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Schlagwortarchiv für: Organstreit

Dr. Lena Bleckmann

AfD scheitert vor dem Bundesverfassungsgericht – Kein Anspruch auf Wahl eines Vizepräsidenten oder einer Vizepräsidentin des Bundestages

Examensvorbereitung, Für die ersten Semester, Lerntipps, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht

Mit einer gestern veröffentlichten Entscheidung (Az. 2 BvE 9/20) hat das Bundesverfassungsgericht der Bundestagsfraktion der Alternative für Deutschland (AfD) einen Dämpfer verpasst. Nach Einschätzung des BVerfG hat die Fraktion keinen Anspruch darauf, dass ein von ihr vorgeschlagener Abgeordneter oder eine von ihr vorgeschlagene Abgeordnete zum Stellvertreter oder zur Stellvertreterin des Präsidenten bzw. der Präsidentin des Deutschen Bundestages gewählt wird. Im Folgenden ein Überblick über die wichtigsten Aspekte der Entscheidung.

I. Sachverhalt

Der Sachverhalt ist schnell erzählt. Nach § 2 Abs. 1 S. 1 GO-BT wählt der Bundestag einen Bundestagspräsidenten und seine Stellvertreter und Stellvertreterinnen (VizepräsidentInnen), wobei jede Fraktion nach § 2 Abs. 1 S. 1 GO-BT durch mindestens einen Vizepräsidenten oder eine Vizepräsidentin im Präsidium vertreten ist.

Nachdem der Bundestag die Zahl der Stellvertreter und Stellvertreterinnen für die 19. Legislaturperiode entsprechend der Zahl der im Bundestag vertretenen Fraktionen auf sechs festgelegt hatte, wurde die Wahl der Vizepräsidenten und Vizepräsidentinnen gemäß § 2 Abs. 2 GO-BT durchgeführt. Einzig der AfD-Kandidat konnte auch in drei Wahlgängen keine Mehrheit auf sich vereinen. Das Schauspiel wiederholte sich im Laufe der Legislaturperiode: Insgesamt fünf weitere vorgeschlagene Abgeordnete der AfD-Fraktion fielen in jeweils drei Wahlgängen durch. Bis zum Ende der 19. Legislaturperiode gab es keinen Stellvertreter des Bundestagspräsidenten aus der AfD-Fraktion.

Hierdurch sieht die Fraktion ihre Rechte aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG und ihr Recht auf faire und loyale Anwendung der Geschäftsordnung sowie den Grundsatz der Organtreue verletzt. Sie macht geltend, wenn eine Bestellung eines Gremiums von einer Mehrheitswahl abhängig gemacht werde, müsse dafür Sorge getragen werden, dass Kandidaten nicht aus sachwidrigen Gründen abgelehnt würden. Dies habe der Antragsgegner (der Deutsche Bundestag) durch geeignete Vorkehrungen sicherzustellen. Er müsse verfassungswidrigen Blockaden durch eine oder mehrere Fraktionen oder eine Mehrheit der Abgeordneten durch ein formelles oder informelles Verfahren entgegenwirken.

II. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Diese Einschätzung hat das Bundesverfassungsgericht in typischer Art abgelehnt, man möchte fast sagen abgebügelt – der Antrag sei offensichtlich unbegründet. In seiner Untermauerung dieser These geht das BVerfG in drei Schritten vor. Zunächst setzt es sich mit der möglichen Verletzung des Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG auseinander, sodann mit einer solchen des Rechts auf effektive Opposition und schließlich dem Grundsatz der Organtreue.

  1. Prozessuales

Die Zulässigkeit des Antrags lässt das BVerfG demgegenüber offen. Prozessual hatte die Bundestagsfraktion der AfD ein Organstreitverfahren gegen den Deutschen Bundestag als Antragsgegner angestoßen. Die einzelnen Prüfungspunkte sollen an dieser Stelle nicht wiederholt werden. Sollte sich der Sachverhalt jedoch einmal in einer Klausur wiederfinden, sollten Prüflinge sich jedenfalls kurz mit der Antragsbefugnis der Fraktion auseinandersetzen. Nach § 64 Abs. 1 BVerfGG muss der Antragsteller geltend machen, dass er oder das Organ, dem er angehört, in seinen ihm durch das Grundgesetz übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist. „Durch das Grundgesetz“ ist hier der entscheidende Satzteil – das verletzte oder gefährdete organschaftliche Recht muss ein solches sein, das durch die Verfassung gewährleistet wird. An Rechtspositionen, die allein aus der Geschäftsordnung des Bundestags folgen, kann ein Organstreitverfahren nicht geknüpft werden.

Achtung: Zwar nennt Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG auch andere Beteiligte, die durch das Grundgesetz oder die Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind. Die Nennung der Geschäftsordnungsrechte bezieht sich hier aber allein auf die Beteiligtenfähigkeit im Organstreit, nicht aber auf die Antragsbefugnis (vgl. Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge/Bethge, § 64 BVerfGG, Rn. 61).

Das schließt nicht aus, dass die GO-BT im Rahmen der Antragsbefugnis relevant werden kann. Die von ihr gewährten Rechte müssen sich aber an ein bereits aus der Verfassung folgendes Statusrecht des antragstellenden Organs ergeben und dieses ausgestalten (vgl. etwa BVerfGE 87, 207, 208 f.). 

Hinweis: Das BVerfG hat die Frage der Zulässigkeit zwar offen gelassen, es erscheint in der Klausur angezeigt, die Antragsbefugnis mit Blick auf die Möglichkeitstheorie zunächst zu bejahen und die relevanten Probleme in der Begründetheit zu erörtern.

  1. Zu Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG

Erster Anknüpfungspunkt ist Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG, der zunächst einmal das freie Mandat der Abgeordneten des Bundestages regelt. Aus dieser Norm leitet das Bundesverfassungsgericht auch die Rechtsstellung der Fraktionen und insbesondere ein Recht auf formale Gleichheit der Abgeordneten und Fraktionen ab:

„Die Antragstellerin ist als Fraktion im Deutschen Bundestag ein Zusammenschluss von Abgeordneten, dessen Rechtsstellung – ebenso wie der Status der Abgeordneten – aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG abzuleiten ist. Dementsprechend haben die Fraktionen gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG ein Recht auf formal gleiche Mitwirkung an der parlamentarischen Willensbildung.“ (BVerfG, Beschl. v. 22.3.2022, 2 BvE 9/20, Rn. 28, Nachweise im Zitat ausgelassen).

Das Recht auf Gleichbehandlung erstreckt sich dabei nach den Ausführungen des BVerfG auch auf Fragen der Organisation des Bundestages, auch für die Besetzung von Ämtern und damit auf für den Zugang zum Bundestagspräsidium (BVerfG, Beschl. v. 22.3.2022, 2 BvE 9/20, Rn. 28).

Mag so auch ein Recht auf gleichberechtigte Mitwirkung der Abgeordneten am und im Präsidium bestehen, so wird dieses doch wiederum begrenzt durch Art. 40 Abs. 1 S. 1 GG, der die Wahl (!) des Bundestagspräsidenten und der Stellvertreter und Schriftführer vorsieht. Das BVerfG nimmt dies zum Anlass, die Grundsätze und Bedeutung von Wahlen zu erläutern:

„Dabei ist die Wahl nach Art. 40 Abs. 1 Satz 1 GG frei. Wahlen zeichnen sich gerade durch die Wahlfreiheit aus, wenngleich die Wählbarkeit von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängen kann. Der mit einer Wahl einhergehende legitimatorische Mehrwert könnte nicht erreicht werden, wenn es eine Pflicht zur Wahl eines bestimmten Kandidaten oder einer bestimmten Kandidatin gäbe. Der Wahlakt unterliegt grundsätzlich keiner über Verfahrensfehler hinausgehenden gerichtlichen Kontrolle, weswegen sein Ergebnis auch keiner Begründung oder Rechtfertigung bedarf.“ (BVerfG, Beschl. v. 22.3.2022, 2 BvE 9/20, Rn. 31, Nachweis im Zitat ausgelassen).

Dies knüpft das Gericht ergänzend an das freie Mandat der Abgeordneten nach Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG und das Demokratieprinzip nach Art. 20 Abs. 1, Abs. 2 GG. An einer späteren Stelle im Urteil heißt es darüber hinaus, „mit einer freien Wahl im Sinne des Art. 40 Abs. 1 Satz 1 GG wäre es unvereinbar, wenn eine Fraktion das Recht auf ein bestimmtes Wahlergebnis hätte. Könnte eine Fraktion – mittels der von der Antragstellerin begehrten „prozeduralen Vorkehrungen“ oder gar durch ein Besetzungsrecht – einen Vizepräsidenten oder eine Vizepräsidentin durchsetzen, wäre die Wahl ihres Sinns entleert.“ (BVerfG, Beschl. v. 22.3.2022, 2 BvE 9/20, Rn. 35).

Weder könnten daher die Abgeordneten oder Fraktionen verpflichtet werden, die Stimmabgabe offenzulegen oder zu begründen, noch soll das Recht der Fraktionen aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG durch prozedurale Vorkehrungen, welche die Wahl letztlich steuern und einengen, beschränkt werden (BVerfG, Beschl. v. 22.3.2022, 2 BvE 9/20, Rn. 33, 36). Diese Grundsätze führen das BVerfG zu dem folgenden, eindeutigen Ergebnis:

„Der Anspruch einer Fraktion auf Mitwirkung und Gleichbehandlung mit den anderen Fraktionen bei der Besetzung des Präsidiums aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG steht mit Blick auf Art. 40 Abs. 1 Satz 1 GG unter dem Vorbehalt der Wahl. Er ist darauf beschränkt, dass eine Fraktion einen Kandidaten für die Wahl vorschlagen kann und dass die freie Wahl ordnungsgemäß durchgeführt wird. Gelingt die Wahl nicht, bleibt die Stellvertreterposition unbesetzt, solange nicht ein von der zu vertretenden Fraktion einzubringender neuer Personalvorschlag die erforderliche Mehrheit erreicht. Das in § 2 Abs. 1 und Abs. 2 GO-BT vorgesehene Vorschlags- und Wahlrecht sichert hinreichend das Mitwirkungsrecht aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG und bringt dieses in einen angemessenen Ausgleich zu der verfassungsrechtlichen Vorgabe in Art. 40 Abs. 1 Satz 1 GG.“ (BVerfG, Beschl. v. 22.3.2022, 2 BvE 9/20, Rn. 37).

  1. Zum Recht auf effektive Opposition

Deutlich kürzer fasst sich das Gericht im Hinblick auf das Recht auf effektive Opposition. Ein solches ist zwar in der Rechtsprechung des BVerfG anerkannt (BVerfGE 142, 22, Rn. 85 ff.).  Es begründet aber keine spezifischen Oppositionsrechte, was auch mit der Freiheit des Mandats nach Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG nicht vereinbar wäre (BVerfG, Beschl. v. 22.3.2022, 2 BvE 9/20, Rn. 42).

Hinweis: Das BVerfG spricht hier einen Klausurklassiker an. Wem das Recht auf effektive Opposition nichts sagt, der sollte hier noch einmal im Lehrbuch oder Kommentar nachlesen!

Dass dieses Recht hier nicht betroffen ist, begründet das BVerfG weiterhin damit, dass es  nicht dazu dienen kann, die Minderheit vor Entscheidungen der Mehrheit im Rahmen freier Wahlen zu bewahren, sowie damit, dass das Bundestagspräsidium zu parteipolitischer Zurückhaltung angehalten ist und Oppositionsarbeit im Amt gerade nicht angezeigt ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22.3.2022, 2 BvE 9/20, Rn. 43).

  1. Zum Grundsatz der Organtreue

Auch mit dem Grundsatz der Organtreue ließ sich das von der AfD-Fraktion gewünschte Ergebnis nicht begründen. Da die Wahlvorgänge für alle vorgeschlagenen Abgeordneten gleichermaßen durchgeführt wurden und die AfD-Fraktion ihr Vorschlagsrecht (mehrfach) ausüben konnte, sah das BVerfG keine Anhaltspunkte für eine gleichheitswidrige Behandlung oder unfaire oder illoyale Durchführung der Wahlvorgänge (BVerfG, Beschl. v. 22.3.2022, 2 BvE 9/20, Rn. 45).

III. Was bleibt?

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts liest sich wie ein Grundkurs in Sachen Demokratie. Das ist insbesondere den Ausführungen zu den Grundsätzen der freien Wahl und auch dem freien Mandat der Abgeordneten geschuldet. Das Thema bleibt politisch brisant, zeichnet sich doch für die jetzige Legislaturperiode bereits ein ähnliches Spiel ab. Der Fall bietet viel Argumentationsspielraum und Möglichkeiten, Bezüge verschiedener Normen innerhalb des Grundgesetzes zueinander aufzuzeigen. Es wäre daher nicht überraschend, ihn früher oder später als Gegenstand von Klausuren oder mündlichen Prüfungen wiederzufinden.

23.03.2022/0 Kommentare/von Dr. Lena Bleckmann
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Lena Bleckmann https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Lena Bleckmann2022-03-23 11:38:002022-07-21 09:00:22AfD scheitert vor dem Bundesverfassungsgericht – Kein Anspruch auf Wahl eines Vizepräsidenten oder einer Vizepräsidentin des Bundestages
Redaktion

Schema: Organstreit

Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht, Verschiedenes

Organstreitverfahren

Gegenstand des Organstreitverfahrens: Streitigkeiten der Beteiligten über den Umfang der ihnen vom Grundgesetz eingeräumten Rechte und Pflichten.

A. Zulässigkeit
Die Zulässigkeitsvoraussetzungen ergeben sich aus Art. 93 I Nr. 1 GG, §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG.

I. Beteiligtenfähigkeit, Art. 93 I Nr. 1 GG i.V.m § 63 BVerfGG

1. Nach § 63 BVerfGG

– Anwendungsvorrang
– Bundespräsident, Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung
– Die im Grundgesetz oder in den Geschäftsordnungen des Bundestages und des Bundesrates mit eigenen Rechten ausgestatteten Teile dieser Organe (z.B. Fraktionen).

2. Nach Art. 93 I Nr. 1 GG

– Geltungsvorrang
– Oberste Bundesorgane
– Andere Beteiligte, die durch das Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind (z.B. Abgeordnete, sofern sie die Verletzung von Rechten rügen, die sie gerade aus ihrem Status als Abgeordnete herleiten).

II. Antragsgegenstand, § 64 I BVerfGG

– Rechtserhebliche Maßnahme oder Unterlassen, d.h. die Maßnahme (bzw. das Unterlassen) muss rechtlich relevante Auswirkungen haben.

– Ein Gesetz als solches kann nie tauglicher Antragsgegenstand sein, denn der Organstreit ist kein objektives Normenkontrollverfahren. Antragsgegenstand kann jedoch der Gesetzesbeschluss des Bundestages sein.

III. Antragsbefugnis § 64 I BVerfGG

– Die Verletzung oder unmittelbare Gefährdung eigener, verfassungsrechtlich begründeter Rechte muss geltend gemacht werden.

– Es muss zumindest die Möglichkeit bestehen, dass diese Rechte verletzt sind.

– Der Antragsteller kann auch Rechte des Organs, dem er angehört geltend machen, es handelt sich um einen Fall der gesetzlich zugelassenen Prozessstandschaft,

IV. Rechtsschutzbedürfnis
Nur bei konkreten Anhaltspunkten anzusprechen.

V. Form, §§ 23 I, 64 II BVerfGG

VI. Frist, § 64 III BVerfGG

B. Begründetheit
Der Antrag ist begründet, wenn die gerügte Maßnahme (oder Unterlassung) des Antragsgegners gegen verfassungsrechtliche Rechte des Antragstellers verstößt.

  • Es erfolgt nur eine Prüfung, ob subjektive Rechtspositionen des Antragsteller durch die gerügte Maßnahme bzw. Unterlassung verletzt wurden, es erfolgt hingegen keine objektive Prüfung des Verfassungsrechts.
  • Das BVerfG stellt fest, dass die Maßnahme oder Unterlassung gegen das Grundgesetz verstößt (§ 67 S. 1 BVerfGG).

Das Schema ist in den Grundzügen entnommen von myjurazone.de.

24.11.2016/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2016-11-24 10:00:462016-11-24 10:00:46Schema: Organstreit
Tom Stiebert

BVerfG: Minderheitenrecht und Opposition: Ein Überblick

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Das Bundesverfassungsgericht hat sich am 3.5.2016 auf Antrag der Fraktion „Die Linke“ mit der Frage der Minderheitenrechte der Opposition im Rahmen einer Großen Koalition (und damit einer kleinen Opposition) auseinandergesetzt (Az. 2 BvE 4/14). Viel wurde darüber bereits geschrieben – aus diesem Grund soll an dieser Stelle allein ein auf die Bedürfnisse von Studierenden angepasster umfassender Überblick über die wichtigsten Punkte und Gedanken des BVerfG gegeben werden.
I. Worum ging’s?
Das Grundgesetz hat bewusst für die Opposition eine Vielzahl von Rechten vorgesehen, mittels derer eine Kontrolle der Regierung möglich sein soll. Die knüpfen aber im Regelfall an ein Mindestquorum an, um weiterhin eine effektive Parlamentsarbeit zu ermöglichen. Im aktuellen Bundestag haben sämtliche Oppositionsfraktionen zusammen nur 127 von 630 Sitzen. Damit sind die Quoren der im Grundgesetz vorgesehenen Rechte (die das BVerfG konkret benennt – Rn. 4-17) nicht erfüllt. Regelungen sind aber sowohl im Grundgesetz selbst (Rn. 4-12) als auch in einfachen Gesetzen, insbesondere der GOBT (Rn- 12-17) enthalten. Die Fraktion „Die Linke“ begehrte mit einem Gesetzentwurf die Herabsetzung der einfachgesetztlichen Quoren. Dies wurde von der Bundestagsmehrheit abgelehnt. Dies sah die Fraktion für rechtswidrig an und betrieb daher ein Organstreitverfahren vor dem BVerfG.
II. Zulässigkeit
Gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG in Verbindung mit § 13 Nr. 5, §§ 63 ff. BVerfGG entscheidet das Bundesverfassungsgericht über die Auslegung des Grundgesetzes aus Anlass von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch das Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind. Eine verfassungsrechtliche Streitigkeit in diesem Sinne liegt vor. Die Antragstellerin sieht durch die Ablehnung der Zuerkennung der begehrten Oppositionsrechte prozessstandschaftlich geltend gemachte verfassungsrechtlich verbürgte Rechte des Bundestages durch den Antragsgegner verletzt. Der Organstreit ist damit hier das statthafte Verfahren.
Hier lagen auch statthafte Antragsgegenstände im Sinne von § 64 Abs. 1 BVerfGG an, indem sie sich gegen konkrete rechtserhebliche Maßnahmen oder Unterlassungen des Antragsgegners wendet. Fraglich ist allein, ob sich der Antrag hier gegen ein bloßes Unterlassen richtet. Dies lehnt das BVerfG aber hier ab (Rn. 60):

Der Antragsgegner hat sich mit den in den abgelehnten Gesetzentwürfen begehrten Rechten inhaltlich befasst und jeweils einen ausdrücklich auf bestimmte Änderungen des Grundgesetzes (Antrag zu 1) oder einzelner Gesetze (Antrag zu 2) gerichteten Gesetzentwurf im parlamentarischen Verfahren abgelehnt. Da die nach inhaltlicher Befassung erfolgende Ablehnung des Gesetzentwurfs als qualifizierte Unterlassung dem als Maßnahme zu wertenden Erlass eines Gesetzes gleichsteht, stellt sie einen zulässigen Angriffsgegenstand im Organstreitverfahren dar (vgl. BVerfGE  120, 82 <98 f.>).

Gemäß § 64 Abs. 1 BVerfGG wird auch eine Verletzung in eigenen Rechten geltend gemacht. Solche resultieren hier jedenfalls aus Art. 38 GG. Hier werden zudem die Rechte des Deutschen Bundestags (faktisch stellvertretend) geltend gemacht. Dass dieser dabei auch Gegner ist, ist unerheblich (Rn. 67). Konkret sind dies die parlamentarischen Kontrollrechte der Opposition, deren Verletzung gerügt wird.
III. Begründetheit
Die Anträge sind aber unbegründet. Weder besteht eine Pflicht zur Änderung der Quoren auf verfassungsrechtlicher Ebene (Rn. 83), noch auf einfachgesetzlicher Ebene (Rn. 113).
a) Keine Senkung der verfassungsrechtlichen Quoren für Opposition
Das Gericht legt dar:

Das Grundgesetz enthält zwar einen in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts konkretisierten allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsatz effektiver Opposition (1.). Dieser Grundsatz umfasst jedoch kein Gebot spezifischer Oppositionsfraktionsrechte (2.). Unabhängig davon ist die Einführung spezifischer Oppositionsfraktionsrechte mit der Gleichheit der Abgeordneten und ihrer Zusammenschlüsse nach Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG unvereinbar (3.).

Zwar sind also – dies zeigen bereits die Regelungen des GG – Oppostionsrechte speziell geschützt, diese knüpfen aber nicht an Rechte für einzelne Oppositionsfraktionen an. Das Grundgesetz habe sich bewusst für die Einhaltung eines Quorums ausgesprochen und nicht per se den Oppositionsfraktionen Rechte zubilligen wollen (Rn. 92 und 93):

Außer der Grundentscheidung für eine punktuelle Durchbrechung des Mehrheitsprinzips in den Fällen, in denen die parlamentarische Minderheit bestimmte Maßnahmen gegen den Willen der Mehrheit durchzusetzen im Stande sein soll, ist ihnen jedoch zu entnehmen, dass Minderheitenrechte stets nur einer nach bestimmten Merkmalen qualifizierten Minderheit zur Verfügung stehen.
Das Grundgesetz hat sich dafür entschieden, die parlamentarischen Minderheitenrechte Abgeordneten, die bestimmte Quoren erfüllen, ohne Ansehung ihrer Zusammensetzung zur Verfügung zu stellen (vgl. BVerfGE 124, 78 <107>), mithin die Ausübbarkeit parlamentarischer Minderheitenrechte nicht auf oppositionelle Akteure – wie etwa die Oppositionsfraktionen – zu beschränken.

Im Gegenteil würden – so das BVerfG – entsprechende Rechte sogar gegen die Verfassung (Art. 38 GG) verstoßen, da die Rechte der Abgeordneten nunmehr ungleich wären (Rn. 95; 99):

Exklusiv den Oppositionsfraktionen zur Verfügung stehende Rechte – wie beispielhaft die Schaffung spezifischer Oppositionsrechte im Ausschuss in § 126a Abs. 1 Nr. 2 und 7 bis 10 GO-BT – stellen eine nicht zu rechtfertigende Durchbrechung des Grundsatzes der Gleichheit der Abgeordneten und ihrer Zusammenschlüsse aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG dar.
Die Zuweisung spezifischer Oppositionsrechte stellt eine Bevorzugung, mithin eine Ungleichbehandlung zugunsten der oppositionellen Abgeordneten und ihrer Zusammenschlüsse gegenüber den die Regierung tragenden Abgeordneten und deren Zusammenschlüssen dar. Ein durchgreifender Rechtfertigungsgrund nach den genannten Maßstäben ist vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich.

b) Keine Senkung der verfassungsrechtlichen Quoren für alle
Auch eine generelle Quorenabsenkung wäre unzulässig.

Einer Absenkung der grundgesetzlich vorgegebenen Quoren eines Drittels (Art. 39 Abs. 3 Satz 3 GG) oder Viertels (Art. 23 Abs. 1a Satz 2, Art. 44 Abs. 1 Satz 1, Art. 45a Abs. 2 Satz 2 und Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG) der Mitglieder des Bundestages für die Ausübung parlamentarischer Minderheitenrechte steht jedenfalls die bewusste Entscheidung des Verfassungsgebers für die bestehenden Quoren entgegen; diese Entscheidung ist auch vom Bundesverfassungsgericht zu respektieren.

Das Bundesverfassungsgericht stellt damit nicht nur fest, dass der Bundestag nicht verpflichtet ist, die Quoten zu senken, sondern dass dies sogar verfassungsrechtlich unzulässig sei. Die Quorenregelungen haben ebenso Verfassungsrang wie der Grundsatz effektiver Opposition. Ersterer kann aber nicht gegen letzteren aufgewogen werden. Beide Regelungen sind gleichbedeutend und von Verfassungsrang (Rn. 111; 114):

Die umstrittene Rechtsfigur verfassungswidrigen Verfassungsrechts vermag zur Lösung des Spannungsverhältnisses zwischen den Quoren für die Ausübung der parlamentarischen Minderheitenrechte und dem allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsatz effektiver Opposition ebenfalls nichts beizutragen. Die Rechtsfigur ist bereits deshalb problematisch, weil auf derselben Normebene keine Hierarchie auszumachen ist, die ein Kriterium dafür liefern könnte, welcher verfassungsrechtlichen Norm Vorrang zukommt. Das Grundgesetz kann nur als Einheit begriffen werden (vgl. BVerfGE 1, 14 <32>, stRspr; vgl. ferner nur Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl. 1995, Rn. 20 m.w.N.). Daraus folgt, dass auf der Ebene der Verfassung selbst ranghöhere und rangniedere Normen in dem Sinne, dass sie aneinander gemessen werden könnten, grundsätzlich nicht denkbar sind (vgl. BVerfGE 3, 225 <231 f.>).
Die verfassungsrechtliche Notwendigkeit einer Absenkung der grundgesetzlichen Quoren für die Ausübung der parlamentarischen Minderheitenrechte lässt sich schließlich auch nicht aus dem allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsatz effektiver Opposition ableiten. Die in den Text der Verfassung aufgenommenen Quoren stellen vielmehr die vom Verfassungsgeber und vom verfassungsändernden Gesetzgeber gewollte Konkretisierung des Grundsatzes dar.

c) Keine Senkung der einfachgesetzlichen Quoren
Auch hier widerspricht der Absenkung bereits die Wertentscheidung des Grundgesetzes, sofern das einfache Recht die Wertung des Grundgesetzes lediglich nachbildet (Rn. 120).
Aber auch darüberhinaus gilt nicht Gegenteiliges. Hier wäre jedenfalls, wie dargelegt, Art. 38 GG verletzt (Rn. 122).
Im Ergebnis war die Organstreitigkeit daher als unbegründet abzuweisen.
 
IV. Zusammenfassung
Das Urteil ist ob seiner Länge und ob seines Inhalts recht schwer zu verstehen, sodass sich hier auf die entscheidenden Fragen beschränkt wurde. Grundtenor des BVerfG ist, dass eine einseitige Regelung für die Opposition – deren Rechte grundrechtlichen Rang haben – gegen Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG verstößt und eine umfassende Regelung jedenfalls den Wertungen des Grundgesetzes widerspricht, das die Quoren bewusst vorgesehen hat. Den Oppositionsrechten darf diese Entscheidung, so das BVerfG, nicht geopfert werden. Beides hat Verfassungsrang und ist daher gleichrangig.

06.05.2016/1 Kommentar/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2016-05-06 09:30:062016-05-06 09:30:06BVerfG: Minderheitenrecht und Opposition: Ein Überblick
Dr. Johannes Traut

Antrag der NPD auf „Klärung der Verfassungsmäßigkeit“

Öffentliches Recht, Schon gelesen?, Tagesgeschehen, Verfassungsrecht

In der letzten Woche hat die NPD einen Antrag beim BVerfG gestellt, in dem sie begehrt, das Gericht möge ihre Verfassungsmäßigkeit feststellen (vgl. etwa sueddeutsche.de vom 13.11.2012, „Antrag beim Bundesverfassungsgericht – NPD lässt Verfassungstreue prüfen“). Dieser Antrag ist juristisch interessant, weil es kein festgelegtes Verfahren gibt, wonach eine Partei ihre Verfassungstreue „feststellen“ lassen kann. Es bietet sich, gerade wegen der großen Öffentlichkeitswirkung daher an, die Frage in der mündlichen Prüfung im Examen aufzugreifen.
I. Inhalt des Antrages
Aus der Presse lässt sich jedenfalls der ungefähre Inhalt des Antrages der NPD entnehmen. Er richtet sich wohl gegen die Verfassungsorgane Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat. Der Bund und die Länder sollten deshalb entweder Beweise für die Verfassungswidrigkeit vorlegen und einen Verbotsantrag stellen – oder ihre öffentlichen Zweifel an der Verfassungstreue der NPD unterlassen.

Nachtrag: Der Antrag ist im Wortlaut (und mit Begründung) auf der Homepage der NPD veröffentlicht, darauf wurde in einem Kommentar hingewiesen. Die rechtlichen Ausführungen des hiesigen Artikels beantworten M.E. alle Fragen, die sich auch bei Kenntnis des Wortlauts des Antrages stellen. Der Antrag der NPD wird, jedenfalls so wie er gestellt ist, keinen Erfolg haben, weil das Verfahren nach Art. 21 Abs. 2 S. 2 GG / § 43 BVerfGG gerade nicht auf die Partei ausgeweitet werden muss (dazu II.). In Betracht kommt allenfalls eine „Auslegung“ als Antrag im Organstreitverfahren, weil nur dieses statthaft ist (III.). Auch dieser Antrag wird M.E. keinen Erfolg haben (s. dort).

II. Kein Verfahren nach Art. 21 Abs. 2 GG
Schon vom Antrag her dürfte damit ein Verfahren nach Art. 21 Abs. 2 GG nicht in Betracht kommen. Es wäre auch wohl nicht statthaft. Das Verfahren nach Art. 21 Abs. 2 GG kann jedenfalls nach dem BVerfGG, das nach Art. 21 Abs. 3 GG hierfür nähere Regeln enthält, nicht von der Partei selbst angestoßen werden. Nach § 43 BVerfGG kann der Verbotsantrag nur von dem Bundestag, dem Bundesrat oder von der Bundesregierung gestellt werden (sowie nach § 43 Abs. 2 BVerfGG von einer Landesregierung für Parteien, deren Tätigkeit sich auf das Land beschränkt).
Eine Zulassung des Antrages außerhalb des BVerfGG, unmittelbar gestützt auf Art. 21 GG, dürfte wohl eher ausscheiden. Erstens erlaubt Art. 21 Abs. 3 GG die Regelung durch das BVerfGG. Das gibt Raum, dass das BVerfGG auch zu einer Beschränkung führt.
Zum Zweiten ist das Verbotsverfahren auch der Sache nach ungeeignet dafür, von der Partei selbst betrieben zu werden. Denn die Partei hätte ja gar kein Interesse daran, das Verfahren mit Energie zu betreiben. Ebenso wäre es auch misslich, wenn die genannten Organe von der Partei in das Verfahren getrieben werden könnten. Dann drohte ein Ergebnis, wie es beim letzten Anlauf des Parteiverbotsverfahrens gegen die NPD zu befürchten war, nämlich dass das BVerfG den Nachweis der Verfassungswidrigkeit als nicht geführt ansieht. Wenn also die Partei es in der Hand hätte, die Organe zur Unzeit in das Verfahren zu treiben, könnte sie sich erhebliche taktische Vorteile verschaffen.
Zum Dritten bedarf es für die Durchführung des Verfahrens nach Art. 21 Abs. 2 GG wohl durchaus eines Antragsstellers, der dieses durch entsprechende Ermittlungsarbeit vorbereitet hat und dann energisch vorantreibt. Zwar gilt auch für das BVerfG nach § 26 Abs. 1 S. 1 BVerfGG der Amtsermittlungsgrundsatz. Das Gericht hat auch – jedenfalls theoretisch –recht umfangreiche Möglichkeiten der Beweiserhebung, sei es durch Zeugen und Sachverständige (§ 28 BVerfGG) oder sachverständige Dritte (§ 27a BVerfGG). Auch Durchsuchung und Beschlagnahme kann das Gericht im Verfahren nach Art. 21 Abs. 2 GG anordnen, §§ 47, 38 BVerfGG. Wichtig dürfte aber vor allem die Möglichkeit sein, nach § 27 BVerfGG Amtshilfe in Anspruch zu nehmen. Demnach wäre es durchaus möglich, die Sicherheitsbehörden mit Ermittlungen dahingehend, ob eine Partei zu verbieten ist oder nicht, zu betrauen. Praktisch erscheint es jedoch schwierig, dass das BVerfG eine solche Untersuchung vollständig selbst durchführt. Aus rechtsstaatlicher Sicht wäre außerdem, statt eines solchen Inquisitionsprozesses, ohnehin eine Trennung zwischen Richter und Ermittlerrolle wünschenswert.
Vor allem aber ist auch das Bedürfnis nach einem solchen Verfahren nicht groß, weil nach Art. 21 Abs. 2 S. 2 GG bis zur Entscheidung des BVerfG die Partei als verfassungsgemäß gilt, sie also rechtlich betrachtet bereits steht, als wäre ihre Verfassungsmäßigkeit festgestellt worden. Damit ist dann fraglich, welches Interesse sie an einem vom BVerfG abgelehnten Verbotsantrag haben kann. Dieser bedeutet noch nicht einmal zwingend, dass die Partei verfassungskonform ist, weil nur festgestellt wird, dass die gefundenen Beweise nicht ausreichen. Außerdem kann sich dieses „Siegel der Verfassungskonformität“ auch immer nur auf einen Moment erstrecken, kann aber natürlich nicht die Verfassungsmäßigkeit der Partei für alle Zeit rechtskräftig feststellen. Zweifel an ihrer Verfassungsmäßigkeit kann das Verfahren daher auch nicht entscheidend besser ausräumen als die Fiktion des Art. 21 Abs. 2 GG.

Hier kann man natürlich anderer Ansicht sein wegen des politischen Effekts, der mit einem entsprechenden Urteil des BVerfG verbunden wäre. Dieser Effekt ist M.E. aber kaum vom Schutzzweck des Art. 21 Abs. 2 GG gedeckt. Deshalb spielt dieses Argument M.E. allenfalls eine untergeordnete Rolle.

Letztlich stellt sich die Frage nach einer Erstreckung aber ohnehin erst , wenn andere rechtliche Möglichkeiten ausscheiden.
III. Organstreitverfahren
Vieles spricht bei diesem Antrag dafür, dass das Verfahren der NPD als Organstreitverfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG einzuordnen ist. Sowohl von den Beteiligten wie auch von der Begehr (Rechte der Partei aus Art. 21 GG) her passt es.
1. Zulässigkeit
a) Zulässige Beteiligte
Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung sind nach § 63 BVerfGG und Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG taugliche Gegner eines Organstreitverfahrens.
Die NPD müsste jedoch auch tauglicher Antragsteller sein. In Erweiterung von § 63 BVerfGG erkennt das BVerfG in stRspr auch die politischen Parteien als andere Beteiligte im Sinne des Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 an, sofern sie um eigene Rechte streiten, die sich aus ihrem in Art. 21 GG garantierten verfassungsrechtlichen Status ergeben (BVerfGE 1, 208, 223 ff = NJW 1952, 657; 82, 322, 335 = NJW 1990, 3001 BeckOK-GG/Morgenthaler, Art. 93 Rn. 22; wenn auch in der Literatur kritisiert, vgl. BeckOK-GG/Kluth, Art. 21 Rn. 208 m.w.N.). Also ist die NPD, soweit es um ihre Rechte aus Art. 21 GG geht, auch tauglicher Antragsteller.
b) Antragsgegenstand (§ 64 Abs. 1 BVerfGG)
Zunächst müsste Gegenstand des Antrages eine Handlung oder Unterlassung der Antragsgegner sein. Hier gibt es zwei verschiedene Antragsgegenstände. Vorliegend begehrt die NPD entweder die Stellung des Verbotsantrages und/oder die Unterlassung, öffentliche Zweifel an der Verfassungstreue der Partei weiterhin zu äußern. Leider ist der genaue Antrag nicht bekannt, insbesondere ist nicht bekannt, in welchem Verhältnis die beiden Handlungsalternativen – Unterlassung weiterer Diskussion oder Verbotsantrag – stehen.
Dem Wortlaut nach scheint es der Partei in erster Linie darauf anzukommen, einen Verbotsantrag zu erreichen. Dieser stellt eine Maßnahme nach § 64 Abs. 2 BVerfGG dar und ist daher tauglicher Antragsgegenstand.
Soweit dagegen die Partei die Unterlassung weiterer Äußerungen hinsichtlich ihrer Verfassungswidrigkeit begehrt, ist fraglich, inwiefern diese Äußerungen als Maßnahme i.S.d. § 64 Abs. 2 BVerfGG eingeordnet werden können. Nach der Rspr. des BVerfG muss eine Maßnahme rechtserheblich sein oder sich zumindest zu einem die Rechtsstellung des Antragstellers beeinträchtigenden rechtserheblichem Verhalten verdichten können (so BVerfG NJW 1961, 1913). Meinungsäußerungen seien dies nach Ansicht des BVerfG in der zitierten Entscheidung nicht zwingend, denn sie schränken den Rechtskreis des Antragstellers in keiner Weise ein. Das gälte insbesondere für Äußerungen hinsichtlich der Verfassungskonformität einer Partei, da diese nur das BVerfG bindend nach Art. 21 Abs. 2 GG feststellen könne.
Demgegenüber bejaht die hL die Maßnahmenqualität einer Meinungsäußerung dahingehend, dass eine Partei verfassungwidrig sei (vgl. nur Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 64 Rn. 29 m.w.N.). Für diese Ansicht spricht vor allem, dass inzwischen allgemein anerkannt ist, dass auch faktischem Handeln wie Meinungsäußerungen Eingriffsqualität zukommen kann. Der formale Eingriffsbegriff ist überwunden. Darüber hinaus vermischt das BVerfG mit seiner Definition der Maßnahme Fragen von Antragsbefugnis und Antragsgegenstand. Ob der Antragssteller in seinen Rechten eingeschränkt ist, richtet sich nach dem materiellen Gehalt der geltend gemachten Rechte. Es kommt also darauf an, ob Art. 21 GG möglicherweise einer derartigen Meinungsäußerung entgegensteht. Das ist eine Frage der Antragsbefugnis. Insgesamt ist daher der hL zu folgen, zumal ohnehin zweifelhaft ist, ob das BVerfG nach dem Stand der heutigen Dogmatik an seiner Ansicht festhalten würde.
Dann ist aber weiterhin zu klären, ob es sich bei den angegriffenen Meinungsäußerungen auch um Maßnahmen der Organe handelt, ob diese also dem Organ zugerechnet werden können. Leider weiß man nicht, welche Äußerungen genau angegriffen werden; im Folgenden werden daher möglichst allgemeine Leitlinien entwickelt, wie die verschiedenen Fälle zu behandeln wären. Jedenfalls werden Meinungsäußerungen im hiesigen Kontext zumeist nicht von dem Organ als solchem getätigt, sondern von einzelnen Teilen des Organs. Nicht der Bundestag beschließt, die NPD sei verfassungswidrig, sondern einzelne Abgeordnete äußern sich dahingehend – und zwar nicht notwendigerweise im Bundestag, sondern auch gegenüber der Presse. Für die Zurechnung von Äußerungen dürfte dann bei den einzelnen Organen Folgendes gelten:

  • Bundesregierung: „Beschlüsse der Bundesregierung“ (§ 20 Abs. 1 GO BReg; vgl. auch § 15 Abs. 1 GO BReg) sind ihr eindeutig zuzurechnen. Gleiches dürfte aber im Ergebnis auch für Äußerungen von Regierungsmitgliedern gelten, jedenfalls soweit sie nicht eindeutig in einer anderen (etwa Partei-)Funktion getätigt wurden. In diesem Fall ist M.E. die Diskussion offen. Ebenfalls zugerechnet werden können M.E. auch Äußerungen von sonstigen Repräsentanten der Regierung, insbesondere von Beamten aus dem nachgeordneten Verwaltungsaufbau, soweit die Äußerung in amtlicher Funktion getätigt wurde.
  • Bundestag: Beschlüssen nach Art. 42 Abs. 2 S. 1 GG sind dem Bundestag selbstverständlich zuzurechnen. Bei den sonstigen Äußerungen der Parlamentarier sollte man zunächst zwischen solchen im Bundestag (und Ausschüssen) und solchen außerhalb differenzieren. Für erstere kommt noch eher eine Zurechnung in Betracht. Ich würde sie aber auch ablehnen mit folgender Kontrollüberlegung: Wie kann der Bundestag dafür verantwortlich gemacht werden, was seine Mitglieder sagen? Wie soll er eine Unterlassungsverpflichtung ihnen gegenüber durchsetzen? Das gilt erst Recht für Aussagen der Parlamentarier außerhalb des Bundestages, etwa gegenüber der Presse.
  • Bundesrat: Auch hier dürfte nur der „offizielle“ Beschluss (Art. 52 Abs. 3 S. 1 GG) zuzurechnen sein. Erwägen mag man dies dann allenfalls noch für Äußerungen im Bundesrat. Äußerungen der Landesregierungen und ihrer Mitglieder außerhalb können dem Bundesrat jedoch keinesfalls zugerechnet werden.

M.E. dürften daher die meisten der angegriffenen Äußerungen schon keine tauglichen Antragsgegenstände sein. Entsprechend kann auch ein geltend gemachter Unterlassungsanspruch hierauf nicht gestützt werden. Mithin dürfte der Antrag im Hinblick auf den Unterlassungsanspruch gegenüber Bundesrat und Bundestag bereits unzulässig sein.
c) Antragsbefugnis (§ 64 Abs. 1 BVerfGG)
Ferner müsste eine Antragsbefugnis gem. § 64 Abs. 1 BVerfGG gegeben sein. Das ist der Fall, wenn eine Verletzung von organschaftlichen Rechten des Antragsstellers durch die bezeichneten Maßnahmen jedenfalls nicht von vornherein ausscheidet.

Wie im Verwaltungsrecht bei § 42 Abs. 2 VwGO (dort: Klagebefugnis) kann man die Antragsbefugnis nach § 64 Abs. 1 BVerfGG bereits bejahen, wenn die Möglichkeit einer Verletzung eines Rechts bzw. einer Pflicht ernsthaft in Betracht kommt, ohne aber die damit verbundenen Rechtsfragen erschöpfend zu klären. Im Verwaltungsprozess wird dies als sog. Möglichkeitstheorie bezeichnet. Demgegenüber fordert die Schlüssigkeitstheorie, dass bereits im Rahmen des § 42 Abs. 2 VwGO die Schlüssigkeit der Klage, bei § 64 Abs. 1 BVerfGG dann des Antrages, festgestellt wird. D.h., es ist zu prüfen, ob der Antrag, die vorgetragenen Tatsachen unterstellt, Erfolg hätte. Damit wird die Prüfung allerdings kopflastig. In der Klausur sollte man hier keinen Theorienstreit aufmachen, sondern ohne jede Diskussion einfach eine der Theorien anwenden. Vorzugswürdig ist dabei die Möglichkeitstheorie, weil sie die Kopflastigkeit vermeidet.

Eine Antragsbefugnis im Hinblick auf die begehrte Stellung des Verbotsantrages ist damit gegeben, wenn ein Anspruch der NPD hierauf jedenfalls in Betracht kommt. Wegen der beschränkten Beteiligtenfähigkeit der NPD müsste sich dieser vorliegend aus Art. 21 GG ergeben. Dies erscheint schon beim ersten Zugriff zweifelhaft.
Insofern kann auf die obigen Ausführungen (II.) verwiesen werden. Art. 21 GG sieht einen solchen Antrag nicht vor, § 43 Abs. 1 BVerfGG schließt ihn aus. Dies ist verfassungskonform, weil es wegen Art. 21 Abs. 2 GG ein dringendes Bedürfnis der Partei auf die Stellung des Verbotsantrages nicht gibt. Sie wird ja nach dem Gesetz ohnehin behandelt, als sei ein Verbot abgelehnt worden. Darüber hinaus hat es auch keinen Sinn, der Partei zu erlauben, die zuständigen Organe zur Unzeit in das Verbotsverfahren zu treiben. Damit scheidet eine Antragsbefugnis der NPD hinsichtlich der ersten Begehr, nämlich die genannten Organe zur Stellung des Verbotsantrages zu verpflichten, aus.

Diese Frage hätte man im Hinblick auf die Möglichkeitstheorie an dieser Stelle auch vertretbar offenlassen können. Es entschlackt jedoch die Prüfung deutlich, an dieser Stelle bereits den Anspruch auf Stellung des Verbotsantrages ausscheiden zu lassen. Da er M.E. eher fernliegend sein dürfte, habe ich ihn bereits hier „rausgeworfen“.

Eine Antragsbefugnis im Hinblick auf die begehrte Unterlassung der Meinungsäußerungen ist gegeben, wenn der von der NPD begehrte Anspruch auf Unterlassung jedenfalls in Betracht kommt. Das ist umgekehrt der Fall, wenn die fortlaufenden Behauptungen der Verfassungsorgane, die NPD sei verfassungsfeindlich, eine Verletzung eines Rechts aus Art. 21 GG darstellten.
Schon prima facie spricht hierfür vieles. Die stärkste Beeinträchtigung der Parteienfreiheit stellt die Verhängung eines Parteiverbots dar (BeckOK-GG/Kluth, Art. 21 Rn. 197). Als Vorstufe dessen wird man auch der Diskussion über das Parteiverbot Eingriffsqualität zuerkennen müssen. Daher ist zumindest die Möglichkeit einer Verletzung des Rechts aus Art. 21 GG hinreichend dargetan.

Nach der Schlüssigkeitstheorie müsste man dagegen hier bereits endgültig klären, ob ein solcher Anspruch auf Grundlage der vorgetragenen Tatsachen aus Art. 21 GG folgen könnte. Um Kopflastigkeit zu vermeiden, wird hier darauf verzichtet.

d) Frist: § 63 Abs. 3 BVerfGG
Die Frist des § 63 Abs. 3 BVerfGG dürfte unproblematisch gewahrt sein, weil es sich bei der fortlaufenden Debatte um wiederholte Verstöße handelt, welche die Frist stets aufs Neue zu laufen beginnen lassen.
e) Rechtsschutzbedürfnis
In Hinblick auf Art. 21 Abs. 2 S. 2 GG könnte ferner das Rechtsschutzbedürfnis der NPD fraglich sein. Nach dieser Vorschrift ist die Partei so lange als verfassungsgemäß anzusehen, bis das BVerfG anderes festgestellt hat. Daher stellt sich die Frage, inwieweit der hiesige Anspruch über diese Position hinausgeht. Vorliegend begehrt die NPD insbesondere Behauptungen zu unterlassen, die Partei sei verfassungswidrig. Derartige Behauptungen werden nicht direkt durch Art. 21 Abs. 2 GG verboten. Es besteht daher durchaus ein Interesse zu klären, inwiefern sie zulässig sind. Da es auch um die Abwägung gegenteiliger Interessen geht, insbesondere um die Frage, inwiefern die Verfassungsmäßigkeit einer Partei zur politischen Diskussion eröffnet ist, stellen sich schwierige Rechtsfragen, die das BVerfG klären kann.
2. Begründetheit: Unterlassungsanspruch aus Art. 21 GG

Ob die momentane Debatte über die Verfassungsmäßigkeit der NPD und die Diskussion über das für und wider eines Verbotsantrages die Partei in ihrem Recht aus Art. 21 GG verletzt, lässt sich an dieser Stelle nicht abschließend beantworten, weil die tatsächlichen Grundlagen fehlen. Es lassen sich aber einige der rechtlich relevanten Fragen und Leitlinien für deren Beantwortung skizzieren.

Der Antrag der NPD ist begründet, wenn sie einen Anspruch gegen die Bundesregierung hat, Äußerungen, dass die Partei verfassungswidrig sei, künftig zu unterlassen.
a) Voraussetzungen des Anspruchs aus Art. 21 Abs. 2 GG
Es ist anerkannt, dass aus Art. 21 GG ein Anspruch der Partei folgt, dass andere Organe Handlungen unterlassen, die sie in ihrem Recht verletzen. Mithin bestünde ein Anspruch der NPD gegen die Bundesregierung, Äußerungen, die Partei sei verfassungswidrig, zu unterlassen, wenn derartige Äußerungen die Partei in ihrem Recht aus Art. 21 GG verletzen.
Zwar ist nicht eindeutig normiert, dass nach Art. 21 Abs. 2 GG auch Diskussionen über die Verfassungsmäßigkeit der Partei unzulässig sein sollen. Andererseits entspricht es aber durchaus seiner Stoßrichtung, dass eine Partei, die nicht vom BVerfG verboten ist, gerade als verfassungskonform behandelt werden muss. Diese Wertung legt es nahe, dass daher regierungsamtliche Zweifel nicht zu einer faktischen Umgehung des Verbotsmonopols des BVerfG führen dürfen.
Entscheidend ist aber vor allem Sinn und Zweck des Art. 21 GG insgesamt. Dieser soll die Chancengleichheit der Parteien wahren und sie vor staatlicher Einflussnahme schützen. Hiermit wäre nicht zu vereinbaren, wenn „der Staat“ durch die Verfassungsorgane Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat durch eine zielgerichtete Kampagne die Seriösität der NPD untergräbt. Solange sie nicht verboten ist, dürfen sich staatliche Organe eben nicht mit Äußerungen zu der Partei in den Wettstreit um die Wählergunst einmischen.
Daher können durchaus Meinungsäußerungen dahingehend, eine Partei sei verfassungswidrig, Art. 21 GG verletzen. Das könnte etwa der Fall sein, wenn die Bundesregierung ohne jeden Zusammenhang mit einem Verbotsantrag äußert, die NPD sei verfassungwidrig. Das widerspräche der Wertung des Art. 21 Abs. 2 GG. Dies gilt aber keineswegs für alle Meinungsäußerungen mit diesem Inhalt. Denn auch die Freiheit der Bundesregierung, derartige Äußerungen zu tätigen, ist grundgesetzlich geschützt.
Schon ihrer Natur nach ist die Debatte über die Verfassungswidrigkeit einer Partei auch eine politische, weshalb nicht jede Diskussion ausgeschlossen sein darf. Das gilt jedenfalls für die Stellung des Verbotsantrages: Nicht umsonst wird die Stellung des Antrags in § 43 BVerfGG politischen Organen übertragen und ihnen dort ein Ermessen („kann“) eingeräumt. Bei der Ausübung dieses Ermessens dürfen auch politische Erwägungen eine Rolle spielen (BVerfGE 5, 85, 129f.). Schon von daher ist eine gewisse Diskussion sogar zwingend notwendig. Im Rahmen dieser Diskussion muss daher auch die Äußerung der Rechtsansicht, eine bestimmte Partei sei verfassungswidrig und daher sei ein Verbotsantrag zu stellen, zulässig sein.
Daneben hat die Regierung im Rahmen ihrer Aufgaben auch das Recht und bisweilen sogar die Pflicht zu informieren und sich zu äußern (vgl. etwa BVerfG NJW 2002, 2621, 2623). Hierher gehört es etwa, wenn die Regierung die Beobachtung einer Partei durch die Sicherheitsbehörden anordnet oder diese bekannt gibt. Bei gegebenem Anlass (z.B. Bericht über Extremismus) muss man auch über mögliche Verbindungen der Partei zu verfassungsfeindlichen Kreisen berichten dürfen.
Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass die Mitglieder der Regierung nicht politisch neutrale „Verwaltungschefs“ sind, sondern ihnen auch eine politische Rolle zukommt. Diese üben sie insbesondere auch durch ihre Funktionen in der Partei aus. Dabei wird man ihnen nicht gänzlich verwehren dürfen, in ihrer Rolle als Parteifunktionäre auch zu vertreten, dass die Ansichten oder Handlungen einer Konkurrenzpartei verfassungswidrig seien. Denn das ist durchaus ein legitimes Argument im Parteienwettbewerb, den ja gerade Art. 21 GG schützen möchte. Daher muss Art. 21 GG auch in Hinblick auf die außerhalb der streng amtlichen Funktion ausgeübten Grundrechte, insbesondere auf Meinungsäußerung (Art. 5 GG), sowohl der Regierungsmitglieder wie auch ihrer Partei beschränkt werden.
Insgesamt kann daher erst nach Abwägung mit den oben aufgezeigten und sonstigen verfassungsimmanenten Werten von einer Verletzung des Art. 21 Abs. 2 GG gesprochen werden, die einen Unterlassungsanspruch auslöst.
b) Abwägung
Eine solche Abwägung wird eher zu Ungunsten der NPD ausfallen. Klar unzulässig wäre etwa eine gezielte Kampagne der Bundesregierung, den Ruf einer Partei durch Behauptung ihrer Verfassungswidrigkeit zu untergraben, ohne aber den Verbotsantrag zu stellen. Die Bundesregierung darf Art. 21 Abs. 2 GG nicht durch faktisches Handeln umgehen.
Dass dagegen die Partei vom Verfassungsschutz beobachtet wird, dürfte nicht zu bestanden sein. Hierfür gibt es hinreichenden Anlass, denn tatsächlich sind Mitglieder der Partei mit verfassungsfeindlichem Gedankengut wiederholt aufgetreten. Auch dass es eine politische Debatte über die Frage der Verfassungsmäßigkeit der NPD gibt, ist zunächst nicht Gegenstand eines Organstreitverfahrens und im Übrigen auch von Art. 5 Abs. 1 GG der anderen Diskussionsteilnehmer gedeckt. Im vorliegenden Kontext spielen allenfalls die Beiträge der Bundesregierung und der Mitglieder der Bundesregierung eine Rolle. Dabei ist (meiner Kenntnis nach) in amtlicher Eigenschaft nie verlautbart worden, die NPD sei verfassungswidrig, allenfalls, dass es insofern Beobachtungsbedarf gäbe. Wenn dagegen einzelne Mitglieder der Bundesregierung diese Meinung vertreten haben, dann M.E. weniger in dieser Eigenschaft, als vielmehr als Akteure in der politischen Debatte. Das ist auch den Mitgliedern der Bundesregierung nicht verwehrt – siehe oben. Sie müssen vielmehr gerade im Rahmen des politischen Prozesses auch politisch handlungsfähig bleiben. Daher deckt auch bei ihnen Art. 5 Abs. 1 GG entsprechende Meinungsäußerungen jedenfalls bis zu einem gewissen Maße. Dieses ist wohl nicht überschritten worden.

Hier kommt es natürlich genau auf den vom BVerfG zu ermittelnden Sachverhalt an. Ich bin von dem Stand ausgegangen, der mir aus den Medien bekannt war.

IV. Verfassungsbeschwerde
Jedenfalls theoretisch kommt auch eine Verfassungsbeschwerde der NPD in Betracht. Angesichts der Antragsfassung wird eine solche jedoch nicht vorliegen, weil die Inanspruchnahme von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat nur im Rahmen des Organstreits möglich ist. Ferner kann die Partei das Recht aus Art. 21 GG nach hM mangels Grundrechtseigenschaft nicht im Wege der Verfassungsbeschwerde geltend machen.

22.11.2012/8 Kommentare/von Dr. Johannes Traut
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Johannes Traut https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Johannes Traut2012-11-22 15:27:112012-11-22 15:27:11Antrag der NPD auf „Klärung der Verfassungsmäßigkeit“
Dr. Stephan Pötters

Politisch brisantes BVerfG-Urteil: BND-Untersuchungsausschuss wurde durch die Bundesregierung nicht hinreichend informiert – Rechte des Bundestages daher verletzt

BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker, Öffentliches Recht, Verfassungsrecht

Das BVerfG hat in seinem mit Spannung erwarteten Beschluss zum BND-Untersuchungsausschuss (17.06.2009, Az 2 BvE 3/07) entschieden, dass die Bundesregierung das Informations- und Untersuchungsrecht des Deutschen Bundestages aus Art. 44 GG verletzt habe (prozessual war ein Organstreit, Art. 93 I Nr. 1 GG, einschlägig). Der Ausschuss hatte sich mit brisanten politischen Themen beschäftigt. Es ging namentlich um Verwicklungen des BND im Irak, CIA-Flüge über Deutschland, Verschleppungen während des Irakkrieges, den Fall Murat Kurnaz und vor allem auch um die Rolle von SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier, der damals unter Schröder das Kanzleramt führte. Auch Otto Schily war von dem Ausschuss befragt worden. Über all diese kleinen und großen Skandale war in den Medien ausführlich berichtet worden.
Unkooperatives Verhalten der Regierung war verfassungswidrig
Die Arbeit des BND-Untersuchungsausschusses wurde von der Regierung jedoch erwartungsgemäß nicht gerade durch kooperatives Verhalten erleichtert: Sie hatte dem Ausschuss nur eingeschränkte Aussagegenehmigungen erteilt und die Herausgabe von Akten nur eingeschränkt genehmigt. Dadurch habe die Regierung das Recht des Bundestages aus Art. 44 GG (sog. Enquêterecht/parlamentarisches Untersuchungsrecht) missachtet, urteilte das BVerfG. Dieses Infomationsrecht des Parlaments ist ein zentrales Mittel zur Gewährleistung der wechselseitigen Kontrolle der Gewalten. Es ermöglicht vor allem auch der Opposition, eine (öffentlichkeits-)wirksame Kontrolle der Regierung vorzunehmen, denn in der Regel steht die Parlamentsmehrheit hinter der Regierung und unterlässt „unangenehme Fragen“.
Grenzen des Untersuchungsrechts (Art. 44 GG)
Das Untersuchungsrecht unterliegt aber auch verfassungsrechtlichen Grenzen: Dies ist zum einen der sog. „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“ und zum anderen das Staatswohl. Mit dieser Formel vom „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung will das BVerfG einen Ausgleich schaffen zwischen der Kontrollaufgabe des Bundestages einerseits und den Interessen der Regierung an einem eigenverantwortlichen und störungsfreien politischen Arbeiten andererseits.
Pauschale Aussagen der BReg genügen dem BVerfG nicht
Das BVerfG betont jedoch in der Entscheidung zum BND-Untersuchungsausschuss, dass ein pauschales Berufen auf solche Grenzen nicht ausreiche, um eine Einschränkung des Rechts aus Art. 44 GG zu rechtfertigen. Der Ausschuss kann grdsl. gem. Art. 44 I GG, § 17 I PUAG im Rahmen seines Untersuchungsauftrages alle erforderlichen Beweise erheben. Beweiserhebungsgrenze ist dabei grundsätzlich nur der Untersuchungsauftrag, wie er als Rahmen durch den Bundestag bei der Einsetzung des Ausschusses vorgegeben wurde. Die Grenze des „Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung“ schlussfolgert das BVerfG aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz. Jedoch ist dieser Kernbereich nicht ohne weiteres verletzt, vor allem wenn es sich um abgeschlossene Vorgänge handelt. Die Regierung muss vielmehr substantiiert darlegen, warum sie sich nicht in der Lage sieht, die Untersuchung zu fördern, denn der Gewaltenteilungsgrundsatz streitet auch für die Kontrollrechte des Untersuchungsausschusses. Auch das Staatswohl sei durch die Untersuchungen nicht gefährdet, zumindest habe die Regierung auch dies nicht hinreichend dargelegt.

25.07.2009/0 Kommentare/von Dr. Stephan Pötters
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Stephan Pötters https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Stephan Pötters2009-07-25 09:04:072009-07-25 09:04:07Politisch brisantes BVerfG-Urteil: BND-Untersuchungsausschuss wurde durch die Bundesregierung nicht hinreichend informiert – Rechte des Bundestages daher verletzt

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