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Dr. Yannik Beden, M.A.

Examensrelevante Entscheidung des BAG: Gebot fairen Verhandelns bei Aufhebungsverträgen

Arbeitsrecht, Examensvorbereitung, Lerntipps, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Verbraucherschutzrecht, Zivilrecht

Ein für die zivilrechtliche Examensprüfung besonders relevantes Urteil hat der Sechste Senat des BAG am 7.2.2019 – 6 AZR 75/18 gefällt. Das Gericht hat nochmals Stellung zum Widerruf von Aufhebungsverträgen bei Arbeitsverhältnissen genommen und sich darüber hinaus zum bislang wenig diskutierten „Gebot fairen Verhandelns“ geäußert. Die Entscheidung legt nahe, dass dieser schuldrechtliche Grundsatz in der arbeitsrechtlichen Praxis nunmehr zunehmend an Bedeutung gewinnen wird, nicht zuletzt, da ihm ähnliche Erwägungen vorgeschaltet sind wie dem Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen. In der Folge muss damit gerechnet werden, dass die Entscheidung auch Einzug in die Examensprüfungen finden wird. Ein vertiefter Blick in das Urteil des BAG ist deshalb dringend geboten:
I. Der Sachverhalt (Pressemitteilung entnommen)
„Die Klägerin war bei der Beklagten als Reinigungskraft beschäftigt. Sie schloss in ihrer Wohnung mit dem Lebensgefährten der Beklagten einen Aufhebungsvertrag, der die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Zahlung einer Abfindung vorsieht. Anlass und Ablauf der Vertragsverhandlungen sind umstritten. Nach Darstellung der Klägerin war sie am Tag des Vertragsschlusses erkrankt. Sie hat den Aufhebungsvertrag wegen Irrtums, arglistiger Täuschung und widerrechtlicher Drohung angefochten und hilfsweise widerrufen. Mit ihrer Klage wendet sie sich ua. gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch den Aufhebungsvertrag.“
II. Kein Widerrufsrecht des Arbeitnehmers nach §§ 312 I, 312g I, 355 BGB
Der Sechste Senat stellte zunächst fest, dass dem Vortrag der Arbeitnehmerin keine Anhaltspunkte für die Annahme eines Anfechtungsgrunds entnommen werden konnten. Ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB stünde ihr ebenso wenig zu: Nach der gefestigten Rechtsprechung des BAG sind Arbeitnehmer zwar Verbraucher i.S.v. § 13 BGB. Gleichermaßen entspricht es der Judikatur des Gerichts zur alten Gesetzeslage, dass arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge nicht vom Anwendungsbereich der Widerrufsvorschriften umfasst werden sollen (BAG Urteil v. 27.11.2003 – 2 AZR 135/03, NZA 2004, 597). Dieses Verständnis legte auch die Vorinstanz zugrunde: Das streitgegenständliche Widerrufsrecht stelle ein „vertragstypenbezogenes Verbraucherschutzrecht“ dar und finde nur bei besonderen Formen des Vertriebs Anwendung – der Arbeitsvertrag und der arbeitsrechtliche Aufhebungsvertragen fielen hierunter eben nicht (LAG Niedersachsen Urteil v. 7.11.2017 – 10 Sa 1159/16, NZA-RR 2018, 361 (362). Blickt man in die Gesetzesmaterialien zum reformierten Verbraucherwiderrufsrecht, bestätigt sich diese Bewertung nochmals. Ein Verbrauchervertrag liegt danach nur vor, wenn ein Unternehmer (§ 14 BGB) zur Lieferung einer Ware oder Erbringung einer Dienstleistung und der Verbraucher (§ 13 BGB) zur Zahlung eines Entgelts verpflichtet werden (BT-Drucks. 17/12637, S. 45). Da der Aufhebungsvertrag keine entgeltliche Leistung des Arbeitgebers zum Gegenstand hat, fehlt es insofern bereits an der zuvor erläuterten vertraglichen Charakteristik von Verbraucherverträgen. Auch § 312 Abs. 1 BGB spricht von einer „entgeltlichen Leistung“ des Unternehmers. Dass eine solche fehlt dürfte wohl auch dann anzunehmen sein, wenn der Aufhebungsvertrag eine Abfindungszahlung an den Arbeitnehmer vorsieht. Auch diese kann offenkundig weder als Warenlieferung noch als Erbringung einer Dienstleistung verstanden werden.
Damit steht fest: Dass der Aufhebungsvertrag in den Räumlichkeiten der Wohnung der Arbeitnehmerin abgeschlossen wurde führte deshalb nicht darüber hinweg, dass ihr kein Widerrufsrecht für ein außerhalb der Geschäftsräume des Arbeitgebers geschlossenes Rechtsgeschäft zusteht. Der Aufhebungsvertrag konnte von der Beschäftigten weder wirksam angefochten noch widerrufen werden. Allerdings war das rechtliche Schicksal des Arbeitsverhältnisses damit noch nicht besiegelt. Das BAG führt nunmehr eine neue Überlegung ein, die bei genauerer Betrachtung das Fehlen eines Verbraucherwiderrufsrechts in gewisser Hinsicht „abfedert“.
III. Aber: Gebot fairen Verhandelns als vertragliche Nebenpflicht – § 280 I 1 BGB
Auch wenn dem Arbeitnehmer bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags außerhalb der Räumlichkeiten im Betrieb des Arbeitgebers kein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zusteht, liegt auf der Hand, dass eine „Überrumpelungsgefahr“ oftmals nicht auszuräumen ist. Aufgrund des dem Arbeitsvertrag immanenten Abhängigkeitsverhältnisses sowie der strukturellen Disparität von Arbeitgeber und Arbeitnehmer kann im Einzelfall Grund zur Annahme bestehen, dass der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag nicht vollständig aus freien Stücken hat schließen wollen. Es stellt sich dann die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang derartige Umstände rechtlich zu berücksichtigen sind. Das BAG erkennt die Problemstellung und reagiert hierauf mit einem Rückgriff auf ein Rechtsinstitut, das in der Literatur bereits mehrfach Anklang gefunden hat. Mit dem sog. Gebot fairen Verhandelns soll der allgemeinen Gefahr einer potentiellen Überrumpelung des Arbeitnehmers über das Statuieren von Informationspflichten vorgebeugt werden (Thüsing, RdA 2005, 257 (268)). Bereits im Diskurs über eine etwaige analoge Anwendung der §§ 312 ff. BGB auf arbeitsvertragliche Aufhebungsverträge wurde argumentiert, dass eine Regelungslücke schon fehle, weil durch das Gebot fairen Verhandelns die strukturelle Unterlegenheit des Arbeitnehmer hinreichend Berücksichtigung finde (Däubler, NZA 2001, 1329 (1334); Henssler, RdA 2002, 129 (135)). Es handelt sich mithin um einen Rechtsgedanken, der dem Arbeitsrecht seit einiger Zeit vertraut ist.
Was aber folgt nun konkret aus diesem Gebot? Das BAG stellt in seiner Entscheidung ausdrücklich fest, dass das Gebot fairen Handelns eine vertragliche Nebenpflicht sei. Verletzt werde sie, wenn eine der Vertragsparteien z.B. eine psychische Drucksituation schaffe, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags erhebliche erschwere. In seinen Grundzügen soll das Gebot fairen Verhandelns also vor zumindest ähnlichen Fehlentscheidungen schützen, die auch mit dem Widerrufsrecht für Verbraucher adressiert werden. Allerdings werden bereits an dieser Stelle maßgebliche Unterschiedliche deutlich: Das Widerrufsrecht kann bedingungslos in Anspruch genommen werden, an das Gebot fairen Verhandelns können Rechtsfolgen nur geknüpft werden, wenn der Arbeitgeber eine schuldhafte Pflichtverletzung begeht. Im Einzelnen urteilte das BAG, dass eine psychische Drucksituation etwa in der krankheitsbedingten Schwäche der klagenden Arbeitnehmerin gesehen werden könnte, die der Arbeitgeber ggf. zu seinen Gunsten ausgenutzt hat. Verletzt der Arbeitgeber das Gebot fairen Verhandelns und damit eine vertragliche Nebenpflicht (§ 280 Abs. 1 S. 1 BGB), ist gem. § 249 Abs. 1 BGB grundsätzlich Naturalrestitution zu leisten. Das BAG schlussfolgert daraus, dass die Arbeitnehmerin so zu stellen sei, wie sie stünde, hätte sie den Aufhebungsvertrag nicht geschlossen. Im Ergebnis führt der Schadensersatzanspruch dann zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Damit kann festgehalten werden, dass arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge nunmehr nicht ausschließlich im Lichte des Anfechtungsrechts betrachtet werden müssen. Auch aus dem allgemeinen Schadensersatzrecht können sich Auswirkungen auf das rechtliche Schicksal des Aufhebungs- und damit auch Arbeitsvertrags ergeben, nämlich dann, wenn der Aufhebungsvertrag unter Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns zustande gekommen ist.      
IV. Kurze Summa
Die Wirksamkeit arbeitsrechtlicher Aufhebungsverträge muss in der (Examens-)Klausur nunmehr unter einem weiteren Gesichtspunkt geprüft werden. In einem ersten Schritt gilt es wie gewohnt zu prüfen, ob der Aufhebungsvertrag durch wirksame Anfechtung gem. § 142 Abs. 1 BGB ex-tunc nichtig ist. Ist das zu verneinen, sollte eine kurze Auseinandersetzung mit den §§ 312 ff. BGB stattfinden, mit dem Ergebnis, dass der Vertragstypus des Aufhebungsvertrags nicht unter die Verbraucherschutzvorschriften fällt. Zuletzt muss dann ein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 S. 1 BGB geprüft werden, wobei das Gebot fairen Verhandelns als vertragliche Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag den Anknüpfungspunkt bildet. Auf der Rechtsfolgenseite sollte dann herausgearbeitet werden, dass sich § 249 BGB auf die Wiederherstellung das status quo ante bezieht, das Arbeitsverhältnis mithin fortbesteht. Wer diese Punkte sauber abarbeitet, sollte eine stringente Lösung präsentieren können.
 
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25.03.2019/1 Kommentar/von Dr. Yannik Beden, M.A.
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Gastautor

Das reformierte Verbraucherschutzrecht – ein Überblick über Neuregelungen, Systematik und examensrelevante Themen

Rechtsgebiete, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

Das reformierte Verbraucherschutzrecht – ein Überblick über Neuregelungen, Systematik und examensrelevante Themen
Auch im neuen Jahr veröffentlichen wir wieder einen Beitrag eines Mitglieds des Phi Delta Phi – Hoffmann Becking Inn. Der Beitrag stammt im Januar von Peter Stainer.
Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter bei einer internationalen Wirtschaftskanzlei in Frankfurt am Main und beginnt im Frühjahr 2015 sein Referendariat. Darüber hinaus ist er Mitautor des aktuellen Hemmer-Skripts zum Verbraucherrecht.
I. Die Verbraucherrechtsreform vom 13.06.2014
Das Widerrufsrecht soll vor vertraglichen Bindungen schützen, die der Verbraucher möglicherweise übereilt und ohne gründliche Abwägung eingegangen ist. Grund für die Durchbrechung des Grundsatzes „pacta sunt servanda“ ist manchmal die Situation, in welcher der Vertrag zustande gekommen ist, manchmal aber auch der schwierig zu durchschauende Vertragsgegenstand (Palandt, § 355 nF, Rn. 2).
Mit Wirkung zum 13.06.2014 trat das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechtsrichtlinie (VerbRRL) und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung (VerbRRG) in Kraft. Ziel des Gesetzes ist die Umstellung des deutschen Verbraucherschutzrechts vom europäischen Minimalstandard hin zu einer Vollharmonisierung im Geltungsbereich der Richtlinie (Palandt, Vorb v § 312 nF, Rn. 3; Schärtl, JuS 2014, 577).
II. Neuerungen
Die Verbraucherrechtsreform hat im Bereich der besonderen Vertriebsformen („Haustürgeschäft“ und Fernabsatzvertrag) sowie beim Widerrufsrecht selbst zu umfassenden Modifikationen geführt. Die wesentlichen Änderungen sind im Folgenden überblicksmäßig aufgeführt:

  • Die §§ 312–312h wurden komplett neu gefasst, neu eingefügt wurden §§ 312i–312k BGB. Die §§ 355–361 BGB sowie Art. 246–246c EGBGB wurden ebenfalls neu gefasst.
  • In §§ 312, 312a BGB ist nun ein „Verbrauchervertragsrecht AT“ kodifiziert, welches für alle Verträge gilt, die eine „entgeltliche Leistung“ zum Gegenstand haben (Ehmann/Forster, GWR 2014, 163).
  • Das „Haustürgeschäft“ wurde durch den weitergehenden Begriff des „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrages (AGV)“ gem. § 312b BGB ersetzt.
  • Die Informationspflichten des Unternehmers gegenüber dem Verbraucher wurden in §§ 312d, 312e, § 312j BGB neu gestaltet.
  • Für die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge gem. § 312b BGB und Fernabsatzverträge gem. § 312c BGB gilt nun ein einheitliches Widerrufsrecht gem. §§ 312g, 355, 356 BGB.
  • Die neuen Bestimmungen zum Widerrufsrecht richten sich nunmehr nach den besonderen Verbrauchervertragstypen (Besondere Vertriebsformen, Teilzeit-Wohnrechteverträge, Verbraucherdarlehen, Ratenlieferungsverträge etc.).
  • Der Widerruf muss nun gem. § 355 I 2, 3 BGB ausdrücklich erklärt werden, wofür es jetzt ein EU-weit einheitliches Musterformular gibt. Allerdings genügt nun eine formlose Erklärung des Widerrufs.
  • Die Widerrufsfrist wurde EU-weit harmonisiert und beträgt nun einheitlich 14 Tage, im Falle unzureichender Information beträgt die Höchstdauer zwölf Monate und 14 Tage. Ein quasi „ewiges“ Widerrufsrecht besteht somit – außer bei Verträgen über Finanzdienstleistungen – nicht mehr. [Verträge über Finanzdienstleistungen wurden von der VerbRRL und – weitestgehend – auch vom VerbRRG nicht erfasst. Solche Finanzdienstleistungsverträge (Definition in § 312 V BGB) haben jedoch allenfalls in den Südbundesländern (geringe) Examensrelevanz und sollten zumindest keinen Schwerpunkt bei der Vorbereitung auf die Pflichtfachprüfung darstellen.]
  • Gestrichen wurde das Rückgaberecht gem. § 356 BGB aF als Alternative zum Widerruf.
  • Anders als bisher werden abweichende Widerrufsvorschriften bei besonderen Verbraucherverträgen (Teilzeit-Wohnrechte, Verbraucherdarlehen, Ratenlieferung) nicht mehr bei den einzelnen Vertragstypen, sondern zentral in den §§ 356a–356c, 357a–357c geregelt.
  • Die Rechtsfolgen des Widerrufs sind nun selbstständig geregelt, der Verweis auf die Rechtsfolgen des Rücktritts (§ 246 ff. BGB) ist entfallen.
  • § 357 VI BGB trägt der Verbraucher nun im Regelfall die Kosten der Rücksendung.

Gemäß Art. 229 § 32 I EGBGB richten sich vor dem 13.06.2014 entstandene Schuldverhältnisse grundsätzlich nach dem alten Recht, ab diesem Stichtag findet die neue Rechtslage Anwendung.
III. Systematik der §§ 355 ff. BGB
In verschiedenen Bestimmungen zu Verbraucherverträgen (klausurträchtig sind §§ 312g, 485, 495 I und § 510 II BGB) finden sich Tatbestände, bei deren Vorliegen ein Widerrufsrecht besteht. Diese Tatbestände verweisen auf § 355 BGB, welcher – als eine Art „Widerrufsrecht AT“ grundlegend die Art und Weise der Ausübung des Widerrufs bestimmt. § 355 BGB wird jedoch durch die §§ 356–356c BGB weiter konkretisiert, welche mit den besonderen Verbrauchervertragstypen (§§ 312g, 485, 495 I, § 510 II BGB) korrespondieren und speziellere Anforderungen – insbesondere Ausschlussfristen – für den jeweiligen Vertragstyp aufstellen. In §§ 357–357c BGB werden die Rechtsfolgen des Widerrufs – parallel zu §§ 356a–356c – für bestimmte Vertragstypen abschließend normiert.
Die Systematik lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Besondere Vertriebsformen (§§ 312b ff BGB):
Widerrufsrecht: §§ 355, 356                       Rechtsfolge: § 357 BGB
Teilzeit-Wohnrechtsverträge (§§ 481 ff. BGB):
Widerrufsrecht: §§ 355, 356a                     Rechtsfolge: § 357b BGB
Verbraucherdarlehensverträge (§§ 491 ff. BGB):
Widerrufsrecht: §§ 355, 356b                     Rechtsfolge: § 357a III BGB
Ratenlieferungsverträge (§§ 510 ff. BGB):
Widerrufsrecht: §§ 355, 356c                      Rechtsfolge: § 357c BGB
IV. Systematik der §§ 312 ff. BGB
Die §§ 312–312k BGB (Untertitel 2: Grundsätze bei Verbraucherverträgen und besondere Vertriebsformen) folgen einer völlig neuen Regelungstechnik, deren Regelungsgegenstand zum Teil über Verbraucherverträge hinausgeht:
1. Kapitel 1 (§§ 312; 312a BGB): „Verbrauchervertragsrecht AT“
312 I BGB definiert den Anwendungsbereich für Kapitel 1 und 2, wonach diese nur auf Verbraucherverträge i.S.d. § 310 III BGB Anwendung finden, welche eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand haben. Der Verbrauchervertrag ist in § 310 III BGB legaldefiniert als ein Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (B2C). „Entgeltlich“ meint alle Verträge, in denen sich der Verbraucher zu einer Gegenleistung verpflichtet, die Bezeichnung der Gegenleistung ist dabei gleichgültig (Preis, Lohn, Honorar, Vergütung, Gebühr, usw.) und weit auszulegen.
Von erhöhter Klausurrelevanz sind die Bereichsausnahmen in § 312 II–IV BGB. § 312 II–VI BGB beschränken den sachlichen Anwendungsbereich der §§ 312–312h BGB durch Ausnahmetatbestände. Grund hierfür ist meist, dass in den genannten Fällen der Verbraucherschutz durch speziellere Normen ausreichend verwirklicht wird. Das Widerrufsrecht entfällt jedoch nur in den Fällen des § 312 II und VI BGB sowie bei Folgeverträgen bei Finanzdienstleistungen mit mehreren aufeinander folgenden Verträgen. Interessant im Zusammenhang mit den Bereichsausnahmen ist das Umgehungsverbot in § 312k I 2 BGB: Geschickte Unternehmer könnten den Versuch unternehmen, einen entgeltlichen Verbrauchervertrag formal unter die Voraussetzungen einer Bereichsausnahme zu fassen und das Widerrufsrecht aus § 312b BGB oder § 312c BGB auf diese Weise auszuhöhlen. Dies verhindert § 312k I 2 BGB, indem die Norm bei solchen Umgehungskonstellationen die Vorschriften des Untertitels trotzdem für anwendbar erklärt. Neben den Bereichsausnahmen des § 312 II–IV BGB findet der Ausnahmekatalog des § 312g II BGB Anwendung (für Einzelheiten und Fallbeispiele zu den Bereichsausnahmen siehe Hemmer/Wüst/d’Alquen/Stainer, Verbraucherschutzrecht, 4.Aufl., Rn. 304 ff).
Die in § 312a I, III–V BGB geregelten Informationspflichten gelten für alle Verbraucherverträge i.S.d. § 310 III BGB, während die in § 312a II BGB i.V.m. Art. 246 EGBGB genannten Pflichten durch § 312d BGB i.V.m. Art. 246a EGBGB verdrängt werden. Die Informationspflichten nach § 312a II BGB i.V.m. Art. 246 EGBGB sind auch auf alle sonstigen Verbraucherverträge, die nicht unter §§ 312b; 312c BGB fallen, anwendbar, also auf sämtliche Geschäfte des stationären Handels oberhalb der Bagatellgrenze des Art. 246 II EGBGB. Die Pflichten und Grundsätze des § 312a I, III–V BGB werfen im Einzelnen keine Schwierigkeiten auf und lassen sich durch Lektüre des Gesetzes gut erschließen. Zu beachten ist, dass sich eine Nichtbeachtung des § 312a BGB nicht auf das Widerrufsrecht bzw. die Widerrufsfrist auswirkt, da die Sanktionen nach Abs. 3–5 den Verbraucherschutz bereits hinreichend gewährleisten (Palandt, § 356 nF, Rn. 7).
2. Kapitel 2 (§§ 312b–312h BGB): Besondere Vertriebsformen bei Verbraucherverträgen
a) Außergeschäftsraumverträge (AGV), § 312b BGB
Das Widerrufsrecht bei Außergeschäftsraumverträgen dient dem Schutz des Verbrauchers vor situativer Überrumpelung durch einen Unternehmer: Außerhalb von Geschäftsräumen muss ein Verbraucher nämlich regelmäßig nicht mit einem Vertragsschluss rechnen.
Ein Außergeschäftsraumvertrag liegt in den vier Fällen des § 312b I 1 Nr. 1–4 BGB vor. Hinsichtlich der einzelnen Tatbestandsvarianten ist Folgendes zu beachten:

  • „Geschäftsräume“ sind in § 312b II BGB definiert. Die negative Abgrenzung in § 312b I Nr BGB geht deutlich über das „alte“ Verständnis des Haustürgeschäfts hinaus. Als außerhalb von Geschäftsräumen sind insbesondere die Privatwohnung, der Arbeitsplatz und allgemein zugängliche Verkehrsflächen anzusehen. Insoweit fallen auch Partyverkäufe in Privatwohnungen und Vertragsschlüsse in Hotels und Seniorenheimen unter § 312b I BGB. Ob der Besuch des Unternehmers durch den Verbraucher bestellt wurde, ist nach neuer Rechtslage nicht mehr entscheidend (Palandt, § 312b nF, Rn. 4).
  • 312b I 1 Nr. 2 BGB erweitert den Anwendungsbereich der Nr. 1 auf Fälle, in denen nur der Verbraucher seine bindende Erklärung abgibt, der Unternehmer den Antrag aber erst später (und möglicherweise in seinen Geschäftsräumen) annimmt. Voraussetzung ist allerdings die körperliche Anwesenheit des Unternehmers (oder seines Gehilfen, § 312b I 2 BGB).
  • Von § 312b I 1 Nr. 3 BGB erfasst werden Verträge, bei denen der Verbraucher außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers persönlich und individuell angesprochen, der Vertrag allerdings in unmittelbarem Anschluss in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder über Fernkommunikationsmittel geschlossen wird. Allerdings greift Nr. 3 nicht, wenn der Unternehmer in die Wohnung des Verbrauchers kommt, um für ein Angebot Werbematerial abzugeben, Maße zu nehmen oder eine Schätzung vorzunehmen und der Verbraucher erst nach einer Prüfungs- und Bedenkzeit sein Angebot abgibt (Palandt, § 312b nF, Rn. 6).
  • 312b I 1 Nr. 4 BGB erfasst Fälle, bei denen anlässlich einer Ausflugsveranstaltung in den Geschäftsräumen des Unternehmers geschlossen werden. Erfasst werden insbesondere Kaffee- und Butterfahrten.

b) Fernabsatzverträge, § 312c BGB
Die Definition des Fernabsatzvertrages hat sich – im Vergleich zum „Haustürgeschäft / Außergeschäftsraumvertrag“ eher geringfügig verändert und vereinfacht. Sowohl der Begriff des Fernabsatzvertrages (§ 312c I BGB) als auch der des Fernkommunikationsmittels (§ 312c II BGB) sind nun legaldefiniert. Entscheidend für das Vorliegen eines Fernabsatzvertrages ist, dass die Vertragsparteien nicht gleichzeitig körperlich anwesend sind, sondern eben nur mittels Fernkommunikationsmittel kommunizieren. Für die Klausur empfiehlt es sich hier, sich am Gesetzeswortlaut zu orientieren und in Zweifelsfällen richtlinienkonform – also verbraucherfreundlich – auszulegen.
c) Informationspflichten und Formalien, §§ 312d, 312e, 312f BGB
Gemäß § 312d I 1 BGB ist der Unternehmer bei Verträgen gem. § 312b I BGB verpflichtet, den Verbraucher nach Maßgabe des Art. 246a EGBGB zu informieren. Für Verträge über Finanzdienstleistungen gilt abweichend § 312d II BGB i.V.m. Art. 246b EGBGB. Die einzelnen Informationspflichten sind im EGBGB katalogartig aufgelistet und lassen sich durch die Gesetzeslektüre ohne weiteres erschließen.
d) Widerrufsrecht, § 312g BGB
312g I BGB enthält den Verweis auf § 355 BGB. § 312g II BGB enthält einen Katalog von Fällen, in welchen – vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung durch die Parteien – kein Widerrufsrecht besteht. Die einzelnen Ausnahmen sind wörtlich aus Art. 16 VerbRRL übernommen und teilweise sehr weit formuliert; ein Ergebnis intensiver Lobbyarbeit zugunsten der Unternehmen (Palandt, § 312g, Rn. 3). Im Zweifel ist auch hier richtlinienkonform (also verbraucherfreundlich) auszulegen, wegen § 312k II BGB trägt der Unternehmer die Beweislast für das Vorliegen einer Ausnahme. Dieser Ausnahmenkatalog gilt kumulativ mit den Bereichsausnahmen des § 312 II, V, VI BGB. § 312g III BGB stellt klar, dass die dort genannten spezielleren Widerrufsrechte dem § 312g I BGB vorgehen (zu den einzelnen Ausnahmen mit Fallbeispielen vgl. Hemmer/Wüst/d’Alquen/Stainer, Verbraucherschutzrecht, 4. Aufl. 2014, Rn. 317 ff.).
3. Kapitel 3 (§§ 312i, 312j BGB): Elektronischer Geschäftsverkehr
312i BGB dient der Umsetzung von Art. 10, 11 E-Commerce-Richtlinie (2000/31/EG). Vom persönlichen Anwendungsbereich werden daher nicht nur Verbraucherverträge, sondern sämtliche Vertragsverhältnisse im elektronischen Geschäftsverkehr (also auch B2B und C2C) erfasst. Daher bezieht sich die Norm auf den weiten Begriff des „Kunden“ und nicht auf den Verbraucher i.S.d. § 14 BGB. Die Verortung des § 312i BGB im Untertitel 2 („Verbraucherverträge“) ist daher an sich systemwidrig. Sie wird allerdings in Zusammenschau mit der Folgenorm § 312j BGB verständlich, welche für Verbraucherverträge (B2C) im elektronischen Geschäftsverkehr – in Umsetzung von Art. 8 II, III VerbRRL – weitere, über § 312i BGB hinausgehende Anforderungen stellt.
Der Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr ist in § 312i I BGB legaldefiniert. Maßgebliches Kriterium ist die Verwendung von Telemedien zum Vertragsabschluss, wobei der Begriff Telemedien wie in § 1 TMG zu verstehen ist (BeckOK-BGB, § 312k, Rn. 9 ff.). Der Hauptanwendungsbereich liegt freilich in der Benutzung des Internets und internetbasierter Dienste (Online-Banking, Filesharing Dating-Plattformen).
Die allgemeinen Pflichten des Unternehmers gem. § 312i I Nr. 1–4 BGB (Nr. 1: Bereitstellung einer Korrekturmöglichkeit für Eingabefehler; Nr. 2: Informationspflichten nach Art. 246c EGBGB; Nr. 3: Unverzügliche Bestellbestätigung und Nr. 4: Möglichkeit des Abrufs und der Speicherung des Vertragswerkes einschließlich AGB) sind aus der Gesetzeslektüre heraus verständlich. Als Sanktion bei Pflichtverletzungen kommen allenfalls ein Schadenersatzanspruch aus §§ 311 II, 241 II, 280 I EGBGB, ferner Unterlassungsansprüche aus § 8 UWG und § 2 UKlaG in Betracht (Schulte u.a., § 312i BGB, Rn. 12). Auf das Widerrufsrecht ergeben sich insoweit keine Auswirkungen.
Der speziellere § 312j BGB sieht in § 312j I BGB besondere Informationspflichten für Webseiten für den elektronischen Geschäftsverkehr mit Verbrauchern (Online-Shops) vor und erklärt in § 312j II BGB im Anwendungsbereich des § 312 I BGB („entgeltliche Leistung“) die Belehrungspflichten des Art. 246a § 1 I 1 Nr. 1, 4, 5, 11, 12 EGBGB ergänzend zu Art. 246c EGBGB für anwendbar. Ähnlich wie bei § 312i BGB kommen bei Verletzung dieser Pflichten Ansprüche aus c.i.c. sowie aus dem UWG und dem UKlaG in Betracht mit dem Unterschied, dass wegen § 312k II BGB eine Beweislastumkehr zugunsten des Verbrauchers stattfindet.
Die vormals in § 312g III 1 und 2 BGB aF geregelte Ausdrücklichkeitsanforderung und die sog. „Button-Lösung“ befinden sich nun – inhaltlich unverändert – in § 312j III 1 und 2 BGB. Ein konkludenter Abschluss von Verbraucherverträgen im Internet bleibt somit unmöglich (BeckOK-BGB, § 312j, Rn. 17).
312j IV BGB sanktioniert die Nichthaltung der formalen Anforderungen des § 312j III BGB mit der Unwirksamkeit des Vertrages. Diese Rechtsfolge – Unwirksamkeit eines Vertrages ex tunc aufgrund einer Pflichtverletzung – fügt sich nicht in die Dogmatik der Rechtsgeschäftslehre des BGB ein und stellt daher ein u.U. klausurtaugliches Problem dar. (siehe dazu unter V.).
4. Kapitel 4 (§ 312k BGB): Abweichende Vereinbarungen und Beweislast.

  • 312k BGB gilt für den gesamten Untertitel 2 und enthält drei Regelungen: § 312k I 1 BGB erklärt die vorhergehenden Bestimmungen für unabdingbar, während § 312k I 2 BGB ein Umgehungsverbot der Vorschriften des 2. Untertitels konstituiert. Gestaltungen, welche die Vorschriften zum Schutze des Verbrauchers umgehen sollen, werden somit unwirksam (z.B. die Aufteilung eines einheitlichen Vertrages in Teilleistungen zu je 40 €, um den Vertrag gem. § 312 II Nr. 12 BGB aus dem Anwendungsbereich des Widerrufsrechts herauszunehmen).
  • 312k II BGB bürdet für den gesamten Unterabschnitt 2 die Beweislast in Bezug auf Informationspflichten dem Unternehmer auf, sofern ein Verbraucher auf einer Seite des Vertrages steht. Sofern in den Fällen des § 312i BGB keine Verbraucher involviert sind, gilt die Beweislastumkehr also entsprechend nicht, wohl aber für die Fälle des § 312j BGB.

V. Klausurrelevanz
Sofern in einer Klausur ein Widerrufsrecht gem. §§ 312g, 355 BGB in Betracht kommt, bietet sich das folgende Aufbauschema an:

  • Obersatz zu Rechtsfolgen:
    • 355 I BGB rechtsvernichtende Einwendung
    • § 357–357c BGB: Entstehen eines RückgewährSV (nur relevant bei AustauschV), u.U. Wertersatzpflicht des Verbrauchers
  • Bestehen eines Widerrufsrechts nach § §312b, 312g BGB
    • Verbrauchervertrag i.S.v. § 310 III BGB
    • Entgeltliche Leistung, § 312 I BGB
    • keine Bereichsausnahme gem. § 312 II, V, VI BGB
    • Außergeschäftsraum-Situation gem. § 312b I Nr. 1–4 BGB oder Fernabsatzvertrag, § 312c I BGB
    • kein Ausschluss des Widerrufsrechts gem. § 312g II BGB
    • keine Subsidiarität gem. § 312g III BGB
    • kein Erlöschen des Widerrufsrechts gem. § 356 IV, V BGB
  • Frist- und formgerechter Widerruf:
    • 14 Tage ab Vertragsschluss gem. § 355 II BGB bei Belehrung, abweichender Fristbeginn gem. §§ 356 II, III; 356a–356c BGB. Ohne Belehrung erlischt das Widerrufsrecht 12 Monate und 14 Tagen gem. § 356 III BGB
    • Ausdrückliche Widerrufserklärung, § 355 I 3 BGB, ggf. unter Verwendung der Musterwiderrufserklärung gem. § 356 I BGB

Der erste größere Augenmerk in einer Klausur sollte auf den Bereichsausnahmen des § 312 II–VI BGB und dem Ausnahmekatalog des § 312g II BGB liegen, wobei das Umgehungsverbot des § 312k I 2 BGB stets gedanklich präsent sein sollte.
Bei § 312j IV BGB (bzw. § 312g IV BGB aF) bleibt bei Pflichtverletzungen im elektronischen Geschäftsverkehr das Problem der richtlinienkonformen Auslegung des § 312j IV BGB aktuell. Fraglich ist ob der Verbraucher trotz Pflichtverletzung des Unternehmers am Vertrag festhalten kann und die Leistung fordern darf: Während eine Ansicht wortlautkonform auch dem Verbraucher das Festhalten am Vertrag versagt (Palandt, § 312j BGB nF, Rn. 8 m.w.N.), soll auf der anderen Seite in richtlinienkonformer Auslegung des Art. 8 II VerbRRL der Verbraucher nicht gebunden und nur der Unternehmer am Vertrag festgehalten werden (Schulte u.a., § 312j, Rn. 3). Entscheidend sind wie immer die Identifikation des Problems und die argumentative Zuführung zu einer vertretbaren Lösung (zur Vertiefung: BeckOK-BGB, § 312j, Rn. 26 ff.; Weiss, JuS 2013, 590–594; Heinig, MDR 2012, 323–327; Alexander, NJW 2012, 1985–1990)
Die Handhabung des – zumindest in Bayern – als klausurrelevant gehandelten Widerrufs eines geschlossenen Fonds mit dem Problem, dass die § 357 I 1 aF i.V.m. 246 ff. BGB nicht auf die Beendigung einer Gesellschaft passten, dürfte sich zumindest nicht wesentlich verändert haben: Die nunmehr in § 355 III BGB geregelte „Rückgewähr empfangener Leistungen“ entspricht insoweit dem Wortlaut des § 346 I BGB, sodass die Lösung eines solchen Falles immer noch eine argumentative Auseinandersetzung erfordert [fehlerhafte Gesellschaft, Auseinandersetzungsanspruch (siehe MüKo-BGB, § 705, Rn. 329; BGH, NJW 2012, 3096)].
VI. Zur Vertiefung und Ergänzung
Schärtl, Der verbraucherschützende Widerruf bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen, JuS 2014, 577–583.
 

14.01.2015/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2015-01-14 08:30:132015-01-14 08:30:13Das reformierte Verbraucherschutzrecht – ein Überblick über Neuregelungen, Systematik und examensrelevante Themen
Zaid Mansour

Rechtsprechungsübersicht in Zivilsachen

AGB-Recht, BGB AT, Deliktsrecht, Lerntipps, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht, Zivilrecht

In den letzten Wochen ist eine Vielzahl von – in materiell-zivilrechtlicher Hinsicht – examensrelevanten Gerichtsentscheidungen ergangen, die im Folgenden überblicksartig dargestellt werden sollen. Da in den meisten Fällen die Entscheidungsgründe noch nicht veröffentlicht wurden, sei insoweit auf die entsprechenden Pressemitteilungen verwiesen.
I. BGH, Urteil v. 20.03.2013 – VIII ZR 168/12 (Examenstipp!)
Die Entscheidung darf als besonders examensverdächtig eingestuft werden, da sich zum einen mit ihr zivilrechtliches Standardwissen (wie etwa die AGB-Kontrolle) vortrefflich abfragen lässt und sie zum anderen einen Sachverhalt zum Gegenstand hat, dem aufgrund der Vielzahl ähnlich gelagerter Fälle, eine erhebliche Praxisrelevanz beigemessen werden kann.

 Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass eine Allgemeine Geschäftsbedingung des Vermieters, welche die Haltung von Hunden und Katzen in der Mietwohnung generell untersagt, gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist. Sie benachteiligt den Mieter unangemessen, weil sie ihm eine Hunde- und Katzenhaltung ausnahmslos und ohne Rücksicht auf besondere Fallgestaltungen und Interessenlagen verbietet. Zugleich verstößt sie gegen den wesentlichen Grundgedanken der Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters in § 535 Abs. 1 BGB. Ob eine Tierhaltung zum vertragsgemäßen Gebrauch im Sinne dieser Vorschrift gehört, erfordert eine umfassende Interessenabwägung im Einzelfall. Eine generelle Verbotsklausel würde – in Widerspruch dazu – eine Tierhaltung auch in den Fällen ausschließen, in denen eine solche Abwägung eindeutig zugunsten des Mieters ausfiele.
Die Unwirksamkeit der Klausel führt nicht dazu, dass der Mieter Hunde oder Katzen ohne jegliche Rücksicht auf Andere halten kann. Sie hat vielmehr zur Folge, dass die nach § 535 Abs. 1 BGB** gebotene umfassende Abwägung der im Einzelfall konkret betroffenen Belange und Interessen der Mietvertragsparteien, der anderen Hausbewohner und der Nachbarn erfolgen muss. Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht eine Zustimmungspflicht der Klägerin zur Hundehaltung rechtsfehlerfrei bejaht. (Pressemiteilung)

II. BGH, Urteil v. 20.03.2013 – VIII ZR 233/12
Der BGH hat in diesem Fall entschieden, dass die Kündigung eines Wohnraumietvertrages wegen eines bei Abschluss des Vertrages noch nicht absehbaren Eigenbedarfs, kein rechtsmissbräuchliches Verhalten begründet.

Die Kündigung wegen Eigenbedarfs ist nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn der Vermieter bei Abschluss des Mietvertrages beabsichtigt oder zumindest erwägt, die Wohnung alsbald selbst zu nutzen oder sie einem Angehörigen seiner Familie oder seines Haushalts zu überlassen. Dies war nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts hier nicht der Fall, weil bei Abschluss des Mietvertrages für die Klägerin noch nicht absehbar war, dass ihr Enkel seine Lebensplanung ändern würde und das vermietete Einfamilienhaus zusammen mit seiner zwischenzeitlich schwangeren Partnerin und späteren Ehefrau und dem gemeinsamen Kind würde bewohnen wollen. (Pressemitteilung)

III. BGH, Urteil v. 13.03.2013 – VIII ZR 186/12
Der BGH hat sich im Rahmen dieses Verfahrens mit der Frage beschäftigt, ob der Käufer eines mit einer gelben Umweltplakette versehenen Gebrauchtfahrzeugs den (privaten) Verkäufer auf Gewährleistung in Anspruch nehmen kann, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung der Plakette mangels Einstufung des Fahrzeugs als „schadstoffarm“ nicht erfüllt sind und es deshalb in Umweltzonen nicht bestimmungsgemäß genutzt werden kann. (Pressemitteilung)
 IV. OLG Hamm, Urteil v. 23.01.2013 – I-8 U 281/11
Das OLG Hamm hatte sich im vorliegenden Fall mit der Frage der Zulässigkeit des Widerrufs eines Haustürgeschäfts zu beschäftigen und dabei entschieden, dass die 14-tägige Widerrufsfrist nicht gilt, wenn ein Anleger im Rahmen eines Haustürgeschäfts einem geschlossenen Investmentfond beitritt und dabei unzutreffend über das ihm zustehende gesetzliche Widerrufsrecht belehrt wurde.

Der Kläger und seine Ehefrau hatten im Januar 2008 nach mehrfachen, in ihrem Wohnhaus in Detmold durchgeführten Beratungsgesprächen entschieden, sich zum Zwecke der Kapitalanlage mit einer Einlage an einem Investmentfonds der Beklagten zu beteiligen. Nachdem sie über 22.000 Euro eingezahlt hatten, erklärten sie im Dezember 2009 den Widerruf ihrer Beteiligungen. Die Beklagte hat gemeint, der Beitritt beruhe nicht auf einem Haustürgeschäft. Die Beitrittserklärung sei zudem im Dezember 2009 nicht mehr zu widerrufen gewesen, weil die dafür vorgesehene Frist zuvor abgelaufen sei. Die Anleger seien bei Abgabe ihrer Beitrittserklärung ordnungsgemäß belehrt worden. Der Kläger und seine Ehefrau klagten auf Feststellung seit Dezember 2009 nicht mehr als Gesellschafter an der beklagten Fondsgesellschaft beteiligt zu sein.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts haben der Kläger und seine Ehefrau ihren im Januar 2008 erklärten Beitritt gemäß §§ 355, 312 BGB wirksam widerrufen. Auf den Beitritt zu einem Fonds in der Form einer Personengesellschaft seien die Regeln über den Haustürwiderruf anzuwenden. Ein Haustürgeschäft liege vor. Dem Beitritt seien fünf Verhandlungen vorausgegangen, bei denen zusammenhängende Inhalte besprochen worden seien. Deswegen habe eine fortwirkende Überraschungssituation vorgelegen.
Der Widerruf sei im Dezember 2009 möglich gewesen, weil beim Beitritt keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt worden sei. In der hierzu verfassten Erklärung sei versäumt worden, den Anleger darauf hinzuweisen, dass er im Falle eines Widerrufs lediglich Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben habe, da sich seine Rechte nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft richteten. Diese Folge gelte auch für den Kläger und seine Frau, nachdem ihr Beitritt zu der Fondsgesellschaft in Vollzug gesetzt worden sei. Sie hätten keinen Anspruch auf Rückzahlung der Einlage, sondern auf ein ihnen nach gesellschaftsvertraglicher Abwicklung möglicherweise zustehendes Abfindungsguthaben, das aber noch geklärt werden müsse. (Pressemitteilung – juris).

V. OLG Hamm, Urteil v. 15.01.2013 – I-9 U 84/12
Das Judikat betrifft die Reichweite der Verkehrssicherungspflicht des Veranstalters einer Treibjagd gegenüber den Eigentümern und Pächtern von nahe zum Jagdgebiet gelegenen Grundstücken. Danach trifft den Jagdveranstalter gegenüber den Inhabern nicht unmittelbar angrenzender Grundstücke keine anlassunabhängige Informations- bzw. Hinweispflicht hinsichtlich des bevorstehenden Jagdgeschehens und damit einhergehender Schussgeräusche.

Der Kläger aus Hamm hielt auf in der Nähe von Ahlen gepachteten Weideflächen mehrere Pferde. Er hat vom beklagten Arzt aus Ahlen Schadensersatz aus Anlass einer Treibjagd vom 04.10.2004 verlangt. Diese Jagd hatte der Beklagte in einem von den gepachteten Weideflächen ca. 100 m entfernt liegenden Waldgebiet veranstaltet. Nach der Behauptung des Klägers soll das Jagdgeschehen – insbesondere durch die von diesem ausgehenden Schussgeräusche – drei seiner Pferde auf der Weide in Panik versetzt haben. Hierdurch hätten sich die Tiere erhebliche Verletzungen zugezogen, eines habe notgetötet werden müssen. Für den hierdurch entstandenen Schaden in Höhe von ca. 23.500 Euro habe der Beklagte, so der Kläger, aufzukommen, weil weder er noch der Grundstückeigentümer von der bevorstehenden Jagd unterrichtet worden seien. Insoweit habe der Beklagte ihm obliegende Verkehrssiche-rungspflichten verletzt. […]
Nach Auffassung des Oberlandesgerichtes ist der Beklagte als Veranstalter der Jagd zwar grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu schaffen, um eine Schädigung anderer durch das Jagdgeschehen zu verhindern. Der Beklagte sei deswegen aber nicht verpflichtet gewesen, den Kläger als anliegenden Pächter über die bevorstehende Treibjagd zu unterrichten. Auf die mit einer Jagd verbundenen Schussgeräusche habe nicht hingewiesen werden müssen. Schussgeräusche gehörten für sich genommen zu einer waldtypischen Geräuschkulisse und seien insoweit als Lärmbeeinträchtigungen hinzunehmen. Sie seien nur unter besonderen Umständen schadensträchtig, etwa wenn ein Schuss in unmittelbarer Nähe eines Reiters abgegeben werde. Derartige Umstände seien im vorliegenden Fall nicht feststellbar. Die vom Kläger gepachtete Weide habe außerhalb des bejagten Waldgebietes gelegen, ohne unmittelbar an dieses anzugrenzen. Nach dem Jagdkonzept des Beklagten hätten auch keine Schüsse in unmittelbarer Nähe der Pferde abgegeben werden sollen. Selbst wenn sich einzelne Jagdteilnehmer hieran nicht gehalten hätten, was der Kläger bereits nicht dargelegt habe, sei der Beklagte für ein solches vom Jagdkonzept abweichendes Verhalten nicht einstandspflichtig, weil es für ihn nicht vorhersehbar gewesen sei. (Pressemitteilung-juris, Hervorhebung durch d. Autor)

Da die Entscheidung nicht rechtskräftig ist und das Verfahren derzeit unter dem Az. VI ZR 91/13 beim BGH anhängig ist, erscheint es ratsam den Fall künftig im Auge zu behalten.
 
 
 

30.03.2013/0 Kommentare/von Zaid Mansour
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