Das OLG Hamm hat mit Beschluss vom 29.03.2016 – 2 UF 223/15 festgestellt, dass die von den leiblichen Eltern vorgenommene (Erst-)Bestimmung der Religionszugehörigkeit ihres Kindes auch dann verbindlich bleibt, wenn das Kind – nach einem Entzug der elterlichen Sorge unter vormundschaftlicher Verantwortung des Jugendamtes – in einer Pflegefamilie aufwächst, die einer anderen Religion angehört und nach dieser lebt. Der Vormund ist nicht dazu berechtigt die durch die Eltern vorgenommene Erstbestimmung zu revidieren.
Im Fall ging es um Eltern islamischen Glaubens, die eine entsprechende Erstbestimmung der Religionswahl ihres Kindes vorgenommen hatten. Kurz nach der Geburt wurde den leiblichen Eltern das Sorge- und Umgangsrecht entzogen und das Kind einer Pflegefamilie zugeordnet. Diese übt den christlichen Glauben aus, ließ das Kind taufen und wollte es entsprechend aufziehen. Gegen die vom Familiengericht gebilligte Anordnung des Vormunds, das Pflegekind in der römisch-katholischen Religion zu erziehen, richtete sich die Beschwerde der Kindesmutter, die mit einer Taufe ihrer Tochter und ihrer römisch-katholischen Erziehung nicht einverstanden ist.
Das OLG Hamm entschied nun, dass die Erstbestimmung der leiblichen Eltern verbindlich sei. Dies ergibt sich aus einer wortlautgetreuen Anwendung des Gesetzes über die religiöse Kindererziehung (KErzG). Nach § 1 KErzG bestimmen grundsätzlich die leiblichen Eltern gemeinsam über die religiöse Erziehung ihres Kindes.
§ 1 KErzG
Über die religiöse Erziehung eines Kindes bestimmt die freie Einigung der Eltern, soweit ihnen das Recht und die Pflicht zusteht, für die Person des Kindes zu sorgen. Die Einigung ist jederzeit widerruflich und wird durch den Tod eines Ehegatten gelöst.
§ 3 KErzG regelt dann das Verhältnis von leiblichen Eltern und einem Vormund. § 3 Abs. 2 KErzG beantwortet die streitentscheidende Rechtsfrage recht deutlich:
§ 3 KErzG(2) Steht die Sorge für die Person eines Kindes einem Vormund oder Pfleger allein zu, so hat dieser auch über die religiöse Erziehung des Kindes zu bestimmen. Er bedarf dazu der Genehmigung des Familiengerichts. Vor der Genehmigung sind die Eltern sowie erforderlichenfalls Verwandte, Verschwägerte und die Lehrer des Kindes zu hören, wenn es ohne erhebliche Verzögerung oder unverhältnismäßige Kosten geschehen kann. Der § 1779 Abs. 3 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs findet entsprechende Anwendung. Auch ist das Kind zu hören, wenn es das zehnte Lebensjahr vollendet hat. Weder der Vormund noch der Pfleger können eine schon erfolgte Bestimmung über die religiöse Erziehung ändern.