• Suche
  • Lerntipps
    • Examensvorbereitung
    • Fallbearbeitung und Methodik
    • Für die ersten Semester
    • Mündliche Prüfung
  • Examensreport
    • 2. Staatsexamen
    • Baden-Württemberg
    • Bayern
    • Berlin
    • Brandenburg
    • Bremen
    • Hamburg
    • Hessen
    • Lösungsskizzen
    • Mecklenburg-Vorpommern
    • Niedersachsen
    • Nordrhein-Westfalen
    • Rheinland-Pfalz
    • Saarland
    • Sachsen
    • Sachsen-Anhalt
    • Schleswig-Holstein
    • Thüringen
    • Zusammenfassung Examensreport
  • Interviewreihe
    • Alle Interviews
  • Rechtsgebiete
    • Strafrecht
      • Klassiker des BGHSt und RGSt
      • StPO
      • Strafrecht AT
      • Strafrecht BT
    • Zivilrecht
      • AGB-Recht
      • Arbeitsrecht
      • Arztrecht
      • Bereicherungsrecht
      • BGB AT
      • BGH-Klassiker
      • Deliktsrecht
      • Erbrecht
      • Familienrecht
      • Gesellschaftsrecht
      • Handelsrecht
      • Insolvenzrecht
      • IPR
      • Kaufrecht
      • Kreditsicherung
      • Mietrecht
      • Reiserecht
      • Sachenrecht
      • Schuldrecht
      • Verbraucherschutzrecht
      • Werkvertragsrecht
      • ZPO
    • Öffentliches Recht
      • BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker
      • Baurecht
      • Europarecht
      • Europarecht Klassiker
      • Kommunalrecht
      • Polizei- und Ordnungsrecht
      • Staatshaftung
      • Verfassungsrecht
      • Versammlungsrecht
      • Verwaltungsrecht
      • Völkerrrecht
  • Rechtsprechungsübersicht
    • Strafrecht
    • Zivilrecht
    • Öffentliches Recht
  • Karteikarten
    • Strafrecht
    • Zivilrecht
    • Öffentliches Recht
  • Suche
  • Menü Menü
Du bist hier: Startseite1 > Grundstück

Schlagwortarchiv für: Grundstück

Tom Stiebert

BGH: (Dingliches) Wohnrecht trotz Tötung des Eigentümers

BGB AT, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Sachenrecht, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht, Zivilrecht

Eine juristisch und praktisch äußerst spannende Fragestellung mit hoher juristischer Relevanz für das Erste und Zweite Staatsexamen hat der Bundesgerichtshof am heutigen Tag (BGH v. 11.3.2016 – V ZR 208/15) entschieden. Es geht um die Frage, ob ein dingliches Wohnrecht für den Fall, dass der Berechtigte den bisherigen Eigentümer getötet hat gekündigt werden kann.
Der Fall, der in den häufig vernachlässigten Gefilden der §§ 1018 ff. BGB stattfindet, ermöglicht eine sehr gute Wiederholung der allgemeinen Grundsätze der (Grund)dienstbarkeiten und eignet sich ob der unbekannten Materie, die aber mit allgemeinen juristischen Fähigkeiten gelöst werden kann perfekt für eine Klausur im ersten und erst recht im zweiten Staatsexamen.
I. Folgender Sachverhalt lag zugrunde:

Der Beklagte war zusammen mit seinem Bruder Eigentümer eines Hausgrundstücks in Leipzig. Anfang 1997 übertrug er seinen hälftigen Miteigentumsanteil auf den Bruder, behielt sich aber ein dingliches Wohnungsrecht an der Wohnung im Obergeschoss des Anwesens vor. Beides wurde in das Grundbuch eingetragen. Im Mai 2012 erstach der Beklagte seinen Bruder während eines Streits und wurde wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von 9 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Erbin des Getöteten und damit Eigentümerin des Grundstücks wurde dessen Mutter. Der Beklagte wurde in einem Zivilrechtsstreit rechtskräftig für erbunwürdig erklärt.

Die frühere Ehefrau des Getöteten wohnt weiterhin auf dem Grundstück. Die Klägerin, die nicht auf dem Grundstück lebt, verlangt von dem Beklagten die – bedingungslose – Zustimmung zur Löschung des Wohnungsrechts.

II. Fraglich ist, ob eine solche Kündigung hier möglich ist.
Dabei sollte in der Klausur zunächst festgestellt werden, dass eine Dienstbarkeit, also ein Recht auf Duldung der Benutzung eines Grundstücks (§ 1018 BGB) bestellt wurde. Hier dürfte wohl der besonders geregelte Fall eines dinglichen Wohnungsrechts als beschränkte persönliche Dienstbarkeit iSd. §§ 1090, 1093 BGB vorliegen. Die Abgrenzung zu § 1018 BGB ist oftmals problematisch (vgl. hierzu MittBayNot 2010, 388).  Als dingliches Recht bedarf es jedenfalls gemäß § 873 BGB der Einigung und Eintragung. Auch hier können bereits Probleme auftreten (bspw. Gutgläubigkeit etc.). Im konkreten Fall war dies aber unproblematisch.
Fraglich ist aber, ob ein Erlöschen dieses Rechts hier möglich ist. Das Gesetz sieht keinen speziellen Kündigungstatbestand vor, sodass ein Erlöschen des dinglichen Rechts nur durch Aufhebung (§ 875 BGB – übereinstimmende Vereinbarung der Parteien), kraft Gesetzes oder durch Hoheitsakt möglich ist. Auch hier können bspw. Probleme im Rahmen der Aufhebung konstruiert werden. Im konkreten Fall liegt weder eine rechtsgeschäftliche Aufhebung noch ein gesetzlicher Erlöschensgrund vor.
Fraglich ist aber, ob sich aus den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein ungeschriebenes Kündigungsrecht ergeben kann, da der Berechtigte der Grunddienstbarkeit gemäß § 2339 Abs. 1 Nr. 1 BGB erbunwürdig ist. Ob sich hieraus überhaupt – gegen die mglw. abschließenden gesetzlichen Regelungen – ein Kündigungsrecht ergeben kann, lässt der BGH hier offen, da jedenfalls die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs nicht vorliegen. Der BGH legt dazu dar:

Zwar ist es Personen, die dem Getöteten nahe standen und die weiterhin auf dem mit dem Wohnungsrecht belasteten Grundstück wohnen, im Allgemeinen nicht zumutbar, mit dem Täter unter einem Dach zu leben. Auch in einer solchen Situation kommt ein Anspruch auf Aufgabe des Wohnungsrechts aber nur als letztes Mittel – oder, wie es der österreichische Oberste Gerichtshof formuliert, als „äußerstes Notventil“ – in Betracht, wenn andere zumutbare Wege der Konfliktlösung ausscheiden. Nach deutschem Dienstbarkeitenrecht besteht eine solche Möglichkeit regelmäßig. Der Berechtigte muss nämlich sein dingliches Wohnungsrecht nach § 1020 Satz 1 BGB so ausüben, dass die Interessen des Grundstückseigentümers tunlichst geschont werden. Zu diesen Interessen gehören bei einem dinglichen Wohnungsrecht auch die persönlichen Beziehungen zwischen dem Berechtigten und den Personen, die dem getöteten Grundstückseigentümer nahe standen und weiterhin auf dem Grundstück leben. Wenn diese mit dem Berechtigten wegen der Tat nicht mehr auf dem Grundstück unter einem Dach zusammenleben wollen, muss der Berechtigte dem Rechnung tragen. Dieses Ziel ist aber schon dadurch zu erreichen, dass er die Wohnung nicht mehr selbst nutzt, sondern sie Dritten überlässt, also etwa vermietet. Dazu ist er auf Verlangen des Grundstückseigentümers auch verpflichtet. Diese alternative Möglichkeit der Konfliktlösung schließt einen auf § 242 BGB gestützten Anspruch auf Aufgabe des Wohnungsrechts aus.

Der BGH behilft sich folglich mit einer recht eleganten und vermittelnden Lösung. § 1020 BGB ist gemäß § 1090 Abs. 2 BGB auch bei einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit anwendbar, sodass der Status für die Lösung nicht relevant ist. Der BGH erkennt hier das Interesse des Eigentümers an, nicht mit dem Mörder des Erblassers unter einem Dach leben zu können, bleibt aber weiterhin an den strengen gesetzlichen Regelungen gebunden. Eine Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben darf nur ultima ratio sein. Hier zeigen sich aber gerade mildere Mittel, nämlich bspw. die Vermietung an Dritte. Hierdurch wird den Interessen aller Beteiligter umfassen Rechnung getragen.
III. Fazit
Ein Fall mit sehr hoher Examensrelevanz: Eine Sachverhaltskonstellation aus einem Bereich, der vielen Prüflingen zunächst den Angstschweiß auf die Stirn treiben wird. Zu Unrecht – mit allgemeinem juristischen Handwerkszeug ist der Fall sehr gut lösbar. dabei kann natürlich nicht erwartet werden, dass die Lösung des BGH gekannt oder antizipiert wird. Häufig sehen Sachverhalte im Ersten und erst Recht im zweiten juristischen Staatsexamen aber bereits eine Vorkonturierung der Argumentation vor, die lediglich juristisch zutreffend und nachvollziehbar verwertet werden soll. Gerade für eine solche Konstellation in der juristischen Argumentationsgabe notwendig ist, ist der hier behandelte Fall prädestiniert.
Hinweis: In einer vorherigen Version fehlte der Hinweis auf § 1093 BGB. Wir bitten dies zu entschuldigen. Eine genaue Beantwortung dieser Frage zur Abgrenzung § 1093 BGB zu § 1018 BGB ist – ohne Vorliegen der Entscheidungsgründe aktuell nicht möglich. Für die entscheidendenden Fragen – Kündigungsmöglichkeit; § 242 BGB iVm. 1020 BGB ist dies aber nicht relevant.

11.03.2016/5 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2016-03-11 15:02:182016-03-11 15:02:18BGH: (Dingliches) Wohnrecht trotz Tötung des Eigentümers
Gastautor

BGH: Zum „wesentlichen Bestandteil“ eines Gebäudes nach § 94 BGB

Rechtsprechung, Sachenrecht, Startseite, Zivilrecht
Wir freuen uns, im Folgenden einen Gastbeitrag von Martin Pütz veröffentlichen zu können. Martin ist zur Zeit Rechtsreferendar am Landgericht Bonn und bereitet sich auf seine mündliche Prüfung im 2. Staatsexamen im März 2013 vor.
Im Urteil vom 19.10.2012, Az. V ZR 263/11 beschäftigt sich der BGH mit der Frage, ob ein Heizöltank wesentlicher Bestandteil eines Gebäudes i.S.d. § 94 Abs. 2 BGB sein kann, wenn dieser Heizöltank 1.) nur über das Erdreich und nicht an der Oberfläche mit dem Gebäude verbunden ist und sich 2.) auf einem anderen Grundstück befindet als das Gebäude. Zentrale Frage dieser Entscheidung ist insbesondere das Verhältnis von § 94 Abs. 1 und § 94 Abs. 2 BGB.
 
Leitsätze des Bearbeiters:
1.)   Liegen „wesentliche Bestandteile“ eines Gebäudes vor, sind sie auch diesem Gebäude zuzuordnen, wenn sie sich auf einem anderen Grundstück als das Gebäude befinden und dort in das Erdreich eingelassen sind.
2.)   § 912 BGB findet dann keine Anwendung, wenn sich der „Überbau“ ohne Beeinträchtigung anderer Gebäudeteile beseitigen lässt. Die Vorschrift dient der Wahrung der Gebäudeeinheit, welche aber in diesem Fall gerade nicht betroffen ist.
 
A. Sachverhalt (vereinfacht)
Auf dem Grundstück der M befindet sich ein Wohnhaus und in einiger Entfernung dazu ein im Erdreich vergrabener Heizöltank, der dieses mit Öl versorgt. Das Grundstück ließ M im Jahr 1975 teilen, sodass sich nunmehr auf  Grundstück 1 der Heizöltank und auf dem Grundstück 2 das Wohnhaus befindet.
Sodann übertrug die M das Grundstück 1 an ihren Sohn A und das Grundstück 2 an ihren anderen Sohn B (die im Originalfall etwas komplizierteren Eigentumsübertragungsketten sind für die Lösung des Falles unerheblich und können daher außer Betracht bleiben).
Das Grundstück 1, auf welchem sich der Heizöltank befindet, wurde zudem mit einer Grunddienstbarkeit zur Absicherung der Nutzung der vorhandenen Leitungen für Strom,Wasser und Abwasser zugunsten des B belastet. Eine ausdrückliche Grunddienstbarkeit zur Nutzung des Öltanks selbst sieht der Übertragungsvertrag allerdings nicht vor.
Nach der Grundstücksteilung sah die Eigentumslage an den beiden Grundstück also so aus:
Bildschirmfoto 2013-03-08 um 18.33.23
B benutzt den Tank für die Beheizung des Wohnhauses bis  Mitte Juni 2010. Danach legte er ihn still.  Der im Erdreich vergrabene Öltank hindert den A daran, den Keller seines Wohnhauses zu erweitern. A verlangt nun von B die Beseitigung des Heizöltanks und Unterlassung der weiteren Nutzung.
B. Rechtliche Würdigung
I. Anspruch auf Beseitigung aus § 1004 BGB
Der BGH spricht dem A im Ergebnis einen Anspruch auf Beseitigung des Öltanks aus § 1004 BGB zu. Danach besteht ein Beseitigungsanspruch, wenn

(1.) der Anspruchssteller eine Eigentumsbeeinträchtigung geltend macht, die nicht in der Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes besteht,
(2.) der Anspruchsgegner Störer ist und
(3.) keine Duldungspflicht besteht (§ 1004 Abs. 2 BGB)

Der Anspruch ist verschuldensunabhängig.
 
1. Eigentumsbeeinträchtigung
Durch den im Erdreich vergrabenen Öltank ist A daran gehindert, den Keller seines Wohnhauses zu erweitern. Somit ist er gehindert, seine Befugnisse i.S.d. § 903 BGB uneingeschränkt auszuüben.
 
2. Anspruchsgegner ist Störer
B könnte hier Zustandsstörer sein. Zustandsstörer ist der Eigentümer, von dessen Sache eine Beeinträchtigung ausgeht, wenn diese Beeinträchtigung zumindest mittelbar seinen Willen zurückzuführen ist (BGH NJW 2005, 1366 Rn 20 m.w.N.).
a)     Die Störung geht auf den Willen des B zurück. Dieser hat den Tank nach jahrelanger Nutzung auf dem Grundstück des Klägers zurückgelassen, obwohl er in der Lage ist, diesen zu beseitigen (BGH V ZR 263/11 Rn 12).
b)    Der B war jedenfalls bis zur Stilllegung des Tanks Eigentümer. Ob er nach der Stilllegung sein Eigentum aufgegeben hat, kann dahinstehen, denn der Eigentümer bleibt bis zur Beseitigung der Störung Störer. Er kann sich nicht durch Aufgabe seines Eigentums der Beseitigungspflicht entziehen (BGH V ZR 263/11 Rn 17).
Der Eigentümerstellung des B ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

„Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes gehören nach § 94 Abs. 2 BGB alle Bauteile, die zur Errichtung in das Gebäude eingefügt werden und dem Gebäude sein spezifisches Gepräge geben (Senat, Urteil vom 13. März 1970 – V ZR 71/67, BGHZ 53, 324, 325). Zu diesen zählt jedenfalls bei einem Wohnhaus nach der Rechtsprechung des Senats auch die Heizungsanlage (BGH V ZR 263/11 Rn 14).“

Hier mache es keinen Unterschied, ob die Aggregate der Heizung innerhalb oder außerhalb des Gebäudes  aufgestellt worden seien. Ebenso wenig sei von Relevanz, ob es sich um einen oberirdischen Tank handele oder einen solchen, der im Erdreich vergraben sei.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der Heizöltank gem. § 94 Abs. 1 BGB wesentlicher Bestandteil des Grundstücks des A war. Der BGH stellt klar, dass § 94 Abs. 2 BGB eine Sondervorschrift zu § 94 Abs. 1 BGB ist und diesen verdrängt. Da der Tank Bestandteil des Gebäudes geworden sei (§ 94 Abs. 1 BGB), bestimme sich die Frage, Bestandteil welchen Grundstücks der Tank werde, ausschließlich danach, welchem Grundstück das Gebäude (dessen Bestandteil der Tank ist) zugeordnet sei.
 
3. Keine Duldungspflicht
Eine Duldungspflicht könnte hier aus § 912 BGB (a.), dem Grundsatz von Treu und Glauben gem. § 242 BGB (b.) oder den Grundsätzen des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses (c.) folgen. Sämtliche in Betracht kommenden Duldungspflichten greifen im Ergebnis jedoch nicht ein.
Eine Duldungspflicht könnte hier aus § 912 BGB (a.), (b.) oder dem Grundsatz von Treu und Glauben gem. § 242 BGB den Grundsätzen des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses(c.) folgen. Sämtliche in Betracht kommenden Duldungspflichten greifen im Ergebnis jedoch nicht ein.
a) § 912 BGB regelt die Duldungspflicht bei einem Überbau. Diese Norm ist jedoch hier nicht anwendbar, denn sie bezieht sich auf den Fall, dass sich eine Beseitigung nicht auf den Überbau beschränken lässt. Sinn und Zweck der Vorschrift sei es, die Zerstörung wirtschaftlicher Werte zu verhindern.
Voraussetzung für eine Anwendung des § 912 BGB wäre also eine Beeinträchtigung der Gebäudeeinheit. Diese ist hier jedoch gerade nicht betroffen, denn der Öltank lässt sich ohne Beeinträchtigung des Wohnhauses entfernen und verlegen (BGH V ZR 263/11 Rn 20).
b)    Zwar besteht gerade keine ausdrückliche Grunddienstbarkeit zugunsten der Nutzung des Öltanks, aus der sich eine solche Duldungspflicht ergeben könnte. Jedoch legt der BGH den Vertrag aufgrund der bereits vereinbarten Grunddienstbarkeiten so aus, dass sich an der Versorgungssituation nichts ändern solle. Daher habe eine „stillschweigende Verpflichtung zur Bestellung einer Grunddienstbarkeit“ und somit eine Duldungspflicht aus Treu und Glauben für den A bestanden – allerdings lediglich bis zu dem Zeitpunkt, an dem dieser die Nutzung freiwillig aufgegeben hat. Nachdem B die Nutzung des Öltanks aufgegeben hat, ist die Pflicht des A zur Bestellung einer Grunddienstbarkeit entfallen und gleichsam auch die Pflicht zur Duldung des Öltanks aus Treu und Glauben gem. § 242 BGB.
c)     Auch eine Duldungspflicht aus dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis komme nicht in Betracht. Dies setze stets voraus, dass der Nachbar zwingend auf die Nutzung der Anlage angewiesen sei. Da der B hier jedoch selbst den Tank stillgelegt hat und auf die Nutzung auch nicht mehr angewiesen ist, liegt diese Voraussetzung hier nicht vor.
 
II. Vom BGH nicht angesprochene Aspekte
Einige Aspekte, die der BGH nicht anspricht (da sie offensichtlich nicht Gegenstand der Revision waren) erschließen sich durch die Lektüre des Urteils der Vorinstanz, nämlich OLG München Urteil vom 24. November 2011, Az. 14 U 656/11):

  •  Dass mit der Stilllegung des Tanks auch die Duldungspflicht des A entfiel, ergibt sich schon daraus, dass der Öltank keinerlei wirtschaftlichen Wert für B mehr hatte und dieser offensichtlich auch überhaupt nicht beabsichtigte, den Tank erneut in Betrieb zu nehmen. Den Parteien ging es in dem Rechtsstreit wohl ganz vorrangig darum, wer die Kosten der Beseitigung zu tragen hat.

 

  • Der über die Beseitigung geltend gemachte Unterlassungsanspruch hinsichtlich der weiteren Nutzung wurde vom OLG München als unbegründet angesehen und nicht mehr zum Gegenstand der Revision gemacht. Die Unbegründetheit des Unterlassungsanspruch folgt aus der naheliegenden Erwägung, dass aus der ordnungsgemäßen Nutzung des Tanks schon keine Eigentumsstörung folgt, die in irgendeiner Weise über die bloße Existenz des Öltanks hinaus geht. Letztere greift der Kläger aber schon durch den geltend gemachten Beseitigungsanspruch an (OLG München, Urteil vom 24. November 2011, Az. 14 U 656/11 Rn 65).

 
C. Bewertung
Die beiden Absätze des § 94 BGB knüpfen jeweils an unterschiedliche Ansatzpunkte an.
Bei Abs. 1 kommt es auf eine feste Verbindung mit dem Grundstück an, wohingegen Abs. 2 auf den Zweck der Einfügung in das Gebäude abstellt. Insbesondere durch die Tatsache, dass der BGH an seiner Rechtsprechung festhält, dass es im Anwendungsbereich des Abs. 2 nicht darauf ankomme, ob sich der Bestandteil innerhalb oder außerhalb des Gebäudes befinde, ergeben sich in Fällen wie dem vorliegenden Konkurrenzprobleme.
Gemeinsam ist den beiden Absätzen jedoch der Gesetzeszweck. Sinn und Zweck der §§ 93 – 95 BGB ist es, zu verhindern, dass wirtschaftliche Werte ohne einen rechtfertigenden Grund zerstört werden. Daher ist bei Auslegung dieser Normen eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten (BGHZ 20, 154).
Der BGH löst das Verhältnis von § 94 Abs. 1 und Abs. 2 BGB der obigen Wertung entsprechend überzeugend zugunsten von Abs. 2 auf. Denn eine wirtschaftliche Einheit bildet der Öltank mit dem Wohnhaus, dessen Versorgung er dient – auch wenn sich dieses auf einem Nachbargrundstück befindet. Daher wird § 94 Abs. 2 BGB als vorrangige Sonderregelung zu § 94 Abs. 1 BGB eingeordnet.
Der weitere Schwerpunkt der Entscheidung ist die Auslegung des Übertragungsvertrags und die Frage, ob sich hieraus eine Duldungspflicht ergibt. Hier sind zwar keine rechtlichen Besonderheiten erkennbar, allerdings eine ebenso klausurrelevante Auslegungsfrage, ob sich trotz fehlender Regelung im Vertrag eine Duldungspflicht nach Treu und Glauben ergeben kann und insbesondere wann diese endet.

11.03.2013/4 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2013-03-11 10:00:002013-03-11 10:00:00BGH: Zum „wesentlichen Bestandteil“ eines Gebäudes nach § 94 BGB
Dr. Stephan Pötters

Das Risikobegrenzungsgesetz – Examensrelevante Änderungen des BGB infolge der Finanzmarktkrise

Kreditsicherung, Sachenrecht, Schuldrecht, Zivilrecht, ZPO

Bemerkenswert zügiges Handeln des Gesetzgebers
Ende Juni 2008 wurde das sog. Risikobegrenzungsgesetz (Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken) verabschiedet. Ein Großteil der Regelungen trat ziemlich schnell, nämlich schon im August 2008 in Kraft.
Hohe Examensrelevanz: Der neue § 1192 Abs. 1a BGB & Co.
Viele der neuen Vorschriften berühren dabei im Kern examensrelevante Probleme. Am bekanntesten dürfte dabei wohl der neue § 1192 Abs. 1a BGB sein, wonach eine Sicherungsgrundschuld nicht gutgläubig einredefrei erworben werden kann. Diese Vorschrift war mittlerweile schon Gegenstand einer Examensklausur in NRW. Auch in weiteren Bundesländern dürften daher entsprechende Sachverhalte folgen. Verknüpfen lässt sich ein solcher sachenrechtlicher Sachverhalt zum Beispiel ideal mit Zwangsvollstreckungsproblemen. Dabei ist der neue § 799a ZPO zu beachten, der gerade bei Grundstücksfällen mit einer Sicherungsgrundschuld sehr gut passt: Der Grundstückseigentümer, der sich nach Übergang der Darlehensrückzahlungsforderung auf einen Dritten der unberechtigten Zwangsvollstreckung aus einer vollstreckbaren Urkunde (gem. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) ausgesetzt sieht, hat nun gem. § 799a ZPO einen verschuldensunabhängigen Anspruch auf Schadensersatz gegen denjenigen, der die Vollstreckung betreibt.
Die wichtigsten Neuerungen auf einen Blick
Wir von juraexamen.info haben euch daher noch einmal die examensrelevantesten Neuerungen des Risikobegrenzungsgesetzes zusammengestellt:

  1. § 1192 Abs. 1a BGB: kein gutgl. lastenfreier Erwerb der SiGS
  2. § 799a ZPO: verschuldensunabhängiger Anspruch bei unrechtmäßiger Zwangsvollstreckung aus vollstreckbarer Urkunde
  3. § 492 Abs. 1a BGB: Hinweispflicht des Darlehensgebers bzgl. Abtretbarkeit
  4. § 492a BGB: Informationspflicht bzgl. befristeter Zinsbindung und befristeter Kreditverträge
  5. § 498 Abs. 3 BGB: Einschränkung des Kündigungsrechts
  6. § 496 Abs. 2 BGB: Anzeigepflicht bei Abtretung der Kreditforderung
  7. § 1193 Abs. 2 BGB: Kündigungspflicht bei SiGS nicht abdingbar

s. zum Ganzen ausführlich: http://de.wikipedia.org/wiki/Risikobegrenzungsgesetz

30.06.2009/2 Kommentare/von Dr. Stephan Pötters
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Stephan Pötters https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Stephan Pötters2009-06-30 07:24:482009-06-30 07:24:48Das Risikobegrenzungsgesetz – Examensrelevante Änderungen des BGB infolge der Finanzmarktkrise

Über Juraexamen.info

Deine Zeitschrift für Jurastudium, Staatsexamen und Referendariat. Als gemeinnütziges Projekt aus Bonn sind wir auf eure Untersützung angewiesen, sei es als Mitglied oder durch eure Gastbeiträge. Über Zusendungen und eure Nachrichten freuen wir uns daher sehr!

Werbung

Anzeige

Neueste Beiträge

  • BGH zur Halterhaftung nach dem StVG
  • Basiswissen Kriminologie – über Genese, bekannte Persönlichkeiten und die relativen Straftheorien
  • Die mündliche Prüfung im ersten Staatsexamen

Weitere Artikel

Auch diese Artikel könnten für dich interessant sein.

Redaktion

BGH zur Halterhaftung nach dem StVG

Rechtsprechung, Startseite

Wir freuen uns, nachfolgenden Gastbeitrag von Simon Mantsch veröffentlichen zu können. Er studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn und ist als Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Flick Gocke Schaumburg tätig. In einer kürzlich veröffentlichten […]

Weiterlesen
16.03.2023/1 Kommentar/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2023-03-16 08:30:022023-03-16 08:33:08BGH zur Halterhaftung nach dem StVG
Alexandra Ritter

Die mündliche Prüfung im ersten Staatsexamen

Lerntipps, Mündliche Prüfung, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Startseite, Strafrecht, Uncategorized, Verschiedenes, Zivilrecht

Viele Jahre bereitet man sich durch Studium und Repetitorium darauf vor und irgendwann ist es soweit: man schreibt das erste Staatsexamen. Sechs Klausuren und eine mündliche Prüfung (so zumindest in […]

Weiterlesen
06.03.2023/2 Kommentare/von Alexandra Ritter
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Alexandra Ritter https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Alexandra Ritter2023-03-06 09:00:002023-03-13 08:18:47Die mündliche Prüfung im ersten Staatsexamen
Gastautor

Basiswissen Kriminologie – über Genese, bekannte Persönlichkeiten und die relativen Straftheorien

Rechtsgebiete, Startseite, Strafrecht, Strafrecht AT, Verschiedenes

Wir freuen uns, nachfolgenden Gastbeitrag von Sabrina Prem veröffentlichen zu können. Die Autorin ist Volljuristin. Ihr Studium und Referendariat absolvierte sie in Düsseldorf. Was genau verbirgt sich eigentlich hinter dem Begriff „Kriminologie“? […]

Weiterlesen
06.03.2023/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2023-03-06 09:00:002023-03-15 09:06:21Basiswissen Kriminologie – über Genese, bekannte Persönlichkeiten und die relativen Straftheorien

Support

Unterstütze uns und spende mit PayPal

Jetzt spenden
  • Über JE
  • Das Team
  • Spendenprojekt
  • Gastautor werden
  • Mitglied werden
  • Alumni
  • Häufige Fragen
  • Impressum
  • Kontakt
  • Datenschutz

© 2022 juraexamen.info

Nach oben scrollen