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Schlagwortarchiv für: Gebühren

Gastautor

Zur Diskussion über die Rundfunkabgabe

Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Tagesgeschehen, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht

Wir freuen uns einen Gastbeitrag von Julia Stinner veröffentlichen zu können. Sie hat in Bonn studiert und wählte den Schwerpunkt „Staat und Verfassung im Prozess der Internationalisierung“. Sie ist derzeit als studentische Mitarbeiterin am Strafrechtlichen Institut der Universität Bonn bei Prof. Dr. Kindhäuser tätig. Ihr Artikel befasst sich mit der Problematik des neu eingeführten pauschalen Rundfunkbeitrags, dessen Pflicht zur Entrichtung nicht mehr an die tatsächliche Rundfunkteilnahme, sondern generell an das Innehaben einer Wohnung, einer Betriebsstätte oder eines nicht lediglich privat genutzten Fahrzeugs gekoppelt ist.

 Zur Diskussion über die Rundfunkabgabe

Viel diskutiert, berichtet und gestritten wird aktuell über den Rundfunkbeitrag, der seit Anfang des Jahres die Gebühr zur Nutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ablöste. Mit einem Streifzug durch das Abgabensystem, einer kurzen Darstellung der finanzverfassungsrechtlichen Hintergründen und einem Aufzeigen der angebrachten Kritik soll vorliegend das Thema insoweit behandelt werden, dass auch ohne Spezialwissen die Problematik erkannt und nachvollzogen werden kann.
I. Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch die Bürger
Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk kommt neben einem Grundversorgungsauftrag für eine unabhängige, demokratische und pluralistische Meinungsbildung vor allem eine bedeutende historische Funktion als dezentrale Einrichtung der Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg zu. Auf Initiative der damaligen Besatzungsmächte wurden erst sechs, später neun Landesrundfunkanstalten gegründet, die bis heute existieren.[1] Dabei umfasst der Begriff des Rundfunks sowohl Hörfunk- als auch Fernsehprogramme.
Weil der öffentlich-rechtliche Rundfunk staatsfern finanziert werden sollte, um Unabhängigkeit zu wahren und staatlichen Einfluss zu verhindern (anders als in der Weimarer Republik), fand die Finanzierung bis zum 31.12.2012 über eine Rundfunkgebühr statt. Alle zahlungspflichtigen Bürger ermöglichten mit den aus der Gebühr zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln die Basis der Arbeit und Programme von ARD, ZDF und beispielsweise des Deutschlandradios. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen Rundfunkurteilen wiederholt darauf hingewiesen, dass der Rundfunk elementar für eine öffentliche und individuelle Meinungsbildung sei und dass ein Mindestmaß an inhaltlicher Ausgewogenheit, Sachlichkeit und gegenseitiger Achtung aller gesellschaftlich relevanten Kräfte gewährleistet werden muss.[2]
II. Finanzverfassungsrechtliche Möglichkeiten der Abgabenerhebung
Aus diesem Grundauftrag, der dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zukommt, folgt aber nicht zwingend eine Finanzierung über Gebühren, wie sie jahrelang erfolgte. Für die Forderung von Abgaben ist zunächst primär das Grundgesetz mit seinen finanzverfassungsrechtlichen Regelungen der Art. 104a ff. GG Maßstab. Vorgesehen ist dort in erster Linie die Finanzierung allgemeiner Aufgaben durch Steuern, die in klaren und verbindlichen Grenzen von den Bürgern erhoben werden dürfen (sog. Steuerstaatsprinzip).
Dass das Grundgesetz strikte und grundsätzlich abschließende Regelungen zu Fragen der Einführungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenz für steuerliche Abgaben enthält, kommt vor allem auch den Bürgern zugute, die dadurch vor weiteren außerplanmäßigen Belastungen und finanziellen Eingriffen geschützt werden sollen. Die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben soll die Schutzfunktion, die freiheits- und gleichheitsschützend neben den staatsorganisationsrechtlichen Inhalt der Finanzverfassung tritt, nicht aushebeln.
Nichtsteuerliche Abgaben sind Gebühren, Beiträge und Sonderabgaben.
Zur Abgrenzung sei daher jeweils ein Definitionsansatz der verschiedenen Abgabentypen erlaubt:
1) Eine Steuer ist eine Zahlungspflicht des Bürgers an den Staat, die ohne konkrete Gegenleistung erfolgt und der Finanzierung allgemeiner Aufgaben dient; siehe auch die Legaldefinition in § 3 I Hs 1 AO.
2) Gebühren und Beiträge hingegen sind sogenannte Vorzugslasten, die dem Bürger für einen vom Staat gewährten Vorteil auferlegt werden. Die Gebühr stellt dabei auf die tatsächliche Inanspruchnahme einer Leistung ab, während der Beitrag die reine Möglichkeit des infrastrukturellen Zugangs genügen lässt (Bsp: Rückmeldegebühr an der Uni – Sozialversicherungsbeiträge).
3) Sonderabgaben schließlich richten sich an eine homogene und klar abgrenzbare Gruppe von Personen, die zur Finanzierung eines konkreten außerfiskalischen Zwecks belastet werden, weil sie eine besondere Sachnähe zu diesem Zweck aufweisen. Ein zulässiges Beispiel ist etwa die Abgabe deutscher Banken zur Finanzierung der Aufsichtstätigkeit der BaFin (zur finanzverfassungsrechtlichen Zulässigkeit parafiskalischer Sonderabgaben siehe in diesem Zusammenhang bereits hier).
III. Unterschied der Gebühren- und Beitragsfinanzierung des Rundfunks
Die alte Rundfunkgebühr knüpfte ihrer Definition nach an der tatsächlichen Nutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an. Dies war historisch jedenfalls insofern gerechtfertigt, als der Rundfunk ursprünglich der Reichspost zugeordnet war und es keine anderen Möglichkeiten der Inanspruchnahme gab. Diese Legitimation ist jedoch mit Einführung eines dualen Rundfunksystems, also dem Nebeneinander von privatem und öffentlich-rechtlichem Rundfunk entfallen. Der Gebühr kam daher zum Teil bereits faktische Beitragswirkung zu, weil nicht mehr auf die tatsächliche Inanspruchnahme des Rundfunks, sondern größtenteils auf eine potentielle Nutzungsmöglichkeit abgestellt wurde.
Der nun eingeführte Beitrag knüpft jedoch nicht an die Nutzungsmöglichkeit an sich an, sondern rückt vielmehr die sogenannten Raumeinheiten in den Fokus. In der Einleitung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages der Länder (RBStV) heißt es dazu: „Jetzt ist Anknüpfungspunkt der Beitragspflicht allein das Innehaben einer Wohnung, einer Betriebsstätte oder eines nicht lediglich privat genutzten Fahrzeugs.“ Weil in den meisten Fällen der Haushalt Konnexitätspunkt geworden ist, titelten schon kurz darauf viele Medien mit der neuen Haushaltsabgabe. Ob überhaupt ein Empfangsgerät vorhanden ist, ist nunmehr irrelevant. Hauptunterschied der Systeme ist also der Ansatzpunkt zur Abgabenpflicht.
IV. Kritik am derzeitigen Beitragssystem
Eben dieser Hauptunterschied ist Nährboden für Kritik. Die Anknüpfung am Haushalt auszurichten, kommt in der Wirkung nahezu einer Steuer gleich. Diese Finanzierungsmöglichkeit findet durchaus Fürsprecher mit der Überlegung, dass die Rundfunkgrundversorgung als öffentliche Aufgabe eben auch von der Gesamtbevölkerung nach steuerrechtlichen Prinzipien zu tragen sei.[3] Eine Steuer wäre jedoch bereits formell verfassungswidrig, weil es den Ländern an einer Gesetzgebungskompetenz fehlt.[4] Den Rundfunkanstalten fehlt, anders als etwa den Kirchen als öffentlich-rechtliche Körperschaft, die Kompetenz des Steuerertrages.[5] Zudem erscheint problematisch, dass die Rundfunkabgabe zweckgebunden ist und damit dem Wesen einer Steuer widersprechen würde.[6]
Scheidet eine steuerbasierte Finanzierung demnach aus, stehen dem Beitragsmodell weitere, nicht von der Hand zu weisende, kritische Argumente entgegen: Ausgangspunkt der Reformüberlegungen war zunächst, dass der technischen Entwicklung Rechnung getragen werden sollte. Auch neuartige Empfangsgeräte sollten von der Abgabenpflicht umfasst, die steigenden Vollzugs- und Erhebungsprobleme vermieden und so für mehr Gerechtigkeit unter den Abgabenschuldnern gesorgt werden. Problematisch erscheint nun allerdings, dass die Beitragspflicht von der Rundfunkteilnahme vollständig entkoppelt wurde.[7] Jeder, der mit einer Wohnung gemeldet ist, eine Betriebsstätte oder ein gewerblich genutztes Kfz unterhält, zahlt 17,98 Euro pro Monat. Ein reduzierter Betrag, wie für die frühere Nutzung etwa nur eines Radios, ist entfallen. Ein solch einheitlicher Beitrag dürfte indes als eine zulässige Typisierung bei massentypischen Vorgängen angesehen werden – fraglich ist aber, wo die Grenze des Zulässigen liegt.[8] Paul Kirchhof, der die Grundlage für dieses System mit seinem Gutachten legte, zieht bei dieser Typisierung folgenden Vergleich: „Belastet werden die Menschen, die eine Leistung üblicherweise nutzen. Das ist vergleichbar einer Kurtaxe, die jeder Urlauber zahlt, auch wenn er nie in den Kurpark geht, oder einem Anliegerbeitrag für neue Straßen, auch wenn der Anlieger kein Auto fährt“[9]. Dagegen kann eingewendet werden, dass die Begünstigung einer mediengestützten Informationskultur nicht den für eine Vorzugslast erforderlichen Vorteil begründe und dass es an einem individuell zurechenbaren Vorteil fehle.[10] Die Unwiderlegbarkeit der Vermutung, dass jeder Haushalt den Rundfunk nutzt, sprengt daher wohl die Grenze des Zulässigen.
Befürworter des Beitrags führen dagegen ins Feld, dass es statistisch bewiesen sei, dass nahezu 100% der Haushalte über irgendein Gerät verfügten, mit dem Rundfunkempfang möglich und daher eine Beitragspflicht geboten und billig sei. Bei einer solch hohen Ausstattungsquote sei es zulässig, die Abgabenpflicht nicht mehr an die Rundfunkempfangsgeräte selbst anzuknüpfen, sondern an solche Raumeinheiten, in denen die Geräte typischerweise stünden, eingebaut seien bzw. genutzt würden.[11] Die jeweils hinter den Raumeinheiten stehenden sozialen Gruppen seien durch diese Zuordnung hinreichend eingegrenzt und könnten daher auch nach § 2 III 1 RBStV i.V.m. § 44 AO gesamtschuldnerisch herangezogen werden. Die Rechtfertigung wird nach diesem Ansatz wohl auf das unvermeidbare Phänomen von solidarischen Finanzierungsmodellen gestützt.
Stichhaltiger dürfte jedoch die Position der Kritiker sein, die insbesondere auch auf einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 I GG abstellt. In Verbindung mit der Beitragspflicht betrieblich genutzter Kfz ist höchst fraglich, warum diese abgabenpflichtig sein sollen, privat genutzte dagegen nicht. Degenhart spricht von einer „signifikanten Ungleichbehandlung gegenüber dem privaten Bereich“[12]. Darüber hinaus ist in der Erfassung betrieblich genutzter Kfz faktisch die Wiedereinführung einer (systemwidrigen) gerätebezogenen Gebühr zu erblicken, mit der sich der Gesetzgeber vom Erfordernis des auf die Person konzentrierten Abgabenbestandes entfernt.[13]
Ein weiterer Streitpunkt ist schließlich die Aufkommensneutralität: Während die Rundfunkanstalten weitestgehend dementieren, dass sie mehr Geld in Zukunft zur Verfügung haben, weil ein etwaig erhöhtes Beitragsaufkommen auf folgende Zeiträume angerechnet würde, steht dem jedoch entgegen, dass durch insgesamt höhere Zahlungsverpflichtungen und dafür nun nicht mehr vorhandene Vollzugsdefizite die Mehreinnahmen so beträchtlich sein dürften, dass sie über das „Maß des Funktionsnotwendigen“[14] hinausgehen.
V. Ausblick
Davon ausgehend, dass selbst Kritiker wie Degenhart ein Beitragsmodell für grundsätzlich realisierbar halten[15] und dass von einer ebenso grundsätzlichen Verfassungskonformität einer beitragsartigen Finanzierung[16] ausgegangen werden kann, ist die konkrete Ausgestaltung des jetzigen Systems jedoch höchst zweifelhaft. Noch sind erste Entscheidungen offen, aber zweifelsfrei werden sich die Gerichte mit der Loslösung der Zahlungspflicht vom tatsächlichen Rundfunkempfang, den näheren Ausgestaltungen für die Betriebe und der Beitragspflicht für gewerblich genutzte Kfz- im Gegensatz zu privat genutzten – auseinander setzen müssen. Die Diskussion um den Rundfunkbeitrag ist daher wohl noch lange nicht abgeschlossen.


[1]       Landesrundfunkanstalten sind z.B. der SWR, NDR oder der WDR.
[2]       Vgl. BVerfGE 12, 205, (260ff.).
[3]       Vgl. Waldhoff, AcP 2011, 1, (4).
[4]       Zum Gutachten von Christoph Degenhart siehe FAZ vom 26. Januar 2013; ferner auch Schneider, NVwZ 2013, 19.
[5]       Siehe hierzu den abschließenden Katalog des Art. 106 GG; bzgl der Kirchen Art. 140 GG iVm Art. 137 VI WRV.
[6]       So auch Kösters, ZUM 2012, 946, (948).
[7]       Vgl. Degenhart, ZUM 2011, 193.
[8]       Vgl. BVerwG, Urt. v. 27.10.2010 – NJW 2011, 946.
[9]       Siehe Interview mit Paul Kirchhof in der FAZ vom 19. Januar 2013. Auch online abrufbar unter: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/recht-steuern/paul-kirchhof-im-gespraech-der-rundfunkbeitrag-ist-wie-eine-kurtaxe-12030778.html.
[10]     Vgl. Sachs/Siekmann, GG, 5. Aufl. 2009, Vor Art. 104 a, Rn. 116.
[11]      Vgl. Schneider, NVwZ 2013, 19, (21).
[12]      Siehe Degenhart, ZUM 2012, 197.
[13]      Vgl. Degenhart, ZUM 2011, 193, (197).
[14]      Siehe BVerfGE 119, 181, (219).
[15]      Vgl. Degenhart, ZUM 2011, 193f.

[16]      Vgl. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, Stand: 2005, § 13 RfStV, Rn. 7.


20.02.2013/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2013-02-20 09:00:422013-02-20 09:00:42Zur Diskussion über die Rundfunkabgabe
Zaid Mansour

Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Sonderabgaben mit Finanzierungsfunktion

Öffentliches Recht, Schon gelesen?, Schwerpunktbereich, Verfassungsrecht, Verschiedenes

In Zeiten wachsender Staatsverschuldung und stetig steigenden Finanzbedarfs versucht der Staat seine finanziellen Begehrlichkeiten zunehmend durch die Einführung neuer Abgaben zu stillen. Die Finanzierungssonderabgabe ist im Laufe der Jahre trotz vehementer Kritik aus dem Schrifttum zu einem festen Bestandteil unserer Verfassungswirklichkeit geworden. Die vielseitigen Ausgestaltungs- und Zwecksetzungsmöglichkeiten haben die Sonderabgabe zu einer fiskalischen Allzweckwaffe des Gesetzgebers werden lassen. Auch wenn sich dieses Thema nicht unbedingt in den Kanon hochgradig examensrelevanter Themen einreiht, so ist es dennoch, gerade für Studenten mit öffentlich-rechtlichem Schwerpunkt, nicht schädlich sich mit den (finanz)verfassungsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen dieser Abgabenart auseinandergesetzt zu haben. Im Folgenden werden zunächst die Gesichtspunkte dargestellt, die aus verfassungsrechtlicher Sicht Bedenken gegenüber dem Finanzierungsmittel der Sonderabgabe aufwerfen (I.), sodann wird die Finanzierungssonderabgabe von den anderen gängigen Abgabenarten, namentlich Steuer, Gebühr und Beitrag, abgegrenzt (II.). Im Anschluss daran werden die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Zulässigkeitsvoraussetzungen aufgezeigt (III.).
I. Verfassungsrechtlich bedenkliche Gesichtspunkte im Hinblick auf Finanzierungssonderabgaben
1. Ordnungsfunktion der Finanzverfassung
Die verfassungsrechtliche Relevanz von Sonderabgaben mit Finanzierungsfunktion ergibt sich zunächst aus der Tatsache, dass sie sich in gesetzgebungskompetenzrechtlicher Hinsicht außerhalb der Regelungen der Art. 104a ff. GG bewegen. Die grundgesetzliche Finanzverfassung regelt die bundesstaatliche Verteilung der Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenzen im Wesentlichen allein für das Finanzierungsmittel der Steuer, was jedoch die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben nicht ausschließt. Die Gesetzgebungskompetenz für die Erhebung von Sonderabgaben folgt aus der jeweiligen Sachgesetzgebungskompetenz (Art. 70 ff. GG). Die verfassungsrechtliche Brisanz ergibt sich hierbei aus der Gefahr, dass die finanzverfassungsrechtlichen Normen ihren Sinn und ihre Funktion verlören, wenn der Gesetzgeber unter Rekurs auf die Sachgesetzgebungskompetenzen nach seinem Belieben nichtsteuerliche Abgaben erheben könnte und dabei die finanzverfassungsrechtlichen Verteilungsregeln umgeht. Zudem hätte der Staat damit auch eine weitere Zugriffsmöglichkeit auf das nicht endlose Vermögen seiner Bürger. Insoweit spricht das Bundesverfassungsgericht zu Recht von der grundrechtssichernden Funktion der verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung.
2. Vollständigkeit des Haushaltsplans und das parlamentarische Budgetrecht
Zu den verfassungsrechtlichen Budgetgrundsätzen gehören vor allem die Grundsätze der Vollständigkeit und der Einheitlichkeit des Haushaltsplans. Das Prinzip der Vollständigkeit des Haushaltsplans soll vor allem die parlamentarische Entscheidungs- und Kontrollhoheit über alle staatlichen Einnahmen sichern und die Distanz zwischen Finanzier und parlamentarischer Verwendungsentscheidung des Finanzaufkommens gewährleisten. Die besondere Zweckbindung von Sonderabgaben hat zur Folge, dass die dadurch gewonnenen Finanzressourcen außerhalb des Haushaltsplans bleiben und sich damit als „haushaltsflüchtige“ Abgaben der periodische wiederkehrenden Kontrolle durch das Parlament entziehen.
3. Die Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen
Verfassungsrechtliche Bedenken rufen Finanzierungssonderabgaben auch in Bezug auf das Erfordernis der Belastungsgleichheit hervor. Das Erfordernis der Belastungsgleichheit findet seinen dogmatischen Ursprung im Grundsatz der Leistungsfähigkeit, dem Hauptprinzip bei der Erhebung von Steuern. Der Abgabenschuldner einer Sonderabgabe ist regelmäßig auch steuerpflichtig und wird damit schon zur Finanzierung der Gemeinlast herangezogen. Daher bedarf die darüber hinausgehende nichtsteuerliche Inanspruchnahme, die dem Einzelnen eine weitere finanzielle Last aufbürdet, einer besonderen sachlichen Rechtfertigung.
II. Abgrenzung zum Steuer-, Gebühren- und Beitragsbegriff
Da eine abschließende positive Definition des Sonderabgabenbegriffs bislang nicht gelungen ist, konkretisiert das Bundesverfassungsgericht den materiellen Gehalt von Sonderabgaben, indem es Sonderabgaben von den üblichen Instrumenten des Abgabenrechts, namentlich der Steuer, der Gebühr und dem Beitrag, abzugrenzen versucht. Danach liegt eine Sonderabgabe regelmäßig dann vor, wenn es sich bei der jeweiligen Abgabe weder um eine Steuer, Gebühr oder einen Beitrag handelt. Der Rückgriff auf einen Sachgesetzgebungstitel der Art. 70 ff. GG ist nämlich nur dann zulässig, wenn es sich bei der Abgabe nicht um eine Steuer handelt.  Die Abgrenzung stellt dabei im Rahmen der bundesverfassungsgerichtlichen Überprüfung den ersten Prüfungsschritt dar. Die Prüfung der eigentlichen Zulässigkeitskriterien folgt dabei in einem zweiten Schritt.
1. Der Steuerbegriff
Der verfassungsrechtliche Steuerbegriff wird im Grundgesetz nicht explizit konkretisiert, vielmehr knüpft der Steuerbegriff des Grundgesetzes an die Begriffselemente des allgemeinen Abgabenrechts an (vgl. die Legaldefinition aus § 3 AO). Maßgeblich ist hierbei, dass Steuern zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs eines öffentlichen Gemeinwesens gegenleistungsfrei erhoben werden. Sonderabgaben dienen demgegenüber der Finanzierung eines besonderen Finanzbedarfs, welchen der Gesetzgeber tatbestandlich als Sonderlast ausweisen muss um ihn so der Finanzierungsverantwortung einer bestimmten Gruppe zuzuordnen. Entscheidend ist also, dass Sonderabgaben zu einem über die bloße Finanzmittelbeschaffung hinausgehenden Zweck erhoben werden. Des Weiteren zieht das Bundesverfassungsgericht das Kriterium des Haushaltszuflusses zur Abgrenzung von Steuern und Sonderabgaben heran. Fließt das Finanzaufkommen der jeweiligen Abgabe nicht in den allgemeinen Haushalt, sondern in einen Sonderfond, so geht das Bundesverfassungsgericht regelmäßig davon aus, dass es sich um eine nichtsteuerliche Sonderabgabe handelt, obwohl es einst ausdrücklich anmerkte, dass die haushaltsmäßige Behandlung einer Abgabe keinen Einfluss auf deren rechtliche Qualifikation habe.
2. Der Gebührenbegriff
Gebühren gehören ebenso wie Beiträge zu den traditionellen Abgabenarten, die im Gegensatz zur Steuer nicht „voraussetzungslos“, sondern als Gegenleistung für eine staatliche Leistung erhoben werden. Wesentliches Unterscheidungsmerkmal der Sonderabgaben von Gebühren und Beiträgen ist die Gegenleistungsfreiheit der Steuer und die Inanspruchnahme der Gesamtheit einer abgabepflichtigen Gruppe, unabhängig davon, ob eine konkrete oder potentielle Inanspruchnahme staatlicher Leistungen stattgefunden hat. Gebühren zeichnen sich also dadurch aus, dass sie zu individuell zuordenbaren Sondervorteilen führen, die wiederum Behördenkosten nach sich ziehen, die es mit Hilfe einer Gebühr auszugleichen gilt.
3. Der Beitragsbegriff
Beiträge werden für die potentielle Inanspruchnahme einer staatlichen Leistung oder Einrichtung erhoben, um die Interessenten an den Kosten einer öffentlichen Einrichtung zu beteiligen. Anders als bei Gebühren kommt es also nicht auf die tatsächliche Inanspruchnahme einer staatlichen Leistung an. Maßgeblich ist vielmehr die potentielle Möglichkeit der Nutzung eines staatlich vermittelten Sondervorteils.
III. Verfassungsrechtliche Zulässigkeitsvoraussetzungen von Sonderabgaben mit Finanzierungsfunktion
Die heute maßgeblichen Zulässigkeitskriterien für Finanzierungssonderabgaben hat das Bundesverfassungsgericht erstmals im Jahre 1980 in seiner Entscheidung über die Berufsausbildungsabgabe (vgl. BVerfGE 55, 275 (309 ff.)) herausgearbeitet und im Laufe der Jahre weiterentwickelt. Maßgebend waren dabei der Aspekt des Schutzes der grundgesetzlichen Finanzverfassung, das Prinzip des Steuerstaates sowie der Individualschutz der Abgabepflichtigen.
1. Verfolgung eines Sachzwecks
Damit sich der Abgabengesetzgeber auf eine spezifische Sachgesetzgebungskompetenz stützen kann muss mit der Sonderabgabe ein Sachzweck verfolgt werden, der einem der in Art. 70 ff. GG genannten Sachtitel zugeordnet werden kann. Nach Lesart des Bundesverfassungsgerichts darf der Gesetzgeber sich des Finanzierungsinstruments der Sonderabgabe nur zur Verfolgung eines Sachzwecks bedienen, der über die bloße Mittelbeschaffung hinausgeht.
2. Gruppenhomogenität der Abgabepflichtigen
Eine gesellschaftliche Gruppe darf nur dann mit einer Sonderabgabe belastet werden, wenn sie hinsichtlich des mit der Abgabe verfolgten Zweckes durch eine gemeinsame, in der Rechtsordnung oder gesellschaftlichen Wirklichkeit vorgegebene Interessenlage oder durch gemeinsame Merkmale von der Allgemeinheit bzw. anderen Gruppen abgrenzbar ist. Eine besondere Rolle spielt dabei die Frage, ob die Abgabepflichtigen bei der Ausübung ihrer (wirtschaftlichen) Tätigkeit den gleichen gesetzlichen Regelungswerken unterworfen sind. Dabei greift das Bundesverfassungsgericht in jüngster Zeit auch europarechtliche Gesichtspunkte auf, indem es darauf verweist, dass die jeweils abgabepflichtige Gruppe von der europäischen Rechtsordnung als Gruppen vorstrukturiert ist.
3. Sachnähe der Abgabepflichtigen zum Abgabezweck
Die Erhebung einer Finanzierungssonderabgabe setzt außerdem eine spezifische Sachnähe der belasteten Gruppe zum mit der Abgabe verfolgten Zweck voraus. Die Gruppe der Abgabepflichtigen muss also dem mit der Sonderabgabe verfolgten Zweck evident näher stehen als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler.
4. Besondere Finanzierungsverantwortung
Aus der besonderen Sachnähe der belasteten Gruppe muss sich zudem eine besondere Finanzierungsverantwortung der Abgabepflichtigen hinsichtlich der mit der Abgabe zu finanzierenden Aufgabe ergeben. Dabei greift das Bundesverfassungsgericht regelmäßig den Verursachergedanken auf, wonach es erforderlich ist, dass die belastete Gruppe einen bestimmten Bedarf staatlichen Tätigwerdens zu verantworten haben muss.
5. Gruppennützige Verwendung des Abgabenaufkommens
Eine weitere verfassungsrechtliche Zulässigkeitsvoraussetzung für Finanzierungssonderabgaben ist die gruppennützige Verwendung des durch die Sonderabgabe erzielten Finanzaufkommens. Danach muss das Abgabenaufkommen zumindest mittelbar im Interesse der Gesamtgruppe der Abgabepflichtigen verwendet werden.
6. Haushaltsrechtliche Dokumentationspflicht
Die hinsichtlich der Budgetflüchtigkeit von Sonderabgaben bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken hat das Bundesverfassungsgericht in seiner neueren Rechtsprechung, mit Blick auf die stetig wachsende Sonderabgabengesetzgebung des Bundes und der Länder, durch das Erfordernis einer haushaltsrechtlichen Informationspflicht entschärft. Zum Schutze des parlamentarischen Budgetrechts sind Sonderabgaben in einer dem Haushaltsplan beigefügten Anlage zu dokumentieren um sicherzustellen, dass es keine der parlamentarischen Kontrolle entzogenen „schwarzen Kassen“ der Exekutive gibt.
7. Überprüfungspflicht des Gesetzgebers
Schließlich muss der jeweilige Sonderabgabengesetzgeber in angemessenen Zeitabständen überprüfen, ob seine Entscheidung für den Einsatz des Finanzierungsinstruments Sonderabgabe wegen veränderter Umstände aufzuheben oder zu ändern ist. Hintergrund dieses Zulässigkeitskriteriums ist der vom Bundesverfassungsgericht in älteren Entscheidungen oftmals zitierte Grundsatz wonach die Sonderabgabe im Vergleich  zur Steuer eine „seltene Ausnahme“ bleiben soll.
 

16.05.2012/0 Kommentare/von Zaid Mansour
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Zaid Mansour https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Zaid Mansour2012-05-16 07:37:512012-05-16 07:37:51Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Sonderabgaben mit Finanzierungsfunktion

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