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Schlagwortarchiv für: Gewinnzusage

Redaktion

Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht bei Gewinnzusagen durch PayPal

IPR, Schon gelesen?, Tagesgeschehen, Zivilrecht

Kürzlich berichteten wir über eine Panne, die dem Online-Bezahlsystem PayPal unterlaufen ist. Es wurden dabei tausende Emails an Nutzer versendet, in welchen die frohe Botschaft kundgetan wurde, sie hätten 500 € gewonnen. Es handelt sich dabei nicht etwa um Spam- oder Phishingmails. PayPal war wirklich der Absender der Gewinnnachrichten.
Fraglich war in diesem Kontext in materiellrechtlicher Hinsicht insbesondere, ob ein Anspruch der Erklärungsempfänger auf Zahlung aus § 661a BGB gegen PayPal besteht. Den zugehörigen Beitrag nebst umfassender Lösungsskizze und geistreichen Kommentaren findet Ihr hier.
Neben der äußerst brisanten und umstrittenen Frage, ob überhaupt ein Anspruch nach deutschem Recht geltend gemacht werden kann bzw. ob eine Anfechtung durch PayPal Erfolg verspricht, stellt sich darüber hinaus die Frage, ob ein derartiger Anspruch überhaupt vor einem deutschen Gericht geltend gemacht werden kann. Die PayPal (Europe) S.à r.l. et Cie, S.C.A. hat ihren Sitz nämlich in Luxemburg. Sofern das Klagen vor deutschen Gerichten möglich ist, muss zudem noch geklärt werden, ob der Fall überhaupt nach deutschem Recht zu lösen ist. Die nachstehenden Ausführungen mögen dabei in dieser Tiefe nicht zum Examenspflichtfachstoff gehören. Da sich das internationale Privatrecht aber zunehmender Beliebtheit in Klausuren und mündlichen Prüfungen erfreut, lohnt es sich, sich zumindest kurz mit der Problematik auseinander zu setzen.
I. Internationale Zuständigkeit
Die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit richtet sich in allgemeinen Zivil- und Handelssachen zunächst nach dem EU-weit harmonisierten Rechtsrahmen der EUGVVO (sog. Brüssel-VO). Nur, wenn die Vorschriften aus der Verordnung keine Regelung treffen und auch keine speziellere Verordnung einschlägig ist (z.B. in Ehesachen die Brüssel IIa -Verordnung; s. dazu instruktiv hier), kann auf eine Analogie des nationalen Rechtsrahmens in Form der §§ 12 ff. ZPO zurück gegriffen werden.
1. Deliktischer Gerichtsstand
Die Rechtsprechung hatte bereits Gelegenheit, sich mit der Natur des Anspruches nach § 661a BGB zu beschäftigen, wobei zunächst auf einen außervertraglichen Charakter der Norm und eine deliktsähnliche Natur abgestellt wurde (so etwa OLG Dresden OLG-NL 2002, 99; s. dazu Feuchtmeyer NJW 2002,3598). De lege lata müsste bei dieser Annahme insofern auf die Regelung des Art. 5 Nr. 3 EUGVVO abgestellt werden. Hiernach kann bei einer deliktischen oder deliktsähnlichen Handlung in dem Land geklagt werden, in dem das schädigende Ereignis eintrat.
Problematisch ist an dieser Auffassung, dass der Anspruch aus § 661a BGB letztlich einen Erfüllungsanspruch begründet und weniger unter das Regime der Schadensersatzansprüche  fällt. Das Vorliegen eines Schadens ist insofern nämlich auch keine Tatbestandsvoraussetzung für einen Anspruch nach § 661a BGB.
2. Gerichtsstand für Verbrauchersachen
Aus diesem Grunde zog eine andere Strömung der Rechtsprechung (so etwa OLG Frankfurt MDR 2002, 1023) den besonderen Gerichtsstand für Verbraucherschutzsachen, der sich nach heutiger Rechtslage in Artt. 15 ff. EUGVVO findet, heran. Problematisch ist bei einer derartigen Annahme indes, dass der Wortlaut des Art. 15 Abs. 1 EUGVVO einen Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag voraussetzt. Die Normstruktur des § 661a BGB ist indes eher dahingehend ausgestaltet, dass der Anspruch bereits durch die bloße Erklärung des Unternehmers zustande kommt. Eine Annahmeerklärung durch den Verbraucher ist in § 661a BGB nicht vorgesehen. Auch wenn der Begriff des Vertrages in Art. 15 EUGVVO europarechtlich autonom und nicht bloß nach nationalem Verständnis auszulegen ist, so besteht ein Vertrag auch in anderen Rechtsordnungen stets aus Angebot und Annahme (oder wie im common law aus offer, acceptance und consideration).
3. Gerichtsstand des Erfüllungsortes
Konsequent lehnte der EuGH in mehreren Entscheidungen eine Anknüpfung an die vorgenannten Grundsätze ab (s. etwa NJW 2002, 2657; NJW 2005, 81. Der BGH folgerte hieraus, dass eine Herleitung der internationalen Zuständigkeit aber zumindest aus Art. 5 Nr 1 a) EUGVVO hergeleitet werden könne (vgl. BGHZ 165,172). Der BGH führte hierzu aus:

Gemäß Art. 5 Nr. 1 Halbsatz 1 EuGVÜ kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat, in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden, und zwar wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Der Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ wird von dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nicht eng ausgelegt. Die Feststellung, dass eine Klage nicht eine solche aus einem Vertrag im Sinne des Art. 13 Abs. 1 EuGVÜ ist, steht nicht der Annahme entgegen, es handele sich bei dieser Klage um eine solche aus einem Vertrag im Sinne des Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Januar 2005 aaO Rn. 48 f). Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ setzt ferner – schon seinem Wortlaut nach und insoweit anders als Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ – nicht den Abschluss eines Vertrages voraus. Es genügt, dass eine von einer Person gegenüber der anderen freiwillig eingegangene Verpflichtung festgestellt werden kann, auf die sich die betreffende Klage stützt (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Januar 2005 aaO Rn. 50 f).

Der Begriff „Vertrag“ ist im Rahmen von Art. 5 Nr. 1 EUGVVO also nach Auffassung des BGH im Einklang mit dem EuGH bedeutend extensiver auszulegen als bei Art. 15 EUGVVO. Eine derartige Auslegung mag verwundern, da man eine extensive Auslegung wohl eher bei Art. 15 EUGVVO zum Zwecke der Begünstigung des Verbrauchers erwartet hätte.
Unabhängig davon, ob man der Begründung des BGH folgen mag, so ist es aber zumindest im Ergebnis begrüßenswert, einen nationalen Gerichtsstand in Gewinnzusagefällen für den Verbraucher zu begründen. Ob dies nun über Art. 5 Nr. 1 oder eben Art. 15 EUGVVO geschieht, kann im Ergebnis dahinstehen.
4. Richterliche Klarheit bislang nur für altes Recht
Für den hiesigen PayPal-Fall ist indes problematisch, dass sich die hier zitierte Entscheidung des BGH nur auf eine ältere Rechtslage bezieht. Der BGH schlussfolgerte nämlich folgendermaßen:

Nach dem mithin eröffneten Art. 5 Nr. 1 Halbsatz 1 EuGVÜ (vgl. jetzt Art. 5 Nr. 1 lit. a und c EuGVVO) ist das Gericht des Ortes international zuständig, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Die Anschlussfrage, wo die aus der Gewinnzusage erwachsene Verpflichtung zu erfüllen ist, ist nicht übereinkommensautonom zu beantworten; maßgeblich ist vielmehr das – nach dem internationalen Privatrecht des angerufenen Gerichts – zu bestimmende nationale Recht

Dies vermittelte wiederum eine Sonderanknüpfung an den seinerzeit geltenden und nunmehr außer Kraft getretenen Art. 34 EGBGB, wonach die Bestimmung des Erfüllungsortes sich nach deutschen Recht bemaß. Es musste in diesem Sinne nach §§ 269 ff. BGB beim Anspruchsinhaber erfüllt werden, so dass mithin auch die internationale Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 1 a) EUGVVO gegeben war. Der BGH legte zu diesem Zwecke die nationalen Vorschriften der §§ 269 ff. BGB teleologisch aus:

Im Streitfall ist eine Bringschuld (vgl. OLG Nürnberg NJW 2002, 3637, 3640) nicht vereinbart worden; dass der Unternehmer den zugesagten Preis am Wohnsitz des Verbrauchers zu leisten hat, ergibt sich indes aus Sinn und Zweck des § 661a BGB (vgl. Häcker ZVglRWiss 103, 464, 490; a. A. Lorenz/Unberath IPRax 2002, 219, 222; s. auch Mörsdorf-Schulte JZ 2005, 770, 778).
Die Haftung des Unternehmers wegen Gewinnzusage (§ 661a BGB) ist zwar – wie bereits dargelegt – nicht als deliktisch aufzufassen; sie steht aber in der Nähe der Haftung wegen unerlaubter Handlung. Mittels des § 661a BGB wollte der Gesetzgeber die wettbewerbswidrige Praxis zurückdrängen, dass Unternehmer mit angeblichen Preisgewinnen Verbraucher zu ködern suchen, Waren zu bestellen. Der unlauter handelnde Unternehmer soll für sein täuschendes Versprechen „bestraft“ werden, indem er dem Verbraucher gemäß § 661a BGB auf Erfüllung haftet (vgl. Senatsurteil BGHZ 153, 82, 91). Diese Zielsetzung würde durchkreuzt, wenn der Unternehmer nicht am Wohnsitz des Empfängers der Gewinnmitteilung, sondern an seinem Wohnsitz zu leisten hätte.

Die Frage, ob die internationale Zuständigkeit Deutschlands gegeben ist, bemisst sich aber – wie sich aus dem Wortlaut des Art. 5 Nr. 1 EUGVVO ergibt – nach dem Erfüllungsort, der wiederum über die jeweils anwendbare nationale Rechtsordnung bestimmt wird. Da Art. 34 EGBGB aufgehoben wurde, gilt es insofern zu klären, ob in Fällen von Gewinnzusagen §§ 269 ff. BGB auch nach neuem Recht noch anwendbar sind.
 
II. Anwendbares Recht – Kollisionsrecht
Die Frage danach, welches Recht bei Fällen mit grenzüberschreitendem Element anwendbar ist, richtet sich bei allgemeinen Zivilsachen vor europäischen Gerichten vornehmlich nach den Verordnungen Rom I oder Rom II (besondere Materien sind jedoch oftmals spezialgesetzlich geregelt; s. dazu etwa hier).
1. Anwendbarkeit von Rom I
Angesichts der vorgenannten Anwendbarkeit der Vorschrift des Art. 5 Nr. 1 EUGVVO, wonach ein „vertragliches Verhältnis“ im weiteren Sinne bestehen muss, liegt es zunächst nahe, die Vorgaben von Rom I heranzuziehen, da diese Verordnung nach dessen Art. 1 für die Bestimmung des anwendbaren Rechts in vertraglichen Angelegenheiten einschlägig ist. In diesem Kontext könnte dann u.a. auf Art. 6 rekurriert werden (dafür etwa Beck-OK-BGB/Kotzian, Stand 01.05.2013, § 661a BGB, Rn. 9), wonach in Verbrauchersachen das Recht des Heimatstaates des Verbrauchers maßgeblich ist. §§ 269 ff. BGB wären demnach auch nach neuem Recht anwendbar, so dass in Deutschland nach Art. 5 Nr. 1 EUGVVO geklagt werden könnte.
Hiergegen könnte indes die o.g. Argumentation zu Art. 15 EUGVVO und einem engeren Vertragsbegriff sprechen. Darüber hinaus äußerte sich auch der BGH dahingehend, dass Ansprüche nach § 661a BGB nicht als vertragliche Ansprüche im engeren Sinne verstanden werden dürften.

Eine vertragliche Qualifikation scheitert bereits daran, dass die Haftung wegen Gewinnzusage nicht an ein Versprechen des Versenders anknüpft; der Versender will in der Regel gerade nicht einen Anspruch auf den Gewinn begründen. Eine Annahme der „Zusage“ ist nicht vonnöten.
[…]
Deliktisch ist diese Haftung indes nicht. Zwar zielt § 661a BGB auf die Unterbindung wettbewerbswidrigen Verhaltens (vgl. Senatsurteil BGHZ 153, 82, 90 f). Der Gesetzgeber selbst hat die Haftung wegen Gewinnzusage (§ 661a BGB) aber nicht der unerlaubten Handlung (Buch 2. Abschnitt 8. Titel 27.: §§ 823 ff BGB), sondern Buch 2. Abschnitt 8. Titel 11. Auslobung zugeordnet, also in die Nähe der einseitigen Rechtsgeschäfte Auslobung (§ 657 BGB) und Preisausschreiben (§ 661BGB) gerückt. Zudem ist die von § 661a BGB bestimmte Rechtsfolge, dass der Versender Erfüllung schuldet, der Systematik der unerlaubten Handlungen fremd; sie begründen nicht Erfüllungs-, sondern Schadensersatzansprüche (vgl. Lorenz NJW 2000, 3305, 3308).
[…]
Die oben beschriebene systematische Stellung des § 661a BGB legte an sich nahe, diesen kollisionsrechtlich ebenso zu behandeln wie die einseitigen Rechtsgeschäfte.

Ob aber einseitige Rechtsgeschäfte, wie etwa die Auslobung, vom Anwendungbereich der ROM I VO erfasst werden, ist wiederum strittig (vgl. etwa Ferrari/Kieninger/Mankowski/, Internationales Vertragsrecht
2. Auflage 2011, Art. 1 Rom I, Rn. 7). Hiergegen spricht insbesondere die Systematik der Verordnung, wonach einseitige Rechtsgeschäfte lediglich in Art. 11 Abs. 3 im Kontext von Formvorschriften erwähnt werden.
2. Anwendbarkeit von Rom II
Sofern auf Rom II, also die Verordnung zu nichtvertraglichem Kollissionsrecht abgestellt würde, könnte man etwa auf dessen Art. 6 abstellen, wonach in Fällen von unlauterem Wettbewerb das Recht des Staates anzuwenden ist, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden.
Sofern eine derartige Typisierung verneint würde, ließe sich im Übrigen noch vertreten, die Vorgabe des § 661a BGB als „zwingendes Recht“ i.S.d. Art. 16 Rom II einzuordnen. Diese Vorschrift entspricht teilweise derjenigen des Art. EGBGB a.F., die vom BGH in der zuvor zitierten Entscheidung herangezogen wurde. So führte der BGH seinerzeit aus:

§ 661a BGB ist vielmehr als zwingende Regelung im Sinne des Art. 34 EGBGB anzusehen; denn § 661a BGB beansprucht, eine grenzüberschreitende Gewinnzusage ohne Rücksicht auf das – entsprechend Art. 27 ff EGBGB berufene – Vertragsstatut nach deutschem Recht zu regeln.
[…]
Sieht das Gesetz – wie hier § 661a BGB – nicht ausdrücklich den internationalen Geltungsanspruch vor, sind für die Einordnung einer Bestimmung als zwingende Norm im Sinne des Art. 34 EGBGB die mit ihr verfolgten ordnungspolitischen Interessen maßgebend (vgl. BGHZ 154, 110, 115 [zu § 4 HOAI]; Staudinger/Magnus [2002] Art. 34 EGBGB Rn. 2, 51 ff; MünchKomm-Martiny 3. Aufl. 1998 Art. 34 EGBGB Rn. 12; Sonnenberger aaO S. 109 ff; jeweils m. w. N.). Solche sind in der – eine Differenzierung nach dem Herkunftsland der Gewinnzusage nicht duldenden – lauterkeitsrechtlichen und sozialpolitischen Zielsetzung des §661a BGB zu sehen. Der Gesetzgeber wollte einer verbreiteten und wettbewerbsrechtlich unzulässigen Praxis entgegenwirken, dass Unternehmer Verbrauchern Mitteilungen über angebliche Gewinne übersenden, um sie zur Bestellung von Waren zu veranlassen, die Gewinne auf Nachfrage aber nicht aushändigen. Eine solche, auch von der Revision als unlauter bezeichnete Werbung mittels – im Streitfall wie in der Regel vorsätzlicher (vgl. Lorenz NJW 2000, 3305, 3306) – Vortäuschung scheinbarer Gewinne sollte unterbunden werden, indem dem Verbraucher gesetzlich eingeräumt wurde, den Unternehmer beim Wort zu nehmen und die Leistung des mitgeteilten „Gewinns“ zu verlangen (vgl. Senatsurteil BGHZ 153, 82, 90 f m. w. N. aus den Gesetzesmaterialien).
[…]
Indem § 661a BGB diesen ausufernden Geschäftspraktiken zu begegnen sucht, verfolgt er neben dem Verbraucherschutz ein darüber hinausreichendes öffentliches Interesse an der Lauterkeit des Geschäftsverkehrs (vgl. Felke/Jordans IPRax 2004, 409, 411); das spricht entscheidend dafür, § 661a BGB als zwingende Vorschrift im Sinne des Art. 34 EGBGB zu verstehen.

3. Rom I oder II analog
Sofern man vertritt, dass einseitige Rechtsgeschäfte wie die Gewinnzusage oder etwa die Auslobung weder einen Fall nach Rom I noch einen solchen nach Rom II darstellen, wird man feststellen, dass das subsidiär heranzuziehende EGBGB ebenfalls keine Regelung hierzu enthält. Als Lückenschließung bietet sich in einem derartigen Fall zumindest eine analoge Anwendung von Art. 6 der Rom I oder Art. 6 der Rom II Verordnung an, da die hier diskutierte Fallgestaltung den in diesen Vorschriften genannten Konstellationen, die den Verbraucher privilegieren sollen, zumindest vergleichbar ist und da auch eine planwidrige Regelungslücke besteht.
III. Fazit
Sofern man einer der vorgenannten Begründungen folgt, landet man bei einer Anwendbarkeit des deutschen Rechts, so dass sich der Erfüllungsort nach § 269 ff. BGB bemisst. Insofern ist in konsequenter Anwendung der Vorgaben des BGH und EuGH zu Art. 5 Nr. 1 a) EUGVVO auch die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben. Wie bereits angemerkt, ist die Frage de lege lata aber noch nicht entschieden. Es lassen sich insofern durchaus auch gegenteilige Standpunkte vertreten.

11.06.2013/5 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2013-06-11 09:23:092013-06-11 09:23:09Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht bei Gewinnzusagen durch PayPal
Patrick Birtel

PayPal – Willste? Kriegste! – Erste Einschätzung der Rechtslage

BGB AT, Schon gelesen?, Tagesgeschehen

Paypal-Gewinnspiel-Aktion
Deutschlandweit hat das Online-Bezahlsystem PayPal zigtausende Emails an Nutzer versendet, in welchen die frohe Botschaft kundgetan wird, sie hätten 500 € gewonnen.
Tatsächlich handelt es sich dabei nicht etwa um Spam- oder Phishingmails. PayPal ist wirklich der Absender dieser Gewinnnachricht.
Unter dem Motto „Willste? Kriegste!“ verteilte der Bezahlriese über einen Zeitraum von knapp zehn Wochen hinweg insgesamt 50.000 € in 500 €-Portionen.
Zitat der PayPal Seite:

Die 50.000 Euro-Verlosung
Wenn Sie bereits ein PayPal-Konto haben, sichern Sie sich jede Woche die Chance auf einen von zehn Gewinnen über 500 Euro. Das geht ganz einfach. Suchen Sie sich zum Beispiel einen Artikel aus unseren 150 Sommerangeboten aus, bezahlen Sie mit PayPal und zack: Sie nehmen an der Verlosung teil.

Weiter heißt es:

Das Gewinnspiel wird in einem Aktionszeitraum von zehn Wochen in der Zeit vom 27. Mai 2013 bis 02. August 2013 durchgeführt. Während dieses Aktionszeitraums nimmt der Teilnehmer durch jede mit seinem registrierten PayPal-Konto veranlasste Zahlung am Gewinnspiel teil. Einer gesonderten Anmeldung zum Gewinnspiel bedarf es nicht.
Alle Gewinner werden per E-Mail an die E-Mailadresse benachrichtigt, mit der sie die Zahlung veranlasst haben, die zum Gewinn geführt hat. Die Auszahlung des Gewinns erfolgt ausschließlich zugunsten des mit dieser E-Mailadresse verknüpften PayPal-Kontos; eine anderweitige Auszahlung ist nicht möglich.

Die Betroffenen freuen sich an dieser Stelle zunächst riesig! 500 € sind eine Menge Geld, die jeder gut gebrauchen kann. Wenig später folgt die Ernüchterung.
PayPal teilt auf der facebook Fanpage mit:

Am 07.06.2013 wurden einige PayPal Kunden darüber informiert, dass sie bei einem Gewinnspiel( „Willste? Kriegste!“) für getätigte Transaktionen im Zeitraum 27.05. – 31.05.2013 gewonnen haben. Leider ist diese E- Mail aufgrund eines technischen Fehlers versendet worden. Dafür möchten wir uns entschuldigen.
Die Verlosung hat noch nicht stattgefunden. Wir identifizieren gerade die Transaktionen unserer Kunden, die teilnahmeberechtigt sind. Anschließend wird es unsere Verlosung unter den teilnahmeberechtigten Kunden geben und die Gewinner werden entsprechend in einer separaten E-Mail benachrichtigt.

Reaktionen in Social Networks
So ein Verhalten stinkt doch, denken sich vor allem mehrere hundert Facebook Nutzer. Kommentare voller Zorn und Unmut überschlagen sich und immer wieder derselbe Verweis auf eine im Studium stiefmütterlich behandelte Norm: § 661a BGB Gewinnzusagen.

„Ein Unternehmer, der Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilungen an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen hat, hat dem Verbraucher diesen Preis zu leisten.“

In den Forenkommentaren finden sich Äußerungen wie: „Super, der Paragraph ist ja dermaßen eindeutig!“ – „Sammelklage!“.
Was ist also dran an einem Anspruch gegen PayPal? Bestünde ein solcher wirklich, so könnte im Extremfall bei geschätzten 20 Millionen Nutzerkonten eine Summe von 10.000.000.000 € rauskommen. Das dürfte selbst für PayPal bzw. den Mutterkonzern ebay bei einer Marktkapitalisierung von ca. 60.000.000.000 € zu viel des Guten sein.
Was wäre hier also rechtlich denkbar?
Gehen wir das Ganze mal systematisch an: Sinn und Zweck der Vorschrift ist es unerwünschten Geschäftspraktiken entgegenwirken. Damit sind Maschen gemeint, welche durch das Vortäuschen von Gewinnen Verbraucher zur Bestellung von Waren oder Leistungen bewegen sollen. Der Empfänger einer solchen Mitteilung soll daher einen einklagbaren Anspruch erhalten [Palandt/Sprau, § 661a BGB, Rn.1].
PayPal sprich in seiner „Stellungnahme“ davon, dass „diese E- Mail aufgrund eines technischen Fehlers versendet worden [ist].“ Deshalb setze ich in dem was folgt voraus, dass PayPal diesen technischen Fehler beweisen kann.
I. Konstruktion 1: Ein PayPal-Mitarbeiter hat eine hergestellte Gewinnzusage an eine oder mehrere Personen übermittelt. Ein technischer Fehler führte dazu, dass die Mail statt an einige wenige Menschen an sehr sehr viele versendet wurde.
Ist § 661a BGB erfüllt?
1. Zunächst müsste es sich bei dem Schreiben um eine Gewinnzusage oder eine vergleichbare Mitteilung handeln. Es handelt sich dabei um die Ankündigung jeder Art von Leistung oder ähnlichem. [Beck’scher Online-Kommentar BGB/Kotzian-Marggraf, § 661a BGB, Rn. 2]. Hier wird die Auszahlung bzw. Aufbuchung von 500 € auf das PayPal-Konto versprochen. Eine Leistung wird demnach angekündigt.
2. Die Mitteilung muss zugesendet werden. Es können Briefe, E-Mail-Mitteilungen oder Faxschreiben sein. [Beck’scher Online-Kommentar BGB/Kotzian-Marggraf, § 661a BGB, Rn.3]. PayPal hat vorliegend eine Email versendet.
3. Berechtigter kann nur ein Verbraucher iSd § 13 BGB sein, also eine natürliche Person, die nicht im Rahmen einer gewerblichen oder selbstständigen Tätigkeit angesprochen ist [Beck’scher Online-Kommentar BGB/Kotzian-Marggraf, § 661a BGB, Rn. 4]. Vorliegend sollte für den größten Teil der Nutzer, welche sich angesprochen fühlen und welche Empfänger der Email sind, die Verbrauchereigenschaft zu bejahen sein.
4. Gegenstand des Anspruchs gemäß § 661a BGB ist schließlich der „Preis“, also die in der Gewinnzusage oder Mitteilung versprochene Leistung. Vorliegend sind das 500 €.
Wir können hier also feststellen, dass § 661a BGB vollkommen erfüllt ist. Im status quo haben die betroffen Personen also einen Anspruch in Höhe von 500 € gegen das Unternehmen. Dieser entsteht mit Zugang § 130 BGB analog (zur Erklärung sogleich) der Gewinnmitteilung.
Bleibt das so? – Handlungsmöglichkeiten von PayPal

Möglicherweise steht PayPal die Möglichkeit offen, bei der Angelegenheit mit einem blauen Auge davonzukommen.
Das Absenden einer Gewinnzusage stellt keine Willenserklärung dar. Vielmehr handelt es sich dabei um eine rechtsgeschäftähnliche Handlung [Palandt/Sprau, § 661a BGB, Rn. 1]. Diese sind auf einen tatsächlichen Erfolg gerichtete Erklärungen, deren Rechtsfolgen kraft Gesetzes eintreten [Palandt/Ellenberger Überbl v § 104 BGB Rn. 6]. Auf die Mehrzahl dieser Handlungen sind die Vorschriften über Willenserklärungen entsprechend anwendbar, so auch diese über Willensmängel gemäß §§ 116 ff. BGB. Dabei ist jedoch nicht schematisch zu verfahren. Bei jedem Handlungstyp ist seiner Eigenart und der typischen Interessenlage Rechnung zu tragen [Palandt/Ellenberger, Überbl v § 104 BGB, Rn. 7]. Auf den Punkt gebracht bedeutet dies, dass die Anfechtung wegen Irrtums gemäß § 119 Abs. 1 u. 2 BGB analog möglich ist, mit Ausnahme des Irrtums über die Rechtsfolgen der Gewinnzusage, der wegen des Schutzzwecks des § 661a BGB unbeachtlich bleiben muss [Münchener Kommentar zum BGB/Seiler, § 661a BGB, Rn. 10].
PayPal könnte also die Möglichkeit haben, sich auf die Regeln der Anfechtung zu berufen.
Voraussetzungen:
1. Anfechtungserklärung
Die Anfechtungserklärung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, deren Abgabe – soweit das Gesetz keine ausdrücklichen Ausnahmen bestimmt – formfrei möglich ist. Es wäre somit an Paypal, jedem Betroffenen gegenüber die Anfechtung (am besten wieder per Email) zu erklären. Der eingangs zitierte Ausspruch auf facebook wird hier jedenfalls nicht ausreichen.
2. Anfechtungsgrund
Vorliegend käme § 120 BGB in Frage, also die Anfechtbarkeit wegen falscher Übermittlung. Der Erklärende muss sich zur Übermittlung seiner Willenserklärung einer Person oder Einrichtung bedienen. Wie in Konstellation 1 vorausgesetzt, hat sich ein PayPal Mitarbeiter (dessen Verhalten wird insoweit zugerechnet) einer solchen Einrichtung bedient.
Erfasst werden nur die Fälle, in denen der Erklärende seine (eigene) Willenserklärung durch einen Dritten übermitteln lässt. Der Übermittler muss also eine fremde Erklärung überbringen bzw vermitteln. Die selben Grundsätze für die Verteilung des Verfälschungsrisikos und damit für die Anwendbarkeit der Vorschrift gelten auch für die Versendung bzw den Empfang einer E-Mail oder SMS [Paal, JuS 2010, 953, 954]: Wird die elektronische Nachricht auf ihrem Transportweg – durch technischen Defekt oder sonstige Störung – verfälscht, ist § 120 anwendbar [Beck’scher Online-Kommentar BGB/Kotzian-Marggraf, § 120 BGB, Rn.4].
Weiter müsste es sich um eine unbewusste Falschübermittlung handeln. Eine solche liegt bei einer technischen Einrichtung denknotwendig vor, da diese nicht bewusst handeln kann.
Weiter darf der Empfänger keine Kenntnis vom wirklichen Willen des Erklärenden haben. Ist ihm der wahre Wille des anderen Teils bekannt, gilt dieser ungeachtet seiner falschen Übermittlung [Beck’scher Online-Kommentar BGB/Kotzian-Marggraf, § 120 BGB, Rn.7].
Mithin läge für PayPal in der fehlerhaften Übermittlung ein Anfechtungsgrund vor.
3. Gemäß § 121 BGB hat die Anfechtung unverzüglich zu erfolgen. Unverzüglich bedeutet ohne schuldhaftes Zögern. Die Unverzüglichkeit der Anfechtung verlangt nicht, dass sofort – also etwa noch am Tag der Kenntniserlangung vom Anfechtungsgrund – angefochten werden muss. Bei der Feststellung der Unverzüglichkeit sind vielmehr die berechtigten Belange der Beteiligten angemessen zu berücksichtigen [OLG Hamm NJW 2012, 1156, 1157]. Da Paypal wohl kaum bekannt sein wird, wer genau die Mail erlangt hat, muss hier einige Zeit für Nachforschungen etc. eingerechnet werden. Insofern erscheint eine Frist von mehreren Wochen als nicht unwahrscheinlich.
Folge: Der zunächst mit Zugang der Gewinnzusage entstandene Vertrag wird rückwirkend nichtig gem. § 142 I BGB analog.
Wer aber den Vorteil in Anspruch nimmt, dass sein Irrtum zu einer Vernichtung des Vertrages führt, muss dem Enttäuschten aber zumindest Schadenersatz leisten gemäß § 122 BGB.
Die Teilnehmer, die eine Gewinnzusage erhalten haben, können dabei freilich nicht die 500 € verlangen. Der Geschädigte ist nur wirtschaftlich so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er nicht auf die Gültigkeit der Erklärung vertraut hätte. Der enttäuschte Gewinnspielteilnehmer müsste also darlegen, dass er in Erwartung auf die 500 € bereits Aufwendungen gemacht hat. Fälle in denen ein solcher Schaden hier bestehen würde, sind kaum denkbar.
II. Konstruktion 2: Wie oben, allerdings bedient der Mitarbeiter das Gerät dieses Mal falsch.

Geht der Fehler der computergefertigten Erklärung hingegen auf einen Bedienungsfehler zurück, gilt nichts anderes, als wenn sich der Erklärende verschreibt bzw vergreift; in diesen Fällen kommt die Annahme eines zur Anfechtung berechtigenden Erklärungsirrtums in Betracht (Brehm, FS Niederländer, 1991, S. 233, 240; einschr. Köhler, AcP 182 (1982), 126, 136). Das selbe gilt bei fehlerhaftem Datentransfer, wenn die Erklärung zwar richtig eingegeben, aber durch eine unerkannt fehlerhafte Software des Erklärenden unrichtig (verfälscht) an den Empfänger weitergeleitet wird (BGH NJW 2005, 976, 977). Zum gesetzlich besonders geregelten Fall der unrichtigen Übermittlung einer Willenserklärung durch eine verwendete Einrichtung (Internetdienst) iÜ vgl. § 120 BGB [Beck’scher Online-Kommentar BGB/Wendtland, § 119 BGB, Rn. 29].

Statt § 120 BGB würde man sich hier auf § 119 BGB als Anfechtungsgrund berufen.
III. Konstruktion 3: PayPal hat die Gewinnmitteilung schon vorbereitet und irgendwo im System abgelegt. Das System von PayPal hat sodann ohne Zutun und ohne „Aufforderung“ den Emailversand getätigt. Es sollte keine Testmail oder ähnliches versendet werden, sondern die Technik war außer Rand und Band und hat einfach drauf losgesendet.
Sollte diese Konstellation vorliegen, muss man unweigerlich an die abhandengekommene Willenserklärung denken, also die Situation, dass eine Willenserklärung ohne Willen des Erklärenden in Verkehr gebracht wurde (z.B. durch die Putzfrau).
Eine Willenserklärung ist abgegeben, wenn der Erklärende alles getan hat, was für das Wirksamwerden der Willenserklärung erforderlich ist. Zur Vollendung des Erklärvorgangs besteht bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen zusätzlich die Notwendigkeit, diese an den Empfänger zu richten. Dies manifestiert sich bei schriftlichen Willenserklärungen unter Abwesenden durch die Absendung der Nachricht, bei einer Email also mit dem Sendebefehl und dessen Ausführung [Münchener Kommentar zum BGB/Einsele, § 130 BGB, Rn.13]. Dieser Befehl würde in der vorliegenden Situation fehlen und die technische Einrichtung hat die vorbereitete Willenserklärung selbstständig in Verkehr gebracht. Die Sachlage ist also mit dem des Putzfrauenfalls identisch – die Willenserklärung ist ohne den Willen des Erklärenden in den Verkehr gelangt.
Ob eine solche Erklärung wirksam ist oder nicht, bemisst sich danach, ob der Erklärende die Inverkehrbringung zu vertreten hat. Diese Fälle entsprechen in ihrer rechtlichen Situation denen des fehlenden Erklärungsbewusstseins und die Willenserklärung wird aufgrund des entstehenden Rechtsscheins als abgegeben angesehen.
„Vertretenmüssen“ wird beispielsweise angenommen, wenn eine Person im Organisationsbereich des Erklärenden (z.B. seine Sekretärin) eine Mitteilung in der Meinung aufgibt, diese sei versehentlich liegen geblieben, der Erklärende diese aber in Wirklichkeit absichtlich zurückhielt.
Hier ist wie immer zu differenzieren: Würde bei der Sekretärin das Vertretenmüssen wohl zu bejahen sein, käme dies bei der fremd angestellten Putzfrau wohl eher weniger in Frage. Bei einem Computersystem wie im PayPal-Fall lässt sich leicht in beide Richtungen argumentieren. Zum einen ließe sich sagen, dass Softwarefehler in deren Organisationsbereich fallen oder aber auch genau das Gegenteil, weil man in eine Software Vertrauen haben kann und solche Fehler nicht vorhersehbar sind.
Rechnet man die Erklärung zu, stellt sich noch die Frage, wie mit mangelndem Erklärungsbewusstsein umzugehen ist.
Die Rspr. geht davon aus, dass mangelndes Erklärungsbewusstsein sowohl bei ausdrücklichen als auch bei konkludenten Willenserklärungen nicht dazu führen kann, dem Verhalten den Charakter einer Willenserklärung zu nehmen. Mangelndes Erklärungsbewusstsein ist daher nach den Regeln des § 119 I BGB über die Anfechtung wegen Erklärungsirrtums zu behandeln [Münchener Kommentar zum BGB/Armbrüster, § 119 BGB, Rn.1].
Insofern würde man bei einer rechtsgeschäftsähnlichen Handlung ebenfalls zur Anwendung der Anfechtungsregeln gelangen, ggf. doppelt analog.
Würde man die Zurechnung verneinen und im Ergebnis davon ausgehen, dass die Erklärung ohne Willen des Erklärenden in den Verkehr gebracht wurde, so ist sie unwirksam. Eine Anfechtung erübrigt sich.
Hier drängt sich sodann die Frage auf, ob dem Empfänger ein Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens analog § 122 BGB zusteht. Nicht eindeutig äußert sich in diesem Zusammenhang die BT-Drucks. 14/4987 S. 11: Danach soll der „Erklärende“ zwar analog § 122 haften, wenn der Sende-Befehl bei einer E-Mail ohne seinen Willen aktiviert wurde; unklar ist aber, ob sich dies nur auf den Fall einer dennoch dem „Erklärenden“ zurechenbaren Erklärung oder auch auf den hier behandelten Fall beziehen soll, dass diese Erklärung dem „Erklärenden“ nicht mehr zurechenbar ist. Weitgehend wird eine solche Haftung jedenfalls abgelehnt [Palandt/Ellenberger, § 122 BGB, Rn. 2].
Denkbar ist weiterhin ein Anspruch nach §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 auf Ersatz des Schadens, den der Empfänger im Vertrauen auf die Gültigkeit der Erklärung erlitten hat. Da es sich hierbei aber um eine Verschuldenshaftung handelt, müsste der Fall so gestrickt sein, dass der Erklärende von der Absendung seiner Erklärung erfährt und den Empfänger hierüber nicht aufklärt [Münchener Kommentar zum BGB/Einsele, § 130 BGB, Rn.14].
IV. Fazit: Dass vor Gericht jemand Erfolg mit dem Vorbringen nach § 661a BGB haben kann, halte ich für unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Entscheidend und von großem Gewicht ist für mich die Offensichtlichkeit des Fehlers, denn auf der Gewinnspielseite verspricht PayPal lediglich zehn Gewinne pro Woche. Damit dürfte tatsächlich von der oben angenommenen Beweisbarkeit der technischen Panne auszugehen sein.
Für Empfänger der Email bedeutet dies aber: Augen auf! Ein Anspruch nach §661a BGB sehe ich hier als entstanden an. Trudelt in der nächsten Zeit keine Email ein und es liegt tatsächlich eine der obigen Konstellation vor, hat PayPal die Anfechtungsfrist verstreichen lassen! Man könnte sodann tatsächlich einen Anspruch auf 500 € haben. Insofern kann ich mich Stiftung Warentest anschließen und zumindest dazu raten, die Gewinnmitteilung vorsorglich zu archivieren.
Update:
Noch am Freitag den 07.06.2013 hat PayPal begonnen die Anfechtungserklärungen an die Betroffenen zu versenden:
Ungültige Mitteilung zum PayPal-Gewinnspiel

Guten Tag Max Mustermann,
heute haben wir Sie darüber informiert, dass Sie beim Gewinnspiel „Willste? Kriegste!“ gewonnen haben und eine Gutschrift auf Ihrem Konto erfolgt ist.
Leider wurde diese Email aufgrund eines Fehlers und technischen Versehens versandt und ist daher ungültig. Auf ihrem PayPal-Konto wurde kein Geld gutgeschrieben. Wir bedauern diesen Fehler und entschuldigen uns für alle eventuell entstandenen Unannehmlichkeiten.
Das Gewinnspiel läuft noch weitere 9 Wochen. Gewinner dieser Woche und aller folgenden Wochen erhalten eine Gutschrift auf Ihrem PayPal-Konto und werden separat per Email benachrichtigt.
Wir entschuldigen uns nochmals für eventuelle Unannehmlichkeiten und bedanken uns für Ihr Verständnis.
Viele Grüße
Ihr Team von PayPal
Zur Klarstellung: Diese Mitteilung stellt eine Anfechtung der Email vom 7.6.2013 in Bezug auf das Gewinnspiel nach
§§ 119, 120 BGB dar.

07.06.2013/15 Kommentare/von Patrick Birtel
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Patrick Birtel https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Patrick Birtel2013-06-07 19:01:452013-06-07 19:01:45PayPal – Willste? Kriegste! – Erste Einschätzung der Rechtslage

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