Der BGH hat mit Urteil v. 09.06.2015 – 1 StR 606/14 entschieden, dass es für die Rechtmäßigkeit hoheitlichen Handelns im strafrechtlichen Sinne lediglich darauf ankommt, dass der handelnde Beamte örtlich sowie sachlich zuständig ist und er die für sein Handeln vorgeschriebenen Förmlichkeiten einhält (sog. strafrechtlicher Rechtmäßigkeitsbegriff, s. ausführlich und mit kritischer Einordnung Schönke/Schröder/Eser, 29. Aufl. 2014, § 113 Rn. 21 f.). Hiermit bestätigt der BGH seine bisherige Rechtsprechung (s. bereits BGH v. 10.11.1967 – 4 StR 512/66, BGHSt 21, 334).
Für die Klausur bedeutet dies, dass im Rahmen der Prüfung der Notwehr hinsichtlich des gegenwärtigen rechtswidrigen Angriffes (durch den Polizisten) nicht alle polizeirechtlichen Voraussetzungen des Eingreifens zu prüfen sind, sondern alleine die formelle Rechtmäßigkeit des Handelns. Materiell-rechtliche Grenze ist allein Willkür oder grobe (d.h. offensichtliche) Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme. Grund für dieses „Irrtumsprivileg“ ist das Interesse an einer effektiven Durchsetzung des „rechtsstaatlichen Ordnungsbedürfnisses“, welches gefährdet würde, wenn die Entschlusskraft staatlicher Vollzugsbeamter durch die Angst vor Notwehrhandlungen der betroffenen Bürger geschmälert würde (S. MüKo-StGB/Bosch, 2. Aufl. 2012, § 113 Rn. 32). Neben Notwehrsituationen wird der strafrechtliche Rechtmäßigkeitsbegriff regelmäßig bei § 113 StGB (Widerstand gegen Vollstreckungbeamte) relevant.
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