In einem Urteil vom 13.10.2010 (VIII ZR 78/10) hat der Bundesgerichtshof seine ständige Rechtsprechung zur Anbietpflicht des Vermieters bei während der Kündigungsfrist frei werdenden, vergleichbaren Wohnungen im Fall einer Kündigung wegen Eigenbedarfs bekräftigt und zudem präzisiert, dass der Vermieter den Mieter über die wesentlichen Bedingungen einer Anmietung, also Größe und Ausstattung der Wohnung sowie Mietkonditionen, informieren muss, um die Anbietpflicht ordnungsgemäß zu erfüllen.
Sachverhalt
Der Beklagte ist Mieter einer Wohnung in Bonn, in der er zusammen mit seiner ebenfalls in Anspruch genommenen Ehefrau lebt. Die klagende Vermieterin kündigte das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zum 31.01.2009. Vor Ablauf der Kündigungsfrist wurde im ersten Obergeschoss desselben Hauses eine andere Mietwohnung der Klägerin frei. Die Klägerin vermietete diese Wohnung anderweitig neu, ohne sie zuvor den Beklagten angeboten zu haben. Die Beklagten verklagte sie auf Räumung und Herausgabe ihrer Wohnung. Das Amtsgericht wies die Klage ab. Das Landgericht gab der Klage auf die Berufung der Vermieterin statt. Dagegen legten die Beklagten Revision ein.
Hintergrund
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist ein Vermieter, der einem Mieter berechtigterweise wegen Eigenbedarfs gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB gekündigt hat, verpflichtet, diesem eine ihm im selben Haus zur Verfügung stehende vergleichbare Wohnung während der Kündigungsfrist anzubieten (BGH NJW 2009, 1141). Tut er dies nicht, ist die Kündigung wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam.
Kündigung wegen Verletzung der Anbietpflicht unwirksam
Die Revision der Beklagten hatte Erfolg. Der BGH hat entschieden, dass die Klägerin gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung hat. Er bekräftigt seine Rechtsprechung, wonach der wegen Eigenbedarfs berechtigterweise kündigende Vermieter dem Mieter eine ihm zur Verfügung stehende vergleichbare Wohnung während der Kündigungsfrist anbieten muss, sofern sich die Wohnung im selben Haus oder in derselben Wohnanlage befindet. Kommt der Vermieter dieser Anbietpflicht nicht nach, ist die ausgesprochene Kündigung nach dieser Rechtsprechung wegen Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtnahme rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam.
Wie erfüllt der Vermieter seine Anbietpflicht ordnungsgemäß?
Der BGH hat bezüglich der Anbietpflicht präzisiert, dass der Vermieter für eine ordnungsgemäße Erfüllung der Anbietpflicht den Mieter über die wesentlichen Bedingungen einer Anmietung, nämlich Größe und Ausstattung der Wohnung sowie Mietkonditionen, informieren muss.
Examensrelevanz
Dieses Urteil lässt sich wunderbar zusammen mit weiteren aktuellen BGH Entscheidungen zur Eigenbedarfskündigung zu einem Klausurfall kombinieren. Examensrelevant in diesem Themenkreis ist insbesondere die Entscheidung des BGH zur Kündigung des Vermieters wegen Wohnbedarfs einer Nichte, wozu wir auch bereits einen Artikel geschrieben hatten.
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