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Schlagwortarchiv für: Körperverletzung mit Todesfolge

Dr. Yannik Beden, M.A.

StGB: Die Körperverletzungsdelikte in der Klausur: Definitionen und Streitstrände

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Vor allem im juristischen Grundstudium sind Straftatbestände, die Verletzungen von Leib und Leben sanktionieren, regelmäßig Prüfungsgegenstand. Die §§ 223 ff. StGB gehören dabei zu den „Klausurklassikern“, bei denen von jedem Prüfling Grundkenntnisse erwartet werden. Das gilt nicht nur für die Definitionen von Tatbestandsmerkmalen, sondern auch Meinungsstreitstände zu Problemstellungen, die überdurchschnittlich häufig abgefragt werden. Der nachstehende Beitrag gibt einen Überblick zu den klausur- bzw. examensrelevantesten Definitionen. Zudem werden – nicht abschließend – die wichtigsten Streitstände mit kurzen Erläuterungen zu den jeweils vertretenen Ansichten in Rechtsprechung und Literatur dargestellt.
I. Die Definitionen
1. § 223 StGB
(1) Körperliche Misshandlung
ist jede substanzverletzende Behandlung des Körpers, durch die das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit mehr als nur unerheblich beeinträchtigt wird.
(2) Gesundheitsschädigung
ist das Hervorrufen, Steigern oder Aufrechterhalten eines vom Normalzustand negativ abweichenden pathologischen Zustands physischer (oder psychischer, str.) Art.
2. § 224 StGB
(1) Gift
sind alle organischen und anorganischen Stoffe, die durch chemische und/oder chemisch-physikalische Wirkung geeignet sind, erhebliche Gesundheitsschädigungen herbeizuführen.
(2) Andere gesundheitsschädliche Stoffe
sind solche, die mechanisch oder thermisch wirken sowie biologisch schädliche Stoffe, die dazu geeignet sind, erhebliche Gesundheitsschädigungen herbeizuführen.
(3) Waffe
ist im technischen Sinn jedes Werkzeug, welches nach der Art seiner Anfertigung von vornherein dazu bestimmt ist, (nicht notwendigerweise Menschen) zumindest erhebliche Verletzungen zuzufügen.
(4) Gefährliches Werkzeug
ist jeder Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und Verwendungsart im konkreten Einzelfall dazu geeignet ist, zumindest erhebliche Verletzungen zuzufügen.
(5) Hinterlistiger Überfall
Ist jeder plötzliche, unerwartete Angriff auf einen ahnungslosen Menschen, bei dem der Täter seine wahre Absicht planmäßig verdeckt und dadurch die Verteidigungsmöglichkeiten des Opfers einschränkt.
(6) Mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich
begeht der Täter die Körperverletzung, wenn mindestens zwei Personen unmittelbar am Tatort gemeinschaftlich wirken, wobei unerheblich ist, ob dies in mittäterschaftlicher Begehung oder in Gestalt von Täterschaft und Teilnahme passiert.
(7) Mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
wird die Körperverletzung nach h.M. begangen, wenn die Verletzungen den objektiven Umständen des Einzelfalls nach geeignet ist, das Leben des Tatopfers zu gefährden, wobei es keiner tatsächlichen konkreten Lebensgefahr im Einzelfall bedarf.
3. § 225 StGB
(1) Quälen
ist das Zufügen länger andauernder oder wiederkehrender Schmerzen oder Leiden seelischer oder körperlicher Art.
(2) Rohes Misshandeln
ist eine Behandlung, die einer gefühllosen, fremde Leiden missachtenden Gesinnung entspricht und sich in Handlungsfolgen von erheblichem Gewicht für das körperliche Wohlbefinden des Tatopfers manifestiert.
(3) Böswillig
handelt der Täter, wenn er die ihm obliegende Sorgfaltspflicht aus besonders verwerflichen Gründen verletzt (Hass, Egoismus, Gewinnstreben o.ä.).
4. § 226 StGB
(1) Verlust des Sehvermögens
tritt ein, wenn die Fähigkeit, Gegenstände als solche zu erkennen, nahezu aufgehoben ist (Rspr.: 10 % der normalen Sehkraft)
(2) Wichtiges Glied des Körpers
sind alle äußerlichen Körperteile, die abgeschlossen in Erscheinung treten, mit dem Körper durch ein Gelenk verbunden sind und eine bestimmte Funktion im Gesamtorganismus haben.
(3) Dauernd entstellt in erheblicher Weise
ist das Tatopfer, wenn das äußere Gesamterscheinungsbild endgültig oder für einen unbestimmten Zeitraum verunstaltet wird und dies von einem Gewicht ist, welches in seiner Bedeutung den anderen schweren Nachteilen des § 226 StGB entspricht.
5. § 228 StGB – Sittenwidrigkeit
Sittenwidrig ist die Körperverletzung, wenn sie Anbetracht des Umfangs der Verletzung sowie des damit verbundenen Gefahrengrads für Leib und Leben trotz Einwilligung des Rechtsgutsträgers nicht mehr als von der Rechtsordnung hinnehmbar erscheint. Entscheidend ist nicht die Zwecksetzung der Tat oder die moralische Vorstellung der Gesellschaft, sondern der Grad der (Lebens-)Gefährdung, der mit der Verletzungshandlung einhergeht.
6. § 229 StGB – Fahrlässigkeit
Fahrlässig begeht die Körperverletzung, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den konkreten Umständen und seinen subjektiven Fähigkeiten und Kenntnissen nach verpflichtet und imstande ist.
7. § 231 StGB
(1) Schlägerei
ist eine tätliche Auseinandersetzung von mindestens drei Personen, die mit gegenseitigen Körperverletzungen verbunden ist.
(2) Von Mehreren verübter Angriff
ist eine in feindseliger Willensrichtung verübte unmittelbare Einwirkung auf den Körper eines anderen durch mindestens zwei Personen.
(3) Beteiligt
ist, wer sich unmittelbar am Tatort befindet und durch physische (oder psychische, str.) Mitwirkung an den gegen einen anderen gerichteten Tätlichkeiten teilnimmt.
II. Klassische Streitstände
1. Stellt ein de lege artis durchgeführter ärztlicher Eingriff eine Körperverletzung i.S.v. § 223 StGB dar?
(1) Rechtsprechung
Ärztliche Eingriffe stellen stets eine tatbestandliche Körperverletzung dar, die allerdings gerechtfertigt sein können, insbesondere durch eine (ausdrückliche oder mutmaßliche) Einwilligung des Patienten (vgl. grundlegend BGHSt 11, 111 (112)).
(2) Abweichende Literaturmeinung
Indizierte und kunstgerecht durchgeführte ärztliche Eingriffe sind nicht tatbestandsmäßig. Grund: Nach ihrem sozialen Sinngehalt können sie nicht „auf eine Stufe mit dem Messerstecher“ im Sinne einer Misshandlung oder Gesundheitsschädigung gestellt werden. Mitunter wird auch danach differenziert, ob der Heilgriff erfolgreich war oder misslungen ist und ob neue gesundheitliche Gefahren durch den Eingriff geschaffen worden sind.
2. Fallen rein psychische Beeinträchtigungen unter den Tatbestand des § 223 Abs. 1 StGB?
(1) Rechtsprechung und h.M. der Literatur
Rein psychische Empfindungen genügen bei keiner Handlungsalternative, um eine Körperverletzung zu begründen. Diese liegt erst dann vor, wenn ein pathologischer, somatisch-objektivierbarer Zustand hervorgerufen wird. Emotionale Reaktionen oder etwa latente Angstzustände sind danach für sich genommen nicht tatbestandlich (vgl. BGH Beschluss v. 18.7.2013 – 4 StR 168/13).
(2) Abweichende Literaturmeinung
Auch psychische Erkrankungen bzw. Beeinträchtigungen können tatbestandlich sein – es bedarf keines somatisch-objektivierbaren Zustands.
3. Können unbewegliche Sachen bzw. Gegenstände (Wand, Fußboden usw.) gefährliche Werkzeuge i.S.v. § 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt 2. StGB sein?
(1) Rechtsprechung und Teile der Literatur
Nein, nur Gegenstände, die durch menschliche Einwirkung in Bewegung gesetzt werden können, können gefährliche Werkezuge darstellen. In den meisten Fällen wird es sich jedoch um eine lebensgefährdende Behandlung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB handeln (vgl. BGHSt 22, 235).
(2) Abweichende Literaturmeinung
Auch unbewegliche Gegenstände können gefährliche Werkzeuge darstellen. Zum einen ist der Wortlaut der Norm weit gefasst und steht diesem Verständnis deshalb nicht entgegen, zum anderen führt die Ansicht der Rechtsprechung zu zufälligen Ergebnissen: Es kann keinen Unterschied machen, ob das Opfer gegen eine fest montierte Säge gewuchtet wird oder der Täter eine Säge in die Hand nimmt und das Opfer verletzt.
4. Bedarf es für eine lebensgefährdende Behandlung i.S.v. § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB einer konkreten Lebensgefahr des Opfers?
(1) Rechtsprechung und h.M.
Nein, es genügt bereits, dass die Tathandlung eine abstrakte Gefährdung des Lebens begründet, die tatsächliche Verletzung des konkreten Tatopfers muss nicht lebensgefährlich sein (z.B. BGHSt 36, 1 (9)). Denn der Wortlaut des Gesetzes stellt auf die Handlung ab, § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB ist ersichtlich kein Erfolgsdelikt.
(2) Abweichende Literaturmeinung
Es bedarf einer konkreten Lebensgefährdung. Aufgrund der hohen Strafandrohung ist eine restriktive Auslegung der Norm geboten.
5. Knüpft der Gefahrverwirklichungszusammenhang bei § 227 StGB an die Verletzungshandlung oder an den Verletzungserfolg an?
(1) Rechtsprechung
Ausreichend ist, dass die Körperverletzungshandlung den tödlichen Erfolg herbeiführt. Aus dem Klammerzusatz in § 227 Abs. 1 StGB ergibt sich zudem, dass ein vollständiger Verweis auf die §§ 223 – 226a StGB vorgenommen wurde. Danach ist sind auch die §§ 223 Abs. 2, 224 Abs. 2 sowie 225 Abs. 2 StGB umfasst (vgl. BGHSt 48, 34 (38)). Daraus folgt vor allem: Auch die versuchte Körperverletzung mit Todesfolge ist möglich!
(2) Abweichende Literaturmeinung
Anzuknüpfen ist ausschließlich an den Körperverletzungserfolg (sog. Letalitätslehre). Die Schwere der Tat ergibt sich gerade aus der Realisation des Verletzungserfolges. Dieses Verständnis gebiete auch die hohe Strafandrohung. Auch der Wortlaut der Norm spricht vom Tod der „verletzten“ Person. Einen erfolgsqualifizierten Versuch kann es deshalb auch nicht geben.
6. Ist dem Täter bei § 231 StGB der Todeserfolg auch zuzurechnen, wenn dieser eintritt, nachdem der Täter die Schlägerei verlassen hat?
(1) Rechtsprechung und Teile der Literatur
Der Erfolg muss sich nicht notwendigerweise im Zeitraum, in dem der Täter noch der Schlägerei beiwohnt, realisieren. Erforderlich ist allein, dass sich der Täter überhaupt an der den Tod verursachenden Schlägerei beteiligt hat (vgl. BGHSt 14, 132 (134)). Grund: Ein anderes Verständnis führt zu Beweisproblemen und konterkariert den Zweck der Strafnorm, die gerade die besondere Gefährlichkeit von Schlägereien im Blick hat. § 231 ist ein reines Gefährdungsdelikt – wer sich entscheidet, an einer Schlägerei teilzunehmen, hat keinen Einfluss mehr auf die Folgen, die hieraus eventuell entstehen. Das soll dem Täter nicht zu Gute kommen.
(2) Abweichende Literaturmeinung
Der Täter muss sich im Zeitpunkt des Eintritts des Todes noch fortwährend an der Schlägerei beteiligen. Die Strafandrohung wird gerade durch den Eintritt des Erfolgs legitimiert, der sich durch das Handeln der Beteiligten manifestiert. Der Täter muss genau dieses Risiko (mit-)geschaffen haben.
 
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14.11.2018/1 Kommentar/von Dr. Yannik Beden, M.A.
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Christian Muders

BGH: (Nochmal) zur Körperverletzung mit Todesfolge bei Brechmitteleinsatz

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Anm. zu BGH, Urteil v. 20.06.2012 – 5 StR 536/11 (= NJW 2012, 2453)
1. Um was geht es?
Die Polizeibeamten K und F nahmen den unbestraften, aus Sierra Leone stammenden C am 4. Dezember 2004 um 0.10 Uhr wegen des Verdachts des illegalen Kokainhandels vorläufig fest. Bevor C auf Aufforderung der Polizeibeamten den Mund öffnete, sahen sie dessen deutliche Schluckbewegungen und gingen aufgrund kriminalistischer Erfahrung mit „Kleindealern“ von einem Verschlucken von Kokainbehältnissen aus. Der Polizeibeamte K ordnete daher den sofortigen Brechmitteleinsatz (Exkorporation) der Drogenbehältnisse gemäß § 81a StPO an. Der Angeklagte A, ein im Beweismittelsicherungsdienst tätiger Arzt, führte diesen durch Legen einer Nasen-Magen-Sonde im Behandlungszimmer des Polizeigewahrsams aus, nachdem er den C zunächst oberflächlich körperlich untersucht hatte und keine Auffälligkeiten feststellen konnte. Da es in Folge der Durchführung des Brechmitteleinsatzes zunächst zu Komplikationen bei C kam, der nicht mehr ansprechbar war und erkennbar „eingetrübt“ wirkte, wurden ein Notarzt samt Rettungssanitäter benachrichtigt. Diese verabreichten dem C die Infusion eines Notfallmedikaments sowie eine Gabe Sauerstoff. Als der Verdächtige wieder einigermaßen stabil schien, wurde die Exkorporation sodann durch A nach einer oberflächlichen Überprüfung der Vitalfunktionen erneut fortgeführt, nachdem er den Notarzt vorab gebeten hatte, noch zu bleiben. Der C fiel bei dieser Fortsetzung der Maßnahme ins Koma und verstarb mehrere Wochen später.
Nachdem das LG Bremen den A zunächst freigesprochen hatte, hob der BGH mit Urteil v. 29.04.2010 – 5 StR 18/10 (= BGHSt 55, 121 ff. = BGH, NJW 2010, 2595 ff.) diese Entscheidung auf und verwies die Sache zurück an eine andere Schwurgerichtskammer des LG. Nachdem auch diese zu einem Freispruch des A kam, hatte der BGH nunmehr erneut zu entscheiden. Die zweite Schwurgerichtskammer hat ihren erneuten Freispruch u.a. darauf gestützt, dass die konkrete Todesursache des C nicht mit der für eine Verurteilung hinreichenden Sicherheit festgestellt werden könne. Zwar hielt es das Gericht für sehr wahrscheinlich, dass Todesursache bei C eine Mangelversorgung des Gehirns mit Sauerstoff als Folge von Ertrinken nach Eindringen des über den Magenschlauch zugeführten Wassers in die Lunge (Aspiration) bei forciertem Erbrechen war. Allerdings lasse es sich nicht ausschließen, dass bei dem Tod des C auch andere Faktoren, u.a. ein chronischer Herzmuskelschaden, jedenfalls im Sinne eines „multifaktoriellen Geschehens“ mitgewirkt haben könnten, was für A aber nicht vorhersehbar gewesen sei (Sachverhalt etwas vereinfacht).
2. Was sagt der BGH?
Der BGH hat das Urteil des LG Bremen erneut aufgehoben und die Sache wiederum an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts verwiesen. Er hat angenommen, dass aufgrund des durch die beiden Eingangsinstanzen festgestellten Sachverhalts (weiterhin) eine Verurteilung des A wegen Körperverletzung mit Todesfolge, § 227 Abs. 1 StGB, in Betracht komme.
a) Vorliegen des § 223 Abs. 1 StGB
Die Körperverletzung mit Todesfolge ist eine Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination in Gestalt eines sog. erfolgsqualifizierten Delikts. Danach muss zunächst der Grundtatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung nach § 223 Abs. 1 StGB (ggf. auch qualifiziert nach §§ 224 Abs. 1, 225 Abs. 1 Alt. 1 StGB) vorliegen, was in der Klausur vorweg erörtert werden kann.
aa) Tatbestand
Der BGH ist zunächst ohne größere Problematisierung davon ausgegangen, dass der objektive und subjektive Tatbestand des § 223 Abs. 1 StGB durch das Verabreichen von Brechmitteln mittels einer Nasen-Magen-Sonde verwirklicht wurde. Dies ist insoweit unproblematisch, als dass das Setzen der Sonde einen substantiellen Eingriff in den Körper des C und das Auslösen von Erbrechen eine wesentliche Störung der körperlichen Funktionen darstellt, so dass sowohl eine körperliche Misshandlung als auch eine Gesundheitsschädigung bei C vorliegen.
bb) Rechtswidrigkeit
Sodann war zu entscheiden, ob die als tatbestandsmäßige Körperverletzung zu bewertende Exkorporation nicht durch die strafprozessuale Eingriffsnorm des § 81a StPO gedeckt und also gerechtfertigt werden konnte. Dies war indes aus zwei Gründen ausgeschlossen:
(1) Zum einen stellt sich der körperliche Eingriff durch Brechmitteleinsatz in der vorliegenden Situation als unverhältnismäßig dar. Hierfür kann an eine (allerdings nach der maßgeblichen Tat ergangene) Entscheidung des EGMR (Urteil v. 11. 7. 2006 – 54810/00 [= NJW 2006, 3117 ff.]) angeknüpft werden, der das Einführen einer Nasen-Magen-Sonde zur Verabreichung von Brechmitteln als Verletzung der EMRK bewertet hatte, sofern hiermit nur einige wenige Drogenkügelchen zu Tage gefördert werden sollen; angesichts der damit einhergehenden Gesundheitsgefahren und der Tatsache, dass in solchen Fällen der Kleinkriminalität die Drogenkügelchen auch im Wege der natürlichen Ausscheidung erlangt werden können, verstoße eine solche Behandlung (u.a.) gegen das Folterverbot nach Art. 3 EMRK, so dass ein solcher Eingriff nicht auf § 81a StPO gestützt werden könne.
(2) Des Weiteren war vorliegend zu beachten, dass (jedenfalls) die Fortsetzung der Brechmittelverabreichung, nachdem der C hierauf bereits körperlich negativ reagiert hatte, auch gegen § 81a Abs. 1 S. 2 StPO verstieß, wonach bei einer körperlichen Untersuchung im Sinne der vorgenannten Norm kein Nachteil für die Gesundheit des Beschuldigten zu befürchten sein darf:

Es kann dahingestellt bleiben, ob im Rahmen des § 81a StPO nicht ein engerer Beurteilungsmaßstab anzulegen ist, als ihn das Landgericht verwendet hat (…). Jedenfalls hat die Schwurgerichtskammer den aktuellen Gesundheitszustand des Verstorbenen (vgl. Meyer-Goßner aaO) nicht hinreichend in seine – im Übrigen durch keinen der zahlreichen Sachverständigen gestützte – Wertung einbezogen, dass ein erfahrener Facharzt bei Fortsetzung der Exkorporation nicht mit Nachteilen für dessen Gesundheit habe rechnen müssen. Rechtsfehlerhaft hat sie ferner hinsichtlich der Voraussetzungen des § 81a Abs. 1 Satz 2 StPO (…) darauf abgestellt, dass sich die Aspirationsgefahr aus der Sicht ex post nicht zu ihrer Überzeugung verwirklicht habe (u.a. S. 101). Darauf kommt es nicht an. Maßgebend ist nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, ob bei objektiver Betrachtung der Gefahrenlage aus der Sicht ex ante bei Fortsetzung der Exkorporation mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit gesundheitliche Nachteile zu erwarten waren (…). Das ist nach dem durch das Landgericht festgestellten Geschehen unzweifelhaft zu bejahen.

Diese Wertung des BGH ist überzeugend: Selbstverständlich kann es nicht darauf ankommen, ob sich im Nachhinein (ex post), gerade die Gefahren der Exkorporation tatsächlich im Tod des Opfers verwirklicht haben, vielmehr ist nach dem Wortlaut des § 81a StPO, wonach eine Gesundheitsgefahr nur „zu befürchten“ sein muss, ein Verstoß gegen Abs. 1 S. 2 der Norm bereits dann anzunehmen, wenn ex ante eine durch den körperlichen Eingriff bedingte Gesundheitsschädigung möglich erscheint – was nach der Wertung der Schwurgerichtskammer, die sogar eine schlussendliche Realisation der Gefahrenlage durch Ertrinken des C aufgrund der fortgeführten Exkorporation als „sehr wahrscheinlich“ einstufte, erfüllt war.
cc) Schuld
Entschuldigungsgründe im engeren Sinn sind für den vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Allerdings hat sich der BGH mit mehreren potentiellen Irrtümern des A befasst, die Auswirkung auf dessen Schuld haben könnten:
(1) Hierbei ist zunächst der Umstand zu bewerten, dass die Entscheidung des EGMR, die von der generellen Unverhältnismäßigkeit einer Exkorporation zur Erlangung verschluckter Kokainbehältnisse ausgeht, erst nach der Tat des A ergangen ist, während diese Praxis zuvor von mehreren deutschen Gerichten nicht beanstandet worden war. Insoweit hat bereits die erste Entscheidung des BGH v. 29.04.2010 – 5 StR 18/10 – die Möglichkeit eines schuldausschließenden Irrtums zugunsten des A erwogen, dessen Einstufung freilich offen gelassen wurde:

Dass der vom Angeklagten verantwortete und vollzogene Brechmitteleinsatz nach objektiven Maßstäben aus derzeitiger – im Anschluss an EGMR NJW 2006, 3117 geläuterter – Sicht eindeutig als Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB) zu werten ist, stellt das Ergebnis noch nicht in Frage; insoweit ist ihm angesichts zur Tatzeit anerkannter Rechtsprechung (OLG Bremen NStZ-RR 2000, 270; KG JR 2001, 162) ein Erlaubnistatbestandsirrtum oder ein unvermeidbarer Verbotsirrtum zuzubilligen.

Tatsächlich dürfte vorliegend insoweit allein ein (indirekter) Verbotsirrtum in Betracht kommen. Es ist davon auszugehen, dass der A die tatsächlichen Umstände, die eine Unverhältnismäßigkeit des Brechmitteleinsatzes begründen (nicht unwesentliche Gefahren für die Gesundheit des Opfers bei einer Exkorporation; Ausscheiden der Drogen auf natürlichem Wege), zutreffend erfasst hatte, lediglich die hieraus folgende (genuin strafrechtliche) Wertung, dass nach Abwägung dieser Umstände eine Rechtfertigung nach § 81a StPO nicht in Betracht kommt, verkannte. A hat also den existenten Rechtfertigungsgrund des § 81a StPO im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der Anwendung zu eigenen Gunsten überdehnt, was, da ihm die deutsche Rechtsprechung in diesem Punkt damals noch Schützenhilfe leistete, zu einem indirekten, unvermeidbaren Verbotsirrtum nach § 17 S. 1 StGB führt.
(2) Dieser unvermeidbare Verbotsirrtum führt nach Auffassung des BGH aber nicht zur (endgültigen) Entlastung des A, da der fortgesetzte Einsatz des Brechmittels nach Eintreten der ersten Komplikationen und dem Eintreffen des Notarztes auch unabhängig von der damals noch angenommenen, generellen Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme im konkreten Fall (im Hinblick auf § 81a Abs. 1 S. 2 StPO) nicht vertretbar gewesen sei. Insofern sieht der BGH auch keinen Erlaubnistatbestandsirrtum bei A durch Verkennen des ernsten Zustandes des C als gegeben an:

Auch am Körperverletzungsvorsatz ist nicht zu zweifeln. Namentlich sind den Feststellungen nicht die Voraussetzungen für einen etwaigen vorsatzausschließenden Erlaubnistatbestandsirrtum (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2000 – 4 StR 558/99, BGHSt 45, 378, 384) infolge Verkennung der für den Verstorbenen bestehenden Gefahrenlage zu entnehmen. Die Bitte an den Notarzt, noch zu bleiben (vgl. oben), läuft der Annahme einer in dieser Hinsicht bestehenden Fehlvorstellung des Angeklagten zuwider.

Demgemäß kann die Annahme des A, trotz der eingetretenen gesundheitlichen Komplikationen und unter Hinzuziehung des Notarztes mit dem Brechmitteleinsatz fortfahren zu dürfen, allenfalls als weiterer, diesmal jedoch vermeidbarer Verbotsirrtum nach § 17 S. 2 StGB klassifiziert werden, welcher eine Bestrafung des A jedenfalls „dem Grunde nach“ (anders ist ggf. für eine Strafrahmenmilderung nach § 49 Abs. 1 StGB zu entscheiden) nicht hindert.
(3) Im Ergebnis ergibt sich vorliegend also ein Fall des Doppelirrtums, der den Täter nicht entlastet, nur dass er nicht in der (bekannteren) Kombination von Erlaubnis- und (vermeidbarem) Verbotsirrtum, sondern in der etwas exotischeren Variante von unvermeidbarem und vermeidbarem Verbotsirrtum auftritt. Der A handelte demgemäß auch schuldhaft.
b) Vorliegen der Qualifikationsmerkmale des § 227 Abs. 1 StGB:
Nach Verwirklichung des Grunddelikts sind sodann die Voraussetzungen der Erfolgsqualifikation des § 227 Abs. 1 StGB zu prüfen.
aa) Verursachung des tatbestandsmäßigen Erfolgs
Der Tod des C wurde auch nach den Wertungen der zweiten Schwurgerichtskammer (zumindest auch) durch den fortgesetzten Brechmitteleinsatz bei C bedingt, so dass ein „einfacher“ Ursachenzusammenhang zwischen qualifiziertem Erfolg und Grunddelikt i.S.d. conditio-sine-qua-non-Formel zu bejahen ist.
bb) Zurechnungszusammenhang
Auch der bei den erfolgsqualifzierten Delikten zu fordernde „unmittelbare“ bzw. „besondere Schutzzweckzusammenhang“ zwischen Grunddelikt und eingetretener schwerer Folge liegt nach Auffassung des BGH vor.
(1) Dabei ist zunächst einmal zu betonen, dass es vorliegend nicht auf den bekannten Streit zwischen Letalitätstheorie und derjenigen Ansicht, die (auch) eine Verursachung des Todes durch die Körperverletzungshandlung ausreichen lässt, ankommt. Da hier der Tod durch das Einführen der Nasen-Magen-Sonde und Verabreichen des Brechmittels – als vorsätzlich herbeigeführter, tatbestandsmäßiger Körperverletzungserfolg – hervorgerufen wurde, scheidet vielmehr nach beiden Meinungen ein Zurechnungszusammenhang insofern nicht aus.
(2) Darüber hinaus führen auch die von der Schwurgerichtskammer festgestellten Besonderheiten in der Konstitution des Opfers, die den Tod des C jedenfalls (mit-)bedingt haben könnten, nach dem BGH nicht zu einer Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs:

Rechtsfehlerfrei geht das Landgericht davon aus, dass der Angeklagte mit den in Fortsetzung der Exkorporation getroffenen Maßnahmen den Eintritt des Todeserfolgs verursacht hat. Auch bei angenommener Todesursache eines multifaktoriellen Geschehens ist der erforderliche Zurechnungszusammenhang keinen Zweifeln ausgesetzt. Denn auch dann hat sich die der Verwirklichung des Grunddelikts eigentümliche tatbestandsspezifische Gefahr im tödlichen Ausgang verwirklicht (vgl. hierzu etwa BGH, Urteile vom 30. Juni 1982 – 2 StR 226/82, BGHSt 31, 96; vom 28. März 2001 – 3 StR 532/00, BGHR StGB § 227 Todesfolge 1; vom 16. März 2006 – 4 StR 536/05; BGHSt 51, 18, 21; und vom 10. Januar 2008 – 5 StR 435/07 BGHR StGB § 227 Todesfolge 6). Die etwa mitwirkende unerkannte Herzvorschädigung des Verstorbenen führt dabei nicht zur Annahme eines außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit liegenden, als Verkettung außergewöhnlicher, unglücklicher Umstände anzusehenden und deshalb dem Angeklagten nicht anzulastenden Geschehens.

cc) Objektive Fahrlässigkeit des Täters
(Objektiv) fahrlässig handelt ein Täter bekanntermaßen dann, wenn er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verletzt, obwohl der Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs für eine Person seines einschlägigen Verkehrskreises vorherseh- und vermeidbar war.
(1) Insofern ist zunächst einmal eine objektive Sorgfaltspflichtverletzung des A zu bejahen. Im Bereich der erfolgsqualifizierten Delikte ergibt sich eine solche Sorgfaltspflichtverletzung regelmäßig bereits aus der von der Herbeiführung des erfolgsqualifizierten Delikts zu trennenden, vorsätzlichen Verwirklichung des Grunddelikts, wobei sich allerdings hier – da eine Rechtfertigung der unstr. als Körperverletzung zu wertenden Maßnahme nach § 81a StPO in Betracht kam – die Sorgfaltspflichtverletzung m.E. (auch) auf die Verkennung der Voraussetzungen dieses Rechtfertigungsgrundes bezieht. Der BGH führt hierzu aus:

Im Rahmen des § 227 StGB ist, weil schon in der Begehung des Grunddelikts eine Verletzung der Sorgfaltspflicht liegt, alleiniges Merkmal der Fahrlässigkeit die Vorhersehbarkeit des Todeserfolgs (BGH, Urteile vom 28. März 2001 – 3 StR 532/00, BGHR StGB § 227 Todesfolge 1, und vom 16. März 2006 – 4 StR 536/05, BGHSt 51, 18, 21).

Diese vom Gericht gewählte Formulierung ist freilich insofern unglücklich, als natürlich auch bei § 227 StGB eine Sorgfaltspflichtverletzung vonnöten ist, nur dass diese über die bereits festgestellte Verwirklichung des Grunddelikts hinaus keine weiteren Anforderungen stellt. Dennoch sollte in Klausuren natürlich trotzdem das Vorliegen dieses Merkmals kurz benannt werden. Auch wird die ebenfalls von der obenstehenden Definition geforderte Vermeidbarkeit des Erfolges vom BGH komplett ignoriert, aber wohl nur, weil eine solche bei Vorhersehbarkeit des Erfolgs grundsätzlich anzunehmen und dementsprechend nur dann näher zu problematisieren ist, wenn Anzeichen dafür bestehen, dass in der konkreten Situation trotzdem eine Verhinderung des Erfolgs nicht möglich war.
(2) Sodann ist die (objektive) Vorhersehbarkeit des Todeserfolgs zu prüfen, die vom Landgericht noch verneint wurde, was der BGH in seinem Urteil nunmehr korrigiert:

Für die Vorhersehbarkeit] (…) ist entscheidend, ob vom Täter in seiner konkreten Lage und nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten der Todeseintritt vorausgesehen werden konnte oder ob aus dieser Sicht die tödliche Gefahr für das Opfer so weit außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit lag, dass die qualifizierende Folge dem Täter deshalb nicht zuzurechnen ist (BGHSt aaO mwN). (…) An diesen Grundsätzen gemessen steht die Vorhersehbarkeit des Todeseintritts auch auf der Basis des durch das Landgericht als todesursächlich unterstellten multifaktoriellen Geschehens nicht in Frage. Zwar konnte der Herzschaden im Zeitpunkt der Fortsetzung der Exkorporation durch den Angeklagten ohne eingehende körperliche Untersuchung nicht diagnostiziert werden. Ebenso nimmt die Schwurgerichtskammer nachvollziehbar an, dass die Einzelheiten des tödlichen Ablaufs nicht absehbar gewesen sind. Das ist jedoch auch nicht erforderlich; denn die (…) Vorhersehbarkeit muss sich nicht auf alle Einzelheiten des zum Tode führenden Geschehensablaufs, mithin auch nicht auf die konkrete Todesursache erstrecken (…). Mit Komplikationen auch aufgrund nicht auf den ersten Blick erkennbarer Vorschädigungen muss der Fachkundige – zumal in Ermangelung einer gründlichen Untersuchung – bei einem so gearteten Zwangseingriff vielmehr stets rechnen. (…) Das Wissen um solche Risiken gehört naturgemäß auch zum beruflichen Erfahrungsbereich des nach den Feststellungen der nunmehr entscheidenden Schwurgerichtskammer überdies vielfach mit – wenngleich nicht zwangsweise durchgeführten – Exkorporationen befassten und über deren Risiken wohl informierten (vgl. UA S. 11, 14) Angeklagten.

Dieser Wertung des BGH ist zuzustimmen. Hierbei ist zunächst zu beachten, dass dann, wenn bereits ein – i.Ü. auch vom LG angenommener! – „enger“ Zurechnungszusammenhang zwischen Körperverletzung und qualifizierten Erfolg bejaht wird, dies erst Recht auch für die (objektive) Vorhersehbarkeit im Rahmen der Fahrlässigkeit gelten muss. Das Urteil der Schwurgerichtskammer ist also in diesem Punkt als widersprüchlich anzusehen. Die Erforderlichkeit eines Erkennens des spezifischen Ursachenzusammenhangs in allen Einzelheiten, wie sie offenbar vom LG verlangt wird, ist dabei auch deswegen abzulehnen, weil gerade aufgrund der konkreten körperlichen Reaktionen des C, die dieser nach Durchführung der ersten Exkorporation zeigte, gem. der insoweit maßgeblichen Vorschrift des § 81a Abs. 1 S. 2 StPO bereits ein Verzicht des A auf weitere körperliche Eingriffe angezeigt war. Dass dieser sich im Anschluss darauf beschränkte, allein eine oberflächliche Prüfung der aktuellen Vitalfunktionen des C vorzunehmen, im Übrigen aber die Exkorporation erneut fortsetzte, kann ihm daher – i.S.e. Übernahmefahrlässigkeit – nicht zur Entlastung gereichen.
dd) Rechtswidrigkeit und Schuld, insb. individuelle Fahrlässigkeit
Auch im Hinblick auf den Qualifikationstatbestand des § 227 Abs. 1 StGB ist eine Rechtfertigung des Handelns des A („erst Recht“) abzulehnen. Bei der Schuld gilt zunächst bzgl. der fehlenden Relevanz der Fehlvorstellungen des Täters das oben Gesagte. Zusätzlich ist auch eine – nach dem herrschenden zweigliedrigen Fahrlässigkeitsbegriff hier zu prüfende – individuelle Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit des Geschehens zu Lasten des A anzunehmen.
3. Warum ist die Entscheidung wichtig?
Bereits die Vorgängerentscheidung des BGH hat eine Welle von Aufmerksamkeit provoziert (vgl. nur die Anm. von Brüning, ZJS 2010, 549 ff.; Eidam, NJW 2010, 2599 f. sowie den Aufsatz von Krüger/Kroke, Jura 2011, 289 ff.), sodass das erneute Urteil in dieser Sache durchaus das Potential hat, den Sachverhalt im Hinblick auf anstehende Prüfungsleistungen wiederholt interessant zu machen. Relevant erscheint dabei insbesondere der Umgang des Prüflings mit den Voraussetzungen bzgl. der Vorhersehbarkeit des Todes von C (ex ante-, nicht ex post-Betrachtung entscheidend, keine Kenntnis der Einzelheiten erforderlich) – aber auch – sofern der Sachverhalt hierzu explizite Angaben macht – mit Fehlvorstellungen des A bzgl. der Rechtmäßigkeit des Brechmitteleinsatzes, die hier an zwei Anknüpfungspunkten festgemacht werden können.
Weiterhin ist aus Prüfersicht interessant, dass vorliegend nur die Mutter des Opfers als Nebenklägerin Revision eingelegt hatte, deren Geltendmachung sachlich-rechtlicher Gesetzesverletzungen jedoch beschränkt ist: So hätte sie etwa eine einfache, auch vorsätzliche Körperverletzung des A grundsätzlich nicht zur Revision berechtigt, da eine Nebenklage von nahen Angehörigen des unmittelbaren Opfers nur zulässig ist, wenn entweder ein Delikt mit zurechenbarer Todesfolge im Raum steht oder aber das Verfahren aufgrund eines Klageerzwingungsverfahrens eingeleitet wurde (§ 395 Abs. 2 StPO).
Im Hinblick auf die Prüfungsreihenfolge bei den Merkmalen des § 227 Abs. 1 StGB ist schließlich noch anzumerken, dass die objektive Fahrlässigkeitsprüfung natürlich auch, wie das einige Prüfschemata vorsehen, vor die Prüfung des Schutzzweckzusammenhangs gezogen werden kann. M.E. bietet sich aber zumindest dann, wenn dort das eigentliche Problem der Prüfung des § 227 Abs. 1 StGB liegt, ein Vorziehen der letztgenannten Voraussetzung an. Wenn nämlich bereits nach dem (strengen)  Zurechnungszusammenhang eine ausreichend enge Verbindung zwischen Grunddelikt und qualifiziertem Erfolg besteht, muss dies ebenso für den – regelmäßig geringere Anforderungen stellenden – Fahrlässigkeitszusammenhang gelten, wie auch die unterschiedlich hohen Strafrahmen der §§ 222, 223, 52 StGB einerseits und § 227 StGB andererseits belegen.

24.08.2012/0 Kommentare/von Christian Muders
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Christian Muders https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Christian Muders2012-08-24 14:00:172012-08-24 14:00:17BGH: (Nochmal) zur Körperverletzung mit Todesfolge bei Brechmitteleinsatz

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