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Schlagwortarchiv für: GoA

Philip Musiol

OLG Dresden zur Ersatzfähigkeit von Stellplatzgebühren für abgeschleppte Fahrzeuge

Bereicherungsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Der Abschleppfall – ein absoluter Klassiker im Zivil- und Öffentlichen Recht. Ein aktuelles Urteil des OLG Dresden (Urt. v. 15.09.2022 – 8 U 328/22) bietet Anlass, sich mit der Ersatzfähigkeit verschiedener Positionen zu befassen, über die typischerweise gestritten wird.

I.             Sachverhalt

Fahrzeughalter H hatte sein Fahrzeug unberechtigt im privaten Innenhof eines Gebäudekomplexes geparkt. Der Parkplatzeigentümer E beauftragte Abschleppunternehmer U damit, das Fahrzeug abzuschleppen. U schleppte das Fahrzeug daraufhin aus dem Innenhof auf sein eigenes Grundstück, auf dem er üblicherweise von ihm abgeschleppte Fahrzeuge verwahrt, bis diese von ihren Haltern ausgelöst werden. H verlangte sein Fahrzeug vier Tage nach dem Abschleppvorgang von U heraus. Dieser verweigerte die Herausgabe unter Hinweis darauf, dass H die Abschleppkosten iHv. 270 Euro und die Standgebühren für die Unterbringung auf dem Parkplatz des U iHv. 15 Euro pro Tag noch nicht beglichen habe. Der Streit über die Kosten zog sich über fast ein Jahr hin und endete schließlich vor Gericht. Zum Zeitpunkt der Verhandlung vor dem Landgericht stand das Fahrzeug seit 329 Tagen auf dem Gelände des U, der hierfür Standgebühren iHv. insgesamt 5.000 Euro berechnete. Das Landgericht verurteilte U zur Herausgabe des Fahrzeugs, allerdings nur Zug um Zug gegen Zahlung der Abschleppkosten und der Standgebühren in voller Höhe. 

II.            Die Entscheidung

Das OLG Dresden hob die landgerichtliche Entscheidung weitgehend auf. Auch nach dem Berufungsurteil bleibt es dabei, dass H die Abschleppkosten iHv. 270 Euro tragen muss, schließlich habe H durch sein Falschparken hierfür die Ursache gesetzt. Dasselbe gelte für die Standgebühren für die Unterbringung des Fahrzeugs auf dem Gelände des U, allerdings mit einer entscheidenden Einschränkung: Der Halter eines abgeschleppten Fahrzeugs habe die Standgebühren nur solange zu tragen, bis er unmissverständlich klargestellt habe, dass er sein Fahrzeug heraushaben wolle. Zwar sei das Abschleppunternehmen nicht daran gehindert, das Fahrzeug bis zur Zahlung der Abschleppgebühren und der bis zu diesem Zeitpunkt angefallenen Standgebühren einzubehalten. Hierzu berechtige das Zurückbehaltungsrecht des Unternehmens, Standgebühren dürften für die Zeit nach dem unmissverständlichen Herausgabeverlangen jedoch nicht mehr berechnet werden.

III.          Einordnung der Entscheidung

Es handelt sich um eine durchaus prüfungsrelevante Entscheidung, mit der sich Abschleppfall-Klausuren ohne großen Aufwand um ein weiteres Problem ergänzen lassen. In der Regel wird der Fahrzeughalter gegen den Abschleppunternehmer vorgehen, um sein Fahrzeug zurückzuerhalten. Im Rahmen der Durchsetzbarkeit des im Ergebnis bestehenden Herausgabeanspruchs ist inzident zu prüfen, ob dem Abschleppunternehmer mögliche Gegenrechte zustehen.

Zunächst stellt sich die Frage, ob Zahlungsansprüche dem Grunde nach bestehen und wer Inhaber dieser Ansprüche ist. Zwar wird der Abschleppunternehmer tätig, wodurch ihm unmittelbar Aufwand und Kosten entstehen. Der Abschleppunternehmer wird jedoch auf Veranlassung des Parkplatzeigentümers tätig. Dessen Eigentum und Besitz wird im ersten Schritt gestört, weshalb er im zweiten Schritt zur Beseitigung der Störung berechtigt war. Der Abschleppunternehmer wurde nur für den Parkplatzeigentümer tätig, sodass man einen eigenen Anspruch des U gemäß §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB zwar anprüfen kann, dieser aber im Ergebnis daran scheitert, dass U dem E gegenüber vertraglich zur Geschäftsführung verpflichtet war und dieser Vertrag die Entgeltfrage abschließend regelt. In Betracht kommt aber ein Anspruch aus abgetretenem Recht gemäß §§ 677, 683 S. 1, 670, 389 BGB. Es kann unterstellt werden, dass sich U und E entsprechend geeinigt haben. Obwohl E durch die Beauftragung des U sein eigenes Grundstück von einer Störung befreite, handelt es sich um ein sog. „auch fremdes Geschäft“, da hierdurch zugleich die Pflicht des Halters erfüllt wird, das Grundstück freizumachen. Diese Pflicht folgt wiederum bei einer Besitzstörung aus § 862 Abs. 1 BGB und bei einer Besitzentziehung aus § 861 Abs. 1 BGB. Das unberechtigte Parken, auch auf für die Öffentlichkeit unter bestimmten Voraussetzungen „geöffneten“ Parkplätzen, stellt grundsätzlich verbotene Eigenmacht dar. Das Abschleppen erfolgt auch im Interesse und mit dem mutmaßlichen Willen des Halters, denn die Tilgung fremder Schulden (Freimachen des Grundstücks) wird nach ständiger Rechtsprechung als objektiv nützlich angesehen (BGH, Urteil vom 20. April 1967 – VII ZR 326/64, BGHZ 47, 370, 372 ff.).

Auf Rechtsfolgenseite kommen verschiedene Kostenpositionen in Betracht, die dem Fahrzeughalter in Rechnung gestellt werden könnten. An erster Stelle ist an die Abschleppkosten selbst zu denken. Diese sind dann ersatzfähig, wenn sie eine ortsübliche Vergütung nicht überschreiten. Hierzu ist auf sämtliche Sachverhaltsinformationen einzugehen. Zweitens könnte der Parkplatzeigentümer daran denken, die Kosten, die für die Überwachung des Parkplatzes entstehen, auf „Falschparker“ umzulegen – etwa sofern ein Supermarkt einen großen Kundenparkplatz betreibt. Diese Kosten sind jedoch nicht ersatzfähig, da es an der Kausalität des konkreten Parkvorgangs für die Überwachungskosten fehlt. Drittens kommen Standgebühren wie in dem hier besprochenen Fall in Betracht. Es ist konsequent, hier zwischen dem Zeitraum vor und nach dem Herausgabeverlangen zu unterscheiden. Denn spätestens nach dem unmissverständlichen Herausgabeverlangen kann für die Unterbringung auf dem Gelände des Abschleppunternehmens nicht mehr von dem mutmaßlichen Willen des Fahrzeughalters ausgegangen werden. Sofern man im Falle der unberechtigten GoA hier auf eine verbleibende Bereicherung nach § 684 BGB abstellen will, kommt es darauf an, ob der Halter durch die Unterbringung tatsächlich sonstige Stellplatzgebühren eingespart hat, was regelmäßig nicht der Fall sein wird.

19.09.2022/2 Kommentare/von Philip Musiol
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Philip Musiol https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Philip Musiol2022-09-19 07:28:082022-10-24 14:37:35OLG Dresden zur Ersatzfähigkeit von Stellplatzgebühren für abgeschleppte Fahrzeuge
Dr. Sebastian Rombey

OLG Köln: GoA auch bei unverhältnismäßigem Risiko für den Geschäftsführer?

Examensvorbereitung, Lerntipps, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht

In zwei jüngst (genauer: am 6. Mai 2020) öffentlich gewordenen Beschlüssen des OLG Köln vom 14. Januar und 11. Februar 2020 – 7 U 311/19 stand ein Ersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag nach § 670 BGB analog im Mittelpunkt, der sich mit einer auf den ersten Blick fast schon trivial klingenden Frage beschäftigt:
Haftet der Geschäftsherr auch dann für Aufwendungen und Schäden des Geschäftsführers, wenn dieser bei der Geschäftsführung ein Risiko übernimmt, das außer Verhältnis zum Anlass des Tätigwerdens steht?
Die Antwort hierauf ist diffiziler, als es zuerst den Anschein haben mag, geht es doch um nicht weniger als den Maßstab, nach dem sich der Aufwendungs- und Schadensersatzanspruch richtet, namentlich die Übernahme der Geschäftsführung im Interesse des Geschäftsherrn nach § 683 S. 1 BGB, wenn dessen wirklicher oder mutmaßlicher Wille nicht ermittelbar ist. Doch der Reihe nach.
I. Was war passiert? (Sachverhalt der PM Nr. 22/2020 entnommen)
„Die Klägerin ist eine über 70jährige Frau aus dem Aachener Umland. Nach dem Inhalt ihrer Klage war sie im Februar 2019 bei ihrer Tochter zu Besuch, als der hinter dem Grundstück der Tochter verlaufende Bach überzulaufen drohte. Dies sei auf Reisig zurückzuführen gewesen, das den Bachlauf an einer Stelle verstopft habe, an der der Bach in einem Rohr unter einem Feldweg hindurchgeführt wird. Die Klägerin habe daraufhin erfolglos versucht, den für den Bach verantwortlichen öffentlich-rechtlichen Wasserverband – die Beklagte – zu erreichen. Bereits früher habe es Überschwemmungen gegeben, bei denen Wasser in den Keller des Wohnhauses gelaufen sei. Daher habe die Klägerin versucht, die Verstopfung selbst zu beseitigen. Dabei sei sie in den Bach gefallen. Sie habe sich eine Schnittwunde zugezogen sowie ihre Brille verloren.“
Die 70jährige Frau begehrt nun vom öffentlich-rechtlichen Wasserverband Schadensersatz und Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 2.000 Euro.
II. Die Lösung des OLG Köln
In Betracht kommt ein Anspruch aus § 670 BGB, der nach ganz herrschender Meinung in analoger Anwendung nicht nur Aufwendungen, sondern auch Schäden ersetzt, die der Geschäftsführung typischerweise innewohnen können, der Geschäftsführer das Risiko ihrer Realisierung also freiwillig übernommen hat (andere dagegen wollen auf den Rechtsgedanken des § 110 HGB zurückgreifen, um dieses Ergebnis zu begründen).
In der Beseitigung der Reisig-Verstopfung des Rohres liegt eine Geschäftsführung seitens der Klägerin im Sinne von § 677 BGB, die zwar (vornehmlich) dazu dient, den Keller des Wohnhauses ihrer Tochter vor einem Wasserschaden zu bewahren, aber auch dazu, die Pflichten des zuständigen Wasserverbandes zu erfüllen, sodass ein Auch-fremdes-Geschäft vorliegt, bei dem der im Umkehrschluss zu § 687 Abs. 1 BGB erforderliche Fremdgeschäftsführungswille vermutet wird (jedenfalls nach der Rechtsprechung).
Allerdings müsste die Übernahme der Geschäftsführung durch die Klägerin gemäß § 683 S. 1 BGB auch im Interesse des öffentlich-rechtlichen Wasserverbandes liegen (denn ein dahingehender wirklicher oder auch nur mutmaßlicher Wille des Wasserverbandes ist nicht feststellbar und konnte durch die Klägerin auch nicht eruiert werden, da sie bei ihrem Anruf niemanden erreichte). Aber wie lässt sich dieses Interesse des Geschäftsherrn eingrenzen? Hierzu die PM des OLG Köln:
„Es sei […] nach objektiven Kriterien zu beurteilen, ob die Klägerin im Interesse der Beklagten gehandelt habe. Dabei sei zu berücksichtigen, ob die Vorteile für die Beklagte die anfallenden Kosten und die drohenden Risiken überwögen. Unsachgemäße und überflüssige Maßnahmen lägen nicht im Interesse der Beklagten.“
Das OLG Köln folgt damit einer uralten Entscheidung des Reichsgerichts (Urteil vom 10. Feburar 1904 – Reg. I. 414/03, BeckRS 1904, 100148), in der dieses bereits angenommen hatte, dass unsachgemäße oder überflüssige Maßnahmen a priori nicht im objektiven Interesse des Geschäftsherrn lägen. 
Gemessen hieran lag die Übernahme der Geschäftsführung durch die 70jährige Klägerin nicht im objektiven Interesse des Wasserverbandes:
„Mit dem Versuch der über 70jährigen Klägerin, eigenhändig eine Verstopfung der Bachverrohrung zu beseitigen sei diese ein unverhältnismäßig hohes Risiko für ihre körperliche Unversehrtheit eingegangen. Dies habe nicht im objektiven Interesse der Beklagten gelegen.“ Das OLG Köln zählt nun auch unverhältnismäßige Risiken für den Geschäftsführer zu den unsachgemäßen oder überflüssigen Maßnahmen und konkretisiert damit die Rechtsprechung zur GoA.
In der Sache leuchtet dies unmittelbar ein, intendieren die §§ 677 ff. BGB doch nicht nur, den (immerhin partiell) altruistisch handelnden Geschäftsführer zu schützen und zu privilegieren, sondern auch, den Geschäftsherrn vor aufgedrängten Geschäftsbesorgungen zu bewahren, die er nicht autorisiert hat und ihm objektiv nicht nützen.
Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin scheidet folglich aus.
III. Was bleibt?
Bei der Beurteilung der Frage, ob die Übernahme der Geschäftsführung im objektiven Interesse des Geschäftsherrn liegt, ist zu berücksichtigen, ob der Geschäftsführer hierbei unsachgemäße Maßnahmen ergreift oder unverhältnismäßige Risiken eingeht – beides liegt nicht im Interesse des Geschäftsherrn; hierbei getätigte Aufwendungen und entstehende Schäden sind daher nicht ersatzfähig
IV. Weiterführende Hinweise: Privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche GoA?
Wenngleich der Beschluss des OLG Köln noch nicht im Volltext vorliegt, eignet sich der Fall bestens dazu, einige über die PM hinausgehende Überlegungen anzustellen. Dies deshalb, weil es sich einerseits um eine private Geschäftsführerin, andererseits um einen öffentlich-rechtlichen Wasserverband handelt, sodass eine Abgrenzung zwischen privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher GoA notwendig ist.
In der vorgenannten Konstellation liegt nur dann eine öffentlich-rechtliche GoA vor, wenn sich der Bürger über das behördliche Handlungsermessen hinwegsetzen durfte, was regelmäßig nur in Nothilfe- und Dringlichkeitssituationen der Fall ist (dazu ausführlich Detterbeck, Allg. VerwR, 18. Aufl. 2020, § 26). Eine trennscharfe Abgrenzung ist gleichwohl nur schwerlich möglich; entscheidend ist nach der wohl herrschenden Meinung, dass das Geschäft öffentlich-rechtlicher Natur gewesen wäre, wenn der Hoheitsträger es selbst besorgt hätte (auf das fiktive Geschäft des Geschäftsherrn stellen übereinstimmend ab BGH, Beschluss vom 30. Januar 1997 – III ZB 110/96, NJW 1997, 1636; BVerwG, Urteil vom 6. September 1988 – 4 C 5/86, NJW 1989, 922).
Und so lag es hier, jedenfalls wird man die Pressemitteilung des OLK Köln so lesen müssen, in der darauf hingewiesen wird, dass die Klägerin „hoheitliche Aufgaben der Beklagten wahrgenommen [habe], indem sie eine Verstopfung des überlaufenden Baches zu lösen versucht habe.“ Das fiktive Geschäft wäre mithin öffentlich-rechtlicher Natur gewesen.
Liegt daher eine öffentlich-rechtliche GoA durch einen privaten Geschäftsführer vor, finden die §§ 677 ff. BGB entsprechende Anwendung, sodass sich das oben dargelegte Prüfschema nicht ändert, sondern allein an wenigen Stellen zu modifizieren ist, jedenfalls soweit es um die Interessen des öffentlich-rechtlichen Geschäftsherrn geht. Insoweit hat nach dem BVerwG (Urteil vom 6. September 1988 – 4 C 5/86, NJW 1989, 922, 923) eine Interessenabwägung zu erfolgen, im Rahmen derer unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls ein Handeln des Bürgers geboten sein muss – was nach dem OLG Köln bei einem im Verhältnis zum Anlass des Tätigwerdens viel zu hohen Risiko für die körperliche Unversehrtheit der Geschäftsführerin eben gerade nicht der Fall ist.
Auf den Rechtsweg wiederum wirkt sich diese Differenzierung nicht aus; auch dies ist zwar überaus streitig, richtigerweise ist aber davon auszugehen, dass für Ansprüche des Bürgers nach § 13 GVG wegen des Sachzusammenhangs mit dem Zivilrecht der Zivilrechtsweg gegeben ist (in diese Richtung die wohl überwiegende Ansicht, s. nur MüKo-BGB/Schäfer, 8. Aufl. 2020, § 677 BGB Rn. 112; a.A. und für den Verwaltungsrechtsweg etwa Oechsler, JuS 2016, 215; zahlreiche Nachweise aus Rechtsprechung Literatur zu beiden Sichtweisen bei Palandt/Sprau, BGB, 79. Aufl. 2020, Einf. vor § 677 BGB Rn. 16) – was die Entscheidung durch das OLG Köln erklärt. In Klausuren freilich kann man pragmatisch agieren und sich unter argumentativer Aufbereitung der Problematik für den Rechtsweg entscheiden, der zu der Klausur passt, die man gerade schreibt (so empfiehlt es auch Kaiser, JA 2007, 618, 621).
 

13.05.2020/7 Kommentare/von Dr. Sebastian Rombey
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Sebastian Rombey https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Sebastian Rombey2020-05-13 08:58:082020-05-13 08:58:08OLG Köln: GoA auch bei unverhältnismäßigem Risiko für den Geschäftsführer?
Redaktion

Schema: Echte, unberechtigte GoA

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Echte, unberechtigte GoA

I. Anwendbarkeit
Die Vorschriften über die echte unberechtigte GoA sind nur anwendbar, soweit keine Sonderregelungen eingreifen.
II. Geschäftsbesorgung
= Jede rechtliche oder tatsächliche Tätigkeit. Nicht ausreichend ist bloßes Unterlassen oder Dulden.
III. Fremd bzw. für einen anderen

1. Fremdes Geschäft

a) Objektiv fremdes Geschäft: Liegt vor, wenn das Geschäft nach äußerlichen Kriterien dem Rechtskreis des Geschäftsherrn zuzuordnen ist.
b) Auch-fremdes Geschäft (hM): Liegt vor, wenn die Geschäftsführung sowohl im Interessenkreis des Geschäftsherrn als auch des Geschäftsführers liegt. Eine MM lehnt die Figur des Auch-fremden Geschäfts ab und will eine Rückabwicklung über die §§ 812ff. BGB vornehmen.
c) Objektiv neutrales Geschäft: Liegt vor, wenn das Geschäft keinem bestimmten Interessenkreis zuzuordnen ist und seine Zuordnung erst durch eine Willensbetätigung erhält.

2. Bewusstsein der Fremdheit

3. Fremdgeschäftsführungswille

a) Objektiv fremdes Geschäft: Fremdgeschäftsführungswille ist indiziert, wird widerleglich vermutet.
b) Auch-fremdes Geschäft: Fremdgeschäftsführungswille wird widerleglich vermutet (hM).
c) Objektiv neutrales Geschäft: Der Fremdgeschäftsführungswille muss nach außen erkennbar zu Tage treten.

IV. Ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung
Es besteht keine Vertragsbeziehung zum Geschäftsherrn und keine sonstige, auch keine gesetzliche Berechtigung 
V. Keine Rechtfertigung 


1. Übernahme widerspricht dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn.

a) Wirklicher Wille
Kann ausdrücklich oder konkludent geäußert werden. Unerheblich ist, ob der Geschäftsführer Kenntnis von diesem Willen hatte.
b) Mutmaßlicher Wille
Kann nur hilfsweise heran gezogen werden, wenn kein wirklicher Wille ermittelt werden kann. Dies ist der Wille, den der Geschäftsherr in Kenntnis aller Umstände im Zeitpunkt der Geschäftsübernahme geäußert haben würde. Der mutmaßliche Wille orientiert sich am Interesse des Geschäftsherrn.

2. Entgegenstehender Wille nicht ausnahmsweise unbeachtlich gem. § 679 BGB

3. Der Geschäftsherr hat die Geschäftsführung nicht genehmigt

VI. Rechtsfolgen


  • Ansprüche des Geschäftsherrn:
    – Schadensersatz wegen Übernahmeverschuldens, § 678 BGB
    – Schadensersatz wegen Ausführungsverschuldens, §§ 280ff. BGB (hM)
    – Herausgabe des Erlangten, §§ 667, 681 S. 2, 677 BGB
    – Daneben allgemeine Ansprüche aus Deliktsrecht, Bereicherungsrecht und EBV.
  • Ansprüche des Geschäftsführers:
    – Herausgabe des Erlangten, §§ 684 S. 1, 812ff. BGB
28.09.2017/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2017-09-28 10:00:042017-09-28 10:00:04Schema: Echte, unberechtigte GoA
Dr. Sebastian Rombey

Der Erbensucherfall – Klassiker des BGH zur Geschäftsführung ohne Auftrag

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I. Sachverhalt
BGH, Urt. v. 23. 9. 1999 – III ZR 322/98, NJW 2000, 72 (leicht abgewandelt)
E ist als gewerblicher Erbensucher tätig. Bei Todesfällen, in denen das Nachlassgericht die Erben nicht ermitteln kann, werden im Bundesanzeiger Aufforderungen an die Erben zur Anmeldung ihres Erbrechts veröffentlicht. Daraufhin wird E aktiv und versucht, die Erben zu ermitteln. So auch im Falle des verstorbenen Erblassers X, wobei E die beiden Halbgeschwister des X, namentlich Bruder B und Schwester S als die gesetzlichen Erben ausfindig macht.
E teilte B und S das Bestehen eines Erbrechts mit, wollte die gesamte Nachlassangelegenheit allerdings nur gegen Abschluss einer Honorarvereinbarung in Höhe von 20 % des Nachlasses vollständig preisgeben. B und S lehnten jedoch den Vertragsschluss nicht nur entschieden ab, sondern ermittelten aufgrund der bereits von E erhaltenen Informationen den Nachlass auch selbst. Dadurch fiel den beiden Geschwistern ein Nachlass in Höhe von 100.000 € zu. E verlangt nun die Zahlung des Honorars. Er ist der Ansicht, dass – soweit kein Vertrag zu Stande gekommen sein sollte – sich jedenfalls aus der Führung der Geschäfte der beiden Geschwister oder aber zumindest aus ungerechtfertigter Bereicherung Ansprüche ergäben, wobei die Höhe mit 20 % des ermittelten Nachlasses für die Tätigkeit eines Erbensuchers angemessen sei.
Fallfrage: Kann E von B und S die Zahlung eines Honorars in Höhe von 20.000 € verlangen?
II. Gutachterliche Überlegungen
1. Ein Anspruch des E gegen B und S auf Zahlung von 20.000 € könnte sich zunächst aus einer vertraglichen Abrede ergeben. Soweit sich B und S gemeinschaftlich verpflichtet hätten, wäre eine gesamtschuldnerische Haftung anzunehmen, §§ 421, 427 BGB. Die für einen wirksamen Vertragsschluss erforderlichen übereinstimmenden Willenserklärungen zur Bestimmung der essentiala negotii nach den §§ 145 ff. BGB liegen indes nicht vor, haben doch weder B noch S den Vertragsentwurf, den E ihnen vorgelegt hat, unterzeichnet.
Allerdings könnte sich aus dem Umstand, dass B und S die durch E gewonnenen Informationen gleichwohl verwertet haben, etwas anderes ergeben, wenn darin ein rechtsmissbräuchliches Verhalten im Sinne des § 242 BGB zu sehen wäre. Dazu führt der BGH aus (Rn. 9):
„Eine Treuwidrigkeit gegenüber dem Kläger lag hierin nicht, da die vom Kläger gewählte Art der Kontaktaufnahme keinen Vertrauenstatbestand zwischen den Parteien geschaffen hat. Es kann deswegen offenbleiben, inwieweit aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) überhaupt eine vertragliche Forderung auf Zahlung eines Entgelts hergeleitet werden könnte […].“
Diese Wertung ist mit Blick auf die durch die negative Privatautonomie letztlich vorgegebene gesetzliche Risikoverteilung zwingend, so dass ein vertraglicher Anspruch scheitert.
2. Vertragsähnliche Ansprüche aus c.i.c. nach §§ 280 I, 241 II, 311 II Nr. 2 BGB kommen ebenfalls nicht in Betracht – anders als z. T. in anderen Besprechungen dieses Falles angesprochen kann in dem einseitigen Tätigwerden im Hinblick auf einen Vertragsschluss keine Vertragsanbahnung gesehen werden (vgl. dazu etwa MüKo-BGB/Emmerich, 7. Aufl. 2016, § 311 Rn. 45 ff.).
3. Gleichwohl könnte sich ein Anspruch aus § 354 I HGB ergeben. Danach kann derjenige, der in Ausübung seines Handelsgewerbes einem anderen ein Geschäft besorgt, hierfür auch ohne die sonst erforderliche vertragliche Abrede eine Provision verlangen. Auch wenn E gemäß § 1 I, II HGB gewerblich als Erbensucher tätig wird, ist bereits unklar, ob § 354 I HGB als Anspruchsgrundlage zu qualifizieren ist. Dafür spricht ein flüchtiger Blick auf die Gestaltung der Vorschrift, die sowohl Voraussetzungen als auch Rechtsfolge zu regeln scheint. Dagegen streitet indes, dass dies eine unbillige Privilegierung von Kaufleuten gegenüber Nichtkaufleuten wäre – für nahezu jede Tätigkeit im Rahmen des Handelsgewerbes bestünde dann ein gesetzlicher Vergütungsanspruch, selbst wenn ein Vertrag zuvor explizit abgelehnt wurde. Deshalb ist richtigerweise davon auszugehen, dass § 354 I HGB allein eine die §§ 612, 632, 653 BGB ergänzende Funktion zukommt.
4. Ein Anspruch des E gegen B und S auf Zahlung der 20.000 € könnte aber aus den §§ 670, 677, 683 S. 1 BGB folgen. Im Rahmen des Aufwendungsersatzes der Geschäftsführung ohne Auftrag kann sich die Höhe des Anspruchs nämlich auf eine übliche Vergütung für ein im Bereich des eigenen Gewerbes liegendes Geschäft verdichten, § 1835 III BGB. Dann müsste E jedoch ein fremdes Geschäft für E und S in deren Willen geführt haben (vgl. zu den Grundzügen der GoA die vorzügliche Darstellung von Lorenz, Jus 2016, 12; eine instruktive Auseinandersetzung mit dem Erbensucherfall findet sich bei Falk, Jus 2003, 883).
Unabhängig vom Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen müsste ein derartiger Anspruch jedoch zunächst überhaupt anwendbar sein. Bedenken könnten sich aus dem Umstand ergeben, dass sich das Risiko des Scheiterns des Vertrages, das jede Partei grundsätzlich selbst zu tragen hat, auf diese Weise verlagern könnte. Die negative Privatautonomie, die zu einem Scheitern des Vertragsschlusses führt, würde anderenfalls ausgehebelt. Diese Gefahr sieht auch der BGH (Rn. 13):
„Es geht hier […] um die Vorbereitung und Anbahnung von Vertragsverhandlungen. Der Erbensucher verschafft sich durch seine Ermittlungstätigkeit das Material, das er den Erben gegen Entgelt überlassen, mit den Worten des Klägers „verkaufen“ will. Eigene Aufwendungen im Vorfeld eines Vertragsschlusses bleiben aber, sofern es nicht zu einem Abschluß kommt, nach den Regeln des Privatrechts unvergütet; jede Seite trägt das Risiko eines Scheiterns der Vertragsverhandlungen selbst. Diese im Gefüge der Vertragsrechtsordnung angelegte und letztlich auf die Privatautonomie zurückzuführende Risikoverteilung würde durch Zulassung von Aufwendungsersatzansprüchen aus Geschäftsführung ohne Auftrag unterlaufen.“
Insoweit zieht der BGH einen Vergleich mit unerkannt nichtigen Verträgen (Rn. 13):
„Insofern liegt es anders als bei der Erfüllung unerkannt nichtiger Verträge, auf die die Revision hinweist und bei der in der Tat eine Geschäftsführung ohne Auftrag regelmäßig zu bejahen ist […]. Hier entspricht der Leistungsaustausch dem geäußerten tatsächlichen Willen der Vertragschließenden.“
Mit dieser Argumentation ist in Klausuren allerdings Vorsicht geboten: Denn auch bei nichtigen Verträgen muss nach Ansicht der vorzugswürdigen herrschenden Lehre die Anwendbarkeit der GoA verneint werden (s. nur Jauernig/Mansel/Mansel, BGB, 16. Aufl. 2015, § 677, Rn. 6). Anderenfalls liefen die besonderen Rückabwicklungsregeln des Kondiktionsrechts für nichtige Verträge leer (etwa §§ 814, 817 S.2, 818 III BGB). Zwar gelangt auch der BGH in solchen Fällen in aller Regel zu demselben Ergebnis, indem er die GoA mit dem Argument ablehnt, der Geschäftsführer habe im Rahmen des nichtigen Vertrages seine Aufwendungen für nicht erforderlich halten dürfen, und prüft anschließend ebenso die §§ 812 ff. BGB. Diese Vorgehensweise ist für Prüfungssituationen aber weniger empfehlenswert, stellt eine echte berechtigte GoA doch einen Rechtsgrund im Sinne der §§ 812 ff. BGB dar.
Dennoch ist dieser konzeptionelle Unterschied zwischen nichtigen Verträgen einerseits und der negativen Privatautonomie andererseits im Hinblick auf den tatsächlichen Willen zum Vertragsschluss, der allein aus einem Nichtigkeitsgrund scheitert, nachvollziehbar und kann für die vorliegende Fallkonstellation durchaus fruchtbar gemacht werden – nur eben nicht mit dem Verweis des BGH, dass bei nichtigen Verträgen die GoA anwendbar sei.
Ferner ist zu berücksichtigen, dass sich der Erbe in anderen Fallkonstellationen auch Aufwendungsersatzansprüchen mehrerer Erbensuchern gegenübersehen könnte, obwohl er nie vertraglich gebunden sein wollte – dies wäre ebenfalls alles andere als interessengerecht. So führt der BGH aus (Rn. 14):
„Die Annahme einer (berechtigten) Geschäftsführung ohne Auftrag in derartigen Fällen wäre schließlich auch deswegen nicht interessengerecht, weil sich der Erbe bei Bemühungen mehrerer Erbensucher unabhängig voneinander Ansprüchen aller dieser Erbenermittler auf Aufwendungsersatz ausgesetzt sähe, ohne daß er sich ihnen gegenüber – wie bei mehreren Maklern – aufgrund der ersten Information über sein Erbrecht etwa auf Vorkenntnis berufen könnte.“
Wegen der vorgenannten Erwägungen scheitert ein Anspruch aus den §§ 670, 677, 683 S. 1 BGB iVm § 1835 III BGB. Oder, um es mit den Worten des BGH zu sagen (Rn. 13):
„Aus den genannten Gründen kennt die Privatrechtsordnung grundsätzlich auch keine Pflicht zur Vergütung ungefragt überlassener, nicht durch Ausschließlichkeitsrechte (z. B. Patentrecht) geschützter Informationen; ein Entgelt dafür ist vielmehr lediglich auf vertraglicher Grundlage zu zahlen“.
5. Nichts anderes kann sich wertungsmäßig aus weiteren gesetzlichen Anspruchsgrundlagen wie § 687 II BGBV iVm §§ 684 S. 1, 812 BGB oder § 812 I 1 BGB ergeben.
III. Schlussbemerkung
Zuletzt bleibt der Vollständigkeit halber noch – neben den oben erwähnten Wertungen der Privatrechtordnung und der streitigen Behandlung nichtiger Verträge – auf eine weitere – freilich in § 241a I BGB kodifizierte – Fallkonstellation hinzuweisen, in der die Anwendbarkeit der GoA verneint wird: Die Zusendung unbestellter Waren durch einen Unternehmer an einen Verbraucher.
Der Erbensucherfall reiht sich in Kette von BGH-Entscheidungen ein, die den Anwendungsbereich der GoA nach vorheriger, deutlich extensiverer Auslegung wieder begrenzen. Grund dessen ist nicht zuletzt die Tatsache, dass der Gesetzgeber in den letzten Jahrzehnten begrüßenswerter Weise einige Gesetzeslücken geschlossen hat, und damit eine ausufernde Auslegung der GoA durch die Gerichte hat überflüssig werden lassen. Und auch wenn die besprochene Entscheidung aus dem Jahre 1999 stammt, ist das Verstehen der dort getroffenen Erwägungen für die Lösung ähnlicher Konstellationen noch immer elementar.
 

28.08.2017/5 Kommentare/von Dr. Sebastian Rombey
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Sebastian Rombey https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Sebastian Rombey2017-08-28 09:20:042017-08-28 09:20:04Der Erbensucherfall – Klassiker des BGH zur Geschäftsführung ohne Auftrag
Redaktion

Schema: Echte berechtigte GoA

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Echte berechtigte GoA

I. Anwendbarkeit

Die Vorschriften über die echte berechtigte GoA sind nur anwendbar, soweit keine Sonderregelungen eingreifen.

II. Geschäftsbesorgung
= Jede rechtliche oder tatsächliche Tätigkeit. Nicht ausreichend ist bloßes Unterlassen oder Dulden.

III. Fremd bzw. für einen anderen

1. Fremdes Geschäft

a) Objektiv fremdes Geschäft: Liegt vor, wenn das Geschäft nach äußerlichen Kriterien dem Rechtskreis des Geschäftsherrn zuzuordnen ist.

b) Auch-fremdes Geschäft (hM): Liegt vor, wenn die Geschäftsführung sowohl im Interessenkreis des Geschäftsherrn als auch des Geschäftsführers liegt.
 Eine MM lehnt die Figur des Auch-fremden Geschäfts ab und will eine Rückabwicklung über die §§ 812ff. BGB vornehmen.

c) Objektiv neutrales Geschäft: Liegt vor, wenn das Geschäft keinem bestimmten Interessenkreis zuzuordnen ist und seine Zuordnung erst durch eine Willensbetätigung erhält.

2. Bewusstsein der Fremdheit
3. Fremdgeschäftsführungswille

a) Objektiv fremdes Geschäft: Fremdgeschäftsführungswille ist indiziert, wird widerleglich vermutet.

b) Auch-fremdes Geschäft: Fremdgeschäftsführungswille wird widerleglich vermutet (hM).

c) Objektiv neutrales Geschäft: Der Fremdgeschäftsführungswille muss nach außen erkennbar zu Tage treten.

IV. Ohne Auftrag/ Berechtigung
Es besteht keine Vertragsbeziehung zum Geschäftsherrn und keine sonstige, auch keine gesetzliche Berechtigung 
V. Rechtfertigung

1. Geschäftsführung liegt im Willen des Geschäftsherrn

a) Wirklicher Wille
Kann ausdrücklich oder konkludent geäußert werden. Unerheblich ist, ob der Geschäftsführer Kenntnis von diesem Willen hatte.

b) Mutmaßlicher Wille
Kann nur hilfsweise heran gezogen werden, wenn kein wirklicher Wille ermittelt werden kann. Dies ist der Wille, den der Geschäftsherr in Kenntnis aller Umstände im Zeitpunkt der Geschäftsübernahme geäußert haben würde. Der mutmaßliche Wille orientiert sich am Interesse des Geschäftsherrn.

c) Wille des Geschäftsherrn ist nicht ausnahmsweise gem. § 679 BGB unbeachtlich

2. und Geschäftsführung liegt im Interesse des Geschäftsherrn
Dies ist der Fall, wenn die Geschäftsführung für den Geschäftsherrn nützlich ist.

VI. Rechtsfolge

  • Die wichtigsten Ansprüche des Geschäftsherrn:
    – Schadensersatz bei Pflichtverletzung und Vertretenmüssen des Geschäftsführers (§§ 280 I, 677 BGB)
    – Anspruch auf Herausgabe des Erlangten (§§ 667, 681 S. 2, 677 BGB)
  • Die wichtigsten Ansprüche des Geschäftsführers:
    Anspruch auf Aufwendungsersatz für Aufwendungen, die der Geschäftsführer für erforderlich galten durfte (§§ 670, 683, 677 BGB)
  • § 677 BGB vermittelt für die echte berechtigte GoA ein Recht zum Besitz im Sinne von § 986 BGB, sodass die §§ 987ff. BGB unanwendbar sind.
  • Bei Vorliegen der echten berechtigten GoA scheiden Ansprüche aus §§ 812ff. BGB aus, denn die echte berechtigte GoA stellt ein Recht zum Besitz im Sinne von § 812 BGB dar.

Das Schema ist in den Grundzügen entnommen von myjurazone.de.

05.01.2017/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2017-01-05 10:00:362017-01-05 10:00:36Schema: Echte berechtigte GoA
Gastautor

Klausuraufbereitung: BGH zur Abgrenzung GoA – Gefälligkeit ohne Auftrag

Lerntipps, Rechtsgebiete, Schuldrecht, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

Wir freuen uns einen Gastbeitrag von Konstantin Filbinger, Akad. Rat a.Z. an der Universität Bayreuth, veröffentlichen zu können. Der Autor hat sein Studium und sein Referendariat in Freiburg absolviert und ist (Co-)Gründer und (Co-)Autor diverser Bücher, Ebooks und Apps aus der Reihe „Jura Digital“. Die Ebooks aus dieser Reihe gibt es ab heute kostenlos bei Amazon zum Download.
Über das zugrundeliegende Urteil des Bundesgerichtshofs v. 23.7.2015 – III ZR 346/14 hatten wir bereits hier berichtet. Der nachfolgende Beitrag bereitet den klausurrelevanten Sachverhalt aufgrund der hohen Relevanz gutachterlich auf.
 
Sachverhalt:
Frau K fährt ihre Enkelin E mit dem Auto zum Fußballturnier. Auf dem Weg dorthin ereignet sich ein Verkehrsunfall, bei dem K sich verletzt. K möchte nun Ersatz der ihr entstandenen Kosten. Wer soll zahlen? Der Verein V, für den E Fußball spielt!
Aber muss er das auch?
 
Entscheidung:
Der Bundesgerichtshof (Urt.v. 23. Juli 2015 – III ZR 346/14) meint in der Pressemitteilung: Es kommt darauf an; in der Regel – und so auch hier – aber nicht.
Infrage kommen Ansprüche aus §§ 280 I, 241 II BGB sowie §§ 662, 670 BGB und schließlich §§ 677, 683 S.1, 677 BGB.
A. §§ 280 I, 241 II BGB
I. Ein Schadensersatzanspruch nach §§ 280 I, 241 II BGB wird auf den ersten Blick spätestens an der Pflichtverletzung scheitern, die hierfür erforderlich wäre, vgl. § 280 I 1 BGB. Eine eigene Pflichtverletzung des Sportvereins kommt hier jedenfalls nicht in Betracht.
II. Zunächst ist aber zu prüfen, ob überhaupt ein Schuldverhältnis zwischen V und K vorliegt, vgl. § 280 I 1 BGB.
1. Schuldverhältnis kraft Rechtsgeschäfts
Hier kommt ein Schuldverhältnis kraft Rechtsgeschäfts infrage. Ein solches erfordert zwei übereinstimmende, aufeinander bezogene Willenserklärungen (Ausnahmen z.B. §§ 657, 661 BGB; ferner nicht unstrittig für Massenverkehrsgeschäfte). Diese wiederum setzen einen „Rechtsbindungswillen“ voraus, der durch analoge Anwendung der §§ 133, 157 BGB ermittelt wird.
a) Problem: Rechtsbindungswille
Fraglich ist, ob ein solcher Wille hier vorliegt.
Der BGH prüft dies primär anhand eines „bunten Indizienstraußes“: Entscheidend seien Art, Grund sowie Zweck der Vereinbarung, deren wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung, erkennbare Gefahren für die Parteien, wie z.B. Haftungsrisiken, und schließlich die Interessenlage.
Gegen einen Rechtsbindungswillen spreche hier unter anderem, dass die Fahrten nicht vergütet und stets von privater Seite erbracht worden seien.
Ferner ändere an dem Charakter der Fahrt auch der Umstand nichts, dass der Transport nicht ausschließlich im alleinigen Interesse der Enkelin und ihrer Eltern, sondern auch des beklagten Sportvereins gelegen habe. Der „Bringdienst“ der minderjährigen Spielerinnen zu auswärtigen Spielen sei jedenfalls hier Sache der Eltern beziehungsweise anderer Angehöriger oder Freunde gewesen.
In der Pressemitteilung unerwähnt bleibt die Tatsache, dass es wohl letztlich lebensfremd erscheine, dem Sportverein einen gerichtlich durchsetzbaren Leistungsanspruch auf Transport der Kinder gegen die Eltern oder deren Angehörige zu gestatten. Das aber wäre die Konsequenz eines entsprechenden Vertrages.
b) Zwischenergebnis
Folglich liegt kein rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis vor.
2. Ein gesetzliches Schuldverhältnis rechtsgeschäftlichen Charakters wie die GoA muss aus den gleichen Gründen ausscheiden, um Wertungswidersprüche zu vermeiden.
III. Folglich besteht kein Anspruch aus §§ 280 I, 241 II BGB.
 
§§ 662, 670 BGB
K könnte einen Aufwendungsersatzanspruch gegen V aus §§ 662, 670 BGB ableiten. Danach kann der Beauftragte vom Auftraggeber Ersatz für zum Zwecke der Ausführung des Auftrags gemachte Aufwendungen verlangen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf.
Dies setzt zunächst eine entsprechende rechtsgeschäftliche Bindung in Form eines Auftragsverhältnisses zwischen K und V voraus.
Eine solche durch übereinstimmende Willenserklärungen entstandene Bindung scheitert mangels Rechtsbindungswillens aus den oben genannten Gründen.
Demnach besteht kein Anspruch der K gegen V gemäß §§ 662, 670 BGB.
 
§§ 677, 683 S.1, 670 BGB
Allerdings hat K möglicherweise einen Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen nach §§ 677, 683 S.1, 670 BGB.
I. Anwendbarkeit
Bereits die Anwendbarkeit der GoA für diesen Fall erscheint fragwürdig. Man könnte diese verneinen, weil sich K und V hier rein tatsächlich über die Tätigkeit der K verständigt haben. Strukturell liegt hier nämlich schon keine „unlegitimierte Übernahme der Besorgung eines fremden Geschäfts“ vor (vgl. MüKo-Seiler, 6. Aufl. 2012, vor § 677, Rn. 2). Demnach wäre der Anwendungsbereich der §§ 677-684 BGB nicht eröffnet, ein entsprechender Anspruch schiede aus.
II. Bejaht man dennoch die Anwendbarkeit, müsste der Tatbestand einer berechtigten GoA vorliegen:
1. Geschäftsbesorgung
2. für einen Anderen
3. mit Fremdgeschäftsführungswillen
4. ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung.
Um Wertungswidersprüche zu vermeiden, verneint der BGH hier offenbar das Tatbestandsmerkmal „ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung“. Denn es wäre paradox, wenn man einen vertraglichen Anspruch am mangelnden Rechtsbindungswillen scheitern ließe, um einen ähnlichen Anspruch durch die Hintertür des GoA-Regimes trotz entgegenstehenden Willens der Parteien anzunehmen. Das Gericht grenzt hier zwischen dem im Gesetzestext nicht auffindbaren Begriffspaar „Geschäftsführung ohne Auftrag“ und „Gefälligkeit ohne Auftrag“ ab. Im vorliegenden Fall handele es sich um Letztere. Deshalb scheide ein Anspruch aus GoA aus.
Also hat K keinen Anspruch gegen V aus §§ 677, 683 S.1, 670 BGB.
 
Für die Klausur:
Das Ergebnis überzeugt, die Begründung nur bedingt: Der offene Wortlaut der Normen zur GoA verführt den BGH zur Einführung eines widersprüchlichen Begriffs. Eine „Gefälligkeit ohne Auftrag“ gibt es nicht, weil es auch keine „Gefälligkeit mit Auftrag“ gibt. Wirklich überzeugend ist aber die Verneinung der GoA-Anwendbarkeit, die eines solchen terminologischen Schöpfungsaktes nicht bedarf.
In der Klausur muss der Rechtsbindungswille durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) unter Heranziehung der bekannten Indizien ermittelt werden. Wichtig: Der Rechtsbindungswille ist Teil des objektiven Tatbestandes einer Willenserklärung. Der Bearbeiter muss die Thematik also dogmatisch korrekt verorten und in diesem Tatbestandsmerkmal erörtern.
Hilfsgutachtlich wäre hier noch zu diskutieren, ob es sich im Fall überhaupt um Aufwendungen, also freiwillige Vermögensopfer, handelt (ja, Rechtsgedanke des § 110 HGB!).
Spielt bei „Gefälligkeiten“ der Verschuldensmaßstab eine Rolle, so ist immer an eine analoge Anwendung der §§ 521, 599, 690 BGB zu denken.
Für eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem Urteil bleiben die noch nicht veröffentlichten Entscheidungsgründe abzuwarten.

30.07.2015/2 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2015-07-30 10:30:052015-07-30 10:30:05Klausuraufbereitung: BGH zur Abgrenzung GoA – Gefälligkeit ohne Auftrag
Dr. Maximilian Schmidt

BGH: Abgrenzung GoA – Gefälligkeit ohne Auftrag

Rechtsprechung, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht

Eine Entscheidung von besonderer Examensrelevanz hat der BGH mit Urteil v. 23.7.2015 – III ZR 346/14 zur Abgrenzung von Geschäftsführung ohne Auftrag und Gefälligkeitsschuldverhältnissen getroffen. Fraglich war, ob ein Angehöriger, der minderjährige Mitglieder eines Sportvereins zu dessen Veranstaltungen fährt, Aufwendungsersatzansprüche aus GoA haben kann.
I. Sachverhalt (der Pressemitteilung entnommen)

Die Enkelin der Klägerin spielt in der Mädchen-Fußballmannschaft des beklagten Vereins. Die Mannschaft nahm am 09.01.2011 in B. an der Hallenkreismeisterschaft teil. Die Klägerin, die ihre Enkelin zu dieser Veranstaltung bringen wollte, verunfallte mit ihrem PKW auf der Fahrt nach B. und zog sich dabei erhebliche Verletzungen zu.

II. Lösung des BGH
In Betracht kommt allein ein Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB i.V.m. § 683 BGB aus Geschäftsführung ohne Auftrag. Ein solcher Anspruch umfasst nicht nur freiwillige Vermögensopfer, sondern auch risikotypische (unfreiwillige) Schäden (Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl., § 670 Rn. 11).
Die Vorinstanzen problematisierten nun alleine, ob die Geschäftsführung im Interesse des Sportvereines als Geschäftsherrn stand (§ 683 BGB), nahmen dies an und sprachen der Klägerin dementsprechend einen Aufwendungsersatzanspruch zu.
Anders der BGH. Dieser grenzt nun eine Geschäftsführung ohne Auftrag von einer Gefälligkeit ohne Auftrag ab. Begründet wird dies damit, dass bei rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnissen ebenso zwischen Auftrags- und  Gefälligkeitsverhältnissen abgegrenzt wird und dies zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen auch im Bereich der GoA notwendig sei. Also kurz gesagt: Die Grundsätze der Abgrenzung von Schuldverhältnis und Gefälligkeit gelten auch bei der Feststellung einer GoA.
Wie prüft man diese nun in der Klausur? Idealerweise sollte zu Beginn der Prüfung eines Anspruches aus GoA beim Prüfungspunkt „Geschäftsführung“ (also jedes rechtliche oder tatsächliche Handeln) problematisiert werden, ob nicht eine bloße Gefälligkeit vorliegt. Sodann ist auf die Grundsätze der Abgrenzung von Schuldverhältnis und Gefälligkeitsverhältnis abzustellen. Einziger, aber eben wesentlicher Unterschied, der auch als solcher festgestellt werden sollte, ist, dass nicht der konkrete Rechtsbindungswille der Parteien (§§ 133, 157 BGB) maßgeblich ist, sondern wie sich das Handeln einem objektiven Dritten nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls mit Rücksicht auf die Verkehrssitte darstellt. Der BGH referiert die maßgeblichen Kriterien der Abgrenzung, die bereits aus dem rechtsgeschäftlichen Bereich bekannt sein sollten:

Die Abgrenzung erfolge unter Berücksichtigung unter anderem der Art der Tätigkeit, ihrem Grund und Zweck, ihrer wirtschaftlichen und rechtlichen Bedeutung für den Geschäftsherrn, der Umstände, unter denen sie erbracht wird, und der dabei entstehenden Interessenlage der Parteien.

Der wichtigste Satz der Pressemitteilung folgt:

Gefälligkeiten des täglichen Lebens oder vergleichbare Vorgänge könnten insoweit regelmäßig den Tatbestand der §§ 677 ff BGB nicht erfüllen.

Im vorliegenden Fall lag eine bloße Gefälligkeit vor. Der „Bringdienst“ der minderjährigen Spielerinnen zu auswärtigen Spielen war alleine Sache der Eltern beziehungsweise anderer Angehöriger oder Freunde. Die private Organisation durch die Eltern zeige, dass keine Bindung bezweckt gewesen sei.

Vielmehr handele es sich, wenn minderjährige Mitglieder eines Amateursportvereins von ihren Familienangehörigen oder Angehörigen anderer Vereinsmitglieder zu Sportveranstaltungen gefahren werden, grundsätzlich – auch im Verhältnis zum Sportverein – um eine reine Gefälligkeit, die sich im außerrechtlichen Bereich abspiele.

III. Zusammenfassung
Ein Urteil, das sich bald sicher in jedem Examensrepetitorium wiederfindet. Die wichtigsten Thesen:
– Die Geschäftsführung ohne Auftrag ist von einer Gefälligkeit ohne Auftrag abzugrenzen.
– Die Grundsätze der Abgrenzung von Schuldverhältnis und Gefälligkeit gelten auch bei der Feststellung einer GoA.
– Maßgeblich ist wie sich das Handeln einem objektiven Dritten nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls mit Rücksicht auf die Verkehrssitte darstellt.
– Ansonsten gelten die bekannten Kriterien der Abgrenzung: Art der Tätigkeit, ihrem Grund und Zweck, ihrer wirtschaftlichen und rechtlichen Bedeutung für den Geschäftsherrn, der Umstände, unter denen sie erbracht wird, und der dabei entstehenden Interessenlage der Parteien.
In tatsächlicher Hinsicht ist zudem die konkrete Entscheidung des BGH bedeutsam: Wenn minderjährige Mitglieder eines Amateursportvereins von ihren Familienangehörigen oder Angehörigen anderer Vereinsmitglieder zu Sportveranstaltungen gefahren werden, handelt es sich grundsätzlich – auch im Verhältnis zum Sportverein – um eine reine Gefälligkeit.

24.07.2015/8 Kommentare/von Dr. Maximilian Schmidt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2015-07-24 08:16:202015-07-24 08:16:20BGH: Abgrenzung GoA – Gefälligkeit ohne Auftrag
Christian Muders

Der Begriff der „Geschäftsbesorgung“ bei Auftrag, GoA und Geschäftsbesorgungsvertrag

Für die ersten Semester, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

Das Merkmal der „Geschäftsbesorgung“ taucht im BGB im Zusammenhang mit unterschiedlichen Vorschriften auf, ohne jedoch notwendigerweise einen jeweils identischen Bedeutungsgehalt aufzuweisen. Der nachfolgende kurze Überblick soll daher den Inhalt dieses Begriffs bei den betroffenen Schuldverhältnissen näher beleuchten, womit nebenbei auch eine Hilfestellung für deren Abgrenzung zueinander angestrebt wird.
1. Die „Geschäftsbesorgung“ beim Auftrag (§ 662 BGB)
Nach § 662 BGB ist der Auftrag dadurch definiert, dass sich der Beauftragte gegenüber dem Auftraggeber verpflichtet ein „übertragenes Geschäft für diesen unentgeltlich zu besorgen“. Ein wesentliches Kennzeichen des Auftrages ist also die Unentgeltlichkeit der Hauptleistung, es handelt sich somit – eingedenk der ggf. ebenfalls bestehenden Auftraggeberpflichten nach den §§ 669, 670 BGB – um einen unvollkommen zweiseitigen Vertrag. Der Begriff der „Geschäftsbesorgung“ wird dabei im Auftragsrecht weit verstanden, in Frage kommt also jedwedes Tätigwerden im Interesse des Begünstigten, was sowohl rechtsgeschäftliche als auch tatsächliche Handlungen umfasst (vgl. MüKo/BGB-Seiler, 6. Aufl. 2012, § 662, Rn. 16). Da durch den Begriff der „Besorgung“ allerdings der Schwerpunkt auf einer körperlichen oder geistigen (und dabei oftmals höchstpersönlichen, § 664 Abs. 1 S. 1 BGB) Tätigkeit des Verpflichteten, mithin einer Dienstleistung gegenüber dem Auftraggeber, liegt, kann der Auftrag in der Regel gut von anderen unentgeltlichen Gefälligkeitsverträgen, namentlich Schenkung (§§ 516 ff. BGB) und Leihe (§§ 598 ff. BGB), abgegrenzt werden: Hier steht nämlich nicht eine Tätigkeit des Verpflichteten im Vordergrund, vielmehr geht es im Wesentlichen um die Übertragung eines Gegenstandes, zumeist einer körperlichen Sache, die entweder in das Eigentum des Berechtigten übergehen (§ 516 BGB) oder jedenfalls dessen Nutzen dienen soll (§ 598 BGB). Allerdings ist die Abgrenzung zu anderen Gefälligkeitsverträgen nicht stets so eindeutig durchzuführen: So kann etwa auch die Verwahrung nach den §§ 688 ff. BGB nicht nur entgeltlich erfolgen (§ 689 BGB: Im Zweifel gilt eine Vergütung als vereinbart.), sondern auch ohne Gegenleistung erbracht werden (§ 690 BGB). Hier geht es aber sehr wohl um eine Dienstleistung des Verwahrers gegenüber dem Berechtigten, da ersterer nach der Beschreibung des § 688 BGB verpflichtet wird die vom Hinterleger übergebene Sache aufzubewahren. Dementsprechend gehen die Regelungen des Verwahrungsvertrages dem Auftrag als lex specialis vor (vgl. nur Medicus, Schuldrecht II, 14. Aufl. 2007, § 104/416). – Als Fazit lohnt es sich daher zu merken: Da der Auftrag den Begriff der „Geschäftsbesorgung“ weit versteht, handelt es sich sozusagen um einen „Auffangtatbestand“ der Gefälligkeitsverträge, dem anderweitige, speziellere Regelungen vorgehen, welche dementsprechend zuvorderst in Betracht zu ziehen sind.
2. Die „Geschäftsbesorgung“ beim Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB)
Der Geschäftsbesorgungsvertrag, der im unmittelbaren Anschluss an den Auftrag geregelt ist, wird vom Gesetz beschrieben als „Dienstvertrag oder (…) Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat“. Es handelt sich also genau genommen um einen Mischvertrag, auf den neben einzelnen Regelungen des Auftragsrechts (auf welche die „Kopfnorm“ des Geschäftsbesorgungsvertrags im Wesentlichen verweist, vgl. § 675 Abs. 1 BGB) auch Werk- oder Dienstleistungsrecht Anwendung findet. Die letzteren beiden Vertragstypen sind dabei durch das Erfordernis der Entgeltlichkeit gekennzeichnet (vgl. § 611 Abs. 1 BGB a.E.: „der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet“ und § 631 Abs. 1 BGB a.E.: „der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet“), sodass der Schluss nahe liegt, dass eine Abgrenzung zum unentgeltlichen Auftrag allein über die dort fehlende Vergütungspflicht erfolgt. Indessen wird auch der Begriff der „Geschäftsbesorgung“ beim Geschäftsbesorgungsvertrag anders als beim Auftragsrecht verstanden, was sich bereits daraus ergibt, dass das Gesetz offensichtlich davon ausgeht, dass neben den Dienst- und Werkverträgen, die gerade eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand haben, ebenso solche existieren, bei denen dies nicht der Fall ist. Dementsprechend wird die Geschäftsbesorgung bei § 675 BGB von der ganz überwiegenden Meinung einem engeren Verständnis unterworfen, wobei innerhalb dieser Strömung wiederum Unstimmigkeiten über die Unterscheidung festzustellen sind: So wird die Abgrenzung zu „reinen“ Dienst- und Werkverträgen teilweise allein dergestalt vorgenommen, dass der Geschäftsbesorgung i.S.d. § 675 BGB eine Tätigkeit zu Grunde liegen soll, welche „die beim Auftrag geltenden Rechtsfolgen notwendig macht, weil sie nach dem Sinn und Zweck des betreffenden Rechtsverhältnisses zu einem sachgerechten Ergebnis führen“ (so MüKo/BGB-Seiler, 6. Aufl. 2012, § 662, Rn. 14 m.w.N. aus der vornehmlich älteren Literatur). Einer solchen Abgrenzung, die allein ergebnisorientiert arbeitet, ist jedoch bereits deswegen eine Absage zu erteilen, weil damit ein „handgreifliches“ tatbestandsbezogenes Kriterium, wann die Rechtsfolge einer Anwendung von Auftragsrecht „sachgerecht“ erscheint, gerade nicht genannt wird. Es besteht somit die Gefahr, dass die Zuordnung von Verträgen zu dem einen oder anderen Schuldverhältnis allein vom „Rechtsgefühl“ des Rechtsanwenders abhängig gemacht wird. Dementsprechend nimmt die ganz h.M. eine konkretere, tatbestandsbezogene Interpretation dergestalt vor, dass Geschäftsbesorgung i.S.d. § 675 BGB „eine selbständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art“ sei, „für die ursprünglich der Geschäftsherr selbst zu sorgen hatte, die ihm aber durch einen anderen (den Geschäftsführer) abgenommen wird“ (so BGH, Urteil v. 25.04.1966 – VII ZR 120/65 = BGHZ 45, 223 [229]). Dabei werden die einzelnen Kriterien, die den engeren Geschäftsbesorgungsbegriff des § 675 BGB bedingen, freilich durchaus im Hinblick auf die Verweisungen ins Auftragsrecht und die Rechtsfolgen einer solchen Einordnung gerechtfertigt:

  • Dass es sich um eine Tätigkeit aus der Sphäre des Geschäftsherrn handeln muss, soll danach etwa daran deutlich werden, dass der Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB, auf den § 675 Abs. 1 BGB verweist, bereits darauf hindeute, dass es sich um eine Angelegenheit handelt, die ursprünglich den Geschäftsherrn selbst getroffen hat.
  • Die Selbständigkeit der Tätigkeit ist ebenso dem Umstand geschuldet, dass bestimmte Auftragsregelungen, auf welche § 675 Abs. 1 BGB verweist, nur bei einem gewissen Freiraum des Handelnden Sinn haben: So sieht § 665 BGB vor, dass der Beauftragte berechtigt ist von Weisungen des Auftraggebers abzuweichen, wenn er eine Billigung desselben annehmen darf. Daneben statuiert § 666 BGB eine Rechenschaftspflicht, der v.a. dann eine Bedeutung zukommt, wenn dem Geschäftsbesorger selbständige Entscheidungen offenstehen, sodass auf der anderen Seite auch ein gesteigertes Informationsinteresse des Geschäftsherrn besteht.
  • Der wirtschaftliche Bezug der Tätigkeit schließlich ist dem Umstand geschuldet, dass die Pflicht zur Rechenschaft (§ 666 BGB), die Herausgabe- (§ 667 BGB) und Verzinsungspflicht (§ 668 BGB) sowie der Anspruch auf Aufwendungsersatz (§ 670 BGB) auf die Besorgung rein wirtschaftlicher Tätigkeiten hindeuten: So hat etwa die Pflicht für die Beauftragung erhaltenes oder erlangtes Geld zu verzinsen (§ 668 BGB) bei einem ärztlichen Eingriff ebenso wenig Sinn wie bei musikalischen oder sonstigen künstlerischen Darbietungen.

Demgemäß lässt sich festhalten: Der Geschäftsbesorgung nach § 675 Abs. 1 BGB liegt durch das Erfordernis der Abgrenzung zu sonstigen Dienst- und Werkverträgen ein eingeengtes Verständnis dieses Begriffes zugrunde, was allerdings auch nur für den Bereich der entgeltlichen Erbringung solcher Leistungen zu gelten hat. Wird demgegenüber z.B. eine eigentlich dem reinen Werkvertrag zuzuschreibende Dienstleistung kostenlos vorgenommen (etwa: Reparatur eines Kfz für einen Freund), so unterfällt dies ohne Weiteres dem Auftragsrecht nach den §§ 662 ff. BGB.
3. Die „Geschäftsbesorgung“ bei der Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 677 BGB)
Zum Schluss des Beitrags soll der Begriff der Geschäftsbesorgung noch beim gesetzlichen Schuldverhältnis der „Geschäftsführung ohne Auftrag“ (GoA) eine kurze Betrachtung erfahren, wobei dieses in gesetzessystematischer Hinsicht wiederum im Anschluss an den Geschäftsbesorgungsvertrag bzw. diesem ähnliche „Zahlungsdienste“ geregelt ist. Bei der GoA wird der Begriff der „Geschäftsbesorgung“ nach ganz h.M. wieder identisch zu dem weit gefassten Pendant des Auftragsrechts verstanden: Unter die GoA fällt also jedwede Tätigkeit, die der Sphäre eines Dritten als „Geschäftsherrn“ zuzurechnen ist, mag diese rechtsgeschäftlicher oder auch rein tatsächlicher Natur sein. Genau genommen kann der Begriff der Geschäftsbesorgung hier sogar über das beim Auftrag erfasste Tätigkeitsfeld hinausreichen, da etwa auch die (unentgeltliche) „Verwahrung ohne Auftrag“ (Beispiel: aus dem brennenden Haus des Nachbarn wird der Hund gerettet und gepflegt) hierunter subsumiert werden kann, wohingegen im Falle des Auftrags die vorrangigen Sonderregeln der §§ 688 ff. BGB zu beachten wären (oben 1.; zu beachten ist allerdings, dass bei verlorenen Sachen wiederum die Regelungen zum Fund der GoA vorgehen, §§ 965 ff. BGB, welche dementsprechend als GoA-ähnlich qualifiziert werden; vgl. MüKo/BGB-Oechsler, 5. Aufl. 2009, § 965, Rn. 1). Die (weitestgehende) Identität des Begriffs der Geschäftsbesorgung zu demjenigen des Auftragsrechts erscheint dabei insofern stimmig, als die GoA sozusagen „an der Schwelle“ zwischen Auftrag und rein gesetzlichem Schuldverhältnis, namentlich dem Bereicherungsrecht nach den §§ 812 ff. BGB, angesiedelt ist: Sofern die Geschäftsführung dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht, wird nämlich sozusagen ein „Fast-Auftrag“ gesetzlich konstruiert, was sich für den Geschäftsführer in der Anwendbarkeit der Regelung über den Aufwendungsersatz niederschlägt (§ 683 i.V.m. § 670 BGB). Ist hingegen ein entsprechender Wille des Geschäftsherrn nicht belegt, ist auch keine – zumindest hypothetische – Willensübereinstimmung der Parteien anzunehmen, sodass sich die Rechte des Geschäftsführers regelmäßig allein nach den Regelungen über die ungerechtfertigte Bereicherung bestimmen (§ 684 BGB). Auf der anderen Seite gilt zugunsten des Geschäftsherrn stets Auftragsrecht, sofern dies zumindest dem subjektiven Tatbestand des Geschäftsführers entspricht, weil dieser in Kenntnis seines Eingriffs in eine fremde Rechtssphäre gehandelt hat (§§ 681, 687 Abs. 2 BGB); dementsprechend ist die Anwendung der Auftragsregelungen zugunsten des Geschäftsherren dann ausgeschlossen, wenn ein Fall der irrtümlichen Eigengeschäftsführung vorliegt (vgl. § 687 Abs. 1 BGB).

22.09.2012/0 Kommentare/von Christian Muders
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Christian Muders https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Christian Muders2012-09-22 10:00:342012-09-22 10:00:34Der Begriff der „Geschäftsbesorgung“ bei Auftrag, GoA und Geschäftsbesorgungsvertrag
Dr. Johannes Traut

„Schwarzarbeit“ – ein Examensklassiker

Bereicherungsrecht, BGB AT, Schon gelesen?, Verschiedenes, Werkvertragsrecht, Zivilrecht

Die Problematiken rund um die so genannte „Schwarzarbeit“ sind im Examen ein Klassiker im Zivilrecht. Die kommerziellen Repetitorien haben entsprechend in ihrem Kurzprogramm jeweils einen oder mehrere „Schwarzarbeitsfälle“ – bei Hemmer wird die Problematik etwa auf insgesamt 18 Druckseiten ausgebreitet. Dieser Artikel versucht die Problematik etwas knapper, aber ebenso umfassend zu behandeln.
Dabei folgen die Klausuren meist dem gleichen Muster: Ein Vertrag ist gem. § 134 i.V.m. § 1 Abs. 2 SchwarzArbG nichtig. Welche gesetzlichen „Ersatzansprüche“ für Werklohn bzw. Mängelgewährleistung bestehen?
I. Tatbestand der Schwarzarbeit
Der Begriff der „Schwarzarbeit“ wird in § 1 Abs. 2 SchwarzArbG (Schönfelder Ergänzungsband 94b) definiert.

§ 1 SchwarzArbG: Zweck des Gesetzes

(2) Schwarzarbeit leistet, wer Dienst- oder Werkleistungen erbringt oder ausführen lässt und dabei

  • 1.als Arbeitgeber, Unternehmer oder versicherungspflichtiger Selbstständiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden sozialversicherungsrechtlichen Melde-, Beitrags- oder Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt,
  • 2.als Steuerpflichtiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt,
  • 3.als Empfänger von Sozialleistungen seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden Mitteilungspflichten gegenüber dem Sozialleistungsträger nicht erfüllt,
  • 4.als Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen seiner sich daraus ergebenden Verpflichtung zur Anzeige vom Beginn des selbstständigen Betriebes eines stehenden Gewerbes (§ 14 der Gewerbeordnung) nicht nachgekommen ist oder die erforderliche Reisegewerbekarte (§ 55 der Gewerbeordnung) nicht erworben hat,
  • 5.als Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen ein zulassungspflichtiges Handwerk als stehendes Gewerbe selbstständig betreibt, ohne in der Handwerksrolle eingetragen zu sein (§ 1 der Handwerksordnung).

Es ist also zwischen fünf verschiedenen Fällen der Schwarzarbeit zu unterscheiden; häufig wird mehr als ein Tatbestandsmerkmal erfüllt sein. Im Einzelnen sind nach § 1 Abs. 2 Schwarzarbeit:

  • Nr. 1: Hier geht es um zunächst um die Fallkonstellation, die der Schwarzarbeit ihren Namen gegeben hat, d.h. die Beschäftigung eines Arbeitnehmers durch einen Arbeitgeber ohne sozialversicherungsrechtliche Anmeldung (§§ 28a, 28e, 28f SGB IV, §§ 165, 192 SGB VII). Dabei geht die Nr. 1 in ihrem Anwendungsbereich noch deutlich über den Fall des „Schwarzarbeitnehmers“ hinaus: Unternehmer ist im weiten sozialversicherungsrechtlichen Sinne zu verstehen, womit auch private Hauseigentümer bei Arbeiten an ihrem Eigenheim „Unternehmer“ sein können. Wer etwa ein Eigenheim durch einen gerade arbeitlosen, befreundeten Maurergesellsen gegen Entgelt errichten lässt, ist auch Unternehmer im Sinne der Vorschrift. Detaillierte Kenntnisse der sozialversicherungsrechtlichen Lage werden im Examen aber nicht erwartet. Es ist deshalb unwahrscheinlich, dass diese Konstellation geprüft wird.
  • Nr. 2: Das ist die „Steuerhinterziehung“ bei der Erbringung einer Dienst- oder Werkleistung. Der klassische Fall ist der Handwerker, der sich am Wochenende etwas „ohne Rechnung“ nebenher verdient. In einem solchen Fall kann gleichzeitig auch noch ein Verstoß gegen Nr. 4 oder 5 durch den Handwerker vorliegen, wenn er nicht als Gewerbtreibender oder in der Handwerksrolle eingetragen ist. Letzteres ist häufig der Fall, wenn er abhängig bei einem Unternehmen beschäftigt ist und privat noch etwas nebenher verdienen möchte. Hier besteht ein Konkurrenzverhältnis zu steuerrechtlichen Normen, §§ 1, 13, 13a UStG, §§ 1, 15 EStG. Auch diese sind nicht Examensstoff.
  • Nr. 3: Selbsterklärend; der Hartz-IV Empfänger, der sich etwas dazu verdient und das der Arbeitsagentur nicht meldet. Untechnisches Stichwort: „Sozialversicherungsbetrug“.
  • Nr. 4 und 5: Hier geht es um die gewerbe- bzw. handwerksrechtlichen Meldepflichten des Dienst- oder Werkleistenden. Typisch ist insofern ein Verstoß durch den angestellten Handwerker, der nebenher schwarz arbeitet (s. Nr. 2).

In der Klausur werden allerdings regelmäßig nur einige der hier genannten Nummern gefragt sein. Das ergibt sich meist schon daraus, dass in der Klausur ein Auszug des SchwarzArbG abgedruckt wird. Dann möchte der Klausurersteller, dass die Bearbeiter auch nur die dort wiedergegebenen Nummer prüfen, auch wenn im Examen der Ergänzungsband mit dem gesamten Text zur Verfügung steht.
II. Nichtigkeit nach § 134 BGB / §§ 139, 134 BGB

Als Rechtsfolge sieht das SchwarzArbG selbst Bußgelder- und Strafbestimmungen (§§ 8ff.) sowie ein verwaltungsrechtliches Überprüfungsverfahren (§§2ff.) vor. Die wichtigsten straf- bzw. ordnungswidrigkeitsrechtlichen Folgen ergeben sich allerdings aus anderen Gesetzen, etwa für Nr. 2 aus § 370 AO (Straftatbestand der Steuerhinterziehung). Nach diesen Tatbeständen wird allerdings im Examen – soweit ersichtlich – nie gefragt; es geht stets um die zivilrechtlichen Folgen von „Schwarzarbeit“. Thema ist dann, ob auf eine Vereinbarung, wonach Dienst- oder Werkleistungen gegen eine „schwarze“ Vergütung erbracht werden sollen, Ansprüche gestützt werden können. Die Auswirkungen auf zivilrechtliche Ansprüche regelt das SchwarzArbG nicht selbst; es bedarf dazu des Rückgriffs auf zivilrrechtliche Scharniernormen wie den § 134 BGB.
In der Prüfung zivilrechtlicher Ansprüche wird das SchwarzArbG zunächst im Hinblick auf die Wirksamkeit von Verträgen eine Rolle spielen. Zentrale Norm ist § 134 BGB, der folgendermaßen zu prüfen ist:
1. Feststellung eines Verstoßes
Zunächst ist wichtig, den Tatbestand des SchwarzArbG zu subsumieren. Vorzugsweise sollte man hier sämtliche in Betracht kommende Tatbestände nennen, was allerdings bei der Nr. 1 wegen der Verweisung ins Sozialrecht Schwierigkeiten bereiten kann. Beachte auch, dass der bloße Abschluß eines Rechtsgeschäfts den Tatbestand streng genommen noch nicht erfüllt, weil zu diesem Zeitpunkt der Verstoß gegen Meldepflichten noch nicht feststeht. Außerdem stellt die Norm auf die Ausführung der Arbeiten ab. Deshalb sollte man die Formulierung wählen, dass der Vertrag darauf abzielt, gegen die Vorschriften zu verstoßen.
2. Verbotsgesetz
Es ist klarzustellen, dass das SchwarzArbG ein „Gesetz“ (jede Rechtsnorm) im Sinne des Art. 2 EGBGB ist. Sodann ist durch Auslegung zu ermitteln, ob es auch ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB ist. Nicht jede Norm, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäfts verbietet, ist auch ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB. Vielmehr muss die Norm sich auch gerade gegen die zivilrechtliche Wirksamkeit des Geschäftes richten, also seinen wirtschaftlichen Erfolg verhindern wollen.
Insofern ist zunächst zwischen einem einseitigen und einem beidseitigem Verstoß zu differenzieren. Ein Verstoß des Handwerkers etwa gegen die Nr. 4 wird für den Auftraggeber nicht notwendigerweise zu erkennen sein; in diesem Fall ist er schutzwürdig und Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot kommt nicht in Betracht. Allgemein wird man im Zweifel bei einseitigen Verstößen deshalb keine Nichtigkeit annehmen können (BGH NJW 2000, 1186, 1187).
Anders etwa bei dem „Arzt ohne Approbation“, BAG NZA 2005, 1409, weil hier der Schutz der Öffentlichkeit und des ahnungslosen Arbeitgebers für eine Nichtigkeit streiten). In einem so extremen Fall wie bei dem Arzt ohne Approbation ist sogar eine Nichtigkeit denkbar, die den Interessen des „unschuldigen“ Vertragspartners nicht entspricht, weil die Interessen der Öffentlichkeit vorgehen können. Letztlich kommt es darauf an, ob der Zweck des Verbotes auch die Nichtigkeit bei einem einseitigen Verbot erfodert (vgl. BeckOK-BGB/Wendtland, § 134 Rn. 11).
Bei einem beiderseitigen Verstoß ist eher die Nichtigkeit anzunehmen, aber auch hier bedarf es noch der Auslegung, ob diese gewollt ist. Ein Indiz dafür, dass die Rechtsordnung einem verbotswidrigen Rechtsgeschäft die Wirksamkeit versagen möchte ist etwa die Existenz beiderseitiger Bußgeld- oder Strafvorschriften (BGHZ 85, 89). Das ist der Fall beim SchwarzArbG.
Zu beachten ist dabei: Natürlich kann der Auftraggeber gar nicht gegen die handwerklichen Meldepflichten verstoßen, weil sie ihn nicht treffen. Ein beiderseitiger Verstoß in diesem Sinne liegt daher bereits dann vor, wenn beide Parteien der Verstoß einer Partei gegen die Pflichten wollen.
Für die einzelnen Tatbestände des SchwarzArbG ist im Hinblick auf die Rechtsfolge zu unterscheiden:

  • Ein beiderseitiger Verstoß gegen die Nr. 1 , 3, 4, 5 führt nach der Rechtsprechung insgesamt zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts. Zur Begründung verweist die Rspr. auf die beiderseitigen Bußgeld- und Strafbestimmungen des SchwarzArbG. Außerdem – und das ist das entscheidende Argument – kann die Schwarzarbeit ansonsten nicht effektiv bekämpft werden (BGH NJW 1983, 109). Erst die Gefahr, dass die wirtschaftlichen Interessen der Parteien nicht von der Rechtsordnung geschützt werden, setzt einen ausreichenden Anreiz, Verstöße zu unterlassen. Wie weit allerdings die Interessen der Beteiligten von der Rechtsordnung im Ergebnis geschützt werden, hängt davon ab, ob man gesetzliche Ansprüche trotz der Nichtigkeit nach § 134 BGB bestehen lässt – dazu später.
  • Schwieriger ist die Rechtslage bei der Nr. 2. Diese ist 2004 in das SchwarzArbG eingefügt worden. Nach der bis dahin bestehenden Rechtsprechung machte eine „Ohne-Rechnung-Abrede“ einen Werk- oder Dienstvertrag nicht insgesamt nichtig, so lange die Steuerhinterziehung / Verkürzung nicht der Hauptzweck des Vertrages war. Nichtig war vielmer nur die Ohne-Rechnung-Abrede nach § 138 Abs. 1 BGB, während das Schicksal des übrigen Vertrages sich nach § 139 BGB richtete. Dessen Vermutung für die Nichtigkeit war nach Ansicht der Rechtsprechung grundsätzlich widerlegt, da die Parteien den Vertrag als solchen wollten. Im Ergebnis bestand bei bloßer „Steuerhinterziehung“ also das Rechtsgeschäft weiter (BGH NJW 2003, 2742). An dieser Rechtslage scheint die Rechtsprechung auch nach der Schaffung des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG festhalten zu wollen. Jedenfalls hat der BGH noch 2008 entschieden, dass nur die ohne Rechnung Abrede nach „§§ 134, 138 BGB“ nichtig sein soll (NJW-RR 2008, 1050 = JuS 2008, 932).  Diese Rspr. bezieht sich jedoch auf die Rechtslage vor 2004 und ist daher nicht notwendigerweise auf den Fall des § 1 Abs. 1 Nr. 2 SchwarzArbG zu übertragen. Hier ist letztlich vieles ungeklärt. In der Literatur wird vorgeschlagen, (beiderseitige) Fälle des § 1 Abs.  1 Nr. 2 SchwarzArbG ebenso zu behandeln wie die Fälle der Nr. 1,3, 4 und 5 (Bosch, NJOZ 2008, 3044; wohl auch Popescu, Majer NZBau 2008, 424). Nach anderer Ansicht (Stamm, NZBau 2009, 78) ist für die einzelnen Fälle des SchwarzArbG ohnehin zu differenzieren. Herrschend ist wohl erstgenannte Ansicht. Für sie streitet das Argument, dass sich aus dem Wortlaut der SchwarArbG kein Grund für eine Differenzierung ergibt. Insofern besteht eine Vermutung für eine einheitliche Auslegung. Für die Klausur hat dies auch den Vorteil, dass dann die Diskussion nur einmal geführt werden muss. Andererseits wird es darauf im Ergebnis ohnehin nicht ankommen, weil der Gesamtvertrag dann meist nach § 139 BGB nichtig sein wird – dazu sogleich.
  • Kommt man im Falle der Nr. 2 dagegen zur Teilnichtigkeit nur der „Ohne-Rechnungs-Abrede“, so stellt sich die Frage, ob das Rechtgeschäft im Übrigen wirksam bleibt. Das richtet sich nach § 139 BGB. Die gesetzliche Vermutung für die Gesamtnichtigkeit („wenn nicht anzunehmen ist..“) müsste widerlegt worden sein. Das ist nach der neueren BGH-Rechtsprechung unwahrscheinlich. Der BGH führte aus: „Dem BerGer. ist darin beizupflichten, dass auch beim Werkvertrag Gesamtnichtigkeit nur dann nicht eintritt, wenn angenommen werden kann, dass ohne die Ohne-Rechnung-Abrede bei ordnungsgemäßer Rechnungslegung und Steuerabführung der Vertrag zu denselben Konditionen, insbesondere mit derselben Vergütungsregelung, abgeschlossen worden wäre.“ (BGH NJW-RR 2008, 1050 Rn. 10).

II. Im Falle der Nichtigkeit: Ansprüche des Werkunternehmes auf Lohn

Kommt man nur Nichtigkeit des Vertrags, so muss man weiterprüfen: Hier gilt dann, dass ein Schwarzarbeitsfall zu einer Vielzahl gesetzlicher Ansprüche führt, die sämtlich zu prüfen, aber meist zu verneinen sind: Es gilt stets der Grundsatz, dass die Wertung des SchwarzArbG, wonach der wirtschaftliche Erfolg des Rechtsgeschäfts nicht gewollt ist, nicht unterlaufen werden darf. Eine mögliche Ausnahme besteht im Bereicherungsrecht.
1. Aus § 631 Abs. 1 BGB
Dieser Anspruch scheitert an der Nichtigkeit des Werkvertrages gem. § 134 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 SchwarzArbG (andere Ansicht hinsichtlich Nr. 2 vertretbar, dort muss man dann die Frage der Teilnichtigkeit stellen. Bejaht man Gesamtnichtigkeit, geht es hier weiter.).
2. Aus §§ 670, 683 S. 1, 677 BGB
Ein Anspruch des Werkunternehmers auf Zahlung von Werklohn könnte sich aus §§ 670, 683 S. 1, 677 BGB ergeben.
Der Werkunternehmer betreibt ein zumindest auch-fremdes Geschäft, einerseits handelt er im eigenen Rechtskreis, weil er eine eigene Verbindlichkeit erfüllen möchte, andererseits ist die Vornahme eines Werkes (die Reparatur) an einer Sache Angelegenheit des Eigentümers (überlicherweise der Werkbesteller) und fällt daher auch in dessen Rechtskreis. Zu dieser Geschäftsführung ist der Werkunternehmer auch nicht beauftragt worden, da der geschlossene Werkvertrag nichtig ist. Fraglich ist aber, ob er das Geschäft auch für einen anderen führen wollte – die Vorschriften der §§ 677 bis 686 BGB finden keine Anwendung, wenn jemand ein fremdes Geschäft in der Meinng besorgt, dass es sein eigenes sei, § 687 Abs. 1 BGB. Vorliegend war die Motivation des Werkunternehmers, eine eigene vertragliche Verpflichtung zu erfüllen. Daher handelte er mit dem Willen, ein eigenes Geschäft zu führen. Die §§ 677ff. BGB sind daher nicht anwendbar. Damit scheiden auch andere Ansprüche aus GoA, etwa §§ 684 S. 1, 818, 677 BGB, aus.
Diese Lösung folgt der hL. Die Rspr. dagegen vermutet auch bei Vorliegen eines auch-fremden Geschäfts einen Fremdgeschäftsführungwillen. Dieser sei auch in den Fällen, in denen zur Erfüllung einer unerkannt unwirksamen vertraglichen Verpflichtung gehandelt werde, nicht widerlegt. Entsprechend kommt sie zur grundsätzlichen Anwendbarkeit der GoA, dann ist zu prüfen, ob die Geschäftsführung dem Willen bzw. dem Interesse des Auftraggebers entsprach. Auch das wird sich zumeist bejahen lassen.
In BGH NJW 1983, 109 hielt der BGH erst die gemachten Aufwendungen für objektiv nicht „erforderlich“. Später prüfte und bejahte der BGH aber einen Anspruch auf Ausgleich aus § 812 BGB. Das freilich ist dogmatisch unvertretbar – nimmt man im Grundsatz das Vorliegen einer GoA an, stellt diese einen Rechtsgrund für die Leistung des Werkunternehmers dar und sperrt einen Ausgleich nach § 812 BGB.
Noch aus einem anderen Grund ist die Lösung der Rechtsprechung abzulehnen: Die weitreichende Vermutung eines Fremdgeschäftsführungswillens macht aus der GoA letztlich ein reines Billigkeitsinstrument (vgl. Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, Rn. 412), das in seinem Anwendungsbereich uferlos wird und daher kaum noch mit vorhersehbaren Ergebnissen anwendbar ist. Insbesondere die Anwendung zur „Rückabwicklung“ nichtiger Vertragsverhältnisese ist zu kritisieren – denn es entspricht ja gerade der Wertungen der Rechtsgeschäftslehre, dass in diesen Fällen keine vertraglichen Ansprüche bestehen sollen. In jüngerer Zeit wird allerdings auch die Rspr. vorsichtiger, vgl.  Thole, NJW 2010, 1243.)
3. Aus § 817 S. 1 BGB
Ein Anspruch des Werkunternehmers auf Zahlung des Werklohns könnte sich jedoch aus § 817 S. 1 BGB ergeben. Dass ist der Fall, wenn der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt war, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat. Vorliegend hat der Werkbesteller die Werkleistung – in Form einer Dienstleistung – des Werkunternehmers und damit etwas im Sinne des Tatbestandes erlangt. Dies geschah auch als bewußte und zweckgerichtete Mehrung des Vermögens des Werkbestellers durch den Werkunternehmers, mithin als Leistung dieses an jenen. Zuletzt hat der Werkunternehmer durch den Empfang der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen.
Der Anspruch ist auch nicht auf § 814 BGB ausgeschlossen, da dieser auf die Kondiktion nach § 817 S. 1 BGB nicht anwendbar ist. Allerdings könnte er gem. § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen sein. Das wäre der Fall, wenn der Leistende gleichfalls gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hätte. Auch das wird man bei einem beidseitigen Verstoß annehmen können.
Allerdings kann man dabei noch nicht stehenbleiben: § 817 S. 2 BGB ist Vorschrift mit Strafcharakter. Ein solcher Strafcharakter ist dem Zivilrecht eigentlich fremd. Deshalb ist § 817 S. 2 BGB nach der Rspr. des BGH sehr restriktiv auszulegen. Damit ist gerade bei ihrer Auslegung weiter Raum für die Billigkeitserwägungen, die das Bereicherungsrecht insgesamt prägen. Außerdem ist die Norm teleologisch dann zu reduzieren, wenn ihre Anwendung die gesetzeswidrige Vermögenslage gerade dadurch perpetuiert, dass sie eine Rückabwicklung ausschließt.
Daran anknüpfend hält der BGH (NJW 1990, 2542) in den Schwarzarbeitsfällen eine Berufung des Werkbestellers auf § 817 S. 2 BGB  hinsichtlich des Werklohns  für treuwidrig und damit gem. § 242 BGB ausgeschlossen. Ansonsten fielen die negativen Folgen des Gesetzesverstoßes allein dem vorleistenden Schwarzarbeiter zu Lasten – obwohl beide Seiten gegen das Gesetz verstoßen hätten. Ihm das Vorleistungsrisiko allein aufzubürden widerspräche den Grundsätzen von Treu und Glauben. Ohnehin sei der Schwarzarbeiter meist der wirtschaftliche schwächere Part und daher eher schutzwürdig. Außerdem drohen ausreichende steuer-, sozialversicherungs- und strafrechtliche Konsequenzen. Deshalb sei es zur Durchsetzung der Ziele des Gesetzes nicht geboten, dass sich der Werkunternehmer dem Risiko ausgesetzt sehen müsste, ohne Vergütung gearbeitet zu haben.
In der Entscheidung NJW 1990, 2542 argumentierte der BGH außerdem noch damit, dass bereits der Ausschluss vertraglicher Ansprüche, insbesondere der Aussschluss der Mängelgewährleistung genügten, um abzuschrecken. Ob es dabei bleibt, ist allerdings etwas unklar geworden – dazu sogleich.
Die hL dagegen (vgl. MüKoBGB/Schwab, § 817 Rn. 24 m. Nachweisen; umfangreich in jüngerer Zeit Armgardt NJW 2006, 2070, 2073) hält im den Fällen der Schwarzarbeit die Anwendung des § 242 BGB für nicht geboten; sie widerspreche vor allem dem Zweck des SchwarzArbG. Dieses wolle gerade die Schwarzarbeit austrocknen, indem ihr die wirtschaftliche Grundlage entzogen werde. Über den Bereicherungsausgleich nach § 818 Abs. 1, 2 BGB erhalte der Schwarzarbeiter jedoch letztlich den Marktwert seiner Arbeit zurück.
Das weitere Argument, von der Rspr. des BGH gehe letztlich ein Anreiz zur Schwarzarbeit aus, weil der objektive Wert der Arbeit sogar regelmäßig höher anzusetzen sei als der vereinbarte „Schwarzpreis“, ist eher unzutreffend: Der objektive Wert von Schwarzarbeit ist geringer – etwa wegen des Fehlens von Gewährleistungsrechten – als der „weißer“ Arbeit.
Entscheidet man sich mit der Rspr. ist noch der Umfang des Anspruchs gem. § 818 BGB zu ermitteln. Da die Werkleistung zumeist nicht zurückgewährt werden kann, ist nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten. Zu Grunde zu legen ist der „objektive Wert“ von Schwarzarbeit. In der Praxis wird der aus den Marktpreisen abzüglich eines Abschlages von 15-20% für den Wegfall von Gewährleistungsrechten usw. gebildet.
Eine andere Frage ist, inwieweit feststehende Mängel des Werkes bei der Wertberechnung Beachtung finden können. Ihre Berücksichtigung könnte man mit dem Argument ablehnen, dadurch würde eine Art „Mängelgewährleistung durch die Hintertür“ eingeführt. Tatsächlich würden dadurch die Auswirkungen der Nichtigkeit des Vertrages weiter reduziert. Dennoch lässt die Rspr. auch diesen Abzug zu. Dem ist aus ihrer Warte zuzustimmen, denn letztlich kommt es nach § 818 Abs. 2 BGB auf den objektiven Wert an – und der richtet sich sehr wohl danach, ob die Leistung mangelhaft ist oder nicht (vgl. BGH NJW 1990, 2542). Da es außerdem um nur Geldersatz geht, besteht durchaus noch ein Unterschied zur Mängelgewährleistung nach §§ 634ff. BGB – insbesondere kann der Schwarzarbeiter nicht nacherfüllen.
4. Aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB
Der Anspruch ist dem Grunde nach gegeben, da durch die Nichtigkeit des Werkvertrages kein rechtlicher Grund für die Leistungen des Werkunternehmers vorliegt.
Dieser Anspruch könnte jedoch gem. § 814 BGB ausgeschlossen sein. Voraussetzung dafür ist, dass der Leistungede bei der Leistung wußte, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Dies wäre der Fall, wenn der Werkunternehmer wußte, dass der Werkvertrag gem. § 134 BGB nichtig war. Erforderlich ist hierfür positive Rechtsfolgenkenntnis. Diese wird man regelmäßig nicht unterstellen können. Außerdem passt § 814 BGB auch dem Sinn und Zweck nach nicht, denn er soll widersprüchliches Verhalten verhindern. Da zum Zeitpunkt der Leistung der Leistende aber tatsächlich den – wenn auch nichtigen – Vertrag durchführen wollte, ist ihm kein widersprüchliches Verhalten vorzuwerfen.
Auch auf die Kondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ist § 817 S. 2 BGB anwendbar. Hier gelten die obigen Ausführungen.
III. „Mängelgewährleistungsrechte“ des Werkbestellers?
Interessant ist die umgekehrte Konstellation: Der Werkunternehmer hat geleistet, der Werkbesteller hat bezahlt – und dann zeigen sich Mängel an dem Werk. Kann der Werkbesteller dann Mängelgewährleistungsrechte geltend machen?
1. Ansprüche  aus §§ 634ff. BGB
Die Geltendmachung vertraglicher Mängelgewährleistungsrechte muss regelmäßig ausscheiden, soweit der gesamte Vertrag gem. § 134 BGB nichtig ist. Denn ansonsten würde tatsächlich die Wertung des SchwarzArbG leer laufen – auf die Nichtigkeit des Vertrages könnte man dann ebensogut verzichten.
Anders ist dies nur im Falle der „Ohne-Rechnung-Abrede“  nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG. Diese führte jedenfalls nach der bisherigen Rspr. zur Nichtigkeit nur der Abrede gem. § 134 BGB. Auch nur soweit reicht dann die Sperrwirkung des SchwarzArbG. Der BGH führt aus:

„Diesen Bedenken kommt jedenfalls hier keine entscheidende Bedeutung zu. Denn gegen ein gesetzliches Verbot i.S. des § 134 BGB verstößt allein die Ohne-Rechnung-Abrede, nicht aber der Bauvertrag als solcher ohne diese Abrede. Seine Nichtigkeit folgt nicht unmittelbar aus § 134 BGB, sondern gegebenenfalls aus der Anwendung von § 139 BGB. Diese Vorschrift enthält dispositives Recht; die in ihr vorgesehene Gesamtnichtigkeit kann abbedungen werden“(NJW-RR 2008, 1050 Rn. 14).

Wenn sich der Werkunternehmer dann aber auf die Gesamtnichtigkeit des Vertrages gem. § 139 BGB zu beruft, handelt er wegen der besonderen Interessenlage der Parteien treuwidrig. Ihm ist die Berufung auf die Nichtigkeit daher gem. § 242 BGB abgeschnitten.

„Ist die erbrachte Bauleistung mangelhaft, ist daher das Eigentum des Bestellers mit den hieraus folgenden Nachteilen nachhaltig belastet, die durch schlichte Rückabwicklung des Bauvertrags regelmäßig nicht wirtschaftlich sinnvoll zu beseitigen sind; der Besteller wird daher das mangelhafte Werk typischerweise behalten. Diese Belastungssituation führt dann zu einem besonderen Interesse des Bestellers an vertraglichen, auf die Beseitigung des Mangels gerichteten Gewährleistungsrechten, die bei einer Nichtigkeit des gesamten Bauvertrags entfallen würden.
Für den Unternehmer liegt diese spezifische Interessenlage des Bestellers der Bauleistung offen zu Tage. […] der Unternehmer hat in Kenntnis dieser Abrede und der dargestellten Interessenlage den Vertrag durchgeführt, sozusagen „ins Werk gesetzt”, und seine Bauleistung erbracht. Er setzt sich in dieser von ihm maßgeblich mitverursachten Situation unter Verstoß gegen Treu und Glauben in Widerspruch zu seinem bisher auf Erfüllung des Vertrags gerichteten Verhalten, wenn er nunmehr unter Missachtung der besonderen Interessen seines Vertragspartners die Ohne-Rechnung-Abrede, die regelmäßig auch seinem eigenen gesetzwidrigen Vorteil dienen sollte, zum Anlass nimmt, für die Mangelhaftigkeit seiner Leistung nicht einstehen zu wollen mit der Folge, dass der Besteller unter Beeinträchtigung seines Eigentums dauerhaft mit den Mangelfolgen belastet bleibt.“  (BGH NJW-RR 2008, 1050 Rn. 16f.)

Es ist nicht anzunehmen, dass damit der BGH die gesamte Rechtsprechung zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages nach § 134 BGB i.V.m. den anderen Nummern des SchwarzArbG ändern wollte. Denn der BGH betont, dass für die „geltungserhaltende Reduktion“ des Werkvertrages nur Raum ist, weil es um die abdingbare Nichtigkeitsfolge nach § 139 BGB, nicht aber um die zwingende Nichtigkeit gem. § 134 BGB, geht (Rn. 14).
2. Aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB
Ein Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB scheidet schon deshalb aus, weil es nicht um eine vorvertragliche Pflichtverletzung geht, sondern um die Schlechterfüllung eines nichtigen Vertrages. Der nach § 134 BGB nichtige Vertrag darf nicht durch die Ausdehnung (der trotzdem bestehenden) vorvertraglichen Pflichten ersetzt werden.
3. Aus §§ 670, 683 S. 1, 677 BGB
Nach richtiger Ansicht fehlt es bei der Erfüllung eines nichtigen Vertrages am Fremdgeschäftsführungswillen. Mithin liegt keine GoA vor.
Konstruktiv ist es auch möglich mit der Rspr. einen Fall der berechtigen GoA anzunehmen. Im Rahmen dieser haftet der Geschäftsführer für Pflichtverletzungen gem. § 280 Abs. 1 BGB. Auch dieser Anspruch muss aber auch nach der Rspr. jedenfalls wegen der vorrangigen Wertungen des § 134 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 SchwarzArbG ausscheiden.
4. § 823 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BGB
Im Einzelfall kann es denkbar sein, dass eine mangelhafte Werkleistung auch den Tatbestand der Eigentumsverletzung erfüllt. Das wird allerdings die Ausnahme sein: Soweit das Werk als solches übereignet wurde, geht es allenfalls um „Weiterfresserschäden“. Soweit der Werkunternehmer jedoch an einer im Eigentum des Werkbestellers stehenden Sache arbeitet, kann man vertreten, dass die Einwilligung hierzu nur unter dem Vorbehalt des Arbeitens lege artis erfolgt (vgl. BGH NJW 1984, 1397).  Soweit also die Sache durch die Werkleistung gegenüber dem vorherigen Zustand verschlechtert wird, könnte man tatbestandlich eine Eigentumsverletzung bejahen.
Auch insofern muss aber der Tatbestand des § 823 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BGB ausscheiden, weil es sonst zu einem Mängelgewährleistungsrecht „durch die Hintertür“ kommt, denn insofern steht § 823 Abs. 1 BGB neben §§ 280 Abs. 1, 634 Nr. 3, 633 ggf. i.V.m. 241 Abs. 2 BGB.
4. Aus § 817 S. 1 BGB
Der Werkbesteller könnte jedoch einen Anspruch auf Rückerstattung jedenfalls eines Teil des gezahlten Werklohns gem. § 817 S. 1 BGB haben. Auch der Werklohn stellt eine Leistung dar, durch deren Empfang der gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Die Geldleistung als solche ist zwar sittlich neutral, aber sie dient zur Erfüllung eines Rechtsgeschäfts, das einen Verstoß beider Parteien gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne des  § 134 BGB darstellt.
Einer Kondiktion steht § 814 BGB nicht entgegen, da diese Norm nicht auf § 817 S. 1 BGB anwendbar ist. Auch hier könnte die Kondiktion aber gem. § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen sein. Hier lässt sich wieder ähnlich argumentieren wie oben – es geht um eine Abwägung zwischen Abschreckungswirkung und unbilliger Benachteiligung einer Seite. Genügt es, wenn dem Werkbesteller seine Rechte auf Nacherfüllung und Schadensersatz genommen werden oder muss er den vollen „Schaden“ tragen, wenn das Werk mangelhaft ist?
Letztlich geht es wieder um die Frage „Gewährleistungsrechte durch die Hintertür“ oder nicht? Im Unterschied zum umgekehrten Fall – der Werkunternehmer klagt seinen „Werklohn“ ein – ist die wirtschaftliche Belastung nicht ganz so eindeutig auf einer Seite. Der Werkbesteller bekommt zwar keine Mängelrechte, hat aber immerhin ein wenn auch mangelhaftes Werk und damit irgendeinen Gegenwert. Deshalb kann man daher gut vertreten, dass es zumindest für ihn keinen weiteren Ausgleich gibt – denn das Fehlen von Mängelgewährleistungsrechten ist gleichzeitig ein starker Anreiz, keine Schwarzarbeit in Auftrag zu geben.
Letztlich aber ist das deshalb M.E. nicht recht überzeugend, weil die Rspr. dem Anspruch des Werkunternehmers auf Wertersatz für seine Leistung auch Mängel der Arbeit in Abzug bringt. Dann ist es nur konsequent dem Werkbesteller, der bereits gezahlt hat, einen entsprechenden Rückerstattungsanpruch zu geben. Denn sonst hinge es nur vom Zufall ab, ob er einen Mängelabzug geltend machen könnte oder nicht.
Außerdem ist das Argument, er müsste in Vorleistung treten, bei der Mängelgewährleistung auch zu seinen Gunsten anzuwenden – denn dafür muss er in Vorleistung treten.
Dogmatisch ist allerdings folgende Begründung zu wählen: Der Anspruch auf Rückerstattung des Werklohns aus § 817 S. 1 BGB entsteht zunächst in voller Höhe, ist aber von Amts wegen mit dem Gegenanspruch des Werkunternehmers auf den Wert seiner Werkleistung aus §§ 817 S. 1, 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zu saldieren (Saldotheorie). Damit bleibt dann der Minderwert als auszukehrender Betrag übrig.
5. Aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB
Entsprechend ist dann auch ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB gegeben. Zu § 814 schon s. oben.

26.03.2012/10 Kommentare/von Dr. Johannes Traut
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Johannes Traut https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Johannes Traut2012-03-26 16:49:112012-03-26 16:49:11„Schwarzarbeit“ – ein Examensklassiker

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