Wird gemeinsam ein Kasten Bier gekauft und schließlich in geselliger Runde geleert, dann ist auch der Gewinn, der aus einem unter einem Kronkorken befindlichen Los gezogen wird, aufzuteilen. Das hat gestern das Landgericht Arnsberg entschieden. Allerdings hat das Gericht den Anspruch nicht mit der Annahme einer GbR zum Zwecke des gemeinsamen Bierkonsums – wie die Klägerin zunächst argumentierte – begründet.
I. Der Fall
Als Ende 2016 bekannt wurde, dass dieser Fall vor Gericht geht, musste man bereits schmunzeln: Eine Gruppe von Freunden kauft gemeinsam einen Bierkasten, einer entdeckt unter einem der Kronkorken ein Gewinnlos für ein Audi A3 Sportback und löst diesen auch ein. Seinen einstigen Trink-Kumpanen gefällt das garnicht. Eine Freundin klagt sogar auf Teilung des Gewinns. Begründung: Man habe eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gebildet, deren Zweck ein gemeinsamer Umtrunk gewesen sei. Tatsächlich hatten die fünf Freunde gemeinsam einen Wochenendausflug geplant und dabei auch vereinbart alle anfallenden Kosten zu teilen. So wurde auch der fragliche Bierkasten gemeinsam angeschafft.
II. Liegt eine GbR vor?
1. Allgemeines und bekannte Fälle
Der Fall ist zweifelos auch für Nicht-Juristen interessant: Muss man sich vor dem nächsten gemütlichen Abend mit Freunden ab sofort genauer darum Gedanken mache, welche rechtlichen Konsequenzen sich daraus ergeben könnten? Gerade Examenskandidaten wird die Konstellation jedoch an den Lehrbuch-Klassiker der Lotto-Tippgemeinschaft erinnern. Auch hier stellt sich die Frage, ob es sich um eine GbR handelt, wenn eine Gruppe von Bekannten regelmäßig Beiträge leistet, damit einer für alle einen gemeinsamen Lottoschein abgibt.
Zunächst hängt die Entstehung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts vom Abschluss eines Gesellschaftsvertrags iSv § 705 BGB ab. Dieser muss die vertragliche Verpflichtung von zwei oder mehr Gesellschaftern enthalten, einen gemeinsamen Zweck durch Beitragsleistung oder in sonstiger, vertraglich vereinbarter Weise zu fördern. Der Vertragsschluss ist jedoch auch formlos möglich (vgl. zu den Voraussetzungen der GbR: MüKo/Schäfer, 7. Auflage 2017, § 705 BGB Rn. 1 ff.)
In einem 1974 entschiedenen Fall (BGH v. 16.5.1974 – II ZR 12/73) hatte der BGH die Frage nach dem Vorliegen einer GbR offen gelassen – dass aber zwischen den Mitgliedern einer mündlich verabredeten Lotto- oder Totospielgemeinschaft überhaupt rechtliche Beziehungen bestehen, sei von der Rechtsprechung allgemein anerkannt und daher unstrittig. In jedem Fall bestünde die Rechtspflicht, den Gewinn wie verabredet auf die Mitglieder der Spielgemeinschaft zu verteilen, wenn auf die Spielgemeinschaft oder auf denjenigen, der in ihrem Auftrag an der Ausspielung teilgenommen hat, ein Spielgewinn entfällt.
Später hat jedoch das OLG Karlsruhe entschieden, dass eine BGB-Gesellschaft vorliegt, wenn sich Stammtischteilnehmer für unbestimmte Zeit zu dem gemeinsam betriebenen Spiel eines Lottoscheins zusammentun und diesen gemeinsamen Zweck durch vereinbarte Beiträge fördern (OLG Karlsruhe v. 30.12.1986 – 9 U 26/85).
2. Die Bierkasten-GbR
Ähnlich hätte auch der hier fragliche Fall gewertet werden können. Der gemeinsame Vertragsschluss und die vereinbarte Beitragsleistung könnten grundsätzlich bejaht werden, denn man hatte sich geeinigt sämtliche Kosten des Ausflugs zu teilen – also auch die für den Bierkasten. Insofern käme man durchaus zu einer Begründung eines entsprechenden Rechtsbindungswillens. Auch ein tauglicher Zweck könnte bejaht werden. Grundsätzlich kommt jeder erlaubte Zweck in Betracht, insbesondere wirtschaftliche, auf den Betrieb eines Unternehmens gerichtete sowie vermögensverwaltende Zwecke, ebenso wie ideelle Zwecke wissenschaftlicher, kultureller, politischer oder religiöser Art. Der Zweck kann aber auch der Herbeiführung eines immateriellen Erfolgs wie einer gemeinsamen Reise oder Theateraufführung dienen (MüKo/Schäfer, 7. Auflage 2017, § 705 BGB Rn. 144). Eine gemeinsamer Auflug kann daher – ebenso wie die damit verbundenen Aktivitäten, z.B. Verzehr eines Kasten Bier – grundsätzlich tauglicher Zweck einer GbR sein.
3. Die Ansicht des LG
Das LG hat jedoch nicht den Weg über die GbR gewählt. Das Gericht hat keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme eines Rechtsbindungswillens gesehen. Der Fall läge anders als bei den Tippgemeinschaften, bei denen die Teilnahme an dem Gewinnspiel Hauptzweck der vermeintlichen GbR sei. Im Gegensatz dazu stelle sich der Gewinn durch das Los unter dem Kronkorken eher als ein Nebenprodukt dar.
III. Anspruch auf Verteilung des Gewinns
Stattdessen hat das LG Arnsberg angenommen, dass alle Beteiligten Miteigentümer an dem Kornkorken geworden sind. Aus diesem Grund hätte der Beklagte den Kronkorken nicht alleine einlösen dürfen und sei deshalb nun ersatzpflichtig. Die Klägerin habe aber nur einen Anspruch auf anteiligen Ersatz des Markt- nicht des Neuwerts des Wagens.
IV. Fazit
Ein kurioser Fall, der auch noch ganz klassische Examensprobleme anschneidet, am Ende aber doch wieder ein bisschen anders ist: Ein heißer Prüfungskandidat! Mangels veröffentlichter Urteilsgründe sind noch einige Detailfragen hinsichtlich der konkreten Gestaltung der Ersatzpflicht offen – diesbezüglich halten wir euch natürlich auf dem Laufenden! Um euch die Wartezeit zu verkürzen, verweisen wir auf unseren kürzlich veröffentlichten Gastbeitrag Unabsichtlich überlassene Gewinne, der sich eingehend mit den Problemen des hier zugrundeliegenden Sachverhalts auseinandersetzt.
In einer mündlichen Prüfung kann jedoch bereits derjenige punkten, der sauber begründen kann, welche rechtliche Konstruktion hinter einer solchen gemeinsamen Anschaffung steht. Hierbei kann zur Abgrenzung auch immer wieder der Parallelfall der Tippgemeinschaft herangezogen werden.
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