Z wie Zerstörung, Z wie Zuversicht, Z wie Zusammenhalt – ein simples Z als Abkürzung könnte für viele Botschaften stehen. Aktuell steht es vor allem für eines: Für den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Mit einem solchen Z waren etwa Fahrzeuge und Panzer des russischen Militärs bei dem Einmarsch in die Ukraine gekennzeichnet. Über die genaue Bedeutung des Buchstabens, den es im kyrillischen Alphabet gar nicht gibt, kann man derzeit nur spekulieren. Die Interpretationen gehen von Bedeutungen wie „für den Sieg“, „für den Frieden“, „für die Wahrheit“, über das Z in „demilitarization“ oder „denazification“ – Ziele, die Russland vorgibt, in der Ukraine zu verfolgen – bis hin zu dem russischen Wort für „Westen“.
Ungeachtet der Bedeutung ist klar: Das Symbol hat sich verselbständigt und taucht in sozialen Medien und in der russischen Staatspropaganda auf. Und auch auf internationaler Ebene verwenden Menschen und Gruppierungen das Z, um ihre Solidarität mit dem russischen Vorgehen kundzutun. Wer das in Deutschland tut, muss nun unter Umständen mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen – erste Staatsanwaltschaften erwägen, Ermittlungen gegen Personen, die das Z-Symbol verwenden, aufzunehmen. Daher hier die wichtigsten Infos zur strafrechtlichen Relevanz dieses aktuellen Phänomens.
I. Die Belohnung oder Billigung von Straftaten als eigene Straftat nach § 140 StGB
„Wer eine der in § 138 Absatz 1 Nummer 2 bis 4 und 5 letzte Alternative oder in § 126 Absatz 1 genannten rechtswidrigen Taten oder eine rechtswidrige Tat nach § 176 Absatz 1 oder nach den §§ 176c und 176d
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
So lautet § 140 StGB. Die zahlreichen Verweisungen auf andere Normen des Strafgesetzbuchs werden bei den wenigsten Juristen Freudensprünge auslösen. Im hiesigen Kontext steht die erstgenannte Norm im Fokus – dort geht es mit den Verweisen jedoch sogleich weiter. § 138 Abs. 1 Nr. 5 StGB verweist als letzte Tat, deren Nichtanzeige nach dieser Norm strafbar sein kann, auf das Verbrechen der Aggression nach § 13 des Völkerstrafgesetzbuches (VStGB). Zur Einordnung: Das VStGB ist ein nationales Gesetz, dass zur Anpassung des deutschen Strafrechts an das Römische Status des Internationalen Strafgerichtshofs geschaffen wurde (MüKoStGB/Werle, VStGB Einl. Rn. 1).
Nach § 13 Abs. 1 Alt. 1 VStGB ist das Führen eines Angriffskrieges strafbar. Abs. 3 der Norm definiert den Begriff der Angriffshandlung als „gegen die Souveränität, die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit der Charta der Vereinten Nationen unvereinbare Anwendung von Waffengewalt durch einen Staat.“ Eine eigene Definition des Begriffs des Angriffskriegs nimmt das Gesetz nicht vor, ausweislich der Gesetzesbegründung versteht es diesen aber als „Prototyp“ und als schwerste Form der Angriffshandlung (BT-Drucks. 18/8621, S. 16). In der Literatur findet sich die Erläuterung, man werde hierunter einen unter Verletzung des Völkerrechts geführten Krieg zu verstehen haben, der darauf gerichtet ist, das Gebiet des betroffenen Staates ganz oder teilweise zu annektieren oder diesen Staat dauerhaft zu unterwerfen (Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, § 80a StGB Rn. 5).
§ 13 Abs. 1 VStGB nimmt im Hinblick auf die Strafbarkeit von Angriffshandlungen entsprechend den Vorgaben des Art. 8 bis IStGH-Statut die Einschränkung vor, die Handlung müsse „ihrer Art, ihrer Schwere und ihrem Umfang nach eine offenkundige Verletzung der Charta der Vereinten Nationen“ darstellen – es existiert mithin eine gewisse Erheblichkeitsschwelle. Der Begriff des Angriffskrieges, auf den sich die Einschränkung nicht ausdrücklich bezieht, ist nun so zu interpretieren, dass die Erheblichkeit ebenfalls gegeben sein muss, was aber bei einem Verständnis des Angriffskrieges als schwerste Form der Angriffshandlung wohl in aller Regel gegeben sein wird.
Subsumiert man das russische Vorgehen unter die Begriffe der Angriffshandlung und/oder des Angriffskrieges, was insbesondere angesichts des nicht durchgreifenden Versuchs der Rechtfertigung der militärischen Handlungen mit einem drohenden Genozid in der Ukraine (siehe hierzu IGH, Beschl. v. 16.3.2022 – 182, BeckRS 2022, 4556) nicht allzu schwer fallen dürfte, ist der objektive Tatbestand des § 13 Abs. 1 VStGB erfüllt. Verfolgt man die Verweisungskette über § 138 Abs. 1 Nr. 5 StGB zurück zu § 140 StGB, kommt mithin eine Strafbarkeit nach dieser Norm in Betracht.
II. Billigen der Straftat i.S.d. § 140 Nr. 2 StGB
Wer nun das Z-Symbol verwendet und hiermit seine Unterstützung der russischen Kriegshandlungen zum Ausdruck bringt, könnte sich wegen des Billigens eines Angriffskrieges nach § 140 Nr. 2 StGB i.V.b. § 138 Abs. 1 Nr. 5 StGB, § 13 Abs. 1 VStGB strafbar machen. Näher in den Blick zu nehmen ist zunächst der Begriff des Billigens. Dieses muss zusätzlich öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts erfolgen, und dies in einer Art und Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.
Wer das Z als Propagandasymbol verwendet und dadurch seine Zustimmung zu dem russischen Angriffskrieg ausdrückt, billigt eben diese Tat. Erforderlich ist hier natürlich ein ausreichender und beweisbarer Bezug zum Ukraine-Krieg – nicht jede Verwendung des Z als Buchstabe enthält eine politische Wertung. Geschieht jedoch eine Verwendung im Kontext des Krieges im Internet, wie es häufig der Fall sein wird, liegt ein Verbreiten von Inhalten vor. Ob dies geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, ist eine Wertungsfrage. Die höchst aktuelle und von zahlreichen Menschen als belastend empfundene Situation eines Krieges in Europa spricht durchaus dafür. Letztlich kommt es jedoch auch auf die Art der Verbreitung und den angesprochenen Adressatenkreis, der auch im Internet variieren kann, an. In der Prüfungssituation wird hier eine sinnvolle Auseinandersetzung mit dem deutungsoffenen Tatbestandsmerkmal erwartet – das Ergebnis dürfte dann eher zweitrangig sein.
III. Subjektiver Tatbestand
Wird auch eine Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens bejaht, ist weiterhin der subjektive Tatbestand zu prüfen. § 140 StGB enthält insoweit keine näheren Angaben oder Einschränkungen, sodass bedingter Vorsatz erforderlich ist, aber auch genügt. Bezugspunkt des Vorsatzes sind die Vortat, deren Rechtswidrigkeit sowie die Tathandlung selbst (BeckOKStGB/Heuchemer, § 140 Rn. 15).
Hier kann nun im aktuellen Kontext eine entscheidende Strafbarkeitshürde liegen: Denn wer das russische Vorgehen in der Ukraine für rechtmäßig und mit dem Völkerrecht vereinbar hält, so wie es vom russischen Staatsapparat propagiert wird, der geht nicht von einer rechtswidrigen Tat nach § 13 Abs. 1 VStGH aus. Der subjektive Tatbestand ist dann nicht erfüllt. Nur, wer den Krieg als völkerrechtswidrige Angriffshandlung erkennt und das Z in diesem Lichte mit dem Ziel verbreitet, dennoch seine Zustimmung auszudrücken, macht sich nach § 140 Nr. 2 StGB strafbar. Die Darlegungs- und Beweisprobleme, die hier auf die Praxis zukommen, liegen auf der Hand.
IV. Was bleibt?
Dieser kurze Überblick soll einen Zugang zu dem ansonsten eher unbekannten Tatbestand des § 140 StGB geben. Zwar regelmäßig kein Examensstoff, kann die Regelung doch als „unbekannte Norm“ Gegenstand insbesondere von Prüfungen sein. In der aktuellen Lage scheint es nicht fernliegend, dass Prüfer gerade in mündlichen Prüfungen hier die spontane Fähigkeit testen wollen, Sachverhalte auch anhand unbekannter Gesetze einer stringenten Lösung zuzuführen. § 140 StGB stellt den Prüfling hier nicht vor unüberwindbare Hürden – dennoch kann es nicht schaden, wenn die Norm am Ende doch gar nicht so unbekannt ist.