• Lerntipps
    • Examensvorbereitung
    • Fallbearbeitung und Methodik
    • Für die ersten Semester
    • Mündliche Prüfung
  • Examensreport
    • 2. Staatsexamen
    • Baden-Württemberg
    • Bayern
    • Berlin
    • Brandenburg
    • Bremen
    • Hamburg
    • Hessen
    • Lösungsskizzen
    • Mecklenburg-Vorpommern
    • Niedersachsen
    • Nordrhein-Westfalen
    • Rheinland-Pfalz
    • Saarland
    • Sachsen
    • Sachsen-Anhalt
    • Schleswig-Holstein
    • Thüringen
    • Zusammenfassung Examensreport
  • Interviewreihe
    • Alle Interviews
  • Rechtsgebiete
    • Strafrecht
      • Klassiker des BGHSt und RGSt
      • StPO
      • Strafrecht AT
      • Strafrecht BT
    • Zivilrecht
      • AGB-Recht
      • Arbeitsrecht
      • Arztrecht
      • Bereicherungsrecht
      • BGB AT
      • BGH-Klassiker
      • Deliktsrecht
      • Erbrecht
      • Familienrecht
      • Gesellschaftsrecht
      • Handelsrecht
      • Insolvenzrecht
      • IPR
      • Kaufrecht
      • Kreditsicherung
      • Mietrecht
      • Reiserecht
      • Sachenrecht
      • Schuldrecht
      • Verbraucherschutzrecht
      • Werkvertragsrecht
      • ZPO
    • Öffentliches Recht
      • BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker
      • Baurecht
      • Europarecht
      • Europarecht Klassiker
      • Kommunalrecht
      • Polizei- und Ordnungsrecht
      • Staatshaftung
      • Verfassungsrecht
      • Versammlungsrecht
      • Verwaltungsrecht
      • Völkerrrecht
  • Rechtsprechungsübersicht
    • Strafrecht
    • Zivilrecht
    • Öffentliches Recht
  • Karteikarten
    • Strafrecht
    • Zivilrecht
    • Öffentliches Recht
  • Suche
  • Menü Menü
Du bist hier: Startseite1 > Gleichheitssatz

Schlagwortarchiv für: Gleichheitssatz

Dr. Sebastian Rombey

BVerfG: Hofabgabe ist verfassungswidrig

BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker, Examensvorbereitung, Lerntipps, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht

Immer dann, wenn das BVerfG in einer vielbeachteten Verfassungsbeschwerde zur Eigentumsfreiheit aus Art. 14 Abs. 1 GG und dem Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 2 GG Stellung nimmt, kann von einer hohen Examensrelevanz ausgegangen werden. So auch beim Beschluss v. 23.05.2018 – 1 BvR 97/14, 1 BvR 97/14, 1 BvR 2392,14, BeckRS 2018, 17604 (erst am 09.08.2018 in der PM Nr. 68/2018 veröffentlicht), in dem sich das BVerfG mit der sog. Hofabgabeklausel des § 11 Abs. 1 Nr. 3 ALG (Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte) befasst, wonach Landwirte erst dann Anspruch auf Regelaltersrente haben, wenn sie ihr Unternehmen, besser gesagt ihren Hof, abgegeben haben. Ein Abdruck der in Rede stehenden Vorschrift sowie der diese ergänzenden Normen wäre in einer Klausur ohne weiteres möglich, weshalb nachfolgend die wesentlichen Grundsätze der Entscheidung, in der sich das BVerfG nahezu mustergültig einer Grundrechtsprüfung widmet, dargestellt werden.
I. Sachverhalt (vereinfacht)
Die Beschwerdeführer, u.a. ein Landwirt und seine Ehefrau, die nach der Fiktion des § 1 Abs. 3 S. 1 ALG ebenfalls als Landwirtin gilt, wenden sich mit ihrer Urteilsverfassungsbeschwerde u.a. gegen eine Entscheidung des Landessozialgerichts NRW (Urteil v. 26.09.2012 – L 8 LW 5/12, BeckRS 2013, 74020), in der dieses unter Berufung auf § 11 Abs. 1 Nr. 3 ALG die ablehnende Entscheidung des Trägers der Alterssicherung der Landwirte zur Gewährung von Regelaltersrente bestätigte. Das dagegen gerichtete und den Rechtsweg ausschöpfende Verfahren zum Bundessozialgericht hatte ebenfalls keinen Erfolg, weshalb die Sache vor dem BVerfG landete.
II. Maßgebliche Erwägungen des Ersten Senats

Die Leitlinien der Entscheidung lassen sich wie folgt darstellen:
1. Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG
Zunächst könnte § 11 Abs. 1 Nr. 3 ALG gegen Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG verstoßen.
a) Eigentumsrelevante Maßnahme im Rahmen des Schutzbereichs
Dann müsste zunächst ein Eingriff in den Schutzbereich vorliegen. Insoweit stellt das BVerfG klar, dass die – auch durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten – Rentenansprüche und Rentenanwartschaften nicht tangiert seien. Denn die Abgabe des Hofes schaffe erst die Voraussetzungen für deren Entstehung. Allerdings liege ein Eingriff in das Sacheigentum an dem landwirtschaftlichen Hof vor. Es liege zwar kein finaler und imperativer Eingriff im klassischen Begriffssinne vor, wohl aber ein solcher nach modernem Verständnis, wonach auch rein grundrechtsverkürzende, mittelbar faktische Maßnahmen des Staaten erfasst werden, soweit diese nur „eingriffsgleiche Wirkung“ entfalten. Dies sei bei der oben zitierten Hofabgabeklausel der Fall, da ein Anspruch auf Regelaltersrente erst dann entsteht, wenn das landwirtschaftliche Unternehmen abgegeben wird (s. zu weiteren Möglichkeiten § 21 ALG). Darin liege ein mittelbarer und faktischer Druck, den Hof abzugeben. Zwar könne der Landwirt frei darüber entscheiden, ob er seinen Hof abgeben wolle oder nicht. Dies sei aber unerheblich, da er die jahrzehntelangen Beiträge, die er zur Rentenversicherung geleistet hat, nur dann wirtschaftlich sinnvoll investiert habe, wenn er auch eine Rente bewilligt bekomme – zumal Landwirte nicht frei entscheiden können, ob sie Beiträge zur Rentenversicherung leisten wollen oder nicht.
§ 11 Abs. 1 Nr. 3 ALG sei – mangels Güterbeschaffung zu Gunsten des Staates – nicht als Enteignung, sondern als Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG einzustufen, der den einfachen Gesetzesvorbehalt ausfülle. Denn es werden gerade abstrakt-generell Rechte und Pflichten des Eigentümers geregelt, die den Inhalt des am Hof bestehenden Eigentums verkürzen.
b) Rechtfertigung
Eine solche ISB bedarf der Rechtfertigung. Da an der formellen Verfassungsmäßigkeit keine Zweifel bestehen, ist insbesondere auf materielle Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfen.
Der Eingriff im Rahmen der Inhalts- und Schrankenbestimmung in die durch Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG geschützten Eigentumsrechte ist dann gerechtfertigt, wenn Gründe des öffentlichen Interesses vorliegen und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet wurde. Auf diese Weise soll ein ausgewogenes Verhältnisses zwischen der Privatnützigkeit des Eigentums und dem Sozialgebot geschaffen und die Institutsgarantie gewahrt werden.
Zunächst ist festzuhalten, dass der Gesetzgeber mit der Hofabgabeklausel legitime „agrarstrukturelle“ Ziele verfolgt. Dazu das BVerfG: „Die Hofabgabeklausel will somit einen Beitrag zur Übergabe von landwirtschaftlichen Unternehmen zu einem wirtschaftlich sinnvollen Zeitpunkt an jüngere Kräfte leisten. Im Weiteren geht es dem Gesetzgeber um die Funktion der Hofabgabe für den Bodenmarkt vor dem Hintergrund der das Angebot deutlich übersteigenden Nachfrage nach landwirtschaftlichen Flächen und des starken Anstiegs der Pachtpreise. Darüber hinaus verfolgt die Hofabgabeklausel das Ziel der Verbesserung der Betriebsstruktur durch die Schaffung größerer Entwicklungschancen für Wachstumsbetriebe.“
Zu diesen Zwecken ist § 11 Abs. 1 Nr. 3 ALG auch geeignet, da es diese Ziele fördert. Denn auf dieser Stufe fallen allein evident ungeeignete Mittel aus dem Raster, auch hier wird dem Gesetzgeber eine Einschätzungsprärogative zugestanden. Das BVerfG lässt deshalb die „Möglichkeit der Zweckerreichung“ genügen. Mithin genüge es, dass die Hofabgabeklausel mitursächlich für den Strukturwandel in der Landwirtschaft sei.
Ferner sei § 11 Abs. 1 Nr. 3 ALG auch erforderlich, also unter allen gleich wirksamen Mitteln dasjenige, das die geringsten Beeinträchtigungen mit sich bringe. Auch hier prüft das BVerfG nicht, ob der Gesetzgeber die bestmögliche Lösung gewählt hat, da insoweit erneut ein Prognose- und Beurteilungsspielraum besteht. In einer Klausur bietet sich hier die Möglichkeit, sich von anderen Bearbeitern abzusetzen, indem der Sachverhalt ausgewertet wird und darüber hinaus mildere Möglichkeiten angedacht, mangels vergleichbarer Effektivität aber wieder verworfen werden.
Allerdings ist die Hofabgabe, die § 11 Abs. 1 Nr. 3 ALG statuiert, nicht immer angemessen. Denn, so das BVerfG: „Eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs einerseits und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe andererseits muss die Grenze der Zumutbarkeit wahren. Die Regelung darf die Betroffenen nicht übermäßig belasten.“ Insoweit beanstandet das BVerfG, dass das ALG keine Härtefallklausel enthalte, etwa für Fälle, in denen der Landwirt keinen zur Hofabnahme bereiten Nachfolger findet. In einem solchen Fall bliebe dem Landwirt oft nichts weiter übrig, als den Hof stillzulegen, was dazu führe, dass ein wesentlicher Teil der Alterssicherung – der Kaufpreis oder Pachtzins – fehle. Zudem seien auch weitere Fälle denkbar, in denen der Landwirt zwar einen Nachfolger finde und seinen Hof abgibt, sodass er eine Rente erhält, diese aber als Teilsicherung keine ausreichende Finanzquelle für das Alter darstelle.
Weiterhin wendet das BVerfG einen Kniff an, der zunehmend in der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung zu beobachten, doch nicht leicht anzuwenden ist, da insoweit das gewohnte Schema zur (getrennten) Prüfung von Freiheits- und Gleichheitsgrundrechten verlassen werden muss: Es prüft Art. 3 Abs. 1 GG im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 GG. Der Grund dafür liegt darin, dass der Gesetzgeber bei der inhaltlichen Ausgestaltung des Privateigentums an den Gleichheitssatz gebunden ist. Dies sei, so das BVerfG, hier aber nicht beachtet worden. Denn durch Schaffung verschiedener Ausnahmeregelungen im Jahre 2012, die hier allerdings nicht angegriffen wurden, seien nicht mehr alle Landwirte von der Hofabgabeklausel erfasst, sonder nur noch eine Minderheit von ca. 36 %. So sei es z.B. möglich, dass ein Ehegatte den Hof ohne Eingreifen des § 11 Abs. 1 Nr. 3 ALG übernimmt und damit den Hof weiter bewirtschaften kann, soweit er nur von der Beitragspflicht befreit ist. Zugleich gebe es Landwirte, für die ein solcher Grund gerade nicht vorliege, was zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung führe.
2. Verstoß gegen Art. 3 Abs. 2 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG
Neben einem Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG nimmt das BVerfG darüber hinaus auch noch einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 2 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG an. Denn der Rentenanspruch der ebenfalls als Landwirtin geltenden Ehefrau (§ 1 Abs. 3 S. 1 ALG) ist davon abhängig, dass der Landwirt den Hof gemäß § 21 Abs. 9 S. 4 ALG abgibt. Dazu das BVerfG: „Nach Art. 6 Abs. 1 GG stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Es ist deshalb dem Gesetzgeber jede an die Existenz der Ehe anknüpfende Benachteiligung untersagt. Verfassungsrechtlich geschützt ist nach Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 GG eine Ehe, in der die Eheleute in einer gleichberechtigten Partnerschaft zueinander stehen und in der die Ehegatten ihre persönliche und wirtschaftliche Lebensführung in gemeinsamer Verantwortung bestimmen. Das schließt eine einseitige Dominanz eines Ehepartners bei der Gestaltung von Rechtsverhältnissen aus. Der Gesetzgeber darf eine solche Dominanz nicht durch Gesetz begründen.“ Da § 21 Abs. 9 S. 4 ALG diese grundgesetzlich geschützte wirtschaftliche Lebensführung in gemeinsamer Verantwortung beider Ehegatten verletze, und eine Rechtfertigung hierfür nicht ersichtlich sei, sei die Regelung verfassungswidrig.
III. Zusammenfassung
Aus der Entscheidung können folgende Aussagen abstrahiert werden:

  • Es liegt eine nach Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG eigentumsrelevante Maßnahme vor. Die Koppelung einer Rente an die Abgabe eines landwirtschaftlichen Hofs entfaltet eingriffsgleiche Wirkung und greift faktisch in das Sacheigentum am Hof ein. § 11 Abs. 1 S. 3 ALG stellt insoweit eine rechtfertigungsbedürftige Inhalts- und Schrankenbestimmung dar, Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG.
  • Die den Landwirt treffende Pflicht, zum Erhalt von Regelaltersrente seinen Hof abzugeben, ist jedoch dann nicht gerechtfertigt, da nicht angemessen, wenn ihm dadurch in unzumutbarer Weise Einkünfte entzogen werden, die zur Ergänzung einer als Teilsicherung ausgestalteten Rente notwendig sind. Da zudem nicht alle Landwirte von den Änderungen der Norm im Jahre 2012 erfasst waren, liege ein gleichheitswidriger Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 GG vor.
  • Darüber hinaus darf, damit kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 2 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG vorliegt, die Gewährung einer Rente an den einen Ehepartner nicht von der Entscheidung des anderen Ehepartners über die Abgabe des Hofs abhängig gemacht werden.

13.08.2018/1 Kommentar/von Dr. Sebastian Rombey
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Sebastian Rombey https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Sebastian Rombey2018-08-13 09:00:102018-08-13 09:00:10BVerfG: Hofabgabe ist verfassungswidrig
Dr. Maximilian Schmidt

BVerfG: Luftverkehrssteuer verfassungskonform

Lerntipps, Öffentliches Recht, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht

Das BVerfG hat mit Urteil vom 5.11.2014 – 1 BvF 3/11 entschieden, dass die ab dem 1.1.2011 in Deutschland geltende Luftverkehrssteuer mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Der Fall beinhaltet verschiedene rechtliche Aspekte, die sowohl in Gänze als auch in Teilen in einer Examensklausur oder einer mündlichen Prüfung geprüft werden könnten. Zudem kann der Fall als kleines verfassungsrechtliches Repititorium dienen.
I. Sachverhalt (der Pressemitteilung entnommen)

Das Luftverkehrsteuergesetz begründet eine Steuerpflicht für die in Deutschland ab dem 1. Januar 2011 startenden Abflüge von Fluggästen, die von einem gewerblichen Luftverkehrsunternehmen transportiert werden, nicht aber für private Flüge und Frachtflüge. Von der Besteuerung ausgenommen sind ferner Flüge zu hoheitlichen, militärischen und medizinischen Zwecken, Versorgungsflüge von und zu Nordseeinseln sowie Transit- und Transferflüge. Neben der Erzielung von Einnahmen in Höhe von einer Milliarde Euro jährlich soll die Abgabe nach der Gesetzesbegründung lenkend wirken, indem sie Anreize für ein umweltgerechteres Verhalten im Bereich des Flugverkehrs setzt. Die Regierung des Landes Rheinland-Pfalz hat das Luftverkehrsteuergesetz im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle zur Prüfung gestellt.

Zweck der Regelung ist – neben der Generierung von Einnahmen – der Schutz der Umwelt; durch die Steuer und die hierdurch steigenden Preise erhofft man sich eine Lenkungswirkung für weniger Flüge und somit weniger Ausstoß von CO2.
II. Rechtsfragen
1. Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes
Zunächst müsste das Luftverkehrssteuergesetz der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterfallen. Neben den aus dem ersten Semester bekannten Zuständigkeitregelungen der Art. 70 ff. GG finden sich für die Steuergesetzgebung in Art. 105 GG besondere Kompetenzzuweisungen. Für die Luftverkehrssteuer ergibt sich die Zuständigkeit aus Art. 105 Abs. 1 Alt. GG i.V.m. Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 GG. Danach stehen dem Bund

die Straßengüterverkehrsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuern,

zu. Fraglich war, ob unter den Begriff des „sonstigen motorisierte Verkehrsmittel“ auch Flugzeuge fallen. Dies bestätigte das BVerfG überzeugend. In einer Prüfung müsste hier kurz argumentiert werden, dass mit Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 das Steuersetzungsrecht für das gesamte motorisierte Verkehrswesen dem Bund übertragen werden sollte. Hierfür spricht, dass eine je nach Bundesland differierende Luftverkehrssteuer wenig zielführend wäre.
2. Verstoß gegen Art. 80 GG durch Rechtsverordnungsermächtigung
In einem nächsten Schritt ist zu prüfen, ob die in § 11 Abs. 2 Luftverkehrsgesetz vorgesehene Rechtsverordnungsermächtigung den Anforderungen des Art. 80 GG genügt. Danach können qua Rechtsverordnung die Steuersätze jeweils mit Wirkung zu Beginn eines Kalenderjahres unter Berücksichtigung der Vorjahreseinnahmen aus dem Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten prozentual abgesenkt werden. Da sich in § 11 Abs. 2 S. 2 eine genaue Berechnungsmethode findet, erlaubt die Rechtsverordnung keine Entscheidung über „Ob“ und „Wie“ der Steuer, sondern vielmehr wird nur eine jährliche Neuberechnung ermöglicht. Der Exekutive bleibt also kein freier Entscheidungsspielraum wie hoch die Steuer nun ausfallen soll – was mit dem in Art. 80 GG zum Ausdruck kommenden Demokratieprinzip auch nicht vereinbar wäre.
3. Verstoß gegen Art. 3 GG wegen Beschränkung auf gewerbliche Passagierflüge
Das Luftverkehrssteuergesetz normiert nur eine Steuer auf gewerbliche Passagierflüge, weswegen ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG im Hinblick auf die Steuerfreiheit von nicht-gewerblichen Passagierflügen sowie gewerblichen Frachtflügen in Betracht kommt. Bei Festlegung des tertium comparationes, also des Oberbegriffs zur Feststellung einer Ungleichbehandlung, wird man eine Vergleichbarkeit von gewerblichen und nicht-gewerblichen Flügen schon ablehnen müssen.
Hinsichtlich der Unterscheidung von Passagierflügen und Frachtflügen führt das BVerfG in der Pressemitteilung aus:

Mit der Belastung von gewerblichen Passagierflügen hat der Gesetzgeber den Steuergegenstand in verfassungsgemäßer Weise gewählt. Der Gesetzgeber war nicht aus Gleichheitsgründen gehalten, zugleich auch den privaten Flugverkehr und Frachtflüge mit der Luftverkehrsteuer zu belegen. Wegen seines weitgehenden, demokratisch legitimierten Spielraums bei der Auswahl von Steuergegenständen wird der Gesetzgeber vom Gleichheitssatz nicht gezwungen, nach einer einmal getroffenen Entscheidung für ein bestimmtes Steuerobjekt zugleich auch alle ähnlichen, für den Steuerzweck ebenfalls geeigneten Steuerobjekte in die Belastung einzubeziehen. Erst nachdem der Steuergegenstand ausgewählt ist, unterliegt der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Steuergesetzes engeren Bindungen aus Art. 3 Abs. 1 GG.

Ein Verstoß gegen Art. 3 GG liegt damit nicht vor. Das BVerfG verneint schon eine Ungleichbehandlung, so dass es auf eine Rechtfertigung nach Willkür- oder Neuer Formel nicht mehr ankommt.
4. Verstoß gegen Art. 3 GG wegen Ausnahme von Inselflügen und militärischen Flügen
Auch hinsichtlich der getroffenen Ausnahmen verneint das BVerfG einen Verstoß gegen Art. 3 GG. Insoweit nimmt es allerdings an, dass eine zu rechtfertigende Ungleichbehandlung vorliegt, die dann nach der Willkürformel (also mit Sachgrund) gerechtfertigt werden kann.

Die vom Luftverkehrsteuergesetz bestimmten Ausnahmen von der Steuerbelastung werden durch stichhaltige Sachgründe getragen. Die Steuerentlastung von Inselflügen sichert die Daseinsvorsorge für die Inselbewohner. Die Befreiung von Flügen zu militärischen und anderen hoheitlichen Zwecken rechtfertigt sich bereits aus dem gewählten Gegenstand der Besteuerung. Das Umsteigerprivileg soll die deutschen Flughäfen als internationale Drehkreuze schützten, indem sie in dieser Funktion einer geringeren Belastung unterliegen.

5. Verstoß gegen Art. 3 GG wegen Berechnung des Steuertarifs
Besonders interessant sind die Ausführungen des BVerfG zum Gleichheitssatz hinsichtlich der Berechnung der Luftverkehrssteuer. Diese richtet sich nicht nach der tatsächlichen Flugstrecke, sondern nach der Distanz zum größten Verkehrsflughafen des Ziellandes. Hierdurch kommt es zwangsläufig zu Verzerrungen bei der Berechnung, die aber laut BVerfG aus Vereinfachungsgründen zulässig seien:

Ungleiche Belastungen, die dadurch entstehen, dass die Höhe des Steuertarifs an den größten Verkehrsflughafen des Ziellandes statt an den tatsächlichen Zielflughafen anknüpft, führen nicht zur Unvereinbarkeit des vom Gesetzgeber bestimmten Steuermaßstabes mit Art. 3 Abs. 1 GG. Der für die Besteuerung maßgebliche Flughafen des Ziellandes mit dem größten Verkehrsaufkommen gibt nur bei wenigen sehr großen Ländern oder beim Flug in überseeische Territorien einiger Länder den Distanzmaßstab nicht korrekt wieder. Diese geringen Verwerfungen sind aus Vereinfachungsgründen gleichheitsrechtlich noch tragbar.

An dieser Stelle kann man mit guten Argumenten anderer Auffassung sein. Zwar gilt grundsätztlich, dass die Vereinfachung ein zulässiges Mittel bei der Berechnung eines Steuertarifs sind. Diese muss aber grosso modo die tatsächlichen Umstände wiederspiegeln. Ob dies bei Flügen in große, überseeische Staaten noch der Fall ist, kann angezweifelt werden. Man denke nur an die USA (Flug nach LA, Steuertarif New York –> günstiger für Flugunternehmen) oder Russland (Flug nach Wladiwostok, Steuertarif Moskau). Hier ist dann Argumentationskunst gefragt.
6. Verstoß gegen Art. 12 GG
Hinsichtlich eines Verstoßes gegen die Berufsfreiheit kann sich kurz gefasst werden.
Für die Flugpassagiere hat die Besteuerung schon keine berufsregelnde Tendenz.
Für die Flugunternehmen liegt zwar ein Eingriff in die Berufsausübung vor („Wie“ = Stufe 1 der 3-Stufen-Lehre), der aber mit dem Aspekt des in Art. 20a GG als Verfassungsziel benannten Umweltschutzes gerechtfertigt werden kann.
III. Fazit
Das Luftverkehrssteuergesetz ist also verfassungskonform. Es stellen sich einige Einzelprobleme, die in eine Klausur oder mündliche Prüfung Einzug halten können. An einigen Stellen kann man mit guten Argumenten anderer Meinung sein, jedoch sollten die Besonderheiten der verfassungsrechtlichen Prüfung von Steuergesetzen bekannt sein.

14.11.2014/0 Kommentare/von Dr. Maximilian Schmidt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2014-11-14 12:00:392014-11-14 12:00:39BVerfG: Luftverkehrssteuer verfassungskonform

Über Juraexamen.info

Deine Zeitschrift für Jurastudium, Staatsexamen und Referendariat. Als gemeinnütziges Projekt aus Bonn sind wir auf eure Untersützung angewiesen, sei es als Mitglied oder durch eure Gastbeiträge. Über Zusendungen und eure Nachrichten freuen wir uns daher sehr!

Werbung

Anzeige

Neueste Beiträge

  • Das Betäubungsmittelstrafrecht – Ein Überblick über Begriff, Menge und Straftatbestände
  • Neue Rechtsprechung des BGH zur Ersatzfähigkeit von „Schockschäden“
  • Praktikum in einer Großkanzlei – Einblicke in das FGS „Intern-Programm“

Weitere Artikel

Auch diese Artikel könnten für dich interessant sein.

Gastautor

Das Betäubungsmittelstrafrecht – Ein Überblick über Begriff, Menge und Straftatbestände

Rechtsgebiete, Startseite, Strafrecht, Strafrecht BT, Verschiedenes

Wir freuen uns, nachfolgenden Gastbeitrag von Sabrina Prem veröffentlichen zu können. Die Autorin ist Volljuristin. Ihr Studium und Referendariat absolvierte sie in Düsseldorf. Ist das Betäubungsmittelstrafrecht – zumindest als Lehrmaterie – im […]

Weiterlesen
01.02.2023/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2023-02-01 10:00:002023-01-25 11:49:57Das Betäubungsmittelstrafrecht – Ein Überblick über Begriff, Menge und Straftatbestände
Gastautor

Neue Rechtsprechung des BGH zur Ersatzfähigkeit von „Schockschäden“

Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns, nachfolgenden Gastbeitrag von Simon Mantsch veröffentlichen zu können. Er studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn und ist als Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Flick Gocke Schaumburg tätig. Ein nach §§ 823 […]

Weiterlesen
16.01.2023/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2023-01-16 15:42:082023-01-25 11:42:19Neue Rechtsprechung des BGH zur Ersatzfähigkeit von „Schockschäden“
Gastautor

Praktikum in einer Großkanzlei – Einblicke in das FGS „Intern-Programm“

Alle Interviews, Für die ersten Semester, Interviewreihe, Lerntipps, Rezensionen, Startseite, Verschiedenes

Wir freuen uns, nachfolgend einen Gastbeitrag von Maximilian Drews veröffentlichen zu können. Der Autor studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn und berichtet über sein absolviertes Pflichtpraktikum in einer Bonner Großkanzlei. […]

Weiterlesen
03.01.2023/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2023-01-03 07:26:222023-01-04 10:57:01Praktikum in einer Großkanzlei – Einblicke in das FGS „Intern-Programm“

Support

Unterstütze uns und spende mit PayPal

Jetzt spenden
  • Über JE
  • Das Team
  • Spendenprojekt
  • Gastautor werden
  • Mitglied werden
  • Alumni
  • Häufige Fragen
  • Impressum
  • Kontakt
  • Datenschutz

© 2022 juraexamen.info

Nach oben scrollen