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Dr. Sebastian Rombey

Inhaltskontrolle von Eheverträgen

Familienrecht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

I. Einführung
Die Ehegatten können ihre güterrechtlichen Verhältnisse durch Vertrag regeln. So statuiert es die nicht abschließende Legaldefinition des § 1408 Abs. 1 Hs. 1 BGB. Des Weiteren sind sie gemäß § 1408 Abs. 2 BGB i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 VersAusglG dazu berechtigt, den gegenseitigen Versorgungsausgleich auszuschließen. Diese Berechtigung folgt aus der grundsätzlichen Vertragsfreiheit der Ehepartner.[1] Inwieweit dieses Prinzip der Privatautonomie allerdings uneingeschränkt auf alle Arten von Eheverträgen Anwendung finden kann, bzw. welchen (teils immanenten) Schranken die freie eherechtliche Vertragsgestaltung unterliegt, soll im folgenden Beitrag anhand eines kurzen Überblicks über die – durchaus (examens-)relevante – Inhaltskontrolle[2] von Eheverträgen vermittelt werden.
Begrifflich ist innerhalb dieser Thematik stets zwischen generellen Eheverträgen, die dazu dienen, den Güterstand festzulegen, und speziellen Eheverträgen, welche die güterrechtlichen Regelungen modifizieren, zu differenzieren.[3]
II. Zweck
Eheverträge dienen dem Zweck, eine für beide Partner akzeptable Nachlassregelung herbeizuführen sowie für eine eventuelle Scheidung bzw. den Tod eines Ehegatten eine Vorsorge zu treffen.
III. Abschluss
Zum Abschluss eines Ehevertrags ist i. S. d. § 1410 BGB die gleichzeitige Anwesenheit der Vertragsschließenden vor einem Notar erforderlich, der den Vertrag beurkundet. Zu beachten ist, dass im Unterschied zur Eingehung der Ehe, eine Stellvertretung möglich ist, denn es handelt sich nicht um ein höchstpersönliches Rechtsgeschäft.[4] Die Erteilung der Vollmacht bedarf dabei i. S. v. § 167 Abs. 2 BGB nicht der Formvorschrift des § 1410 BGB.[5] Zudem ist es möglich, den Ehevertrag vor und auch während der Ehe abzuschließen, § 1408 Abs. 1 Hs. 2 BGB. Als Vertragspartner kommen nicht nur die (zukünftigen) Ehegatten in Betracht, sondern auch eingetragene Lebenspartner[6] (s. § 7 LPartG).
IV. Mögliche Inhalte
Inhaltlich können die Ehegatten weitgehende Regelungen durch den Ehevertrag treffen. So können sie nicht nur den Güterstand (§§ 1363 ff. BGB), also Gütergemeinschaft oder Gütertrennung, festlegen, sondern auch Vereinbarungen über einen möglichen Zugewinnausgleich nach dem Tod eines Ehegatten oder der Scheidung treffen.
Auch die Verfügungsbeschränkungen der §§ 1365-1369 BGB können vertraglich ausgeschlossen, jedoch – aufgrund der inter-omnes-Wirkung – nicht erweitert werden.[7] Abreden über den nachehelichen Unterhalt sind ebenfalls üblich.
Zudem werden oft erbrechtliche Einschübe i. S. d. § 2276 Abs. 2 BGB in den Vertrag mit aufgenommen. In solchen Konstellationen ist allerdings (besonders in Klausuren) genau zwischen den verschiedenen Begrifflichkeiten zu differenzieren, denn es handelt sich dann materiellrechtlich gesehen um Erbverträge[8] – freilich mit familienrechtlichem Einschlag.
Demnach bleibt festzuhalten, dass eine relativ freie Vertragsgestaltung (möglichst dem jeweiligen Ehetyp und Lebensmodell entsprechend) grundsätzlich erst einmal möglich ist.
V. Voraussetzungen für das Vorliegen eines wirksamen Ehevertrages
Folgende Punkte lassen sich als Voraussetzungen nennen:[9]
1. Das Bestehen einer wirksamen Ehe. (Natürlich kann der Vertrag gemäß § 1408 BGB auch für eine zukünftige Ehe geschlossen werden, jedoch entfaltet er erst bei Bestehen derselben Wirkung für die Parteien.)
2. Der Abschluss eines Vertrages mit all seinen rechtsgeschäftlichen Voraussetzungen unter Beachtung der oben (unter Gliederungspunkt III.) genannten Förmlichkeiten.
3. Der Vertrag muss eine Regelung enthalten, die für den Zeitraum der Ehe oder einen Teil dieses Zeitraums (bzw. mittelbar auch für den Zeitraum danach) gilt.
4. In dem Vertrag müssen güterrechtliche Verhältnisse der Ehegatten geregelt werden.
5. Der Vertag muss einer inhaltlichen Kontrolle standhalten.
VI. Zweistufige Inhaltskontrolle von Eheverträgen und Linien der Rechtsprechung
Früher nahmen die Gerichte nur bei äußerst gravierenden Benachteiligungen eines Ehegatten eine Kontrolle des Ehevertrages vor; man ging von einer fast gänzlich unbeschränkten Vertragsfreiheit aus.[10]
Diese Rechtsprechung haben die Gerichte mittlerweile aufgegeben, sodass heutzutage auch Eheverträge einer gerichtlichen Überprüfung unterliegen. Die Änderung der Rechtsprechung wurde durch das Bundesverfassungsgericht eingeleitet.[11] Dieses stellte fest, dass Eheverträge nur dann uneingeschränkte Geltung genießen können, wenn sie auf der gegenseitigen Selbstbestimmung der Parteien beruhen.
Dies folgt u. a. aus der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte. Grundgesetzlichen Schutz genießen nämlich nicht nur das in Art. 6 Abs. 1 GG genannte Recht der Ehegatten zur freien Lebens- und Eheschließungsgestaltung, sondern auch die Gleichberechtigung der Partner gemäß Art. 3 Abs. 2 GG. Privatautonomes Handeln, wie es in Art. 2 Abs. 1 GG kodifiziert ist, setzt stets zwingend das Vorliegen einer paritätischen Situation bei Vertragsschluss voraus.[12] Deshalb wies das Bundesverfassungsgericht die Fachgerichte an, Eheverträge anhand der zivilrechtlichen Generalklauseln der §§ 138, 242 (ggf. § 313 BGB) zu überprüfen, soweit ersichtlich ist, dass der Vertrag auf der einseitigen Verhandlungsposition eines Ehegatten fußt und deshalb nicht Ausdruck einer gleichberechtigten Partnerschaft sein kann.[13]
Auf dieser Grundlage entwickelte der Bundesgerichtshof eine Systematik zur inhaltlichen Kontrolle von Eheverträgen[14] (und Scheidungsvereinbarungen, die nach dem erweiterten Ehevertragsbegriff[15] mit einzubeziehen sind):
Die sog. Zwei-Stufen-Kontrolle.
Sie soll verhindern, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Normen und Werteentscheidungen durch beliebige Vertragsgestaltung unterlaufen wird.[16]
1. Wirksamkeitskontrolle gemäß § 138 BGB
Auf erster Stufe der Vertragsüberprüfung steht die Wirksamkeitskontrolle. Diese bewertet die Situation zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses.[17] Um eine Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB feststellen bzw. den Vertrag i. S. d. § 139 BGB für insgesamt nichtig erklären zu können,[18] ist das kumulative Vorliegen folgender Voraussetzungen erforderlich:
Zum einen muss eine objektive Benachteiligung eines Ehegatten, zum anderen nach einer Gesamtabwägung im Einzelfall die subjektive sittenwidrige Absicht eines Ehegatten bzgl. dieser Benachteiligung erkennbar sein. Ist dies der Fall, kann die Rechtsordnung die ehevertragliche Regelung nicht akzeptieren, sodass die dispositiven gesetzlichen Regelungen wieder Anwendung finden.
Die Sittenwidrigkeit des § 138 BGB wurde von der Rechtsprechung in der Weise definiert, dass sittenwidrig ist, was gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden Menschen verstößt.[19] Diese offenkundig weit gefasste Definition wird durch die sog. Kernbereichslehre des Bundesgerichtshofs im Ehevertragsrecht modifiziert.
Diese Theorie macht es dem Bearbeiter einfacher, festzustellen, in welchem Einzelfall von einer Sittenwidrigkeit auszugehen ist (dazu später mehr unter Gliederungspunkt VI. 3.).
2. Ausübungskontrolle gemäß § 242 BGB (ggf. auch § 313 BGB)
Auf zweiter Stufe findet eine Ausübungskontrolle statt. Maßgeblich kommt es auf den Zeitpunkt der Geltendmachung der Verzichtsvereinbarung und damit die Situation zum Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe[20] sowie den tatsächlichen Verlauf der Ehe als gemeinsam gelebte Vertragsbeziehung an.[21]
Ist der Ehevertrag zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zwar nicht sittenwidrig, so kann doch die Berufung eines Ehegatten auf den Ehevetrag im Nachhinein gegen Treu und Glauben i. S. v. § 242 BGB verstoßen. Das ist der Fall, wenn sich nachträglich eine einseitige und darüber hinaus unzumutbare Lastenverteilung ergibt, die eine erhebliche Abweichung von der zu Beginn der Ehe vorgesehenen und als Grundlage des Vertrags dienenden Lebensgestaltung darstellt.[22] Dann ist eine Berufung auf den Ehevertrag rechtmissbräuchlich, insbesondere weil sonst ehebedingte Nachteile entstehen.
Unbedingt zu trennen sind in diesem Zusammenhang die Rechtsfolgen der verschiedenen Kontrollen. Während bei der Wirksamkeitskontrolle ein Verstoß gegen § 138 BGB zur Nichtigkeit des Ehevertrages führt und damit die dispositiven gesetzlichen Normen wieder anzuwenden sind, führt ein Verstoß gegen § 242 BGB (ggf. auch gegen § 313 BGB) nicht zur Nichtigkeit des Vertrages, sondern viel mehr zu dem Ausgleich der durch die Ehe entstandenen Nachteile, mithin zu einer Vertragsanpassung:[23]
Dies geschieht anhand einer hypothetisch gedachten Karriere des benachteiligten Ehegatten, wobei die Ausgleichshöchstgrenze dort angesetzt wird, wo sie auch bei der Durchführung des Ausgleichs nach den gesetzlichen Vorschriften i. S. d. Halbteilungsgrundsatzes läge.[24] So soll auf die veränderte Lebenssituation der Ehegatten reagiert werden.[25]
Bei der Ausübungskontrolle ist darüber hinaus zu beachten, dass der zum Ausgleich der ehebedingten Nachteile verpflichtete, wirtschaftlich besser gestellte Ehegatte nur insoweit leisten muss, als dass es ihm (im konkreten Einzelfall) zumutbar ist.
Letztlich bleibt noch eine Abgrenzung des § 242 BGB von § 313 BGB vorzunehmen.
Dazu hat der Bundesgerichtshof im vergangenen Jahr ausgeführt, dass eine Ausübungskontrolle des Vertrages nach § 242 BGB stattzufinden hat, soweit der Vertrag einer Wirksamkeitskontrolle nach § 138 BGB standhält, sich aber dennoch im Nachhinein eine unzumutbar begünstigende Regelung ergibt, auf die sich der bevorteilte Ehegatten nicht berufen kann, ohne dass dies aufgrund der einseitigen Lastenverteilung als rechtsmissbräuchlich erscheinen würde.[26]
Die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB können ebenfalls Anwendung finden.[27] Dies ist der Fall, wenn die wirkliche Gestaltung der Lebensverhältnisse von der ursprünglichen, dem Vertrag zu Grunde gelegten und im Vorhinein vorgesehenen Lebensplanung abweicht.[28] Beispielshaft genannt sei eine Konstellation, in der die Parteien vor der Eheschließung davon ausgingen, sie wären beide berufstätig; sich während der Ehe aber nach einigen Jahren die Arbeitsunfähigkeit eines Ehegatten ergibt und der jeweilige Unterhalt für den Scheidungsfall vertraglich abbedungen wurde.[29]
3. Kernbereichslehre
Die bereits oben erwähnte Theorie vom Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts wurde durch den Bundesgerichtshof entwickelt[30] und stellt eine Bemessungsgrundlage für die rechtliche Beurteilung von Scheidungsfolgen auf, die sowohl auf die Wirksamkeits- als auch auf die Ausübungskontrolle ausstrahlt.
Der Ausschluss der nachfolgenden Unterhaltsverpflichtungen wiegt in absteigender Rangfolge immer schwerer:
a) Zugewinnausgleich, § 1371, §§ 1372 ff. BGB (nach der Rechtsprechung[31] am weitesten disponibel)
b) Aufstockungsunterhalt und Ausbildungsunterhalt, §§ 1573 Abs. 2, 1575 BGB
c) Krankheits- und Altersvorsorge, §§ 1578 Abs. 2, 3 BGB
d) Erwerblosenunterhalt, § 1573 BGB
e) Krankheits- und Altersunterhalt, §§ 1571 f. BGB, Versorgungsausgleich, § 1587 BGB
f) Kindesbetreuungsausgleich, § 1570 BGB (nach der Rechtsprechung nicht wirksam vertraglich auszuschließen)
Gut einzuprägen erscheint folgende Kurzformel:
Desto stärker in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingegriffen wird, desto geringer sind die Anforderungen an eine Sittenwidrigkeit bzw. einen Rechtsmissbrauch.
VII. Darlegungs- und Beweislast
Grundsätzlichen gelten an dieser Stelle die allgemeinen Grundsätze, d. h. wer sich auf einen Ehevertrag beruft, trägt auch die Beweislast der positiven Sachverhalte. So verhält es sich auch bei der Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle; derjenige, der sich darauf beruft, trägt auch die Beweislast für das Vorliegen der jeweiligen (sittenwidrigen oder rechtsmissbräuchlichen) Sachverhalte.[32]
Besonders hervorzuheben ist jedoch bei der Ausübungskontrolle der Beweis des Entstehens ehebedingter Nachteile, bei der es um den Beweis negativer Tatsachen, mithin also um eine sekundäre Beweislast geht.[33] Beispielhaft genannt sei ein Scheidungsverfahren zwischen einem erwerbstätigen Mann und einer sich um Kinder und Haushalt kümmernden Frau. Letztere begehrt eine Ausübungskontrolle des von den Parteien vor der Ehe geschlossenen Ehevertrages. Die Behauptung des Mannes, es seinen keine Nachteile ehebedingter Art entstanden, muss die Frau bestreiten und ihrerseits substantiiert darlegen, welche Nachteile solcher Art eben doch entstanden sein sollen.
VIII. Abschließende Bemerkungen
Wie sich gezeigt hat, führt die gerichtliche Inhaltsüberprüfung von Eheverträgen zu einem besseren Schutz evtl. benachteiligter Ehepartner und damit zu flexiblen Ergebnissen; gleichwohl entstand so ab 2004 für eine Vielzahl von Fällen ein Verlust an Rechtssicherheit.[34] Diese Problematik sollte mittlerweile durch eine gefestigte Rechtsprechung bzw. geschickte notarielle Vertragsgestaltung, zehn Jahre nach der wegweisenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs[35], überwiegend überwunden worden sein.
Abschließend bleibt darauf hinzuweisen, dass sich – insbesondere auch in Examensklausuren – ehevertragliche Probleme in allgemeinen Zivilrechtsklausuren wiederfinden. Da, wie bereits oben aufgezeigt wurde, die Inhaltskontrolle von Eheverträgen allein durch richterliche Rechtsfortbildung und Werteentscheidungen des BVerfG und des BGH entwickelt wurde, sei die grundlegende Kenntnis der Systematik dringend empfohlen. Ist dies der Fall, so kann die überwiegende Zahl von Problemen souverän behandelt werden.
 
[1] MüKo-BGB/Kanzleiter, 6. Aufl. 2013, § 1408, Rn. 1.
[2] Sowohl in der Kommentar- als auch in der Lehrbuchliteratur wird z. T. der etwas missverständliche Begriff der „Inhaltskontrolle“ verwendet. Dieser wird oft mit einer AGB-Kontrolle assoziiert; die §§ 305 ff. BGB sind in diesem Zusammenhang jedoch nicht gemeint und dürfen folglich nicht herangezogen werden, wie bereits ein Blick auf § 310 Abs. 4 BGB zeigt.
[3] BeckOK-BGB/J. Mayer, § 1408, Rn. 3.
[4] Jauernig/Berger/Mansel, 15. Aufl. 2014, § 1410, Rn. 3.
[5] So auch BGH NJW 1998, 1857.
[6] Auch Lebenspartnerschaftsvertrag genannt.
[7] Palandt/Brudermüller, 73. Aufl. 2014, § 1408, Rn. 15.
[8] HK-BGB/Rainer Kemper, 8. Aufl. 2014, § 1408, Rn. 1.
[9] Vgl. insbesondere die ausführliche Darstellung der Voraussetzungen bei Muscheler, Familienrecht, 3. Aufl. 2013, § 22, Rn. 380.
[10] Vgl. nur BGH FamRZ 1996, 1536.
[11] BVerfGE 103, 89.
[12] Dethloff, Familienrecht, 30. Aufl. 2012, § 5, Rn. 20.
[13] Eingehend Schwab, Familienrecht, 21. Aufl. 2013, § 30, Rn. 224.
[14] BGHZ 158, 81.
[15] So etwa BeckOK-BGB/J. Mayer, § 1408, Rn. 6.
[16] Schwab, Familienrecht, 21. Aufl. 2013, § 30, Rn. 225.
[17] BGH NJW 2004, 930.
[18] Eine Gesamtnichtigkeit des Vertrages wird in der Praxis oft dadurch vermieden, dass eine sog. salvatorische Klausel in den Vertrag aufgenommen, § 139 BGB also abbedungen wird. So etwa Deisenhofer, Unwirksamkeit des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs bei Nichtigkeit des Ehevertrags, FPR 2007, 124 (126).
[19] S. etwa BGH NJW 2009, 1346 (1347).
[20] MüKo-BGB/Kanzleiter, 6. Aufl. 2013, § 1408, Rn. 36.
[21] Sanders, Statischer Vertrag und dynamische Vertragsbeziehung, Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle von Gesellschafts- und Eheverträgen, Diss. Köln 2008, § 14 III.
[22] BGH NJW 2005, 139.
[23] Zur Beweis- und Darlegungslast siehe Gliederungspunkt VII.
[24] BeckOK-BGB/J. Mayer, § 1408, Rn. 40.
[25] Dethloff, Familienrecht, 30. Aufl. 2012, § 5, Rn. 39.
[26] BGH NJW 2013, 1359 (1360).
[27] BGH a. a. O.
[28] BGH a. a. O.
[29] Beispiel nach Palandt/Brudermüller, 73. Aufl. 2014, § 1408, Rn. 12.
[30] BGH NJW 2004, 930; s. auch LMK 2005, 55 m. Anm. Langenfeld.
[31] Vgl. Palandt/Brudermüller, 73. Aufl. 2014, § 1408, Rn. 9 m. w. N. für die Urteile und Ansichten zur Kernbereichslehre und den verschiedenen Unterhaltsformen.
[32] MüKo-BGB/Kanzleiter, 6. Aufl. 2013, § 1408, Rn. 44.
[33] MüKo-BGB/Kanzleiter , a. a. O.
[34] Zur (damals aktuellen) Kritik s. Rakete-Dombek, NJW 2004, 1273 (1277).
[35] BGHZ 158, 81.

09.07.2014/0 Kommentare/von Dr. Sebastian Rombey
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Sebastian Rombey https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Sebastian Rombey2014-07-09 13:30:402014-07-09 13:30:40Inhaltskontrolle von Eheverträgen
Tom Stiebert

OLG Hamm: Scheidung eines iranischen Ehepaars nach iranischem Recht – „talaq“

Familienrecht, IPR, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht, Zivilrecht

Das OLG Hamm hat am 7.5.2013 einen spannenden Fall (Az. 3 UF 267/12) entschieden, der in keiner IPR-Vorlesung fehlen darf. Da die Grundzüge des IPR auch im Examen bekannt sein müssen, empfiehlt es sich, diesen Fall auch für die Klausuren zu wiederholen. Es geht dabei um die Frage, ob eine Ehe durch den (dreimaligen) Ausspruch „talaq“ (der soviel bedeutet wie „Ich verstoße dich“) durch ein deutsches Gericht geschieden werden kann, oder ob eine Anwendung dieses Grundsatzes im deutschen Recht nicht möglich.
Hier handelt es sich um ein spezielles IPR Problem. Zum Verständnis der IPR-Grundzüge empfehlen wir unseren allgemeinen einführenden Beitrag.
I. Sachverhalt/Einführung
Im Regelfall des „talaq“ steht dem Ehemann das Recht zur Scheidung durch die Verstoßung zu. Mit diesem Fall hatten sich deutsche Gerichte bereits mehrfach zu befassen und er muss als Klassiker des Internationalen Privatrechts angesehen werden. Im konkreten Fall lag die Besonderheit darin begründet, dass nicht der Ehemann sondern die Ehefrau die Scheidung ausgesprochen hat. Dies war möglich, da ihr durch die Heiratsurkunde eine „Vollmacht“ zustand, wonach auch sie die Scheidung durch talaq beantragen kann.
Fraglich ist nun, ob der von der Ehefrau erklärte talaq zur Wirksamkeit der Scheidung führt.
II. Zuständigkeit des OLG Hamm
Es stellt sich dabei zunächst die Frage, wie der Fall überhaupt zum OLG Hamm gelangen konnte, da das Ehepaar die iranische Staatsangehörigkeit hatte und die Ehe auch 2009 im Iran nach iranischen Recht geschlossen wurde.
Zu bestimmen ist die nationale Zuständigkeit nach den Grundsätzen des Internationalen Zivilprozessrechts. Vorrangig sind hier Regelungen durch Verordnungen; nur subsidiär können die Normen der ZPO auch die internationale Zuständigkeit bestimmen. Hier ergibt sich die Zuständigkeit aus der sog. Brüssel IIa -Verordnung (Verordnung EG VO Nr. 2201/2003 des Rates vom 27.11.2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung). Diese Verordnung hat die bisher geltende Brüssel II Verordnung (EuEheVO, Ordnungsnummer 103b im Schönfelder) abgelöst und regelt nun die Zuständigkeit.  Ein einer Klausur wäre die neue Verordnung auf jeden Fall abgedruckt.
Zuständig ist nach Art. 3a dieser Verordnung das Gericht des Staates, in dem die Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten. Dies führt zur Zuständigkeit der deutschen Gerichte, da beide Ehepartner unstrittig zum zeitpunkt des talaq in Deutschland lebten. Die übrige sachliche, örtliche und instanzielle Zuständigkeit ergibt sich dann aus den Vorschriften des deutschen Prozessrechts  (hier ZPO, FamFG, GVG).
III. Anwendbares Recht
Die Feststellung, dass deutsche Gerichte zuständig sind, bedeutet aber nicht automatisch, dass auch deutsches materielles Familienrecht Anwendung findet. Vielmehr muss das anwendbare Recht erneut durch die jeweiligen (nationalen) Kollissionsnormen ermittelt werden. Bedeutend sind dabei insbesondere die Verordnungen Rom I, Rom II und Rom III, die in Grundzügen auch in der Klausur beherrscht werden sollten.
Hier muss das anzuwendende Sachrecht mittels der Rom III-Verordnung ermittelt werden, die das EGBG ab dem 21.6.2012 in ihrem Anwendungsbereich verdrängt. (siehe hierzu unseren ausführlichen Beitrag). Kurioserweise haben weder Amtsgericht, noch die Verfahrensbeteiligten in der ersten Instanz die Geltung der Rom III-Verordnung erkannt und stattdessen auf das EGBG als Kollissionsnorm abgestellt. Ein einer Klausur würde sich ein solcher Fehler sehr negativ auswirken.
Ohne Rechtswahl (Art. 5 Rom-III-Verordnung) ergäbe sich damit das anzuwendende materielle Recht aus Art. 8a Rom-III-VO, also dem Recht des Staates in dem die Parteien zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts ihren Wohnsitz haben. Dies war hier Deutschland, sodass deutsches Scheidungsrecht anzuwenden wäre, wenn nicht die Geltung des Rechts eines anderen Staates vereinbart wurde.

Vorliegend haben die Beteiligten zwar während ihres ehelichen Zusammenlebens, ihrer Trennung und der Anrufung des Amtsgerichts ebenso wie im Beschwerdeverfahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland; sie haben in der Heiratsurkunde jedoch wirksam von der Möglichkeit einer Rechtswahl zugunsten des iranischen Scheidungsrechts Gebrauch gemacht. Neben den zwingenden gesetzlichen Regelungen ist es nämlich auch möglich, das anzuwendende Recht frei zu wählen, Art. 5 der Rom-III-Verordnung. Eine solche Rechtswahl ist grundsätzlich vorrangig vor der Regelung des Art. 8.

Eine Rechtswahlvereinbarung hinsichtlich iranischem Recht und der Geltung des talaq lag damit vor, da die Regelung des talaq nahezu wortgleich auch im iranischen Scheidungsrecht enthalten ist. Zu prüfen war nur, ob diese Vereinbarung auch wirksam war. Die Schriftform nach Art. 7 Abs. 1 Rom-III-Verordnung war gewahrt. Beide Ehegatten hatten zum Zeitpunkt auch den gewöhnlichen Aufenthalt im Iran, sodass auch die Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 1 a Rom-III-VO erfüllt sind. Unerheblich ist auch, dass die Rechtswahlvereinbarung vor Geltung der Rom-III-Verordnung geschlossen wurde (vgl. Art. 18 Rom-III-VO).
Damit ist iranisches Recht anwendbar.
IV. Scheidungsvoraussetzungen nach iranischem Recht
Das Vorliegen der Voraussetzungen des talaq und damit die Zulässigkeit der Scheidung werden vom Gericht anschließend ausführlich geprüft und bejaht.
V. Ausnahme: Ordre Public
Eine Scheidung wäre aber dann nicht möglich, wenn die Anwendung der Grundsätze des talaq gegen elementare Prinzipien des deutschen Rechts und damit gegen die öffentliche Ordnung verstößt. Die Verordnung enthält einen solchen ordre-public-Vorbehalt in Art. 12 Rom III-VO. Dieser ist damit Einbruchstelle für die Grundrechte (BGH, NJW 1999, 2372). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen darf aber nicht vorschnell bejaht werden.
Voraussetzung ist eine offensichtliche Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts (entscheidungserheblicher Verstoß einer ausländischen Norm gegen die Verfassung), insb. Grundrechte. Art. 12 Rom-III-VO (vergleichbare Regelungen enthält jede Kollissionsnorm) ist ein Korrektiv, um wesentliche Widersprüche der Grundzüge der lex fori mit dem Ergebnis der Anwendung einer Norm der lex causae zu vermeiden.
Das Gericht verneint dies hier zutreffend, da auch nach deutschem Recht die Voraussetzungen einer Scheidung vorliegen würden. Die Rechtsfigur des talaq kann damit nicht generell gegen den ordre-public-Grundsatz verstoßen, sondern es ist eine Prüfung im Einzelfall geboten. Im konkreten Fall ist ein Verstoß schon deshalb ausgeschlossen, weil beiden Ehepartnern gleichermaßen das Recht zur Scheidung zusteht (Art. 10 Rom-III-VO) und weil die Voraussetzungen einer Scheidung nach nationalem Recht vorliegen (Art. 12 Rom-III-VO). Gegenstand der Prüfung kann immer nur ein konkretes Ergebnis (also hier Zulässigkeit der Scheidung im konkreten Fall), nicht die Norm (talaq) an sich sein. Selbst wenn man diese also für problematisch hält, bedeutet dies nicht, dass auch das Ergebnis unzulässig ist.
Bekannt sein sollte in diesem Zusammenhang der „Regelfall“ des talaq, wonach diese Möglichkeit der Scheidung allein den Männern zustehen würde. Hier liegt bereit ein Verstoß gegen das spezielle Gleichbehandlungsgebot aus Art. 10. Rom-III-VO nahe. Problematisch ist auch die Vereinbarkeit mit Art. 12 Rom-III-VO. Der talaq stellt nach h.M. nur dann einen Verstoß gegen diesen ordre-public-Vorbehalt dar, wenn die Ehe nicht gescheitert ist. Inzident wäre also an dieser Stelle auch das nationale (hier deutsche) Scheidungsrecht zu prüfen.
Im konkreten Fall stellten sich die Probleme nicht, sodass das Gericht zurecht die Wirksamkeit der Scheidung festgestellt hat.
VI. Bewertung und Examensrelevanz
Die Entscheidung vermag im konkreten Fall zu überzeugen, ist hier doch weder eine Benachteiligung der Frau an sich, noch eine Benachteiligung des Ehemannes als Adressat des „talaq“ erkennbar. Der Anwendbarkeit des talaq stehen damit zurecht keine Bedenken entgegen.
Erkannt werden sollte in diesem Zusammenhang auf jeden Fall die Anwendbarkeit der Rom-III-VO. Zudem sind auch die Unterscheide zum eigentlichen talaq-Fall augenscheinlich, dessen vorschnelle Wiedergabe in der Klausur im konkreten Fall wenig hilfreich wäre. Es handelt sich hier faktisch um den „talaq-reverse“-Fall, dessen Behandlung aber im Ergebnis ähnlichen Grundsätzen folgt. Bekannt sein muss damit vor allem, dass der ordre-public-Vorbehalt sehr sorgsam und restriktiv zu prüfen ist und nur im Einzelfall bejaht werden darf.
 

07.06.2013/9 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2013-06-07 13:00:282013-06-07 13:00:28OLG Hamm: Scheidung eines iranischen Ehepaars nach iranischem Recht – „talaq“
Tom Stiebert

IPR: Rom-III-Verordnung in Kraft getreten

Familienrecht, IPR, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

Nach der Rom-I- und der Rom-II-Verordnung tritt am heutigen 21.06.2012 auch die neue Rom-III-Verordnung (Verordnung Nr. 1259/2010/EU abrufbar hier) in Kraft. Neben vertraglichen Schuldverhältnissen, ungerechtfertigter Bereicherung und Deliktsrecht besteht damit nun auch eine EU-Verordnung bei Trennung von Ehen bzw. Ehescheidung.
Zur Ergänzung unseres Beitrags zu den ersten beiden Rom-Verordnungen sollen nachfolgend die wichtigsten Punkte dieser neuen Verordnung dargestellt werden. Dass die Norm aktuell geprüft wird, ist zwar noch nicht wahrscheinlich, schließlich ist sie (noch) nicht im Schönfelder Ergänzungsband abgedruckt, dennoch sollte zumindest für die mündliche Prüfung diese Änderung bekannt sein. Gut möglich wäre hier auch eine Überleitung zu allgemeinen IPR-Prinzipien. Hierzu weisen wir auf unseren einführenden Beitrag hin.
Die neue Verordnung dient dazu zu bestimmen, welches nationale Recht bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt anzuwenden ist (vgl. auch Art. 1 Abs. 1 der Verordnung). Bisher galt hier das autonome deutsche IPR, also die Regelungen des deutschen EGBGB. Diese werden nun für den Bereich der Ehescheidung von der Rom-III-Verordnung abgelöst.
Bisherige Regelung
Bisher war Art. 17 EGBGB anwendbar, um zu bestimmen, welchem nationalen Recht die Scheidung unterliegt.

Die Scheidung unterliegt dem Recht, das im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebend ist.

Die Norm verweist damit auf Art. 14 EGBGB. Dieser bestimmt in Art. 14 Abs. 1 EGBGB:

(1) Die allgemeinen Wirkungen der Ehe unterliegen

  1. dem Recht des Staates, dem beide Ehegatten angehören oder während der Ehe zuletzt angehörten, wenn einer von ihnen diesem Staat noch angehört, sonst
  2. dem Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder während der Ehe zuletzt hatten, wenn einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, hilfsweise
  3. dem Recht des Staates, mit dem die Ehegatten auf andere Weise gemeinsam am engsten verbunden sind.

Primär maßgeblich ist damit die Staatsangehörigkeit beider Ehegatten. Nur nachrangig wird auf das Recht des Aufenthaltsstaates abgestellt.
 
Neue Regelung
An die Stelle dieser Regelung tritt nun Art. 8 der Rom-III-Verordnung

Artikel  8
In  Ermangelung  einer  Rechtswahl  anzuwendendes  Recht
Mangels  einer  Rechtswahl  gemäß  Artikel  5  unterliegen  die  Ehe­scheidung  und  die  Trennung  ohne  Auflösung  des  Ehebandes:
a)  dem  Recht  des  Staates, in  dem  die  Ehegatten  zum  Zeitpunkt der  Anrufung  des  Gerichts  ihren  gewöhnlichen  Aufenthalt haben,  oder  anderenfalls
b)  dem  Recht  des  Staates,  in  dem  die  Ehegatten  zuletzt  ihren gewöhnlichen  Aufenthalt  hatten,  sofern  dieser  nicht  vor mehr  als  einem  Jahr  vor  Anrufung  des  Gerichts  endete und  einer  der  Ehegatten  zum  Zeitpunkt  der  Anrufung  des Gerichts dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder anderenfalls
c)  dem Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehe­gatten  zum  Zeitpunkt  der  Anrufung  des  Gerichts  besitzen, oder  anderenfalls
d)  dem  Recht  des  Staates  des  angerufenen  Gerichts.

Nicht mehr die Staatsangehörigkeit ist also entscheidend, sondern der gewöhnliche Aufenthalt der Beteiligten.
Die Verordnung gilt auch unabhängig davon, ob es auf die Rechtsordnung eines Mitgliedsstaates der EU oder auf einen anderen Staat verweist. Es handelt sich um autonomes Kollisionsrecht der EU – hier gilt Gleiches wie bei der Rom-I- und Rom-II-Verordnung.
 
Möglichkeit Rechtswahl
Neben diesen zwingenden gesetzlichen Regelungen ist es auch möglich, das anzuwendende Recht frei zu wählen, es gilt insofern Art. 5 der Verordnung. Eine solche Rechtswahl ist grundsätzlich vorrangig vor der Regelung des Art. 8.
 
Ausnahme: ordre public (Art. 12) und Einschränkung von Rechten (Art. 10)
Die Verweisung ist aber nur dann erfolgreich, wenn das Recht auf das verwiesen wird, tatsächlich eine Scheidung ermöglicht und beide Ehepartner hierbei gleichberechtigt sind (Art. 10). Insofern ist die Norm als spezieller Fall der allgemeinen ordre-public-Vorschrift in Art. 12 aufzufassen.
 
Besonderheit Malta
Eine Besonderheit ist noch in Art. 13 der Verordnung enthalten. Diese ist wie folgt formuliert:

Unterschiede  beim  nationalen  Recht
Nach  dieser  Verordnung  sind  die  Gerichte  eines  teilnehmenden Mitgliedstaats,  nach  dessen  Recht  die  Ehescheidung  nicht  vor­gesehen  ist  oder  die  betreffende  Ehe  für  die  Zwecke  des  Schei­dungsverfahrens nicht als gültig angesehen wird, nicht verpflich­tet,  eine  Ehescheidung  in  Anwendung  dieser  Verordnung  aus­zusprechen.

In Malta ist eine Ehescheidung nicht vorgesehen. Die Gerichte sollen aber auch nicht gezwungen werden, aufgrund ausländischen Rechts eine solche durchzuführen. Aus diesem Grund wurde die Klausel aufgenommen, die den Gerichten die Möglichkeit zubilligt, eine Scheidung nicht durchzuführen.
Hinweis: Am 29.05.2011 wurde in Malta ein Referendum durchgeführt, bei dem sich die Bevölkerung für ein Scheidungsrecht aussprach. Dieses war zwar nicht bindend, wurde von der Regierung aber respektiert, sodass jetzt auch das maltesische Recht die Möglichkeit der Schiedung kennt. Die Verordnung war zu diesem Zeitpunkt allerdings schon fertiggestellt. Die Malta-Klausel läuft damit jetzt leer.
 
Fazit:
Eine grobe Kenntnis des IPR sowie der konkreten Verordnungen, die dem EGBGB vorgehen, sollte für die Klausur und auch für die mündliche Prüfung ausreichen. Als Zusatzinformation ist vielleicht interessant, dass in der Zukunft auch eine eine Rom-IV-Verordnung (Ehegüterrecht), eine Rom-V-Verordnung (Erbrecht) sowie eine Rom-VI-Verordnung (Unterhaltsverordnung) geplant sind.

21.06.2012/4 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2012-06-21 14:21:042012-06-21 14:21:04IPR: Rom-III-Verordnung in Kraft getreten

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