Es war ein Paukenschlag, als das Landgericht Berlin zum ersten Mal Raser wegen Mordes verurteilte. Rechtskräftig ist die Entscheidung hinsichtlich eines der beiden Angeklagten immernoch nicht. Nach mehreren Zurückweisungen des BGH erging nun das dritte Urteil des LG Berlin (Urt. v. 02.03.2021, Az. 529 Ks 6/20) in diesem Verfahren. Statt wie noch in seinen beiden ersten Urteilen befand das LG Berlin den Angeklagten, der nicht selbst mit dem Wagen des Opfers kollidierte, nicht wegen gemeinschaftlichem Mord, sondern wegen versuchten Mordes für schuldig. Diese erneute Entscheidung dürfte abermals Prüfer dazu animieren, diesen höchst examensrelevanten Fall mit seinen zahlreichen Tücken etwa im Bereich der Abgrenzung des Eventualvorsatzes zur bewussten Fahrlässigkeit, der Mittäterschaft und der Mordmerkmale als Klausursachverhalt zu nutzen.
I. Bisheriger Verfahrensgang:
Den ersten Aufschlag lieferte das LG Berlin (Urteil vom 27.2.2017, Az. 535 Ks 8/16). Dieses verurteilte die beiden Raser, die sich an einer roten Ampel haltend mit Gestiken und dem Spiel mit dem Gas zu einem spontanen Autorennen hochschaukelten, in dessen Fortgang sie mit Geschwindigkeiten von über 160 km/h mehrere rote Ampeln überfuhren, wegen gemeinschaftlichen Mordes, nachdem einer der beiden Angeklagten während dieses Rennens mit dem Wagen eines anderen Verkehrsteilnehmers kollidierte, der an den Folgen des Unfalls starb.
Der BGH hat mit Urteil vom 1.3.2018 (Az. 4 StR 399/17) das Urteil des LG Berlin aufgehoben und zurückverwiesen (siehe dazu ausführlich unser Beitrag). Der BGH bemängelte hier zum einen, dass das LG den Tötungsvorsatz nur zu einem Zeitpunkt festgestellt hat, in dem die Täter die Kollision nicht mehr verhindern konnten. Die Feststellungen trugen daher keinen Tötungsvorsatz zum Tatzeitpunkt. Des Weiteren habe das LG den Tötungsvorsatz nicht ausreichend begründet, sich insbesondere nicht hinreichend mit der möglichen Eigengefährdung der Täter auseinandergesetzt. Schließlich bemängelte der BGH auch die Bejahung von Mittäterschaft.
Das LG Berlin kam mit Urteil vom 26.03.2018 (Az. 532 Ks 9/18) aber auch nach der Zurückverweisung abermals zum gleichen Ergebnis: Gemeinschaftlicher Mord (siehe ausführlich unser Beitrag).
Da das LG nun jedoch den Tötungsvorsatz eingehend auch unter Berücksichtigung der Eigengefährdung begründete – aufgrund der gut ausgestatteten Sportwagen sei schon nicht sicher, ob die Täter sich selbst derart gefährdet sahen, jedenfalls nahmen sie den Tod anderer Verkehrsteilnehmer in Kauf, da sie das Rennen um jeden Preis gewinnen wollten – bestätigte der BGH (Urteil vom 18.6.2020 – 4 StR 482/19) nun die Verurteilung des Angeklagten, der den tödlichen Unfall verursachte, wegen Mordes. Hierbei bejahte der BGH jedoch entgegen dem LG Berlin lediglich die Mordmerkmale der Heimtücke und der Tötung aus niedrigen Beweggründen, lehnte jedoch das Mordmerkmal des gemeingefährlichen Mittels ab. Denn erforderlich ist nicht nur, dass das Mittel objektiv in der konkreten Tatsituation eine Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben gefährden kann, weil der Täter die Ausdehnung der Gefahr nicht in seiner Gewalt hat. Es bedarf auch eines entsprechenden Vorsatzes des Täters. Diesem konnte jedoch im vorliegenden Fall nicht nachgewiesen werden, dass er über den Primäraufprall hinausgehende weitere Unfallfolgen für sich oder Dritte für möglich hielt und in Kauf nahm.
Hinsichtlich des weiteren Angeklagten verwies der BGH die Sache wieder an das LG Berlin zurück. Es bemängelte wie schon in seiner Entscheidung aus 2018 die Bejahung eines für die Mittäterschaft notwendigen gemeinsamen Tatplans. Denn ein mittäterschaftlich begangenes Tötungsdelikt setzt voraus, dass der gemeinsame Tatentschluss auf die Tötung eines Menschen durch arbeitsteiliges Zusammenwirken gerichtet ist; es genügt nicht, dass sich die Täter lediglich zu einem gemeinsamen Unternehmen entschließen, durch das ein Mensch zu Tode kommt, so der BGH.
II. Aktuelle Entscheidung des LG Berlin:
Nachdem der BGB nun wiederholt die fehlerhafte Bejahung eines gemeinsamen Tatplans gerügt hatte, geht auch das LG Berlin nicht mehr von einer Mittäterschaft aus. Der Todeserfolg ist dem Angeklagten, der selbst nicht mit dem Wagen des Verstorbenen kollidierte, demnach nicht nach § 25 Abs. 2 StGB zurechenbar.
Das LG verurteilte ihn jedoch folgerichtig wegen versuchten Mordes. Denn schließlich habe er ebenso wie der andere Fahrer um das Rennen zu gewinnen bewusst in Kauf genommen, dass er selbst derart mit einem anderen Verkehrsteilnehmer kollidiert, dass dieser stirbt. Es hat lediglich vom Zufall abgehangen, dass nicht er, sondern der Fahrer, mit dem er sich ein Rennen lieferte, unmittelbar den Tod herbeigeführt hat.
Da bei der riskanten Rennfahrt auch die Beifahrerin des Angeklagten verletz wurde, wurde dieser auch wegen tateinheitlich begangener fahrlässiger Körperverletzung nach § 229 StGB verurteilt. In einer Klausur ist zunächst auf eine in Betracht kommende vorsätzliche Körperverletzung nach § 223 StGB einzugehen und an dieser Stelle ebenfalls ausführlich zu prüfen, ob ein Verletzungsvorsatz vorliegt. Hier spielt die mögliche Eigengefährdung eine noch größere Rolle als bei der Frage nach dem Tötungsvorsatz in Bezug auf andere Verkehrsteilnehmer. Denn wenn der Täter eine Verletzung seiner Beifahrerin bewusst in Kauf genommen hätte, müsste er auch eine eigene Verletzung in Kauf genommen haben. Da er aber aufgrund der Ausstattung seines Wagens darauf vertraute, selbst bei einer Kollision nicht verletzt zu werden, galt dies auch in Bezug auf seine Beifahrerin. Gibt es im Klausursachverhalt dagegen Hinweise darauf, dass der Angeklagte eine eigene Verletzung und die seiner Beifahrerin ebenfalls in Kauf nahm, könnte dagegen eine vorsätzliche Körperverletzung bejaht werden.
Ebenfalls schuldig gesprochen wurde der Angeklagte wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c Abs. 1 Nr. 2 a) und d) StGB, da er die durch Ampelzeichen geregelte Vorfahrt des Geschädigten nicht beachteten, an einer Straßenkreuzung zu schnell fuhren und dadurch Leib und Leben des Geschädigten gefährdete.
In einem Klausurgutachten ebenfalls zu prüfen ist eine Strafbarkeit nach den weiteren Verkehrsdelikten § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB und § 315d Abs. 1, Abs. 2 StGB. Eine Strafbarkeit nach § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB ist jedoch zu verneinen, da das Fahrzeug zur Fortbewegung und nicht primär als Waffe eingesetzt wurde und es daher an einer pervertierten Nutzung fehlt, die für die Bejahung eines verkehrsfremden Eingriffs in den Straßenverkehr notwendig wäre.
III. Fazit:
– Zunächst einmal zeigt die aktuelle Entscheidung, dass die Täter zwingend getrennt zu prüfen sind. Zu beginnen ist mit dem tatnächsten Täter, der mit dem Wagen des Opfers kollidierte.
– Bei der Prüfung des Vorsatzes ist zunächst einmal darauf zu achten, dass der Vorsatz zu einem Zeitpunkt vorliegen muss, in dem der Täter noch einen Tatbeitrag leisten konnte, nicht also erst in dem Zeitpunkt, als die Kollision ohnehin unausweichlich war.
– Sodann ist anhand aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, ob der Täter mit Eventualvorsatz handelte oder nur mit bewusster Fahrlässigkeit. Hierbei ist auch auf die mögliche Eigengefährdung einzugehen, die zwar gegen einen Tötungsvorsatz sprechen kann, diesen jedoch auch nicht per se ausschließt.
– In Betracht kommen die Mordmerkmale Heimtücke, niedrige Beweggründe und gemeingefährliches Mittel. Insbesondere bei letzterem kann jedoch der Vorsatz in Bezug auf die Gefährdung einer Mehrzahl an Menschen problematisch sein.
– Dem Mitangeklagten, der selbst nicht mit dem verstorbenen Opfer kollidierte, ist der Todeserfolg nur über § 25 Abs. 2 StGB zuzurechnen, wenn ein gemeinsamer auf die Tötung eines Menschen durch arbeitsteiliges Zusammenwirken gerichteter Tatplan vorlag. Sich zu einem gemeinsamen, riskanten Straßenrennen zu entschließen, reicht hierfür nicht aus, auch wenn hierdurch letztendlich ein Mensch zu Tode kam. Daher hat der Mitangeklagte sich nur wegen versuchtem Mord strafbar gemacht.
– Von dem bedingten Tötungsvorsatz in Bezug auf andere Verkehrsteilnehmer kann nicht auf einen Verletzungsvorsatz der Beifahrerin geschlossen werden, so dass bei einer Verletzung dieser ggf nur eine fahrlässige Körperverletzung vorliegt.
– Nicht zu vergessen ist in einer Klausur zudem die Prüfung der Straßenverkehrsdelikte §§ 315b, 315c 315d StGB.
Hinzuweisen ist an dieser Stelle auch auf unsere Besprechung zu einem etwas anders gelagerten Raser-Fall, in dem der BGH (Beschluss vom 16.1.2019, 4 StR 345/18) eine Verurteilung wegen Mordes bestätigte.
Zudem noch einmal die Links zu den Besprechungen des ersten BGH-Entscheidung und dem zweiten LG Berlin-Urteil in dem hiesigen Verfahren: hier und hier
Schlagwortarchiv für: Raser
Bei der Vorbereitung auf die schriftliche und vor allem mündliche Examensprüfung, aber auch auf Klausuren des Studiums, ist die Kenntnis aktueller Rechtsprechung unbedingt erforderlich. Neue Urteile und Beschlüsse werden immer wieder als ein Teil der Prüfung herangezogen oder bei besonders wichtigen Entscheidungen ausdrücklich abgefragt. Der folgende Überblick soll für die examensrelevanten Entscheidungen in Strafsachen des Jahres 2020 (und Ende 2019) als Stütze dienen und Ausgangspunkt für eine tiefere Auseinandersetzung sein.
Strafrecht
BGH, Urt. v. 26.11.2019 – 2 StR 557/18: Strafrechtliche Verantwortlichkeit von JVA-Beamten für den Mord eines Häftlings während eines Freigangs
Zu folgendem Fall urteilte der BGH Ende letzten Jahres: T, Häftling in einer JVA, beging während eines Freigangs mehrere Straftaten, u.a. tötete er bei einer Flucht vor der Polizei, indem er mit rasanter Geschwindigkeit als „Geisterfahrer“ auf die Gegenfahrbahn fuhr, eine im Gegenverkehr befindliche junge Frau. Wegen dieser Tat wurde er wegen Mordes rechtskräftig zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Relevant war hier nun die Strafbarkeit der zuständigen JVA-Beamten.
Die Vorinstanz hatte eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung gem. § 222 StGB angenommen, der BGH sprach die Beamten nun frei: In ihrer Entscheidung, den Strafgefangenen in den offenen Vollzug zu verlegen und ihm weitere Lockerungen in Form von Freigängen zu gewähren, liege keine Sorgfaltspflichtverletzung; den Beamten stehen Beurteilungsspielraum und Ermessen zu, sodass
„die getroffene Entscheidung bis zur Grenze des Vertretbaren hinzunehmen [ist]. Bei der Beurteilung der Sorgfaltswidrigkeit darf sich das Gericht weder von einer aus dem späteren Kenntnisstand rückschauenden Wertung (ex post) leiten lassen, dass sich eine Prognoseentscheidung im Ergebnis als ,falsch‘ erwiesen hat, noch seine eigene, abweichende Prognoseentscheidung als Maßstab anlegen. Maßgebend ist vielmehr die fachliche und rechtliche Vertretbarkeit der Entscheidung aus der Perspektive der Lockerungsentscheidung (ex ante). Eine im Ergebnis falsche Prognose erweist sich als pflichtwidrig, wenn die Missbrauchsgefahr aufgrund relevant unvollständiger oder unzutreffender Tatsachengrundlage oder unter nicht vertretbarer Bewertung der festgestellten Tatsachen verneint worden ist.“ (Rn. 25)
Der BGH erläutert in der Folge, die Angeklagten hätten sich aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht den Anforderungen entsprechend verhalten.
Diese examensrelevante Entscheidung hat Tobias Vogt besprochen.
BGH, Beschl. v. 17.12.2019 – 1 StR 364/18: Unvermeidbarer Verbotsirrtum bei Auskunft eines Rechtsanwalts und einer unzuständigen Behörde?
Mit Betäubungsmitteldelikten beschäftigte der BGH sich Ende letzten Jahres und erhielt hierbei auch die Gelegenheit, sich zu den Anforderungen an die Unvermeidbarkeit eines Verbotsirrtums zu äußern. Kurz gefasst ging es um den Apotheker A, der mit anderen zusammen einen Versandhandel mit über das Internet bestellten verschreibungspflichtigen Medikamenten, die Abhängigkeitserkrankungen verursachen können, führte. Diese wurden an Kunden aus dem Ausland, überwiegend in die USA, geliefert. Über die für die Ausfuhr nach dem BtMG erforderliche Erlaubnis verfügte keiner der Beteiligten. Rechtsanwalt R, der A an die anderen vermittelt hatte, hatte ihm mitgeteilt, das Vertriebssystem sei von weiteren Rechtsanwälten geprüft. Dazu zeigte er ihm mehrere Blätter, die er als Gutachten bezeichnete, ohne sie ihm aber zum Lesen zu überlassen. Zudem erhielt A von der Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz die telefonische Auskunft, gegen den Versand von Medikamenten ins Ausland auf der Grundlage von Rezepten bestünden keine Bedenken.
Festgestellt wurde ein Verbotsirrtum gem. § 17 S. 1 StGB des A. Fraglich war nun, ob dieser vermeidbar war oder nicht. Zu den Anforderungen an die Unvermeidbarkeit führt der BGH aus:
„Unvermeidbar ist ein Verbotsirrtum erst dann, wenn der Täter alle seine geistigen Erkenntniskräfte eingesetzt und etwa aufkommende Zweifel durch Nachdenken oder erforderlichenfalls durch Einholung verlässlichen und sachkundigen Rechtsrats beseitigt hat. Dabei müssen sowohl die Auskunftsperson als auch die Auskunft aus der Sicht des Täters verlässlich sein; die Auskunft selbst muss zudem einen unrechtsverneinenden Inhalt haben. Eine Auskunft ist in diesem Sinne nur dann verlässlich, wenn sie objektiv, sorgfältig, verantwortungsbewusst und insbesondere nach pflichtgemäßer Prüfung der Sach- und Rechtslage erteilt worden ist. Bei der Auskunftsperson ist dies der Fall, wenn sie die Gewähr für eine diesen Anforderungen entsprechende Auskunftserteilung bietet, sie muss insbesondere sachkundig und unvoreingenommen sein und mit der Erteilung der Auskunft keinerlei Eigeninteresse verfolgen. Zudem darf der Täter nicht vorschnell auf die Richtigkeit eines ihm günstigen Standpunkts vertrauen und seine Augen nicht vor gegenteiligen Ansichten und Entscheidungen verschließen. Maßgebend sind die jeweils konkreten Umstände, insbesondere seine Verhältnisse und Persönlichkeit; daher sind zum Beispiel sein Bildungsstand, seine Erfahrung und seine berufliche Stellung zu berücksichtigen.“ (Rn. 21)
Daher ist auch der Rat eines Rechtsanwalts nicht ohne weiteres vertrauenswürdig. Der Rat muss, von notwendiger Sachkenntnis getragen, nach eingehender sorgfältiger Prüfung erfolgen. Sind die Auskünfte offenkundig mangelhaft, reicht das nicht zur Entlastung, notwendig ist bei komplexen Sachverhalten ein detailliertes, schriftliches Gutachten. Die durch R erteilten Hinweise, ohne die Möglichkeit, die Blätter durchzulesen, hätten durch A hinterfragt werden müssen, subsumiert der BGH.
Hinsichtlich der telefonischen Auskunft ist zu berücksichtigen, dass unzutreffende Auskünfte unzuständiger Behörden nur dann zur Unvermeidbarkeit des Irrtums führen können, wenn sich für den Täter die fehlende Zuständigkeit und Beurteilungskompetenz nicht aufdrängt (s. dazu BGH, Beschl. v. 2.2.2000 – 1 StR 597/99).
„Bei [A] handelt es sich um einen approbierten Apotheker mit langjähriger Berufserfahrung. Zur Ausbildung eines Apothekers gehören auch Grundkenntnisse im Betäubungsmittel- und Arzneirecht. Gerade aufgrund seiner beruflichen Stellung und der hiermit verbundenen Verpflichtungen war von [A] zu erwarten, dass ihm bekannt ist, dass der Handel mit Benzodiazepinen und NonBenzodiazepinen wegen der erhöhten Gefahr einer Abhängigkeitserkrankung bei dauerhaftem Konsum einer besonderen betäubungsmittelrechtlichen Kontrolle unterliegt und daher einer betäubungsmittelrechtlichen Erlaubnis bedarf. Jedenfalls hätte er dies bei gebotener Anstrengung von Verstand und Gewissen erkennen können. Gleichermaßen hätte er – unter Berücksichtigung seiner beruflichen Stellung und Erfahrung – erkennen können, dass er sich an das für die Erteilung von Erlaubnissen und Genehmigungen im Betäubungsmittelrecht zuständige BfArM [Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte] hätte wenden müssen.“ (Rn. 21)
Schließlich verneint der BGH, dass das BfArM ebenfalls dieselbe Auskunft gegeben hätte:
„Hat der Täter einer Erkundigungspflicht nicht genügt, so setzt die Feststellung von Vermeidbarkeit voraus, dass die Erkundigung zu einer richtigen Auskunft geführt hätte.“ (Rn. 21)
Insbesondere wegen der Ausführungen zu den Anforderungen an die Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums handelt es sich hierbei somit um eine wichtige und examensrelevante Entscheidung.
BGH, Beschl. v. 8.1.2020 – 4 StR 548/19: Erpressung bei Nötigung zur Begehung von Eigentumsdelikten?
T brauchte dringend Geld, um sich Marihuana kaufen zu können. Deswegen bedrohte er zwei 13-jährige Jungen mit einem Messer und forderte sie auf, für ihn in der Innenstadt Wertgegenstände zu stehlen. Wie beabsichtigt, hatten die beiden Jungen Angst vor ihm und waren von dem vorgehaltenen Messer so beeindruckt, dass sie sich nicht zu widersetzen wagten. Auf dem Weg in die Innenstadt konnten sie aber weglaufen.
Der BGH beschäftigte sich mit der Strafbarkeit des T wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung gem. §§ 253 Abs. 1, 255, 250 Abs. 2 Nr. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB. Die Erpressung scheitert am Vermögensnachteil der Genötigten – das abverlangte Verhalten liegt „nur“ in der Begehung strafbarer Handlungen, ein Vermögensschaden auf Seiten des Nötigungsopfers fehlt. Weiterhin wäre für eine Dreieckserpressung ein Näheverhältnis zwischen dem Genötigten und dem zu Schädigenden erforderlich, an dem es hier, wie der BGH knapp feststellt, fehlte (vgl. auch BGH, Urt. v. 20. 4.1995 ‒ 4 StR 27/95). Somit kam hier nur eine Strafbarkeit wegen versuchter Nötigung in zwei tateinheitlichen Fällen gem. §§ 240 Abs. 1, 2, 3, 22, 23 Abs. 1 StGB infrage.
BGH, Beschl. v. 22.1.2020 – 3 StR 526/19: Wohnungen i.S.d. § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB
Der BGH beschäftigte sich zur Klärung der Frage, ob die Wohnung eines Verstorbenen auch eine Wohnung i.S.d. § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB ist, mit folgendem (leicht abgewandeltem und gekürztem) Sachverhalt: Einbrecher E beschloss, vorrangig in die Häuser von Verstorbenen einzubrechen. Über entsprechende Todesfälle informierte er sich durch Traueranzeigen in der Tageszeitung. In der Folgezeit brach er, entsprechend seines Plans, unter Aufhebeln von Fenstern und Terassentüren in verschiedene Wohnungen von Verstorbenen ein.
In dem Beschluss bejahte der BGH, dass es sich bei den Immobilien, die noch voll eingerichtet und funktionsfähig waren, um Wohnungen im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB handelte mit einer lehrbuchartigen Gesetzesauslegung:
„Dafür spricht zunächst der Wortlaut der Vorschrift. Der Begriff „Wohnung“ bezeichnet eine für die private Lebensführung geeignete und in sich abgeschlossene Einheit von gewöhnlich mehreren Räumen. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist somit der Zweck der Stätte maßgebend, nicht deren tatsächlicher Gebrauch. […].
Diese Betrachtungsweise erfährt ihre Bestätigung in der Gesetzessystematik. Das Strafgesetzbuch sieht bei Einbruchdiebstählen eine Staffelung in Deliktsschwere und Strafmaß vor, die vom besonders schweren Fall des Diebstahls gemäß § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB über den Wohnungseinbruch im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB bis zum Einbruch in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung nach § 244 Abs. 4 StGB reicht. Spätestens mit Einführung der letztgenannten Vorschrift im Jahr 2017 hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass er die (dauerhafte) Nutzung der Wohnung nicht als tatbestandliche Voraussetzung des einfachen Wohnungseinbruchdiebstahls nach § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB verstanden wissen will. Die sprachliche Betonung dieses zusätzlichen Tatbestandsmerkmals in § 244 Abs. 4 StGB wäre sonst nicht geboten gewesen.“ (Rn. 16 f.)
Er argumentiert an dieser Stelle mit weiteren Delikten, namentlich § 123 Abs. 1 StGB, § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB und § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB, die sich auch in der Klausur gut zur Begründung heranziehen lassen!
„Schließlich gebieten Sinn und Zweck der Qualifikation aus § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB die Einbeziehung von unbewohnten Immobilien, jedenfalls so lange sie nicht als Wohnstätte entwidmet sind. Die Vorschrift soll das Eigentum an höchstpersönlichen Gegenständen und die häusliche Integrität an sich schützen. Diese Rechtsgüter können auch dann verletzt sein, wenn sie neben den aktuellen Bewohnern weiteren Personen zuzuordnen sind, die einen Bezug zu den Räumlichkeiten aufweisen – etwa, weil sie sich häufig in ihnen aufhalten, weil es sich um ihr Elternhaus handelt oder weil sie in dem Haus private Gegenstände lagern.“
Somit bejahte der BGH den Wohnungseinbruchsdiebstahl.
OLG Hamm, Beschl. v. 7.4.2020 – 4 RVs 12/20: Verwendung einer fremden EC-Karte zum kontaktlosen Zahlen
Ein Dauerbrenner im Examen sind die EC-Karten-Fälle, sodass sich ein Blick auf die aktuelle Entscheidung des OLG Hamm zum kontaktlosen Zahlen mit einer fremden EC-Karte lohnt. Folgender Fall (leicht abgewandelt und gekürzt) wurde entschieden: T erhielt von seiner Bekannten B die auf der Straße gefundene Geldbörse des O, in der sich neben ein wenig Bargeld und diversen Papieren und Karten auch eine EC-Karte befand. Mit dieser Karte tätigte T Einkäufe, u.a. im H-Markt, durch kontaktloses Bezahlen – also Auflegen der Karte auf das Lesegerät –, die jeweils einen Wert von unter 25 Euro hatten, sodass die Eingabe der PIN nicht erforderlich war. Diese Tatsache war T bekannt und er nutzte sie bewusst aus.
Eine Strafbarkeit wegen Betrugs gem. § 263 StGB lehnte das OLG ab, denn eine Täuschung liege bei der Zahlung ohne PIN-Abfrage nicht vor. Nach lesenswerten Ausführungen zu den Elementen der kontaktlosen Zahlung, folgert das OLG:
„Vor dem Hintergrund dieser Zahlungsmodalitäten hatten die Kassenkräfte des H-Marktes vorliegend keinerlei Anlass, sich Vorstellungen über die Berechtigung des Angeklagten zur Kartenverwendung zu machen. Im Gegenteil liefen sie vielmehr Gefahr, bei positiver Kenntnis von der Nichtberechtigung wegen kollusiven Zusammenwirkens mit dem Kartenverwender ihren Zahlungsanspruch gegen die […] kartenausgebende[…] Bank zu verlieren, weshalb aus Händlersicht gerade kein Anreiz bestand, über die Berechtigung des Angeklagten nachzudenken und so womöglich bösgläubig zu werden. Auch traf den Betreiber des H-Marktes bzw. seine Kassenmitarbeiter nach den Händlerbedingungen gegenüber der […] kartenausgebende[n] Bank keine Pflicht, die Berechtigung des Angeklagten anderweitig zu überprüfen, etwa durch Ausweiskontrolle. Damit aber fehlt es an einer Grundlage für die Annahme, dass der Angeklagte als Kunde seine Berechtigung zur Kartennutzung nach der Verkehrsanschauung fälschlich konkludent erklärt hätte und dass die Kassenmitarbeiter wenigstens im Sinne eines sachgedanklichen Mitbewusstseins einer entsprechenden irrigen Vorstellung unterlegen wären.“ (Rn. 14)
Gleichfalls scheidet auch ein Computerbetrug nach § 263a StGB aus, insbesondere wird nicht die einzig in Betracht kommende Variante der unbefugten Verwendung von Daten erfüllt – die h.M. setzt nämlich für das Merkmal „unbefugt“ voraus, dass die Verwendung gegenüber einer natürlichen Person Täuschungscharakter hätte. Das scheidet hier aber aus, denn geprüft werden mit dem Vorhalten der Karte vor das Lesegerät nur die Einhaltung des Verfügungsrahmens, die Nicht-Eintragung in eine Sperrdatei und das Vorliegen der Voraussetzungen für das Absehen von der starken Kundenauthentifizierung.
In Betracht zieht das OLG nach Verneinung einiger anderer Delikte schließlich noch eine Urkundenunterdrückung nach § 274 I Nr. 2 StGB: Die Verwendung der Karte im kontaktlosen Bezahlvorgang stellt eine Löschung/Veränderung beweiserheblicher Daten dar:
„Der noch bestehende Verfügungsrahmen sowie die Umstände der bisherigen Kartennutzung seit der letzten PIN-Abfrage stellen Gedankenerklärungen dar, die durch die Speicherung im Autorisierungssystem bzw. auf dem Chip der ec-Karte perpetuiert sind. Weiterhin sind diese Daten auch beweiserheblich, weil sie für die Autorisierung weiterer Bezahlvorgänge mit der ec-Karte relevant sind. Nur wenn der Verfügungsrahmen noch nicht ausgeschöpft ist und in Bezug auf die Umstände der bisherigen Kartennutzung die Voraussetzungen […] für das Absehen von der PIN-Abfrage erfüllt sind, erteilt die kartenausgebende Bank im POS-Verfahren die Autorisierung der Zahlung (ohne PIN-Abfrage). Anders als im Hinblick auf die Transaktionsdaten ist in Bezug auf den Verfügungsrahmen und die Umstände der bisherigen Kartennutzung auch die Garantiefunktion des Urkundenbegriffs erfüllt. Es ist nämlich die kartenausstellende Bank als Aussteller dieser Daten ohne Weiteres erkennbar.“ (Rn. 37)
Verwirklicht wurde darüber hinaus auch § 303a Abs. 1 StGB.
Insgesamt ist das hier also eine wichtige und examensrelevante Entscheidung, die man sich genauer anschauen sollte!
BGH, Beschl. v. 14.4.2020 – 5 StR 93/20: Mordmerkmal der gemeingefährlichen Mittel in Abgrenzung zur „Mehrfachtötung“
Im April hat der BGH die Anforderungen an das Mordmerkmal der gemeingefährlichen Mittel (speziell für den Fall naturgemäß gemeingefährlicher Mittel) konkretisiert. Folgender Sachverhalt (gekürzt) lag dem zugrunde: T zündete in dem von ihm bewohnten Zimmer im 1. OG eines Wohnkomplexes eine auf seinem Bett liegende Wolldecke an, schloss die Zimmertür und verließ das Haus. Es war ihm bewusst, dass A und B sich im 1. OG aufhielten und C sich möglicherweise im Dachgeschoss befand. Mögliche Verletzungen oder den Tod der anderen nahm T in Kauf. A entdeckte den Brand und alarmierte B und C. Sie flüchteten und alarmierten die Feuerwehr. A und C erlitten Rauchgasvergiftungen. Die Feuerwehr konnte ohne Atemschutz nur bis zur Hälfte der Holztreppe ins OG vordringen; ab dort bestand akute Lebensgefahr. Der im Zimmer des T lodernde Vollbrand konnte schließlich gelöscht werden.
Maßgeblich war zunächst die Frage, ob ein gemeingefährliches Mittel vorliegt, wobei die Tatsache, dass T den Brand in seinem Zimmer gelegt hat, die Gemeingefährlichkeit des Mittels nicht grundsätzlich ausschließt, vielmehr wohnt Handlungen wie der vorliegenden aufgrund ihrer naturgemäß fehlenden Beherrschbarkeit die Gemeingefährlichkeit bereits inne:
„Es gibt nach ihrer Eigenart grundsätzlich gemeingefährliche Mittel, bei denen allenfalls im Einzelfall die Beherrschbarkeit bejaht oder bei der speziellen Art ihrer Handhabung die Gefahr für eine Vielzahl von Menschen ausnahmsweise verneint werden kann. Dazu zählen Brandsetzungsmittel und Explosionsstoffe. Bei ihnen hat der Täter die Folgen seines Tuns typischerweise nicht in der Hand […]. An der gemeingefährlichen Verwendung fehlt es bei an sich nicht beherrschbaren Mitteln nur dann, wenn der Täter im konkreten Fall davon ausgeht, es könne dadurch nur die zur Tötung ins Auge gefasste Person getroffen werden.“ (Rn. 9)
Wichtig war außerdem die Abgrenzung zu „Mehrfachtötungen“, wobei es nach früherer Rspr. darauf ankam, ob sich die Tat trotz Einsatzes eines naturgemäß gemeingefährlichen Mittels gegen einen individualisierten Kreis von Personen richtet – dann war das Vorliegen dieses Mordmerkmals zu verneinen (s. BGH, Beschl. v. 18.7.2018 – 4 StR 170/18). Daran zweifelte der BGH aber nun:
„Es erscheint wertungswidersprüchlich, den Täter, der von vornherein eine konkrete Vielzahl von Opfern durch ein in seinem Gefahrenpotential nicht beherrschbares Mittel tötet, gegenüber demjenigen zu privilegieren, der ohne diese Konkretisierung aufgrund der Gemeingefahr des Tötungsmittels auch nicht bereits individualisierte Opfer in Kauf nimmt. Ausgehend von der bisherigen Rechtsprechung müsste in Fällen nicht weiterer Aufklärbarkeit der Tätervorstellung der Zweifelssatz für die Annahme sprechen, dem Täter sei es gerade auf die Tötung aller in die Gefahrenlage einbezogenen Personen angekommen. Weder die Formulierung noch der Sinn und Zweck des Mordmerkmals gebieten nach Ansicht des Senats eine solche Auslegung. Das gesetzliche Tatbestandsmerkmal stellt lediglich auf die vom Vorsatz umfasste Art des Tatmittels, nicht auf die Konkretisierung des Opfers in der Vorstellung des Täters ab. Die Unbestimmbarkeit des Opferkreises folgt vielmehr aus der besonderen Art des Tötungsmittels, das nach Freisetzung der in ihm ruhenden Kräfte für den Täter nicht mehr beherrschbar ist. Entscheidend muss es deshalb darauf ankommen, ob für den Angeklagten nicht mehr berechenbar ist, wie viele Menschen durch das Tatmittel verletzt und getötet werden können, weil er den Umfang der Gefährdung nicht beherrscht […]. Hat es der Täter bewusst nicht in der Hand, wie viele Menschen in den von ihm geschaffenen Gefahrenbereich geraten und durch sein Verhalten gefährdet werden, tötet er nach Ansicht des Senats auch dann mit gemeingefährlichen Mitteln, wenn er mit dem für ihn unbeherrschbaren Mittel eigentlich nur eine bestimmte Zahl konkreter Menschen töten will […].“ (Rn. 11 f.)
Im vorliegenden Fall fehlte aber sowieso die Individualisierung des Opferkreises, sodass die Frage i.E. nicht abschließend beurteilt werden musste.
Für weitere Details sei auf die ausführliche Besprechung von Melanie Jänsch verwiesen.
BGH, Beschl. vom 19.5.2020 – 4 StR 140/20: Habgier bei angestrebter staatlicher Versorgung in einer JVA?
Einen versuchten Mord aus Habgier nahm der BGH in vorliegendem Fall an: Der vermögenslose und nicht krankenversicherte A nahm sich vor, eine schwere Straftat begehen, um langfristig Unterkunft, Verpflegung und Krankenversorgung in einer JVA zu erhalten. In dieser Absicht fuhr er mit seinem Fahrzeug mit mindestens 80 km/h gezielt von hinten auf den auf einem Fahrradweg radelnden B auf. A wollte ihn erheblich verletzen. Zudem hielt er den Eintritt seines Todes ernsthaft für möglich und nahm ihn billigend in Kauf. B wurde von seinem Fahrrad geschleudert und erlitt durch den Aufprall und den Sturz schwere Verletzungen.
Zur Erinnerung:
„Habgier bedeutet ein Streben nach materiellen Gütern oder Vorteilen, das in seiner Hemmungslosigkeit und Rücksichtslosigkeit das erträgliche Maß weit übersteigt und das in der Regel durch eine ungehemmte triebhafte Eigensucht bestimmt ist. Voraussetzung hierfür ist, dass sich das Vermögen des Täters ‒ objektiv oder zumindest nach seiner Vorstellung ‒ durch den Tod des Opfers unmittelbar vermehrt oder dass durch die Tat jedenfalls eine sonst nicht vorhandene Aussicht auf eine Vermögensvermehrung entsteht.“ (2. a))
A wollte nun durch seine Tat lediglich eine langfristige Versorgung durch eine staatliche Einrichtung und dadurch eben auch eine Verbesserung seiner Vermögenslage i.S.e. rücksichtslosen Gewinnstrebens erreichen. Dass sich hiermit eine Begehung aus Habgier begründen lässt, wird auch nicht durch die Nachteile der Inhaftierung widerlegt, da diese für A nicht maßgeblich waren und er vornehmlich aufgrund der Vermögensvorteile handelte. Weiter begründet der BGH das Mordmerkmal der Habgier:
„Für die Annahme einer Tötung aus Habgier ist ferner unerheblich, dass der erstrebte Vermögensvorteil nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Opfers stammen sollte. Ebenso steht einem Mordversuch aus Habgier nicht entgegen, dass der Angeklagte eine staatliche Versorgung auch auf legale Weise durch Beantragung von Sozialleistungen hätte erreichen können. Einen funktionalen Zusammenhang zwischen Tötung und Vermögensvermehrung in dem Sinne, dass der Angriff auf das Leben aus Sicht des Täters unerlässliches Mittel zur Zielerreichung ist, setzt das Mordmerkmal nicht voraus; entscheidend ist vielmehr die Motivation des Täters.“ (2. b)).
BGH, Beschl. v. 19.5.2020 – 6 StR 85/20: Erpresste Bankkarte und leeres Bankkonto
Der BGH traf ebenfalls am 19. Mai dieses Jahres einen Beschluss, wobei er die Anforderungen an einen Vermögensnachteil i.S.d. § 253 StGB darstellte. Der Sachverhalt ist schnell erzählt: T bedrohte O mit einer Schreckschusspistole und forderte ihn auf, am Automaten Geld abzuheben. Das gelang O aber nicht, da sein Konto nicht ausreichend gedeckt war. Daraufhin zwang T ihn unter Drohung mit der Waffe zur Aushändigung der EC-Karte und der PIN. Eine Strafbarkeit wegen Erpressung scheitert aber am Vermögensschaden:
„Zwar ist der Nachteil für das Vermögen i.S. des § 253 StGB gleichbedeutend mit der Vermögensbeschädigung beim Betrug, so dass auch schon eine bloße Vermögensgefährdung einen Vermögensnachteil darstellt. Dabei kommt es aber entscheidend darauf an, ob im Einzelfall durch die Verfügung das Vermögen konkret gefährdet, also mit wirtschaftlichen Nachteilen ernstlich zu rechnen ist. Durch die Kenntnis der geheimen Zugangsdaten zu einem Bankkonto ist das Vermögen des Opfers grundsätzlich beeinträchtigt, wenn sich der Täter zudem im Besitz der zugehörigen Bankkarte befindet und ihm deshalb die jederzeitige Zugriffsmöglichkeit auf den Auszahlungsanspruch des Berechtigten gegenüber der die Karte akzeptierenden Bank eröffnet ist.“ (Rn. 4)
Das setzt aber voraus, dass tatsächlich mit wirtschaftlichen Nachteilen zu rechnen ist, was hier jedoch mangels Deckung des Kontos nicht der Fall ist.
Auch hierbei handelt es sich also um eine Entscheidung, die man sich in Anbetracht der Examensrelevanz der einschlägigen Delikte zu Gemüte führen sollte.
BGH, Beschl. v. 23.6.2020 – 5 StR 164/20: Mehrfacher Einsatz einer fremden EC-Karte an demselben Geldautomaten
Noch ein EC-Karten-Fall hat den BGH diesen Juni beschäftigt, in konkurrenzrechtlicher Hinsicht: T erlangte EC-Karte und PIN des O. Daraufhin hob er an einem Geldautomaten der örtlichen Sparkasse zunächst 400 € und etwa eine Minute später weitere 600 € ab.
„Bei mehrfachem unberechtigtem Einsatz einer fremden ec-Karte an demselben Geldautomaten innerhalb kürzester Zeit – mit von vornherein auf die Erlangung einer möglichst großen Bargeldsumme gerichtetem Vorsatz – stellen die einzelnen Zugriffe eine einheitliche Tat nach § 263a StGB im materiellrechtlichen Sinne dar.“ (Rn. 3)
Strafprozessrecht
BGH, Beschl. v. 11.3.2020 – 4 StR 307/19: Kein Strafklageverbrauch durch Einstellung durch die Staatsanwaltschaft gem. § 153 Abs. 1 StPO
In einem Beschluss dieses Jahr stellte der BGH klar, dass eine Verfahrenseinstellung der Staatsanwaltschaft nach § 153 Abs. 1 StPO ohne Zustimmung des Gerichts kein Verfahrenshindernis begründet und der Aburteilung der Tat daher nicht entgegensteht, es kommt nicht mal ein begrenzter Strafklageverbrauch infrage. Das ist insofern anders als bei einer gerichtlichen Verfahrenseinstellung nach § 153 Abs. 2 StPO, nach der eine Verfahrensfortführung nur unter den Voraussetzungen des § 153a Abs. 1 S. 5 StPO möglich ist.
„Denn anders als bei einem gerichtlichen Beschluss nach § 153 Abs. 2 StPO, der auf der Grundlage einer auch für ein Urteil ausreichenden Sachverhaltsaufklärung ergehen kann, handelt es sich bei der staatsanwaltschaftlichen Einstellung nach § 153 Abs. 1 StPO strukturell um eine Entscheidung, der unter dem Gesichtspunkt des Verfahrensschutzes nicht die einem Urteilsverfahren ähnliche Verlässlichkeit zuzumessen ist. […] Da die Staatsanwaltschaft die von ihr […] verfügte Wiederaufnahme des Verfahrens auf neue Erkenntnisse und Tatsachen, die den Verdacht einer vorsätzlichen Tatbegehung begründeten, gestützt hat, liegt auch kein Verstoß gegen das Willkürverbot vor.“ (Rn. 4)
Alles in allem also eine Entscheidung, die sich gut in einer StPO-Zusatzfrage z.B. abfragen lässt, da man hier gut den Vergleich der Einstellung nach § 153 Abs. 1 StPO und der nach Abs. 2 ziehen kann.
BGH, Beschl. v. 27.5.2020 – 5 StR 166/20: Entzug des letzten Wortes bei Missbrauch
Kurz gehalten ist der Beschluss des BGH zu dem Fall, dass der Angeklagte eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragte, weil ihm nicht ausreichend Gelegenheit zum letzten Wort (§ 258 StPO) gegeben worden sei, als ihm nach fünf Tagen das Wort entzogen wurde:
„Nach zehn Tagen Beweisaufnahme konnte er fünf Tage lang Ausführungen zu seiner Verteidigung machen. Dass er durch die Vorsitzende dabei 31 mal darauf hingewiesen wurde, dass seine Ausführungen Wiederholungen und Weitschweifigkeiten enthalten, und ihm schließlich eine Frist zur Beendigung seiner Ausführungen gesetzt wurde, lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Denn ein Vorsitzender darf nach § 238 Abs. 1 StPO einschreiten, wenn sich die Ausführungen des Angeklagten in seinem letzten Wort mit nicht zur Sache gehörenden Umständen befassen, fortwährende Wiederholungen oder andere unnütze Weitschweifigkeiten enthalten oder sonst einen Missbrauch seines letzten Wortes darstellen. Nach mehrmaligen erfolglosen Ermahnungen ist auch der Entzug des letzten Wortes möglich.“ (Rn. 7)
Weitere Beiträge
Folgende Beiträge beschäftigen sich nicht mit Entscheidungen aus dem hier betrachteten Zeitraum, sind aber dieses Jahr erschienen und behandeln Examensrelevantes:
Unsere ausführliche Besprechung des Beschlusses des OLG Karlsruhe vom 13.3.2019 (1 Rv 3 Ss 691/18) zur Manipulation von Warenetiketten, wobei das Gericht über einen examensrelevanten Fall entschied, der sich im Kontext der Vermögens- und auch Urkundendelikte bewegt: Der Täter tauschte zwei Warenetiketten aus und zahlte an der Kasse in der Folge einen „falschen“ geringeren Preis, was der Kassiererin nicht auffiel. Er machte sich dadurch strafbar wegen Betrugs, woran sich im Hinblick auf den Vermögensschaden auch nichts dadurch ändert, dass er von einer Ladendetektivin beobachtet und vor Verlassen des Ladens aufgehalten wurde:
„Dass der von dem Täter erstrebte Vermögensvorteil erlangt oder auch nur erreichbar ist, ist hingegen wegen der überschießenden Innentendenz zur Tatbestandsvollendung nicht erforderlich. Danach ist erst recht dann von Vollendung auszugehen, wenn der Täter die rechtswidrig erstrebte Vermögensposition – wie hier Eigentum und Besitz an der Schlauchtrommel – bereits erlangt hat, diese aber noch nicht gegen die unmittelbar drohende Erhebung berechtigter Rückgabeansprüche des Geschädigten sichern konnte, weil er sich noch in dessen Herrschaftsbereich aufhält und seine Tat von einem im Auftrag des Geschädigten handelnden, eingriffsbereiten Dritten beobachtet wurde.“ (Rn. 22)
Eine Urkundenunterdrückung hat der Täter ebenfalls verwirklicht, denn das Etikett i.V.m. der Ware stellt eine zusammengesetzte Urkunde dar, die durch das Abreißen des Etiketts, um das Austauschen zu ermöglichen, vernichtet wurde. Eine Urkundenfälschung kam im konkreten Fall aber nicht in Betracht.
Der Beitrag von Dr. Lorenz Bode, in dem er klausurtaktische Hinweise zu dem Beschluss des BGH vom 6.6.2019 (STB 14/19) zu Beweisverwertungsverboten und Widerspruchslösung gibt. Hier wurde die Pflicht, dass Beweisverwertungsverbote im Ermittlungsverfahren „unabhängig von einem Widerspruch des Beschuldigten von Amts wegen zu beachten“ sind, „auch wenn der zugrundeliegende Verfahrensmangel eine für ihn disponible Vorschrift betrifft“, festgeschrieben.
Keine Gerichtsentscheidung, aber eine brandaktuelle Frage wird im Beitrag von Tobias Vogt behandelt: Es geht um die Strafbarkeit durch Ansteckung mit dem Coronavirus, die im Kontext einer Anzeige gegen eine Strafrichter wegen versuchter Körperverletzung, nachdem dieser auf die Durchführung einer Gerichtsverhandlung bestand, auch im Grundsatz betrachtet wird. Hierbei kommt die Möglichkeit einer Strafbarkeit wegen gefährlicher Körperverletzung, §§ 223, 224 StGB, in Betracht, die aber wohl häufig am fehlenden Vorsatz scheitern wird. Dann ist aber an eine fahrlässige Körperverletzung, § 229 StGB, denkbar. Bei tödlichem Verlauf ist natürlich an die Tötungsdelikte zu denken, auch ist immer der Versuch zu berücksichtigen.
Erstmals hat der BGH in seinem am vergangenen Freitag veröffentlichten Beschluss vom 16.1.2019 (Az.: 4 StR 345/18) ein Mordurteil gegen einen Raser bestätigt. Das LG Hamburg hatte in seiner Entscheidung vom 19.2.2018 (Az.: 621 Ks 12/17) den Angeklagten unter anderem wegen Diebstahls, wegen Mordes in Tateinheit mit zweifachem versuchten Mord und mit zweifacher gefährlicher Körperverletzung zu einer lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Der BGH hat die gegen die Verurteilung gerichtete Revision nun verworfen. Die extrem hohe Examensrelevanz ist offensichtlich: Es ist nicht nur das erste Mal, dass der BGH in einem Raser-Fall eine Strafbarkeit wegen Mordes annimmt; die Entscheidung bildet auch einen Kontrast zum medial sehr präsenten Ku’damm-Raser-Fall, in dem der BGH mit Urteil vom 1.3.2018 (Az.: 4 StR 399/17) das Mordurteil des LG Berlin vom 27.2.2017 (Az.: 535 Ks 8/16) gegen zwei Raser aufgehoben hat (s. hierzu unsere ausführliche Besprechung). Raser-Fälle sind Paradebeispiele für die Problematik der Abgrenzung des bedingten Vorsatzes von der bewussten Fahrlässigkeit, auf die im Rahmen dieses Beitrags noch einmal eingegangen werden soll. Insbesondere ist herauszustellen, auf welche Weise sich der hier darzustellende Hamburger Raser-Fall vom Ku’damm-Raser-Fall unterscheidet und inwieweit dies eine unterschiedliche Beurteilung des Vorsatzes rechtfertigen kann. Ebenso bedarf es – sofern vorsätzliches Handeln angenommen wird – anschließend der Auseinandersetzung mit der Frage, ob in solchen Fällen Mordmerkmale vorliegen oder ob eine Strafbarkeit wegen Totschlags anzunehmen ist.
A. Sachverhalt (der Pressemitteilung entnommen und vereinfacht):
Der alkoholisierte Angeklagte hatte am Morgen des 4.5.2017 ein Taxi gestohlen und war in der Hamburger Innenstadt auf der Flucht vor der ihn verfolgenden Polizei bewusst auf die dreispurige Gegenfahrbahn gefahren. Den Streckenabschnitt der leicht kurvig verlaufenden und baulich von der übrigen Fahrbahn abgetrennten Gegenfahrbahn befuhr er mit hoher Geschwindigkeit von bis zu 155 km/h. Aufgrund von Kollisionen mit dem Kantstein der Fahrbahn und einer Verkehrsinsel verlor er die Kontrolle über das Fahrzeug und stieß nach Überqueren einer Kreuzung mit einer Geschwindigkeit von mindestens 130 km/h frontal mit einem ihm mit ca. 20 km/h entgegenkommenden Taxi zusammen. Einer der Insassen dieses Taxis verstarb noch an der Unfallstelle, zwei weitere Personen wurden schwer verletzt.
B. Entscheidung
Der Fall beinhaltet zwei Schwerpunktprobleme: Zunächst muss diskutiert werden, ob der Angeklagte vorsätzlich handelt, um dann in einem folgenden Schritt das Vorliegen etwaiger Mordmerkmale zu erörtern.
I. Abgrenzung des Eventualvorsatzes von der bewussten Fahrlässigkeit
Die Abgrenzung zwischen Eventualvorsatz – auch: bedingtem Vorsatz – und bewusster Fahrlässigkeit gehört vermutlich zu den schwierigsten Abgrenzungsproblematiken im Strafrecht. Dabei unterscheiden sich Eventualvorsatz und bewusste Fahrlässigkeit darin, „dass der bewusst fahrlässig Handelnde mit der als möglich erkannten Folge nicht einverstanden ist und deshalb auf ihren Nichteintritt vertraut, während der bedingt vorsätzlich Handelnde mit dem Eintreten des schädlichen Erfolgs in der Weise einverstanden ist, dass er ihn billigend in Kauf nimmt oder dass er sich wenigstens mit der Tatbestandsverwirklichung abfindet“ (BGH, v. 14.1.2016 – 4 StR 84/15, NStZ-RR 2016, 79 m.w.N.). Mit anderen Worten: Bei bedingtem Vorsatz erkennt der Täter den Erfolgseintritt als mögliche, nicht gänzlich fernliegende Folge seines Handelns (kognitives Element) und nimmt diesen jedenfalls billigend in Kauf (voluntatives Element). Bei der bewussten Fahrlässigkeit erkennt er zwar auch den Erfolg als mögliche Folge seines Handelns (kognitives Element), vertraut aber ernsthaft und nicht nur vage darauf, dass dieser nicht eintritt (fehlendes voluntatives Element). Dies erfordert eine Gesamtbetrachtung der objektiven und subjektiven Tatumstände. Als wesentlicher Indikator für das Wissens- und Wollenselement kann dabei die objektive Gefährlichkeit der Tathandlung herangezogen werden, was im vorliegenden Fall die Annahme des Vorsatzes nahelegt.
In diesem Zusammenhang ist auch auf die sog. Hemmschwellentheorie hinzuweisen, wonach bei Tötungsdelikten eine gegenüber Körperverletzungsdelikten deutlich höhere Hemmschwelle angenommen wird. Dies bedeutet allerdings nur, dass an den Nachweis des Vorsatzes höhere Anforderungen zu stellen sind. Dagegen soll die Wertung der hohen und offensichtlichen Lebensgefährlichkeit von Gewalthandlungen als ein gewichtiges, auf Tötungsvorsatz hinweisendes Beweisanzeichen nicht in Frage gestellt oder auch nur relativiert werden (BGH v. 5.12.2017 − 1 StR 416/17, NStZ 2018, 206, 207).
Dabei ist es nach Ansicht der Rechtsprechung bei der Würdigung des voluntativen Elements in der Regel auch erforderlich, dass sich das Gericht mit der Persönlichkeit des Täters auseinandersetzt und seine psychische Verfassung bei der Tatbegehung sowie seine Motivation und die zum Tatgeschehen bedeutsamen Umstände – insbesondere die konkrete Angriffsweise – mit in die Beurteilung einbezieht (BGH, Urt. v. 14.1.2016 – 4 StR 84/15, NStZ-RR 2016, 79 m.w.N.). Insbesondere könne eine mögliche Eigengefährdung des Täters gegen die Annahme eines Vorsatzes sprechen; bei riskantem Verhalten im Straßenverkehr, das nicht von vornherein auf die Verletzung anderer Personen angelegt sei, könne eine vom Täter als solche erkannte Eigengefährdung zu der Beurteilung führen, dass er auf das Ausbleiben des Erfolgs vertraut habe.
Indes – so räumt der BGH in ständiger Rechtsprechung ein – seien die Gefährlichkeit der Tathandlung sowie der Grad der Wahrscheinlichkeit eines Erfolgseintritts keine ausschließlich maßgeblichen Kriterien für die Annahme des bedingten Vorsatzes; vielmehr komme es auch bei in hohem Maße gefährlichen Handlungen auf die Umstände des Einzelfalles an (BGH v. 1.3.2018 – 4 StR 399/17, NStZ 2018, 409, Rn. 19 m.w.N.).
Unter Anwendung dieser Grundsätze hat der BGH im Hamburger Raser-Fall in Übereinstimmung mit der Vorinstanz vorsätzliches Handeln angenommen. Dem Angeklagten sei bewusst gewesen,
„dass es mit hoher, letztlich unkalkulierbarer und nur vom Zufall abhängender Wahrscheinlichkeit zu einem frontalen Zusammenstoß mit entgegenkommenden Fahrzeugen kommen würde.“ Ihm war auch „bewusst, dass ein Frontalunfall mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zum Tod eines oder mehrerer direkter Unfallbeteiligter sowie eventuell zur Schädigung weiterer Personen führen würde.“ All dies, auch der eigene Tod, wurde vom Angeklagten gebilligt, weil er „kompromisslos das Ziel, der Polizei zu entkommen“, verfolgte. Der Zurechnung des eingetretenen Todeserfolges zu dem vom Vorsatz des Angeklagten umfassten Kausalverlauf steht daher nicht entgegen, dass der Angeklagte nicht unmittelbar mit einem entgegenkommenden Fahrzeug kollidierte, sondern infolge der Kollisionen mit dem Kantstein am rechten Fahrbahnrand und einer der Verkehrsinseln die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor und nach Überqueren des Glockengießerwalls auf der gegenüberliegenden Seite (…) mit einer Geschwindigkeit von „ca. 130 bis 143 km/h“ ungebremst frontal mit dem ihm entgegenkommenden Taxi des Geschädigten Y. kollidierte.“
Die Entscheidung sorgt für Aufsehen, hat der BGH in dem Berliner Raser-Fall einen Tötungsvorsatz abgelehnt. Hier liegt der Fall jedoch anders: Während die Täter im Ku’damm-Raser-Fall ein Kräftemessen in Form eines illegalen Autorennens veranstalteten, befand sich der Täter im Hamburger Raser-Fall auf der Flucht vor der Polizei. Dabei war ihm – so hat es das Landgericht festgestellt – „die Chance auf ein Entkommen wichtiger als das sichere Überleben“. Damit kann aber eine als solche erkannte Eigengefährdung, die im Einzelfall gegen die Annahme eines Tötungsvorsatzes sprechen kann, im vorliegenden Fall gerade nicht als Indiz gegen den Tötungsvorsatz herangezogen werden. Vielmehr sprechen die sonstigen Umstände – wie etwa die hohe Geschwindigkeit im Innenstadtbereich – für vorsätzliches Handeln.
II. Vorliegen eines Mordmerkmals
Wird der Vorsatz bejaht, so ist sich in einem zweiten Schritt der Frage zuzuwenden, ob Mordmerkmale vorliegen. Dabei scheint sich das Merkmal des gemeingefährlichen Mittels aufzudrängen, dessen Einschlägigkeit in einer Klausur ausführlich diskutiert werden müsste. Gemeingefährlich ist ein Mittel, das in der konkreten Tatsituation eine Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben gefährden kann, weil der Täter die Ausdehnung der Gefahr nicht in seiner Gewalt hat. Maßgeblich ist dabei nicht die abstrakte Wirkung, sondern die Eignung zur Gefährdung Dritter in der konkreten Situation unter Berücksichtigung der persönlichen Fähigkeiten und Absichten des Täters (MüKoStGB/Schneider, 3. Aufl. 2017, § 211 Rn. 127 f.). Dies bedeutet, dass ein Mittel selbst dann gemeingefährlich sein kann, wenn es seiner abstrakten Art nach nicht gemeingefährlich ist – wie ein Auto, das seiner Art nach ein Fortbewegungsmittel ist. Die Gemeingefährlichkeit kann sich dann daraus ergeben, dass bei einer derart hohen Geschwindigkeit eine unkontrollierbar hohe Anzahl an Menschen an Leib und Leben gefährdet wird. Ob eine Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln hier vorliegt, wie es die Vorinstanz angenommen hat, hat der BGH jedoch offengelassen, da jedenfalls das Merkmal der Verdeckungsabsicht gegeben sei:
„Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift steht der vom Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellten Verdeckungsabsicht nicht entgegen, dass das Schwurgericht „tatsachenalternativ“ ein Handeln des Angeklagten in suizidaler Absicht festgestellt hätte. Das Schwurgericht hat vielmehr „nicht klären“ können, ob „auch suizidale Gedanken mit motivgebend waren“; „im Ergebnis“ – so das Landgericht weiter – „war ihm die Chance auf ein Entkommen wichtiger als das sichere Überleben“; dies stellt das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht nicht in Frage (vgl. Fischer, StGB, 66. Aufl., § 211 Rn. 68b). Daher kann der Senat offenlassen, ob auch die Voraussetzungen des vom Landgericht weiterhin angenommenen Mordmerkmals der Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln erfüllt sind.“
In Verdeckungsabsicht handelt, wer als Täter das Opfer tötet, um dadurch eine vorangegangene Straftat als solche oder auch Spuren zu verdecken, die bei einer näheren Untersuchung Aufschluss über bedeutsame Tatumstände geben könnten (BGH v. 15.2.2017 − 2 StR 162/16, NStZ 2017, 462 m.w.N.). Im vorliegenden Fall betraf dies den Taxi-Diebstahl, den der Täter zu verdecken versuchte.
C. Fazit
Zwar unterscheidet sich der hier dargestellte Fall vom Ku’damm-Raser-Fall insofern, als der Täter vor der Polizei flieht und nicht an einem illegalen Autorennen teilnimmt. Gleichwohl hat der BGH mit dieser Entscheidung klargestellt, dass die rücksichtslose Verwendung eines Fahrzeugs im Straßenverkehr und die bewusste Gefährdung von Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer die Annahme eines bedingten Tötungsvorsatzes rechtfertigen kann, auf den im Einzelfall eine Verurteilung wegen Mordes gestützt werden kann. Maßgeblich sind stets die konkreten Tatumstände. Daher erscheint auch in Autorennen-Fällen eine Strafbarkeit nach § 211 StGB möglich. Diesbezüglich ist aber auch zu bedenken, dass der Gesetzgeber im Oktober 2017 § 315d StGB eingefügt hat, der verbotene Kraftfahrzeugrennen bestraft und in Abs. 5 eine Erfolgsqualifikation für die Verursachung des Todes eines anderen Menschen enthält, die keinen Vorsatz erfordert.
Wir freuen uns sehr, nachfolgend einen Gastbeitrag von Tobias Vogt veröffentlichen zu können. Der Autor ist am Institut für Arbeitsrecht und Recht der sozialen Sicherheit an der Universität Bonn und bei Flick Gocke Schaumburg tätig.
Der BGH hat mit Urteil vom 1.3.2018 (Az. 4 StR 399/17, DAR 2018, 216) das Urteil des LG Berlin vom 27.2.2017 (Az. 535 Ks 8/16, NStZ 2017, 471) aufgehoben, in dem die Berliner Richter die beiden Ku´damm-Raser eines gemeinschaftlich begangenem Mordes schuldig erklärten. Nicht nur wegen seiner enormen medialen Präsenz sollte dieses Urteil jedem Examenskandidat bekannt sein. Es eignet sich auch gerade deshalb für Examensklausuren und mündliche Prüfungen, da sich hier allgemeine Probleme des Vorsatzes, insbesondere die Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit in der besonderen Konstellation eines riskanten Verhaltens im Straßenverkehr abprüfen lassen und sich Raum für eine ausgiebige Argumentation anhand der Sachverhaltsangaben bietet. Man muss kein Hellseher sein, um voraussehen zu können, dass diese Entscheidung Gegenstand von Examensprüfungen sein wird.
I. Hauptproblem: Vorsatz oder bewusste Fahrlässigkeit bei Tötung durch illegales Straßenrennen?
Die Hauptproblematik des Falls liegt in der Frage, ob die beiden Autofahrer, die sich spontan ein illegales Rennen lieferten und dabei mit immens überhöhter Geschwindigkeit rote Ampeln überfuhren, bei der Tötung eines anderen Verkehrsteilnehmers mit bedingtem Tötungsvorsatz oder nur bewusst fahrlässig handelten. Für die Abgrenzung von bedingtem Vorsatz zur bewussten Fahrlässigkeit gelten allgemein folgende Grundsätze, wie auch der BGH in seiner aktuellen Entscheidung darlegt:
„In rechtlicher Hinsicht ist nach ständiger Rspr. bedingter Tötungsvorsatz gegeben, wenn der Täter den Tod als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt (Wissenselement) und dies billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit dem Eintritt des Todes abfindet, mag ihm der Erfolgseintritt auch gleichgültig oder an sich unerwünscht sein (Willenselement).“
„Bewusste Fahrlässigkeit liegt dagegen vor, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft und nicht nur vage darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten.“
Diese Abgrenzung „erfordert insbesondere bei Tötungs- oder Körperverletzungsdelikten eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände, wobei es vor allem bei der Würdigung des voluntativen Vorsatzelements regelmäßig erforderlich ist, dass sich der Tatrichter mit der Persönlichkeit des Täters auseinandersetzt und dessen psychische Verfassung bei der Tatbegehung, seine Motivation und die für das Tatgeschehen bedeutsamen Umstände – insbesondere die konkrete Angriffsweise – mit in Betracht zieht“
Bisher wurde in ähnlichen Raser-Fällen ein Vorsatz abgelehnt. Das Urteil des LG Berlin sorgte für Aufsehen, da zum ersten Mal ein Schuldspruch gegen rücksichtslose Raser wegen vorsätzlicher Tötung erging. Das LG Berlin entschied dabei sogar auf Mord wegen des Mordmerkmals des gemeingefährlichen Mittels § 211 Abs. 2 StGB. Schließlich hatten die Täter keine Kontrolle mehr über ihre Wagen und gefährdeten Leib und Leben einer Vielzahl von Personen, sodass ihre Wagen im konkreten Fall ein gemeingefährliches Mittel darstellten.
II. Sachverhalt (gekürzt)
Die Angeklagten H und N verabredeten sich gegen 0:30 Uhr, während sie nebeneinander an einer roten Ampel hielten, durch Gesten und dem Spiel mit dem Gaspedal zu einem spontanen Autorennen über den Berliner Kurfürstendamm. Sie überfuhren anschließend mehrere rote Ampeln bis N mit wenigen Metern Vorsprung und einer Geschwindigkeit von mindestens 139 km/h und H mit einer Geschwindigkeit von mindestens 160 km/h trotz roten Ampelsignals in eine Kreuzung einfuhren. Spätestens jetzt war H und N bewusst, dass ein bei grünem Ampelsignal einfahrender Fahrzeugführer bei einer Kollision mit großer Wahrscheinlichkeit sterben würde. In der Kreuzung kollidierte H – absolut unfähig noch zu reagieren – mit dem regelkonform in die Kreuzung einfahrenden W. W verstarb noch am Unfallort. Der Wagen des H drehte sich nach links und kollidierte sodann mit dem neben ihm fahrenden PKW des N. Die Beifahrerin des N wurde dabei erheblich verletzt.
III. Urteil des BGH
Der BGH hob das Urteil des LG Berlin gleich aus mehreren Gründen auf:
1. Nach Ansicht des BGH konnte aus den tatsächlichen Feststellungen des LAG nicht in schlüssiger Weise ein bedingter Tötungsvorsatz der Angeklagten festgestellt werden. Zwar „ist die objektive Gefährlichkeit der Tathandlung wesentlicher Indikator sowohl für das Wissens- als auch für das Willenselement des bedingten Vorsatzes“, was hier zunächst für eine Bejahung des Vorsatzes spricht. Der BGH betont, dass „die Gefährlichkeit der Tathandlung und der Grad der Wahrscheinlichkeit eines Erfolgseintritts […] jedoch keine allein maßgeblichen Kriterien“ sind. „Vielmehr kommt es auch bei in hohem Maße gefährlichen Handlungen auf die Umstände des Einzelfalles an.“
Laut BGH spricht insbesondere die mögliche Eigengefährdung der Täter gegen die Annahme eines Tötungsvorsatzes:
„In Fällen einer naheliegenden Eigengefährdung des Täters – wie hier – ist von folgenden Grundsätzen auszugehen: Zwar gibt es keine Regel, wonach es einem Tötungsvorsatz entgegensteht, dass mit der Vornahme einer fremdgefährdenden Handlung auch eine Eigengefährdung einhergeht. Bei riskanten Verhaltensweisen im Straßenverkehr, die nicht von vornherein auf die Verletzung einer anderen Person oder die Herbeiführung eines Unfalls angelegt sind, kann aber eine vom Täter als solche erkannte Eigengefährdung dafür sprechen, dass er auf einen guten Ausgang vertraut hat.“
Wesentliche Indizien sind dabei das täterseitig genutzten Verkehrsmittel und die konkret drohenden Unfallszenarien.
„So kann es sich etwa unterschiedlich auf das Vorstellungsbild des Täters zu seiner Eigengefährdung auswirken, ob er sich selbst in einem Pkw oder auf einem Motorrad befindet und ob Kollisionen mit Fußgängern oder Radfahrern oder mit anderen Pkw oder gar Lkw drohen.“
Das LG Berlin ging davon aus, dass sich Fahrer tonnenschweren, stark beschleunigenden und mit umfassender Sicherheitstechnik ausgestatteten Autos überlegen und sicher fühlen und daher jegliches Eigenrisiko ausblenden. Einen solchen Erfahrungssatz gibt es jedoch nach Ansicht des BGH nicht. Gerade aufgrund der objektiv drohenden Kollision mit anderen PKW oder sogar mit Bussen bei mindestens 139 bzw. 160 km/h verstehe sich das Ausblenden der Eigengefährdung auch nicht von selbst.
Zudem erscheint es widersprüchlich, wenn das LG Berlin davon ausgeht, die Täter schlossen eine Eigengefährdung aus, zugleich aber den Vorsatz in Bezug auf eine gefährliche Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs und mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung zu Lasten der eigenen Beifahrerin bejahen. Das LG unterstellt den Tätern damit eine unterschiedliche Gefahreneinschätzung bezüglich desselben Fahrzeugs.
2. Außerdem stellte das LG Berlin den Tötungsvorsatz nicht zum Tatzeitpunkt fest. Die Berliner Richter stellten auf den Zeitpunkt ab, als die Angeklagten trotz roter Ampel in die Kreuzung einfuhren, in der sich die tödliche Kollision ereignete. Dies ergibt sich aus der Formulierung „Spätestens jetzt war beiden Angeklagten bewusst, …“. Zugleich stellte das Gericht fest, dass die Angeklagten zu diesem Zeitpunkt aufgrund der hohen Geschwindigkeit absolut unfähig waren, noch zu reagieren und ihnen eine Vermeidung der Kollision nicht mehr möglich war. Der BGH weist zurecht darauf hin, dass „Voraussetzung für die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat […] nach § 16 Abs. 1 StGB [ist], dass der Täter die Umstände, die zum gesetzlichen Tatbestand gehören, bei ihrer Begehung kennt“.
„Aus der Notwendigkeit, dass der Vorsatz bei Begehung der Tat vorliegen muss, folgt, dass sich wegen eines vorsätzlichen Delikts nur strafbar macht, wer ab Entstehen des Tatentschlusses noch eine Handlung vornimmt, die in der vorgestellten oder für möglich gehaltenen Weise den tatbestandlichen Erfolg – bei Tötungsdelikten den Todeserfolg – herbeiführt.“
Daraus, dass die Angeklagten zum Zeitpunkt des Tatentschlusses – dem Einfahren auf die Kreuzung – den Erfolgseintritt nicht mehr verhindern konnten, ergibt sich, dass sie die für den Eintritt des Todes kausale Tathandlung bereits vorher getätigt haben. Zum Tatzeitpunkt – dem Autofahren vor dem Einfahren in die Kreuzung – bestand aber kein vom LG festgestellter Vorsatz. Der später gefasste Vorsatz (sog. dolus subsequens) kann keine Strafbarkeit begründen.
3. Auch ging das LG Berlin fehlerhaft von einer mittäterschaftlichen Begehung aus, die für die Strafbarkeit des N wegen Mordes erforderlich ist. Denn festgestellt wurde lediglich der gemeinsame Beschluss zur Durchführung eines spontanen Autorennens. Jedoch setzt ein mittäterschaftlich begangenes Tötungsdelikt voraus, „dass der gemeinsame Tatentschluss auf die Tötung eines Menschen durch arbeitsteiliges Zusammenwirken gerichtet ist“, so der BGH. „Für die Annahme eines mittäterschaftlich begangenen Tötungsdelikts reicht es deshalb nicht aus, dass sich die Täter lediglich zu einem gemeinsamen Unternehmen entschließen, durch das ein Mensch zu Tode kommt.“ Eine gemeinschaftliche Sorgfaltsverletzung ist schließlich noch kein gemeinschaftliches Vorsatzdelikt.
IV. Folgen
Ist mit dem Urteil des BGH eine Verurteilung wegen Mordes in Raser-Fällen ausgeschlossen? Nein! Denn der BGH weist selbst an mehreren Stellen seines Urteils darauf hin, dass es stets auf den Einzelfall ankomme. In dem Fall der Ku´damm-Raser wird das LG Berlin nun aller Voraussicht nach einen Tötungsvorsatz verneinen. Denn es wird ihm wohl nicht gelingen, einen Tötungsvorsatz zum Tatzeitpunkt festzustellen. In ähnlich gelagerten Fällen ist eine Strafbarkeit nach § 211 StGB jedoch je nach Umständen des Einzelfalls denkbar. In einer Klausur oder mündlichen Prüfung ist daher stets auf die konkreten Sachverhaltsangaben zu achten und sich mit dieses argumentativ auseinanderzusetzten. Neben der objektiven Gefährlichkeit und der Wahrscheinlichkeit eines Erfolgseintritts ist auch auf die mögliche Eigengefährdung des Täters einzugehen. Gerade in Fällen, in denen eine Kollision des Täters mit anderen PKW oder sogar Bussen oder LKW droht, spricht die sich daraus ergebende Eigengefährdung dafür, dass der Täter auf einen guten Ausgang vertraut und somit kein bedingter Tötungsvorsatz vorliegt. Dies gilt umso mehr, wenn der Täter statt mit einem PKW mit einem Motorrad fährt, wodurch er weniger geschützt ist. Droht eine Kollision dagegen mit Passanten, Fahrradfahrern oder Motorradfahrern, besteht dagegen objektiv eine geringere Eigengefährdung, sodass dann eher ein bedingter Tötungsvorsatz angenommen werden kann. Es ist zudem darauf zu achten, ob der Täter den nötigen Vorsatz bereits zu einem Zeitpunkt hatte, zu dem er noch den Erfolgseintritt beeinflussen konnte. Auch sollte, falls in einem entsprechenden Fall der Todeserfolg ausbleibt, nicht vergessen werden, einen versuchten Mord zu prüfen.
V. Weitere Straftatbestände
Wenn wie hier neben dem Todesopfer eine weitere Person verletzt wird, ist außer der Strafbarkeit aus vorsätzlichen oder bei Ablehnung des Tötungsvorsatzes aus fahrlässigem Tötungsdelikt eine Strafbarkeit wegen gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2, Nr. 5 StGB (falls ein gemeinschaftliches Handeln vorliegt, auch nach Nr. 3) zu prüfen. Es kommt zudem eine Strafbarkeit nach § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB in Betracht, insbesondere lit. a) und d). § 315b Nr. 3 StGB scheidet mangels pervertierter Nutzung des Autos als Waffe aus, da die Nutzung als Fortbewegungsmittel im Vordergrund steht und ein bloß riskantes Fahren im Rahmen des § 315b StGB nicht ausreicht. Seit dem 13.10.2017 besteht zudem eine Strafbarkeit gemäß dem neu eingeführten § 315d StGB. Bei Verursachung eines Todesfalls greift die Qualifikation des Abs. 5 ein, die keinen Tötungsvorsatz erfordert.