In unserer regelmäßigen Interviewserie “Meine 18 Punkte” stellen wir bekannten Juristen und ehemaligen Jurastudenten 18 Fragen zu ihrem Studium und wie es danach weiterging.
Unser Gesprächspartner ist diesmal Prof. Dr. Jobst-Hubertus Bauer. Der Arbeitsrechtler ist Partner der Kanzlei Gleiss Lutz, einer der führenden international tätigen deutschen Anwaltskanzleien. Vor wenigen Wochen ist sein Buch „Recht kurios: Amüsantes und Trauriges“ erschienen. Wie der Titel schon besagt, befasst er sich darin mit lustigen, aber auch erstaunlichen Aspekten des Rechtslebens – von Gesetzgebung über Wissenschaft bis hin zur Rechtsprechung kommt dabei kein Aspekt zu kurz.
1. Name:
Prof. Dr. Jobst-Hubertus Bauer
2. Alter:
67 Jahre
3. Studiert von bis:
Sommersemester 1968 bis Wintersemester 1971
4. Studienort:
Freiburg i.Br.
5. Beruf:
Rechtsanwalt seit August 1975 bei Gleiss Lutz, Stuttgart, dort Partner seit 1980
6. Herr Bauer, bitte ergänzen Sie folgenden Satz: Jura ist für mich…
… bei Leibe nicht so trocken, wie es allgemein erscheinen mag.
7. Was hat Sie dazu bewogen, Jura zu studieren?
Meine schulischen Leistungen hielten sich vor allem im naturwissenschaftlichen Bereich in Grenzen. Auch musische Fähigkeiten waren und sind nicht gerade ausgeprägt. Gereizt hätte mich eine Sportler-Karriere; da ich aber erkannte, nicht die Fähigkeiten eines Armin Hary oder eines – mir damals noch unbekannten – Boris Becker zu haben, schied auch das aus. Als „normaler“ Tennistrainer zu verkümmern, erschien mir dann doch kaum attraktiv. Schließlich hatte ich meinen Vater als Vorbild vor Augen, der als Volljurist eine interessante Tätigkeit in der Industrie gefunden hatte.
8. Würden Sie ihren Studienort wieder wählen?
Wegen schlechter schulischer Leistungen und zweijähriger Bundeswehrzeit fing ich erst mit 23 Jahren an, zu studieren und das in Freiburg i.Br. Nach vergammelten Anfangssemestern kam mir die Erleuchtung, dass ich mich endlich doch in die Riemen legen müsste. Deshalb verzichtete ich auf einen Wechsel des Studienorts. So kann ich dezidiert nur meine Meinung zu Freiburg äußern, und die ist überschwänglich! Einen schöneren Studienort kann ich mir kaum vorstellen.
9. Was hat Ihnen am Studium am meisten gefallen und was vielleicht nicht?
Es ging sehr locker zu. Das Studium war also alles andere als ein Schulbetrieb. Die Scheine für die Zulassung zum Examen konnte man auf einfache Art und Weise erwerben, auch durch Trickserei. Kontrolle gab es kaum. So konnte man befreundete, fortgeschrittenere Semester in die „Bütt“ schicken. Parallel dazu fing ich allerdings verstärkt an, Jura zu „büffeln“. Und so konnte ich dann später quasi zur Selbstkontrolle jüngeren Semestern „helfen“ mit dem Ergebnis, dass ich vor Absolvierung der ersten Staatsprüfung – immerhin nach sieben Semestern – wusste, wo ich stand.
10. Welche Vorurteile hatten Sie vor dem Studium über Jura und Juristen?
Ich hatte kaum Vorurteile gegenüber Jura und Juristen, weil es in dem Bekanntenkreis meiner Eltern etliche Anwälte, Notare, Richter und Unternehmensjuristen gab. Es handelte sich durchweg um lebenslustige, gebildete Persönlichkeiten, die mit sich und ihrem Beruf im Reinen waren. Auch das Geldverdienen schien bei ihnen nicht zu kurz zu kommen.
11. Was war Ihr größter Fehler während Ihres Studiums bzw. Ihrer Karriere und was können Sie einem Jurastudenten, der gerade mit dem 1. Semester begonnen hat, raten anders zu machen?
Mein Englisch ist leider nach wie vor nicht dazu geeignet, an internationalen Verhandlungen teilzunehmen. Eine Rede auf Englisch traue ich mir zwar durchaus zu, nicht aber, an einer Diskussion mit schwierigen Fragen teilzunehmen. Warum ist mein Englisch nach wie vor so schlecht? Weil meine Eltern in der Nachkriegszeit nach Südbaden verschlagen wurden. Das war französische Besatzungszone und so war es zu meiner Zeit auf dem Gymnasium Pflicht, Französisch zu lernen. Englisch war Wahlfach. Meine Faulheit in schulischen Dingen führte dazu, dass ich dieses Fach konsequent „schwänzte“. Jungen Jurastudenten und –studentinnen kann ich heute nur empfehlen, diesen Fehler nicht zu machen. Wer sich die Chance erhalten will, in einer angesehenen wirtschaftsrechtlich ausgerichteten Anwaltskanzlei oder in einem Unternehmen tätig zu sein, sollte sich nicht mit ordentlichem Schulenglisch begnügen, sondern vielmehr ein halbes bis ein Jahr am besten als Student, Referendar oder Praktikant in Großbritannien oder den USA verbringen.
12. Es gibt ja auch ein „Leben neben dem Jurastudium“: Was war Ihre wichtigste Erfahrung außerhalb des eigentlichen Studiums?
Die richtige Partnerin fürs Leben zu finden und Freundschaften zu pflegen.
13. Und nun natürlich die Gretchenfrage: Wie halten Sie es mit dem Rep?
Während des Studiums war ich nicht beim Rep, aber anschließend zur Vorbereitung auf das Staatsexamen. Dabei habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht. Das lag aber auch daran, dass es sich vor allen Dingen im Zivilrecht um einen hervorragenden jungen Volljuristen handelte, der es exzellent verstand, seinen Eleven juristische Fälle darzulegen und Lösungen zu erarbeiten.
14. Was haben Sie als Erstes nach den Staatsexamina getan?
Nach jedem bestandenen Staatsexamen habe ich es erst einmal „krachen“ lassen, also mit vielen Freunden bis tief in die Nacht gefeiert. Insbesondere nach dem zweiten Staatsexamen folgte eine längere Reise durch Südeuropa mit meiner späteren Frau im kleinen VW und aufs Geratewohl.
15. Sie sind jetzt Rechtsanwalt. War das schon immer ihr Traumberuf?
Eigentlich ja. Während des Studiums hatte ich mich noch nicht festgelegt. Allerdings spürte ich keine ausgeprägte Neigung dazu, Richter oder Staatsanwalt zu werden. Vor Augen hatte ich auch noch eine Karriere in der Industrie. Letztlich erschien es mir doch interessanter zu sein, in eine gute Anwaltskanzlei zu gehen, um dort Partner zu werden. Und bei Gleiss Lutz habe ich in der Tat meinen Traumberuf gefunden. Eine höchst anspruchsvolle und abwechslungsreiche Tätigkeit, nicht zuletzt aufgrund der Tätigkeit des Gesetzgebers und der Rechtsprechung. Und was ich besonders genieße, ist meine Unabhängigkeit. Das gilt einerseits im Verhältnis zu meinen Mitpartnern, andererseits – und noch viel mehr – im Verhältnis zu den Mandanten. Ich bin nicht das „Mietmaul“ der Mandanten, sondern fühle mich eher als juristischer Coach.
16. Wo würden Sie sich heute sehen, wenn Sie nicht Jura studiert hätten?
Als von Hartz IV lebender abgehalfterter Tennistrainer.
17. Sie sind für einen Tag Justizminister. Was würden Sie an der Juristenausbildung ändern?
Ich halte die deutsche Juristenausbildung, gerade auch die Zweiteilung in Studium und Referendariat, für sehr gut und sehe keinen grundlegenden Änderungsbedarf. Nicht umsonst genießen deutsche Juristen im Ausland einen sehr guten Ruf. Den Lernstoff würde ich allerdings etwas reduzieren, damit die Studierenden nicht mehr von der Masse des Stoffes erschlagen werden, sondern sich auf die Grundlagen konzentrieren können. Nicht jeder Student muss beispielsweise fast das gesamte Strafgesetzbuch drauf haben. Wer die Grundlagen gut beherrscht, der wird sich später auch in Spezialgebiete schnell einarbeiten können. Allerdings sollten auch steuerrechtliche Grundkenntnisse vermittelt werden.
18. Bitte ergänzen Sie zum Schluss diesen Satz: Jura macht sexy, weil…
…man es oft besser weiß als die anderen und die Robe meist schwarz ist – und das macht bekanntlich schlank.
Herr Professor Bauer, wir danken Ihnen für das Gespräch!
Das Interview führte Tom Stiebert.
Anregungen für weitere Gesprächspartner nehmen wir gerne entgegen.
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