Wie den aktuellen Nachrichten zu entnehmen ist, steht die Schweiz vor einer (erneuten) Diskussion um die sog. „Sterbehilfe“. Die im Vergleich zu Deutschland eher liberale Handhabe der Eidgenossen hat in der Vergangenheit zu einem regelrechten Sterbetourismus geführt. Abgesehen von den schier unlösbaren ethischen und gesellschaftlichen Kontroversen, soll der folgende Artikel die Sterbehilfe im Kontext des deutschen Strafrechts beleuchten.
Vor allem soll die Systematik der verschiedenen „Sterbesituationen“ und der in Frage kommenden Tatbestände aufgezeigt werden, denn nur so kann von Anfang an der richtige Weg in die Prüfung eingeschlagen werden. Erschwerend hinzu kommt die nicht einheitliche Terminologie in Lehrbücher und Aufsätzen. Ebenso sollte man sich den Grundkonflikt der Sterbehilfe klarmachen, dies sowohl in tatsächlicher und dogmatischer Hinsicht; hier stehen sich das Verbot der Fremdtötung und das Rechts des Einzelnen auf ein menschenwürdiges Sterben gegenüber. Wie schon aufgezeigt, erscheint dieser Konflikt nahezu unlösbar, was sich in einem erhöhten Begründungsaufwand im Rahmen der Prüfung niederschlagen sollte.
Hilfe im Sterbeprozess (Situation: Die tödliche Erkrankung ist unheilbar und wird alsbald zum Tode führen)
In diesem Zusammenhang (und nur hier) sind zwei Arten der Sterbehilfe denkbar:
- Im Rahmen der indirekten Sterbehilfe stellt sich die Situation so dar, dass dem todkranken Patienten in starken Dosen Mittel zur Schmerzlinderung (z.B. Morphium) verabreicht werden, die durch ihre Konzentration als Nebenfolge eine Lebensverkürzende Wirkung haben können. Klar ist, dass der Patient hiervon weiß, bzw. dieser Behandlung zustimmen muss. Dieses Verhalten ist als gerechtfertigt anzusehen im Rahmen von § 34 StBG (nicht § 32 StGB, da kein „Angriff“), der schmerzfreie und würdevolle Tod des Patienten ist im Rahmen des Rechtfertigungsgrundes das überwiegende Interesse (erhöhter Begründungsaufwand!).
- Hiervon zu unterscheiden ist die passive Sterbehilfe, im Rahmen derer auf lebenserhaltende Maßnahmen verzichtet wird, die den Todseintritt künstlich hinauszögern. Da es sich um ein Unterlassen handelt, kann die Argumentation um eine mögliche Straffreiheit bereits im Rahmen der Garantenstellung diskutiert werden. Hier kann man dann zu dem Ergebnis kommen, dass bei entsprechendem Patientenwillen eine Pflicht des Arztes zu weiteren Behandlung entfällt (erhöhter Begründungsaufwand).
Hilfe zum Sterben (Situation: Der Patient ist unheilbar erkrankt, die Sterbephase hat jedoch noch nicht begonnen)
Hier muss zuerst festgestellt werden, ob der Patient noch bei Bewusstsein ist. Ist dies der Fall, kann seine Einwilligung (dann Prüfung des § 216 StGB) den Abbruch rechtfertigen (erhöhter Begründungsaufwand). Problematisch ist die Situation dann, wenn der Patient nicht mehr urteilsfähig ist (z.B. bewusstlos). Hier kann nach einer sog. Patientenverfügung gefragt werden; liegt diese nicht vor, muss der mutmaßliche Wille des Patienten ermittelt werden.
Im Rahmen des nun bereits erwähnten Begründungsaufwands sollte nun Folgendes beachtet werden: Entgegen stehen sich der absolute Lebensschutz des Strafrechts und das Recht des Einzelnen, in menschwürdigen Verhältnissen zu sterben, was sich aus Art. 1 GG ableiten lässt, der schon abstrakt als höherwertig zu bezeichnen ist. Dennoch sollte auch immer der Einzelfall betrachtet werden und die Besonderheiten des Falles in den Vordergrund der Prüfung gerückt werden (z.B. Patient ist bewusstlos). Der Themenbereich ist examensrelevant und die genannten Konstellationen sollten bekannt sein. Zu beachten ist weiterhin der Themenkomplex „Beihilfe zu Selbsttötung“, der vom Thema Sterbehilfe abzugrenzen ist.