Vielen Dank an Leonie für die Zusendung eines Gedächtnisprotokolls der heute gelaufenen Klausur im Strafrecht in Sachsen.
Sachverhalt
Die A ist zu einer Feierlichkeit eingeladen. Nach sorgfältigem Abwägen entscheidet sie sich mit dem Auto hin- und zurück zu fahren, damit sie flexibler ist. Bei der Feierlichkeit trifft sie ihren alten Studienfreund S, den sie lange nicht gesehen hat, und sagt zu ihm aus Freude über das Wiedersehen: „Lass uns heute mal tief ins Glas gucken!“ An dem Abend hat A, als sie um 23.00 Uhr aufbrechen will, vier große Gläser schweren Rotweins getrunken und weist eine BAK von mindestens 2,1 Promille auf. Beim Verabschieden greift A alkoholbedingt an der Hand des Gastgebers vorbei. Dieser macht sie auf ihre Ausfallerscheinungen aufmerksam und schlägt vor, dass die A nicht selbst mit dem Auto heimfährt, sondern von einem Mitarbeiter nach Hause gebracht wird. Dieses Angebot schlägt A aus. A fährt besonders vorsichtig los. Mittlerweile ist nicht auszuschließen, dass A bereits eine BAK von 3,0 Promille aufweist. Nach wenigen Minuten biegt A voller Schwung in eine Straße ein, an deren Anfang sich ein beleuchteter Zebrastreifen befindet. Auf diesem Zebrastreifen überquert gerade die F die Straße. A kann alkoholbedingt nicht mehr rechtzeitig bremsen und fährt direkt auf die F zu. Die F kann sich mit einem geistesgegenwärtigen Sprung nach vorne retten und bleibt unverletzt. A hält an, um nach F zu sehen. Diese hat mittlerweile die Polizei gerufen. A wartet und gibt gegenüber der Polizei bereitwillig und wahrheitsgemäß an, wie sie beteiligt war. Es wird ein Atemtest und ein Bluttest bei der Polzei gemacht. Ermittlungsverfahren gegen A wird eingeleitet.
A bestellt Strafverteidiger R, welcher ihr Auskunft über die Rechtslage gibt. Da kommt A die Idee, dass der S zu ihren Gunsten eine Falschaussage machen könnte. Sie überlegt sich, dass sie dem S für eine Falschaussage zu ihren Gunsten 1000 € anbieten möchte. Sie ruft S an und erzählt ihm von dem Ermittlungsverfahren gegen sie. Jedoch bevor A ihre Bitte äußern kann, erklärt sich S bereit, zu ihren Gunsten vor Gericht zu beurkunden, dass sie am Tatabend nur zwei bis drei kleine Gläser Rotwein getrunken hätte. A ist überrascht und erstaunt. Der S ist ein rechtschaffener Mann und das hätte sie nicht erwartet. Sie hätte eher gedacht, dass es kaum zu schaffen sei, ihn dazu zu überreden. Erleichtert nimmt A das Angebot des S an.
Später nimmt A den S zu einer Besprechung bei R mit. S sagt R, was er bereit ist auszusagen. Die A denkt mittlerweile, dass sich S nicht mehr an den Abend erinnert. Sie will dem S diese Vorstellung aber lassen. Tatsächlich weiß der S allerdings genau, wieviel A am Tatabend getrunken hat. Er will die A aber vor Strafe bewahren. Der R hält es für möglich, dass S die Unwahrheit aussagt. Auf Grund des guten Leumunds des S hält R es andererseit aber auch für möglich, dass die Aussage des S richtig ist.
Es kommt zum Prozess vor dem Amtsgericht. R beantragt, dass S als Zeuge vor dem Strafricher angehört wird. Der S wird aufgerufen und sagt aus, dass es alles mittlerweile schon länger her sei, er sich aber daran erinnern könne, dass A nur zwei bis drei kleine Gläser Rotwein getunken habe. Der Bluttest sowie die weiteren Dokumente sind mittlerweile nicht mehr aufzufinden. Der Richter hat nun auf Gund des Atemtests und der Aussage des S Zweifel, ob A eine BAK von weniger oder mehr als 2,0 oder 3,0 Promille hatte. Er spricht A, weil es sich nicht mehr genau feststellen lässt, frei. Die Staatsanwaltschaft legt Berufung ein.
Aufgabe: Wie haben sich A, S und R strafbar gemacht?
Für R ist nicht § 258 StGB zu prüfen.
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