In unserer regelmäßigen Interviewserie “Meine 18 Punkte” stellen wir bekannten Juristinnen und Juristen und ehemaligen Jura-Studentinnen und Studenten 18 Fragen zu ihrem Studium und wie es danach weiterging.
Unsere heutige Gesprächspartnerin ist die aktuelle Präsidentin des Oberlandesgerichts Düsseldorf, Frau Anne-José Paulsen.
Quelle: www.fotografie-wolf.com Bildrechte: Oberlandesgericht Düsseldorf
1. Name:
Anne-José Paulsen
2. Studiert von bis:
1971-1976
3. Studienort:
Regensburg
4. Beruf:
Richterin; Präsidentin des Oberlandesgerichts Düsseldorf
5. Frau Paulsen, bitte ergänzen Sie folgenden Satz: Jura ist für mich…
eine unverzichtbare Grundlage meiner richterlichen Arbeit. Bei den Verwaltungsentscheidungen, die ich als Präsidentin des OLG für dieses Gericht und seinen Bezirk zu treffen habe, ist Jura hingegen zwar ebenfalls oft die Basis, aber nicht allein ausschlaggebend.
6. Was hat Sie dazu bewogen Jura zu studieren?
Zunächst der gute Rat meines Vaters, dann – nach der ersten Vorlesung – eine bis heute ungebrochene Begeisterung für dieses exzellente Handwerkszeug zur Erfassung, Durchdringung und Bewertung auch komplexer Sachverhalte.
7. Würden Sie ihren Studienort wieder wählen?
Ja!
8. Was hat Ihnen am Studium am meisten gefallen und was vielleicht nicht?
Mich haben im Studium – wie auch später in der Berufsausübung – immer besonders die Bereiche juristischen Arbeitens fasziniert, die Einblicke in andere Fachgebiete geben, sei es Geschichte, Wirtschaft, Technik …
9. Welche Vorurteile hatten Sie vor dem Studium über Jura und Juristen?
Sie erschienen mir als „formalistische Bedenkenträger“ – bei schlechten Juristen bin ich manchmal auch heute noch in der Gefahr, solchen Vorurteilen zu erliegen.
10. Was war Ihr größter Fehler während Ihres Studiums bzw. Ihrer Karriere und was können Sie einem Jurastudenten, der gerade mit dem 1. Semester begonnen hat, raten anders zu machen?
Jeder macht vermutlich seine eigenen Fehler und muss sie auch machen, um aus ihnen lernen zu können. Mein Rat ist, sich nicht derart in den (wichtigen) Kleinigkeiten zu verlieren, dass die Zusammenhänge aus dem Blick geraten.
11. Es gibt ja auch ein „Leben neben dem Jurastudium“: Was war Ihre wichtigste Erfahrung außerhalb des eigentlichen Studiums?
Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen; Begegnungen und Austausch mit vielseitig interessierten und gebildeten Menschen gerade auch außerhalb des eigenen Faches.
12. Und nun natürlich die Gretchenfrage: Wie halten Sie es mit dem Rep?
Ich hab es ohne geschafft – und halte deshalb viel von einer guten universitären Examensvorbereitung.
13. Was haben Sie als erstes nach den Staatsexamina getan?
Gefeiert!
14. War das Richteramt schon immer ihr Traumberuf?
Schon immer? Jedenfalls sehr früh schon während des Studiums.
15. Was zeichnet ihrer Meinung nach eine/n gute/n Richter/in aus?
Neben den unerlässlichen guten Fachkenntnissen, die Bereitschaft ständig dazuzulernen. Dazu Souveränität und Gelassenheit, Fleiß, Mut zu entscheiden, Empathiefähigkeit und genug Selbstkritik und Demut, um rechtzeitig eigene Festlegungen in Frage zu stellen.
16. Wo würden Sie sich heute sehen, wenn Sie nicht Jura studiert hätten?
In der Leitung eines Unternehmens.
17. Sie sind für einen Tag Justizministerin. Was würden Sie an der Juristenausbildung ändern?
Endlich mal für längere Zeit nichts!
18. Bitte ergänzen Sie zum Schluss diesen Satz: Jura macht sexy, weil…
Interessante Verknüpfung! Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt…
Frau Paulsen, wir danken Ihnen für das Gespräch!
Die Fragen stellte Zaid Mansour
Anregungen für weitere Gesprächspartner nehmen wir gerne entgegen.
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In unserer regelmäßigen Interviewserie “Meine 18 Punkte” stellen wir bekannten Juristen und ehemaligen Jurastudenten 18 Fragen zu ihrem Studium und wie es danach weiterging.
Unser heutiger Interviewpartner, Dr. Andreas Meyer, ist Rechtsanwalt und Syndikus bei der Deutsche Bank AG. Er leitet die rechtliche Betreuung des Emissions- und Beratungsgeschäfts in Deutschland.
1. Name:
Dr. Andreas Meyer
2. Alter:
46 Jahre
3. Studiert von bis:
1986 – 1991
4. Studienort:
Freiburg im Breisgau
5. Beruf:
Rechtsanwalt und Banksyndikus
6. Herr Dr. Meyer, bitte ergänzen Sie folgenden Satz: Jura ist für mich…
… wesentlicher (aber natürlich nicht einziger) Lebensinhalt und Leidenschaft.
7. Was hat Sie dazu bewogen Jura zu studieren?
Das Interesse an Regeln, ihren Zusammenhängen und Hintergründen sowie an der Lösung von Konflikten.
8. Würden Sie ihren Studienort wieder wählen?
Auf jeden Fall. Offiziell wegen der hervorragenden Arbeitsbedingungen (vor allem wenn die neue Universitätsbibliothek fertiggestellt ist). Inoffiziell natürlich auch wegen des einmaligen Freizeitwerts. Freiburg ist die deutsche Großstadt mit den meisten Sonnenstunden, das Elsass ist nur eine halbe Stunde entfernt, ebenso der nächste Skilift. Tuniberg und Kaiserstuhl sind hervorragend zum Radfahren geeignet (die Hartgesottenen fahren natürlich mit dem Mountainbike in den Schwarzwald). Und die Straußwirtschaften in der näheren Umgebung sind auch nicht zu verachten. Und so weiter…
9. Was hat Ihnen am Studium am meisten gefallen und was vielleicht nicht?
Am meisten gefallen hat mir die Freiheit, die es ermöglicht, sich selbst und seine Interessen zu finden und zu entwickeln. Was mir weniger gefallen hat, ist der recht abstrakte und theoretische Einstieg in den ersten Semestern – aber das ist ein notwendiges Übel. Für weniger notwendig halte ich Grundlagenscheine, etwa in Allgemeiner Staatslehre und Verfassungsgeschichte der Neuzeit. Nicht, dass diese Themen nicht wichtig wären – aber das gehört zur Allgemeinbildung und hat nur bedingt etwas mit Juristerei als Beruf zu tun, solange man sich nicht auf Staatsrecht spezialisieren will.
10. Welche Vorurteile hatten Sie vor dem Studium über Jura und Juristen?
Jura ist trocken, die Juristen formalistisch und humorlos. Als Jurist muss ich das vehement dementieren – Nichtjuristen dürften aber manchmal eben diesen Eindruck bekommen.
11. Was war Ihr größter Fehler während Ihres Studiums bzw. Ihrer Karriere und was können Sie einem Jurastudenten, der gerade mit dem 1. Semester begonnen hat, raten anders zu machen?
Den größten Fehler zu finden fällt mir schwer – es gab sicher viele kleine, aber so ganz verkehrt war das alles vielleicht nicht. Raten würde ich einem Erstsemester, sich nach den Erfahrungen älterer Semester mit den Eigenheiten des Universitäts- und Studienbetriebs zu erkundigen, sich aber dann seine eigene Meinung zu bilden (das fällt aber nicht wirklich unter den Begriff „anders machen“…). Aber ich würde raten, einmal den Studienort zu wechseln, am sinnvollsten wohl nach dem vierten Semester. Nur sollte man dazu nicht in Freiburg anfangen, sonst will man da nicht mehr weg…
12. Es gibt ja auch ein „Leben neben dem Jurastudium“: Was war Ihre wichtigste Erfahrung außerhalb des eigentlichen Studiums?
Ausprobieren, was einem Spaß macht und das dann auch umsetzen. Und den richtigen Lebenspartner (bzw. Lebenspartnerin) finden.
13. Und nun natürlich die Gretchenfrage: Wie halten Sie es mit dem Rep?
Ein guter Repetitor ist ganz wichtig, um die examensrelevanten Themen zu identifizieren und die richtige Technik beim Anfertigen von Klausuren zu erlernen. Hut ab, vor denen, die es ohne dessen Hilfe gut schaffen. Ich habe das aber nicht riskiert und würde mich wieder für den Besuch eines Repetitors entscheiden.
14. Was haben Sie als Erstes nach den Staatsexamina getan?
Gearbeitet. Nach dem ersten Examen als wissenschaftlicher Angestellter an einem Lehrstuhl, nach dem zweiten Examen als Anwalt. Das Schönste daran war, mit 25 Jahren meinen Eltern zu sagen: Vielen Dank für Eure Unterstützung – ab jetzt kann ich meinen Lebensunterhalt selbst bestreiten.
15. Sie sind heute Syndikus in der Rechtsabteilung einer Bank, zuvor waren Sie einige Jahre in einer Großkanzlei tätig. In welchem Verhältnis stehen diese Berufe für Sie zueinander und was hat Sie bewogen den Schritt aus der Kanzlei und in die Rechtsabteilung zu vollziehen? Würden Sie Ihre heutige Tätigkeit als Ihren „Traumberuf“ bezeichnen?
So unterschiedlich sind die Tätigkeiten gar nicht. Der Beruf ist eigentlich derselbe, nämlich Rechtsanwalt. In einer Kanzlei arbeitet man oft „juristischer“; in einem Unternehmen ist man an den wirtschaftlichen Sachverhalten, den Produkten und auch an Entscheidungen näher dran. Und man muss keine Mandate akquirieren. Allerdings: Um Akzeptanz werben muss man hier ebenso. Denn auch die Dienste des Unternehmensjuristen müssen nachgefragt werden. Ein Unternehmen bezahlt Juristen nicht um ihrer selbst willen, sondern weil sie dem Unternehmenszweck dienen. Dabei ist die richtige Balance zwischen der Förderung des Geschäfts, der Einhaltung der rechtlichen Vorgaben und der Vermeidung von Risiken der besondere Reiz. Den Begriff „Traumberuf“ finde ich freilich etwas übertrieben – sind wir mal ehrlich: Es gibt schöne und weniger schöne Seiten. Aber wenn es einem jedenfalls meistens Spaß macht und man sich abends kaum vom Schreibtisch losreißen kann – dann ist das doch schon etwas. Und Geld bekommt man auch noch dafür…
16. Wo würden Sie sich heute sehen, wenn Sie nicht Jura studiert hätten?
Am Liebsten unter der Motorhaube eines alten Autos (im Moment suche ich noch ein geeignetes Objekt). Im Ernst: Controller oder Wirtschaftsprüfer wären wahrscheinlich realistischere Alternativen gewesen. Da finde ich Jura freilich unterhaltsamer …
17. Sie sind für einen Tag Justizminister. Was würden Sie an der Juristenausbildung ändern?
Ich würde die Studienpläne entrümpeln. Grundlagenbildung ist schön und gut, aber braucht man wirklich Pflichtscheine in rechtstheoretischen und rechtsgeschichtlichen Fächern? Das Referendariat würde ich keinesfalls abschaffen – das war für mich die spannendste Zeit mit der größten persönlichen Freiheit während der gesamten Ausbildung. Das möchte ich nicht missen.
18. Bitte ergänzen Sie zum Schluss diesen Satz: Jura macht sexy, weil…
Oh je – was für eine Frage! Logisches Denken, stringente Argumentation und Überzeugungskraft sagt man den Juristen ja nach. Persönlichen Charme muss man schon selbst mitbringen, den kann man im Studium nicht erlernen (wiewohl man ihn als Jurist gut gebrauchen kann).
Herr Dr. Meyer, wir danken Ihnen für das Gespräch!
Das Gespräch führte Jan Winzen