Nach den in den letzten beiden Tagen veröffentlichten lustigsten Urteilen zum Zivilrecht (Teil 1 und Teil 2) wollen wir euch auch den arbeitsrechtlichen Bereich nicht vorenthalten. Auch hier sind die Urteile erneut bunt gemischt: lustige Sachverhalte sind ebenso vertreten wie gereimte Urteile.
Herzlichen Dank an alle, die uns Urteile zugesandt haben. Gratulieren dürfen wir Yasmina Yenimazman, die uns einen Fall des LAG Baden Württemberg zugesendet hat, der deutlich macht, wohin die Langeweile von (arbeitslosen) Juristen führen kann…
Viel Vergnügen beim Lesen!
ArbG Detmold 3 Ca 842/07 v. 23.08.2007
Der Streit entstand, weil der Beklagte
im Rechtsstreit (ArbG Detmold 1 Ca 1129/06) vorzutragen wagte,
was nun der Klägerin sehr missfällt. Sie fordert deshalb Schmerzensgeld.
Dass der Beklagte schweigen soll, verlangt sie ferner voller Groll.
Was ist der Grund für ihre Klage?
Nun, der Beklagte hat in ……
einst einen Spielbetrieb besessen.
Die Klägerin ihrerseits indessen
erhielt – als Aufsicht eingesetzt
– für diese Tätigkeit zuletzt
als Stundenlohn, wie man das kennt,
nur sieben Euro und elf Cent.
Oft kamen dorthin manche Kunden
erst in den späten Abendstunden,
um sich – vielleicht vom Tagesstress
beim Spielen auszuruh’n. Indes
behauptet nunmehr der Beklagte,
dass es die Klägerin dann wagte,
so neben ihren Aufsichtspflichten
noch andere Dinge zu verrichten:
So habe sie sich nicht geniert
und auf dem Hocker masturbiert.
Was dabei auf den Hocker troff,
befände sich im Hockerstoff.
Die Spielbar sei aus diesem Grunde
als „Russenpuff“ in aller Munde.
Er habe zwar nun dies Geschehen
nicht selbst vor Ort mitangesehen.
Doch hätten Zeugen ihm beschrieben,
was dort die Klägerin getrieben.
Er kündigte aufgrund der Kunde
der Klägerin aus andrem Grunde,
um – dies ließ er jedoch betonen
– den Ruf der Klägerin zu schonen.
Die Klägerin klagte dann sogleich. (ArbG Detmold 1 Ca 1129/06).
Man einigte sich im Vergleich –
hier mag man die Parteien loben –
denn der Vertrag ward aufgehoben und –
um die Sache abzurunden –
die Klägerin noch abgefunden.
Der Klägerin reichte dies nicht hin,
denn ihr steht noch nach Mehr der Sinn.
Sie habe nie vor all den Zockern
sich selbst befriedigt auf den Hockern.
Der Pein, die man ihr zugefügt,
der werde nur durch Geld genügt.
Die Lügen – für sie nicht zu fassen –
muss der Beklagte unterlassen.
Die Klägerin beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 3.000,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.2007 zu zahlen;
2. den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, zu behaupten, dass die Klägerin mehrfach sexuelle Handlungen nach Dienstschluss in der Diensthalle der Fa. … GmbH vorgenommen habe;
3. dem Beklagten anzudrohen, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000,00 € oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten gegen ihn festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er meint, es fehle dieser Klage
der Grund, dies stehe außer Frage.
Er habe nichts etwa „erdichtet“
nein, nur in dem Prozess (ArbG Detmold 1 Ca 1129/06) berichtet –
und so die Kündigung begründet –
was vorher Zeugen ihm verkündet
und diesen habe er geglaubt.
Dies sei ihm doch wohl noch erlaubt.
Was nun die Klägerin bestreitet,
das habe er auch nie verbreitet.
Er habe doch nur im Prozess
berichtet, wie gehört. Indes:
er könne schließlich nach Belieben
was dort die Klägerin getrieben
beweisen: erstens durch die Zeugen;
die würden sicher nichts verschweigen.
Und zweitens durch den Stoffbezug
des Hockers, der die Klägerin trug.
Er reichte ihn – den gut verpackten –
bereits zu den Verfahrensakten (ArbG 1 Ca 1129/06 Pl. Hülle Bl. 30),
auf dass nunmehr die Analyse
der Klägerin Tun exakt bewiese.
Was die Parteien noch so sagen, ist in der Akte nachzuschlagen.
Entscheidungsgründe
Die Klage – wie die Kammer findet –
ist vollumfänglich unbegründet.
Auch wenn’s der Klägerin missfällt:
Es gibt für sie kein Schmerzensgeld;
denn der Beklagte durfte hier
sich äußern, wie er’s tat. Dafür
gilt dies hier nur in dem Verfahren –
sonst darf er auch nichts offenbaren.
Er hat – um auf den Punkt zu kommen –
insoweit etwas wahrgenommen,
was der, der die Gesetze kennt,
„berechtigtes Interesse“ nennt. (Vgl. § 193 StGB.)
Zwar könnte man zu Recht hier fragen:
Darf man denn einfach etwas sagen,
wenn man es nur von anderen hört
und dies, wen es betrifft, empört?
Besteht nicht wenigstens die Pflicht,
dass man sich informiert und nicht
leichtfertig irgendwas verbreitet,
was Anderen Verdruss bereitet?
Dass der Beklagte so ganz „locker“
erfand das Treiben auf dem Hocker,
er also nicht aus Zeugenmunde
erfuhr die „sexuelle Kunde“,
hat selbst die Klägerin nicht erklärt.
So war es ihm auch nicht verwehrt
die Kunde für sich selbst zu nützen,
hierauf die Kündigung zu stützen.
Die Klägerin hat nämlich nicht
bestritten, dass hier ein Bericht
der Zeugen stattfand, der Beklagte
nur wiedergibt, was man ihm sagte.
Auch dafür, dass die beiden Zeugen
persönlich vielleicht dazu neigen
bewusst die Unwahrheit zu sagen,
ward im Prozess nicht vorgetragen.
So musste der Beklagte nicht
misstrauen ihrem Tatbericht,
um selbst der Sache nachzugehen,
was in der Spielbar so geschehen.
Nur wenn sein Ziel war zu verletzen,
die Klägerin herabzusetzen,
sie zu verleumden, zu entehren,
war ihm dies deutlich zu verwehren.
Kurz: Es kommt letztlich darauf an,
ob’s der Beklagte selbst ersann,
er also gleichsam phantasierte,
wie sich die Klägerin gerierte.
Und deshalb bleibt auch unergründet,
was sich im Hockerstoff befindet
und ob die Zeugen sahn und hörten,
was dem Beklagten sie erklärten.
Nein, der Beklagte muss mitnichten
ein hohes Schmerzensgeld entrichten.
2. Auch unbegründet – ohne Frage –
ist hier die Unterlassungsklage.
Die Klägerin hat nicht vorgetragen,
dass der Beklagte sozusagen
nun coram publico beschrieben,
was auf dem Hocker sie getrieben.
Nur im Prozess hat er erklärt,
was jetzt die Klägerin empört.
Das durfte er – wie dargestellt,
womit natürlich das entfällt,
was letztlich Grund der Klage war:
die zu befürchtende Gefahr,
dass der Beklagte überall
herumerzählt den „Hockerfall“,
bestrebt ist, unter allen Leuten
was man ihm zutrug zu verbreiten.
Die Kosten, dies bleibt noch zu sagen,
sind von der Klägerin zu tragen. (Vgl. § 91 ZPO.)
Der Streitwert war nach den Gesetzen (vgl. §§ 61 Abs. 1 ArbGG; 3 ZPO; 23 Abs. 3 RVG) –
wie hier geschehen – festzusetzen.
BAG, Urteil vom 2. 3. 2006 – 2 AZR 53/05 – NZA-RR 2006, 636
Bei diesem Fall ist der Sachverhalt besonders kurios:
Der […] Kläger ist seit dem 1. Juli 1992 beim Beklagten, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, als beratender Arzt (Neurologie und Psychiatrie) für Krankenkassen und als ärztlicher Gutachter für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen beschäftigt.
In der Zeit vom 8. September 2003 bis 16. Januar 2004 war der Kläger wegen einer Meningoenzephalitis (Hirnhautentzündung mit Auswirkungen auf die Gehirnsubstanz) arbeitsunfähig krank geschrieben. Anfang Dezember 2003 bat die Vorgesetzte den Kläger, an einer Weiterbildung am 8. Januar 2004 in A teilzunehmen. Der Kläger lehnte dies unter Hinweis auf krankheitsbedingte Konzentrationsschwierigkeiten ab.
Ab dem 27. Dezember 2003 befand sich der Kläger in einem bis zum 3. Januar 2004 geplanten Skiurlaub in Zermatt (Schweiz).
Mit Schreiben vom 23. Januar 2004, dem Kläger am 23. Januar 2004 zugegangen, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers außerordentlich fristlos zum 26. Januar 2004.
Der Kläger hat mit seiner Kündigungsschutzklage die Unwirksamkeit der Kündigung geltend gemacht und seine Weiterbeschäftigung begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, er habe seine arbeitsvertraglichen Pflichten während seiner Arbeitsunfähigkeit nicht verletzt. Die gesundheitlichen Einschränkungen auf Grund seiner Hirnhautentzündung seien allein neuropsychologischer Art gewesen. Er habe seine eine hohe Konzentration erfordernde Arbeit im medizinischen Dienst des Beklagten nicht ausüben können. Eigentliche körperliche Probleme habe er nicht gehabt. Das Krankheitsbild habe es nicht verboten, Ski zu fahren. Sein Arzt habe keine Einwendungen gehabt, Sport sei vielmehr sogar wünschenswert gewesen. Er habe sich auch nicht genesungswidrig verhalten.
Die Kündigung war dann übrigens erfolgreich. Insbesondere mit der Begründung, dass seine Tätigkeit im medizinischen Dienst der Krankenkassen ein besonderes Vertrauen Außenstehender erfordere. Dieses sei durch die Vorfälle nicht mehr gegeben:
Die erhebliche Verletzung der vertraglichen Rücksichtnahmepflicht wiegt hier umso schwerer, als der Kläger auf Grund seines beruflichen Aufgabenfeldes in besonderem Maße dazu verpflichtet war, das Vertrauen Außenstehender in die von ihm geleistete Arbeit und die korrekte Aufgabenerledigung seines Arbeitgebers nicht zu erschüttern. Durch sein Verhalten hat der Kläger den Anschein gesetzt, trotz der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit nicht alles zu unterlassen, was einer Genesung abträglich sein könnte. Damit hat er zu erkennen gegeben, dass er die Maßstäbe seiner täglichen Arbeit bei der Begutachtung von Arbeitnehmern, an deren bescheinigter Arbeitsunfähigkeit Zweifel bestehen, offensichtlich für sich selbst nicht zur Anwendung bringen will.
LArbG Baden-Württemberg Beschluß vom 13.8.2007, 3 Ta 119/07
Das passiert, wenn einem arbeitslosen Juristen, mit immerhin befriedigendem Staatsexamen langweilig ist. Geld gibts dafür allerdings trotzdem nicht.
Der am … 1952 geborene, ledige Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 10.12.2006 auf die von dem Beteiligten Ziff. 2 (im Folgenden: Beklagten) ausgeschriebene Stelle einer/eines Juristin/Juristen. […] Erwartet wurden vertiefte Kenntnisse der Leistungsgewährung nach dem SGB II und des Unterhaltsrechts.
Für das Bewerbungsschreiben verwendete der Kläger seinen früheren Briefkopf als zugelassener Rechtsanwalt, wobei der Briefkopf mit zahlreichen „xxx“ und maschinenschriftlichen Änderungen versehen war.
In der Fußzeile des Bewerbungsschreibens war ein Text als „Cetero Censeo“ eingefügt, den der Kläger für den größten Teil seiner derzeitigen Geschäftspost einschließlich Bewerbungsschreiben verwendet. Dieser Text lautet wie folgt:
„Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Herren Lustmolche und Sittenstrolche, welche als die „Herren Freier“ regelmäßig in Bordellen verkehren, zu einer Sonderabgabe (Bordell oder Bordellumsatzsteuer) herangezogen werden müssten. Mit diesem Steueraufkommen sollte die Lebenssituation der Menschen in Pflegeheimen und Behinderteneinrichtungen verbessert werden.“
Der Bewerbung war u.a. ein Lichtbild beigefügt, das den Kläger anlässlich eines Schachturniers vor einem Schachbrett sitzend zeigt. Auf dem weiter beigefügten Lebenslauf war im Kopf eingetippt „Einsatzbereit! Lässt sich kein X für ein U vormachen!“
Der Kläger ist von der Ausbildung her Volljurist. Er legte am 18.03.1980 sein erstes juristisches Staatsexamen mit der Note „befriedigend“ (7,25 Punkte) und am 22.09.1982 sein zweites juristisches Staatsexamen ebenfalls mit der Note „befriedigend“ (7,34 Punkte) ab. Von 1982 bis 1998 war er als selbständiger Rechtsanwalt in verschiedenen Bezirken tätig. Am 29.01.1999 verzichtete er aus wirtschaftlichen Gründen auf die Zulassung als Rechtsanwalt. In seinem Lebenslauf ist angegeben: „Seit 01.02.2000 von bezahlter Arbeit ausgeschlossen“ und „seit 01.01.2005 im Zuge der sogenannten Reform Harz IV auf Bahnhofspennerniveau verharzt“. Des Weiteren ist im Lebenslauf vermerkt: „Februar 2004 Bewerbung als Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg, auserwählt: Herr Weise“.
[…] Mit Schreiben vom 20.02.2007 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass die Stelle leider einer anderen Bewerberin übertragen worden sei.
Mit Schreiben vom 27.02.2007 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er Schadenersatzansprüche in Höhe von sechs Bruttomonatsgehältern geltend mache. Er begründete dies damit, dass der begründete Verdacht einer Diskriminierung wegen seines Alters, seines Geschlechts, seiner Arbeitslosigkeit und seiner politischen Betätigung bestehe.
Mit seiner am 12.04.2007 eingegangenen Klage hat der Kläger Schadenersatz in Höhe von sechs Bruttomonatsgehältern begehrt. […] In einem Schreiben vom 12.05.2007 hatte der Kläger als Vergleichsmöglichkeit vorgeschlagen, ihn auf die ebenfalls zu besetzende Stelle eines Sozialdezernenten „zu hieven“. Auf diese Stelle hatte sich der Kläger ebenfalls beworben.
[…] Mit Schriftsatz vom 05.06.2007 erweiterte der Kläger die Klage um den Antrag, ihm ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 4.000,00€ zu bezahlen. Im Rahmen dieses Schriftsatzes nahm der Kläger umfangreich dazu Stellung, aus welchen Gründen er in der Fußzeile seiner Geschäftspost den oben angegebenen Text einfüge. Er zitierte hierbei aus seinem Schreiben an das Jobcenter Stuttgart-West vom 19.06.2006, in dem es auszugsweise heißt:
„Nachdem die Rotlichtbranche offenbar boomt, können Sie ja versuchen, weitere arbeitslose junge Damen an Frau „N.“ (Studio A. in S) zu vermitteln. Vielleicht begegnet dann ja eine so vermittelte im SM-Studio ihrem früheren Chef wieder, der sie gefeuert hat. … Welch ein „Hallooo“ wäre das wohl ….?!“
Der Kläger beantragte, auch für die erweiterte Klage Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Mit Beschluss vom 03.07.2007 wies das Arbeitsgericht diesen Antrag auf weitere Prozesskostenhilfe zurück. Der Beschluss wurde dem Kläger am 10.07.2007 zugestellt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Klägers ging am 10.08.2007 ein; sie ist Gegenstand eines gesonderten Beschwerdeverfahrens.
[…]
2. […] Hierbei scheitert der geltend gemachte Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG schon daran, dass nach den Gesamtumständen des vorliegenden Falls von einer ernsthaften Bewerbung des Klägers um die ausgeschriebene Stelle nicht ausgegangen werden kann. Vielmehr dient die Bewerbung des Klägers ausschließlich dazu, einerseits eine Geldquelle zu erschließen und andererseits – wohl überwiegend – die Behörden und Gerichte aus Frustration über seinen sozialen Abstieg mit scheinbar ernsthaft formulierten Schriftsätzen zu beschäftigen. Letztlich dient das gesamte Verfahren dazu, das System des staatlichen Rechtsschutzes ad absurdum zu führen und der Lächerlichkeit preiszugeben.
[…]
c) Hingegen kann von einer subjektiv ernsthaften Bewerbung im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Die Form der Bewerbung und das nachfolgende Verfahren sprechen für sich.
aa) Erstes Indiz für die mangelnde Ernsthaftigkeit ist der vom Kläger als „Ceterum Censeo“ bezeichnete Text, der im Sachverhalt dieses Beschlusses aufgeführt ist. Gerade als Volljurist und langjähriger Rechtsanwalt war dem Kläger bewusst, dass es gegen jegliche Übung im Geschäftsleben verstößt, derartige Bemerkungen in der Geschäftspost anzubringen. Bemerkenswert ist außerdem das beigefügte Lichtbild, das den Kläger vor einem Schachbrett sitzend anlässlich eines Schachturniers zeigt, ferner die Bemerkung im Lebenslauf „seit 01.01.2005 im Zuge der sogenannten Reform Harz IV auf Bahnhofspennerniveau verharzt“ zu sein und die weitere Angabe über eine erfolglose Bewerbung als Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit. Diese Besonderheiten der Bewerbung mussten bei jedem Arbeitgeber den Eindruck hervorrufen, der Bewerber lege es von vornherein nicht darauf an, in die engere Auswahl zu gelangen. Der Kläger war sich auch dessen bewusst, dass er mit der Form seiner Bewerbung eben diesen Effekt erreichte.
bb) Diese Indizien werden erhärtet durch die im Gütetermin vorgelegten handschriftlichen Schreiben an den Landrat persönlich. Hierin wird im Schreiben vom 12.05.2007 als Vergleichsmöglichkeit aufgezeigt, den Kläger auf die Position eines Sozialdezernenten „zu hieven“. Zur Begründung für diesen Vergleichsvorschlag führte der Kläger aus, die Position werde entscheidend dazu beitragen, dass er im Alter nicht der Grundsicherung anheimfalle. Er – der Landrat – würde im Interesse der Steuerzahler/innen handeln, wenn er dem vorgeschlagenen Vergleich nähertrete. Es bedarf keiner näheren Ausführungen, dass der Beklagte diesen Vergleichsvorschlag nur als Provokation verstehen konnte.
cc) Als letztes Indiz für die mangelnde Ernsthaftigkeit der Bewerbung lassen sich die umfangreichen Ausführungen des Klägers zum Hintergrund des in seinen Geschäftsbriefen verwendeten „Ceterum Censeo“ anführen. Unter sexuellen Anspielungen befasst sich der Kläger mit den Themen Prostitution, Bordellen, Freiern und Bordellsteuer, führt aber gleichzeitig aus, dies habe mit seiner Bewerbung nichts zu tun. Welche Bedeutung die ab Anlage K 27 vorgelegten Schreiben, betreffend Dominas und Rotlichtmilieu, demnach haben sollen, ist unerfindlich. Die beigelegte Kleinannonce aus einem Berliner Magazin: „Prallärschiges Weib für alles Unanständige gesucht“ und „Alter Molch, 57, sucht unmoralische Frauen für Sex und Kultur“ sprechen ebenfalls für sich.
Die Gesamtumstände der Bewerbung und des weiteren Verfahrens lassen nur den Schluss zu, dass es dem Kläger neben dem möglichen Motiv des Gelderwerbs in diesem Verfahren vornehmlich darum geht, Aufsehen zu erregen und das System des staatlichen Rechtsschutzes lächerlich zu machen. […]
LAG Hamm v. 28.04.1999 – 14 (6) Sa 43/99;
Das LAG hatte den Anspruch auf den „Pensionärsfreitrunk“ bejaht. Das BAG als Revisionsinstanz konnte den Fall dann mangels Erledigung leider nicht mehr entscheiden. Was Hintergrund dieser Erledigung war (vllt. ein Bierfestbesuch), ist leider nicht mehr ermittelbar.
Freitrunk für Betriebsrentner trotz Einstellung der Eigenproduktion für Bier?
Der im November 1936 geborene Kläger wurde bis 1993 von der D. GmbH & Co. beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Aufhebungsvertrag auf der Grundlage einer Konzernbetriebsvereinbarung über vorzeitigen Ruhestand. Diese sah vor, dass die betroffenen Arbeitnehmer bis zur Vollendung des 60. Lebensjahrs einen monatlichen Freitrunk nach den tariflichen Regelungen und danach einen solchen von 20 l Bier erhalten sollten. Dementsprechend gewährte die frühere Arbeitgeberin und ursprüngliche Beklagte des vorliegenden Rechtsstreits dem Kläger ab November 1996 monatlich 20 l Bier. Ende 1996 stellte sie die Abgabe des Freitrunks an den Kläger und alle anderen Betriebsrentner ein. Zugleich übernahm der Pensionssicherungsverein aufgrund erheblicher Liquiditätsschwierigkeiten die Zahlung der Betriebsrenten. Zum 1. Oktober 1996 hatte die jetzige Beklagte – die D. AG – die Gesellschaftsanteile der ehemaligen Arbeitgeberin gekauft und entschieden, deren Braustätte aufzugeben. Das nun von einer externen Brauerei gebraute Bier wurde unter dem Namen der früheren Arbeitgeberin vertrieben. […]
Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht beantragt festzustellen, dass die D. GmbH & Co. über Januar 1997 hinaus verpflichtet ist, ihm den monatlichen Freitrunk von 20 l Bier zu gewähren. Er hat die Meinung geäußert, Geschäftsgrundlage der Freitrunkvereinbarungen sei nicht gewesen, dass die D. GmbH & Co. das Bier selbst braue. Der Bierbezug sei auch nicht als Sozialleistung zu bewerten, die aus wirtschaftlichen Gründen habe widerrufen werden können. Der Anspruch richte sich nicht gegen den Pensionssicherungsverein. Dieser habe nur die Verpflichtungen zu Geldleistungen aus der betrieblichen Altersversorgung übernommen. Die D. GmbH & Co. hat die gegenteiligen Standpunkte eingenommen.