• Suche
  • Lerntipps
    • Examensvorbereitung
    • Fallbearbeitung und Methodik
    • Für die ersten Semester
    • Mündliche Prüfung
  • Examensreport
    • 2. Staatsexamen
    • Baden-Württemberg
    • Bayern
    • Berlin
    • Brandenburg
    • Bremen
    • Hamburg
    • Hessen
    • Lösungsskizzen
    • Mecklenburg-Vorpommern
    • Niedersachsen
    • Nordrhein-Westfalen
    • Rheinland-Pfalz
    • Saarland
    • Sachsen
    • Sachsen-Anhalt
    • Schleswig-Holstein
    • Thüringen
    • Zusammenfassung Examensreport
  • Interviewreihe
    • Alle Interviews
  • Rechtsgebiete
    • Strafrecht
      • Klassiker des BGHSt und RGSt
      • StPO
      • Strafrecht AT
      • Strafrecht BT
    • Zivilrecht
      • AGB-Recht
      • Arbeitsrecht
      • Arztrecht
      • Bereicherungsrecht
      • BGB AT
      • BGH-Klassiker
      • Deliktsrecht
      • Erbrecht
      • Familienrecht
      • Gesellschaftsrecht
      • Handelsrecht
      • Insolvenzrecht
      • IPR
      • Kaufrecht
      • Kreditsicherung
      • Mietrecht
      • Reiserecht
      • Sachenrecht
      • Schuldrecht
      • Verbraucherschutzrecht
      • Werkvertragsrecht
      • ZPO
    • Öffentliches Recht
      • BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker
      • Baurecht
      • Europarecht
      • Europarecht Klassiker
      • Kommunalrecht
      • Polizei- und Ordnungsrecht
      • Staatshaftung
      • Verfassungsrecht
      • Versammlungsrecht
      • Verwaltungsrecht
      • Völkerrrecht
  • Rechtsprechungsübersicht
    • Strafrecht
    • Zivilrecht
    • Öffentliches Recht
  • Karteikarten
    • Strafrecht
    • Zivilrecht
    • Öffentliches Recht
  • Suche
  • Menü Menü
Du bist hier: Startseite1 > Nichteheliche Lebensgemeinschaft

Schlagwortarchiv für: Nichteheliche Lebensgemeinschaft

Tobias Vogt

BGH: Rückforderungsanspruch der schenkenden „Schwiegereltern“ auch bei Ende nichtehelicher Lebensgemeinschaft

Bereicherungsrecht, BGB AT, Examensvorbereitung, Familienrecht, Lerntipps, Rechtsprechung, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht

In der examensrelevanten Entscheidung  vom 18.06.2019 (Az.: X ZR 107/16) sprach der BGH den „Schwiegereltern“ einen Anspruch auf Rückzahlung eines geschenkten Geldbetrages gegen den Ex-Freund ihrer Tochter nach der Trennung des Paars zu.  Der X. Zivilsenat hat damit die BGH-Rspr. zu Rückforderungsansprüchen bei Schwiegerelternschenkungen nach Scheitern einer Ehe auf nichteheliche Lebensgemeinschaften übertragen. Zudem äußerten sich die obersten Richter in einem „obiter dictum“ zu der Frage der anteiligen Kürzung des Rückforderungsanspruchs – unter Abweichung von der Ansicht der Vorinstanz.
I. Sachverhalt
Der Beklagte lebte seit dem Jahr 2002 in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin kaufte er im Jahr 2011 eine Immobilie zum gemeinsamen wohnen. Die Eltern der ehemaligen Lebensgefährtin des Beklagten wandten ihrer Tochter und ihm Geldbeträge in Höhe von insgesamt über 100.000 Euro zur Finanzierung des Eigenheims zu. Nur knapp 2 Jahre nach dieser Zuwendung trennte sich das Paar endgültig. Infolgedessen forderten Die Eltern  die Hälfte des Betrags von dem ehemaligen Lebensgefährten ihrer Tochter zurück.
II. Rückforderungsanspruch gemäß §§ 516 I, 313 III, 346 I BGB
Die Zuwendung des Geldbetrags erfolgte ohne dass eine Gegenleistung geschuldet wurde. Die Geldhingabe führte zu einer Bereicherung des Beklagten und einer dauerhaften Vermögensminderung der „Schwiegereltern“. Die Voraussetzungen einer Schenkung liegen daher vor. Auch auf Schenkungsverträge sind die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB anwendbar. Zwar bestehen im Schenkungsrecht spezielle Anspruchsgrundlagen für eine Rückforderung wegen Nichterfüllung einer Auflage (§ 527 BGB), Verarmung (§ 528 BGB) und groben Undanks (§ 530 BGB) vorgesehen. Diese sperren jedoch nicht den Rückgriff auf § 313 BGB. Vielmehr ist anerkannt, dass das allgemeine Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage anwendbar ist, soweit der Sachverhalt außerhalb des Bereichs der speziellen Herausgabeansprüche des Schenkungsrechts liegt (so schon BGH, Urteil vom 03.02.2010 – XII ZR 189/06). Liegen die Voraussetzungen des § 313 III BGB vor, so kann der Schenker nach §§ 516 I, 313 III, 346 I BGB Rückgabe verlangen.
III. Wegfall der Geschäftsgrundlage durch Trennung schon nach kurzer Zeit
Geschäftsgrundlage sind die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien sowie die der einen Vertragspartei erkennbaren und von ihr nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut. Die Schenkung eines Grundstücks oder eines Geldbetrags zum Erwerb eines Grundstücks von Seiten der Schwiegereltern erfolge typischerweise in der Erwartung, die Immobilie werde von den Beschenkten jedenfalls für einige Dauer gemeinsam genutzt. Zwar sei nicht davon auszugehen, dass von einem gemeinsamen Bewohnen bis zum Tod eines der Partner ausgegangen werde, jedoch dass die Immobilie für eine nicht nur kurzfristige Zeit als räumliche Grundlage des Paares diene. Dies sei für den Beschenkten Lebenspartner auch erkennbar gewesen. Die Trennung bereits nach weniger als zwei Jahren begründet daher den Wegfall der Geschäftsgrundlage „Fortbestand der Lebensgemeinschaft nicht lediglich für kurze Zeit“.
IV. Unzumutbarkeit für Schenker
Der Wegfall der Geschäftsgrundlage allein rechtfertigt jedoch noch nicht zum Rücktritt nach § 313 III BGB. Vielmehr muss dem Zuwendenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar sein. Es bedarf einer umfassenden Interessenabwägung, wobei die zur Schweigerelternschenkung herangezogenen Kriterien wie die Beziehungsdauer, die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien, der Umfang der noch vorhandenen Vermögensmehrung und die Frage, inwieweit der mit der Schenkung erfolgte Zweck erreicht wurde, heranzuziehen sind. Denn die Interessenlage bei einer Schenkung von „Schwiegereltern“ an Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist vergleichbar mit derjenigen bei echten Schwiegerelternschenkungen vergleichbar. Anhand dieser Kriterien erachtete der BGH das Festhalten am unveränderten Vertrag als unzumutbar. Nach der Systematik des § 313 BGB ist zwar vorrangig eine Vertragsanpassung nach § 313 I BGB vorgesehen. Da aber auch eine Vertragsanpassung den „Schwiegereltern“ nicht zugemutet werden kann, besteht das Rücktrittsrecht nach § 313 III BGB.  In einer Klausur sollte um Systemverständnis zu zeigen hier sauber geprüft und auf die verschärften Anforderungen des § 313 III BGB gegenüber § 313 I BGB eingegangen werden.
V. Keine anteilige Kürzung
Insbesondere besteht der Rückforderungsanspruch in voller Höhe und nicht nur anteilig. Die Vorinstanz OLG Brandenburg (Urteil vom 26.10.2016 – 4 U 159/15) hatte noch den Anspruch anteilig gekürzt mit der Begründung, durch den Zeitraum, in dem die Tochter das Grundstück bewohnte, sei der Zweck der Schenkung teilweise erreicht. Diesen Ansatz teilte der BGH jedoch nicht. Denn es liege fern, dass die schenkenden „Schwiegereltern“ die Höhe des Geschenks um eine bestimmte Quote gemindert hätten, wenn sie die tatsächliche, nur kurze Dauer der Lebensgemeinschaft vorausgesehen hätten. Stattdessen hätten sie gar keinen Geldbetrag geschenkt. Somit ist auch der volle Betrag zurückzuzahlen.
VI. Fazit
Auch im Falle einer bloßen Lebensgemeinschaft statt einer Ehe kann eine Schenkung der „Schwiegereltern“ also nach §§ 516 I, 313 III, 346 I BGB zurückgefordert werden, wenn sie wie im Falle der Schenkung einer Immobilie oder eines Geldbetrages zum Erwerb einer Immobilie erkennbar auf der Vorstellung beruht, die Lebensgemeinschaft werde zwar ggf. nicht ewig, jedoch für eine nicht nur kurze Zeit fortbestehen, diese tatsächlich aber bereits nach kurzer Zeit endet. Regelmäßig ist dann ein festhalten am Schenkungsvertrag nicht zumutbar.
In solchen Konstellationen kann auch eine Kondiktion wegen Zweckverfehlung nach § 812 I 2 Alt. 2 BGB in Betracht kommen und sollte daher in einer Klausur jedenfalls kurz angesprochen werden. Denn nach der Rspr. ist die „condictio ob rem“ neben § 313 BGB anwendbar (nach einer verbreiteten Literaturansicht jedoch von dem spezielleren § 313 BGB verdrängt). In der Regel scheitert ein solcher Anspruch aber an einer fehlenden Zweckabrede iSd. § 812 I 2 Alt. 2 BGB. Denn anders als im Rahmen des § 313 BGB reicht hier keine Erkennbarkeit des Zwecks. Erforderlich für eine Zweckabrede ist positive Kenntnis des Vertragspartners (BGH, Urteil vom 03.02.2010 – XII ZR 189/06).
 
 
 

09.07.2019/0 Kommentare/von Tobias Vogt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tobias Vogt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tobias Vogt2019-07-09 08:52:272019-07-09 08:52:27BGH: Rückforderungsanspruch der schenkenden „Schwiegereltern“ auch bei Ende nichtehelicher Lebensgemeinschaft
Dr. Yannik Beden, M.A.

BVerfG: Verfassungswidrigkeit des vollständigen Ausschlusses der Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien

Examensvorbereitung, Lerntipps, Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht

Das Bundesverfassungsgericht ebnet den Weg zur Stärkung nichtehelicher Familien: Mit Beschluss v. 26.3.2019 – 1 BvR 673/17 äußert sich der Erste Senat grundlegend zur Stiefkindadoption innerhalb nichtehelicher Lebensgemeinschaften und erklärt die bis dato geltende Rechtslage, der zufolge der Stiefelternteil in nichtehelichen Familien die leiblichen Kinder des anderen Elternteils nicht adoptieren kann, ohne dass die Verwandtschaft der Kinder zu diesem erlischt, für verfassungswidrig. Im Zentrum des Beschlusses steht dabei die Unvereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, da laut Gericht Kinder in nichtehelichen Familien mit Stiefelternteil ungerechtfertigt ungleich behandelt würden gegenüber Kindern, deren Stiefeltern verheiratet sind. Die Entscheidung betrifft damit ganz wesentliche Grundrechtsproblematiken, die – insbesondere aufgrund ihrer Aktualität und medialen Präsenz – mit hoher Wahrscheinlichkeit in universitären Klausuren und Examensprüfungen künftig aufzufinden sein werden. Ein vertiefter Blick in den Beschluss der Karlsruher Richter ist bereits deshalb dringend notwendig:
I. Der Sachverhalt (Beschluss entnommen, leicht angepasst)
Die Beschwerdeführerin A ist die leibliche Mutter der zum Zeitpunkt der Erhebung der Verfassungsbeschwerde minderjährigen Beschwerdeführer X und Y. Der mit der Mutter verheiratete leibliche Vater der Kinder verstarb im Jahr 2006. Seit 2007 leben die Beschwerdeführerin A und der Beschwerdeführer B in nichtehelicher Lebensgemeinschaft. Sie haben nach eigenen Angaben davon abgesehen, die Ehe zu schließen, weil die Beschwerdeführerin A eine Witwenrente bezieht, die sie als einen wesentlichen Teil ihrer Existenzgrundlage betrachtet und die sie durch die Wiederverheiratung verlöre. Die beiden haben einen gemeinsamen, im Jahr 2009 geborenen Sohn. Im Oktober 2013 wurde der Antrag der Beschwerdeführer A und B auf Ausspruch der Annahme der Kinder X und Y als gemeinschaftliche Kinder notariell beurkundet.
Das Amtsgericht wies den Antrag auf Ausspruch der Annahme zurück. Eine unverheiratete Person könne ein Kind nur allein annehmen. Eine Adoption dergestalt, dass die Anzunehmenden die Stellung gemeinschaftlicher Kinder der Beschwerdeführer A und B erlangten, sei nach derzeitiger Gesetzeslage nicht möglich. Diese gesetzliche Regelung sei auch nicht verfassungswidrig. Es solle sichergestellt sein, dass das Kind durch die Adoption in stabile Verhältnisse mit dauerhaften Bezugspersonen gelange.
Das Oberlandesgericht wies die Beschwerde der Beschwerdeführer A und B gegen den Beschluss des Amtsgerichts zurück und ließ die Rechtsbeschwerde zu. Der Bundesgerichtshof wies die Rechtsbeschwerde zurück. Die beantragte Adoption sei nach geltendem Recht nicht möglich. Die eindeutigen Regelungen der § 1741 Abs. 2 S. 1 bis 3, § 1754 Abs. 1 und Abs. 2 und § 1755 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB ließen eine teleologische Reduktion nicht zu.
Die Beschwerdeführer rügen, durch die angegriffenen Entscheidungen und die zugrunde liegenden Normen in verschiedenen Grundrechten verletzt zu sein. Die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Adoption verletzten die Rechte der Beschwerdeführer X und Y aus Art. 3 Abs. 1 GG. Insbesondere würden sie gegenüber Kindern ungleich behandelt, deren Stiefeltern verheiratet sind, weil ihnen die Möglichkeit versagt werde, mit dem Beschwerdeführer B, ihrem „gefühlten Vater“, einen mit den Rechten und Pflichten eines rechtlichen Vaters ausgestatteten Vater zu erhalten. Im konkreten Fall entstehe auch ein Benachteiligungsgefühl gegenüber dem gemeinsamen Sohn der Beschwerdeführer A und B. Der als legitim anzusehende Zweck, adoptierten Kindern stabile Familienverhältnisse zu schaffen, erfordere es in Fällen wie ihrem nicht, die Adoption auszuschließen, da Jugendamt und Familiengericht ohnehin eine sorgfältige Prüfung des Adoptionsantrags durchführen müssten.
II. Derzeitige Zivilrechtslage
Nach der bislang gültigen Zivilrechtslage ist eine Adoption eines Stiefkindes dergestalt, dass diese zur gemeinsamen Elternschaft von leiblichen Elternteil und Stiefelternteil führt, nur möglich, wenn der Stiefelternteil mit dem rechtlichen bzw. leiblichen Elternteil verheiratet ist. Hingegen ist es dem Stiefelternteil in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht möglich, das Stiefkind zu adoptieren, ohne dass damit gleichzeitig das Verwandtschaftsverhältnis dieses Kindes zu seinem rechtlichen Elternteil erlischt, §§ 1754 Abs. 1, 2, 1755 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB. In der nichtehelichen Familie bestehen in zivilrechtlicher Hinsicht auch ansonsten keine gesonderten Rechtsbeziehungen zwischen dem nicht verheirateten Stiefelternteil und dem Kind des rechtlichen (leiblichen) Elternteils. Faktisch führt die derzeitige Rechtslage zu einem Ausschluss der Adoptionsmöglichkeit des Stiefelternteils in der nichtehelichen Familiengemeinschaft, da es naturgemäß weder im Interesse des Stiefelternteils, noch des leiblichen Elternteils liegt, dass das Kind aufgrund einer Adoption nur noch den Stiefelternteil als rechtlich anerkannten Elternteil hat. Vielmehr entspricht es regelmäßig auch in der nichtehelichen Familiengemeinschaft dem Interesse beider Elternteile, – und ggf. auch demjenigen des Kindes – eine gemeinsame Elternschaft rechtsverbindlich innezuhaben. Zu denken ist hierbei insbesondere an Fallgestaltungen, in denen neben dem Stiefkind auch weitere Kinder Teil der Familiengemeinschaft sind, bei denen eine gemeinsame Elternschaft besteht. In einem der Entscheidung des BVerfG vorangegangenen Beschluss des BGH ging dieser davon aus, dass eine großzügigere Auslegung der zivilrechtlichen Normen nicht möglich ist. Die eindeutigen Regelungen der § 1741 Abs. 2 S. 1 bis 3, § 1754 Abs. 1 und Abs. 2 und § 1755 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB ließen insbesondere eine teleologische Reduktion nicht zu (BGH Beschl. v. 8.2.2017 – XII ZB 586/15, NJW 2017, 1672, 1673). 
III. Faktischer Ausschluss des Adoptionsrechts mit Art. 3 I GG unvereinbar
Das BVerfG stellt zunächst fest, dass für die Beantwortung der Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Differenzierung zwischen nichtehelicher und ehelicher Familiengemeinschaft mit Stiefelternteil ein strenger Prüfungsmaßstab anzuwenden ist, der über das bloße Willkürverbot hinausgeht. Mit anderen Worten: Das Gericht wendet nicht die sog. Willkürformel, sondern die „neue Formel“ an. Die Adoption betrifft die Persönlichkeitsentfaltung des Kindes und damit einen wesentlichen Teil seiner grundrechtlichen Positionen. Die zivilrechtliche Ungleichbehandlung zwischen ehelichen und nichtehelichen Familiengemeinschaften genügen – so das vorweggenommene Ergebnis der richterlichen Würdigung – den strengen Rechtfertigungsanforderungen im Rahmen von Art. 3 I GG nicht. Nach Auffassung des BVerfG mag es zwar ein legitimer Zweck sein, verhindern zu wollen, dass ein Kind unter unzulänglichen familiären Beziehungen aufwachsen muss. Dieses Ziel werde jedoch mit Blick auf die Situation des Stiefkindes nicht durch den Adoptionsausschluss erreicht. Gleichermaßen sei es ein legitimer Zweck, die Stiefkindadoption nur in Stabilität versprechenden Lebensgemeinschaften zuzulassen, um zu verhindern, dass ein Kind vom Stiefelternteil adoptiert wird, obwohl dessen Beziehung zum rechtlichen Elternteil keine längere Bestandsaussicht hat; der vollständige Ausschluss der Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien sei jedoch kein angemessenes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks. Zuletzt sei auch die zivilrechtliche Differenzierung nicht durch die in Art. 6 Abs. 1 GG zugunsten der Ehe enthaltene Wertentscheidung gerechtfertigt.
Wesentlich sind vor allem die Überlegungen des BVerfG zum Erforderlichkeitsgrundsatz innerhalb der Verhältnismäßigkeitsprüfung, da das Gericht der derzeitigen Differenzierung vor allem überschießende Wirkung attestiert. Milderes Mittel sei etwa eine auf den Fortbestand der Paarbeziehung der Eltern gerichtete Stabilitätsprognose, sofern der Gesetzgeber die Unterscheidung zwischen ehelicher und nichtehelicher Familiengemeinschaft aufrechterhalten will:

„Ein milderes Mittel bestünde hier darin, die Stiefkindadoption auch in nichtehelichen Stiefkindfamilien zu ermöglichen, wenn die Beziehung der Eltern Stabilität verspricht. Nach der derzeitigen Rechtslage trifft der Ausschluss der Stiefkindadoption alle nichtehelichen Stiefkindfamilien, mithin auch jene, in denen die Eltern in stabiler nichtehelicher Partnerschaft leben und diese Stabilität auch zukünftig erwartet werden darf. Gemessen an der Zwecksetzung der Differenzierung gibt es in diesen Fällen keinen Grund, die Stiefkindadoption zu verhindern. Die Regelung hat insofern überschießende Wirkung. Wie die zumeist jüngeren Regelungen anderer Rechtsordnungen zeigen, bestehen demgegenüber verschiedene zielgenauere Möglichkeiten, die Stiefkindadoption für Stabilität versprechende nichteheliche Stiefkindfamilien zu öffnen.
Der Gesetzgeber könnte eine Regelung treffen, nach der die zu erwartende Stabilität nichtehelicher Paarbeziehungen im Einzelfall geprüft werden muss. Dieser Weg wurde in einigen anderen Rechtsordnungen gewählt […] Für die Prüfung der Stabilitätsaussichten einer nichtehelichen Partnerschaft können zur Verbesserung der Vorhersehbarkeit zusätzlich oder alternativ konkrete Stabilitätsindikatoren vorgegeben werden. Insbesondere könnte eine konkret bezifferte Mindestdauer der Beziehung oder des Zusammenlebens mit der anderen Person, dem Kind oder beiden verlangt werden.“

Naturgemäß wäre mit einer derartigen einzelfallbezogenen Stabilitätsprüfung ein deutlich erhöhter Aufwand seitens der staatlichen Einrichtungen verbunden. Das – so das BVerfG – ändere jedoch an der Unverhältnismäßigkeit der derzeitigen Regelung nichts:

„Dass es einen gesteigerten Aufwand bedeutet, die Adoptionsvoraussetzungen auch in nichtehelichen Stiefkindfamilien zu prüfen anstatt entsprechende Anträge – wie bisher – unter Verweis auf das geltende Recht kategorisch abzulehnen, kann die Benachteiligung der betroffenen Kinder nicht rechtfertigen, zumal bei einer Adoption ohnehin immer eine Einzelfallprüfung erfolgt.“

IV. Zudem: Keine Rechtfertigung durch Schutz- und Fördergebot der Ehe – Art. 6 Abs. 1 GG
Art. 6 Abs. 1 GG stellt die Institute der Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen (Verfassungs-)Ordnung. Bestandteil dieses Schutzes sind zum einen ein Beeinträchtigungsverbot, zum anderen aber auch ein Förderungsgebot. Dem Gesetzgeber ist es vor diesem Hintergrund grundsätzlich nicht verwehrt, die Ehe und ihre Lebensbereiche gegenüber anderen Lebensformen zu begünstigen (vgl. hierzu bereits BVerfGE 124, 199, 225). Zu denken ist etwa an Begünstigungen im Bereich des Unterhalts, der Versorgung oder im Steuerrecht. Allerdings gilt das Förderungsgebot nicht uneingeschränkt: Stellt eine Förderung der Ehe gleichzeitig eine Benachteiligung anderer Lebensformen dar, obgleich der in Rede stehende Lebenssachverhalt und der mit der gesetzlichen Regelung verfolgte Zweck vergleichbar sind, rechtfertigt der bloße Verweis auf das Schutzgebot der Ehe die Differenzierung nicht ohne Weiteres. Es bedarf dann vielmehr eines Differenzierungsgrundes. Einen solchen erkennt das BVerfG für die Adoption des Stiefkindes in ehelichen und nichtehelichen Familien nicht. Ausdrücklich heißt es:

„Die angegriffene Regelung benachteiligt insofern eine vergleichbare Lebensform, als sie Stiefkindern in nichtehelichen Familien, auch wenn diese tatsächlich ebenso stabil sind wie eheliche Familien, eine Adoption durch den Stiefelternteil strikt vorenthält. Für den Ausschluss der Stiefkindadoption in nichtehelichen Stiefkindfamilien besteht gemessen an Regelungsgegenstand und Regelungsziel kein hinreichend gewichtiger Sachgrund.“

Damit steht fest, dass auch das Schutz- und Förderungsgebot aus Art. 6 Abs. 1 GG die zugunsten der Ehe enthaltene Wertentscheidung der § 1741 Abs. 2 S. 1 bis 3, § 1754 Abs. 1 und Abs. 2 und § 1755 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB nicht rechtfertigt, mithin ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt. Das Verfassungsgericht gab schlussendlich dem Gesetzgeber auf, bis zum 31.3.2020 eine Neuregelung zu treffen, die dann die Grundrechtspositionen der nichtehelichen Stiefkindfamilien berücksichtigen.   
V. Kurze Zusammenfassung der Kernpunkte
Nach der Entscheidung des BVerfG ist verstößt der faktische Ausschluss des Adoptionsrechts in nichtehelichen Familien mit Stiefkind gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Anzuwenden ist ein strenger Prüfungsmaßstab, der über das Willkürverbot hinausgeht („neue Formel“). Zwar ist die Beschränkung der Möglichkeit zur Adoption eines Stiefkinds auf stabile Lebensgemeinschaften legitim – eine solche kann es in nichtehelichen Familiengemeinschaften aber ebenso geben wie in der ehelichen Lebensform. Ein vollständiger Ausschluss ist deshalb unverhältnismäßig. Möglich ist nach Auffassung des BVerfG hingegen eine Regelung, die eine Einzelfallprüfung bei nichtehelichen Familiengemeinschaften vorsieht. Das Ergebnis wäre eine „Stabilitätsprognose“, innerhalb derer der Gesetzgeber nicht gehindert wäre, an nichteheliche Lebensgemeinschaften solche Stabilitätserwartungen zu stellen, wie sie Ehen berechtigterweise entgegengebracht werden dürfen. Zuletzt rechtfertigt auch das Schutz- und Förderungsgebot der Ehe aus Art. 6 Abs. 1 GG nicht die derzeitige Benachteiligung der nichtehelichen Stiefkindfamilien. Summa summarum stärkt das BVerfG also die Rechtspositionen der nichtehelichen Familie als weitere, mittlerweile wohl sicherlich gesellschaftlich anerkannte Lebensform. Recht und Wirklichkeit befinden sich damit im Weg aufeinander zu.
 
Juraexamen.info auch auf Facebook und Instagram:
Facebook: juraexamen.info
Instagram: @juraexamen.info

13.05.2019/1 Kommentar/von Dr. Yannik Beden, M.A.
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Yannik Beden, M.A. https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Yannik Beden, M.A.2019-05-13 09:30:192019-05-13 09:30:19BVerfG: Verfassungswidrigkeit des vollständigen Ausschlusses der Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien
Gastautor

Jur:Next Urteil: Ausgleichsansprüche innerhalb der nichtehelichen Lebensgemeinschaft?

Familienrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Der nachfolgende Beitrag stammt aus der Kooperation mit Jur:Next und behandelt ein examensrelevantes Urteil des Bundesgerichtshofs, das sich mit Ausgleichansprüchen bei der Trennung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft befasst.
BGH Urteil vom 4. März 2015 – XII ZR 46/13: Ausgleichsansprüche innerhalb der nichtehelichen Lebensgemeinschaft (neLG), erbrachte Leistungen in der Immobilie der Eltern der Lebenspartnerin
Fundstelle: Entscheidungsdatenbank des BGH (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/list.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=5b4d57c35a5f0c0325d1418e08cfeb72)
 
Problemaufriss
Momentan häufen sich beim BGH Urteile zu zwar altbekannten, aber doch sehr examensrelevanten Bereichen: Zum einen gibt es ein aktuelles Urteil zum Thema Ausgleichsansprüche von Eltern gegenüber Schwiegerkindern bei einer Schenkung im Falle der Scheidung (BGH vom 3. Dezember 2014 – XII ZB181/13). Zum anderen beschäftigt sich der BGH mit der Frage, ob nach der Trennung einer neLG Ausgleichsansprüche gegen die Eltern der Partnerin/des Partners bestehen, wenn in deren Immobilie Leistungen erbracht werden.
Das hier behandelte Urteil des BGH stellt die Frage in den Mittelpunkt, ob jemand von den Eltern der ehemaligen Lebenspartnerin einer neLG Ausgleich verlangen kann, wenn er in deren Immobilie Arbeits- und Sachleistungen erbracht hat mit dem Zweck, selbst mit seiner Familie dort kostenfrei zu wohnen. Eine sicher in der Praxis sehr häufige Konstellation!
Relevant wird dabei, ob ein Vertrag zwischen den Parteien besteht und damit ein Ausgleich nach § 313 BGB in Frage kommt oder ob ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nach §§ 812 ff. BGB besteht. Insbesondere das Thema „Kooperationsvertrag“ zwischen Freund der Tochter und Eltern wird vom Gericht eingehend geprüft und ist sicher eine nicht jedem Examenskandidaten geläufige Problematik.
Leitsatz:
„Erbringt jemand nicht unerhebliche Arbeits- und Materialleistungen in einer von ihm und seiner, mit ihm nicht verheirateten Partnerin bewohnten, im Eigentum ihrer Eltern stehenden Immobilie, zu dem Zweck, sich und seiner Familie dort langfristig ein Unterkommen zu sichern, kann nicht ohne Weiteres von dem Abschluss eines Kooperationsvertrages zwischen ihm und den Eltern ausgegangen werden.“
Interessant und damit examensrelevant macht diese Entscheidung, dass das Gericht lehrbuchhaft die einzelnen vertraglichen Ansprüche (§ 313 BGB aus Leihvertrag oder einem sog. „Kooperationsvertrag“) sowie Ansprüche aus §§ 812 ff. BGB prüft. Im Ergebnis kommt das Gericht dazu, dass im vorliegenden Fall keine Ausgleichsansprüche bestehen, obwohl der ehemalige Freund der Tochter erhebliche Arbeits- und Sachleistungen in der Immobilie der Eltern erbracht hat. Der BGH hat die Revision des Klägers daher zurück gewiesen.
Sachverhalt
Streitgegenstand sind Ausgleichsansprüche des Klägers gegenüber den Eltern seiner ehemaligen Lebensgefährtin für erbrachte Arbeits- und Materialleistungen sowie übernommene Darlehensraten.
Der Kläger macht gegen die Beklagten, die Eltern seiner ehemaligen Lebensgefährtin, Ausgleichsansprüche wegen Investitionen in deren Immobilie geltend. Der Kläger lebte mit der Tochter der Beklagten bis März 2010 in einer neLG, aus der ein Kind entstanden ist.
Die Beklagten sind Eigentümer eines Hausanwesens. Um die Wohnsituation der Familie zu verbessern, wurde dieses Haus um- und ausgebaut. Zur Finanzierung nahmen die Beklagten einen Kredit von 50.000 € auf. Von September 2008 bis September 2009 trug der Kläger die monatliche Rate von 158 €.
Nach der Trennung zog der Kläger aus der Wohnung aus. Seine ehemalige Freundin und das gemeinsame Kind blieben weiter dort wohnen. Der Kläger hat insgesamt 25.000 € eingeklagt.
Die Klage begründet er damit, dass er in Abstimmung mit den Beklagten das Haus umgebaut habe. Er habe insgesamt 2.168 Arbeitsstunden geleistet, 3.099,47 € für Material bezahlt und über ein Jahr die Darlehensrate bezahlt.
Durch seine Leistungen hätte die Immobilie eine Wertsteigerung von 90.000 € erfahren.
Das LG hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten hin abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger – im Ergebnis erfolglos – mit seiner Revision.
Entscheidung des Gerichts
Das Gericht weist die zulässige Revision als unbegründet zurück, weil der Kläger keinen Anspruch auf Ausgleich hat.
Das Gericht unterteilt seine Begründung – vorbildlich wie in einer Examensklausur – nach den verschiedenen erbrachten Leistungen des Klägers: Arbeitsleistung, Materialkosten und Darlehenstilgung.
I. Wegen der erbrachten Arbeitsleistung hat der Kläger weder einen vertraglichen Anspruch noch einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung.
1. Zwischen den Parteien bestehen nach Ansicht des BGH keine Ansprüche auf Vertragsanpassung nach § 313 BGB.
a) Ein sogenannter „Kooperationsvertrag“ ist zwischen den Eltern als Eigentümer und dem Freund der Tochter nicht zustande gekommen. Arbeitsleistungen sind keine Zuwendungen, da dadurch keine Vermögenswerte übertragen werden. Nach der Rechtsprechung des BGH sind Arbeitsleistungen rein wirtschaftlich betrachtet ebenso eine geldwerte Leistung und können daher zu Ausgleichsansprüchen führen.
Hierzu müsste eine zumindest stillschweigende Übereinkunft zwischen den Parteien vorliegen, dass die Leistungen zur Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft erbracht werden und darin ihre Geschäftsgrundlage haben. Davon ist insbesondere auszugehen, wenn die Leistungen über eine bloße Gefälligkeit hinaus gehen oder einen messbaren Vermögenszuwachs beim anderen Teil herbeiführen.
Hier fehlt es an einer solchen Übereinkunft, auch wenn die Arbeitsleistungen des Klägers über eine reine Gefälligkeit hinausgehen und der Wert der Immobilie dadurch gesteigert wurde. Denn bei den Parteien handelt es sich gerade nicht um Partner einer neLG, sondern um Eltern und den Freund der Tochter. Rein begrifflich können die Arbeitsleistungen daher nicht der Ausgestaltung einer (zwischen den Parteien bestehenden) Lebensgemeinschaft dienen. Der Kläger hat die Arbeitsleistungen erbracht, um die Wohnverhältnisse für sich und seine Familie zu verbessern.
b) Das Berufungsgericht hat zwischen den Parteien einen Leihvertrag über die Immobilie angenommen. Zwischen den Parteien war nicht nur ein bloßes Gefälligkeitsverhältnis gewollt, sondern ein rechtlich verbindliches Leihverhältnis; der Kläger wollte auf Dauer und fest die Immobilie mit seiner Familie bewohnen. Dieser Leihvertrag führt aber nicht zu Ausgleichsansprüchen nach § 313 BGB.
Zum einen ist die Anpassung des Leihvertrages nicht Streitgegenstand, die Klage ist gerichtet auf Zahlung. Der Leihvertrag enthält aber im Gegenzug keine Verpflichtung des Klägers, Leistungen zu erbringen. Inhalt des Leihvertrages ist nur, dass der Kläger mit seiner Familie die Immobilie unentgeltlich nutzen kann.
2) Aus dem Leihvertrag besteht auch kein Anspruch auf Verwendungsersatz nach § 601 Abs. 2 Satz 1 BGB. Der Verwendungsersatz richtet sich nach den Regeln der GoA. Der Anspruch ist hier nach den getroffenen Feststellungen nach § 685 Abs. 1 BGB ausgeschlossen, da der Kläger als Geschäftsführer im Zeitpunkt der Bauausführung nicht die Absicht hatte, von dem Geschäftsherren Ersatz zu verlangen.
3) Auch scheiden Ansprüche des Klägers aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 BGB aus.
a) Eine condictio ob causam finitam nach § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB scheidet aus, da das Leihverhältnis als Rechtsgrund nicht weggefallen ist. Allein der Auszug des Klägers reicht dafür nicht aus.
b) Ebenso wenig kommt eine condictio ob rem in Frage nach § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB. Zwischen den Parteien besteht zwar eine Zweckabrede. Der Kläger errichtet für seine Familie die Wohnung und kann dafür im Gegenzug selbst mit seiner Familie auf Dauer dort mietfrei wohnen. Dieser bezweckte Erfolg ist durch den Auszug des Klägers zumindest nicht vollständig eingetreten.
Die Beklagten sind jedoch nicht bereichert. Das Leihverhältnis besteht fort, die Wohnung wird weiter von der Tochter und der Enkeltochter mietfrei bewohnt. Die Beklagten können die Werterhöhung durch Vermietung nicht durch eine entsprechend höhere Miete realisieren (ein strittiger Punkt…Die Bereicherung könnte auch in der Werterhöhung der Immobilie per se gesehen werden).
II. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ersatz der Materialkosten.
1. Parallel zu der Arbeitsleistung scheiden auch hier vertragliche Ansprüche aus. Eine Schenkung i.S. des § 516 BGB liegt ebenfalls nicht vor, da der Kläger durch das Material nicht den Beklagten etwas zuwenden wollte, sondern für sich und seine Familie eine Wohnung bauen wollte.
2. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung bestehen auch hier nicht (siehe oben).
III. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ausgleich der Darlehensrate.
1. Der BGH lässt offen, ob hier eine Schenkung vorliegt oder nicht. Einzige Anspruchsgrundlage für einen Ausgleich ist § 313 BGB. Dessen Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt. Der Zahlung der Darlehensraten durch den Kläger lag erkennbar die Vorstellung zugrunde, die Immobilie dauerhaft mietfrei nutzen zu können. Diese Grundlage ist durch den Auszug des Klägers – zumindest teilweise – weggefallen.
Ein Festhalten am Schenkungsvertrag ist aber nicht unzumutbar. Nicht jede einschneidende Veränderung der Verhältnisse soll nach dem Willen des Gesetzes zu einer Anpassung oder Kündigung führen.
Eine Interessenabwägung im Einzelfall ergibt hier, dass ein Festhalten am Vertrag nicht unzumutbar ist. Der Kläger hat 13 Monate lang die Rate von 158 €, also insgesamt 2.054 € bezahlt. Dies ist im Gegenzug für mietfreies Wohnen nach Ansicht des BGH zumutbar.
2. Ein Bereicherungsanspruch nach §§ 812, 267 BGB bei Tilgung fremder Schulden scheidet hier ebenfalls aus, da die zugrunde liegende Zweckabrede, dafür mietfrei zu wohnen, zumindest teilweise und für eine bestimmte Zeit erfüllt worden ist.
Bewertung der Entscheidung
Die Entscheidung des Gerichts überzeugt. Das Gericht prüft absolut vorbildlich – beinahe wie in einer Examensklausur – Schritt für Schritt, getrennt nach den jeweils erbrachten Leistungen Arbeit, Material und Darlehensrate, die einzelnen Anspruchsgrundlagen durch. Der BGH lehnt einen Anspruch sowohl aus Vertrag als auch aus §§ 812 ff. BGB für sämtliche verschiedenen Leistungen ab.
Die Entscheidung ist ein seltenes, aber dafür umso relevanteres Beispiel für ein Urteil, das ganz konkret nah am Gesetzestext prüft und den Sachverhalt subsummiert.
Sicher ist an einigen Stellen – gerade im 1. Staatsexamen – auch eine andere Ansicht vertretbar. Dabei kommt es auch immer konkret auf den gestellten Sachverhalt an.
Examensrelevanz
Die Entscheidung zeichnet insgesamt eine sehr leichte Lesbarkeit aus. Die Urteilsbegründung ist aus sich heraus sehr gut verständlich und beinahe vorbildlich gegliedert. Daher kann diese Entscheidung gut als Vorlage für eine Examensklausur herangezogen werden.
Die Entscheidung hat Examensrelevanz. Das Thema neLG und Ansprüche bei Beendigung sowie der Unterschied zu Ansprüchen bei Scheidung einer Ehe ist nach wie vor ein „heißes Eisen“. Dies gerade umso mehr, da diese Thematik den BGH gerade wieder rauf und runter (neLG, Schenkungen von Schwiegereltern und Rückforderungsansprüche bei Scheidung, s.o.) beschäftigt hat.

03.04.2015/3 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2015-04-03 09:00:292015-04-03 09:00:29Jur:Next Urteil: Ausgleichsansprüche innerhalb der nichtehelichen Lebensgemeinschaft?

Über Juraexamen.info

Deine Zeitschrift für Jurastudium, Staatsexamen und Referendariat. Als gemeinnütziges Projekt aus Bonn sind wir auf eure Untersützung angewiesen, sei es als Mitglied oder durch eure Gastbeiträge. Über Zusendungen und eure Nachrichten freuen wir uns daher sehr!

Werbung

Anzeige

Neueste Beiträge

  • Neues zur falsa demonstratio beim Grundstückskauf
  • Die verschiedenen gerichtlichen Verfahren vor dem EuG und dem EuGH – Teil 2
  • Die verschiedenen gerichtlichen Verfahren vor dem EuG und dem EuGH – Teil 1

Weitere Artikel

Auch diese Artikel könnten für dich interessant sein.

Gastautor

Neues zur falsa demonstratio beim Grundstückskauf

BGB AT, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Tagesgeschehen, Zivilrecht

Wir freuen uns, nachfolgend einen Gastbeitrag von Marie-Lou Merhi veröffentlichen zu können. Die Autorin studiert Rechtswissenschaften im siebten Semester an der Universität Bonn Examenskandidaten aufgepasst: Der BGH hat abermals zur […]

Weiterlesen
06.09.2023/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2023-09-06 10:00:002023-09-06 15:16:09Neues zur falsa demonstratio beim Grundstückskauf
Alexandra Ritter

Die verschiedenen gerichtlichen Verfahren vor dem EuG und dem EuGH – Teil 2

Europarecht, Europarecht Klassiker, Examensvorbereitung, Lerntipps, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Startseite, Uncategorized, Verschiedenes

Dies ist Teil 2 zu den verschiedenen gerichtlichen Verfahren vor dem EuG und dem EuGH, in dem das Vorabentscheidungsverfahren und die Schadensersatzklage dargestellt werden. In Teil 1 erfolgten bereits Darstellungen […]

Weiterlesen
30.08.2023/von Alexandra Ritter
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Alexandra Ritter https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Alexandra Ritter2023-08-30 08:17:102023-09-04 13:02:58Die verschiedenen gerichtlichen Verfahren vor dem EuG und dem EuGH – Teil 2
Alexandra Ritter

Die verschiedenen gerichtlichen Verfahren vor dem EuG und dem EuGH – Teil 1

Europarecht, Europarecht Klassiker, Examensvorbereitung, Lerntipps, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Startseite, Uncategorized, Verschiedenes

Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit den Klagen vor den europäischen Gerichten in der Form, wie sie im ersten Examen oder in Vorlesungen zum Europarecht geprüft werden können. Das Europarecht […]

Weiterlesen
30.08.2023/von Alexandra Ritter
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Alexandra Ritter https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Alexandra Ritter2023-08-30 08:17:022023-09-04 13:03:07Die verschiedenen gerichtlichen Verfahren vor dem EuG und dem EuGH – Teil 1

Support

Unterstütze uns und spende mit PayPal

Jetzt spenden
  • Über JE
  • Das Team
  • Spendenprojekt
  • Gastautor werden
  • Mitglied werden
  • Alumni
  • Häufige Fragen
  • Impressum
  • Kontakt
  • Datenschutz

© 2022 juraexamen.info

Nach oben scrollen