• Suche
  • Lerntipps
    • Examensvorbereitung
    • Fallbearbeitung und Methodik
    • Für die ersten Semester
    • Mündliche Prüfung
  • Examensreport
    • 2. Staatsexamen
    • Baden-Württemberg
    • Bayern
    • Berlin
    • Brandenburg
    • Bremen
    • Hamburg
    • Hessen
    • Lösungsskizzen
    • Mecklenburg-Vorpommern
    • Niedersachsen
    • Nordrhein-Westfalen
    • Rheinland-Pfalz
    • Saarland
    • Sachsen
    • Sachsen-Anhalt
    • Schleswig-Holstein
    • Thüringen
    • Zusammenfassung Examensreport
  • Interviewreihe
    • Alle Interviews
  • Rechtsgebiete
    • Strafrecht
      • Klassiker des BGHSt und RGSt
      • StPO
      • Strafrecht AT
      • Strafrecht BT
    • Zivilrecht
      • AGB-Recht
      • Arbeitsrecht
      • Arztrecht
      • Bereicherungsrecht
      • BGB AT
      • BGH-Klassiker
      • Deliktsrecht
      • Erbrecht
      • Familienrecht
      • Gesellschaftsrecht
      • Handelsrecht
      • Insolvenzrecht
      • IPR
      • Kaufrecht
      • Kreditsicherung
      • Mietrecht
      • Reiserecht
      • Sachenrecht
      • Schuldrecht
      • Verbraucherschutzrecht
      • Werkvertragsrecht
      • ZPO
    • Öffentliches Recht
      • BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker
      • Baurecht
      • Europarecht
      • Europarecht Klassiker
      • Kommunalrecht
      • Polizei- und Ordnungsrecht
      • Staatshaftung
      • Verfassungsrecht
      • Versammlungsrecht
      • Verwaltungsrecht
      • Völkerrrecht
  • Rechtsprechungsübersicht
    • Strafrecht
    • Zivilrecht
    • Öffentliches Recht
  • Karteikarten
    • Strafrecht
    • Zivilrecht
    • Öffentliches Recht
  • Suche
  • Menü Menü
Du bist hier: Startseite1 > Mietminderung

Schlagwortarchiv für: Mietminderung

Charlotte Schippers

Wohnraummiete: Schnarchen des Nachbarn als Mangel im Altbau?

Mietrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Etwas älter ist das nachfolgend besprochene Urteil des AG Bonn vom 25. März 2010 (Az.: 6 C 598/08). Nichtsdestoweniger ist der Sachverhalt unterhaltsam und sorgte für mediales Aufsehen. Mit dem Fall können einerseits das Basiswissen der Prüflinge im Mietrecht, einem beliebten Examensthema, und andererseits ihre Fähigkeit zur Argumentation mit den Sachverhaltsangaben abgefragt werden. Mithin ist das vorliegende Urteil auch für den Klausursteller im Examen attraktiv und sollte deshalb jedem Examenskandidaten geläufig sein.
Das AG Bonn hatte sich also nun damit zu beschäftigen, ob das Schnarchen eines Mieters für die Mieter der Nachbarwohnung einen Sachmangel an der Mietwohnung darstellt. Wie es dazu kam, ist schnell erzählt:
 
Sachverhalt (leicht abgewandelt und gekürzt)
Geklagt hatten die Mieter (M und N) gegen ihre Vermieterin (V). Die betreffende Altbauwohnung wurde unter anderem als „renoviert“, „modernisiert“ sowie „in ruhiger Lage“ befindlich inseriert. Auch beim dem Telefonat mit der Maklerin wurde auf Nachfrage darauf hingewiesen, dass es sich um eine ruhige Wohnung handle, über der Wohnung sei schließlich nur noch der Speicher. Allerdings war die Wohnung tatsächlich hellhörig. Insbesondere störend für M und N war, dass das Schnarchen des Mieters der unter ihrer Wohnung liegenden Wohnung so laut war, dass sie in ihrem eigenen Schlafzimmer nicht schlafen konnten, was auch zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führte. Ein Hinweis auf fehlende Schallisolierung sowie das Schnarchen erfolgte durch die Maklerin nicht.
V machte geltend, dass sich bisher noch kein Mieter über die schlechte Isolierung beklagt habe. Auch würden Mieter der unter dem schnarchenden Mieter liegenden Wohnung sich nicht darüber beschweren. Außerdem handelt es sich bei dem Haus um eines aus der Gründerzeit: Maßgeblich seien technischen Gegebenheiten zur Zeit der Errichtung des Gebäudes – der Schallschutz sei jedenfalls nicht schlechter als der, der bei Altbauten üblich ist.
M und N rügten eine fehlerhafte Schallisolierung der Wohnung und machten eine Minderung der Miete geltend.
War die Minderung gerechtfertigt?
 
Lösung
Infrage kommt eine Minderung der Miete nach § 536 BGB. Gem. § 536 Abs. 1 BGB ist der Mieter bei Vorliegen eines Mangels, der die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache aufhebt oder mindert, von der Pflicht zur Zahlung der Miete entweder vollständig oder in angemessener Höhe befreit.
Nach Feststellung, dass ein wirksamer Mietvertrag vorliegt, ist entscheidend, ob der Wohnung ein Mangel anhaftet. Ein Mangel ist jede negative Abweichung der Ist- von der Soll-Beschaffenheit.
 
I. Zunächst ist die Frage nach einem Mangel mit Blick auf die möglicherweise nicht hinreichende Schallisolierung zu begutachten:
Hierfür ist der Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes maßgeblich, vgl. BGH, Urt. v. 26.7.2004 – VIII ZR 281/03. So kann der Mieter von einem Altbau ohne besondere Absprachen mit dem Vermieter nicht mehr als einen Mindeststandard, der heutigen Maßstäben gerecht wird, erwarten. Das Gleiche gilt auch für ein modernisiertes Mietobjekt: Dass ein neuzeitlicher Standard bzgl. Schalldämmung etc. eingehalten wurde, kann nicht zugrunde gelegt werden; insbesondere wegen der für Altbauten typischen Deckenkonstruktionen. Da der Schallschutz aber, wie auch gutachterlich festgestellt wurde, nicht schlechter war als der, der bei Altbauten üblich ist, kann hierin also kein Mangel begründet werden.
 
II. Auch in den Schnarchgeräuschen des Nachbarn liegt kein Mangel:

„Zum einen kann bei der Anmietung einer Altbauwohnung, die regelmäßig über die für Altbauwohnungen charakteristischen Holzbalkendecken – (und damit nach Feststellungen des Sachverständigen einhergehend auch über geringeren Schallschutz) – verfügt, vom Mieter nicht vorausgesetzt werden, dass keinerlei Wohngeräusche der Nachbarn in die Wohnung dringen. […] Darüber hinaus haben die Parteien auch keine weitergehende Vereinbarung über den Schallschutz der Mietsache getroffen, wonach das aus der Nachbarwohnung durchdringende Geräusch eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit und damit einen Mietmangel darstellte.“

Der Mangel kann nach Auffassung des AG Bonn hierüber nur dann begründet werden,

„wenn die Parteien über den allgemein von einen (sic!) Altbau zu fordernden Schallschutz hinaus eine Vereinbarung dahingehend getroffen hätten, dass jedwede Wohngeräusche, auch solche mit einer tiefen Frequenz nicht aus der Nachbarwohnung zu vernehmen seien“.

Es untersuchte demnach noch, ob nicht eine Vereinbarung der Parteien hinsichtlich der nachbarlichen Wohngeräusche getroffen wurde.
 
1. Eine solche könnte sich durch die Werbung für die Wohnung als „in ruhiger Lage“ begründen lassen. Allerdings sind nach der Verkehrsauffassung hiermit Lage und Außenverhältnisse gemeint, nicht aber die Geräuschquellen im Haus, sodass dies ausscheidet.
 
2. Die Vereinbarung, es handle sich um eine „ruhige Wohnung“ mit Bezug auf den darüber gelegenen Speicher spricht ebenfalls gegen eine Vereinbarung darüber, dass sonstige Wohngeräusche nicht zu vernehmen wären:

„Die Vereinbarung einer „ruhigen Wohnung” bezieht sich nach der Verkehrsanschauung in erster Linie auf das Wohnverhalten der Mitmieter und den damit einhergehenden Wohngeräuschen, insbesondere im Hausflur, Balkonen und Kellerräumen. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass zur Begründung des Merkmals „ruhige Wohnung” nach dem Vortrag der Kl. auf den über der Wohnung liegenden Speicher Bezug genommen worden ist. Dass es sich vorliegend um ein „unruhiges Haus” handele, wonach durch entsprechendes Wohnverhalten der Mitmieter mannigfaltige Wohngeräusche in die Wohnung der Kl. dringen, wurde von den Kl. schon nicht vorgetragen.

 
3. Eine weitere Auslegung dahingehend, dass eine Zusicherung getroffen werden sollte, dass über den normalen Schallschutz hinaus das Durchdringen sämtlicher Wohngeräusche, auch solcher wie Schnarchen des Nachbarn, ausgeschlossen sei, kann demnach nicht stattfinden. Dies bedürfe einer detaillierteren Vereinbarung, die dies ausdrücklich aufgreift.
Folglich liegt kein Mangel vor.
 
III. Damit waren M und N, da kein Mangel vorliegt, nicht zur Minderung der Miete gem. § 536 BGB berechtigt.
 
Fazit
Es zeigt sich, dass es in Fällen wie diesen auf die Kenntnis mietrechtlicher Gewährleistung ankommt. Infrage kommt beispielsweise auch die Überlegung, wie sie im Originalfall zugrunde lag, ob ein Kündigungsfolgeschaden geltend gemacht werden kann: Dabei käme es auf ein Kündigungsrecht von M und N an, also wiederum auf das Vorliegen eines Mangels. Maßgeblich geht es darum, die relevanten Punkte strukturiert in der Prüfung unterzubringen.

12.12.2019/3 Kommentare/von Charlotte Schippers
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Charlotte Schippers https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Charlotte Schippers2019-12-12 09:12:032019-12-12 09:12:03Wohnraummiete: Schnarchen des Nachbarn als Mangel im Altbau?
Dr. Sebastian Rombey

BGH: Das reine Risiko eines Mietmangels berechtigt nicht zur Mietminderung

Examensvorbereitung, Lerntipps, Mietrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht

Der BGH hat sich in einer äußerst examensrelevanten Entscheidung (BGH, Urt. v. 5.12.2018 – VIII ZR 271/17 und VIII ZR 67/18) zu der Frage geäußert, ob die alleinige Gefahr eines Mietmangels (konkret die Gefahr von Schimmelpilzbildung) bereits einen Mietmangel darstellt, der zur Minderung des Mietzinses berechtigt. Die Entscheidung soll in dem nachfolgenden Beitrag in ihren Kernaussagen thesenartig wiedergegeben werden, um dem eiligen Leser einen Überblick zu verschaffen.
I. Worum es in der Entscheidung geht: Die Gefahr als Mangel ?

Der Sachverhalt ist schnell herzählt (PM Nr. 179/2018, vereinfacht):
„Die Kläger in beiden Verfahren sind jeweils Mieter von Wohnungen der Beklagten, die in den Jahren 1968 und 1971 unter Beachtung der damals geltenden Bauvorschriften und technischen Normen errichtet wurden.
Die Kläger machen unter Berufung auf Mängel der Wohnungen jeweils Gewährleistungsansprüche geltend und begehren dabei unter anderem wegen der ‚Gefahr von Schimmelpilzbildung‘ in den gemieteten Räumen die Feststellung einer näher bezifferten Minderung der von ihnen geschuldeten Monatsmiete (§ 536 BGB) sowie die Zahlung eines Kostenvorschusses für die Mängelbeseitigung.
In beiden Verfahren hat das Berufungsgericht eine Minderung der jeweiligen Bruttomiete festgestellt […]. Dies hat es jeweils (unter anderem) maßgeblich auf die Erwägung gestützt, dass in den Wohnungen in den Wintermonaten aufgrund von Wärmebrücken in den Außenwänden eine ‚Gefahr der Schimmelpilzbildung‘ bestehe. Zwar hätten die Wohnungen zur Zeit ihrer Errichtung den geltenden Bauvorschriften und DIN-Vorgaben sowie den damaligen Regeln der Baukunst entsprochen. Nach der Verkehrsanschauung dürfe ein Mieter allerdings auch ohne besondere vertragliche Vereinbarung stets einen „Mindeststandard zeitgemäßen Wohnens“ erwarten, der heutigen Maßstäben gerecht werde. […]“
Der Anwalt der Mieterseite unternahm den Versuch, dies anhand eines Vergleichs plastisch zu machen: „Wenn Sie die Gefahr einer Erkrankung sehen, gehen Sie auch zum Arzt und stellen die Ursache für die Erkrankung ab. Nicht anders geht es im Wohnbereich: Wenn ich dort sehe, dass sich Schimmelpilz bilden wird – wenn ich die Wohnung weiterhin so lasse wie sie ist – dann ist die latente Gefahr ein Umstand, der einen Mangel begründen kann.“
Doch der Vergleich hinkt, spricht der Anwalt doch von einer wirklichen Erkrankung, deren Ursache abgestellt werden müsse, nicht aber von einer – wie im Fall – bloß möglichen Erkrankungsgefahr. Auch im Fall einer Vorsorgeuntersuchung gilt nichts anderes. Denn hier klärt der Arzt zwar auf Grund einer wissenschaftlich bewiesenen Gefahr eine tatsächliche Erkrankung ab. Doch darum geht es den Mietern nicht. Diese wollen nicht, dass der Vermieter in regelmäßigen Abständen – zur Vorsorge – die Wohnung in Augenschein nimmt und kontrolliert, ob mittlerweile Schimmelpilz vorliegt, sondern, dass auf Grund der bloßen Gefahr ohne Realisierung derselben gehandelt wird. Denn Sie gehen dann zum Arzt, wenn Sie krank sind oder abklären lassen wollen, ob das der Fall ist – nicht aber, wenn Sie bloß die Gefahr dafür sehen, möglicherweise in Zukunft irgendwann einmal krank zu werden.
Ein Beispiel: Wenn Sie sich im Winter nicht warm genug anziehen, werden Sie deshalb wohl kaum zum Arzt gehen, um abzuklären, dass Sie sich etwa erkälten könnten, wenn Sie sich weiterhin so kleiden – die latente Gefahr des Krankwerdens führt wohl die wenigsten zum Arzt. Und genauso ist es auch im Mietrecht. Wenn Sie die Gefahr sehen, dass ein Mietmangel möglicherweise eintreten könnte, melden Sie diesen, wenn er auftritt. Nicht aber zuvor mit der Begründung, ein solcher könnte möglicherweise in unbestimmter Zukunft eintreten – oder aber, Sie ziehen gleich aus. Jedenfalls ist es kaum überzeugend, in eine Mietwohnung älteren Baujahrs zu einzuziehen, um dann nach Einzug dem Vermieter gegenüber das Risiko eines möglichen Mangels durch Schimmelpilz anzeigen zu können. Die „Keule der Mietminderung“ darf also nur dann geschwungen werden, wenn ein Mietmangel vorliegt, nicht aber, wenn es um die bloße Gefahr für einen solchen geht. So sieht es auch der BGH vollkommen zutreffend, der der Rechtsansicht der Mieterseite sowie des Berufungsgerichts eine klare Absage erteilt hat. Alles andere hätte die Praxis vollkommen auf den Kopf gestellt.
II. Die wesentlichen Erwägungen des BGH (Urt. v. 5.12.2018 – VIII ZR 271/17 und VIII ZR 67/18)
Zu klären ist, ob den Mieter im Verhältnis zum Vermieter ein Anspruch auf Mangelbeseitigung und damit auch ein Recht auf Mietminderung zusteht, §§ 535 I 2, 536 I, 549 I BGB. Hierbei ist auf die Formulierung zu achten. Denn eine Mietminderung muss nicht erklärt werden, handelt es sich doch nicht um ein rechtsgeschäftliches Gestaltungsrecht, sondern um ein Recht, das ipso iure eintritt (allein der Mangel muss dem Vermieter gegenüber angezeigt werden). Zentrale Voraussetzung der genannten Ansprüche ist das Vorliegen eines Mietmangels, also die tatsächliche Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der vertraglichen geschuldeten Soll-Beschaffenheit. Hierzu führt der BGH aus:
„Ohne besondere Vereinbarung der Mietvertragsparteien kann der Mieter dabei nach der Verkehrsauffassung erwarten, dass die von ihm angemieteten Räume einen Wohnstandard aufweisen, der bei vergleichbaren Wohnungen üblich ist. […] Dabei ist nach gefestigter Senatsrechtsprechung grundsätzlich der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen. Diesem Maßstab entsprechen die Wohnungen der Kläger jedoch, so dass ein Sachmangel nicht vorliegt. Denn in den Jahren 1968 bzw. 1971 bestand noch keine Verpflichtung, Gebäude mit einer Wärmedämmung auszustatten und war demgemäß das Vorhandensein von Wärmebrücken allgemein üblicher Bauzustand.“
Ein „Grundsatz zeitgemäßen Wohnens“ lasse sich dem Gesetz nicht entnehmen. Anderenfalls würde man die Mieterinteressen einseitig berücksichtigen, es sei kaum einsehbar, warum ein Mieter bei älteren Wohnungen heutigen Baustandard erwarten können solle (das LG Lübeck war noch davon ausgegangen, es sei dem Mieter insoweit unzumutbar, mehr als zweimal täglich zu lüften und einer Schimmelbildung auf diese Weise vorzubeugen).
Es kommt nach dem BGH also bei der Beurteilung eines Mangels ausschließlich auf den Zeitpunkt der Errichtung des Wohngebäudes an. Die im Zeitpunkt der Errichtung gültigen Vorschriften seien zur Beurteilung der Frage relevant, ob der Vermieter zur Wärmedämmung verpflichtet sei oder nicht. Dies gelte selbst dann, wenn diese Vorschriften mittlerweile überholt seien und es neue Vorschriften zur Wärmedämmung gebe. Dahinter steht ein nachvollziehbarer Gedanke: Ein Mieter, der in eine Altbauwohnung zieht, kann verständlicherweise nach Einzug nicht erwarten, dass die Bausubstanz an die neusten Vorschriften und damit an den Neubaustandard angepasst wird. Damit hält der 8. Senat des BGH an seiner bisherigen Rechtsprechung fest. Eine Mietminderung ist damit nur mit der einfachen Begründung einer Mietmangelgefahr nicht möglich.
III. Summa
Das Urteil entfaltet Signalwirkung für alle Mieter, die in älteren Wohnungen leben und sich etwa durch eine mangelnde Wärmedämmung oder fehlende Modernisierungsmaßnahmen beeinträchtigt fühlen. Auch wenn dies mehr als verständlich ist: Die Entscheidung des BGH ist in zweifacher Hinsicht richtig. Erstens: Die bloße Gefahr des Entstehens etwaiger Mängel begründet nach dem Gesetz keinen Mietmangel und damit auch kein Recht zum anteiligen Einbehalt des Mietzinses. Zweitens: Man darf sich nicht täuschen lassen. Denn sähe man dies anders, würde man also einen Mietmangel annehmen, würde das nicht zu einem stärkeren Mieterschutz führen, da Vermieter dann zwar bereits bei der latenten Gefahr eines Mietmangels tätig werden oder gar sanieren müssten, die Kosten aber auf Dauer wieder auf den Mieter abwälzen könnten. Eine extensive Auslegung des Mangelbegriffs ist damit auch aus teleologischen Gesichtspunkte nicht geboten. Angesichts stetig steigender Mieten und fortdauernder Wohnungsknappheit insgesamt also eine kluge Entscheidung des Mietrechtssenats.
Facebook: juraexamen.info
Instagram: @juraexamen.info

07.12.2018/13 Kommentare/von Dr. Sebastian Rombey
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Sebastian Rombey https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Sebastian Rombey2018-12-07 09:30:512018-12-07 09:30:51BGH: Das reine Risiko eines Mietmangels berechtigt nicht zur Mietminderung
Florian Wieg

Keine Mietminderung wegen Diebstahls einer im Keller der Mietwohnung eingelagerten Einbauküche des Vermieters

Examensvorbereitung, Lerntipps, Mietrecht, Mündliche Prüfung, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht

Der BGH hat am 13. April 2016 – VIII ZR 198/15 einen examensrelevanten Fall zur Mietminderung entschieden. Der Sachverhalt ist wie geschaffen für Prüfungsvortrag und -gespräch, lässt sich aber auch sehr gut in eine Klausur einbinden.
 
 I. Sachverhalt 
M und V schließen am 26. März 2004 einen Mietvertrag über eine Berliner Wohnung. Sie vereinbaren einen Mietzins/Monat i.H.v. 573 Euro, wovon – wie sich aus einer wirksamen Nebenvereinbarung zum Mietvertrag ergibt – ein Teilbetrag i.H.v. 17 Euro auf die bauseits vorhandene Einbauküche entfällt. Im Jahr 2010 erklärt M gegenüber V, die fragliche Einbauküche durch eine eigene Kücheneinrichtung ersetzen zu wollen. V macht seine Zustimmung vom Versprechen der M abhängig, die bisherige Einbauküche sachgerecht zu lagern und bei Beendigung des Mietverhältnisses auf Verlangen den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Nachdem M die eigene Kücheneinrichtung eingebaut hat, zahlt sie den Mietzins in voller Höhe unverändert fort. Am 9.2.2014 wird die – absprachegetreu im Kellerraum gelagerte – Einbauküche gestohlen. Die Versicherung der M zahlt V daraufhin eine Entschädigungssumme i.H.v. 2790,- Euro. Ersatz für die gestohlene Einbauküche beschafft V nicht.
M meint, sie schulde künftig nur noch einen um 17 Euro geminderten Mietzins. V beharrt dagegen auf der monatlichen Zahlung von 573 Euro. Zu Recht?
 
II. Lösung
Nach § 535 Abs. 2 BGB kann V von M den vereinbarten Mietzins i.H.v. 573 Euro/Monat beanspruchen, es sei denn M ist gem. § 536 Abs. 1 BGB von der Entrichtung der Miete ganz oder teilweise befreit. Für eine solche Mietminderung müsste die Mietsache zunächst einen Mangel haben, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt (§ 536 Abs. 1 S. 1 BGB) oder nicht unerheblich mindert (§§ 536 Abs. 1 S. 2, 3 BGB). § 536 Abs. 1 BGB geht von einem subjektiven Fehlerbegriff aus: ob die Mietsache mangelhaft ist, bemisst sich in erster Linie danach, welchen Gebrauch die Vertragsparteien als vertragsgemäß verabredet haben, §§ 133, 157 BGB. Ergänzend kann die Verkehrssitte in Verbindung mit der Art und Lage der Mietsache herangezogen werden (zum Ganzen Staudinger/Emmerich, § 536 BGB Rn. 5).
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs bejahten die Richter der 63. Zivilkammer des Berliner Landgerichts am 4. August 2015 – 63 S 378/14, dass die von M gemietete Wohnung wegen der gestohlenen Einbauküche sachmangelbehaftet sei.

„Ein Sachmangel ist gegeben. Ein solcher liegt vor, wenn die Ist-Beschaffenheit von der vertraglich vereinbarten Soll-Beschaffenheit abweicht. Der vertragsgemäße Zustand besteht vorliegend durch die Zusatzvereinbarung in der Überlassung der Einbauküche durch die [V]. […] Der Ist-Zustand weicht von diesem Soll-Zustand ab. Die von der [V] gestellte Einbauküche ist nicht mehr vorhanden. […] Der Ist-Zustand ist nicht unter Berücksichtigung der derzeit in der Wohnung vorhandenen eigenen Küche der [M] zu beurteilen, denn er umfasst nur die vom Vermieter zur Verfügung gestellte oder ihm zurechenbare Ausstattung.“

Auch die Vereinbarung von M und V über den Ausbau der bauseits vorhandenen Einbauküche und den Einbau einer eigenen Küchenausstattung stehe dem Mangelbefund nicht entgegen.
1. Kein Mietmangel i.S.d. § 536 Abs. 1 BGB
Zur gegenteiligen Bewertung gelangte nun der BGH, wie die Pressemitteilung zu o.g. Entscheidung verrät:

„Der Verlust der im Keller eingelagerten Einbauküche führt nicht zur Minderung der Miete. Denn mit der im Jahr 2010 getroffenen Abrede […] haben die Parteien den Mietvertrag unter Beibehaltung der vereinbarten Gesamtmiete dahingehend abgeändert, dass sich die Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters jedenfalls solange nicht auf eine Einbauküche erstreckte, als die [M] die Wohnung selbst mit einer Küche ausgestattet hatte.

Ist V nach dem Mietvertrag (aktuell) nicht verpflichtet, den Gebrauch einer Einbauküche zu gewähren (§§ 133, 157), kann die fehlende Gebrauchsmöglichkeit nach dem subjektiven Fehlerbegriff des § 536 Abs. 1 BGB (aktuell) keinen Mietmangel begründen. Anders gesagt:

„Durch das Abhandenkommen der im Keller eingelagerten und von der [M] derzeit nicht benötigten Kücheneinrichtung ist also keine nachteilige Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit eingetreten, so dass ein […] Mangel der Mietsache nicht vorliegt.“

Für die Vertragsauslegung des BGH spricht insbesondere, dass V (!) sich in der Vereinbarung von 2010 vorbehält, von M nach Beendigung des Mietverhältnisses den Wiedereinbau der bauseits vorhandenen Küche zu verlangen. Die Einlagerung derselben erfolgt mithin vornehmlich im Interesse der V, was die Suspendierung der Gebrauchsgewährleistungspflicht nahe legt. Eine Mietminderung gem. § 536 Abs. 1 BGB scheidet hiernach aus, weil die von M angemietete Wohnung der V keinen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder nicht unerheblich mindert. V kann von M Zahlung des ungeminderten Mietzinses i.H.v. 573 Euro/Monat gem. § 535 Abs. 2 BGB verlangen.
2. Kein treuwidriges Verhalten der V
Dem Zahlungsbegehren der V kann die M auch nicht den Einwand treuwidrigen Verhaltens (§ 242 BGB), also eine unzulässige Rechtsausübung (vgl. BeckOGK/Kähler, § 242 BGB Rn. 925 ff.) entgegenhalten:

„Die [V] verhält sich auch nicht treuwidrig […], indem sie einerseits die von der Versicherung der [M] gezahlte Versicherungssumme in Höhe von 2.790 € für die Küche behält, ohne derzeit eine neue Küche anzuschaffen, und gleichwohl auf der Zahlung der für die Küchennutzung vereinbarten Miete besteht. Denn der geleistete Entschädigungsbetrag war allein als geldwerter Ausgleich für den der [V] als Eigentümerin und Vermieterin der im Keller aufbewahrten Küchenteile entstandenen Schaden bestimmt. Diese Ersatzleistung, die wirtschaftlich an die Stelle der im Keller gelagerten Kücheneinrichtung getreten ist, hat keinen Einfluss auf die Frage, ob die [M] für die abhanden gekommene Kücheneinrichtung Miete zu zahlen hat. Die Mietzahlungspflicht beurteilt sich ausschließlich nach den von den Parteien getroffenen Absprachen, also nach der Genehmigungs-vereinbarung vo[n] […] 2010. Danach blieb die Höhe der Miete unberührt von dem Umstand, dass die [M] während der Nutzungszeit der neu eingebauten Küche kein in dieser Vereinbarung anerkanntes Interesse an einer Nutzung der im Keller gelagerten Kücheneinrichtung der [V] mehr hatte.“
 

III. Fazit
Ein spannender Fall, den jeder in der nächsten Prüfungsvorbereitung im Zivilrecht auf der Liste haben sollte!
 
 

23.04.2016/20 Kommentare/von Florian Wieg
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Florian Wieg https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Florian Wieg2016-04-23 10:00:082016-04-23 10:00:08Keine Mietminderung wegen Diebstahls einer im Keller der Mietwohnung eingelagerten Einbauküche des Vermieters
Nicolas Hohn-Hein

LG Berlin: Exzessives Rauchen des Nachbarn ist Minderungsgrund

Mietrecht, Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Wir möchten euch im Folgenden auf eine vor einiger Zeit bekannt gegebene Entscheidung des LG Berlin (Urteil vom 30. April 2013 – 67 S 307/12) hinweisen, in der es darum ging, ob das exzessive Rauchen eines Nachbarn in einem Mietshaus einen Minderungsgrund darstellen kann. Die Entscheidung liegt nicht im Volltext vor, die wesentlichen Aspekte können aber beispielsweise hier oder hier nachgelesen werden.
Der Fall ist insoweit sehr examensrelevant und interessant für jede Art von Examensprüfung, weil das AG Düsseldorf (Urteil vom 31.07.2013 – 24 C 1355/13) vor kurzem bereits in einem ganz ähnlichen Fall zu entscheiden hatte, ob das Rauchverhalten des Mieters einen Kündigungsgrund darstellen kann. Zu der Gesamtproblematik im Mietrecht und zu der damit einhergehenden Rechtsprechung haben wir bereits sehr ausführlich und instruktiv berichtet (hier).
Was war passiert?
Die Klägerin, Mieterin einer Mietwohnung in Berlin, hatte auf Minderung der Miete um 10% gegen den Vermieter geklagt. Als Grund für die Minderung machte sie das exzessive Rauchen ihres Nachbarn verantwortlich. Wie sie angab und wie zudem durch einen Zeugen  glaubhaft bestätigt werden konnte, zog der Rauch aus der sich unter der Wohnung der Klägerin befindlichen Nachbarwohnung über den Balkon in die Räume der Klägerin.
Dies geschah regelmäßig mehrfach in der Stunde. Gerade in den Sommermonaten, in der aufgrund der Sommerhitze eine Lüftung der Räumlichkeiten der Klägerin notwendig war, kam es zu üblen Gerüchen nach Zigarettenqualm. Eine Lüftung des Hauptraumes auf andere Weise als zum Innenhof über die Balkon-Tür war nicht möglich.
Entscheidung des Gerichts
Das LG Berlin hat der Klägerin Recht gegeben: Das exzessive Rauchen des Nachbarn und die dadurch entstehenden Gerüche in der Wohnung der Klägerin begründeten eine Verminderung der vertraglich vorausgesetzten Gebrauchsvorteile der Mietsache, mithin einen erheblichen Mietmangel, § 535 I BGB.
Diese berechtige die Mieterin zu einer Minderung der Miete um 10% (bisher lag die Minderungsquote in ähnlichen Fällen gewöhnlich bei lediglich 5%, vgl. z.B. LG Hamburg – Az: 311 S 92/10; AG Kerpen – Az: 110 C 212/09).
Das Gericht begründete seine Auffassung damit, dass im konkreten Fall eine über das allgemeine Lebensrisiko in einer Großstadt hinausgehende Beeinträchtigung der Klägerin vorliege, die eine störungsfreie Benutzung des Balkons und des Hauptraumes so gut wie unmöglich mache. Der Klägerin war es im Prinzip nicht mehr möglich, die eigene Wohnung ausreichen zu belüften, ohne dass Zigarettenqualm und -gerüche in die Wohnung zogen.
Damit war für die Richter erwiesen, dass die Gebrauchsmöglichkeit der Wohnung erheblich vermindert und die Beeinträchtigung für die Klägerin unzumutbar war.
Fazit
Die Entscheidung behandelt einen durchaus klassischen Fall aus dem Mietrecht und könnte in Verbindung mit weiteren Problemen hervorragend als Aufhänger für eine mietrechtliche Klausur oder gar einen Aktenvortrag dienen. Interessant an dieser Entscheidung ist zudem, dass es – anders als z.B. bei 24 C 1355/13 – dass es nicht um die Auflösung des Mietverhältnisses zwischen dem rauchenden Mieter und dem Vermieter ging, sondern um die Rechte des belästigten Nachbarn.
In diesem Zusammenhang sei euch noch einmal ganz besonders die in unserem Beitrag (hier) bereits ausführlich angesprochenen Anspruchsgrundlagen und Abwägungskriterien – auch mit Blick auf die Rechte des Vermieters – ans Herz gelegt.
Da dem Urteil zudem eine recht umfangreiche Beweisaufnahme mit der Anhörung von Zeugen zu Grunde lag, könnte diese auch in einer Klausur des zweiten Staatsexamens relevant werden. So hat der Klausurbearbeiter einer zivilrechtlichen Urteilsklausur dann die Aufgabe, einzelne Zeugenaussagen nach ihrer Glaubhaftigkeit zu würdigen und je nach Ausgang der Beweiswürdigung eine Entscheidung zu treffen.
 
 

15.11.2013/3 Kommentare/von Nicolas Hohn-Hein
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Nicolas Hohn-Hein https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Nicolas Hohn-Hein2013-11-15 10:00:452013-11-15 10:00:45LG Berlin: Exzessives Rauchen des Nachbarn ist Minderungsgrund
Redaktion

BGH: Mietminderung wegen Beeinträchtigungsgefahr

Startseite, Verschiedenes



Der Verlag von JURA INTENSIV stellt uns fortan monatlich zwei Beiträge aus der Ausbildungszeitschrift RA (Rechtsprechungs-Auswertung) zwecks freier Veröffentlichung auf juraexamen.info zur Verfügung.
Der heutige Beitrag

“Mietminderung wegen Beeinträchtigungsgefahr“

betrifft ein Urteil des BGH zu der Frage, ob ein Mieter den Mietzins mindern kann, weil sich im gleichen Haus ein bordellähnliches Gewerbe befindet. Das Urteil wird im Gutachtenstil entsprechend der Darstellung in einer Klausur aufbereitet.
Den Beitrag findet Ihr hier.

12.12.2012/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2012-12-12 10:00:272012-12-12 10:00:27BGH: Mietminderung wegen Beeinträchtigungsgefahr
Dr. Christoph Werkmeister

BGH zum Verschulden des Mieters bei Nichtzahlung der Miete

Mietrecht, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?

Der BGH hat sich vor Kurzem mit der Frage befasst, ob dem Mieter auch dann fristlos wegen eines Mietrückstands gekündigt werden kann, wenn er die Miete aufgrund eines Irrtums über die Ursache eines Mangels nicht entrichtet hat (Urteil v. 11.07.2012 – VIII ZR 138/11). Da Urteile des BGH zu Mietsachen des Öfteren in Klausuren für das erste sowie zweite Staatsexamen Eingang finden, ist die hier besprochene Entscheidung – auch wenn sie inhaltlich nicht viel Neues bringen mag – äußerst examensrelevant.

Entscheidungsgründe

Der BGH hat entschieden, dass der Mieter die Nichtzahlung der Miete im Rahmen des § 543 Abs. 2 BGB zu vertreten hat, wenn ihm Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last fallen. Gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB kann dann nämlich außerordentlich gekündigt werden, sofern der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist. Der Verzug ist in § 286 BGB geregelt. Nach § 286 Abs. 4 BGB kommt der Schuldner nicht in Verzug, wenn die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat. Es gilt dabei der allgemeine Sorgfaltsmaßstab des § 276 Abs. 1 S. 1 BGB.

Nach Auffassung des BGH besteht für eine mildere Haftung und damit eine Privilegierung des Mieters auch in den Fällen kein Anlass, in denen der Mieter die Ursache eines Mangels (im vorliegenden Fall der Schimmelpilzbildung) fehlerhaft einschätzt. Der Mieter könne bei Zweifeln die Miete unter Vorbehalt zahlen, so dass ihm die Möglichkeit bleibe, eine gerichtliche Klärung seiner Rechte herbeizuführen, ohne dem Risiko einer fristlosen Kündigung ausgesetzt zu sein.

Im vorliegenden Fall kann der Zahlungsverzug nicht wegen fehlenden Verschuldens der Beklagten verneint werden. Dem Beklagten musste sich die Vermutung aufdrängen, dass das Vorhandensein von zwei Aquarien sowie eines Terrariums mit Schlangen eine die Schimmelbildung begünstigende höhere Luftfeuchtigkeit in der gemieteten Wohnung bedingten und somit an das Lüftungsverhalten entsprechend höhere Anforderungen zu stellen waren.

Beachte: Schonfrist nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB

Da es dem Mieter im zu entscheidenden Fall nicht mehr gelang, die Mietrückstände rechtzeitig auszugleichen, war somit die außerordentliche Kündigung möglich. Eine Ausgleichung der Rückstände ist im Wohnraummietrecht  innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB noch innerhalb von zwei Monaten nach Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs möglich.

Examensrelevanz

Im Grunde wirft die vom BGB entschiedene Konstellation nicht allzu viele Neuerungen auf. Aufhänger für eine derartige Klausur wird ein Räumungsanspruch des Vermieters gegen den Mieter gemäß § 546 BGB sein. Dieser Anspruch liegt nur dann vor, wenn der Vermieter wirksam gekündigt hat, was im Falle des Zahlungsrückstandes gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB nur dann der Fall ist, wenn der Schuldner mit der Zahlung i.S.v. § 286 BGB im Verzug war. Zu beachten ist dabei, dass der Verschuldensmaßstab bei rückständiger Mietforderung nach der allgemeinen Vorschrift des § 276 Abs. 1 S. 1  BGB bemessen wird. Es kommt damit auf die Umstände des Einzelfalls an. Sofern für den Mieter bei allgemeiner Sorgfalt zu erkennen war, dass eine Mietminderung unzulässig sein könnte, kann er die Miete nur unter Vorbehalt zahlen und darf sich nicht darauf berufen, dass aber zumindest die Möglichkeit bestand, dass er mindern durfte. Zu beachten ist bei derartigen Kündigungskonstellationen indes die vorgenannte Schonfrist nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB, so dass der Mieter durch nachträgliche Zahlung der Räumung der Wohnung entgehen kann.

12.07.2012/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2012-07-12 09:00:532012-07-12 09:00:53BGH zum Verschulden des Mieters bei Nichtzahlung der Miete
Samuel Ju

BGH: Neues zur Mietminderung bei Wohnflächenunterschreitung

Mietrecht, Zivilrecht

Wir hatten bereits in einem Artikel vom 30. Juni 2010 über zwei BGH Mietrecht Entscheidungen zum Thema „Mietminderung bei Wohnflächenunterschreitung“ vom 10.3.2010 (VIII ZR 144/09) und 23.6.2010 (VIII ZR 256/09) berichtet.
Zusammenfassen kann man diese beide Entscheidungen wie folgt:
1. Die Abweichung von einer als Beschaffenheit vereinbarten Wohnfläche um mehr als zehn Prozent zum Nachteil des Mieters stellt auch dann einen zur Minderung berechtigenden Sachmangel dar, wenn der Mietvertrag zur Größe der Wohnfläche nur eine “ca.”-Angabe enthält.
2. Der relativierende Zusatz “ca.” rechtfertigt auch bei der Berechnung der Minderung keine zusätzliche Toleranzschwelle in Höhe von 5%.
In einem Urteil vom 10.11.2010 (VIII ZR 306/09) hatte sich nun der BGH mit der Frage zu befassen, ob eine Mietminderung auch dann in Betracht kommt, wenn der Vermieter in dem Mietvertrag ausdrücklich darauf hinweist, dass die im Vertrag angegebene Wohnungsgröße wegen möglicher Messfehler nicht zur Festlegung des Mietgegenstandes dienen soll.

«Vermietet werden … folgende Räume: Die Wohnung im Dachgeschoss rechts, bestehend aus zwei Zimmern, einer Küche, Bad, Diele zur Benutzung als Wohnraum, deren Größe rund 54,78 Quadratmeter beträgt. Diese Angabe dient wegen möglicher Messfehler nicht zur Festlegung des Mietgegenstandes. Der räumliche Umfang der gemieteten Sache ergibt sich vielmehr aus der Angabe der vermieteten Räume.»

Ein Sachverständigengutachten ergab, dass die tatsächliche Wohnfläche bei 42,98 Quadratmeter zugrunde gelegt, d.h. die Abweichung der tatsächlichen von der angegebenen Größe lag bei über 20 %.
Die Mieterin berief sich auf Mietminderung wegen Flächenunterschreitung und erklärte gegenüber dem Vermieter die Aufrechnung gegen einen Anspruch rückständiger Mietzahlungen mit einem angeblichen Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Mieten.
Grundsätzlich liegt bei Flächenunterschreitung von mehr als 10 %, auch bei einer „ca.“- oder wie hier in diesem Fall einer „rund“-Angabe ein Sachmangel i.S.d. § 536 Abs. 1 BGB vor, der zur Mietminderung berechtigt. (s.o.) Dieses BGH Urteil zeigt jedoch, dass immer auch die Einzelheiten des Einzelfalls – insbesondere die Vertragsgestaltung – berücksichtigt werden müssen.

„Ein zur Minderung der Miete führender Mangel wegen einer Wohnflächenabweichung um mehr als 10 % liegt hier nicht vor, weil die Angabe der Größe der Wohnung in dem Mietvertrag der Parteien nicht – wie dies sonst regelmäßig der Fall ist – als verbindliche Beschaffenheitsvereinbarung anzusehen ist. Vielmehr haben die Parteien ausdrücklich bestimmt, dass die Angabe der Quadratmeterzahl nicht zur Festlegung des Mietgegenstands dienen, sich der räumliche Umfang der Mietsache vielmehr aus der Angabe der vermieteten Räume ergeben soll. Insofern liegt hier keine mangelbegründende Flächenabweichung vor.“ (Quelle: Pressemitteilung des BGH)

Weil die Mieterin den Mietvertrag unterschrieben hat, ist dies auf den ersten Blick auch in Ordnung. Jedoch könnten Vermieter dieses Urteil zum Anlass nehmen, regelmäßig größere Wohnflächenangaben in den Mietvertrag zu schreiben und zusätzlich eine Klausel wie hier in diesem Fall einzufügen:

„Diese Angabe dient wegen möglicher Messfehler nicht zur Festlegung des Mietgegenstandes. Der räumliche Umfang der gemieteten Sache ergibt sich vielmehr aus der Angabe der vermieteten Räume.“

Erste Immobilienwebseiten geben nach dem BGH Urteil den Vermietern sogar den „weisen“ Ratschlag wie: „Diese Klausel erspart Ihnen bei falscher Wohnfläche eine Mietminderung.“ 🙂
Der Mieter muss bei solchen Klauseln im Mietvertrag wohl demnächst öfter die angegebene Wohnflächenangabe überprüfen bzw. einen Sachverständigen zur tatsächlichen Wohnflächenberechnung heranziehen. Insoweit finde ich, dass dieses BGH Urteil dem Vermieter die Möglichkeit eröffnet, letztendlich doch den Mieter über die tatsächliche Flächengröße der Wohnung zu täuschen. Bei 22% Abweichung der tatsächlichen von der angegebenen Wohnfläche finde ich die Verneinung eines Mangels wegen Wohnflächenunterschreitung schon sehr bedenklich. Das riecht für mich schon sehr stark nach arglistiger Täuschung.
Die Fallfrage, ob der Vermieter einen Anspruch auf Zahlung des rückständigen Mietzinses hat i.V.m. mit einer möglichen Aufrechnung seitens der Mieterin ist klausurtechnisch interessant, weil hier dann mehrere Inzidentprüfungen erforderlich wären. Eine Lösungsskizze sähe dann wie folgt aus:
1. Anspruch entstanden (+)
Wirksames Zustandekommen eines Mietvertrages über die Wohnung, §§ 535, 549 ff. BGB (+)
Anspruch auf Zahlung des Mietzinses gem. § 535 II des V gegen M
=> M ist zur Zahlung des vereinbarten Mietzinses verpflichtet
2. Anspruch erloschen?
a) Aufrechnung gem. §§ 387 ff. BGB
aa) Gegenseitigkeit der Forderungen (+)
Die Forderungen bestehen zwischen denselben Vertragsparteien. Beide womöglich zugleich Gläubiger und Schuldner.
bb) Gleichartigkeit der Forderungen (+), da beide auf Geldschulden gerichtet
cc) Bestehen und Erfüllbarkeit der Hauptforderung (Passivforderung) (+)
Anspruch auf Zahlung des Mietzinses gem. § 535 II des V gegen M
dd) Fällige und durchsetzbare Gegenorderung (Aktivforderung)
Ein Anspruch der könnte sich aus § 812 I 1 1.Alt BGB ergeben. Dazu müsste V durch Leistung M etwas ohne rechtlichen Grund erlangt haben. Dies wäre der Fall, wenn M trotz Minderung kraft Gesetzes zuviel Mietzins entrichtet hätte.
(1) Inzidentprüfung der Voraussetzungen für Mietminderung gem. § 536 I 1 2.Alt. BGB
(a) Mietvertrag (+) s.o.
(b) Vorliegen eines Mangels zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses
(aa) Grds. Mangel gem. § 536 BGB wegen Wohnflächenunterschreitung von mehr als 10 Prozent unter Heranziehung der Rechtsprechung des BGH, selbst bei ca. oder rund-Angabe (+)
(bb) Eingehen auf die konkrete Vertragsgestaltung: Vorliegend handelte es sich nicht um eine verbindliche Beschaffenheitsvereinbarung
daher Zwischenergebnis: Mangel (-)
Zwischenergebnis: Fällige und durchsetzbare Forderung (-), da Anspruch aus § 812 I 1 1. Alt BGB als Aktivforderung (-)
Zwischenergebnis: Anspruch somit nicht erloschen
Ergebnis: V hat gegen M einen Anspruch auf Zahlung des rückständigen Mietzinses aus § 535 II BGB.

13.11.2010/1 Kommentar/von Samuel Ju
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Samuel Ju https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Samuel Ju2010-11-13 12:44:562010-11-13 12:44:56BGH: Neues zur Mietminderung bei Wohnflächenunterschreitung
Samuel Ju

AG München: Mietminderung bei Schimmelbildung in der Wohnung bis zu 100% möglich

Mietrecht, Zivilrecht

Das AG München hatte in einem Urteil vom 11.06.2010 (412 C 11503/09) über das Recht des Mieters zur 100%igen Mietminderung bei Schimmel in der Wohnung zu entscheiden. Es entschied, dass es den an eine normale Wohnnutzung zu stellenden Anforderungen widerspreche, wenn in einer Wohnung Schimmelbildung nur durch durchgehendes Lüften vermieden werden könne. Eine Minderung sei gerechtfertigt, im vorliegenden Fall sogar bis zu 100 Prozent. Insbesondere für den bevorstehenden kalten Winter ein interessantes Urteil.
Sachverhalt
Eine Frau mietete für sich, ihren Ehemann und ihre drei Kinder eine Wohnung in München. Nach Einzug in die Wohnung begann sich in allen Räumen Schimmel zu bilden. Als sich schließlich der Schimmel in allen Schlafzimmern, der Küche und dem Wohnzimmer teilweise vom Fußboden gemessen bis zu einer Höhe von 80 cm und mehr ausgebreitet hatte, forderte die Mieterin die Vermieterin auf, den Schimmelbefall begutachten zu lassen. Diese maß aber lediglich die Feuchtigkeit und händigte der Mieterin die Broschüre „Richtiges Heizen und Lüften“ aus. Das Anwesen sei schließlich nach den anerkannten Regeln der Technik errichtet. Die Schimmelbildung könne daher nur an der mangelhaften Lüftung durch die Mieterin liegen. Darauf hin erhob die Mieterin Klage beim Amtsgericht München. Sie forderte die Schimmelbeseitigung. Darüber hinaus wollte sie festgestellt wissen, dass sie ihre Miete um 100 Prozent mindern könne. Schließlich bestehe eine erhebliche Gesundheitsgefährdung. Ihr Ehemann, ihre 16, 13 und 7 Jahre alten Kinder und auch sie selbst würden bereits unter Erkrankungen des Bronchialsystems leiden.
Entscheidung des AG München
Das Amtsgericht München gab der Mieterin in allen Punkten recht. Der vom Gericht herangezogene Sachverständige stellte fest, dass selbst durch das während der Begutachtung erfolgte intensive Lüften mit langen Lüftungsintervallen dieses nicht geeignet war, die in den Räumen vorhandene Feuchtigkeit dauerhaft zu beseitigen. Die ermittelten Werte lagen auch nur während des Lüftens in einem Bereich, in dem es nicht zu einer Schimmelbildung kommen kann. Dies bedeute praktisch, dass nur bei immerwährendem Lüften kein Schimmel entstehen würde.
Dauerhaftes Lüften unzumutbar: Erforderliches Lüftungsverhalten darf Lebensverhalten der Mieterin nicht einschränken
Ständiges, durchgehendes Lüften sei der Mieterin – so der Richter – jedoch nicht zumutbar. Es widerspräche eklatant den an eine normale Wohnnutzung zu stellenden Anforderungen. Das für eine Wohnnutzung erforderliche Lüftungsverhalten dürfe nicht so weit gehen, dass dadurch die Nutzung der Wohnung und das Lebensverhalten der Mieterin eingeschränkt werden. Insbesondere müsse es der Mieterin auch möglich sein, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen, bei der sie tagsüber nicht in der Wohnung sei und folglich nicht lüften könne. Das erforderliche Lüften müsse daher auch in den Morgen- und Abendstunden durchführbar sein. Darüber hinaus könne es auch nicht angehen, dass ein Mieter gezwungen werde, bei geöffnetem Fenster zu schlafen. Als wesentlichen Bereich des persönlichen Lebens und der Ruhe müsse es der freien Entscheidung der Mieterin offen stehen, ob sie bei offenem oder geschlossenen Fenster schlafe. Dies gelte insbesondere auch bei niedrigen Außentemperaturen.
Basics: Mietminderung gem. § 536 BGB
Für die Zeit der Gebrauchsbeeinträchtigung tritt gem. § 536 I S. 1 BGB automatisch (ipso iure) eine Minderung der Miete, bei massiven Mängeln sogar eine komplette Befreiung von der Pflicht zur Mietzahlung ein. Anders als im Kaufrecht ist beim Mietverhältnis keine ausdrückliche Minderungserklärung nach § 441 BGB erforderlich. Allerdings besteht eine Anzeigepflicht des Mieters gegenüber dem Vermieter nach § 536c Abs. 1 BGB). Die Miete kann dann für die Dauer des Mangels automatisch gemindert werden. Nach h. M. ist dabei für die Berechnung der Minderung die Bruttomiete, d. h. inklusive Nebenkosten, zugrunde zu legen.
Mietminderung aufgrund der konkreten Gesundheitsgefährdung zulässig
Das AG München entschied, dass auch die Mietminderung nach § 536 BGB begründet sei. Es bestünde eine konkrete Gesundheitsgefährdung auf Grund des großflächigen, massiven Schimmelbefalls. Die intensive Pilzbesiedlung und das extrem hohe Aufkommen von Milben mache eine Nutzung der Wohnung unmöglich.
AG München, Urteil vom 11.06.2010 (412 C 11503/09)

10.10.2010/2 Kommentare/von Samuel Ju
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Samuel Ju https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Samuel Ju2010-10-10 08:19:292010-10-10 08:19:29AG München: Mietminderung bei Schimmelbildung in der Wohnung bis zu 100% möglich
Samuel Ju

Zwei BGH-Entscheidungen zur Mietminderung bei Wohnflächenunterschreitung

Mietrecht, Schuldrecht, Zivilrecht, Zivilrecht

BGH-Urteil vom 23.6.2010: Vereinbarung der Wohnfläche durch Absprachen im Vorfeld des Vertragsschlusses
Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil vom 23.6.2010 (VIII ZR 256/09) entschieden, dass ein Mangel einer Mietwohnung aufgrund einer Flächenabweichung auch dann vorliegen kann, wenn der schriftliche Mietvertrag keine Angaben zu der Wohnfläche enthält.
Sachverhalt
Die Klägerin mietete vom Beklagten eine Dachgeschosswohnung in Mannheim. Der schriftliche Mietvertrag enthält keine Angaben zur Größe der Wohnung, diese sind in dem verwendeten Vordruck auch nicht vorgesehen. Die Wohnung war von einer Immobilienmaklerin mit folgender Annonce in der Zeitung angeboten worden: „MA-Waldhof, 3 ZKB-DG, Balkon, ca. 76 m², Parkett, EBK, DM 890,- + NK“. Vor Abschluss des Mietvertrages wurden der Mieterin eine Grundrissskizze sowie eine detaillierte Wohnflächenberechnung übergeben, in der die Gesamtgröße der Wohnung mit 76,45 Quadratmetern ausgewiesen wird. Die Mieterin hat mit der Begründung, die Wohnung habe lediglich eine Wohnfläche von 53,25 Quadratmetern, unter anderem die Rückzahlung überzahlter Miete geltend gemacht.
Entscheidung
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass angesichts der Geschehnisse bis zur Unterzeichnung des Mietvertrages alleine dem Fehlen von Angaben zur Wohnungsgröße in dem Vertragstext, die dort auch nicht vorgesehen waren, nicht entnommen werden kann, dass sich die Parteien bei Abschluss des Vertrages bezüglich der Wohnfläche nicht vertraglich binden wollten. Die Gesamtumstände lassen vielmehr darauf schließen, dass die Parteien den schriftlichen Vertrag in der beiderseitigen, dem jeweiligen Vertragspartner erkennbaren Vorstellung geschlossen haben, die Wohnung weise die zuvor angegebene Wohnfläche auf. Dies begründet eine konkludente Vereinbarung über die Wohnungsgröße. Liegt wie im entschiedenen Fall eine Wohnflächenunterschreitung um mehr als zehn Prozent vor, führt dies nach ständiger Rechtsprechung zu einer Mietminderung gemäß § 536 BGB.
BGH-Urteil vom 10.3.2010: Hat ein „ca.“-Zusatz bei der Wohnflächenangabe irgendwelche Auswirkungen bei der Minderung der Miete?
Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil vom 10.3.2010 (VIII ZR 144/09) entschieden, dass bei der Berechnung der Mietminderung wegen Unterschreitung der im Mietvertrag angegebenen Wohnfläche auch dann keine zusätzliche Toleranzschwelle zu berücksichtigen ist, wenn die Wohnflächenangabe im Vertrag einen „ca.“-Zusatz enthält.
Sachverhalt
Die Kläger waren bis Ende 2007 Mieter einer Wohnung des Beklagten in Aachen. Die Wohnungsgröße ist im Mietvertrag mit „ca. 100 m²“ angegeben. Die monatlich zu zahlende Miete betrug zuletzt rund 500 €. Im Januar 2008 forderten die Mieter den Vermieter zur Rückzahlung von in den Jahren 2002 bis 2007 überzahlter Miete auf und begründeten dies damit, dass die Wohnung lediglich über eine Wohnfläche von 81 Quadratmetern verfüge. Das Amtsgericht hat der auf Rückzahlung von rund 6.800 € gerichteten Klage teilweise stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die Berufung der Mieter hat das Landgericht zurückgewiesen und dabei die Auffassung vertreten, dass die Minderung nicht aus einer Wohnfläche von 100 Quadratmetern, sondern im Hinblick auf die „ca.“-Angabe im Vertrag lediglich aus einer Fläche 95 Quadratmetern zu berechnen sei.
Entscheidung
Die für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass dem relativierenden Zusatz „ca.“ für die Bemessung der Mietminderung im Rahmen des § 536 Abs. 1 BGB keine Bedeutung zukommt. Die Minderung solle die Herabsetzung der Gebrauchstauglichkeit ausgleichen. Daraus folge, dass die Höhe des Minderungsbetrages dem Umfang der Mangelhaftigkeit zu entsprechen habe. Die Mangelhaftigkeit liege aber darin, dass die Wohnfläche mehr als zehn Prozent von der angegebenen Quadratmeterzahl abweicht.
Das heißt zusammengefasst:
1. Die Abweichung von einer als Beschaffenheit vereinbarten Wohnfläche um mehr als zehn Prozent zum Nachteil des Mieters stellt auch dann einen zur Minderung berechtigenden Sachmangel dar, wenn der Mietvertrag zur Größe der Wohnfläche nur eine „ca.“-Angabe enthält.
2. Der relativierende Zusatz „ca.“ rechtfertigt auch bei der Berechnung der Minderung keine zusätzliche Toleranzschwelle in Höhe von 5%. (wie im vorliegenden Fall vom Landgericht angenommen).

30.06.2010/0 Kommentare/von Samuel Ju
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Samuel Ju https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Samuel Ju2010-06-30 19:15:202010-06-30 19:15:20Zwei BGH-Entscheidungen zur Mietminderung bei Wohnflächenunterschreitung

Über Juraexamen.info

Deine Zeitschrift für Jurastudium, Staatsexamen und Referendariat. Als gemeinnütziges Projekt aus Bonn sind wir auf eure Untersützung angewiesen, sei es als Mitglied oder durch eure Gastbeiträge. Über Zusendungen und eure Nachrichten freuen wir uns daher sehr!

Werbung

Anzeige

Neueste Beiträge

  • BGH zur Halterhaftung nach dem StVG
  • Basiswissen Kriminologie – über Genese, bekannte Persönlichkeiten und die relativen Straftheorien
  • Die mündliche Prüfung im ersten Staatsexamen

Weitere Artikel

Auch diese Artikel könnten für dich interessant sein.

Redaktion

BGH zur Halterhaftung nach dem StVG

Rechtsprechung, Startseite

Wir freuen uns, nachfolgenden Gastbeitrag von Simon Mantsch veröffentlichen zu können. Er studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn und ist als Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Flick Gocke Schaumburg tätig. In einer kürzlich veröffentlichten […]

Weiterlesen
16.03.2023/1 Kommentar/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2023-03-16 08:30:022023-03-16 08:33:08BGH zur Halterhaftung nach dem StVG
Alexandra Ritter

Die mündliche Prüfung im ersten Staatsexamen

Lerntipps, Mündliche Prüfung, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Startseite, Strafrecht, Uncategorized, Verschiedenes, Zivilrecht

Viele Jahre bereitet man sich durch Studium und Repetitorium darauf vor und irgendwann ist es soweit: man schreibt das erste Staatsexamen. Sechs Klausuren und eine mündliche Prüfung (so zumindest in […]

Weiterlesen
06.03.2023/2 Kommentare/von Alexandra Ritter
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Alexandra Ritter https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Alexandra Ritter2023-03-06 09:00:002023-03-13 08:18:47Die mündliche Prüfung im ersten Staatsexamen
Gastautor

Basiswissen Kriminologie – über Genese, bekannte Persönlichkeiten und die relativen Straftheorien

Rechtsgebiete, Startseite, Strafrecht, Strafrecht AT, Verschiedenes

Wir freuen uns, nachfolgenden Gastbeitrag von Sabrina Prem veröffentlichen zu können. Die Autorin ist Volljuristin. Ihr Studium und Referendariat absolvierte sie in Düsseldorf. Was genau verbirgt sich eigentlich hinter dem Begriff „Kriminologie“? […]

Weiterlesen
06.03.2023/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2023-03-06 09:00:002023-03-15 09:06:21Basiswissen Kriminologie – über Genese, bekannte Persönlichkeiten und die relativen Straftheorien

Support

Unterstütze uns und spende mit PayPal

Jetzt spenden
  • Über JE
  • Das Team
  • Spendenprojekt
  • Gastautor werden
  • Mitglied werden
  • Alumni
  • Häufige Fragen
  • Impressum
  • Kontakt
  • Datenschutz

© 2022 juraexamen.info

Nach oben scrollen