Wir freuen uns sehr, ein Gedächtnisprotokoll zur dritten Zivilrechtsklausur des Mai-Durchgangs 2024 in Nordrhein-Westfalen veröffentlichen zu können und danken Laura erneut ganz herzlich für die Zusendung, die den Mai-Durchgang im Zivilrecht komplett macht. Selbstverständlich kann juraexamen.info keine Gewähr dafür geben, dass die in Gedächtnisprotokollen wiedergegebene Aufgabenstellung auch der tatsächlichen entspricht. Dennoch sollen Euch die Protokolle als Anhaltspunkt dienen, was euch im Examen erwartet.
Sachverhalt:
Die Rechtsanwälte A, B und C gründen am 15.1.24 die Rechtsberatungs-oHG (kurz ABC-oHG), welche noch am gleichen Tag ordnungsgemäß ins Handelsregister eingetragen wird. Am 29.1.24 setzen sich A, B und C nochmals zusammen und treffen folgende Vereinbarungen: der C soll die Gesellschaft alleine vertreten können, während der A und B die oHG nur zusammen vertreten können sollen. Aufgrund eines Kanzleiinternen Fehlers wird diese Änderung nicht ins Handelsregister eingetragen.
Am 5.4.24 kommt der E auf Grund einer Rechtsberatung in die Kanzlei und spricht mit dem A – von den Vereinbarungen, die am 29.1.24 getroffen wurden hat der E keine Kenntnis. Der E schildert dem A folgendes:
Sein Vater V hat im Oktober 1992 eine 20-Mark Münze des Kaiserreichs gefunden (damaliger Wert: umgerechnet 375 Euro). Er versuchte nicht den ursprünglichen Eigentümer zu finden und meldete den Fund auch nicht den Behörden. Die Münze bewahrte er in der Gartenlaube auf, welche auf dem gemeinsamen Grundstück von V und F steht. Am 10.6.1998 verstirbt der V und seine Frau F beerbt ihn als Alleinerbin. Die F ging bei der Münze immer davon aus, dass der V die Münze selbst erworben hatte und wusste nichts von dem Fund.
Im Januar 2013 bricht der Dieb D in die Gartenlaube ein und entwendet die Münze. Am 1.5.2014 veräußert der D die Münze an die wohlhabende Witwe W für 500 Euro.
Am 1.8.2015, die W ist in finanzielle Schwierigkeiten geraten, einigen sich W und K über einen Privatkredit, der ab dem 1.8 in 6 monatlichen Raten iHv 500 Euro zurückgezahlt werden soll. Zur Sicherung des Darlehens, bestellt die W dem K ein Pfandrecht an der Münze, welche den gleichen Wert des Darlehens hat, und übergibt dem K die Münze sogleich.
Am 1.2.2016, die W konnte die Raten bisher nicht zahlen, möchte der K, um das Darlehen zu sichern, die Münze veräußern. Dafür übergibt er die Münze dem Antiquitätenhändler X e.K. (kurz X), damit dieser die Münze „öffentlich versteigern“ kann. Der X führt in seinem Laden häufiger solche Versteigerungen durch, ist aber nicht befugt öffentliche Versteigerungen durchzuführen.
Am 10.3.2016 erhält der Z den Zuschlag für die Münze und der X übergibt dem Z diese so gleich.
Am 10.7.2017 verstirbt die F und der E ist ihr alleiniger Erbe. Der E möchte nun die Münze vom Z herausgegeben haben und ist der Meinung er hätte sie durch den Tod seiner Mutter geerbt.
Der A schlägt dem E vor, dass er den Sachverhalt prüfen werde und, sollte der E einen Herausgabeanspruch haben, ein entsprechendes Schreiben an den Z senden, dies würde er nach seinem Urlaub am 22.4.24 machen. Der E erklärt sich damit einverstanden und die beiden unterschreiben einen Vertrag mit der Überschrift „Mandatschaftsvertrag“ und die beiden einigen sich zudem, dass der E dem A die alleinige Vertretungsmacht gibt.
Der A vermerkt auf der Akte gut leserlich die Frist 22.4.24 und legt diese dem Rechtsanwaltsfachangestellten R, der in der ABC-oHG angestellt ist, aber ausschließlich in der Sphäre des A tätig ist, auf den Schreibtisch damit dieser das Datum in den Fristenkalender eintragen kann.
Der R sieht dies am Montag auch, verliest sich allerdings und trägt in den Fristenkalender eine 2-Monatsfrist ein, anstelle der 2 Wochen.
Als der A am 22.4 aus dem Urlaub zurückkommt, fällt dies nicht auf. Am 6.5.24 erkundigt sich der E telefonisch bei dem A über den Sachstand, welcher sofort am gleichen Tag ein Herausgabeverlangen an den Z übersendet.
Der Z ist der Meinung, dass er das Eigentum an der Münze längst erworben habe und spätestens am 1.5.24 das Eigentum durch Ersitzung habe, da ihm auch die Ersitzungszeit der W zugerechnet werden müsse.
Der E ist sauer darüber und ruft beim C an, da er der Meinung sei er habe einen Anspruch auf 500 Euro gegen die Gesellschaft, da er die Münze sicherlich bekommen hätte, wenn der A das Schreiben rechtzeitig wie vereinbart versendet hätte. Der C meint, dass der geschlossene Vertrag zwischen A und E sowieso nicht gültig sei, da der A ohne den B nicht vertretungsbefugt sei und außerdem hätte das ganze keine Aussicht auf Erfolg gehabt, da der E keinen Herausgabeanspruch gegen den Z gehabt hätte.
Frage 1: Hat der E einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 500 Euro gegen die ABC-oHG?
Frage 2: Nehmen Sie an, der E hätte einen Anspruch aus Frage 1, müsste dann auch der C gegenüber E haften?