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Schlagwortarchiv für: OLG Oldenburg

Maria Lohse

OLG Oldenburg: Zur Verkehrssicherungspflicht des Betreibers alter Schlossanlagen

Deliktsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Mit noch nicht rechtskräftigem Urteil vom 28.02.2014 (Az.: 11 U 75/13) hat das OLG Oldenburg entschieden, dass ein Schadensersatzanspruch beim Sturz in einer alten Schlossanlage nicht schon dadurch gegeben ist, dass sich am Unfallort eine Stolperfalle befand.
Sachverhalt:
Die Klägerin besuchte im Mai 2012 im Rahmen einer Gartenausstellung das Schloss Ippenburg in Bad Essen. Im Rahmen dieses Besuchs stürzte sie im Eingangsbereich des Ausstellungsgeländes und verletzte sich schwer. Grund für den Sturz war ein Stolpern der Klägerin über einen sog. Auflaufbock gewesen, eine Art Stütze aus Metall, auf der das Eingangstor im geschlossenen Zustand aufliegt. Da das Tor offen stand, stellte der Auflaufbock durch eine nicht unmittelbar sichtbare Erhöhung im Boden eine Stolperfalle dar.
Die Klägerin verlangt vom beklagten Schlosseigentümer und Veranstalter der Ausstellung Schadensersatz für die eingetretenen Verletzungen.
Das LG Osnabrück lehnte den Schadensersatzanspruch in erster Instanz ab. Das Urteil wurde vom OLG Oldenburg nun bestätigt.
Entscheidung:
Das OLG hielt den Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB nicht für gegeben.
I.  Haftungsbegründender Tatbestand
Der Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass eine Rechts- oder Rechtsgutsverletzung kausal durch ein Handeln oder Unterlassen des Schädigers eingetreten ist, das Handeln oder Unterlassen rechtswidrig und schuldhaft erfolgte.
1. Rechts- oder Rechtsgutsverletzung
Eine Rechtsgutsverletzung ist in Form der Körper- und Gesundheitsverletzung bei der Klägerin eingetreten.
2. Handlung oder pflichtwidriges Unterlassen
Dies müsste auf ein Handeln oder Unterlassen des Beklagten zurückgehen.
Handlung meint schon nach dem allgemeinen Wortverständnis ein aktives Tätigwerden auf Seiten des Schädigers. Vorliegend ist jedoch keine Handlung des Schlosseigentümers ersichtlich, an welche zur Zurechnung der Rechtsgutsverletzung angeknüpft werden könnte.
In Betracht kommt daher nur ein sorgfaltswidriges Unterlassen, das zur Rechtsgutsverletzung geführt haben könnte. Jedoch ist nicht jedes Unterlassen tauglicher Anknüpfungspunkt für eine Rechtsgutsverletzung. Das Unterlassen ist vielmehr nur dann haftungsbegründend, wenn eine Handlungspflicht bestand. Eine solche besteht, wenn den Unterlassenden eine Verkehrssicherungspflicht trifft.
Exkurs: 
a) Wann besteht eine Verkehrssicherungspflicht?
Die Konstruktion einer Verkehrssicherungspflicht scheint dort gerechtfertigt, wo erhöhte Sicherungsmaßnahmen vom Verantwortlichen gefordert werden können. Das kann aus verschiedenen Gründen der Fall sein, etwa bei der Übernahme einer Obhutspflicht hinsichtlich des gefährdeten Rechtsguts oder Rechtsgutsträgers oder aufgrund der Schaffung und Unterhaltung einer Gefahrenquelle. Die Annahme einer Verkehrssicherungspflicht selbst und die Bestimmung ihres Umfangs hat sich an verschiedenen Kriterien wie der wirtschaftlichen Zuordnung der Gefahrenquelle und der Beherrschbarkeit der Gefahr, der Zumutbarkeit von Maßnahmen für den Verantwortlichen, der Möglichkeit Dritter, Maßnahmen zum Selbstschutz zu ergreifen und der Sicherheitserwartungen selbiger zu orientieren.
Daraus resultieren einige Fallgruppen von Tätigkeiten oder Betrieben, in deren Zusammenhang die Auferlegung von Verkehrssicherungspflichten anerkannt ist. Allen Fallgruppen gemeinsam ist, dass sie eine Steigerung des allgemeinen Lebensrisikos durch den Betrieb oder die Tätigkeit voraussetzen.
b) Welche anerkannten Fallgruppen gibt es?
aa) Schaffung und Betrieb einer Gefahrenquelle
In Fällen der Schaffung und Erhaltung von Gefahrenquellen etwa ist die Auferlegung von Verkehrssicherungspflichten gerechtfertigt durch den wirtschaftlichen Nutzen, den der Berechtigte daraus zieht. Ein Extrembeispiel für diese Fallgruppe wäre etwa der Betrieb eines Atomkraftwerks. Die Verkehrssicherungspflicht, die dem Betreiber aufgebürdet wird, kann quasi als Kehrseite der erteilten Genehmigung für den Betrieb betrachtet werden.
bb) Verkehrseröffnung
Ein weiterer anerkannter Anwendungsfall ist die Öffnung einer Anlage für den Verkehr. Der Betreiber der Anlage zieht ebenso wie derjenige, der die Gefahrenquelle eröffnet und betreibt, einen wirtschaftlichen Nutzen aus ihr. Gemeint sind hier etwa die typischen Fälle des Betriebs eines Schwimmbades oder eines Kinderspielplatzes. Die Haftung kann jedoch nur angemessen sein für solche Schäden, die typischerweise mit der bestimmungsgemäßen Eröffnung der Anlage einhergehen. Das heißt, dass Schäden, welche aus einer Zweckentfremdung der Anlage durch die Besucher entstehen, nicht kompensierbar sind.
cc) Inverkehrbringen von Sachen
Darüber hinaus ist auch das Inverkehrsbringen von Sachen als Fallgruppe der Verkehrssicherungspflichten anerkannt. Hier erscheint die Statuierung einer Verkehrssicherungspflicht aus Gründen der Zustandsverantwortlichkeit und abermals wegen des wirtschaftlichen Nutzens auf Seiten des Vertreibenden verhältnismäßig. Der Distributor von Spülmaschinen etwa hat nicht nur für deren Funktionsfähigkeit zum bestimmungsgemäßen Gebrauch, sondern auch dafür zu sorgen, dass ein Gebrauch der Maschine möglich ist, ohne dass sie oder andere Sachen beschädigt werden.
dd) Haftungsübernahme
Verkehrssicherungspflichten können zudem aus einer Haftungsübernahme resultieren. Dazu muss der Pflichtige Sicherungspflichten etwa aufgrund seiner beruflichen Stellung oder aus einer persönlichen Vereinbarung heraus übernommen haben. Die Rechtfertigung einer Haftungsbegründung für ein Unterlassen ist hier sowohl die fehlende Selbstschutzmöglichkeit Dritter wie auch deren Sicherungserwartung gegenüber dem Pflichtigen.
All diesen Fällen der Konstruktion von Verkehrssicherungspflichten ist gemein, dass sich der Haftungsumfang nach den gleichen Kriterien bemisst. Er ist jeweils im Einzelfall zu bestimmen und orientiert sich daran, was dem Pflichtigen in der konkreten Situation zumutbar ist und vom schutzbedürftigen Dritter erwartet werden kann. Der Umfang der Sicherungspflicht kann von Warnung und Instruktion zum Zwecke des Ergreifens von Selbstschutzmaßnahmen bis hin zu Gefahrverhütungs- und –beseitigungspflichten reichen. Auch objektive Kriterien wie der Umfang eines etwaig zu erwartenden Schadens und der Wert der bedrohten Rechtsgüter fließen in die Bestimmung des Umfangs im Einzelfall mit ein.
Für die vorliegende Konstellation hat das OLG Oldenburg das Bestehen einer Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich des Auflockbocks verneint.
Zwar handelt es sich hier um einen Fall der Öffnung einer Anlage für den Verkehr, sodass die Konstruktion einer Verkehrssicherungspflicht aus dieser Fallgruppe naheliegen könnte. Die Besucher einer solchen alten Schlossanlage träfen jedoch gesteigerte Sorgfaltspflichten. Insbesondere wäre ihnen erkennbar, dass keine Barrierefreiheit im Bereich von Eingängen und Toren solcher Anlagen gewährleistet sein könne. Die Klägerin hätte bei erhöhter Aufmerksamkeit erkennen können, dass eine Erhöhung im Bodenbereich besteht. Der Sturz wäre somit vermeidbar gewesen.
Die geforderte Sorgfalt habe sie hingegen nicht beachtet, sodass der Unfall ihr selbst und nicht dem Anlagenbetreiber und Schlosseigentümer wegen dessen pflichtwidrigen Unterlassens zuzurechnen sei.
II. Ergebnis
Die Beklagte trifft nach Ansicht des Gerichts keine Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich der Stolperfalle. Der haftungsbegründende Tatbestand ist damit schon nicht erfüllt.
Fazit:
Mit dem vorliegenden Urteil werden die Anwendungsfälle der Verkehrssicherungspflicht weiter konkretisiert.
Deutlich wird daraus zunächst, dass es sich bei der Konstruktion von Verkehrssicherungspflichten nicht um eine Art Automatismus handelt, der aus Zweckmäßigkeitserwägungen immer dort herangezogen wird, wo die Anknüpfung an eine aktive Handlung nicht denkbar ist. Dies gilt auch dann, wenn die Gestaltung im Einzelfall grundsätzlich einer zuvor definierten Fallgruppe unterfällt. Betont wird hier vielmehr die Wichtigkeit der Vornahme einer Bewertung und Abwägung im Einzelfall.
Im Ergebnis ist der Entscheidung des Gerichts zuzustimmen. Richtig ist, dass bei derartigen Anlagen aufgrund vormals geltender Standards zur Zeit der Errichtung der Maßstab für die Sicherung nicht zu streng angelegt werden darf. Anderenfalls entstünde nämlich – und hier ist ein Rückbezug zu den oben benannten Kriterien möglich – eine unzumutbare Belastung für den Anlagenbetreiber.
Die Entscheidung ist von Relevanz für das Examen, da sie eine optimale Verknüpfung zwischen der Darstellung erlernten Wissens zur Verkehrssicherungspflicht überhaupt und der Möglichkeit zur Argumentation am konkreten Einzelfall bietet.
 

07.03.2014/0 Kommentare/von Maria Lohse
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Maria Lohse https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Maria Lohse2014-03-07 14:00:482014-03-07 14:00:48OLG Oldenburg: Zur Verkehrssicherungspflicht des Betreibers alter Schlossanlagen
Maria Lohse

OLG Oldenburg: Haftung des Treibjagdveranstalters aus Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht

Deliktsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Das OLG Oldenburg als Berufungsinstanz hat mit Urteil vom 05.12.2013 (Az.: 14 U 80/13) entschieden, dass der Veranstalter einer Treibjagd für Schäden haften muss, die infolge des Jagdgeschehens durch ausbrechende Nutztiere innerhalb des Jagdreviers entstehen, wenn vorher keine Mitteilung an Landwirte erfolgt ist, die ihre Nutztiere innerhalb des Jagdreviers halten.
Sachverhalt:
Im Dezember 2009 veranstalteten die Beklagten in dem von ihnen gepachteten Jagdrevier eine Treibjagd. Daran nahmen mehrere Jäger mit ihren Jagdhunden teil. Innerhalb des Jagdreviers befand sich das landwirtschaftliche Anwesen des Klägers. Er hielt innerhalb einer umzäunten Weide im Jagdrevier seine Rinder. Im Verlauf des Jagdgeschehens lief ein von einem Jagdgast geführter Hund auf die Rinderweide des Klägers. Die dort grasenden drei Rinder wurden dadurch in Panik versetzt und ergriffen die Flucht, wobei sie auch die Umzäunung durchbrachen. Die Weide lag in unmittelbarer Nähe zu mehreren vielbefahrenen öffentlichen Straßen. Nachdem der Kläger die Flucht der Tiere bemerkt hatte, die bis dahin mehrere Kilometer Wegstrecke gelaufen waren, versuchte er, sie wieder einzufangen. Dabei lief er neben einem der Rinder her und versuchte es durch Klopfen auf den Hals zum Laufen in Richtung der Weide zu bewegen. Wegen der bereits eingetretenen Dunkelheit stürzte der Kläger bei dem Versuch und zog sich dabei einen komplizierten Splitterbruch der rechten Hand zu.
Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz wegen der bei ihm eingetretenen Schäden.
Entscheidung:
Das OLG Oldenburg hat der Klage stattgegeben und die Sache zur Entscheidung über die Höhe des Schadensersatzanspruchs an das Landgericht Osnabrück zurück verwiesen.
Dem Kläger steht nach Ansicht des OLG ein Schadensersatzanspruch aus § 823 I BGB zu.
A. Haftungsbegründender Tatbestand
Im Rahmen des haftungsbegründenden Tatbestands war vor allem die Bestimmung eines pflichtwidrigen Handelns der Beklagten problematisch.
1. Rechtsgutsverletzung
Eine Verletzung des Eigentums des Klägers lag vor. Die in seinem Eigentum stehenden Rinder entliefen infolge des Jagdgeschehens. Das müsste jedoch auch kausal auf einem rechtswidrigen Verhalten der Beklagten beruht haben.
2. Handeln oder Unterlassen der Beklagten
Als relevantes Handeln kommt zunächst das Abhalten der Jagd selbst in Betracht. Ohne die Treibjagd im betreffenden Gebiet wären die Schäden beim Kläger nicht eingetreten. Allerdings waren die Veranstalter Pächter des betreffenden Jagdgebiets und somit Jagdausübungsberechtigte. Das Abhalten der Treibjagd an sich ist danach nicht als anknüpfungsfähiges Verhalten tauglich.
Nach Ansicht des Gerichts haben die Beklagten jedoch eine Verkehrssicherungspflicht verletzt.  Verkehrssicherungspflichten dienen dazu, die Haftung bei Unterlassungen zu begründen und bei mittelbaren Rechtsverletzungen zu beschränken. Sie setzen voraus, dass der Pflichtige verantwortlich ist für eine bestimmte Gefahrenquelle. Verkehrspflichten resultieren entweder aus einem erlaubten, aber gefahrträchtigen Verhalten des Pflichtigen oder aus dem Betrieb einer gefahrträchtigen Anlage sowie der Eröffnung einer Einrichtung für den öffentlichen Verkehr.
Es versteht sich von selbst, dass Verkehrssicherungspflichten nicht beliebig überall dort konstruiert werden können, wo eine Haftung auf anderer Grundlage mangels tauglichen Verhaltens, an das angeknüpft werden könnte, ausscheidet. Obgleich mit der Pflichtigkeit stets auch ein Vorteil des Pflichtigen korreliert – er zieht den wie auch immer ausgestalteten Nutzen aus der gefahrträchtigen Handlung oder Anlage – darf der Bogen gleichwohl nicht überspannt werden. Insofern darf die Auferlegung von Sicherungspflichten nicht willkürlich und unverhältnismäßig werden.
Der Inhalt der jeweiligen Pflicht hat sich dabei am konkreten Einzelfall zu orientieren. Abzustellen ist auf die Erwartung der beteiligten Verkehrskreise, wobei als Maßstab die schutzbedürftigste Personengruppe, die mit der Gefahrenquelle bestimmungsgemäß in Kontakt kommt, dienen soll. Für den speziellen Bereich der Jagd sind besondere Verhaltensanforderungen zum einen im BjagdG, zum anderen in den Unfallverhütungsvorschriften Jagd (UVV) normiert. Vorrangig aus diesen Regelungen können Verkehrssicherungspflichten des Jägers resultieren.
Bei Durchsicht der betreffenden Gesetze findet sich keine Vorschrift, die den Veranstalter einer Jagd zur vorherigen Unterrichtung der im Jagdgebiet ansässigen Landwirte verpflichtet. Das Gericht ist gleichwohl der Meinung, dass eine dahingehende Pflicht besteht. Dies ergebe sich aus der allgemeinen Pflicht des Organisators einer Jagd, für die Schadloshaltung Dritter durch jagdtypische Gefahren zu sorgen.
Dazu gehöre auch, dass er sich vor Beginn der Treibjagd darüber informiert, ob sich in dem zu durchjagenden Gebiet Nutztiere befinden und ggf. den Eigentümer derselben über die geplante Jagd zu informieren, sodass er entsprechende Vorkehrungen zum Schutz seines Eigentums treffen kann. Geschieht dies nicht, so habe der Veranstalter zumindest dafür Sorge zu tragen, dass mitgeführte Hunde an der Leine geführt werden und ein angemessener Abstand zu Weiden mit Nutztieren eingehalten wird. Dass eine dahin lautende Pflicht weder im BJagdG, noch in der UVV Jagd geregelt sei, sei unschädlich für deren Annahme im konkreten Fall. Die UVV Jagd sei hinsichtlich bestehender Verhaltenspflichten der angesprochenen Jäger keine abschließende Regelung. Darüber hinaus könnten vielmehr im Einzelfall weitere Verhaltensanforderungen zwingend aufzugeben sein.
3. Kausalität, Rechtswidrigkeit, Verschulden
Die verletzte Verkehrspflicht führte kausal zu den beim Kläger eingetretenen Rechtsverletzungen.
Die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht indiziert die Rechtswidrigkeit. Die Beklagten haben die Verkehrssicherungspflicht auch schuldhaft, nämlich jedenfalls fahrlässig, verletzt.
Der haftungsbegründende Tatbestand ist daher vorliegend erfüllt.
B. Haftungsausfüllender Tatbestand
Auch der haftungsausfüllende Tatbestand war nach Ansicht des Gerichts erfüllt.
Dazu ist erforderlich, dass die eingetretenen Schäden kausal auf der verursachten Rechtsverletzung beruhen und zudem ersatzfähig sind.
1. Kausaler, ersatzfähiger Schadens
a) Ein Schaden ist hier zunächst am Zaun des Klägers eingetreten, den die Rinder bei der Flucht beschädigt haben. Dieser Schaden steht in kausalem Zusammenhang mit der obigen Rechtsgutsverletzung.
b) Weiterhin ist ein Schaden am Körper des Klägers eingetreten. Dieser entstand bei dessen Versuch eines Einfangens der Rinder nach deren kausal verursachter Flucht. Dabei lief der Kläger neben einem der Rinder her und wollte das Tier durch Klopfen auf den Hals in Richtung Koppel treiben. Er stürzte und zog sich einen komplizierten Splitterbruch der rechten Hand zu.
Bei diesem Schaden kann fraglich sein, ob er kausal auf dem pflichtwidrigen Verhalten der Treibjagdveranstalter basiert, das darin bestand, die Verkehrssicherungspflicht zur vorherigen Information ansässiger Landwirte über die bevorstehende Treibjagd zu missachten. Dies erscheint zunächst fraglich, denn der Kläger selbst traf ja vorliegend die Entscheidung, die Tiere bei Dunkelheit wieder einfangen zu wollen und das auf die beschriebene Weise zu tun. Er könnte daher den Kausalverlauf durch ein eigenverantwortliches Dazwischentreten unterbrochen haben.
Nach Ansicht des OLG Oldenburg ist Kausalität jedoch gegeben. Der Kläger habe sich in Anbetracht der Situation angemessen verhalten. Aufgrund der Nähe zu mehreren vielbefahrenen Straßen sei trotz herannahender Abenddämmerung ein sofortiges Einfangen geboten gewesen.
Relevant ist in dem vorliegenden Fall die Herausforderungsproblematik im Schadensersatzrecht. Danach kann der Geschädigte vom Schädiger nach gefestigter Rechtsprechung Ersatz auch für solche Schäden verlangen, die dadurch entstanden sind, dass sich der Geschädigte durch das vorwerfbare Verhalten des Schädigers dazu herausgefordert fühlte, sich in eine Gefahrensituation zu begeben. Zumindest wenn die selbstgefährdende Reaktion auf einer mindestens im Ansatz billigenswerten Motivation beruhte, haftet der Schädiger für die daraus beim Geschädigten entstandenen Schäden.
So liegt der Fall hier: Das Gericht hielt die Reaktion des Klägers auf die Flucht der Tiere für angemessen und erforderlich. Er durfte sich dazu herausgefordert fühlen. Sein Verhalten in der konkreten Situation sei zwar gefährlich gewesen, aufgrund der gesamten Umstände sei es jedoch als letztes Mittel gerechtfertigt gewesen. Daher komme auch ein Mitverschulden des Klägers nach § 254 BGB nicht in Betracht. Der eingetretene Schaden sei ihm von den Beklagten vollumfänglich zu ersetzen.
2. Ergebnis
Der haftungsausfüllende Tatbestand ist vollumfänglich erfüllt. Der Kläger kann Schadensersatz für alle eingetretenen Schäden von den Beklagten verlangen.
Stellungnahme:
Die Entscheidung des OLG enthält einige Standardprobleme aus dem Schadensersatzrecht und besitzt daher Examensrelevanz.
Im Ergebnis ist sie insbesondere hinsichtlich der Konstruktion einer Verkehrssicherungspflicht der Jagdveranstalter problematisch. Wie dargestellt existieren spezielle Regelungen im Bereich der Jagd, welche Pflichten des Jägers begründen. Der Schluss des Gerichts, dass die hier geregelten Verhaltensanforderungen nicht abschließend gemeint seien, ist keineswegs zwingend. Insofern könnte hier durchaus von einer Überdehnung der grundsätzlich zulässigen Konstruktion von Verkehrssicherungspflichten gesprochen werden.
Diese Einschätzung wäre jedoch etwas vorschnell. Zu beachten ist nämlich, dass sich die festgestellte Verkehrssicherungspflicht nicht unbedingt aus einer ergebnisorientierten Perspektive des Gerichts ergeben muss, sondern dogmatisch sauberer ebenso gut aus einer Gesamtschau der relevanten Normen aus BjagdG und der UVV Jagd konstruiert werden können: Der Schutzzweck beider Regelwerke ist deutlich darauf gerichtet, den Eintritt jagdtypischer Schäden auch bei unbeteiligten Dritten zu verhindern. Aus diesem erkennbaren Gesetzeszweck ergibt sich bereits zwanglos auch das Streben nach möglicher Verhinderung von Gefahrensituationen im Vorhinein anstelle einer Kompensation im Nachhinein. Informationspflichten sind dabei ein geradezu typisches Instrument präventiver Gegensteuerung im Zivilrecht. Aus dieser Überlegung heraus ist auch der Schritt zu der hier konkret geforderten Information der Landwirte nicht mehr weit, gerade weil für die Annahme von Verkehrssicherungspflichten ja anerkannt ist, dass sie sich am konkret zur Beurteilung stehenden Fall zu orientieren habe.
Diesen Erwägungen entsprechend ist der Bejahung einer solchen Verkehrssicherungspflicht im vorliegenden Fall mE zuzustimmen.
 
 

17.01.2014/4 Kommentare/von Maria Lohse
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