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Schlagwortarchiv für: Fußballfans

Dr. Maximilian Schmidt

VG Darmstadt: Kein allgemeines Betretungsverbot für Fußballfans per Allgemeinverfügung

Öffentliches Recht, Polizei- und Ordnungsrecht, Schon gelesen?, Startseite, Tagesgeschehen, Verwaltungsrecht

Aktuell sorgt ein von der Stadt Darmstadt ausgesprochenes Betretungsverbot für Eintracht Frankfurt Fans für den Zeitraum rund um das Bundesligaspiel am Samstag gegen den SV Darmstadt 98 um 15:30 Uhr für Schlagzeilen. Inzwischen ist diese Verfügung durch das VG Darmstadt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes aufgehoben worden (s. Pressemitteilung). Da dieser Fall nicht nur für Fußballfans, sondern auch für Juristen von besonderem Interesse ist, sollen die Problemkreise dieser Verfügung kurz erläuternd dargestellt werden. Insbesondere in einer mündlichen Prüfung in den nächsten Wochen könnte der Sachverhalt Ausgangspunkt von Fragen rund um das Verwaltungsrecht sein. Sinnvoll dürfte daher ein kurzer Blick in eine vergleichbare Entscheidung des VG Ansbach sein, die ein allgemeines Betretungsverbot für Club-Fans in Fürth behandelt (VG Ansbach, Beschluss vom 22. November 2012 – AN 5 S 12.02114, juris).
I. Sachverhalt
Die Allgemeinverfügung der Stadt Darmstadt verbietet es jedem Eintracht Frankfurt Fan, der als solcher äußerlich zu erkennen ist, sich im Innenstadtbereich der Stadt Darmstadt aufzuhalten. Leider war die Verfügung im Internet nicht (mehr?) auffindbar. Den Inhalt der Verfügung und deren Begründung gibt der Bürgermeister der Stadt Darmstadt, Rafael Reißer, wieder:

„Da nicht auszuschließen ist, dass Eintracht-Anhänger ihren Aufmarsch aufgrund des Sportgerichtsurteils in Zeiten vor oder nach dem Spieltag verlegen könnten, haben wir aufgrund einer entsprechenden Gefahrenprognose mittels Allgemeinverfügung ein allgemeines Aufenthaltsverbot für Eintracht-Anhänger im Zeitraum vom 29. April, 19 Uhr bis zum 1. Mai, 7 Uhr erlassen. Durch diese Allgemeinverfügung soll sichergestellt werden, dass den Bürgerinnen und Bürgern in der Innenstadt das größtmögliche Maß an Sicherheit zu Teil wird. Auch ich appelliere daher vor allem an die Fans der Frankfurter Eintracht, diese Verfügung zu respektieren und den Anweisungen der Polizei Folge zu leisten.“

II. Rechtsprobleme
Die Verfügung kann unter verschiedenen Gesichtspunkten in einer mündlichen Prüfung unter die Lupe genommen werden:
1. Bereits an der richtigen Rechtsgrundlage bestehen Zweifel. So stützte die Stadt das Betretungsverbot auf die allgemeine Generalklausel (§ 11 HSOPG), obwohl der speziellere Tatbestand des Platzverweises (§ 31 HSOPG) einschlägig ist. Schließlich soll ein Verbot des Aufenthalts für einen bestimmten Zeitraum auf einem bestimmten Gebiet ausgesprochen werden. Für einen Platzverweis müssen konkret nachprüfbare Tatsachen vorliegen, wonach der Adressat der Verfügung eine Straftat begehen würde. Doch nicht jeder, der Eintracht Frankfurt Fan ist oder Fankleidung dieses Vereins trägt, kann dem Kreis potenzieller Straftäter zugerechnet werden. Zwar mögen in der Vergangenheit gerade Fans der Eintracht Frankfurt mit der Begehung von Straftaten im Zusammenhang mit Fußballspielen aufgefallen sein, doch kann nicht angenommen werden, dass jeder Straftaten begehen wird. Voraussetzung des Platzverweises ist nach § 31 Abs. 3 HSOPG aber gerade, dass gegen die Person, die verwiesen wird, entsprechende konkrete Tatsachen vorliegen. Daher ist es an sich schwierig eine Allgemeinverfügung gegen einen unbestimmten Personenkreis auszusprechen, der nur anhand äußerlicher Merkmale zu bestimmen ist.

2. Daneben könnte – inbesondere in einer mündlichen Prüfung – ein Verstoß gegen Art. 11 GG angesprochen werden. Ein solcher läge vor, wenn man von einer Einschränkung der Freizügigkeit ausginge. Allerdings entspricht es der ganz h.M., dass die Freiheit der Person durch ein auf einen bestimmten Bereich beschränktes Betretungsverbot nicht tangiert wird. Allein der Umstand, bestimmte Orte in bestimmter Kleidung nicht besuchen zu dürfen, genügt hierzu nicht.
3. Allerdings verstößt die Verfügung gegen den Grundsatz der Bestimmtheit. Es bleibt unklar, wer Adressat der Verfügung ist: So sollte es genügen, wenn man „erkennbar durch sonstiges Auftreten“ als Eintracht Frankfurt Fan zu bestimmen ist. Hierzu führt das VG Darmstadt in der Pressemitteilung aus:

Insbesondere gehe aus dieser nicht für die Adressaten eindeutig hervor, ob sich das Aufenthaltsverbot an alle Eintracht-Fans oder nur an solche richte, die nach außen als Anhänger/Fans von Eintracht Frankfurt erkennbar seien. Auch bleibe offen, was mit der dortigen Formulierung „erkennbar durch sonstiges Auftreten“ gemeint sei.

4. Schließlich ist die Verfügung im Hinblick auf ihre Zweckverfolgung auch nicht verhältnismäßig. Zwar verfolgt sie mit dem Schutz der öffentlichen Sicherheit einen legitimen Zweck. Doch ist bereits die Geeignetheit der Maßnahme zweifelhaft. Soll nach dem äußeren Auftreten unterschieden werden, sind vor allem „normale“, d.h. nicht gewaltbereite Fans betroffen. Hooligans könnten sich hingegen ohne Fankleidung in die Stadt begeben und wären somit nicht vom Platzverweis erfasst:

Insbesondere könne nicht davon ausgegangen werden, dass die gewaltbereiten Fans in Anbetracht des Betretensverbots durch Fankleidung, Skandieren oder durch sonstiges Auftreten sich zu erkennen gäben.

5. Aufgrund der immensen Streubreite – bereits jeder Sympathisant der Frankfurter Eintracht kann Adressat des Verweises sein – ist Regelung auch nicht verhältnismäßig:

Ein generelles Aufenthaltsverbot gegenüber allen Eintracht-Fans sei daher auch unverhältnismäßig. Die Stadt Darmstadt sei darauf zu verweisen, durch entsprechende Einzelmaßnahmen gegen auffällig gewordene gewaltbereite Fans vorzugehen, was sie offensichtlich auch durch Einzelverfügungen gegenüber bekannten gewaltbereiten Fans bereits veranlasst habe

So ist es gerade möglich – und im Sinne des Grundrechtsschutzes normaler Fans auch notwendig – gegen diejenigen Störer vorzugehen, die tatsächlich Straftaten im Zuge von Bundesligaspielen begehen. Die Unverhältnismäßigkeit der Verfügung wird am Beispiel eines Eintracht-Fans, der in der Innenstadt von Darmstadt wohnt, deutlich: Bei weiter Auslegung der unbestimmten Verfügung dürfte dieser sich auch ohne Fankleidung nicht aus seiner Wohnung begeben, und zwar von Freitagabend bis Sonntagmorgen – ein völlig unverhältnismäßiger Eingriff. Doch auch hinsichtlich der nicht gewaltbereiten Fans setzt die Verfügung auf einen Generalverdacht statt auf konkrete polizeiliche Maßnahmen und ist deswegen unverhältnismäßig.
In Anbetracht der Entscheidung des VG Ansbach aus dem Jahr 2o12, die nahezu eine identische Konstellation behandelt, ist es mehr als verwunderlich, dass die Stadt Darmstadt den gleichen Fehler wie damals die Stadt Fürth noch einmal begeht. Hierdurch könnte bei vielen Eintracht Frankfurt Fans eine gegen die Einsatzkräfte der Polizei gerichtete Stimmung entstehen, die die bereits bestehenden Gefahren potenziert.
6. Prozessuale Einkleidung
Vorliegend handelt es sich um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO.
Brisant war der Hinweis der Stadt Darmstadt vom Freitag, wonach die Verfügung trotz der sechs parallelen Entscheidungen des VG Darmstadt „in Bezug auf alle anderen potenziellen Adressaten“ aufrechterhalten werden sollte. Hier könnten Prüfer die Wirkung eines verwaltungsgerichtlichen Beschlusses bzw. Urteils abfragen. Einige Kommentatoren verstiegen sich in Folge der Ankündigung der Stadt Darmstadt zu der Aussage, dass ein solches Vorgehen gegen die Grundsätze des Rechtsstaates verstieße (s. hier).
Ob die aufschiebende Wirkung nur relativ gegenüber dem Antragssteller (inter partes) oder absolut gegenüber jedermann wiederhergestellt wird, ist bei einer Allgemeinverfügung streitig. Zunächst gilt der Grundsatz, dass der Suspensiveffekt nur für den Antragssteller eintritt. Dies folgt aus den allgemeinen verwaltungsgerichtlichen Grundsätzen, vgl. § 42 Abs. 2 VwGO. Eine Allgemeinverfügung ist zwar auch ein Verwaltungsakt, doch sind von dieser aufgrund ihrer generellen Regelung mehrere Personen betroffen. Daher könnte man annehmen, dass die Regelung der Allgemeinverfügung insgesamt suspendiert wird. Die wohl h.M. differenziert insoweit zwischen personen- und sachbezogenen Allgemeinverfügungen:
Bei personenbezogenen Allgemeinverfügungen tritt der Suspensiveffekt wie gewöhnlich nur für den Antragssteller ein (§ 35 S. 2 Hs. 1 VwVfG).
Bei sachbezogenen Allgemeinverfügungen – insbesondere etwa Verkehrsschildern – hat der Suspensiveffekt hingegen absolute Wirkung (§ 35 S. 2 HS. 2 VwVfG). Andernfalls drohte ein Auseinanderfallen der Rechtslage, was gerade im Straßenverkehr zu erheblichen Gefahren führte – ein Verkehrsschild muss schlichtweg für alle oder keinen Straßenverkehrsteilnehmer gelten.
Im vorliegenden Fall wird man wohl eine personenbezogene Verfügung annehmen müssen, so dass die von der Stadt Darmstadt zunächst angenommene Weitergeltung des Betretungsverbots für alle anderen Fans rechtmäßig erscheint. Allerdings beruhen die Entscheidungen des VG Darmstadt nicht auf Erwägungen des Einzelfalls, sondern auf Bedenken hinsichtlich Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit der Verfügung im Allgemeinen. Alles andere als die nunmehr vorgenommene generelle Aufhebung des Verbots wäre damit nur schwerlich mit einem Kooperationsgebot zwischen Exekutive und Judikative zu vereinbaren gewesen. Zudem wäre es unnötige Förmelei, wenn nunmehr jeder Fan eigenständig gegen die offensichtlich rechtswidrige Verfügung vorgehen müsste.
III. Fazit
Wir sehen: Fußball ist manchmal mehr als nur 90 Minuten, 22 Spieler und ein Ball. Gerade für die mündliche Prüfung bietet dieser Fall erhebliches Diskussions- und Prüfungspotential, so dass die wesentlichen Aspekte und Problemkreise zuvor durchdacht werden sollten.

30.04.2016/0 Kommentare/von Dr. Maximilian Schmidt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2016-04-30 11:00:512016-04-30 11:00:51VG Darmstadt: Kein allgemeines Betretungsverbot für Fußballfans per Allgemeinverfügung
Dr. Marius Schäfer

VG Aachen: Aufenthaltsverbote bei Heimspielen für gewaltbereite Fans der Alemannia Aachen rechtens

Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Polizei- und Ordnungsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Startseite

Sachverhalt
Innerhalb der in Deutschland fast bespiellos gespaltenen Fanszene des Vereines und Fußballclubs Aachener Turn- und Sportverein Alemannia 1900 e. V. (kurz: Alemannia Aachen) gibt es auch durchaus solche Fangruppierungen, die nicht nur eine unterschiedliche Fanzugehörigkeit, sondern auch eine divergierende politische Einstellung zum Anlass nehmen, Gewalt gegenüber Fußballfans anderer Vereine oder sogar der des „eigenen“ Vereines anzuwenden. Insbesondere die Gruppe „Alemannia Supporters“ gerät dabei fortwährend in das Rampenlicht der Medienberichterstattung sowie der Polizei, nachdem es bereits im Dezember 2011, im Verlaufe des Heimspieles der Alemannia gegen Erzgebirge Aue, zu gewaltsamen Übergriffen auf die Fangruppen der „Aachen Ultras“ (ACU) gekommen ist.
So kam es auch im Rahmen des Auswärtsspieles der Alemannia Aachen bei Preußen Münster am 16.03.2013 in der dritten deutschen Fußball-Liga (Anmerkung: Das Spiel endete 4:1 für Preußen Münster) abermals zu tätlichen Ausschreitungen zwischen verschiedenen Fanlagern, wobei dies größtenteils von eigens mit zwei Bussen angereisten Mitgliedern der „Alemannia Supporters“ ausging. Unmittelbare Folge dieser Ausschreitungen war, dass die Polizei dies zum Anlass nahm gegenüber sämtlichen betroffenen Fans, die mehrheitlich Mitglieder oder zumindest unmittelbare Unterstützer dieser Fangruppierung sind, ein Aufenthaltsverbot für die restlichen Heimspiele der Alemannia Aachen innerhalb der Saison 2012/2013 anzuordnen. Die ausgesprochenen Aufenthaltsverbote hat das Verwaltungsgericht Aachen mit noch nicht veröffentlichen Beschlüssen vom 26.04.2013 (Az.: 4 L 162/13 und andere) bestätigt.
 
Rechtliche Würdigung
In der aus rechtlichen Gesichtspunkten durchaus interessanten Hauptsache ist zunächst festzustellen, dass es sich hierbei um eine Anfechtungssituation handelt, da sich die betroffenen Fans gegen das von der Polizei ausgesprochene Aufenthaltsverbot wenden, welches unproblematisch einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 I VwVfG darstellt. Angesichts des am 23.11.2012 gestellten Insolvenzantrages der abstiegsbedrohten Alemannia hat sich das Aufenthaltsverbot, das für die restlichen Heimspiele der noch laufenden Saison gilt, im Übrigen noch nicht erledigt, denn der Spielbetrieb wurde bislang noch nicht eingestellt und es ist im Übrigen auch zu erwarten, dass die restlichen Heimspiele dennoch stattfinden werden. Die Durchsetzung der Regelung ist damit nicht sinnlos geworden, sodass die rechtliche Beschwer des Aufenthaltsverbotes erhalten bleibt.
Die Prüfung der Begründetheit hält im Grunde lediglich zu Beginn eine Tücke parat, denn so erfordert jeder Eingriff in die (Grund-)Rechte des Bürgers, im Sinne des Grundsatzes vom Vorbehalt des Gesetzes (abgeleitet aus dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 III GG), eine hinreichende Rechtsgrundlage. Offensichtlich scheiden spezialgesetzliche Rechtsgrundlagen aus, sodass lediglich das Polizeigesetz NRW eine solche Rechtsgrundlage vorsehen könnte.
Zu denken wäre zunächst an eine sogenannte Standardmaßnahme gemäß § 34 I PolG NRW (Platzverweisung), wonach die Polizei eine Person, zur Abwehr einer Gefahr (siehe § 8 PolG NRW), von einem Ort verweisen oder ihr das Betreten eines Ortes verbieten kann. Nach dem Wortlaut des § 34 I PolG NRW ist ein solches Verbot des Aufenthalts an einem Ort jedoch nur vorübergehend zu erteilen, was in etwa der typischen Dauer eines Hilfs- oder Rettungsdienst-Einsatzes entsprechen dürfte und auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden sein kann, führt man sich hier vor Augen, dass das Aufenthaltsverbot für die Dauer mehrerer Heimspiele ausgesprochen wurde.
Bevor man sich zur Heranziehung einer Rechtsgrundlage auf die Generalklausel des § 8 I PolG NRW stürzt und das Aufenthaltsverbot damit als atypische Maßnahme der Gefahrenabwehr behandeln will, womit eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich wäre, sollte jedoch § 34 II PolG NRW nicht übersehen werden. Demnach kann es einer Person für eine bestimmte Zeit verboten werden, einen örtlichen Bereich im Sinne des § 34 II 2 PolG NRW zu betreten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person in eben diesem Bereich eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird. Vor diesem Hintergrund könnte es hier problematisch sein, ob die Polizeibehörde mit der angeordneten Maßnahme auf Tatbestandsebene überhaupt rechtmäßig gehandelt hat, denn so erging im Hinblick auf die vorangegangenen Vorfälle im März 2013 pauschal gegenüber jedem dabei anwesenden Fan ein solches Aufenthaltsverbot, unabhängig von der Feststellung, ob tatsächlich eine Beteiligung an der Auseinandersetzungen oder eine Mitgliedschaft bei der Gruppe „Alemannia Supporters“ nachgewiesen werden kann. Obwohl es an diesem Tag zu tätlichen Auseinandersetzungen und damit auch zu Straftaten gekommen ist, sollte es gerade gegenüber mitreisenden Fans, die zumindest nicht direkt der gewaltbereiten Fangruppierung angehören, fraglich sein, ob eine derart angestellte Vermutung den Voraussetzungen des § 34 II PolG NRW entspricht und diesen so unterstellt werden kann, auch in Zukunft bei Spielen der Alemannia für tätliche Auseinandersetzungen zu sorgen oder zumindest hierzu beizutragen.
Von daher liegt hier der Schwerpunkt dieses Falles verborgen, denn an dieser Stelle ist eine besonders fundierte Begründung anzustellen, auf die aber leider nicht hinreichend eingegangen werden kann, da die Veröffentlichung des Beschlusses noch nicht vorliegt. Das VG Aachen stellte diesbezüglich jedenfalls klar, dass es in Bezug auf die angeordnete Maßnahme schon ausreiche, der Gruppe vom 16.03.2013 bloß angehört zu haben, ohne dabei unmittelbar als Mitglied der „Alemannia Supporters“ zu gelten. Demnach sei es also allein ausschlaggebend, wenn auch nur mittelbar bereits dem Umfeld dieser gewaltbereiten Fangruppierung zugerechnet werden zu können, da ein solcher Fan sich dennoch mit dieser Gruppe auf den Weg gemacht habe, um eine gewalttätige Auseinandersetzung mit der Polizei und den gegnerischen Fans zu suchen. Im Übrigen müsse für Mitglieder und unmittelbare Unterstützer der „Alemannia Supporters“ ein solcher Maßstab erst recht angelegt werden.
Des Weiteren ist zu beachten, dass es sich bei § 34 II PolG NRW um eine Maßnahme handelt, deren Erlass im Ermessen der zuständigen Behörde steht, womit die bekannte Problematik der pflichtgemäßen Ausübung des Ermessens zu diskutieren wäre. Besonders hervorzuheben ist dabei, dass der Erlass einer solchen Maßnahme im Rahmen der Erforderlichkeit an gewisse Grenzen bzw. besonders hervorgehobene Verhältnismäßigkeitsvorbehalte gebunden ist: Nach § 34 II 3 PolG NRW ist die Maßnahme zeitlich und örtlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken, wobei gemäß § 34 II 4 PolG NRW die Dauer von drei Monaten nicht überschritten werden darf. Da das letzte Heimspiel der Alemannia Aachen voraussichtlich am 11.05.2013 gegen den VfB Stuttgart II stattfinden wird, sind zumindest die zeitlichen Grenzen des Aufenthaltsverbotes unproblematisch eingehalten. Auch der örtliche Umfang des Aufenthaltsverbotes dürfte hier letztlich keine Schwierigkeiten bereiten, sofern es sich auf das unmittelbare Umfeld des Stadions sowie die An- und Abfahrtswege der Fans bezieht.
 
Bewertung
Die in der Vergangenheit vermehrt aufgekommene und zum größten Teil auch undifferenziert geführte Diskussion zum Thema „Gewalt bei Fußballfans“ sollte – unabhängig vom eigenen Empfinden – für einen Studenten der Rechtswissenschaften nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich hierin auch ein Potenzial für mögliche Anfänger- oder Examensklausuren verbirgt. Dem aufmerksamen Student sollte daher ans Herz gelegt werden, sich auch für die Vorgänge innerhalb der sogenannten „Dritten Halbzeit“ und nicht nur für das Geschehen auf dem Fußballplatz zu interessieren. Insbesondere im Polizeirecht lassen sich aktuelle Ereignisse unproblematisch zu Klausuren verarbeiten.
In dieser Sache bleibt zur weiteren Erläuterung die Veröffentlichung dieses Beschlusses abzuwarten, wobei insbesondere die Begründung für ein pauschales Aufenthaltsverbot genau begründet werden müsste, um nicht alle Fußballfans unter den Generalverdacht der Gewaltbereitschaft derart abzustrafen, ohne auf die tatsächlichen Geschehnisse einzugehen und die bloße mittelbare Zugehörigkeit zu einer gewissen Fangruppierung ausreichen zu lassen. Zwar mag ein solches Vorgehen der Polizei zweckmäßig erscheinen, doch ist es hier mehr als fraglich, ob solche einschneidenden Sanktionen, die im Übrigen einen Eingriff in die körperliche Bewegungsfreiheit (Art. 2 II 2; Art. 104 I GG) darstellen, einzig durch eine bloße Gruppenzugehörigkeit zu rechtfertigen sind. Die Welt des Fußballs darf kein rechtsfreier Raum sein – und dies muss für beide Seiten gelten, auch für den Staat.
 

02.05.2013/1 Kommentar/von Dr. Marius Schäfer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Marius Schäfer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Marius Schäfer2013-05-02 10:50:122013-05-02 10:50:12VG Aachen: Aufenthaltsverbote bei Heimspielen für gewaltbereite Fans der Alemannia Aachen rechtens

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