Die Problematiken rund um die so genannte „Schwarzarbeit“ sind im Examen ein Klassiker im Zivilrecht. Die kommerziellen Repetitorien haben entsprechend in ihrem Kurzprogramm jeweils einen oder mehrere „Schwarzarbeitsfälle“ – bei Hemmer wird die Problematik etwa auf insgesamt 18 Druckseiten ausgebreitet. Dieser Artikel versucht die Problematik etwas knapper, aber ebenso umfassend zu behandeln.
Dabei folgen die Klausuren meist dem gleichen Muster: Ein Vertrag ist gem. § 134 i.V.m. § 1 Abs. 2 SchwarzArbG nichtig. Welche gesetzlichen „Ersatzansprüche“ für Werklohn bzw. Mängelgewährleistung bestehen?
I. Tatbestand der Schwarzarbeit
Der Begriff der „Schwarzarbeit“ wird in § 1 Abs. 2 SchwarzArbG (Schönfelder Ergänzungsband 94b) definiert.
§ 1 SchwarzArbG: Zweck des Gesetzes
(2) Schwarzarbeit leistet, wer Dienst- oder Werkleistungen erbringt oder ausführen lässt und dabei
- 1.als Arbeitgeber, Unternehmer oder versicherungspflichtiger Selbstständiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden sozialversicherungsrechtlichen Melde-, Beitrags- oder Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt,
- 2.als Steuerpflichtiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt,
- 3.als Empfänger von Sozialleistungen seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden Mitteilungspflichten gegenüber dem Sozialleistungsträger nicht erfüllt,
- 4.als Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen seiner sich daraus ergebenden Verpflichtung zur Anzeige vom Beginn des selbstständigen Betriebes eines stehenden Gewerbes (§ 14 der Gewerbeordnung) nicht nachgekommen ist oder die erforderliche Reisegewerbekarte (§ 55 der Gewerbeordnung) nicht erworben hat,
- 5.als Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen ein zulassungspflichtiges Handwerk als stehendes Gewerbe selbstständig betreibt, ohne in der Handwerksrolle eingetragen zu sein (§ 1 der Handwerksordnung).
Es ist also zwischen fünf verschiedenen Fällen der Schwarzarbeit zu unterscheiden; häufig wird mehr als ein Tatbestandsmerkmal erfüllt sein. Im Einzelnen sind nach § 1 Abs. 2 Schwarzarbeit:
- Nr. 1: Hier geht es um zunächst um die Fallkonstellation, die der Schwarzarbeit ihren Namen gegeben hat, d.h. die Beschäftigung eines Arbeitnehmers durch einen Arbeitgeber ohne sozialversicherungsrechtliche Anmeldung (§§ 28a, 28e, 28f SGB IV, §§ 165, 192 SGB VII). Dabei geht die Nr. 1 in ihrem Anwendungsbereich noch deutlich über den Fall des „Schwarzarbeitnehmers“ hinaus: Unternehmer ist im weiten sozialversicherungsrechtlichen Sinne zu verstehen, womit auch private Hauseigentümer bei Arbeiten an ihrem Eigenheim „Unternehmer“ sein können. Wer etwa ein Eigenheim durch einen gerade arbeitlosen, befreundeten Maurergesellsen gegen Entgelt errichten lässt, ist auch Unternehmer im Sinne der Vorschrift. Detaillierte Kenntnisse der sozialversicherungsrechtlichen Lage werden im Examen aber nicht erwartet. Es ist deshalb unwahrscheinlich, dass diese Konstellation geprüft wird.
- Nr. 2: Das ist die „Steuerhinterziehung“ bei der Erbringung einer Dienst- oder Werkleistung. Der klassische Fall ist der Handwerker, der sich am Wochenende etwas „ohne Rechnung“ nebenher verdient. In einem solchen Fall kann gleichzeitig auch noch ein Verstoß gegen Nr. 4 oder 5 durch den Handwerker vorliegen, wenn er nicht als Gewerbtreibender oder in der Handwerksrolle eingetragen ist. Letzteres ist häufig der Fall, wenn er abhängig bei einem Unternehmen beschäftigt ist und privat noch etwas nebenher verdienen möchte. Hier besteht ein Konkurrenzverhältnis zu steuerrechtlichen Normen, §§ 1, 13, 13a UStG, §§ 1, 15 EStG. Auch diese sind nicht Examensstoff.
- Nr. 3: Selbsterklärend; der Hartz-IV Empfänger, der sich etwas dazu verdient und das der Arbeitsagentur nicht meldet. Untechnisches Stichwort: „Sozialversicherungsbetrug“.
- Nr. 4 und 5: Hier geht es um die gewerbe- bzw. handwerksrechtlichen Meldepflichten des Dienst- oder Werkleistenden. Typisch ist insofern ein Verstoß durch den angestellten Handwerker, der nebenher schwarz arbeitet (s. Nr. 2).
In der Klausur werden allerdings regelmäßig nur einige der hier genannten Nummern gefragt sein. Das ergibt sich meist schon daraus, dass in der Klausur ein Auszug des SchwarzArbG abgedruckt wird. Dann möchte der Klausurersteller, dass die Bearbeiter auch nur die dort wiedergegebenen Nummer prüfen, auch wenn im Examen der Ergänzungsband mit dem gesamten Text zur Verfügung steht.
II. Nichtigkeit nach § 134 BGB / §§ 139, 134 BGB
Als Rechtsfolge sieht das SchwarzArbG selbst Bußgelder- und Strafbestimmungen (§§ 8ff.) sowie ein verwaltungsrechtliches Überprüfungsverfahren (§§2ff.) vor. Die wichtigsten straf- bzw. ordnungswidrigkeitsrechtlichen Folgen ergeben sich allerdings aus anderen Gesetzen, etwa für Nr. 2 aus § 370 AO (Straftatbestand der Steuerhinterziehung). Nach diesen Tatbeständen wird allerdings im Examen – soweit ersichtlich – nie gefragt; es geht stets um die zivilrechtlichen Folgen von „Schwarzarbeit“. Thema ist dann, ob auf eine Vereinbarung, wonach Dienst- oder Werkleistungen gegen eine „schwarze“ Vergütung erbracht werden sollen, Ansprüche gestützt werden können. Die Auswirkungen auf zivilrechtliche Ansprüche regelt das SchwarzArbG nicht selbst; es bedarf dazu des Rückgriffs auf zivilrrechtliche Scharniernormen wie den § 134 BGB.
In der Prüfung zivilrechtlicher Ansprüche wird das SchwarzArbG zunächst im Hinblick auf die Wirksamkeit von Verträgen eine Rolle spielen. Zentrale Norm ist § 134 BGB, der folgendermaßen zu prüfen ist:
1. Feststellung eines Verstoßes
Zunächst ist wichtig, den Tatbestand des SchwarzArbG zu subsumieren. Vorzugsweise sollte man hier sämtliche in Betracht kommende Tatbestände nennen, was allerdings bei der Nr. 1 wegen der Verweisung ins Sozialrecht Schwierigkeiten bereiten kann. Beachte auch, dass der bloße Abschluß eines Rechtsgeschäfts den Tatbestand streng genommen noch nicht erfüllt, weil zu diesem Zeitpunkt der Verstoß gegen Meldepflichten noch nicht feststeht. Außerdem stellt die Norm auf die Ausführung der Arbeiten ab. Deshalb sollte man die Formulierung wählen, dass der Vertrag darauf abzielt, gegen die Vorschriften zu verstoßen.
2. Verbotsgesetz
Es ist klarzustellen, dass das SchwarzArbG ein „Gesetz“ (jede Rechtsnorm) im Sinne des Art. 2 EGBGB ist. Sodann ist durch Auslegung zu ermitteln, ob es auch ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB ist. Nicht jede Norm, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäfts verbietet, ist auch ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB. Vielmehr muss die Norm sich auch gerade gegen die zivilrechtliche Wirksamkeit des Geschäftes richten, also seinen wirtschaftlichen Erfolg verhindern wollen.
Insofern ist zunächst zwischen einem einseitigen und einem beidseitigem Verstoß zu differenzieren. Ein Verstoß des Handwerkers etwa gegen die Nr. 4 wird für den Auftraggeber nicht notwendigerweise zu erkennen sein; in diesem Fall ist er schutzwürdig und Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot kommt nicht in Betracht. Allgemein wird man im Zweifel bei einseitigen Verstößen deshalb keine Nichtigkeit annehmen können (BGH NJW 2000, 1186, 1187).
Anders etwa bei dem „Arzt ohne Approbation“, BAG NZA 2005, 1409, weil hier der Schutz der Öffentlichkeit und des ahnungslosen Arbeitgebers für eine Nichtigkeit streiten). In einem so extremen Fall wie bei dem Arzt ohne Approbation ist sogar eine Nichtigkeit denkbar, die den Interessen des „unschuldigen“ Vertragspartners nicht entspricht, weil die Interessen der Öffentlichkeit vorgehen können. Letztlich kommt es darauf an, ob der Zweck des Verbotes auch die Nichtigkeit bei einem einseitigen Verbot erfodert (vgl. BeckOK-BGB/Wendtland, § 134 Rn. 11).
Bei einem beiderseitigen Verstoß ist eher die Nichtigkeit anzunehmen, aber auch hier bedarf es noch der Auslegung, ob diese gewollt ist. Ein Indiz dafür, dass die Rechtsordnung einem verbotswidrigen Rechtsgeschäft die Wirksamkeit versagen möchte ist etwa die Existenz beiderseitiger Bußgeld- oder Strafvorschriften (BGHZ 85, 89). Das ist der Fall beim SchwarzArbG.
Zu beachten ist dabei: Natürlich kann der Auftraggeber gar nicht gegen die handwerklichen Meldepflichten verstoßen, weil sie ihn nicht treffen. Ein beiderseitiger Verstoß in diesem Sinne liegt daher bereits dann vor, wenn beide Parteien der Verstoß einer Partei gegen die Pflichten wollen.
Für die einzelnen Tatbestände des SchwarzArbG ist im Hinblick auf die Rechtsfolge zu unterscheiden:
- Ein beiderseitiger Verstoß gegen die Nr. 1 , 3, 4, 5 führt nach der Rechtsprechung insgesamt zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts. Zur Begründung verweist die Rspr. auf die beiderseitigen Bußgeld- und Strafbestimmungen des SchwarzArbG. Außerdem – und das ist das entscheidende Argument – kann die Schwarzarbeit ansonsten nicht effektiv bekämpft werden (BGH NJW 1983, 109). Erst die Gefahr, dass die wirtschaftlichen Interessen der Parteien nicht von der Rechtsordnung geschützt werden, setzt einen ausreichenden Anreiz, Verstöße zu unterlassen. Wie weit allerdings die Interessen der Beteiligten von der Rechtsordnung im Ergebnis geschützt werden, hängt davon ab, ob man gesetzliche Ansprüche trotz der Nichtigkeit nach § 134 BGB bestehen lässt – dazu später.
- Schwieriger ist die Rechtslage bei der Nr. 2. Diese ist 2004 in das SchwarzArbG eingefügt worden. Nach der bis dahin bestehenden Rechtsprechung machte eine „Ohne-Rechnung-Abrede“ einen Werk- oder Dienstvertrag nicht insgesamt nichtig, so lange die Steuerhinterziehung / Verkürzung nicht der Hauptzweck des Vertrages war. Nichtig war vielmer nur die Ohne-Rechnung-Abrede nach § 138 Abs. 1 BGB, während das Schicksal des übrigen Vertrages sich nach § 139 BGB richtete. Dessen Vermutung für die Nichtigkeit war nach Ansicht der Rechtsprechung grundsätzlich widerlegt, da die Parteien den Vertrag als solchen wollten. Im Ergebnis bestand bei bloßer „Steuerhinterziehung“ also das Rechtsgeschäft weiter (BGH NJW 2003, 2742). An dieser Rechtslage scheint die Rechtsprechung auch nach der Schaffung des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG festhalten zu wollen. Jedenfalls hat der BGH noch 2008 entschieden, dass nur die ohne Rechnung Abrede nach „§§ 134, 138 BGB“ nichtig sein soll (NJW-RR 2008, 1050 = JuS 2008, 932). Diese Rspr. bezieht sich jedoch auf die Rechtslage vor 2004 und ist daher nicht notwendigerweise auf den Fall des § 1 Abs. 1 Nr. 2 SchwarzArbG zu übertragen. Hier ist letztlich vieles ungeklärt. In der Literatur wird vorgeschlagen, (beiderseitige) Fälle des § 1 Abs. 1 Nr. 2 SchwarzArbG ebenso zu behandeln wie die Fälle der Nr. 1,3, 4 und 5 (Bosch, NJOZ 2008, 3044; wohl auch Popescu, Majer NZBau 2008, 424). Nach anderer Ansicht (Stamm, NZBau 2009, 78) ist für die einzelnen Fälle des SchwarzArbG ohnehin zu differenzieren. Herrschend ist wohl erstgenannte Ansicht. Für sie streitet das Argument, dass sich aus dem Wortlaut der SchwarArbG kein Grund für eine Differenzierung ergibt. Insofern besteht eine Vermutung für eine einheitliche Auslegung. Für die Klausur hat dies auch den Vorteil, dass dann die Diskussion nur einmal geführt werden muss. Andererseits wird es darauf im Ergebnis ohnehin nicht ankommen, weil der Gesamtvertrag dann meist nach § 139 BGB nichtig sein wird – dazu sogleich.
- Kommt man im Falle der Nr. 2 dagegen zur Teilnichtigkeit nur der „Ohne-Rechnungs-Abrede“, so stellt sich die Frage, ob das Rechtgeschäft im Übrigen wirksam bleibt. Das richtet sich nach § 139 BGB. Die gesetzliche Vermutung für die Gesamtnichtigkeit („wenn nicht anzunehmen ist..“) müsste widerlegt worden sein. Das ist nach der neueren BGH-Rechtsprechung unwahrscheinlich. Der BGH führte aus: „Dem BerGer. ist darin beizupflichten, dass auch beim Werkvertrag Gesamtnichtigkeit nur dann nicht eintritt, wenn angenommen werden kann, dass ohne die Ohne-Rechnung-Abrede bei ordnungsgemäßer Rechnungslegung und Steuerabführung der Vertrag zu denselben Konditionen, insbesondere mit derselben Vergütungsregelung, abgeschlossen worden wäre.“ (BGH NJW-RR 2008, 1050 Rn. 10).
II. Im Falle der Nichtigkeit: Ansprüche des Werkunternehmes auf Lohn
Kommt man nur Nichtigkeit des Vertrags, so muss man weiterprüfen: Hier gilt dann, dass ein Schwarzarbeitsfall zu einer Vielzahl gesetzlicher Ansprüche führt, die sämtlich zu prüfen, aber meist zu verneinen sind: Es gilt stets der Grundsatz, dass die Wertung des SchwarzArbG, wonach der wirtschaftliche Erfolg des Rechtsgeschäfts nicht gewollt ist, nicht unterlaufen werden darf. Eine mögliche Ausnahme besteht im Bereicherungsrecht.
1. Aus § 631 Abs. 1 BGB
Dieser Anspruch scheitert an der Nichtigkeit des Werkvertrages gem. § 134 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 SchwarzArbG (andere Ansicht hinsichtlich Nr. 2 vertretbar, dort muss man dann die Frage der Teilnichtigkeit stellen. Bejaht man Gesamtnichtigkeit, geht es hier weiter.).
2. Aus §§ 670, 683 S. 1, 677 BGB
Ein Anspruch des Werkunternehmers auf Zahlung von Werklohn könnte sich aus §§ 670, 683 S. 1, 677 BGB ergeben.
Der Werkunternehmer betreibt ein zumindest auch-fremdes Geschäft, einerseits handelt er im eigenen Rechtskreis, weil er eine eigene Verbindlichkeit erfüllen möchte, andererseits ist die Vornahme eines Werkes (die Reparatur) an einer Sache Angelegenheit des Eigentümers (überlicherweise der Werkbesteller) und fällt daher auch in dessen Rechtskreis. Zu dieser Geschäftsführung ist der Werkunternehmer auch nicht beauftragt worden, da der geschlossene Werkvertrag nichtig ist. Fraglich ist aber, ob er das Geschäft auch für einen anderen führen wollte – die Vorschriften der §§ 677 bis 686 BGB finden keine Anwendung, wenn jemand ein fremdes Geschäft in der Meinng besorgt, dass es sein eigenes sei, § 687 Abs. 1 BGB. Vorliegend war die Motivation des Werkunternehmers, eine eigene vertragliche Verpflichtung zu erfüllen. Daher handelte er mit dem Willen, ein eigenes Geschäft zu führen. Die §§ 677ff. BGB sind daher nicht anwendbar. Damit scheiden auch andere Ansprüche aus GoA, etwa §§ 684 S. 1, 818, 677 BGB, aus.
Diese Lösung folgt der hL. Die Rspr. dagegen vermutet auch bei Vorliegen eines auch-fremden Geschäfts einen Fremdgeschäftsführungwillen. Dieser sei auch in den Fällen, in denen zur Erfüllung einer unerkannt unwirksamen vertraglichen Verpflichtung gehandelt werde, nicht widerlegt. Entsprechend kommt sie zur grundsätzlichen Anwendbarkeit der GoA, dann ist zu prüfen, ob die Geschäftsführung dem Willen bzw. dem Interesse des Auftraggebers entsprach. Auch das wird sich zumeist bejahen lassen.
In BGH NJW 1983, 109 hielt der BGH erst die gemachten Aufwendungen für objektiv nicht „erforderlich“. Später prüfte und bejahte der BGH aber einen Anspruch auf Ausgleich aus § 812 BGB. Das freilich ist dogmatisch unvertretbar – nimmt man im Grundsatz das Vorliegen einer GoA an, stellt diese einen Rechtsgrund für die Leistung des Werkunternehmers dar und sperrt einen Ausgleich nach § 812 BGB.
Noch aus einem anderen Grund ist die Lösung der Rechtsprechung abzulehnen: Die weitreichende Vermutung eines Fremdgeschäftsführungswillens macht aus der GoA letztlich ein reines Billigkeitsinstrument (vgl. Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, Rn. 412), das in seinem Anwendungsbereich uferlos wird und daher kaum noch mit vorhersehbaren Ergebnissen anwendbar ist. Insbesondere die Anwendung zur „Rückabwicklung“ nichtiger Vertragsverhältnisese ist zu kritisieren – denn es entspricht ja gerade der Wertungen der Rechtsgeschäftslehre, dass in diesen Fällen keine vertraglichen Ansprüche bestehen sollen. In jüngerer Zeit wird allerdings auch die Rspr. vorsichtiger, vgl. Thole, NJW 2010, 1243.)
3. Aus § 817 S. 1 BGB
Ein Anspruch des Werkunternehmers auf Zahlung des Werklohns könnte sich jedoch aus § 817 S. 1 BGB ergeben. Dass ist der Fall, wenn der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt war, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat. Vorliegend hat der Werkbesteller die Werkleistung – in Form einer Dienstleistung – des Werkunternehmers und damit etwas im Sinne des Tatbestandes erlangt. Dies geschah auch als bewußte und zweckgerichtete Mehrung des Vermögens des Werkbestellers durch den Werkunternehmers, mithin als Leistung dieses an jenen. Zuletzt hat der Werkunternehmer durch den Empfang der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen.
Der Anspruch ist auch nicht auf § 814 BGB ausgeschlossen, da dieser auf die Kondiktion nach § 817 S. 1 BGB nicht anwendbar ist. Allerdings könnte er gem. § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen sein. Das wäre der Fall, wenn der Leistende gleichfalls gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hätte. Auch das wird man bei einem beidseitigen Verstoß annehmen können.
Allerdings kann man dabei noch nicht stehenbleiben: § 817 S. 2 BGB ist Vorschrift mit Strafcharakter. Ein solcher Strafcharakter ist dem Zivilrecht eigentlich fremd. Deshalb ist § 817 S. 2 BGB nach der Rspr. des BGH sehr restriktiv auszulegen. Damit ist gerade bei ihrer Auslegung weiter Raum für die Billigkeitserwägungen, die das Bereicherungsrecht insgesamt prägen. Außerdem ist die Norm teleologisch dann zu reduzieren, wenn ihre Anwendung die gesetzeswidrige Vermögenslage gerade dadurch perpetuiert, dass sie eine Rückabwicklung ausschließt.
Daran anknüpfend hält der BGH (NJW 1990, 2542) in den Schwarzarbeitsfällen eine Berufung des Werkbestellers auf § 817 S. 2 BGB hinsichtlich des Werklohns für treuwidrig und damit gem. § 242 BGB ausgeschlossen. Ansonsten fielen die negativen Folgen des Gesetzesverstoßes allein dem vorleistenden Schwarzarbeiter zu Lasten – obwohl beide Seiten gegen das Gesetz verstoßen hätten. Ihm das Vorleistungsrisiko allein aufzubürden widerspräche den Grundsätzen von Treu und Glauben. Ohnehin sei der Schwarzarbeiter meist der wirtschaftliche schwächere Part und daher eher schutzwürdig. Außerdem drohen ausreichende steuer-, sozialversicherungs- und strafrechtliche Konsequenzen. Deshalb sei es zur Durchsetzung der Ziele des Gesetzes nicht geboten, dass sich der Werkunternehmer dem Risiko ausgesetzt sehen müsste, ohne Vergütung gearbeitet zu haben.
In der Entscheidung NJW 1990, 2542 argumentierte der BGH außerdem noch damit, dass bereits der Ausschluss vertraglicher Ansprüche, insbesondere der Aussschluss der Mängelgewährleistung genügten, um abzuschrecken. Ob es dabei bleibt, ist allerdings etwas unklar geworden – dazu sogleich.
Die hL dagegen (vgl. MüKoBGB/Schwab, § 817 Rn. 24 m. Nachweisen; umfangreich in jüngerer Zeit Armgardt NJW 2006, 2070, 2073) hält im den Fällen der Schwarzarbeit die Anwendung des § 242 BGB für nicht geboten; sie widerspreche vor allem dem Zweck des SchwarzArbG. Dieses wolle gerade die Schwarzarbeit austrocknen, indem ihr die wirtschaftliche Grundlage entzogen werde. Über den Bereicherungsausgleich nach § 818 Abs. 1, 2 BGB erhalte der Schwarzarbeiter jedoch letztlich den Marktwert seiner Arbeit zurück.
Das weitere Argument, von der Rspr. des BGH gehe letztlich ein Anreiz zur Schwarzarbeit aus, weil der objektive Wert der Arbeit sogar regelmäßig höher anzusetzen sei als der vereinbarte „Schwarzpreis“, ist eher unzutreffend: Der objektive Wert von Schwarzarbeit ist geringer – etwa wegen des Fehlens von Gewährleistungsrechten – als der „weißer“ Arbeit.
Entscheidet man sich mit der Rspr. ist noch der Umfang des Anspruchs gem. § 818 BGB zu ermitteln. Da die Werkleistung zumeist nicht zurückgewährt werden kann, ist nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten. Zu Grunde zu legen ist der „objektive Wert“ von Schwarzarbeit. In der Praxis wird der aus den Marktpreisen abzüglich eines Abschlages von 15-20% für den Wegfall von Gewährleistungsrechten usw. gebildet.
Eine andere Frage ist, inwieweit feststehende Mängel des Werkes bei der Wertberechnung Beachtung finden können. Ihre Berücksichtigung könnte man mit dem Argument ablehnen, dadurch würde eine Art „Mängelgewährleistung durch die Hintertür“ eingeführt. Tatsächlich würden dadurch die Auswirkungen der Nichtigkeit des Vertrages weiter reduziert. Dennoch lässt die Rspr. auch diesen Abzug zu. Dem ist aus ihrer Warte zuzustimmen, denn letztlich kommt es nach § 818 Abs. 2 BGB auf den objektiven Wert an – und der richtet sich sehr wohl danach, ob die Leistung mangelhaft ist oder nicht (vgl. BGH NJW 1990, 2542). Da es außerdem um nur Geldersatz geht, besteht durchaus noch ein Unterschied zur Mängelgewährleistung nach §§ 634ff. BGB – insbesondere kann der Schwarzarbeiter nicht nacherfüllen.
4. Aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB
Der Anspruch ist dem Grunde nach gegeben, da durch die Nichtigkeit des Werkvertrages kein rechtlicher Grund für die Leistungen des Werkunternehmers vorliegt.
Dieser Anspruch könnte jedoch gem. § 814 BGB ausgeschlossen sein. Voraussetzung dafür ist, dass der Leistungede bei der Leistung wußte, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Dies wäre der Fall, wenn der Werkunternehmer wußte, dass der Werkvertrag gem. § 134 BGB nichtig war. Erforderlich ist hierfür positive Rechtsfolgenkenntnis. Diese wird man regelmäßig nicht unterstellen können. Außerdem passt § 814 BGB auch dem Sinn und Zweck nach nicht, denn er soll widersprüchliches Verhalten verhindern. Da zum Zeitpunkt der Leistung der Leistende aber tatsächlich den – wenn auch nichtigen – Vertrag durchführen wollte, ist ihm kein widersprüchliches Verhalten vorzuwerfen.
Auch auf die Kondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ist § 817 S. 2 BGB anwendbar. Hier gelten die obigen Ausführungen.
III. „Mängelgewährleistungsrechte“ des Werkbestellers?
Interessant ist die umgekehrte Konstellation: Der Werkunternehmer hat geleistet, der Werkbesteller hat bezahlt – und dann zeigen sich Mängel an dem Werk. Kann der Werkbesteller dann Mängelgewährleistungsrechte geltend machen?
1. Ansprüche aus §§ 634ff. BGB
Die Geltendmachung vertraglicher Mängelgewährleistungsrechte muss regelmäßig ausscheiden, soweit der gesamte Vertrag gem. § 134 BGB nichtig ist. Denn ansonsten würde tatsächlich die Wertung des SchwarzArbG leer laufen – auf die Nichtigkeit des Vertrages könnte man dann ebensogut verzichten.
Anders ist dies nur im Falle der „Ohne-Rechnung-Abrede“ nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG. Diese führte jedenfalls nach der bisherigen Rspr. zur Nichtigkeit nur der Abrede gem. § 134 BGB. Auch nur soweit reicht dann die Sperrwirkung des SchwarzArbG. Der BGH führt aus:
„Diesen Bedenken kommt jedenfalls hier keine entscheidende Bedeutung zu. Denn gegen ein gesetzliches Verbot i.S. des § 134 BGB verstößt allein die Ohne-Rechnung-Abrede, nicht aber der Bauvertrag als solcher ohne diese Abrede. Seine Nichtigkeit folgt nicht unmittelbar aus § 134 BGB, sondern gegebenenfalls aus der Anwendung von § 139 BGB. Diese Vorschrift enthält dispositives Recht; die in ihr vorgesehene Gesamtnichtigkeit kann abbedungen werden“(NJW-RR 2008, 1050 Rn. 14).
Wenn sich der Werkunternehmer dann aber auf die Gesamtnichtigkeit des Vertrages gem. § 139 BGB zu beruft, handelt er wegen der besonderen Interessenlage der Parteien treuwidrig. Ihm ist die Berufung auf die Nichtigkeit daher gem. § 242 BGB abgeschnitten.
„Ist die erbrachte Bauleistung mangelhaft, ist daher das Eigentum des Bestellers mit den hieraus folgenden Nachteilen nachhaltig belastet, die durch schlichte Rückabwicklung des Bauvertrags regelmäßig nicht wirtschaftlich sinnvoll zu beseitigen sind; der Besteller wird daher das mangelhafte Werk typischerweise behalten. Diese Belastungssituation führt dann zu einem besonderen Interesse des Bestellers an vertraglichen, auf die Beseitigung des Mangels gerichteten Gewährleistungsrechten, die bei einer Nichtigkeit des gesamten Bauvertrags entfallen würden.
Für den Unternehmer liegt diese spezifische Interessenlage des Bestellers der Bauleistung offen zu Tage. […] der Unternehmer hat in Kenntnis dieser Abrede und der dargestellten Interessenlage den Vertrag durchgeführt, sozusagen „ins Werk gesetzt”, und seine Bauleistung erbracht. Er setzt sich in dieser von ihm maßgeblich mitverursachten Situation unter Verstoß gegen Treu und Glauben in Widerspruch zu seinem bisher auf Erfüllung des Vertrags gerichteten Verhalten, wenn er nunmehr unter Missachtung der besonderen Interessen seines Vertragspartners die Ohne-Rechnung-Abrede, die regelmäßig auch seinem eigenen gesetzwidrigen Vorteil dienen sollte, zum Anlass nimmt, für die Mangelhaftigkeit seiner Leistung nicht einstehen zu wollen mit der Folge, dass der Besteller unter Beeinträchtigung seines Eigentums dauerhaft mit den Mangelfolgen belastet bleibt.“ (BGH NJW-RR 2008, 1050 Rn. 16f.)
Es ist nicht anzunehmen, dass damit der BGH die gesamte Rechtsprechung zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages nach § 134 BGB i.V.m. den anderen Nummern des SchwarzArbG ändern wollte. Denn der BGH betont, dass für die „geltungserhaltende Reduktion“ des Werkvertrages nur Raum ist, weil es um die abdingbare Nichtigkeitsfolge nach § 139 BGB, nicht aber um die zwingende Nichtigkeit gem. § 134 BGB, geht (Rn. 14).
2. Aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB
Ein Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB scheidet schon deshalb aus, weil es nicht um eine vorvertragliche Pflichtverletzung geht, sondern um die Schlechterfüllung eines nichtigen Vertrages. Der nach § 134 BGB nichtige Vertrag darf nicht durch die Ausdehnung (der trotzdem bestehenden) vorvertraglichen Pflichten ersetzt werden.
3. Aus §§ 670, 683 S. 1, 677 BGB
Nach richtiger Ansicht fehlt es bei der Erfüllung eines nichtigen Vertrages am Fremdgeschäftsführungswillen. Mithin liegt keine GoA vor.
Konstruktiv ist es auch möglich mit der Rspr. einen Fall der berechtigen GoA anzunehmen. Im Rahmen dieser haftet der Geschäftsführer für Pflichtverletzungen gem. § 280 Abs. 1 BGB. Auch dieser Anspruch muss aber auch nach der Rspr. jedenfalls wegen der vorrangigen Wertungen des § 134 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 SchwarzArbG ausscheiden.
4. § 823 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BGB
Im Einzelfall kann es denkbar sein, dass eine mangelhafte Werkleistung auch den Tatbestand der Eigentumsverletzung erfüllt. Das wird allerdings die Ausnahme sein: Soweit das Werk als solches übereignet wurde, geht es allenfalls um „Weiterfresserschäden“. Soweit der Werkunternehmer jedoch an einer im Eigentum des Werkbestellers stehenden Sache arbeitet, kann man vertreten, dass die Einwilligung hierzu nur unter dem Vorbehalt des Arbeitens lege artis erfolgt (vgl. BGH NJW 1984, 1397). Soweit also die Sache durch die Werkleistung gegenüber dem vorherigen Zustand verschlechtert wird, könnte man tatbestandlich eine Eigentumsverletzung bejahen.
Auch insofern muss aber der Tatbestand des § 823 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BGB ausscheiden, weil es sonst zu einem Mängelgewährleistungsrecht „durch die Hintertür“ kommt, denn insofern steht § 823 Abs. 1 BGB neben §§ 280 Abs. 1, 634 Nr. 3, 633 ggf. i.V.m. 241 Abs. 2 BGB.
4. Aus § 817 S. 1 BGB
Der Werkbesteller könnte jedoch einen Anspruch auf Rückerstattung jedenfalls eines Teil des gezahlten Werklohns gem. § 817 S. 1 BGB haben. Auch der Werklohn stellt eine Leistung dar, durch deren Empfang der gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Die Geldleistung als solche ist zwar sittlich neutral, aber sie dient zur Erfüllung eines Rechtsgeschäfts, das einen Verstoß beider Parteien gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB darstellt.
Einer Kondiktion steht § 814 BGB nicht entgegen, da diese Norm nicht auf § 817 S. 1 BGB anwendbar ist. Auch hier könnte die Kondiktion aber gem. § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen sein. Hier lässt sich wieder ähnlich argumentieren wie oben – es geht um eine Abwägung zwischen Abschreckungswirkung und unbilliger Benachteiligung einer Seite. Genügt es, wenn dem Werkbesteller seine Rechte auf Nacherfüllung und Schadensersatz genommen werden oder muss er den vollen „Schaden“ tragen, wenn das Werk mangelhaft ist?
Letztlich geht es wieder um die Frage „Gewährleistungsrechte durch die Hintertür“ oder nicht? Im Unterschied zum umgekehrten Fall – der Werkunternehmer klagt seinen „Werklohn“ ein – ist die wirtschaftliche Belastung nicht ganz so eindeutig auf einer Seite. Der Werkbesteller bekommt zwar keine Mängelrechte, hat aber immerhin ein wenn auch mangelhaftes Werk und damit irgendeinen Gegenwert. Deshalb kann man daher gut vertreten, dass es zumindest für ihn keinen weiteren Ausgleich gibt – denn das Fehlen von Mängelgewährleistungsrechten ist gleichzeitig ein starker Anreiz, keine Schwarzarbeit in Auftrag zu geben.
Letztlich aber ist das deshalb M.E. nicht recht überzeugend, weil die Rspr. dem Anspruch des Werkunternehmers auf Wertersatz für seine Leistung auch Mängel der Arbeit in Abzug bringt. Dann ist es nur konsequent dem Werkbesteller, der bereits gezahlt hat, einen entsprechenden Rückerstattungsanpruch zu geben. Denn sonst hinge es nur vom Zufall ab, ob er einen Mängelabzug geltend machen könnte oder nicht.
Außerdem ist das Argument, er müsste in Vorleistung treten, bei der Mängelgewährleistung auch zu seinen Gunsten anzuwenden – denn dafür muss er in Vorleistung treten.
Dogmatisch ist allerdings folgende Begründung zu wählen: Der Anspruch auf Rückerstattung des Werklohns aus § 817 S. 1 BGB entsteht zunächst in voller Höhe, ist aber von Amts wegen mit dem Gegenanspruch des Werkunternehmers auf den Wert seiner Werkleistung aus §§ 817 S. 1, 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zu saldieren (Saldotheorie). Damit bleibt dann der Minderwert als auszukehrender Betrag übrig.
5. Aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB
Entsprechend ist dann auch ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB gegeben. Zu § 814 schon s. oben.