Das OVG Magdeburg entschied kürzlich einen Fall (Urteil vom 25. Juli 2012 – 7 KE 1/11), wobei es in der Sache um die Entschädigung eines Klägers wegen einer überlangen Verfahrensdauer ging. Thematisch ist das für die Klausuren in den Examina gänzlich irrelevant. Für anstehende mündliche Prüfungen sollte man die Entscheidung allerdings kennen, da es sich um den ersten Anwendungsfall des neuen § 198 Abs. 1 S. 2 GVG handelte, der eine „angemessene Entschädigung“ für überlange Gerichtsverfahren vorsieht (mehr dazu auch in der knappen Pressemeldung des OVG).
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Die Präsidentschaftskandidatin der Linkspartei Luc Jochimsen ist laut eines FAZ-online Artikels der Meinung, dass die DDR kein „Unrechtsstaat“ in „juristischer und staatsrechtlicher“ Hinsicht sei. Abgesehen davon, dass gefragt werden kann, ob nun „staatsrechtlich“ nicht „juristisch“ ist, kann man sich fragen, was diese juristische Begriffsjongliererei (vgl. Guttenberg zum Begriff „Krieg“ ; wobei dieser Vergleich eher hinkt, da hier das Tatbestandsmerkmal „Krieg“ wirkliche völkerrechtliche Relevanz hat) bewirken soll. Denn in der gesellschaftlichen Diskussion wird sich kaum jemand ernsthaft auf juristische Diskussionen berufen und diese als allgemeingültig verkaufen wollen (aus persönlicher Erfahrung weiß man, wo so was endet…). Soll nun versucht werden, dem Bürger klarzumachen, dass die juristische Unrechtsdefinition (so denn es eine gibt…) nicht auf die DDR passt; dazu müsste sich dieser ja in das sprachliche Wirrwarr der Juristerei herab begeben sich dort mit langen Kettenwörtern, Schachtelsätzen und ähnlichen Sprachvergewaltigungen herumschlagen. So kann man doch keine gesellschaftliche Debatte anstoßen.
Gibt man den Begriff zusammen mit „DDR“ einfach mal ganz unbedarft bei Juris ein, spuckt die allwissende Suchmaschine unter anderem folgendes aus:
BGH, Senat für Anwaltssachen, Beschluss vom 21.11.1994, Rn. 13:
c) Die Antragstellerin trifft an ihren richterlichen Maßnahmen der politischen Strafverfolgung auch ein persönliches Verschulden. Sie hat sich dem Unrechtsstaat der DDR über viele Jahre hinweg freiwillig als Richterin zur Verfügung gestellt.
Eine genaue Definition findet sich allerdings kaum. Der reinen Wortbedeutung nach wäre ein Unrechtsstaat ein Staat, der kein Rechtsstaat ist. Dieser wird in den Lehrbüchern und Kommentaren zum Staatsrecht recht eingehend behandelt. Relevante Merkmale sind unter anderem im Bezug auf die BRD:
– Gewaltenteilungsprinzip
– Gesetzmäßigkeit, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes
– Verhältnismäßigkeitsprinzip
– Rechtsweggarantie Art 19 Abs. 4 GG und Justizgrundrechte
– Existenz von Grundrechten
Man wird sich dem Begriff des „Unrechtsstaates“ also im Ergebnis nur über den Begriff des „Rechtsstaates“ nähern können. Denn es kann wohl davon ausgegangen werden, dass ein Unrechtsstaat nicht ein solcher ist, in dem Unrecht geschieht, also gegen das Gesetz gehandelt wird. Vielmehr läge ein Unrechtsstaat erst dann vor, wenn wesentliche Grundsätze eines Rechtsstaates (oben) aufgegeben würden, bzw. schon die etablierte Rechtsordnung dazu neigt oder geschaffen ist, Freiheitsrechte aktiv und bewusst einzuschränken, staatliche Repressionen zulässt und billigt und den Bürgern keine Möglichkeit eröffnet, dagegen vorzugehen. Ob nun die DDR als Unrechtsstaat zu bezeichnen ist, ist meiner Meinung nach also vor allem eine historische und politische Frage. Die juristischen Definitionen, die ohnehin kaum relevant würden (wo denn genau im Staatsrecht?), sind sowieso derart offen, dass im Ergebnis eine Gesamtschau zu erfolgen hat.