Das BVerfG hat mit Urteil vom 05. Mai 2015 (2 BvL 17/09 u.a.) wenig überraschend und einstimmig entschieden, dass Richter und Staatsanwälte in Sachsen-Anhalt in den Jahren zwischen 2008 und 2010 zum Teil nicht amtsangemessen im Sinne des Art. 33 V GG und damit verfassungswidrig alimentiert worden sind. Betroffen ist die Besoldungsgruppe R 1. Geklagt hatten die Beschwerdeführer gegen ihre Alimentierung zunächst vor den Verwaltungsgerichten, die im Laufe des Verfahrens eine Vorlage vor dem BVerfG (Art. 100 I GG) für erforderlich hielten.
Das Bundesland Sachsen-Anhalt hat nun mit Wirkung spätestens vom 1. Januar 2016 verfassungskonforme Regelungen zur Besoldung der betroffenen Berufsgruppen zu schaffen. Hingegen seien die Richter und Staatsanwälte in Nordrhein-Westfalen mit der Besoldungsgruppe R 1 im Jahr 2003 und Rheinland-Pfalz mit der Besoldungsgruppe R 3 ab dem Jahre 2012 angemessen alimentriert worden.
Betrifft die Entscheidung zwar zunächst nur die Fälle der beschwerdeführenden Personen, muss dem jedoch über den Einzelfall hinaus eine grundlegende Bedeutung für die sich aus Art. 33 V GG abgeleitete, amtsangemessene Alimentierung der etwa 20.000 Richter und 5.000 Staatsanwälte in ganz Deutschland zugemessen werden. Trotz weiter Entscheidungsspielräume haben sich die Bundesländer an den durch das BVerfG getroffenen Kriterien zur Alimentierung dieser Berufsgruppen zu orientieren. Angesichts der ausführlichen Begründungen des BVerfG sei im Übrigen auf die Pressemitteilung sowie auf die Leitsätze des BVerfG verwiesen:
1. Dem weiten Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers bei der praktischen Umsetzung der aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierenden Pflicht zur amtsangemessenen Alimentierung der Richter und Staatsanwälte entspricht eine zurückhaltende, auf den Maßstab evidenter Sachwidrigkeit beschränkte verfassungsgerichtliche Kontrolle der einfachgesetzlichen Regelung. Ob die Bezüge evident unzureichend sind, muss anhand einer Gesamtschau verschiedener Kriterien und unter Berücksichtigung der konkret in Betracht kommenden Vergleichsgruppen geprüft werden.
2. Im Rahmen dieser Gesamtschau liegt es nahe, mit Hilfe von aus dem Alimentationsprinzip ableitbaren und volkswirtschaftlich nachvollziehbaren Parametern einen durch Zahlenwerte konkretisierten Orientierungsrahmen für eine grundsätzlich verfassungsgemäße Ausgestaltung der Alimentationsstruktur und des Alimentationsniveaus zu ermitteln.
3. Hierzu eignen sich fünf Parameter, die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Alimentationsprinzip angelegt sind und denen indizielle Bedeutung bei der Ermittlung des verfassungsrechtlich geschuldeten Alimentationsniveaus zukommt (deutliche Differenz zwischen einerseits der Besoldungsentwicklung und andererseits der Entwicklung der Tarifentlohnung im öffentlichen Dienst, des Nominallohnindex sowie des Verbraucherpreisindex, systeminterner Besoldungsvergleich und Quervergleich mit der Besoldung des Bundes und anderer Länder). Ist die Mehrheit dieser Parameter erfüllt (1. Prüfungsstufe), besteht eine Vermutung für eine verfassungswidrige Unteralimentation. Diese Vermutung kann durch die Berücksichtigung weiterer alimentationsrelevanter Kriterien im Rahmen einer Gesamtabwägung widerlegt oder weiter erhärtet werden (2. Prüfungsstufe).
4. Ergibt die Gesamtschau, dass die als unzureichend angegriffene Alimentation grundsätzlich als verfassungswidrige Unteralimentation einzustufen ist, bedarf es der Prüfung, ob dies im Ausnahmefall verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein kann. Der Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation ist Teil der mit den hergebrachten Grundsätzen verbundenen institutionellen Garantie des Art. 33 Abs. 5 GG. Soweit er mit anderen verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen oder Instituten kollidiert, ist er entsprechend dem Grundsatz der praktischen Konkordanz im Wege der Abwägung zu einem schonenden Ausgleich zu bringen (3. Prüfungsstufe). Verfassungsrang hat namentlich das Verbot der Neuverschuldung in Art. 109 Abs. 3 Satz 1 GG.
5. Jenseits der verfassungsrechtlich gebotenen Mindestalimentation genießt die Alimentation des Richters oder Staatsanwalts einen relativen Normbestandsschutz. Der Gesetzgeber darf hier Kürzungen oder andere Einschnitte in die Bezüge vornehmen, wenn dies aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist.
6. Die Festlegung der Besoldungshöhe durch den Gesetzgeber ist an die Einhaltung prozeduraler Anforderungen geknüpft. Diese Anforderungen treffen ihn insbesondere in Form von Begründungspflichten.