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Schlagwortarchiv für: Rücksendung

Dr. Yannik Beden, M.A.

BGH: Widerrufsrecht bei Online-Matratzenkauf

Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Verbraucherschutzrecht, Zivilrecht

Mit seiner Entscheidung vom 3. Juli 2019 – VIII ZR 194/16 hat sich der BGH zu einer äußerst prüfungsrelevanten Fragestellung im Bereich des Widerrufsrechts positioniert. Den Kern des Urteils bildet § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB, wonach – mangels anderweitiger Parteiabrede – Verträge zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde, vom Anwendungsbereich des gesetzlichen Widerrufsrechts ausgenommen sind. Konkret geht es dabei um den Onlinekauf einer Matratze, deren Schutzfolie vom Verbraucher vor Rücksendung der Ware entfernt wurde. Das Ergebnis des BGH: Auch wenn der Verbraucher die Matratze auspackt und die Schutzfolie entfernt, steht ihm das gesetzliche Widerrufsrecht zu. Die Entscheidung lässt sich problemlos in Klausuren mit schuldrechtlichen Schwerpunkten integrieren und sollte deshalb jedem Studenten und Examenskandidaten bekannt sein.
I. Worum es geht
Die Parteien streiten um den Widerruf eines Fernabsatzvertrags über den Kauf einer Matratze in einem Onlineshop. Der Käufer bestellte zu privaten Zwecken beim Online-Händler eine Matratze, die ihm mit versiegelter Schutzfolie geliefert wurde. Nach Erhalt der Matratze entfernte der Käufer die Schutzfolie. Im weiteren Verlauf bat der Käufer den Verkäufer um die Vereinbarung eines Termins zum Rücktransport der Ware. Der Online-Händler veranlasste jedoch keinen Rücktransport, sodass der Käufer die Rücksendung der Ware selbst veranlasste.
Der Verkäufer ging davon aus, dass dem Käufer kein Widerrufsrecht zustehe, da die Schutzfolie der Matratze von diesem entfernt wurde. Der Käufer verlangt die Rückerstattung des von ihm bereits gezahlten Kaufpreises sowie Erstattung der Transportkosten, die ihm durch seine eigens vorgenommene Rücksendung der Ware entstanden sind. Zu Recht?
II. BGH: § 312g II Nr. 3 BGB nicht einschlägig

Den Ausgangspunkt der Lösungsfindung bildet § 312g Abs. 1 BGB, wonach Verbrauchern bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zusteht. Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag über den Kauf einer Matratze handelte es sich aufgrund des Umstands, dass der Vertrag über die Webseite zum Onlineshop des Verkäufers geschlossen wurde, unproblematisch um einen Fernabsatzvertrag i.S. der Norm. Allerdings besteht das Widerrufsrecht bei Fernabsätzen nach der gesetzlichen Konzeption nicht uneingeschränkt: § 312g Abs. 2 BGB sieht insgesamt 13 Fallgruppen vor, bei denen Besonderheiten hinsichtlich des Gegenstands bzw. der Abschlussmodalitäten nach Sinn und Zweck ein Widerrufsrecht des Verbrauchers ausschließen. § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB ordnet dabei an, dass ein Widerrufsrecht nicht besteht bei „Verträge[n] zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde“.
1. Vergleichbarkeit von Matratzen mit Kleidungsstücken
Der VIII. Zivilsenat verneint die Anwendbarkeit des Ausnahmetatbestands für die Matratze, deren Schutzfolie vor Rückgabe der Ware entfernt wurde. Das Widerrufsrecht solle den Verbraucher im Fernabsatzhandel vor Situationen schützen, in denen es ihm nicht möglich ist, die Ware vor Abschluss des Vertrages in Augenschein zu nehmen und sich der Eigenschaften des Kaufgegenstands zu vergewissern. Grundsätzlich müsse dieser Nachteil immer ausgeglichen werden, indem dem Verbraucher eine angemessene Bedenkzeit, in der er auch die Ware prüfen und ausprobieren kann, eingeräumt wird. Der BGH hält diesen Grundsatz auch mit Blick auf die Ausnahmevorschriften aus § 312g Abs. 2 BGB besonders hoch, mit der Folge, dass diese restriktiv zu handhaben seien. § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB greife deshalb – so das Gericht – „nur dann ein, wenn nach der Entfernung der Versiegelung der Verpackung die darin enthaltene Ware aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene endgültig nicht mehr verkehrsfähig ist, weil der Unternehmer Maßnahmen, die sie unter Wahrung des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene wieder verkehrsfähig machen, nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten ergreifen könnte.“   
Münzt man diese Vorgaben auf das Entfernen der Schutzfolie einer Schlafmatratze, so sei nach Ansicht des BGH der Kauf einer Matratze demjenigen von Kleidungsstücken gleichzusetzen. Der Kontakt mit dem menschlichen Körper sei in diesen Fällen der Regelfall. Es könne davon ausgegangen werden, dass der Verkäufer bei derartigen Waren in der Lage sei, nach Rückerhalt der Ware diese mittels einer Reinigung oder Desinfektion für eine Wiederverwendung bzw. einen erneuten Verkauf in Stand zu setzen. Summa summarum stünde dem Verbraucher also ein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB zu, sodass er den Kaufpreis nach § 355 Abs. 3 S. 1 BGB zurückverlangen könne.
2. Andere Ansicht wohl vertretbar
Das Ergebnis des BGH kann in Anbetracht des Wortlauts des § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB durchaus kritisch betrachtet werden. Maßgeblich ist nämlich nicht, ob die Ware nach einer – mit zusätzlichen Kosten verbundenen – Reinigungs- bzw. Säuberungsmaßnahme des Unternehmers nochmals in Verkehr gebracht werden kann. Vielmehr kommt es darauf an, ob die Ware „zur Rückgabe geeignet“ ist. Gleichermaßen ist die Lösung des Gerichts konsequent, wenn man wie der BGH davon ausgeht, dass die Ausnahmevorschrift aufgrund des Schutzzwecks der §§ 312 ff. BGB restriktiv ausgelegt werden muss und erst der finale, endgültige Entfall der Verkehrsfähig den Anwendungsbereich des § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB eröffnet.     
III. Fortführung der Vorabentscheidung des EuGH zur Verbraucherrechetrichtlinie
Der BGH bestätigt mit seiner Entscheidung zum nationalen Widerrufsrecht gleichzeitig die Vorgaben des EuGH zur Auslegung der Verbraucherrechterichtlinie. Dieser urteilte im Vorabentscheidungsverfahren zur identischen Rechtsstreitigkeit (EuGH Urteil v. 27.03.2019 – C-681/17, NJW 2019, 1507), dass eine Matratze, deren Schutzfolie vom Verbraucher nach der Lieferung entfernt wurde, nicht unter die in Art. 16 lit. e der RL 2011/83/EU vorgesehene Ausnahmebestimmung fällt. Die Vorschrift entspricht dem Wortlaut nach derjenigen des nationalen Widerrufsrechts. Der EuGH legte den argumentativen Grundstein für die Entscheidung des BGH, indem auch er auf einen Vergleich zu Kleidungsstücken rekurriert:

„Es steht aber außer Zweifel, dass zahlreiche Kleidungsstücke bei bestimmungsgemäßer Anprobe, wie es auch bei Matratzen nicht auszuschließen ist, direkt mit dem menschlichen Körper in Kontakt kommen können, ohne dass sie deshalb in der Praxis besonderen Schutzanforderungen unterworfen würden, um diesen Kontakt bei der Anprobe zu vermeiden.
Eine solche Gleichsetzung zweier Warenkategorien, nämlich Kleidungsstücke und Matratzen, kommt […] insofern in Betracht, als selbst bei direktem Kontakt dieser Waren mit dem menschlichen Körper davon ausgegangen werden kann, dass der Unternehmer in der Lage ist, sie nach der Rücksendung durch den Verbraucher mittels einer Behandlung wie einer Reinigung oder einer Desinfektion für eine Wiederverwendung durch einen Dritten und damit für ein erneutes Inverkehrbringen geeignet zu machen, ohne dass den Erfordernissen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht genügt würde.“

IV. Für die Klausurbearbeitung

Die Entscheidung des BGH konkretisiert die – unionsrechtlich vorgeprägten – Ausnahmevorschriften zum Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen. In der Klausur muss das Problem an der richtigen Stelle verortet werden: Nach einer voranzustellenden Prüfung der Anwendbarkeit der §§ 312 ff. BGB ist im Rahmen von § 355 Abs. 3 BGB nach der Existenz eines Widerrufsrechts zu fragen. Diese könnte sich aus § 312g Abs. 1 BGB ergeben. An diesem Punkt muss sodann erörtert werden, ob das Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB ausnahmsweise aufgrund der Bestimmungen aus § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB entfällt. Hier überzeugen Prüflinge, die nach dem Telos der Norm fragen und mit entsprechender Begründung zu einer restriktiven Auslegung der Ausnahmevorschrift kommen. Vertretbar erscheint in Anbetracht des Wortlauts der Norm – jedenfalls für eine versiegelte Schlafmatratze – auch eine vom BGH abweichende Lösung. Wie immer sollte diese dann mit entsprechender Argumentation substantiiert werden.
 
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30.07.2019/1 Kommentar/von Dr. Yannik Beden, M.A.
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Gastautor

Amazon, bei Rücksendung: Kündigung – eine rechtliche Bewertung

Schuldrecht, Startseite, Tagesgeschehen, Verbraucherschutzrecht, Zivilrecht

Wir freuen uns heute einen Gastbeitrag von Janis Beckedorf veröffentlichen zu können. Inhaltlich setzt er sich mit der neuen Praxis von Amazon auseinander Kunden ihre Accounts aufgrund zu häufiger Rücksendungen zu sperren.
 
I. Sachverhalt
Wer Ware bei Amazon bestellt, kann sämtliche Produkte innerhalb von 30 Tagen zur Erstattung zurücksenden. So lauten jedenfalls die AGB von Amazon, denn der Onlineshop gewährt seinen Kunden über das gesetzliche Widerrufsrecht hinaus eine freiwillige Rückgabegarantie.
Ganz im Gegensatz zu diesem kundenfreundlichen Verhalten wurde nun eine neue Praxis von Amazon bekannt: Einige Kunden erhielten ohne Vorwarnung eine E-Mail des Onlineshops, ihr Kundenkonto werde aufgrund „wiederholter Überschreitung der hausüblichen Anzahl von Retouren“ gesperrt. Der Onlineshop möchte durch derartige Maßnahmen die hohen Retourkosten reduzieren. Auf Nachfragen weist Amazon darauf hin, dass sie „eine Sperrung nicht ohne gründliche Prüfung des Gebrauchs der Rücksendemöglichkeit vornehmen“. Ihre Entscheidung sei jedoch endgültig und sie bitten keine neuen Kundenkonten zu eröffnen. Auf Grund der Größe des Onlineshops hat die Sperrung teilweise erhebliche Einschränkungen für die Betroffenen zur Folge.
Inwiefern Amazon weiterhin als kundenfreundlich gelten kann, wird sich in der Handhabung ähnlicher Fälle in der Zukunft zeigen. Jedoch könnte sich Amazon auch bei den bisherigen Sperrungen rechtswidrig verhalten haben. Aus rechtlicher Sicht könnte sich dies zum einen daraus ergeben, dass Amazon einem gesetzlich nicht abdingbaren Widerrufsrecht entgegenwirke, zum anderen dass der ausgeübte Druck eine unlautere geschäftliche Handlung nach dem UWG darstelle. Des Weiteren kann eine AGB-Kontrolle dahinstehen, da die Praxis von Amazon nicht in ihren AGB festgelegt wird.
II. Das Widerrufsrecht
§§ 355 I 1, 312d I 1 BGB statuieren für Verträge, die im Fernabsatz geschlossen wurden ein Widerrufsrecht. Dieses steht auch den Kunden von Amazon zu. § 312i BGB erweitert den Rechtschutz der Kunden dahingehend, dass man von den gesetzlichen Vorschriften weder zum Nachteil des Verbrauchers abweichen darf (S. 1), noch diese durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden können (S. 2).
Dass ein solches Widerrufsrecht bei Verträgen mit Amazon besteht, wird von keiner Seite bestritten. Allerdings übt der Onlineshop erheblichen Druck auf die Kunden aus, dieses nicht wahrzunehmen. Daraus ergibt sich die Problematik, ob dieser Druck eine für § 312i BGB relevante Abweichung oder Umgehung des gesetzlichen Widerrufsrecht darstellt, denn faktisch kann der Kunde sich nicht mehr folgenlos von seiner Willenserklärung lösen.
1. Abweichung von den Vorschriften zum Nachteil des Verbrauchers
Wie oben dargestellt besteht für den konkreten Vertrag unstreitig ein Widerrufsrecht. Somit steht eine Änderung der tatsächlichen Rechtsposition des Kunden bezüglich des konkreten Kaufvertrages nicht in Frage. Da der Druck von Amazon erst auf der faktischen Ebene wirkt, liegt eine rechtliche Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften über das Widerrufsrecht zum Nachteil des Verbrauchers iSd § 312i S. 1 BGB nicht vor.
2. Umgehung durch anderweitige Gestaltungen
Dieser Druck könnte allerdings eine Umgehung nach § 312i S. 2 BGB darstellen. Dabei ist zu beachten, dass hier dem Kunden zwar ein Widerrufsrecht eröffnet wird, der faktische Druck allerdings bei der anschließenden Wahl des Kunden ansetzt, das Widerrufsrecht nicht auszuüben.
Daher stellt sich zunächst die Frage, ob eine an den Tatbestand anschließend wirkende faktische Beeinträchtigung der Ausübung des Widerrufsrechts eine Umgehung iSd § 312i S. 2 BGB sein kann.
Dafür spricht, dass der Wortlaut von § 312 S.2 BGB nicht nur das Abweichen von Vorschriften, sondern jegliche Gestaltungen, die zur Umgehung führen, umfasst. Es handelt sich bei § 312i BGB um die Konkretisierung mehrerer EU-Richtlinien, wie beispielsweise Art. 12 I der Fernabsatzrichtlinie (97/7/EG). Dort wird die Möglichkeit auf Rechte zu verzichten umfänglich ausgeschlossen. Dieses weit gefasste Umgehungsverbot findet sich auch in der Struktur von § 312i BGB wieder, da dort nicht nur Abweichung von Vorschriften, sondern explizit auch anderweitige Gestaltungen geregelt werden. Es spricht daher auch die Umsetzung der Richtlinie für eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf faktische Hinderungen der Ausübung des Widerrufsrechts.
Somit ist der seitens Amazon ausgeübte Druck zunächst von dem Umgehungsverbot erfasst. Dies hätte zur Folge, dass Amazon nicht grundlos ein Kundenkonto sperren dürfte. Der Onlineshop müsste folglich, solange keine besonderen Gründe vorliegen, mit jedem Kunden Verträge schließen. Grundrechtlich liegt jedoch die Entscheidung, ob es zu einem weiteren Vertrag kommt, aufgrund der grundrechtlich geschützten Vertragsfreiheit (Art. 2 I GG) bei beiden Vertragsparteien, also auch bei Amazon. Wenn man in dem Verhalten von Amazon eine unzulässige Umgehung sieht, wird Amazon jedoch die Entscheidung, einen weiteren Vertrag abzuschließen, genommen. Dies widerspricht der grundrechtlich geschützten Privatautonomie nach hier vertretener Auffassung in so erheblichem Maße, dass eine grundrechtskonforme Auslegung einem so weiten Verständnis von Umgehungen nach § 312i S. 2 BGB entgegensteht. Daher ist Amazons Praxis nach dem BGB rechtmäßig.
III. Unlautere geschäftliche Handlung
Dennoch könnte Amazons Verhalten die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher durch Ausübung von Druck nach § 4 Nr. 1 Var. 1 UWG unlauter beeinträchtigen.
Hierbei ist jedoch die Schutzrichtung von § 4 UWG zu beachten: Es wird dort die Freiheit geschützt, sich zwischen den Angeboten verschiedener Unternehmen entscheiden zu können (Sosnitza in: Piper/Ohly/Sosnitza, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 5. Auflage 2010, § 4 UWG, Rn. 1.4.). Vorliegend liegt jedoch kein Druck vor, der sich auf die Entscheidung zwischen verschiedenen Unternehmen richtet, sondern es ist die Ausübung eines Widerrufsrechts betroffen. Daraus ergibt sich, dass die hier in Rede stehende Geschäftspraxis von Amazon aus teleologischen Gesichtspunkten keinen Verstoß gegen § 4 UWG darstellt, sodass Amazons Verhalten auch nach Maßgabe des UWG rechtmäßig ist.
Sonderfall: Kindlebesitzer
Kindlebesitzer (der Kindle ist ein E-Book-Reader von Amazon) sind besonders hart von einer Kontosperrung betroffen, da die Geräte darauf ausgelegt sind, nach dessen Kauf weitere E-Books von Amazon zu beziehen. Nach einer Sperrung des Kontos ist es ihnen jedoch nicht mehr möglich, neue E-Books über Amazon zu erwerben. Bezüglich des Kaufes der einzelnen E-Books ist Amazons Verhalten wie oben zu bewerten. Jedoch bleibt zu diskutieren, ob es Teil der Geschäftsgrundlage (§ 313 I BGB) des Kindlekaufes ist, dass Amazon dem Kunden nicht ohne einen sachlichen Grund und einer vorherigen Abmahnung den Kauf von neuen E-Books verweigert. Damit dies Teil der Geschäftsgrunde ist, muss es mindestens von einer Partei bei Vertragsschluss vorausgesetzt worden sein und die andere hätte sich redlicherweise auf eine solche Vertragsbedingung einlassen müssen. Es ist zu beachten, dass Amazon kein Interesse hat, sich nach Vertragsschluss derartig zu binden. Die Möglichkeit bei Amazon E-Books zu kaufen, ist eine wesentliche Funktion des Kindles, jedoch bleibt es weiterhin möglich von anderen Onlineshops ungeschützte E-Books zu beziehen und diese auf dem Kindle zu lesen, sodass nach der Sperrung ein Kindle für den Nutzer weiterhin brauchbar ist. Somit ist auch das Vorliegen einer Geschäftsgrundlage zu verneinen und Amazons Verhalten als rechtmäßig einzustufen.
 
Der Autor studiert zur Zeit Jura an der Bucerius Law School in Hamburg.

26.09.2013/3 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2013-09-26 09:00:332013-09-26 09:00:33Amazon, bei Rücksendung: Kündigung – eine rechtliche Bewertung

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