• Lerntipps
    • Examensvorbereitung
    • Fallbearbeitung und Methodik
    • Für die ersten Semester
    • Mündliche Prüfung
  • Examensreport
    • 2. Staatsexamen
    • Baden-Württemberg
    • Bayern
    • Berlin
    • Brandenburg
    • Bremen
    • Hamburg
    • Hessen
    • Lösungsskizzen
    • Mecklenburg-Vorpommern
    • Niedersachsen
    • Nordrhein-Westfalen
    • Rheinland-Pfalz
    • Saarland
    • Sachsen
    • Sachsen-Anhalt
    • Schleswig-Holstein
    • Thüringen
    • Zusammenfassung Examensreport
  • Interviewreihe
    • Alle Interviews
  • Rechtsgebiete
    • Strafrecht
      • Klassiker des BGHSt und RGSt
      • StPO
      • Strafrecht AT
      • Strafrecht BT
    • Zivilrecht
      • AGB-Recht
      • Arbeitsrecht
      • Arztrecht
      • Bereicherungsrecht
      • BGB AT
      • BGH-Klassiker
      • Deliktsrecht
      • Erbrecht
      • Familienrecht
      • Gesellschaftsrecht
      • Handelsrecht
      • Insolvenzrecht
      • IPR
      • Kaufrecht
      • Kreditsicherung
      • Mietrecht
      • Reiserecht
      • Sachenrecht
      • Schuldrecht
      • Verbraucherschutzrecht
      • Werkvertragsrecht
      • ZPO
    • Öffentliches Recht
      • BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker
      • Baurecht
      • Europarecht
      • Europarecht Klassiker
      • Kommunalrecht
      • Polizei- und Ordnungsrecht
      • Staatshaftung
      • Verfassungsrecht
      • Versammlungsrecht
      • Verwaltungsrecht
      • Völkerrrecht
  • Rechtsprechungsübersicht
    • Strafrecht
    • Zivilrecht
    • Öffentliches Recht
  • Karteikarten
    • Strafrecht
    • Zivilrecht
    • Öffentliches Recht
  • Suche
  • Menü Menü
Du bist hier: Startseite1 > Prüfungsgespräch

Schlagwortarchiv für: Prüfungsgespräch

Gastautor

Prüfungsgespräch im Öffentlichen Recht: Die Wahl des Bundespräsidenten

Examensvorbereitung, Mündliche Prüfung, Verfassungsrecht, Verschiedenes

Wir freuen uns, einen Gastbeitrag von Sebastian Nellesen veröffentlichen zu können. Der Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität zu Köln am Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht sowie Wissenschaftsrecht und Medienrecht (Prof. Dr. Christian von Coelln).
 
Öffentlich diskutierte Themen stehen regelmäßig zu Beginn des Prüfungsgesprächs und dienen als Einstieg in die eigentliche rechtliche Thematik. Daher ist jedem Examenskandidaten zu empfehlen – jedenfalls unmittelbar vor der mündlichen Prüfung – die aktuelle Berichterstattung zu gesellschaftspolitischen und rechtlichen Themen bei der Vorbereitung zu berücksichtigen. Typischerweise bietet sich hierfür die tägliche Zeitungslektüre an. Zeitungen wie die FAZ (besonders zu empfehlen ist die Rubrik „Staat und Recht“) können Sie als Student in der Regel über die Universitätsbibliothek kostenlos abrufen. Nutzen Sie dieses Angebot!
Wer in den nächsten Wochen zur mündlichen Prüfung des 1. Staatsexamens geladen wird, sollte sich daher mit der Wahl des Bundespräsidenten vertraut machen. Der amtierende Bundespräsident Joachim Gauck (Sie sollten auch darauf vorbereitet sein die Namen der Altbundespräsidenten zu kennen) hat öffentlich erklärt für eine weitere Amtszeit nicht mehr zur Verfügung zu stehen.

Erste Frage
: Wer wählt den Bundespräsidenten?
Antwort: Der Bundespräsident wird gemäß Art. 54 Abs. 1 GG von der Bundesversammlung gewählt.

Zweite Frage
: Die Bundesversammlung wählt also den Bundespräsidenten. Wie setzt sich die Bundesversammlung zusammen?
Antwort: Gemäß Art. 54 Abs. 3 GG besteht die Bundesversammlung aus den Abgeordneten des Bundestages (geborene Mitglieder) und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern, die von den Volksvertretungen der Länder gewählt werden (gekorene Mitglieder).

Dritte Frage
: Welche Anforderungen stellt das Grundgesetz an die Wahl durch die Volksvertretungen der Länder?
Antwort: Die Vertreter der Volksvertretungen der Länder müssen gemäß Art. 54 Abs. 3 GG nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt werden.

Vierte Frage
: In Art. 54 Abs. 1 S. 1 GG ist normiert, dass der Bundespräsident ohne Aussprache gewählt wird. Was bedeutet das? Wie wäre ein Antrag eines Mitglieds der Bundesversammlung auf Vorstellung der Kandidaten zu behandeln? Können die Rechte der Bundestagsabgeordneten aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG auf die Mitglieder der Bundesversammlung übertragen werden?
Antwort: Art. 54 Abs. 1 S. 1 GG verbietet eine Aussprache zum Schutze des Amtes und der Autorität des zukünftigen Bundespräsidenten. Personaldebatten dürfen demnach nicht geführt werden. Wäre den Kandidaten die Möglichkeit eröffnet sich im Rahmen der Bundesversammlung vorzustellen, begründete dies einen Verstoß gegen Art. 54 Abs. 1 S. 1 GG. Anträge, die offenkundig gegen das Grundgesetz verstoßen werden daher vom Bundestagspräsidenten als Leiter der Bundesversammlung nicht zur Abstimmung gestellt.
Eine Übertragung der Rechte der Bundestagsabgeordneten aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG auf die Mitglieder der Bundesversammlung kommt aufgrund verschiedenartiger Aufgaben nicht in Betracht. Den Mitgliedern der Bundesversammlung wird im Gegensatz zu den Bundestagsabgeordneten kein generelles Rede- und Antragsrecht gewährt.

Fünfte Frage
: Wie lange dauert die reguläre Amtszeit des Bundespräsidenten. In welchen Fällen ist außerhalb dieses Rhythmus ein neuer Bundespräsident zu wählen? Wie ist die Vertretung des Bundespräsidenten geregelt?
Antwort: Nach Art. 54 Abs. 2 S. 1 GG dauert die Amtszeit 5 Jahre. Sofern der Bundespräsident zurücktritt, verstirbt, der Verlust des Amtes gemäß Art. 61 Abs. 2 S. 1 GG durch das BVerfG festgestellt wird oder der amtierende Präsident die Wählbarkeitsvoraussetzungen nach Art. 54 Abs. 1 S. 2 GG verliert, kommt es zu einer vorzeitigen Neuwahl.
Ist der Bundespräsident nur vorübergehend abwesend, z.B. im Krankheitsfall, wird er von seinem Stellvertreter, dem Präsidenten des Bundesrates, gemäß Art. 57 GG vertreten.

Sechste Frage
: Kurz vor dem Ende der Amtszeit entscheidet sich ein amtierender Bundespräsident noch einmal für das Amt zu kandidieren. Ist dies möglich? Welche Grenzen setzt das Grundgesetz?
Antwort: Art. 54 Abs. 2 S. 2 GG bestimmt, dass eine anschließende Wiederwahl nur einmal zulässig ist. Wie diese Vorschrift zu verstehen ist, ist umstritten (siehe zum Meinungsstand den eigenen Beitrag unter https://red.ab7.dev/wiederwahl-des-bundespraesidenten/). Jedenfalls kommt eine erneute Wahl nicht mehr in Betracht, wenn das Amt unmittelbar hintereinander zwei Wahlperioden lang ausgeübt wurde.

Siebte Frage
: Welche Mehrheit wird benötigt, um den Bundespräsidenten zu wählen?
Antwort: Die erforderliche Mehrheit ist in Art. 54 Abs. 6 GG geregelt. Diese ist abhängig vom Wahlgang. In den ersten zwei Wahlgängen wird für eine erfolgreiche Wahl die Mehrheit der Mitglieder der Bundesversammlung (die Legaldefinition des Art. 121 GG bezieht sich auch auf die Bundesversammlung) verlangt (absolute Mehrheit). Kommt dabei keine Wahl zustande, ist danach derjenige gewählt, der die meisten Stimmen auf sich vereinigt.

Achte Frage
: Welche Inkompatibilitätsvorgaben sind im Grundgesetz für den Bundespräsidenten vorgesehen? Darf der Bundespräsident Mitglied einer Partei sein?
Antwort: Regelungen hierzu finden sich in Art. 55 GG. Der Bundespräsident darf weder der Bundesregierung noch einer gesetzgebenden Körperschaft des Bundes oder eines Landes angehören. Nach Art. 55 Abs. 2 GG darf er zudem kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe, keinen Beruf ausüben und auch nicht der Leitung oder dem Aufsichtsrat eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören.
Eine Inkompatibilitätsvorschrift bzgl. einer Mitgliedschaft in einer politischen Partei besteht nicht. Der Bundespräsident ist daher nicht verpflichtet mit Antritt seines Amtes aus der Partei auszutreten.

Neunte Frage
: Der Bundespräsident wird regelmäßig als Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland bezeichnet. Welche Argumente sprechen für eine solche Einordnung?
Antwort: Begründet wird die Bezeichnung als Staatsoberhaupt zunächst aufgrund der ihm zugewiesenen Kompetenzen. Ihm steht insbesondere die völkerrechtliche Vertretung der Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 59 Abs. 1 GG zu, er ist für die Ausfertigung der Gesetze gemäß Art. 82 Abs. 1 GG und die Ernennung der Bundesminister gemäß Art. 64 Abs. 1 GG zuständig. Typischerweise sind diese Rechte dem Staatsoberhaupt zugewiesen. Zudem werden die Bezeichnung als „Präsident“ und die Wahl durch die Bundesversammlung, einem einzig für die Wahl des Bundespräsidenten konstituierten Verfassungsorgan, angeführt.

Zehnte Frage
: Wenn der Bundespräsident gewählt ist, schreibt Art. 58 S. 1 GG vor, dass Anordnungen und Verfügungen des Bundespräsidenten der Gegenzeichnung bedürfen. Welches Ziel wird mit der Regelung verfolgt? Wäre eine politische Rede des Bundespräsidenten auch gegenzeichnungspflichtig?
Antwort: Die Gegenzeichnungspflicht dient dem Zweck der Wahrung einer einheitlichen Staatsleitung. Bundespräsident und Bundesregierung sollen sich in ihren Positionen nicht diametral entgegenstehen.
Ob Reden des Bundespräsidenten gegenzeichnungspflichtig sind, wird unterschiedlich beurteilt. Mit dem Argument, dass sich alle politisch bedeutsamen Äußerungen des Bundespräsidenten auf das Verhältnis zur Bundesregierung auswirken können, kann auch für diese eine Gegenzeichnungspflicht bejaht werden. Dem entgegen steht aber der Wortlaut, der ausdrücklich nur von „Anordnungen und Verfügungen“ spricht und als Rechtsfolge von der „Gültigkeit“ spricht. Eine Rede ist kein rechtlich verbindlicher Akt, sodass diese auch nicht als „ungültig“ oder „gültig“ bezeichnet werden kann. Im Übrigen würde dem Bundespräsidenten jede Spontanität genommen. Ein solches Verständnis geriet zudem in Konflikt mit der Integrationsfunktion des Bundespräsidenten und würde ihn umfassend von der Bundesregierung abhängig machen.
 
Weitere Aspekte, die in diesem Zusammenhang in das Prüfungsgespräch eingebaut werden könnten, sind:
– Die Pflicht des Bundespräsidenten zu politischer Neutralität (BVerfGE 136, 323)
– Prüfungsrechte des Bundespräsidenten (z.B. bei der Ausfertigung von Gesetzen oder der Ministerernennung)
– Die demokratische Legitimation der Mitglieder der Bundesversammlung
– Die Stellung des Bundespräsidenten im Verfassungsgefüge

27.06.2016/2 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2016-06-27 11:00:582016-06-27 11:00:58Prüfungsgespräch im Öffentlichen Recht: Die Wahl des Bundespräsidenten
Dr. Maximilian Schmidt

Prüfungsgespräch Öffentliches Recht – Europarecht

BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker, Europarecht, Schon gelesen?, Verfassungsrecht, Verschiedenes

Weiter geht es mit einem Prüfungsgespräch zur Entscheidung des EuGH zur Vorratsdatenspeicherung. Diese dient allerdings nur als Aufhänger. Wünschenswert wäre, die Fragen kurz im Kopf zu beantworten, s. zu Sinn und Zweck dieser Kategorie den Einführungsbeitrag.
Sehr geehrte Damen und Herren,
der EuGH hat, wie Sie sicher in den Tageszeitungen gelesen haben, entschieden, dass die europäische Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung europarechtswidrig und damit nichtig ist.
Zunächst: Was ist der Unterschied zwischen einer Richtlinie und einer Verordnung?*
Sowohl Verordnung als auch Richtlinie gehören zum europäischen Sekundärrecht, wovon das Primärrecht, das seit Lissabon insbesondere aus EUV und AEUV besteht, abzugrenzen ist. Verordnungen haben allgemeine Geltung, d.h. sie wirken wie nationale Gesetze, weswegen sich der Bürger unmittelbar auf sie berufen kann, Art. 288 Abs. 2 AEUV. Sie sind in allen Teilen verbindlich und gelten unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Richtlinien werden an Mitgliedstaaten gerichtet und sind für diese hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, Art. 288 Abs.3 AEUV. Die innerstaatlichen Stellen wählen Form und Mittel der Umsetzung in nationale Gesetze, mit denen die Ziele innerhalb einer bestimmten Frist zu erreichen sind. (Art. 288 AEUV) Die Richtlinie ist daher ein Kompromiss zwischen der Notwendigkeit, in der EU einheitliches Recht zu setzen und der Rücksicht auf nationale Eigenheiten.
Das kann man – grosso modo – so sagen. Nun, wer kann denn Richtlinien und Verordnungen für nichtig erklären? *
Insoweit ist zunächst festzustellen, dass es die Nichtigkeitsklage vor dem EuGH gibt, Art. 263 AEUV. Hiermit können Verstöße gegen das europäische Primärrecht bei Erlass von Richtlinien und Verordnungen durch den europäischen Gesetzgeber gerügt und gegebenenfalls für nichtig erklärt werden.
Ich hake hier kurz ein. Angenommen der EuGH verwirft eine Nichtigkeitsklage gegen eine Richtlinie. Welche weiteren Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen dann?*
In Betracht käme dann grundsätzlich noch eine Verfassungsbeschwerde vor dem BVerfG. Bei Prüfung dieser stellen sich aber einige Probleme. Zum einen müsste ein tauglicher Beschwerdegegenstand nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a vorliegen. Dies sind aber grundsätzlich nur innerstaatliche Gesetze im materiellen Sinne.
Ich hake wiederum kurz ein und frage Ihren Nachbarn: Was meint Ihr Vorredner mit Gesetz im materiellen Sinne?*
Man unterscheidet herkömmlich Gesetze im formellen und materiellen Sinne. Gesetze im materiellen Sinne sind all solche, die abstrakt-generelle Rechtsfolgen für die Bürger treffen. Demgegenüber sind Gesetze im formellen Sinne allein Parlamentsgesetze. Häufig fallen beide Begriffe zusammen, dem muss aber nicht so sein. Bspw. ist ein Gesetz nur im formellen Sinne ein Haushaltsgesetz des Bundestages, da diese keine Rechtsfolgen für die Bürger zeitigen. Demgegenüber sind gemeindliche Satzungen allein Gesetze im materiellen Sinne.
Vielen Dank für diesen kurzen Exkurs. Zurück zum eigentlichen Thema. Welches Problem gibt es nun beim Beschwerdegegenstand? *
Wie bereits gesagt müsste ein Gesetz im materiellen Sinne vorliegen. Eine Richtlinie bindet aber nur den nationalen Gesetzgeber zur Transformation in einem dann materiellen Gesetz, sie ist also nur eine Vorstufe.
Das träfe aber auf die Verordnung nicht zu, diese gilt ja schließlich unmittelbar!’
Das stimmt, doch muss nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG ein Akt der deutschen öffentlichen Gewalt vorliegen, die allein an die Grundrechte gebunden ist, Art. 1 Abs. 3 GG. Bei der Verordnungsgebung durch die EU liegt aber solche gerade nicht vor, es handelt sich um zwei unterschiedliche Rechtsordnungen. Die EU ist nämlich nicht an die deutschen Grundrechte gebunden. Daher scheidet eine Verfassungsbeschwerde aus.
Bedeutet das also, dass eine Verfassungsbeschwerde gegen Maßnahmen, sprich Richtlinien und Verordnungen, der EU niemals zulässig?
Nein, in dieser Konsequenz lässt sich das nicht sagen. Das BVerfG hat mit seiner Solange II – Entscheidung das Verhältnis zum EuGH auf eine neue Basis gestellt. In seinem Solange I Urteil hatte das BVerfG noch festgestellt, dass es solange Rechtsakte der EU an deutschen Grundrechten prüfen werde, wie noch kein ausreichendes, dem deutschen Grundrechtsschutz entsprechendes Niveau durch den EuGH gewährleistet werde. Dies hat das BVerfG mit seiner Solange II Entscheidung revidiert und den Satz nahezu umgekehrt: Solange der EuGH einen ausreichenden Grundrechtsschutz anhand des Primärrechts der Union gewährleiste, werde das BVerfG Rechtsakte der EU nicht mehr an der deutschen Verfassung messen.
Daher lautet die Antwort: Nur wenn das grundrechtliche Schutzniveau auf Unionsebene drastisch absinken würde, käme über die Solange II Rechtsprechung eine Kontrolle von Rechtsakten der Union durch das BVerfG in Betracht.
Sehr schön. Nun wie nennt man nun das Verhältnis zwischen EuGH und BVerfG?**
Seit der Maastricht-Entscheidung wird dieses Verhältnis auch „Kooperationsverhältnis“ genannt.
Welche weitere Entscheidung des BVerfG hat die Solange II Rspr. konturiert?**
Es handelt sich um die sog. „Bananenmarkt-Entscheidung“ des BVerfG. In diesem stellte es fest, dass eine Verfassungsbeschwerde gegen Rechtsakte der Union erst dann zulässig sein können, wenn dargelegt ist, dass in der Zwischenzeit das Schutzniveau innerhalb der EU unter den erforderlichen Grundrechtsschutz abgesunken sei. Hiermit verlagerte es also die Darlegungslast auf den Beschwerdeführer, weswegen das BVerfG nicht mehr bei jeder Verfassungsbeschwerde gegen Sekundärrecht der Union prüfen muss, ob ein Absinken des Grundrechtsschutzes erkennbar ist.
Angenommen das Schutzniveau würde absinken, die Voraussetzungen von Solange II wären also erfüllt, und das BVerfG würde zugleich einen Verstoß der europäischen Verordnung gegen deutsche Grundrechte erkennen. Was wäre die Rechtsfolge?**
Das BVerfG könnte zunächst nicht die Nichtigkeit des Unionsrechtsakts feststellen, da dies allein dem EuGH vorbehalten ist, Art. 263 AEUV. Dies ist konsequent, da die Verordnung auch in anderen Mitgliedsstaaten gilt und das BVerfG für diese keine Nichtigkeitsfolge anordnen kann. Allerdings wäre der Verstoß nicht rechtsfolgenlos. Das BVerfG könnte die Unanwendbarkeit der Verordnung in Deutschland feststellen, müsste aber zugleich dem EuGH nach Art. 267 Abs. 3 AEUV zur Entscheidung vorlegen.
Nachdem Sie nun Ihre Kenntnisse im Recht der Union nachgewiesen haben, noch eine letzte Frage: Wie Sie sicher wissen, war der historische Anfang der heutigen Union die sog. Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, oder auch Montanunion genannt. Welcher berühmte Politiker hatte hierfür die Idee und schlug diese vor?***
Es handelt sich um den damaligen französischen Außenminister Robert Schuman, weswegen auch vom „Schuman-Plan“ gesprochen wird. Zudem muss der damalige deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer genannt werden, der diesem Plan unverzüglich zustimmte. Daher nennt man Schuman und Adenauer auch die Gründungsväter der Europäischen Union.
Vielen Dank für diese ausgesprochen erfreuliche Prüfung!

08.04.2014/1 Kommentar/von Dr. Maximilian Schmidt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2014-04-08 13:00:172014-04-08 13:00:17Prüfungsgespräch Öffentliches Recht – Europarecht
Dr. Maximilian Schmidt

Prüfungsgespräch – 3 % Klausel bei EP-Wahlen

Examensvorbereitung, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Schon gelesen?, Verschiedenes

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich begrüße Sie zur Prüfung im öffentlichen Recht.
Frau X, welche Entscheidungen des BVerfG aus der jüngsten Zeit würden Sie als besonders wegweisend im Recht der Europäischen Union nennen?*
An dieser Stelle sind zunächst die Entscheidungen des BVerfG zum Vertrag von Lissabon und dem ESM zu nennen. Besonders wichtig ist zudem die Entscheidung des BVerfG zur 3 % Klausel bei Europawahlen.
Ja ganz gut, ein erster Überblick ist gegeben. An welcher Norm knüpft die Entscheidung des BVerfG zur 3 % Klausel an?**
In § 2 Abs. 7 EuWG ist die Sperrklausel von 3 % bei Wahlen zum EP bisher geregelt. Rechtlich geht es um den Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit. Für die Bundestagswahlen ergibt sich dieser unmittelbar aus Art. 38 Abs. 1 GG. Aber auch für andere Wahlen und Abstimmungen ist dieser im Hinblick auf das Demokratieprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG, und das Recht auf Chancengleichheit, Art. 3, Art. 21 GG, zu beachten. Daher müsste man hier nicht auf Art. 38 Abs.1 GG selbst rekurrieren, sondern auf Art. 20 Abs. 3, 21 und 3 GG.
Was meint denn Wahlrechtsgleichheit in diesem Sinne?*
Hier ist zu unterscheiden zwischen der sog. Zählwert- und der Erfolgswertgleichheit. Zählwertgleichheit meint das Prinzip des „one man, one vote“. Jeder Bürger muss zunächst einmal eine Stimme haben. Erfolgswertgleichheit geht darüber noch hinaus. Diese besagt, dass grundsätzlich alle Stimmen den gleichen Einfluss auf das Wahlergebnis, hier die Zusammensetzung des Parlaments, haben müssen.
Gut, also kann es bei der 3 % Klausel nur um die Erfolgswertgleichheit gehen, denn alle Stimmen für eine Partei, die keine 3 % erreicht, fallen ja unter den Tisch. Kann man diesen Eingriff in die das Prinzip der Erfolgswertgleichheit rechtfertigen und wenn ja, wie? **
 Eine Rechtfertigung ist möglich, allerdings nur unter strengen Gesichtspunkten. So ist ein zwingender, sachlicher Grund erforderlich. Die Einschränkung der Erfolgswertgleichheit muss also nicht etwa bloß zweckmäßig oder verhältnismäßig sein, sondern zwingenden Charakter haben, also notwendig aus anderen verfassungsrechtlichen Gründen heraus. Hier kommt die sonst gefährdete Funktionsfähigkeit des Parlamentes in Betracht.
Und, liegt denn nun ein solcher zwingender Grund vor?*
 Ein solcher kann darin gesehen werden, dass ohne die Sperrklausel einige kleinere Splitterparteien in das EP einziehen könnten, wodurch die Kompromissfindung sehr stark erschwert würde.
 Welche historischen Gründe gibt es denn überhaupt für die Sperrklausel?*
Hier ist insbesondere die Zersplitterung des Parlamentes während der Weimarer Republik zu nennen, die dann später die Machtergreifung der Nationalsozialisten begünstigte. Diese Zersplitterung soll in Anbetracht der Tatsache, dass der Bundestag eine stabile Regierung bilden soll, möglichst vermieden werden. Durch die 5 % Klausel waren lange Zeit im Bundestag nur 3 Parteien, später 4 und heute 5 vertreten. Dies begünstigte die Bildung einer sattelfesten Regierung.
Und warum sollte dieses Argument nun zumindest bei Wahlen zum EP nicht mehr gelten? *
 Hierfür könnte sprechen, dass das EP keine eigene „Regierung“ wählt. Es hat eine andere Funktion als der Bundestag, der unmittelbar Ausgangspunkt jeder demokratischen Legitimierung innerhalb der BRD ist. Das kann man vom EP nicht sagen. Zudem gibt es faktisch bereits sehr viele kleinere Parteien im EP, ohne dass man von einem Funktionsverlust sprechen könnte. Auf dieses tatsächliche Argument hat wohl auch das BVerfG maßgeblich abgestellt.
Das kann man so sagen. Lassen sich denn auch Argumente finden, die für die Sperrklausel sprechen?**
Das EP wählt auch den Kommissionspräsidenten (Art. 17 Abs. 7 EUV), welcher momentan noch Herr Barroso ist. Für die im Mai anstehende Wahl haben die beiden großen politischen Lager im EP aber zwei Spitzenkandidaten aufgestellt, Martin Schulz und Jean-Claude Juncker. Der Wahlgewinner soll dann in einem sich stärker politisierenden EP zum Kommissionspräsidenten gewählt werden.
Aus dieser neuen „Politisierung“ des EP könnte man die gleichen Argumente wie für die Sperrklausel für den Bundestag herleiten: Nunmehr muss eine „Regierung“ gebildet werden, so dass hierfür eine Koalitionsbildung im EP gerade nicht durch eine Zersplitterung erschwert werden sollte. Zudem könnte die Zusammenarbeit der großen Parteien nicht mehr so reibungslos funktionieren wie bisher.
Jedenfalls muss dem Gesetzgeber ein Beurteilungsspielraum zugebilligt werden hinsichtlich der tatsächlichen Gefahr der Zersplitterung. Das BVerfG soll nur die Prognoseentscheidung des Gesetzgebers kontrollieren, ohne aber eine eigene Prognose an dessen Stelle zu setzen. Es ist ein Organ der Rechtskontrolle, nicht der Rechtssetzung. Da die Prognoseentscheidung mE nicht offensichtlich verfehlt ist, spricht dies für die Zulässigkeit der 3 % Hürde. Zudem ist für mich systematisch gesehen der Unterschied zwischen Bundestag und EP nicht klar.
Das mag man so sehen. Doch welche Aufgaben des EP können Sie tatsächlich normativ benennen?**
Dem Europäischen Parlament sind in erheblichem Umfang Kreations- und Legislativfunktionen übertragen (Art. 17 Abs. 7 UAbs. 1 Satz 2, UAbs. 3 EUV; Art. 289, Art. 294, Art. 314 AEUV). Neben der Wahl zum Kommissionspräsidenten, Art. 17 Abs. 7 EUV, werden auch der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und die übrigen Mitglieder der Kommission als Kollegium einem Zustimmungsvotum des Europäischen Parlaments gestellt. Diese üben wichtige Repräsentationsaufgaben für die EU aus, so dass deren Wahl sehr wichtig ist. Zudem bedarf es im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, Art. 289, 294 EUV, und bei Aufstellung des Jahreshaushaltsplan, Art. 314, der Zustimmung des EP. Es ist also kein Parlament wie der Bundestag, aber hat doch wichtige Entscheidungen mit Mehrheit zu treffen. Hier setzte die bisherige Sperrklausel daher mE zurecht an.
Kennen Sie denn die Rechtslage hinsichtlich Sperrklauseln im Ausland und wenn ja, kann man diese für die Prüfung der deutschen Norm fruchtbar machen?**
In vielen anderen Ländern der EU gibt es ebenfalls eine Sperrklausel und faktisch oder rechtlich bedarf es in allen Ländern außer Spanien mind. 3 % der abgegeben Stimmen um in das EP einzuziehen. Hieraus kann man aber nicht ableiten, dass dies ein sozusagen quantitatives Argument auch für die BRD ergibt: Die Wahl muss gerade auch dem deutschen Grundgesetz genügen.
Allerdings lässt sich hieraus ein anderes Argument stricken: Gäbe es europaweit keine Sperrklauseln würde dies offensichtlich zu einer Zersplitterung des EP führen. Nach der Entscheidung des BVerfG wären diese Sperrklauseln nach deutschem Recht aber verfassungswidrig. Somit begründet das BVerfG die Verfassungswidrigkeit der deutschen Regelung letztlich mit den nach eigenem Urteil verfassungswidrigen Regelungen anderer Staaten. Oder anders gewendet: Die Verfassungswidrigkeit der deutschen Regelung hinge vom Wahlrecht in den anderen Mitgliedsstaaten ab; sie sollte aber unabhängig davon beurteilt werden. Hierfür spricht auch, dass jeder Staat dazu angehalten ist, solche innerstaatlichen Regelungen zu treffen, die dem Wohl der EU als Ganzes dienen und Maxime für die Regelungen in allen EU-Mitgliedsstaaten sein können.
Ich denke wir haben das Problem der Sperrklausel für die Wahlen zum EP gut durchdacht und bedanke mich für Ihre rege Beteiligung.

13.03.2014/21 Kommentare/von Dr. Maximilian Schmidt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2014-03-13 10:00:262014-03-13 10:00:26Prüfungsgespräch – 3 % Klausel bei EP-Wahlen
Dr. Maximilian Schmidt

Die Angst vor der mündlichen Prüfung

Examensvorbereitung, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Schon gelesen?, Verschiedenes

Nicht schon wieder Tipps zur mündlichen Prüfung – kennt man doch schon alles! Oder: Endlich mal Praxistipps für die Mündliche! Das Meinungsbild hinsichtlich Tipps für die mündliche Prüfung ist weit gestreut, manche sind genervt, andere freuen sich über jeden noch so fernliegenden oder schon 1000mal gehörten Hinweis.
Doch das zentrale Problem der mündlichen Prüfung bleibt häufig zu rudimentär behandelt. Egal wie viel Wissen über juristische Probleme, aktuelles Geschehen oder fernliegende Professorenmeinungen ihr angesammelt habt, die Angst vor der Prüfung bleibt. Doch, was ist es genau, was uns allen Angst macht oder gemacht hat? Es ist die Angst vor dem Ungewissen. Vor der Entblößung. Dazustehen und nichts sagen zu können. Und genau hier solltet ihr anpacken!
I. Die üblichen Methoden
Doch wie nun? Ein erster Schritt sind sicherlich AGs mit Freunden und Kollegen, in denen selbst juristisch formuliert werden muss. Besser noch ist es in Vorlesungen, AGs oder Kolloquien eines Professors sich regelmäßig zu Wort zu melden. Dies schult in – zumindest sozial fordernden Situationen – kühlen Kopf zu bewahren und steigert den eigenen Beliebtheitsgrad bei anderen Studenten je nach gegebener Antwort in ungeahnte Höhen. Zugleich ist der Lerneffekt durch die erhöhte Aufmerksamkeit nicht vergleichbar mit dem vor sich hin siechenden Warten auf das Ende der Stunde unter Missbrauch seines Smartphones. Ebenfalls empfehlenswert ist der Besuch einiger mündlichen Prüfungen. Hier solltet ihr euch nicht von den spannenden Portraits einzelner Paragraphen an der Wand (so bezeichnenderweise § 138 BGB im OLG Köln) ablenken lassen, sondern euch in die Prüfungssituation hineinversetzen und bei jeder Frage (JA BEI JEDER) euch überlegen, was ihr antworten würdet.
Ähnliche Methoden gibt es für das Einstudieren von Vorträgen. Neben privaten Vortragsstunden vor Freunden sind die von vielen Unis angebotenen „Vortrags-AGs“ sehr empfehlenswert, in denen vor einem wissenschaftlichen Mitarbeiter oder gar einem Professor ein juristischer Vortrag gehalten werden kann. Aber auch schon das Üben nur für sich (ja gerne auch ohne Spiegel) schult den fließenden Ausdruck und die Fallmethodik. Gleiches gilt für das Halten von Vorträgen vor juristischen Laien. Hierbei fällt häufig auf, wenn man zu schnell oder undeutlich spricht oder die Körpersprache eher einem Tangotänzer ähnelt. Ziel muss es sein, dass auch diese Laien am Ende ungefähr verstanden haben, wovon der Fall handelte. Am besten können diese aber häufig euren Stil und euer Auftreten bewerten. Als Überblick können auch die Artikel hier, hier, hier dienen. Selbst für die modebewussten Leser gibt es Hinweise (oder glaubt ernsthaft jemand, dass Bremen und Dortmund ihre letzten Meisterschaften nur zufällig mit Kappa geholt haben?)
Dies alles sind empfehlenswerte Wege, um sowohl Vorträge als auch die mündliche Prüfung einzustudieren. Ziel einer jeden Vorbereitung ist es, sich mental ernsthaft in die kommende Situation der mündlichen Prüfung hineinzuversetzen. Nehmt jeden Vortrag, jedes simulierte Gespräch, egal ob nur mit euch allein oder vor 20 Zuhörern so, als ob ihr im OLG im feinen Zwirn steht bzw. sitzt und euer Herzklopfen die Krawatte zum Beben bringt. Durch diese Routine werdet ihr euch im Moment der Prüfung voll auf die Inhalte konzentrieren können, da ihr das gesamte Drumherum ja schon kennt – oder dies zumindest fest glaubt.
II. Simulation der mündlichen Prüfung
Nicht zu überschätzen bei Vertreibung der Angst vor der Prüfung ist das Durchspielen von fiktiven mündlichen Prüfungen. Leider findet man hier nur sehr wenige. Daher soll nun mit diesem Beitrag als Startschuss in regelmäßigen Abständen eine fiktive mündliche Prüfung online gestellt werden. Ziel ist es nicht, diese einfach durchzulesen und gedanklich abzuhaken, sondern nach jeder Frage sich selbst die passende Antwort laut aufzusagen und somit auszuformulieren. Nur dann könnt ihr sicher sein, dass diese Prüfung – egal wie schwer oder einfach sie beim Durchlesen wirkte – für euch zu meistern gewesen wäre. Zudem ordne ich die Fragen einem gewissen Schema zu:
* = Grundwissen ** = Fortgeschritten *** = Angeberwissen
Sicherlich werdet ihr die ein oder andere Frage anders einordnen, aber denkt bitte daran: In der mündlichen Prüfung sind einfache Fragen aufgrund der „schwierigen Gesamtsituation“ schwerer und werden dementsprechend auch bewertet.  Los geht´s mit einem Prüfungsgespräch im Öffentlichen Recht.
 

13.03.2014/1 Kommentar/von Dr. Maximilian Schmidt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2014-03-13 08:45:442014-03-13 08:45:44Die Angst vor der mündlichen Prüfung
Dr. Christoph Werkmeister

Das Prüfungsgespräch im juristischen Staatsexamen

Lerntipps, Mündliche Prüfung, Schon gelesen?, Verschiedenes

Worüber sich viele Studenten nach Absolvieren des schriftlichen Teils der juristischen Staatsexamina keine ausreichenden Gedanken machen, ist die veränderte Prüfungssituation im mündlichen Examen. Vielerlei Wissen, das für die schriftlichen Klausuren entweder gar nicht oder lediglich rudimentär vorhanden sein muss, kann nämlich für das mündliche Prüfungsgespräch plötzlich eine Rolle spielen.
Die veränderte Prüfungssituation
In der mündlichen Prüfung kann zwar grundsätzlich alles abgefragt werden, was auch für den schriftlichen Teil der Pflichtfachprüfung relevant ist. Es gibt jedoch eine Reihe von Problemkomplexen und Themengebieten, die sich besonders gut für die Situation im Prüfungsgespräch eignen. Zu diesen Besonderheiten zählen unter anderem abstrakte – also nicht an einen Fall geknüpfte – Rechtsfragen. So wird beispielsweise die Frage, was man unter einer Postpendenz zu verstehen hat, wahrscheinlich nicht in einer Klausur auftauchen. In der mündlichen Prüfung hingegen kann solches Hintergrundwissen jedoch ohne weiteres abgefragt werden. Ferner gibt es bestimmte prüfungsrelevante Wissensfelder, die nur wenig (oder gar keinen) Eingang in die Klausuraufgaben finden. Hierzu zählen insbesondere Fragen aus den Bereichen Rechtsgeschichte, Methodik, Prozessrecht sowie sonstige Wissensbausteine aus dem Bereich juristischer Allgemeinbildung.
Neben den angesprochenen Fragestellungen wird in der mündlichen Prüfung auch häufig über aktuelles Tagesgeschehen mit rechtlichem Bezug diskutiert. Insofern sollte sich der Kandidat eigenständig mit kürzlich ergangenen Urteilen, Reformen oder aktuellen gesellschaftspolitischen Debatten auseinandersetzen. Zu beachten ist in diesem Kontext, dass das Zeitfenster zwischen Erlass einer neuen Vorschrift oder Verkündung eines Urteils und dem erstmaligen Auftauchen in der Prüfung deutlich geringer ist als bei den schriftlichen Klausuren. Die Prüfer fragen mitunter im wahrsten Sinne des Wortes tagesaktuelles Geschehen ab. Es lohnt daher, sich stets auf den neuesten Nachrichtenstand zu bringen.
Vorbereitung auf die besonderen Anforderungen
Neben der Vorbereitung mittels Juraexamen.info ist es unerlässlich, weitere Quellen heranzuziehen, um optimal für die mündliche Prüfung vorbereitet zu sein. Hierbei ist zum einen auf eine prüfungsspezifische Vorbereitung auf die jeweilige Prüfungskommission (mittels der verfügbaren Gedächtnisprotokolle) hinzuweisen. Andererseits gilt es aber auch, das aktuelle Tagesgeschehen, umfassend zu bearbeiten und vor allem auch rechtlich zu hinterfragen.
Nicht zu vergessen ist derweil auch die Recherche in Bezug auf bedeutsame historische Ereignisse, die sich in zeitlicher Nähe zum Tag der mündlichen Prüfung jähren. So sollte beispielsweise bei einer Prüfung im Mai immer der Geburtstag des Grundgesetzes im Auge behalten werden und so ein besonderer Fokus auf die historischen Hintergründe und die Charakteristika unserer Verfassung gelegt werden.
Weiterführende Hinweise
Wir haben bereits eine Reihe von Leitfäden für die Vorbereitung auf die mündliche Prüfungssituation erstellt. Aus diesem Grund sei an dieser Stelle zur weiterführenden Lektüre auf die einschlägigen Beiträge verwiesen:

  • Vorbereitung zwischen Klausuren und mündlicher Prüfung
  • Vorbereitung auf den Kurzvortrag im ersten jur. Staatsexamen
  • FAQ zur mündlichen Prüfung
  • Dresscode für die mündliche Prüfung, wobei Letzteres m.E. eine Typfrage ist und deshalb eigentlich keiner nennenswerten Erörterung bedarf.
18.01.2012/2 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2012-01-18 09:55:432012-01-18 09:55:43Das Prüfungsgespräch im juristischen Staatsexamen

Über Juraexamen.info

Deine Zeitschrift für Jurastudium, Staatsexamen und Referendariat. Als gemeinnütziges Projekt aus Bonn sind wir auf eure Untersützung angewiesen, sei es als Mitglied oder durch eure Gastbeiträge. Über Zusendungen und eure Nachrichten freuen wir uns daher sehr!

Werbung

Anzeige

Neueste Beiträge

  • BGH zu Urheberrechtsstreit zwischen Grafikdesigner und FC Bayern
  • Das Betäubungsmittelstrafrecht – Ein Überblick über Begriff, Menge und Straftatbestände
  • Neue Rechtsprechung des BGH zur Ersatzfähigkeit von „Schockschäden“

Weitere Artikel

Auch diese Artikel könnten für dich interessant sein.

Gastautor

BGH zu Urheberrechtsstreit zwischen Grafikdesigner und FC Bayern

Rechtsgebiete, Startseite, Tagesgeschehen, Zivilrecht, ZPO

Wir freuen uns, nachfolgenden Gastbeitrag von Simon Mantsch veröffentlichen zu können. Er studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn und ist als Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Flick Gocke Schaumburg tätig. Darf der FC Bayern […]

Weiterlesen
06.02.2023/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2023-02-06 14:08:362023-02-06 14:09:39BGH zu Urheberrechtsstreit zwischen Grafikdesigner und FC Bayern
Gastautor

Das Betäubungsmittelstrafrecht – Ein Überblick über Begriff, Menge und Straftatbestände

Rechtsgebiete, Startseite, Strafrecht, Strafrecht BT, Verschiedenes

Wir freuen uns, nachfolgenden Gastbeitrag von Sabrina Prem veröffentlichen zu können. Die Autorin ist Volljuristin. Ihr Studium und Referendariat absolvierte sie in Düsseldorf. Ist das Betäubungsmittelstrafrecht – zumindest als Lehrmaterie – im […]

Weiterlesen
01.02.2023/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2023-02-01 10:00:002023-01-25 11:49:57Das Betäubungsmittelstrafrecht – Ein Überblick über Begriff, Menge und Straftatbestände
Gastautor

Neue Rechtsprechung des BGH zur Ersatzfähigkeit von „Schockschäden“

Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns, nachfolgenden Gastbeitrag von Simon Mantsch veröffentlichen zu können. Er studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn und ist als Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Flick Gocke Schaumburg tätig. Ein nach §§ 823 […]

Weiterlesen
16.01.2023/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2023-01-16 15:42:082023-01-25 11:42:19Neue Rechtsprechung des BGH zur Ersatzfähigkeit von „Schockschäden“

Support

Unterstütze uns und spende mit PayPal

Jetzt spenden
  • Über JE
  • Das Team
  • Spendenprojekt
  • Gastautor werden
  • Mitglied werden
  • Alumni
  • Häufige Fragen
  • Impressum
  • Kontakt
  • Datenschutz

© 2022 juraexamen.info

Nach oben scrollen