregelt.
Siehe zur Strafbarkeit einer verbotenen Hausverlosung im Internet unseren Beitrag vom 27.04.2011.

16.02.2012/0 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2012-02-16 14:57:072012-02-16 14:57:07OVG Berlin-Bbg: Online Hausverlosung ist unzulässig

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