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Schlagwortarchiv für: staatliches Monopol

Simon Mantsch

VG Berlin über gesetzliches Staatsmonopol zu Gunsten der Errichtung und des Betriebes von Krematorien

Aktuelles, Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Rechtsprechung, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht

Darf es in einem Bundesland ein gesetzliches Staatsmonopol geben, das die Errichtung und den Betrieb von Krematorien durch Private de facto verbietet oder verstößt dies vielmehr gegen die die durch Art. 12 GG gewährleistete Berufsfreiheit? Mit dieser examensrelevanten Fragestellung hatte sich das VG Berlin jüngst zu befassen (Urt. v. 12.9.2023 – 21 K 227/20).

I. Der Sachverhalt (leicht abgewandelt)

X und die vermögensverwaltende GmbH P betrieben in der Rechtsform einer KG mehrere Krematorien in verschiedenen Bundesländern. Sie wollen ihr Geschäft nunmehr auch in Berlin ausüben. Zu diesem Zweck beantragt die ordnungsgemäß vertretene KG die Erteilung einer Baugenehmigung. Diese wurde jedoch mit dem Argument nicht erteilt, dass der nach dem Berliner Bestattungsgesetz (BestattG BE) erforderliche „Antrag auf Übertragung der Errichtung und des Betriebs einer Feuerbestattungsanlage“ nicht gestellt worden sei und angesichts des gegenwärtig fehlenden Bedarfs an Krematorien in Berlin wohl auch nicht positiv beschieden werden könne. Die KG entschied sich daraufhin gleichwohl, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Er wurde jedoch mit Verweis auf das Vorhandensein der landeseigenen Krematorien und des dadurch fehlenden Bedarfs abgelehnt.

Verärgert über die Vorgänge entschließt sich X zum Ausscheiden aus der Gesellschaft. Da die KG mit nur einem Gesellschafter nicht weiter bestehen kann, kommt es zur liquidationslosen Vollbeendigung. Die KG erlischt. Das Gesellschaftsvermögen ist jedoch im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den zuletzt verbliebenen Gesellschafter, die vermögensverwaltende GmbH P, übergegangen. Sie verfolgt das Geschäft fort und möchte gerichtlich festgestellt wissen, dass es einer Übertragung nach dem Berliner Bestattungsgesetz überhaupt nicht bedarf, da § 18 BestattG BE wohl kaum mit Art. 12 GG vereinbart werden könne. Schließlich werde Privaten die Einrichtung und der Betrieb von Krematorien de facto untersagt. Nur im Wege der Beleihung könnte ihr nach § 18 Abs. 4 BestattG BE die Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit gestattet werden, wobei es eine solche im Land Berlin kein einziges Mal gebe. Selbst aus den Gesetzgebungsmaterialien gehe – was zutrifft – hervor, dass man dem Grunde nach von einem Staatsmonopol ausgehe und nur in seltenen Fällen eine Übertragung der Aufgabe auf Private für legitim halte. Nur hilfsweise verlangt P daher, dass der von der KG gestellte und negativ beschiedene Antrag, der nach der Liquidation ja sicherlich als ihr eigener Antrag gelte, neu beschieden wird. Schließlich würde sie ja auch – was der Wahrheit entspricht – alle Vorgaben des BestattG BE beachten. Wenn man ihr gleichwohl die Einrichtung und den Betrieb des Krematoriums verbiete, so wäre das doch offensichtlich ermessensfehlerhaft. Das bloße Argument, dass die landeseigenen Krematorien eine ausreichende Kapazität absichern, könne ja wohl kaum tragfähig sein.

Die Stadt Berlin tritt dem entgegen. Zum einen fehle es der klagenden P am Rechtsschutzbedürfnis. Sie selbst habe schließlich nie einen Antrag gestellt. Der von der KG gestellte Antrag könne nicht einfach auf P „umgemünzt“ werden, da bei der Entscheidung über den Antrag auch personenbezogene Gründe immer eine Rolle spielen und beim Wechsel der Rechtspersönlichkeit daher immer eine neue Beurteilung seitens der Behörde von Nöten sei, die aber wiederum einen neuen Antrag voraussetzt. Darüber hinaus sei der Betrieb von Krematorien eine landeseigene Aufgabe, die nicht „einfach so“ einem Privaten übertragen werden könne. Es gehe schließlich auch um den Seuchenschutz und den würdevollen Umgang mit Toten, der nur bei staatlichem Betrieb hinreichend gesichert ist. Vor allem aber sei es beachtlich, dass P überhaupt nicht vorhabe, das Krematorium selbst zu betreiben. Sie sei schließlich bloß vermögensverwaltend und wolle – was der Wahrheit entspricht – für den Betrieb des Krematoriums eine eigene Gesellschaft einsetzen. Es kann daher nur richtig sein, dass P die Einrichtung und der Betrieb des Krematoriums untersagt wurde.

Wie wird das Gericht über Haupt- und Hilfsantrag entscheiden?

§ 18 Berliner Bestattungsgesetz (BestattG BE) lautet wie folgt:

§ 18

Bestattungsort

(1) Erdbestattungen dürfen nur auf öffentlichen (landeseigenen und nichtlandeseigenen) Friedhöfen vorgenommen werden. Die zuständige Behörde kann Ausnahmen zulassen.

(2) Abweichend von der Pflicht nach § 10 Satz 1, in einem Sarg zu bestatten, können Leichen aus religiösen Gründen auf vom Friedhofsträger bestimmten Grabfeldern in einem Leichentuch ohne Sarg erdbestattet werden. Die Leiche ist auf dem Friedhof bis zur Grabstätte in einem geeigneten Sarg zu transportieren.

(3) Bei Feuerbestattungen dürfen Einäscherungen in den Krematorien des Landes Berlin vorgenommen werden. Für die Beisetzung von Aschen Verstorbener gilt Absatz 1 entsprechend.

(4) Die für die Errichtung und den Betrieb von Krematorien zuständige Senatsverwaltung kann mit Zustimmung der Senatsverwaltung für Finanzen und im Einvernehmen mit der Senatsverwaltung für Inneres die Errichtung und den Betrieb einzelner Feuerbestattungsanlagen widerruflich einem privaten Rechtsträger übertragen.

II. Die Entscheidung (leicht abgewandelt)

1. Hauptantrag der Klage

Der Hauptantrag der Klage, der auf die Feststellung gerichtet ist, dass es einer Übertragung nach dem Berliner Bestattungsgesetz überhaupt nicht bedarf, wird Erfolg haben, wenn er zulässig und begründet ist.

a) Zulässigkeit

An der Zulässigkeit des Hauptantrags bestehen keine Zweifel. Insbesondere kann P nicht die Subsidiarität der Feststellungsklage nach § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO entgegengehalten werden. Für die Frage der Notwendigkeit einer Übertragung gibt es – genau wie für die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit – keine andere statthafte Klageart.

b) Begründetheit

Begründet wäre die Klage darüber hinaus, wenn es zur Errichtung und zum Betrieb des Krematoriums keiner Übertragung bedürfte. Dies wäre insbesondere der Fall, wenn § 18 Abs. 3, 4 BestattG BE mit Art. 12 GG nicht in Einklang zu bringen wäre, weil es ein nicht zu rechtfertigendes Staatsmonopol legitimieren würde.

aa) Der Wortlaut der Norm und auch die Gesetzgebungsmaterialen hierzu sprechen dafür, dass man von der Einführung der Vorschrift und ihrer späteren Änderung von einer Etablierung bzw. Aufrechterhaltung eines Staatsmonopols ausging.

bb) Fraglich erscheint jedoch, ob ein derartiges Staatsmonopol mit dem (einheitlichen) Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG zu vereinbaren ist oder ob P dadurch vielmehr in ihren Rechten verletzt wird. Das Grundrecht schützt dabei sowohl die Freiheit der Berufswahl, die Freiheit der Berufsausübung, als auch die freie Wahl des Arbeitsplatzes. Jedenfalls kann sich P als inländische juristische Person des Privatrechts auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen. Schließlich ist die Berufsfreiheit gem. Art. 19 Abs. 3 GG ihrem Wesen nach auch auf juristische Personen des Privatrechts anwendbar. Die Statuierung eines Staatsmonopols bedingt zudem auch einen Eingriff – es handelt sich gar um die wohl schärfste Form der Beschränkung. P wird, wie jedem anderen Privaten auch, der Zugang zum Beruf des Bestatters, zu dem eben auch die Einäscherung gehört, faktischunmöglich gemacht. Es handelt sich mithin um eine objektive Berufswahlregelung, die bei Zugrundelegung der im Apotheken-Urteil vom BVerfG entwickelten Drei-Stufen-Theorie nur bei schwersten Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut zu legitimieren wäre. Dem Gesetzgeber kommt bei der zu ergreifenden Maßnahme zwar eine Einschätzungsprärogative zugute, die ihn jedoch nicht dazu legitimiert, seine Entscheidungen auf offensichtlich fehlerbehafteten Grundlagen aufzubauen. Genauso wenig kann er eine Maßnahme allgemeingültig damit begründen, dass Gefahren bestehen. Vielmehr müssen die kausalen Zusammenhänge, die die Maßnahme überhaupt erfordern, substantiiert dargelegt werden.

Der Landesgesetzgeber verfolgt mit § 18 Abs. 3, 4 BestattG BE ein legitimes und gewichtiges Ziel. In Rede steht schließlich der Schutz der Würde von Verstorbenen. Diese dürfen aufgrund eines über den Tod hinausgehendem postmortalem Persönlichkeitsschutz keinem menschenunwürdigen Umgang preisgegeben werden dürfen. Auch die Einhaltung der Vorschriften über die Feuerbestattung in § 20 BestattG BE ist ein legitimes Ziel, um den Betrieb von Krematorien zu regulieren. Schließlich soll die dort angeordnete gerichtliche Leichenschau vor der Einäscherung zur Verbrechensaufklärung beitragen. Es soll insoweit abgesichert werden, dass Leichen nicht ohne weiteres eingeäschert und alle auf eine Straftat hindeutenden Indizien dadurch irreversibel vernichtet werden. Nicht angezeigt ist hingegen, wieso diese Ziele nur dadurch erreicht werden können, dass Krematorien staatlich betrieben werden. Es gibt weder Anzeichen, noch einen irgendwie gearteten Erkenntnissatz, dass Private eine Feuerbestattung nicht ebenso würdevoll, als auch den bestattungsrechtlichen Vorschriften entsprechend, durchführen könnten. So erklärt sich auch, dass sowohl die Errichtung, als auch der Betrieb von Krematorien durch Private in anderen Bundesländern beanstandungsfrei abläuft. Ebenso wenig ist angezeigt, dass die Versorgung des Bundeslandes Berlins mit Krematoriumsplätzen nicht mehr hinreichend gesichert ist, wenn Krematorien auch privat betrieben werden. Folglich fehlen auch jedwede Anzeichen für eine irgendwie geartete Seuchengefahr. Ein Staatsmonopol zu Gunsten der Errichtung und des Betriebes von Krematorien ist mit dem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG somit nicht zu vereinbaren.

cc) Aus diesem Befund allein folgt jedoch noch nicht die Verfassungswidrigkeit von § 18 Abs. 3, 4 BestattG BE. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Norm einer verfassungskonformen Auslegung nicht zugänglich wäre. Sowohl dem Wortlaut des § 18 Abs. 3, 4 BestattG BE, als auch dem hierzu ergangenen Gesetzgebungsmaterial fehlt es aber an der hinreichenden Eindeutigkeit dahingehend, dass die private Errichtung von Krematorien und deren Betrieb „um jeden Preis“ zu vermeiden sind. Die Norm kann infolgedessen verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass es sich – wie etwa auch bei der Baugenehmigung – nur um ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt handelt. Private bedürfen insoweit nur einer bestattungsrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Krematoriums. Eine derartige Interpretation mag zwar auf den ersten Blick dazu führen, dass die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Genehmigung zu erteilen sind, nicht ersichtlich sind und die Vorschrift daher zu unbestimmt ist. Gleichwohl können der Vorschrift im Systemkontext mit den anderen Vorschriften des BestattG BE die notwenigen Konturen abgenommen werden. Die Genehmigung ist demnach dann zu erteilen, wenn der potentielle private Errichter bzw. Betreiber eines Krematoriums die bestattungsrechtlichen Vorgaben einhält.

dd) Die insoweit vorzunehmende verfassungskonforme Auslegung bedingt jedoch, dass es nach wie vor einer Übertragung bzw. Genehmigung zur Errichtung bzw. zum Betrieb eines Krematoriums bedarf. Der Feststellungsantrag ist somit unbegründet.

c) Ergebnis

Der Hauptantrag der Klage ist somit zulässig, aber unbegründet. Es bestehen keine Erfolgsaussichten.

2) Hilfsantrag der Klage

Der Hilfsantrag der Klage auf Neubescheidung wird Erfolg haben, wenn er zulässig und begründet ist.

a) Zulässigkeit

aa) Statthaft für das Begehren (§ 88 VwGO) auf Neubescheidung ist die Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO. § 18 Abs. 3, 4 BestattG BE verleihen nach der vorstehend geschilderten verfassungskonformen Auslegung auch ein subjektives Recht, das P jedenfalls möglicherweise zustehen könnte. Sie ist somit auch nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Die Durchführung eines Vorverfahrens war nach § 68 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Alt. 2 VwGO entbehrlich.

bb) Dem Rechtsschutzbedürfnis könnte jedoch entgegenstehen, dass P nie selbst einen Antrag auf Übertragung der Errichtung und des Betriebs eines Krematoriums gestellt hat. Womöglich ist P jedoch in die Rechte und Pflichten des von der KG eingeleiteten Verwaltungsverfahrens eingetreten. Die KG hat schließlich einen Antrag gestellt, der ablehnend beschieden wurde. Ein derartiges Eintreten könnte jedoch nur dann angenommen werden, wenn es sich bei der KG und P um eine identische Rechtspersönlichkeit handelt oder aber P öffentlich-rechtliche Rechtsnachfolgerin der KG ist.

Das Vorliegen einer identischen Rechtspersönlichkeit gilt es jedoch unterdessen abzulehnen. Es hat eben nicht nur ein identitätswahrender Formwechsel der Gesellschaft stattgefunden. Vielmehr wurde die ehemals bestehende KG durch den Austritt des vorletzten Gesellschafters vollständig aufgelöst. Das Gesellschaftsvermögen ist derweil auf P als einzig verbliebene Gesellschafterin übergegangen. Es handelt sich folglich um zwei verschiedene Rechtspersönlichkeiten.

Mit Blick auf eine etwaige öffentlich-rechtliche Rechtsnachfolge muss differenziert werden. Es gibt Entscheidungen über Genehmigungen, die allein sachbezogen erteilt werden und daher auch ohne weiteres nachfolgefähig sind. Anders ist dies hingegen bei Entscheidungen über Genehmigungen, deren Erteilung nicht nur auf Sachgründen beruht, sondern bei denen auch personenbezogene Gründe eine Rolle spielen. Zu jenen Gründen zählen etwa Anforderungen an die finanzielle Leistungsfähigkeit, die Zuverlässigkeit oder die Sachkunde. Derartige Entscheidungen über Genehmigungen können nicht ohne weiteres übergehen. Im Falle der Übertragung nach § 18 Abs. 4 BestattG BE stehen jedoch auch solche Faktoren in Rede: Es geht eben auch darum, ob die antragstellende Person die persönliche Eignung besitzt, einen würdevollen Umgang mit sterblichen Überresten und ein gesundheitlich unbedenkliches Vorgehen bei der Verbrennung zu gewährleisten. Auch die Unumkehrbarkeit des vorzunehmenden Prozesses gebietet ist, die Übertragbarkeit der Entscheidung auf einen anderen Rechtsträger nicht ohne weiteres hinzunehmen. Vielmehr muss der ganz konkrete Rechtsträger in den Blick genommen werden. Folglich ist eine öffentlich-rechtliche Rechtsnachfolge nicht anzunehmen.

Gleichwohl kann das Resultat aus vorstehenden Erkenntnissen nicht automatisch die Annahme sein, dass ein Rechtsschutzbedürfnis von P nicht besteht. Der Antrag wurde für den Fall der KG beschieden. Es fehlen Anhaltspunkte dafür, dass ein neuer Antrag der P eine andere behördliche Entscheidung nach sich zieht. Dies verleitet zu der Annahme, dass es sich um eine bloße Förmelei handeln würde, wollte man der P ihr Rechtsschutzbedürfnis dadurch absprechen wollen, dass sie keinen Antrag auf Übertragung gestellt hat, deren Ergebnis bereits zum jetzigen Zeitpunkt klar vorgezeichnet ist. Das Rechtsschutzbedürfnis muss in diesem Fall daher grundsätzlich angenommen werden.

Nichts desto trotz kann kein vollumfängliches Rechtsschutzbedürfnis der P bejaht werden. P beabsichtigt schließlich nur die Errichtung des Krematoriums, den Betrieb desselbigen beabsichtigt sie hingegen auszulagern. Es ist insoweit kein eigenes Interesse der P dahingehend dargetan, dass sie selbst durch das Ausbleiben einer positiven Bescheidung über den Betrieb des Krematoriums betroffen wäre. Sie kann folglich diesbezüglich auch kein Rechtsschutzinteresse haben. Das notwendige Rechtsschutzbedürfnis besteht folglich in dieser Hinsicht nicht.

cc) Die Klageantrag ist folglich nur insoweit zulässig, als er die Verpflichtung zu einer ermessensfehlerfreien Bescheidung des auf Übertragung der Errichtung eines Krematoriums gerichtete Begehren der P zum Gegenstand hat.

b) Begründetheit

Begründet wäre der Hilfsantrag überdies, wenn P tatsächlich ein Anspruch auf Übertragung der Errichtung eines Krematoriums zustünde. Wie vorstehend bereits erörtert, normiert § 18 Abs. 3, 4 BestattG BE keinen eigenen originären Voraussetzungen, bei deren Vorliegen ein Anspruch auf Übertragung besteht. Vielmehr kommt es darauf an, ob auf der Rechtsfolgenseite das in § 18 Abs. 4 BestattG BE vorgesehene Ermessen richtig ausgeübt wurde. Von der Beklagten werden Anträge auf Übertragung mit dem Argument abgelehnt, dass durch zwei landeseigene Krematorien ausreichende Kapazitäten bestünden. Darüber hinaus sei der Betrieb von Krematorien eine landeseigene Aufgabe, weil der Seuchenschutz und der würdevolle Umgang mit Toten durch einen Privaten nicht hinreichend gesichert wäre. Diese Erwägungen können eine ablehnende Entscheidung jedoch nicht begründen. Soweit die Beklagte argumentiert, dass es sich ausschließlich um eine landeseigene Aufgabe handelt, wird dies schon der notwendigen verfassungskonformen Auslegung der Vorschrift nicht gerecht. Aber auch für eine Bedürfnisprüfung lässt die Vorschrift keinen Raum. Es wurde bereits an anderer Stelle erörtert, dass eine Übertragung zu erteilen ist, wenn der private Errichter des Krematoriums die bestattungsrechtlichen Vorgaben einhält. Die Beklagte hätte also zu beurteilen, ob etwa die Räumlichkeiten geeignet sind, den Anforderungen des Bestattungsgesetzes gerecht zu werden und ob der Würde des Verstorbenen hinreichend Rechnung getragen wird. Das Vorhandensein landeseigener Krematorien vermag jedoch nicht begründen zu können, wieso die P den bestattungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht werden sollte. Vielmehr werden diese, wie von P zutreffend geschildert, vollumfänglich gewahrt. Die Beklagte hat insoweit zweck- und sachfremde Erwägungen angestellt, die einen Ermessensfehlgebrauch nach§ 114 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 VwGO begründen.

c) Ergebnis

Der Hilfsantrag ist, soweit er zulässig ist, auch begründet. P hat nach § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Bescheidung ihres auf Übertragung der Errichtung gerichteten Begehrens.

III. Einordnung der Entscheidung

Die Entscheidung des VG Berlin bringt viele Probleme mit, die sich ideal in einer Examensklausur verarbeiten lassen. Die Entscheidung erscheint in Teilen aber durchaus brisanter, als bisher geschildert. Das VG Berlin hat das Verfahren nämlich ursprünglich ausgesetzt und dem Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin vorgelegt, da es von der Verfassungswidrigkeit des § 18 Abs. 3, 4 BestattG BE überzeugt war. Dieses hat die Vorlage aber als unzulässig abgewiesen (Beschl. v. 19.4.2023 – VerfGH 69/2). Danach kam die Kehrtwende. Entgegen seiner ursprünglichen Auffassung ist das VG Berlin nun nichtmehr von der Verfassungswidrigkeit der Norm, sondern von ihrer Zugänglichkeit zu einer verfassungskonformen Auslegung überzeugt. Die Argumentation, mit der es eine verfassungskonforme Auslegung ermöglicht, ist dabei aber durchaus angreifbar. Eine solche ist schließlich nur dann möglich, wenn nicht der klar erkennbare Wille des Gesetzgebers oder die gesetzliche Entstehungsgeschichte dem entgegensteht (BVerfG, Beschl. v. 30.3.1993 – 1 BvR 1045/89, NJW 1993, 2861, 2863; BVerfG, Beschl. v. 16.12.2014 – 1 BvR 2142/11, NVwZ 2015, 510 Rn. 86). Das VG Berlin führt aber in Rn. 21 seines Urteils selbst aus, dass sich der „Entstehungsgeschichte […] deutlich der Wille des Gesetzgebers entnehmen [lässt], Feuerbestattungen als Verwaltungsmonopol beizubehalten“. Wenn das Gericht bei diesem Befund aber gleichwohl eine verfassungskonforme Auslegung für möglich erachtet, die sich dann zwangsläufig über diesen „deutlichen“ Willen des Gesetzgebers hinwegsetzt, erscheint dies durchaus beachtlich. Hier könnte man überzeugend sicherlich auch anderes argumentieren.

Die Entscheidung sollte jedenfalls Anlass geben, sich nochmals mit Fragen der verfassungskonformen Auslegung, der Klagehäufung, der Ermessensfehlerlehre und vor allem auch mit Art. 12 GG zu befassen.

06.10.2023/1 Kommentar/von Simon Mantsch
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Simon Mantsch https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Simon Mantsch2023-10-06 10:36:002023-10-06 10:36:01VG Berlin über gesetzliches Staatsmonopol zu Gunsten der Errichtung und des Betriebes von Krematorien
Nicolas Hohn-Hein

Aktuelles zum staatlichen Monopol für Sportwetten

Europarecht, Europarecht Klassiker, Öffentliches Recht, Verfassungsrecht

Das Bundesverwaltungsgericht hat in einer aktuellen Entscheidung (Az. 8 C 5.10. – Urteil vom 01.06.2011) bestätigt, dass die Regelungen im derzeit noch geltenden Glücksspielstaatsvertrag bezüglich des generellen Verbots von Sportwetten im Internet wirksam sind. Die Thematik staatlichen Monopols für Sportwetten war bereits Gegenstand einer Examensklausur im Europarecht im April 2011 in Berlin-Brandenburg. Es handelt sich dabei aber um einen „Dauerbrenner“, mit dem sich typische Fragen des Verfassungs- und Europarechts abprüfen lassen. Zum Beispiel als guter Einstieg in einer mündliche Examensprüfung. Im Folgenden sollen die wesentlichen Gesichtspunkte der Problematik skizziert werden.
Ausgangslage
In seinem sog. Sportwetten-Urteil vom 28.03.2006 (1 BvR 1054/01) hatte das BVerfG die damalige Rechtslage (im Fall: Bayern) dahingehend kritisiert, dass ein staatliches Wettmonopol für Sportwetten gegen die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs.1 GG verstoße, wenn nicht genau festgelegt sei, auf welchem Wege die Erreichung der verfolgten legitimen Zweck (u.a. Prävention und Bekämpfung von Wettsucht durch staatliche Kontrollmechanismen, Jugendschutz) im Detail gewährleistet werde. Auch hatte das staatliche Lotto-Unternehmen ODDSET in seiner Werbung das Wetten als zu positiv und sozialadäquat dargestellt, sodass den genannten Schutzzwecken nicht entsprochen worden wäre.

Vor allem aber ist der Vertrieb von ODDSET nicht aktiv an einer Bekämpfung von Spielsucht und problematischem Spielverhalten ausgerichtet. Das tatsächliche Erscheinungsbild entspricht vielmehr dem der wirtschaftlich effektiven Vermarktung einer grundsätzlich unbedenklichen Freizeitbeschäftigung.
(a) Dies zeigt sich beispielhaft in der offiziellen Begleitinformation „Hintergrund, Perspektiven, Chancen“ der Staatlichen Lotterieverwaltung im Zusammenhang mit der Einführung von ODDSET. Danach ist die Eröffnung des Wettangebots maßgeblich von dem Ziel der Markterschließung getragen und hat insbesondere die Erschließung der Zielgruppe der 18 bis 40 Jährigen im Blick. Es ist dabei die Rede von einem „umfangreichen Maßnahmen- und Medienpaket, das die Zielgruppen mehrstufig anspricht und kontinuierlich Lust aufs Mitwetten weckt“.
Dem entspricht eine breit angelegte Werbung, in der das Wetten als sozialadäquate, wenn nicht sogar positiv bewertete Unterhaltung dargestellt wird. Die Werbung im Rahmen der über den Deutschen Lotto- und Totoblock bundesweit koordinierten Veranstaltung von ODDSET ist überall auffallend und präsent. Anders als vom Bundesverwaltungsgericht angedeutet kommt es nicht darauf an, ob die Werbung als aggressiv zu bewerten ist. V[…]
(b) Ebenso wenig sind die Vertriebswege für ODDSET auf eine Bekämpfung der Suchtgefahren und auf eine Begrenzung der Wettleidenschaft angelegt.
Die Staatliche Lotterieverwaltung vertreibt ODDSET über ihr breit gefächertes Netz von Lotto-Annahmestellen, dem die offizielle Maxime „weites Land – kurze Wege“ zugrunde liegt. Dabei handelt es sich vor allem um Zeitschriften- und Tabakläden oder ähnliche kleine oder mittelständische Gewerbebetriebe, so dass der Vertrieb in bewusster Nähe zum Kunden stattfindet. Dadurch wird die Möglichkeit zum Sportwetten zu einem allerorts verfügbaren „normalen“ Gut des täglichen Lebens.[…]
(c) Schließlich ist auch die Präsentation des Wettangebots nicht ausreichend am Ziel der Bekämpfung von Wettsucht und der Begrenzung der Wettleidenschaft ausgerichtet.
Im Rahmen des Wettmonopols beschränkt sich die Staatliche Lotterieverwaltung vorrangig auf eine indirekte und gegenüber den – möglichen – Wettteilnehmern nicht aktiv kommunizierte Prävention. Ein für den Einzelnen und die Allgemeinheit schädliches Übermaß an Wettbeteiligungen soll dadurch vermieden werden, dass ein ausreichend attraktives, wenn auch begrenztes Wettangebot eröffnet und dadurch die Wettleidenschaft in geordnete und sichere Bahnen gelenkt wird. Dieses Konzept stellt zwar auch aus suchtmedizinischer Sicht eine geeignete strukturelle Ausgangsbasis für ein an der Prävention problematischen Spielverhaltens ausgerichtetes Wettangebot dar (vgl. Hayer/Meyer, Die Prävention problematischen Spielverhaltens, J Public Health 2004, S. 293 <302>). Im Rahmen des gegenwärtigen staatlichen Wettangebots findet aber die darüber hinaus wichtige aktive Suchtprävention nicht statt. Die Staatliche Lotterieverwaltung beschränkt sich vielmehr auf die Einhaltung der Verpflichtung nach § 4 Abs. 4 des Lotteriestaatsvertrags, Informationen zu Spielsucht, Prävention und Behandlungsmöglichkeiten bereit zu halten. Auf der Internetseite der Staatlichen Lotterieverwaltung befindet sich an wenig exponierter Stelle ein knapper Hinweis auf die Gefahren übermäßigen Spiels sowie ein Verweis auf eine separat abrufbare Kurzinformation.[…]

Entsprechend ist der Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (kurz: Glücksspielstaatsvertrag, kürzer: GlüStV) am 01.01.2008 in Kraft getreten. Darin verpflichteten sich alle 16 Bundesländer, die getroffenen Regelungen in das eigene Landesrecht umzusetzen. Der Vertrag setzt die generelle staatliche Zielsetzung fort, Spielsucht durch angemessene Kontrollmechanismen zu verhindern und einzudämmen. Weitere Kernpunkte sind ein effektiver Jugendschutz, sowie Prävention und Erschwerung krimineller Machenschaften, die typischerweise in diesem Zusammenhang auftreten können. Das Monopol für Sportwetten verbleibt beim Staat. Das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet ist generell verboten.
Entscheidung des EuGH im September 2010
Eine Reaktion des Gerichtshofs ließ nicht lange auf sich warten. In C-316/07 (Urteil vom 08.09.2010, siehe auch RÜ 2010 S.719; NJW-aktuell 41/2010, 16 ff.) stellte das Gericht fest, dass der GlüStV in seiner aktuell gültigen Fassung sowohl die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV, als auch die Niederlassungsfreiheit nach Art. 46 AEUV privater Wettanbieter verletzt.

Hier haben die vorlegenden Gerichte nach einem Hinweis darauf, dass Pferdewetten und Automatenspiele von privaten Veranstaltern mit einer Erlaubnis betrieben werden könnten, auch festgestellt, dass zum einen der Inhaber des staatlichen Monopols auf Sportwetten in Bezug auf die ebenfalls dem Monopol unterliegenden Lotteriespiele intensive Werbekampagnen durchführe, in denen der Finanzierungsbedarf sozialer, kultureller oder sportlicher Aktivitäten herausgestellt werde, denen die erzielten Gewinne zugute kämen, und so den Anschein erwecke, dass die Maximierung der diesen Aktivitäten zugedachten Gewinne zu einem eigenständigen Ziel der fraglichen restriktiven Maßnahmen werde. Zum anderen haben die genannten Gerichte festgestellt, dass die zuständigen Behörden in Bezug auf Kasino- und Automatenspiele, obwohl diese ein höheres Suchtpotenzial aufwiesen als Sportwetten, eine Politik der Angebotsausweitung betrieben oder duldeten. Das Angebot neuer Kasinospielmöglichkeiten im Internet werde nämlich von diesen Behörden geduldet, während die Bedingungen für den Betrieb von Automatenspielen in anderen Einrichtungen als Spielbanken, etwa in Spielhallen, Schank- und Speisewirtschaften sowie Beherbergungsbetrieben, unlängst erheblich gelockert worden seien.
Insoweit hat der Gerichtshof zwar in Bezug auf das von einem nationalen Gesetzgeber verfolgte Ziel, einer Ausnutzung von Glücksspieltätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen, entschieden, dass eine Politik der kontrollierten Expansion dieser Tätigkeiten mit dem Ziel in Einklang stehen kann, sie in kontrollierbare Bahnen zu lenken, indem Spielern, die verbotenen geheimen Spiel- oder Wetttätigkeiten nachgehen, ein Anreiz gegeben wird, zu erlaubten und geregelten Tätigkeiten überzugehen. Zur Erreichung dieses Ziels ist es nämlich erforderlich, dass die Veranstalter, die über eine Erlaubnis verfügen, eine verlässliche und zugleich attraktive Alternative zur verbotenen Tätigkeit darstellen, was als solches das Angebot einer breiten Palette von Spielen, einen gewissen Werbeumfang und den Einsatz neuer Vertriebstechniken implizieren kann (vgl. Urteil Placanica u. a., Randnr. 55).[…]
Wie der Generalanwalt jedoch in Nr. 61 seiner Schlussanträge weiter dargelegt hat, kommt es insoweit darauf an, dass die vom Inhaber eines staatlichen Monopols eventuell durchgeführte Werbung maßvoll und strikt auf das begrenzt bleibt, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den genehmigten Spielnetzwerken zu lenken. Hingegen darf eine solche Werbung insbesondere nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher dadurch zu fördern, dass sie zu aktiver Teilnahme am Spiel angeregt werden, etwa indem das Spiel verharmlost oder ihm ein positives Image verliehen wird, das daran anknüpft, dass die Einnahmen für Aktivitäten im Allgemeininteresse verwendet werden, oder indem die Anziehungskraft des Spiels durch zugkräftige Werbebotschaften erhöht wird, die bedeutende Gewinne verführerisch in Aussicht stellen.

Zwar sei ein staatliches Wettmonopol in einem Mitgliedsstaat zulässig, wenn es „im Allgemeininteresse liegende Zielen des Verbraucherschutzes und der Sozialordnung dienen kann“. Der Ausschluss privater Anbieter führe aber zu einer besonderen Beachtlichkeit des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, insbesondere der Erforderlichkeit der Maßnahme. Diese sei dann nicht gegeben, wenn – wie in Deutschland nachweislich geschehen – intensive Werbekampagnen und Ausweitungen des Spielautomatenangebots stattfinden, die zu den Gesichtspunkten des Verbraucherschutzes und der Suchtprävention im Widerspruch stehen. Die Verwirklichung dieser Ziele müsse aber „in konsequenter und widerspruchsfreier“ Art und Weise erfolgen (zu den Einzelheiten, siehe C-316/07), sodass die von Deutschland getroffenen Regelungen mit dem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar seien und ferner auch nicht anwendbar (zur Anwendbarkeit einzelner Regelungen im GlüStV siehe hier).
Entscheidung des BVerwG im Juni 2011 und geplante Änderung des GlüStV
In der Pressemitteilung des BVerwG vom 01.06.2011 wird ein wesentlicher Punkt des GlüStV bestätigt, nämlich die Unzulässigkeit des Angebots von Sportwetten über das Internet. Geklagt hatte das Unternehmen BWIN, welches aufgrund einer alten DDR-Lizenz seit 1990 ein Wettbüro in Sachsen betreibt und Internet-Wetten in Bayern anbieten wollte. Zumindest in den „neuen Bundesländern“ wurden solche Lizenzen nach der „Wende“ von den Behörden weitgehend anerkannt (dagegen überwiegend nicht in den westlichen Bundesländern, vgl. BVerwG, 21.06.2006 – 6 C 19.06). Die Durchführung von Online-Sportwetten wurde dem Kläger somit letztinstanzlich untersagt unter Verweis auf das besondere Suchtpotential und den besonderen Gefahren, die sich aus dem Spielen übers Internet ergeben. Kurios: In seiner Entscheidung vom September 2010 (s.o.) hatte sich der EuGH damit auseinandersetzen müssen, ob ggf. eine gültige Wettlizenz aus einem anderen Mitgliedstaat (Österreich) von den deutschen Behörden anerkannt werden müsse. Nach Ansicht des EuGH nein, da es jedem MS überlassen sei, die „Ziele ihrer Politik und das jeweilige Schutzniveau eigenverantwortlich festzulegen“ (so auch schon in C-6/01 „Anomar“ v. 11.09.2003). Gewisse Parallelen zu der Problematik der Anerkennung alter DDR-Lizenzen sind wohl nicht von der Hand zu weisen.
Schon vor der Entscheidung des EuGH und trotz Einführung des GlüStV ist der Regelungsbedarf offensichtlich geworden. Deshalb haben sich die Minister der Bundesländer vor kurzem (Quelle: Focus-Online) auf eine Neukonzeptionierung des GlüStV geeinigt, der am 01.01.2012 voraussichtlich in Kraft treten soll. Vorgesehen ist die Vergabe von sieben bundesweiten Konzessionen an private Wettanbieter, die 16,66 Prozent der Einsätze an den Bund abzuführen haben. Neben anderen Regelungen im Bereich der Werbung für die Anbieter, sollen auch Live-Wetten im Internet in eingeschränktem Maße möglich werden.
Fazit
In Anbetracht der Rechtsprechung des EuGH und des BVerwG würde der abgeänderte GlüStV den Umfang der geforderten Änderungen sogar übertreffen. Das staatliche Monopol für Sportwetten wird durch die Konzessionsvergabe nicht nur erheblich abgeschwächt, sondern darüber hinaus auch um die Möglichkeit des Internetvertriebs erweitert. Es bleibt im Übrigen abzuwarten, welche Maßnahmen im Einzelnen getroffen werden, um diesem langwährenden Streit ein Ende zu setzen. BWIN hat bereits kurz nach Veröffentlichung der Entscheidung des BVerwG angekündigt, Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil einzulegen.
 

04.06.2011/0 Kommentare/von Nicolas Hohn-Hein
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Nicolas Hohn-Hein https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Nicolas Hohn-Hein2011-06-04 10:03:102011-06-04 10:03:10Aktuelles zum staatlichen Monopol für Sportwetten

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