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Schlagwortarchiv für: Schönheitsreparaturklausel

Dr. Melanie Jänsch

BGH: Neues zu Schönheitsreparaturen im Mietrecht

Examensvorbereitung, Lerntipps, Mietrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite

Mit zwei aktuellen Urteilen vom 08.07.2020 (Az.: VIII ZR 163/18 und VIII ZR 270/18) hat sich der BGH abermals zu der extrem klausur- und examensrelevanten Thematik der Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen im Mietrecht geäußert. Konkret hat der BGH festgestellt, dass ein Mieter, dem eine unrenovierte Wohnung als vertragsgemäß überlassen wurde und auf den die Schönheitsreparaturen nicht wirksam abgewälzt wurden, vom Vermieter die Durchführung von Schönheitsreparaturen verlangen kann, wenn eine wesentliche Verschlechterung des Zustands eingetreten ist. Gleichwohl ergibt sich in diesem Fall aus Treu und Glauben gemäß § 242 BGB, dass der Mieter sich an den hierfür anfallenden Kosten regelmäßig hälftig beteiligen muss, wenn die Ausführung der Schönheitsreparaturen zu einer Verbesserung des Zustands – im Vergleich zum Zustand bei Überlassung der Mietsache – führt. Als Dauerbrenner in Schuldrechtsklausuren im Grundstudium, Zivilrechtsübungen im Hauptstudium und Examensklausuren sind sichere Kenntnisse auf dem Gebiet des Mietrechts unerlässlich – eine Auseinandersetzung mit den nachfolgend besprochenen Grundsätzen wird daher dringend empfohlen.
 
A) Sachverhalte und Prozessverläufe (der Pressemitteilung Nr. 90/2020 entnommen)
Die Sachverhalte sind schnell erzählt: Die Kläger des ersten Verfahrens mieteten im Jahr 2002 von der beklagten Vermieterin eine bei Überlassung unrenovierte Wohnung in Berlin. Da sich aus ihrer Sicht der Zustand der Wohnungsdekoration zwischenzeitlich verschlechtert habe, forderten sie die Beklagte im März 2016 vergeblich auf, Tapezier- und Anstricharbeiten gemäß einem beigefügten Kostenvoranschlag ausführen zu lassen. Die auf Zahlung eines entsprechenden Vorschusses in Höhe von (zuletzt) 7.312,78 € gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. In der Begründung verwies das LG Berlin darauf, dass ein Vorschussanspruch aus § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB aus dem Grund nicht bestehe, dass die Mietsache wegen ihres dekorativen Verschleißes nicht mangelhaft i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB sei. Da die Schönheitsreparaturklausel im Mietvertrag unwirksam sei, sei der Grundregel des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB nach zwar der Vermieter zur Instandhaltung verpflichtet. Auch sei anzunehmen, dass sich der Zustand der Wohnungsdekoration nach einer Mietzeit von 14 Jahren im Vergleich zum (unrenovierten) Anfangszustand weiter verschlechtert habe. Jedoch hätten die Kläger diesen Zustand als vertragsgemäß akzeptiert, so dass ein Anspruch auf Vornahme von Renovierungsarbeiten gegen den Vermieter von vorne herein ausscheide, zumal dadurch eine deutlich über den vertragsgemäß geschuldeten Zustand der Wohnung hinausgehende Verbesserung erzielt würde, welche die Beklagte nicht schulde. Ein Anspruch des Mieters auf ein Tätigwerden des Vermieters bestehe nur dann, wenn die Wohnung zwischenzeitlich „verkommen“ und „Substanzschäden“ vorzubeugen sei – wofür im konkreten Fall nichts ersichtlich sei.
Ähnlich stellte sich der Sachverhalt im zweiten Verfahren dar: Hier begehrte der Mieter die Verurteilung der Vermieterin zur Vornahme konkret bezeichneter Schönheitsreparaturen. Die Wohnung war ihm bei Mietbeginn im Jahr 1992 von der Rechtsvorgängerin der Vermieterin ebenfalls unrenoviert überlassen worden. Im Dezember 2015 forderte er die Vermieterin vergeblich auf, die aus seiner Sicht zur Beseitigung des mangelhaften Renovierungszustands erforderlichen Malerarbeiten in der Wohnung auszuführen. Die Klage hatte – im Gegensatz zum ersten Verfahren – in den Vorinstanzen Erfolg. Das LG Berlin begründete seine Entscheidung damit, dass sich die Erhaltungspflicht des Vermieters zwar nach dem Zustand der Mietsache bei Vertragsschluss bestimme, wonach er im Falle einer unrenoviert überlassenen Wohnung lediglich dazu verpflichtet wäre, nach weiterem Verschleiß den Ursprungszustand wiederherzustellen. Indes sei in Fällen wie dem vorliegenden nicht anzunehmen, dass es sich bei dem unrenovierten Ursprungszustand um den „vertragsgemäßen“ Zustand handle. Vielmehr müsse sich ein Vermieter an dem im Mietvertrag aufgeführten – wenn auch unwirksamen – „Renovierungsprogramm“, wonach der Mieter zur regelmäßigen Ausführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet sei, festhalten lassen.
 
B) Die Entscheidung des BGH
Der BGH hat in beiden Fällen das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Denn: Im Ausgangspunkt könne ein Mieter vom Vermieter grundsätzlich die Durchführung von Schönheitsreparaturen verlangen, wenn eine wesentliche Verschlechterung des Dekorationszustandes eingetreten sei. Jedoch müsse er sich in einem solchen Fall nach Treu und Glauben an den hierfür anfallenden Kosten beteiligen, wenn die Ausführung der Renovierungsarbeiten zu einem besseren Zustand als zu Mietbeginn führe. Doch der Reihe nach:
 
I. Voraussetzungen einer wirksamen Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter
Zunächst hat der BGH unter Verweis auf zwei Entscheidungen aus dem Jahre 2015 und 2018 seine Rechtsprechung bestätigt, wonach die Übertragung von Schönheitsreparaturen in einem Formularmietvertrag unwirksam ist, wenn die Wohnung unrenoviert überlassen wird und dem Mieter hierfür kein angemessener finanzieller Ausgleich gewährt wird (s. BGH, Urt. v. 18.03.2015 – VIII ZR 185/14, Rn. 15, 35; Urt. v. 22.08.2018 – VIII ZR 277/16). Wirksam kann eine Klausel, die die Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter überträgt, bei einer unrenoviert überlassenen Wohnung also nur dann sein, wenn dieser Nachteil durch einen angemessenen Ausgleich kompensiert wird – wenn er etwa bei der Bemessung der Miethöhe Berücksichtigung findet. Mangels entsprechenden Ausgleichs in den hier vorliegenden Fällen ist die Klausel jedoch unwirksam, sodass an ihre Stelle gemäß § 306 Abs. 1, Abs. 2 BGB die gesetzlichen Vorschriften treten. Konkret bedeutet das, dass nach der Grundregel des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB dem Vermieter die Erhaltungspflicht obliegt. Ein anderes Ergebnis kann auch aus zweierlei Gründen nicht durch einen Rückgriff auf das Institut der ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB erreicht werden: Zwar ist anerkannt, dass eine Lücke, die sich durch den Wegfall einer unwirksamen Klausel gemäß § 306 Abs. 1 BGB ergeben kann, grundsätzlich auch im Wege ergänzender Vertragsauslegung geschlos­sen werden kann (s. hierzu beispielhaft BGH, Urt. v. 03.12.2015 – VII ZR 100/15, NJW 2016, 401, 402 f., Rn. 29; Urt. v. 01.02.1984 – VIII ZR 54/83, NJW 1984, 1177 ff.). Die ergänzende Vertragsauslegung erfordert aber unbestritten die Berücksichtigung beider Interessenlagen, sodass schon deshalb nicht das einseitig im Interesse des Vermieters stehende Ergebnis, der gesetzlichen normierten Verpflichtung zur Instandhaltung zu entgehen, erreicht werden kann. Insbesondere aber kann erst dann auf das Institut der ergänzenden Vertragsauslegung zurückgegriffen werden, wenn konkrete gesetzliche Regelungen zur Schließung der Lücke fehlen. Hier besteht aber mit § 535 Abs. 1 S. 2 BGB ohne Zweifel eine gesetzliche Vorschrift, die an die Stelle der unwirksamen Klausel treten kann.
 
Anmerkung: Lesenswert in Bezug auf die Anforderungen an eine wirksame Schönheitsreparaturklausel ist insbesondere das Urteil des BGH vom 18.03.2015 (Az.: VIII ZR 185/14), in dem der BGH in Kehrtwende zu seiner bisherigen Rechtsprechungslinie (hierzu BGH, Beschl. v. 01.07.1987, Az.: VIII ARZ 9/86) entschieden hat, dass die formularvertragliche Überwälzung der Verpflichtung zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen einer dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht standhält, sofern der Vermieter dem Mieter keinen angemessenen Ausgleich gewährt. Denn eine solche Klausel erlege dem Mieter die Verpflichtung zur Beseitigung sämtlicher Gebrauchsspuren des Vormieters auf und führe bei kundenfeindlichster Auslegung dazu, dass der Mieter die Wohnung vorzeitig renovieren oder sogar in einem besseren Zustand zurückgeben müsste, als er sie selbst vom Vermieter erhalten habe.
 
II. Grundsätzlich keine uneingeschränkte Renovierungspflicht des Vermieters bei unrenoviert überlassener Wohnung
Dennoch müsse sich der Vermieter nach der Ansicht des BGH nicht an dem im Mietvertrag aufgeführten – unwirksamen – Vorgaben für die Ausführung der Schönheitsreparaturen festhalten lassen, wie es in der Berufung teilweise vertreten wurde. Im Gegenteil treffe ihn gerade keine Pflicht zur uneingeschränkten Renovierung ohne Rücksicht auf den unrenovierten Zustand bei Mietbeginn. Denn – so ausdrücklich der BGH –

„Ausgangspunkt der den Vermieter treffenden Erhaltungspflicht ist grundsätzlich der Zustand der Wohnung im Zeitpunkt ihrer Überlassung an die jeweiligen Mieter, vorliegend nach der Verkehrsanschauung mithin der unrenovierte Zustand, in dem sie sie die Wohnung besichtigt und angemietet haben, ohne dass Vereinbarungen über vom Vermieter noch auszuführende Arbeiten getroffen wurden.“

Auch wenn der unrenovierte Zustand als „vertragsgemäß“ maßgeblich sei, seien Instandhaltungsansprüche der Mieter freilich nicht von vornherein ausgeschlossen. Den Vermieter treffe vielmehr dann eine Instandhaltungspflicht, wenn sich der anfängliche Zustand wesentlich verschlechtert habe. Bei einem längeren Mietverhältnis – wie in den vorliegenden Fällen bei einer Mietdauer von 14 bzw. 25 Jahren – sei dies sogar regelmäßig anzunehmen. Kurzum: Nach diesen Maßstäben muss der Vermieter bei wesentlicher Verschlechterung den Zustand wieder auf den (unrenovierten) Zustand, der bei Beginn des Mietverhältnisses, vorlag, zurückführen.
 
III. Aus Gründen der Praktikabilität aber uneingeschränkte Renovierung unter finanzieller Beteiligung des Mieters sachgerecht
Wie aber soll der Vermieter die Wohnung wieder in den unrenovierten Dekorationszustand zurückversetzen, den sie bei der Überlassung an den Mieter aufwies? Dass dieser Ansatz in praktischer Hinsicht Schwächen aufweist, hat auch der BGH gesehen:

„Allerdings ist die Wiederherstellung des (vertragsgemäßen) Anfangszustandes in der Regel nicht praktikabel, zumindest aber wirtschaftlich nicht sinnvoll und liegt auch nicht im Interesse vernünftiger Mietvertragsparteien. Vielmehr ist allein eine Durchführung von Schönheitsreparaturen sach- und interessengerecht, durch die der Vermieter die Wohnung in einen frisch renovierten Zustand versetzt. Da hierdurch auch die Gebrauchsspuren aus der Zeit vor dem gegenwärtigen Mietverhältnis beseitigt werden und der Mieter nach Durchführung der Schönheitsreparaturen eine Wohnung mit einem besserem als dem vertragsgemäßen Zustand bei Mietbeginn erhält, gebietet es der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), die jeweiligen Interessen der Vertragspartner in einen angemessenen Ausgleich zu bringen. Vor diesem Hintergrund hat der Senat entschieden, dass der Mieter in derartigen Fällen zwar einerseits vom Vermieter eine „frische“ Renovierung verlangen kann, sich aber andererseits in angemessenem Umfang an den dafür erforderlichen Kosten zu beteiligen hat. Soweit nicht Besonderheiten vorliegen, wird dies regelmäßig eine hälftige Kostenbeteiligung bedeuten.“

Letztlich ist damit eine komplette Renovierung seitens des Vermieters bei einem unrenoviert überlassenen Mietobjekt – folgt man strikt den Vorgaben des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB – zwar nicht geschuldet; da eine Rückführung auf den Zustand bei Mietbeginn aber regelmäßig unpraktikabel und nicht interessengerecht ist, kann der Mieter sie aber trotzdem verlangen – und muss sich in angemessenem Umfang an den hierfür anfallenden Kosten beteiligen. Begehrt der Mieter die Vornahme der Schönheitsreparaturen durch den Vermieter, so kann der Vermieter die Kostenbeteiligung des Mieters „nach Art eines Zurückbehaltungsrechts“ einwenden. Verlangt der Mieter von dem mit der Durchführung der Arbeiten in Verzug geratenen Vermieter die Zahlung eines Kostenvorschusses, führt die angemessene Kostenbeteiligung zu einem entsprechenden Abzug von den voraussichtlichen Kosten. 
 
C) Fazit
Kurz zusammengefasst: Findet sich im Mietvertrag gar keine Schönheitsreparaturregelung oder ist eine solche unwirksam, gilt die Grundregel des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB, wonach dem Vermieter die Pflicht zur Instandhaltung obliegt. Wurde die Wohnung unrenoviert überlassen, bedeutet das aber nach der Auffassung des BGH nicht, dass der Vermieter eine „frische“ Renovierung vornehmen muss, die den Zustand gegenüber dem Anfangszustand verbessern würde. Maßgeblich ist vielmehr der Zustand im Zeitpunkt der Überlassung; unrenoviert ist damit „vertragsgemäß“. Nach diesen Maßstäben müsste der Vermieter bei wesentlicher Verschlechterung den Zustand streng genommen wieder auf den (unrenovierten) Anfangszustand zurückführen. Da dies aber weder praktikabel noch interessengerecht ist, kann der Mieter eine uneingeschränkte Renovierung verlangen, muss sich aber – da er nach Durchführung der Schönheitsreparaturen eine Wohnung mit einem besserem als dem vertragsgemäßen Zustand bei Mietbeginn erhält – nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB in angemessenem Umfang, regelmäßig zur Hälfte, an den anfallenden Kosten beteiligen. Interessengerecht ist das. Das Ergebnis überzeugt mit Blick auf die Praxis – wenn man auch in dogmatischer Hinsicht die Stirn runzeln muss.

13.07.2020/1 Kommentar/von Dr. Melanie Jänsch
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Melanie Jänsch https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Melanie Jänsch2020-07-13 08:35:282020-07-13 08:35:28BGH: Neues zu Schönheitsreparaturen im Mietrecht
Nicolas Hohn-Hein

Schönheitsreparaturen: Aufeinandertreffen formularvertraglich und individualvertraglicher Klauseln im Mietvertrag

AGB-Recht, Mietrecht, Zivilrecht, Zivilrecht

Das AG Mannheim (Urteil vom 20.5.2011, 10 C 14/11) hat im Anschluss an die BGH Rechtsprechung (BGH NJW 2006, 2116) entschieden, dass bei zwei für sich genommen wirksamen Regelungen (Formularklausel und individuelle Parteivereinbarung) in einem Mietvertrag über Wohnraum aufgrund eines sog. Summierungseffekt letztendlich doch von einer Unwirksamkeit ausgegangen werden kann. Betroffen war die Verpflichtung zu Schönheitsreparaturen bzw. zur Endrenovierung. Zur Problematik der Schönheitsreparaturen-Klauseln siehe insbesondere hier und hier.
Sachverhalt (vereinfacht)
M hatte mit V einen Mietvertrag über Wohnraum geschlossen. In dem Mietvertrag wurde unter § 5 Abs.1 formularvertraglich festgelegt, dass M für Schönheitsreparaturen während der Mietzeit aufzukommen habe. Unter Abs.4 war hierzu ein Fristenplan aufgestellt. In § 19 des Mietvertrags haben M und V individualvertraglich folgendes vereinbart: „§ 5 Abs. 4 wird gestrichen. Bei Beendigung des Mietverhältnisses ist die Wohnung renoviert und in ursprünglichem, bezugsfertigen Zustand zu übergeben““
Das Mietverhältnis endete zum 31.07.2010. Mit mehreren Schreiben verweigert M die Durchführung bzw. Zahlung der Kosten der Schönheitsreparaturen, obwohl V ihm schon vorher eine Frist dazu gesetzt hatte. M begründet sein Verhalten damit, dass die Klauseln im Mietvertrag unwirksam seien und er deshalb nicht zahlen müsse. Außerdem habe er während der Mietzeit in ausreichender Weise Schönheitsreparaturen durchgeführt. Der Grad der Abnutzung zum Ende des Mietverhältnisses sei in Anbetracht des Alters der Wohnräume völlig normal.
V verweist darauf, dass sich die Badinstallationen in einem desolaten, weil verdreckten Zustand befänden und deswegen ausgetauscht werden müssten. V verlangt die entstandenen Kosten für die Renovierung der Wohnung und die angefallenen Schönheitsreparaturen. Zu Recht?
Formularklausel und Individualvereinbarung für sich genommen wirksam
Zu prüfen ist, ob die jeweiligen Regelungen wirksam sind. Die Formularklausel lässt sich an §§ 305 ff messen. Die Individualvereinbarung folgt den allgemeinen Grundsätzen nach §§ 134, 138 BGB. Sowohl eine Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen während der Mietzeit, als auch eine Pflicht zur Endrenovierung am Ende der Mietzeit können taugliche Ausgestaltungen des Vertragsverhältnisses sein. Das Gericht hat diesbezüglich keine Bedenken, denn

[m]aßgeblich kommt es dabei auf das Zusammenspiel der Formularklausel unter § 5 und der Individualvereinbarung unter § 19 an. Mit letzterer wurde nicht die gesamte unter § 5 des Vertrages enthaltene Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen gestrichen, sondern lediglich der Fristenplan gemäß § 5 Abs. 4 sowie die dort weiter enthaltene Regelung zur Abgeltung im Falle nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen zum Zeitpunkt des Auszug des Mieters. Die grundsätzliche Pflicht zur Durchführung der Schönheitsreparaturen gem. § 5 Abs. 1 des Vertrages blieb damit unverändert in Kraft. Dabei begegnet sowohl die Klausel unter § 5 Abs. 1 wie auch die individualvertraglich vereinbarte Pflicht zur Renovierung bei Auszug, unabhängig von dem Zustand der Wohnung bzw. des Zeitpunktes der letztmals durchgeführter Renovierungsarbeiten, für sich betrachtet keinen Bedenken.

Gesamtwirkung der Klauseln führt zu einem Summierungseffekt
Die Individualvereinbarung und Formularklausel dürfen nicht streng unabhängig voneinander betrachtet werden. Vielmehr besteht durch die Streichung von § 5 Abs.4 durch § 19 ein innerer Zusammenhang, sodass es nicht etwa darauf ankommt, dass die Regelungen in unterschiedlichen Paragrafen stehen. Denn trotz dieses Umstands

[…] müssen sie ihrer Bestimmung wegen als zusammengehörig gewertet werden und zwar auch dann, wenn – wie hier – es sich bei der einen um eine Formularklausel handelt und die andere auf individueller Vereinbarung beruht (vgl. hierzu BGH NJW 1993, 532). Derartige, jeweils für sich unbedenkliche Klauseln haben wegen ihres inhaltlichen Zusammenhangs einen Summierungseffekt und führen in ihrer Gesamtwirkung zu einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters und zwar gerade auch in dem Fall, dass die formularvertragliche Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen mit einer Individualvereinbarung zusammentrifft, wonach bei Auszug auf alle Fälle eine Endrenovierung durchzuführen ist (vgl. hierzu BGH NJW 2006, 2116). Dies hat zunächst gem. § 307 Abs. 1 BGB zur Folge, dass die Formularklausel unwirksam ist (vgl. hierzu BGH a.a.O.).

Ferner ist nach dem Schicksal der Individualvereinbarung zu fragen, deren Wirksamkeit zunächst nicht berührt ist. Anders ist jedoch dann zu entscheiden, wenn die Klauseln gemäß § 139 BGB eine wirtschaftliche Einheit bilden, sodass die Nichtigkeit der einen Regelung die der anderen zur Folge hätte.

Da beide Klauseln wegen ihres sachlichen Zusammenhangs ein einheitliches Rechtsgeschäft darstellen, hat dies weiter gemäß Regelfall des § 139 BGB zur Folge, dass die Nichtigkeit dieses Teils des Vertrages dazu führt, dass auch die inhaltlich und wirtschaftlich nicht zu trennende Individualabrede – der Vermieter will, dass die Renovierungslast insgesamt auf den Mieter übertragen wird – über die Endrenovierung nichtig ist, somit beide Regelungen insgesamt unwirksam sind (vgl. hierzu LG Freiburg WuM 2005, 383; LG Hamburg ZMR 2008, 454; Langenberg, Schönheitsreparaturen 4. Aufl. Teil I, Rdnr. 248; Blank/Börstinghaus Miete 3. Aufl. § 535 BGB Rdnr. 399; Staudinger BGB 2010 § 139 Rdnr. 40; Derleder, Individuelle Abreden bei Vertragsdurchführung zur Rettung unwirksamer Schönheitsreparaturenklauseln, NZM 2009, 227). Insbesondere liegt auch entgegen der Regelvermutung des § 139 BGB nicht die als Sonderfall zu wertende Konstellation vor, dass die Individualvereinbarung über die Endrenovierungsverpflichtung erst zeitlich nach Abschluss des Mietvertrags und hiervon gesondert erfolgte (vgl. hierzu BGH NJW 2009, 1075).

Ergebnis: Die Klauseln sind unwirksam. V hat weder Anspruch auf Ersatz der Kosten der Schönheitsreparaturen, noch der Endrenovierung.
Fazit
Das Ergebnis überzeugt. Durch den Summierungseffekt wird der Mieter übermäßig benachteiligt, da er nicht nur während der Mietzeit für Schönheitsreparaturen aufkommen muss, sondern auch noch, unabhängig davon, in jedem Fall eine Endrenovierung durchführen muss (Vertragsparität!). Da man über die jeweiligen Einzelprüfungen der Klauseln (weil jeweils wirksam) nicht rausfällt, behilft sich das Gericht mit der Annahme eines Summierungseffekts, der die Formularklausel aufgrund der angesprochenen Gesamtwirkung nach § 307 Abs.1 BGB unwirksam werden lässt. Über § 139 BGB trifft die Individualvereinbarung dann das gleiche Schicksal.

07.06.2011/4 Kommentare/von Nicolas Hohn-Hein
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Nicolas Hohn-Hein https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Nicolas Hohn-Hein2011-06-07 15:35:592011-06-07 15:35:59Schönheitsreparaturen: Aufeinandertreffen formularvertraglich und individualvertraglicher Klauseln im Mietvertrag
Nicolas Hohn-Hein

BGH: Farbwahlklausel – keine Beschränkung auf die Farbe „weiß“

Mietrecht, Schuldrecht, Zivilrecht, Zivilrecht

In einer aktuellen Entscheidung (BGH, Beschluss vom 14.12.2010 – VIII ZR 198/10) hat der BGH seine Rechtsprechung zur Farbwahl bei Schönheitsreparaturen im Rahmen eines Wohnraummietverhältnisse weiter ausgebaut (vgl. hier und hier).
In dem Fall ging es darum, dass es dem Mieter während der Mietzeit grundsätzlich frei stand, die Wohnung nach seinem Geschmack zu renovieren. Lediglich bei der Rückgabe war – formularmäßig – vereinbart worden, dass der Mieter die Wohnung bei Auszug ausschließlich in der Farbe „Weiß“zu streichen habe.
Weitervermietung auch mit „dezenten Farbtönen“ möglich
Der verbreiteten Ansicht, eine Wohnung ließe sich nur mit weißen Wänden weitervermieten, stellt sich der BGH entgegen. Zwar bestehe eine berechtigtes Interesse des Vermieters, die Wohnung in einer „dezenten“ Farbe zurückzuerhalten. Dies müsse aber nicht zwingend „weiß“ sein

„Die im Mietvertrag enthaltene Farbvorgabe bezieht sich zwar nur auf den Zeitpunkt der Rückgabe der Mietsache und erlaubt es dem Mieter somit, die Wohnung während der Mietzeit nach seinem persönlichen Geschmack zu dekorieren. Die Einengung der Farbwahl auf nur eine einzige Farbe („weiß“) im Zeit-punkt der Rückgabe schränkt die Gestaltungsfreiheit des Mieters aber in einer Weise ein, die nicht durch berechtigte Interessen des Vermieters gerechtfertigt ist und den Mieter deshalb unangemessen benachteiligt. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass das berechtigte Interesse des Vermieters dahin geht, die Wohnung in einem Dekorationszustand zurückzuerhalten, der dem Geschmack eines größeren Interessentenkreises entspricht und eine rasche Weitervermietung ermöglicht. Dieses Interesse erfordert es aber nicht, den Mieter für den Zeitpunkt des Auszugs zwingend auf einen weißen Anstrich fest-zulegen, weil auch eine Dekoration in anderen dezenten Farbtönen eine Weitervermietung nicht erschwert. „
 

Berechtigtes Interesse des Mieters an freier Farbwahl
Die Freiheit, den eigenen Wohnraum nach persönlichem Geschmack während der Mietzeit zu gestalten, ist auch dahingehend zu verstehen, dass diese Freiheit nicht durch eine festgelegte Farbwahl bei Rückgabe eingeschränkt werden darf.

„Für den Mieter hingegen ist, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, ein gewisser Spielraum bei der farblichen Gestaltung auch für den Rückgabezeitpunkt von nicht unerheblichem Interesse, weil er sich dann aus wirtschaftlichen Erwägungen dafür entscheiden kann, schon während der Mietzeit eine Dekoration innerhalb der für den Rückgabezeitpunkt vorgeschriebenen Bandbreite farblicher Gestaltung vorzunehmen, um nicht beim Auszug nur wegen der farblichen Gestaltung eine sonst noch nicht erforderliche Renovierung vornehmen zu müssen.“

 

25.01.2011/0 Kommentare/von Nicolas Hohn-Hein
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Nicolas Hohn-Hein https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Nicolas Hohn-Hein2011-01-25 19:42:202011-01-25 19:42:20BGH: Farbwahlklausel – keine Beschränkung auf die Farbe „weiß“
Samuel Ju

Und täglich grüßt die Schönheitsreparaturklausel

Mietrecht, Schuldrecht, Zivilrecht

Wer schon einmal selber Stress mit dem Vermieter wegen Schönheitsreparaturen gehabt hat, beispielsweise, dass der Vermieter die Kaution gar nicht oder nur teilweise zurückzahlt, weil angeblich die Schönheitsreparaturen nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sind, der weiß, dass dieses Thema nicht nur examens-, sondern sehr praxisrelevant ist.
Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil vom 9.6.2010 entschieden, dass eine Klausel in einem Wohnraummietvertrag wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam ist, wenn dem Mieter durch die Klausel die Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen auferlegt wird, ohne dass ihm die Möglichkeit zur Vornahme dieser Arbeiten in Eigenleistung offen steht. Der Wohnungsmieter muss die Möglichkeit haben, Schönheitsreparaturen in Eigenleistung durchzuführen.
Sachverhalt
Die Beklagten waren bis September 2007 Mieter einer Wohnung der klagenden Wohnungsbaugesellschaft in München. Zu den Schönheitsreparaturen enthält der Mietvertrag folgende Bestimmungen:
„Der Mieter ist verpflichtet, die Schönheitsreparaturen, wie z.B. das Kalken, Anstreichen oder Tapezieren der Wände und Decken, das Streichen und die Behandlung der Fußböden, der Fenster und der Türen, in der Wohnung ausführen zu lassen, (…)“
Die Klägerin begehrt unter anderem Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen in Höhe von 7.036,35 €. Das Amtsgericht hat die Klage insoweit abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Vermieterin zurückgewiesen.
Entscheidung
Die dagegen gerichtete Revision der Vermieterin hatte keinen Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Mieter nicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichtet waren. Die im entschiedenen Fall verwendete Klausel zu den Schönheitsreparaturen kann aufgrund ihres Wortlauts („ausführen zu lassen“) jedenfalls auch dahin verstanden werden, dass der Mieter unter Ausschluss der Möglichkeit einer Selbstvornahme die Arbeiten durch einen Fachhandwerker ausführen lassen muss. In dieser hier maßgeblichen – „kundenfeindlichsten“ – Auslegung hält die Klausel einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB nicht stand.
Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die formularvertragliche Überwälzung der nach dem Gesetz dem Vermieter obliegenden Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen auf den Mieter grundsätzlich zulässig. Allerdings hat der Bundesgerichtshof zugleich darauf hingewiesen, dass die zur Verkehrssitte gewordene Praxis einer Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter auch dadurch geprägt ist, dass der Mieter die ihm übertragenen Schönheitsreparaturen in Eigenleistung ausführen kann. Wird dem Mieter die Möglichkeit einer Vornahme der Schönheitsreparaturen in Eigenleistung – gegebenenfalls durch Hinzuziehung von Verwandten und Bekannten – genommen, stellt die Überwälzung dieser Arbeiten eine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar. Denn Schönheitsreparaturen sind – gleich ob sie der Mieter oder der Vermieter durchführen muss – lediglich fachgerecht in mittlerer Art und Güte auszuführen. Das setzt aber nicht zwingend die Beauftragung einer Fachfirma voraus.
Examensrelevanz
Schönheitsreparaturen sind und bleiben im Rahmen von Mietrechtsklausuren im Examen einer der absoluten Klassiker. Da die Schönheitsreparaturklauseln fast immer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu finden sind, kann sehr leicht im Rahmen einer Examensklausur die Verbindung zwischen Schuldrecht BT und Schuldrecht AT (hier insbesondere der sauberen Prüfung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen) hergestellt werden. Die aktuellen Entscheidungen zu diesem Problemkreis sollten einem geläufig sein. Aus dieser Entscheidung sollte man mitnehmen, dass für die Schönheitsreparaturen nicht zwingend die Beauftragung einer Fachfirma notwendig ist, sondern dass die fachgerechte Ausführung in mittlerer Art und Güte ausreicht.

Urteil vom 9. Juni 2010 – VIII ZR 294/09

AG München – Urteil vom 9. Dezember 2008 – 453 C 4014/08
LG München I – Urteil vom 30. September 2009 – 15 S 6274/09
(veröffentlicht in NJW 2010, 161)

12.06.2010/1 Kommentar/von Samuel Ju
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Samuel Ju https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Samuel Ju2010-06-12 10:08:402010-06-12 10:08:40Und täglich grüßt die Schönheitsreparaturklausel
Samuel Ju

BGH Entscheidung zum Thema Schönheitsreparaturen: Unwirksame Farbwahlklausel für den Innenanstrich der Türen und der Fenster

AGB-Recht, Mietrecht

Der BGH hat in einer neuen Entscheidung vom 20.1.2010 seine bisherige Rechtsprechung zu den sogenannten Farbwahlklauseln im Zusammenhang mit Schönheitsreparaturen fortgeführt und eine in einem Wohnraummietvertrag enthaltene Farbvorgabe für den Innenanstrich der Türen und Fenster wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters für unwirksam erklärt.
Sachverhalt
Die beklagte Mieterin einer Wohnung in Berlin war aufgrund eines Formularmietvertrages zur Übernahme der Schönheitsreparaturen verpflichtet. In § 4 Nr. 6 des Vertrages ist unter anderem bestimmt:
„Der Mieter ist verpflichtet, die während des Mietverhältnisses anfallenden Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten durchzuführen. Die Schönheitsreparaturen sind fachgerecht und wie folgt auszuführen: Tapezieren, Anstreichen der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, der Heizkörper einschließlich der Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen …“
Eine Anlage zum Mietvertrag enthält ferner den folgenden Zusatz:
„Bei der Ausführung von Schönheitsreparaturen sind die Türblätter, Türrahmen, Fensterflügel und Fensterrahmen (ausgenommen Kunststoff-, Aluminium- und Dachfenster, sowie fertig beschichtete Türblätter) nur weiß zu lackieren …“
Mit der Klage verlangt die Vermieterin nach Beendigung des Mietverhältnisses (soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse) Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen. Die Klage ist in erster und zweiter Instanz ohne Erfolg geblieben.
Entscheidung des BGH
Auch die Revision der Klägerin zum BGH hatte keinen Erfolg. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die in der Anlage des Mietvertrages enthaltene Farbvorgabe („nur weiß„) für den Anstrich der Innentüren sowie der Innenseiten der Fenster und der Außentür gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist. Damit hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung aus den letzten Entscheidungen bestätigt, dass Schönheitsreparaturklauseln, die den Mieter auch während der Mietzeit zu einer Dekoration in einer ihm vorgegebenen Farbe verpflichten und ihn dadurch in der Gestaltung seines persönlichen Lebensbereichs einschränken, ohne dass dafür ein anerkennenswertes Interesse des Vermieters besteht, der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht standhalten.
Zudem hat der BGH klargestellt, dass wegen der unzulässigen Farbvorgabe des Vermieters die Auferlegung der Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen generell unwirksam sei, da es sich um eine einheitliche Rechtspflicht handle, die sich nicht in Einzelmaßnahmen aufspalten lasse. Stelle sich diese Verpflichtung auf Grund unzulässiger Ausgestaltung – sei es ihrer zeitlichen Modalitäten, ihrer Ausführungsart oder ihres gegenständlichen Umfangs – in ihrer Gesamtheit als übermäßig dar, so sei die Verpflichtung insgesamt unwirksam. Eine Aufrechterhaltung der Klausel in der Weise, dass entweder nur die Farbvorgabe oder die Renovierungspflicht nur bezüglich der Türen und Fenster entfällt, würde gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion Allgemeiner Geschäftsbedingungen verstoßen.
Examensrelevanz
Nach den BGH Entscheidungen vom 18.2.2009 (Az.: VIII ZR 166/08) und vom 23.09.2009 (Az.: VIII ZR 344/08) ist dies nun bereits die dritte höchstrichterliche Entscheidung zum Thema Farbwahlklausel / Schönheitsreparatur innerhalb eines Jahres. Die Examensrelevanz bleibt und ist hoch. Ein Schema der im Falle der Klausur zu prüfenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen finden Sie im Artikel vom 16.1.2009.
Urteil vom 20. Januar 2010 – VIII ZR 50/09
AG Schöneberg, Urteil vom 24. April 2008 – 102 C 192/06
LG Berlin, Urteil vom 27. Januar 2009 – 63 S 215/08

21.01.2010/0 Kommentare/von Samuel Ju
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Samuel Ju https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Samuel Ju2010-01-21 23:08:252010-01-21 23:08:25BGH Entscheidung zum Thema Schönheitsreparaturen: Unwirksame Farbwahlklausel für den Innenanstrich der Türen und der Fenster
Dr. Simon Kohm

Und täglich grüßt das…oder: BGH zu Schönheitsreparaturklauseln

Mietrecht, Zivilrecht

Klauseln zu Schönheitsreparaturen: Sie sind nicht tot zu kriegen und die Vermieter werden auch immer geschickter. Diesmal aber nicht ganz so kreativ, denn das Thema „Farbwahl“ war vor kurzem noch ganz aktuell (BGH – Urteil vom 18. Juni 2008 – VIII ZR 224/07, geisterte auch durch JUS und Life&Law, gell Christoph?! 😉 ) Die dortigen AGB wiesen den Mieter an, „die Schönheitsreparaturen sind in neutralen, deckenden, hellen Farben und Tapeten“ durchzuführen. Der BGH erklärte diese Klausel für unwirksam.
Der BGH hatte sich aktuell mit folgender Klausel auseinanderzusetzen: „Die Schönheitsreparaturen umfassen insbesondere: Anstrich und Lackieren der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen sowie sämtlicher Holzteile, Versorgungsleitungen und Heizkörper, das Weißen der Decken und Oberwände sowie der wischfeste Anstrich bzw. das Tapezieren der Wände.“ Der Senat erklärte auch diese Klausel für unwirksam, da eine unangemessene Benachteiligung gem. § 307 BGB vorliege, da sich die oben genannten Einschränkungen auch regelmäßig während der Mietzeit bemerkbar machen würden. Der Vermieter dürfe regelmäßig jedoch kein berechtigtes Interesse daran haben, in welcher farblichen Umgebung sich der Mieter während dieser Zeit aufhalte, zumal dies zum persönlichen Lebensbereich zu zählen sei.
Relevanz: Wie bereits erwähnt sind die Vermieter kreativ und so ist auch in Zukunft mit immer neuen Variationen zu rechnen. Die Examensrelevanz ist und bleibt daher hoch. Vor allem der Klassiker eines „starren“ und „vermeintlich starren“ (alle x Monate je nach Bedarf) sollten bekannt sein. Einzelheiten sind in jedem Lehrbuch zu finden, von hier aus nur soviel: Ausgangspunkt jeder Argumentation muss der § 535 I 2 sein, der die Erhaltung der Mietsache dem Vermieter auferlegt. Die Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter durch AGB sind damit nur in Ausnahmefällen möglich. Leider sind die Details mehr oder weniger reines „case-law“. Aber nicht nur die klauselbedingten Einzelheiten sollten bekannt sein, sondern auch der Einstieg in die Falllösung kann variiert werden: Es kommen Ansprüche in Frage aus GoA, Bereicherungsrecht, aber auch Schadensersatzansprüche sind denkbar.

23.09.2009/0 Kommentare/von Dr. Simon Kohm
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Simon Kohm https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Simon Kohm2009-09-23 21:25:512009-09-23 21:25:51Und täglich grüßt das…oder: BGH zu Schönheitsreparaturklauseln

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