Mit Ihren Äußerungen über die möglichen Wege zum Kommunismus hat die Vorsitzende der sog. Linkspartei für Furore gesorgt. Die Äußerungen wurden nicht nur von CSU und Co. als inakzeptabel und verfassungswidrig eingestuft sondern auch in der eigenen Partei heftig kritisiert. Wie nun der Spiegel berichtet, will der nun ihr Kollege in der Chefetage, Klaus Ernst, die Debatte schnell beenden (s. https://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,738027,00.html). Ernst ist der Ansicht, dass sich Lötzsch eindeutig, wie auch Die Linke sonst, im Rahmen der Verfassung bewegt habe.
Dürfen deutsche Politiker sich für den Kommunismus einsetzen?
Aber stimmt dies wirklich? Darf sich ein deutscher Politiker/in wirklich für eine kommunistische Ordnung unserer Gesellschaft einsetzen ohne dabei den Rahmen des Grundgesetzes zu verlassen? Hieran bestehen starke Zweifel. Zunächst einmal die Äußerung von Frau Lötzsch im Wortlaut:
„Die Wege zum Kommunismus können wir nur finden, wenn wir uns auf den Weg machen und sie ausprobieren, ob in der Opposition oder in der Regierung. Auf jeden Fall wird es nicht den einen Weg geben, sondern sehr viele unterschiedliche Wege, die zum Ziel führen. Viel zu lange stehen wir zusammen an Weggabelungen und streiten über den richtigen Weg, anstatt die verschiedensten Wege auszuprobieren. Zu lange laufen wir auf Wegen, obwohl wir ahnen oder gar wissen, dass sie nicht zum Ziel führen. Doch wir kehren nicht um, weil wir Angst vor denen haben, die immer noch diskutierend an der Weggabelung stehen und uns mit höhnischem Gelächter empfangen könnten. Wir müssen lernen, Sackgassen zu verlassen und sie nicht ambitioniert als Wege zum Kommunismus zu preisen. Egal, welcher Pfad zum Kommunismus führt, alle sind sich einig, dass es ein sehr langer und steiniger sein wird. Warum eigentlich?“ (nachgewiesen u.a. bei https://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,737780,00.html)
Frau Lötzsch fordert hierin definitiv, diverse Wege in Richtung Kommunismus auszuprobieren. Verstößt dieser Vorschlag also gegen das GG? Zur Klarstellung: Es geht nicht um die Frage, ob die Äußerung von der Meinungsfreiheit gedeckt ist etc., sondern nur um das Sachproblem, ob sich ein solcher Vorschlag im Rahmen des GG realisieren lässt.
Zunächst einmal ist Kommunismus natürlich eine Frage der Ordnung der Wirtschaft. Das GG enthält keine eindeutige Aussage zu einer Wirtschaftsverfassung. Nach hM kann man jedoch in einer Gesamtschau zahlreicher Vorschriften so etwas wie die soziale Marktwirtschaft im GG verankern. Einerseits sprechen Art. 2, 12 und 14 GG für eine marktwirtschaftliche Konzeption, andererseits fordern Art. 1, 20 und 28 GG (ins. das Sozialstaatsprinzip) auch soziale Elemente, ein „Turbokapitalismus in Reinform“ wäre also auch nicht möglich.
Das gängige kommunistische Wirschaftsmodell (wie etwa früher in der SU oder in China) sieht zunächst einmal idR kein Privateigentum vor oder einen nur sehr geringen Schutz desselben. Dies wäre eindeutig verfassungswidrig. Ob man Art. 14 GG entsprechend mit einer 2/3-Mehrheit ändern könnte oder ob die Ewigkeitsgarantie greifen würde, ist fraglich. Auch der Grundsatz der Privatautonomie (nach hM hineinzulesen in Art. 2 Abs. 1 GG) wäre durch den Kommunismus gefährdet.
Ganz allgemein bedeutet Kommunismus natürlich einen sehr starken, nahezu allmächtigen Staat, der fast die gesamte wirtschaft „fürsorglich“ für den Bürger plant, sich aber häufig auch in Privates wie Erziehung, Religion etc. einmischt. Dies war zumindest die reale Erfahrung in DDR, Russland, Kuba etc. All dies ist natürlich mit nahezu sämtlichen Grundrechten unvereinbar (insbesondere natürlich, Art. 1, 2, 4, 7, 12, 14 GG). Die Geschichte hat gezeigt, dass ein zu starker Staat idR auch seine Macht missbraucht. Dann ist man schnell auch bei Verletzungen von Pressefreiheit, Kunstfreiheit, Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit.
So weit muss es natürlich nicht kommen und man wird Frau Lötzsch (schon im Hinblick auf Art. 5 GG) unterstellen können, dass sie all dies natürlich nicht will. Im Kern ist Kommunismus aber stets anti-liberal und damit eben auch gegen Freiheitsgrundrechte, zumindest gegen die Garantie des Privateigentums und freien wirtschaftlichen Handelns/Privatautonomie gerichtet. All dies ist aber vom GG garantiert.
Das GG würde sicherlich eine noch deutlich sozialistischere Form unserer derzeitigen sozialen Marktwirtschaft erlauben, Kommunismus erlaubt es aber meiner Meinung nach nicht. Daher halte ich die Ansichten von Frau Lötzsch durchaus für verfassungsrechtlich bedenklich, ja gar verfassungswidrig. Die Linke wird bei solchen Äußerungen ihrer Obersten sicherlich auch in Zukunft noch vom Verfassungsschutz beobachtet werden.