Das heutige des Urteil des BVerwG (28.01.2015 – 6 C 1.14; 6 C 2.14; 6 C 3.1) sollte von Kandidaten in der Examensvorbereitung Beachtung geschenkt werden. Fraglich war, ob eine waffenrechtliche Erlaubnis alleine wegen der Mitgliedschaft in der Rockergruppe „Bandidos“ widerrufen werden kann.
Zunächst sei auf unseren ausführlichen Artikel zum Waffenrecht hingewiesen – eine Materie, die immer wieder im Examen vorkommt, um „unbekannte Rechtsgebiete“ abzufragen. Wer die wesentlichen Normen bereits kennt, macht weniger Fehler und kommt besser mit dem Fall zurecht.
Die aktuelle Entscheidung des BVerwG führt die Rechtsprechung zum Begriff der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit nach § 5 WaffG fort und nimmt an, dass alleine die Mitgliedschaft in einer als gewalttätig vermuteten Vereinigung die Unzuverlässigkeit begründen kann (s. für NPD-Mitgleid BVerwG, Urteil vom 30.09.2009 – Az. 6 C 29/08; s. auch unseren Beitrag hier): (aus Pressemitteilung entnommen, Herv. d. Verf.)
Auch die Gruppenzugehörigkeit einer Person kann als (personenbezogener) Umstand für deren waffenrechtliche Zuverlässigkeit relevant sein. Nach den Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs sind von Mitgliedern der Bandidos gehäuft Straftaten unter zum Teil erheblicher Gewaltanwendung begangen worden, die maßgeblich auf die szenetypischen Rivalitäten zwischen den Bandidos und anderen Rockergruppierungen zurückzuführen sind. Es besteht wie bei anderen Mitgliedern der Bandidos die nicht entfernt liegende Möglichkeit, dass die Kläger – selbst wenn sie dies persönlich nicht anstreben sollten oder sogar für sich vermeiden wollten – künftig in die Austragung solcher Rivalitäten und in hiermit einhergehende gewalttätige Auseinandersetzungen einbezogen werden. Tritt dieser Fall ein, liegt es wiederum nicht fern, dass sie hierbei – ob beabsichtigt oder unter dem Druck der Situation – Waffen missbräuchlich verwenden oder Nichtberechtigten überlassen. Für diese Prognose ist auf die Bandidos allgemein und nicht auf das jeweilige Chapter abzustellen. Aufgrund der Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs ist davon auszugehen, dass die Tendenz zur gewalttätigen Austragung szeneinterner Rivalitäten für die Bandidos schlechthin, nicht nur für einzelne Chapter prägend ist, und dass zudem aufgrund der Vernetzung der Chapter untereinander wechselseitige Unterstützung bei Auseinandersetzungen angefordert wird.
Letztlich wird der Widerruf auf die Norm des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG gestützt, wonach Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden oder Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind. Es muss also aus dem bisherigen Verhalten eine Zukunftsprognose getroffen werden.
Das BVerwG geht mit seiner Auslegung sehr weit, da weder der Kläger noch das konkrete Chapter bisher mit dem Strafrecht in Konflikt geraten sind. Dennoch verdient die Entscheidung Beifall: Nicht erst Verurteilungen können die Zuverlässigkeit in Zweifel ziehen, sondern diese ist im Wege einer Gesamtbetrachtung zu ermitteln. Hier müssen alle Gefahrenpotentiale einbezogen werden, also auch, in welchen Kreisen sich der Kläger bewegt (kriminelles Milieu), wie dort Konflikte üblicherweise gelöst werden (mit Gewalt) und welche Position der Kläger dort einnimmt („Präsident“). Dem präventiven Charakter des Waffenrechtes entspricht es daher, die Zuverlässigkeit zu verneinen und somit den Waffenberechtigungsschein zu entziehen. Zugleich darf die Auslegung nicht soweit gehen, dass einzelne Personen in „Sippenhaft“ genommen werden. Nur bei offensichtlich dem kriminellen Milieu angehörigen Personen und Vereinigungen können eindeutige Rückschlüsse auf die Zuverlässigkeit allein aus der Mitgliedschaft gezogen werden.