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Schlagwortarchiv für: Fristsetzung

Gastautor

Neues zum Dieselskandal: Rücktritt vom Kaufvertrag ohne Fristsetzung?

Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns, nachfolgend einen Gastbeitrag von Alexandra Ritter veröffentlichen zu können. Die Autorin studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn und ist am Institut für Arbeitsrecht und Recht der sozialen Sicherheit am Lehrstuhl von Prof. Dr. Gregor Thüsing, LL.M. (Harvard) tätig.
Mit Urteil vom 29.9.2021 (BGH, Urt. v. 29.9.2021 – VIII ZR 111/20, juris) hat der BGH entschieden, dass Käufer eines vom Dieselskandal betroffenen Pkw nicht ohne Fristsetzung vom Kaufvertrag zurücktreten können. Dem Verkäufer müsse grundsätzlich Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben werden. Der vom BGH entschiedene Fall ist wie gemacht für eine Klausur in Studium und Examen. Er bietet damit Anlass, sich anhand der aktuellen Problematik mit dem prüfungsrelevanten Thema des Rücktritts auseinanderzusetzen.
I. Der Sachverhalt
Vereinfacht dargestellt ging es in dem dem Urteil zugrunde liegenden Fall um Folgendes: Der Kläger (K) kaufte vom beklagten Autohändler (V) im Februar 2015 einen Škoda, dessen Motor von der Volkswagen AG hergestellt war. Der Motor ist mit einer Software versehen, die erkennt, ob sich das Fahrzeug im Normalbetrieb oder auf einem Prüfstand zur Messung der maßgeblichen Werte für eine Typgenehmigung befindet. In dem Fahrmodus, der für den Fall des Durchlaufens des Prüfstands programmiert ist, kommt es im Vergleich zum regulären Fahrbetrieb zu einer erhöhten Abgasrückführung und damit zu einer Verringerung des Stickoxidausstoßes. Dieser Umstand wurde im Herbst 2015 öffentlich bekannt gemacht.
Für die fehlerhafte Software wurde ein Update entwickelt, das die Fehler beseitigt. Dieses Update wurde von der zuständigen britischen Vehicle Certification Agency freigeben mit der Bestätigung, dass es zur Fehlerbehebung geeignet sei.
Der Kläger ließ das Software-Update nicht aufspielen, weil er befürchtete, dass dieses mit negativen Folgen für das Fahrzeug verbunden sei. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2017 erklärte K gegenüber V den Rücktritt vom Kaufvertrag. V verweigerte die Rücknahme des Fahrzeugs und verwies K auf das zur Verfügung stehende Software-Update.
Hat K einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises?
II. Gutachterliche Lösung
K könnte gegen V einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus §§ 437 Nr. 2 Alt. 1, 346 I BGB haben.
1. Kaufvertrag
K und V haben im Februar 2015 einen Kaufvertrag i.S.v. § 433 BGB über den Škoda geschlossen.
2. Mangel bei Gefahrübergang
Damit K die Mängelgewährleistungsrechte der §§ 437 ff. BGB geltend machen kann, müsste die Kaufsache bei Gefahrübergang mangelhaft gewesen sein.
a) Mangel
Mangels Beschaffenheitsvereinbarung gem. § 434 I 1 BGB und vorausgesetzter besonderer Verwendung gem. § 434 I 2 Nr. 1 BGB, kommt ein Sachmangel gem. § 434 I 2 Nr. 2 BGB in Betracht.
Danach hat die Sache einen Mangel, wenn sie sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und nicht eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Die unzulässige Abschalteinrichtung birgt die Gefahr einer Betriebsuntersagung gem. § 5 I FZV und führt so zu einer herabgesetzten Eignung des Fahrzeugs zur gewöhnlichen Verwendung (BGH, Urt. v. 29.9.2021 – VIII ZR 111/20, juris Rn. 20). Zudem ist eine solche Abschalteinrichtung bei Sachen der gleichen Art nicht üblich und der Käufer kann erwarten, dass der Wagen keine Abschalteinrichtung einprogrammiert hat. Somit liegt ein Sachmangel i.S.v. § 434 I 2 Nr. 2 BGB vor.
b) Gefahrübergang
Der Mangel müsste schon bei Gefahrübergang vorgelegen haben. Gem. § 446 S. 1 BGB geht die Gefahr mit Übergabe der Kaufsache auf den Käufer über. Die Abschalteinrichtung wurde schon vom Motorhersteller eingerichtet, sodass der Mangel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag.
c) Zwischenergebnis
Der Anwendungsbereich für die Mängelgewährleistungsrechte gem. §§ 437 ff. BGB ist eröffnet
3. Weitere Rücktrittsvoraussetzungen
Gem. § 437 Nr. 2 Alt. 1 BGB kann K nach den §§ 440, 323, 326 V BGB vom Kaufvertrag zurückgetreten. Dazu müsste K den Rücktritt gem. § 349 BGB erklärt und gem. § 323 I BGB eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt haben.
a) Erklärung
Die Rücktrittserklärung gem. § 349 BGB ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Mit Schreiben vom 4.10.2017 hat K gegenüber V seinen Willen vom Vertrag zurückzutreten zum Ausdruck gebracht. Diese Erklärung ist V auch zugegangen (§ 130 I BGB). Eine Rücktrittserklärung des K liegt vor.
b) Frist
Gem. § 323 I BGB müsste K dem V zunächst eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt haben. Hier hat K dem V jedoch den Rücktritt erklärt, ohne ihm zuvor die Gelegenheit zur Nacherfüllung zu gewähren. Eine Fristsetzung liegt damit nicht vor.
Die Fristsetzung könnte jedoch entbehrlich sein.
aa) § 323 II Nr. 3 BGB
(1) Zunächst kommt eine Entbehrlichkeit der Fristsetzung gem. § 323 II Nr. 3 BGB wegen etwaigen arglistigen Verhaltens in Betracht. Gem. § 323 II Nr. 3 BGB ist die Fristsetzung entbehrlich, wenn im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.
„Ein die sofortige Rückabwicklung des Kaufvertrags rechtfertigendes überwiegendes Käuferinteresse ist regelmäßig dann zu bejahen, wenn der Verkäufer dem Käufer einen ihm bekannten Mangel bei Abschluss des Kaufvertrags arglistig verschwiegen hat […]. In diesen Fällen ist in aller Regel ein den Verkäuferbelangen vorgehendes Interesse des Käufers anzuerkennen, von einer weiteren Zusammenarbeit mit dem Verkäufer Abstand zu nehmen, um sich vor möglichen weiteren Täuschungsversuchen zu schützen […]. Denn durch das arglistige Verschweigen eines Mangels entfällt auf Seiten des Käufers regelmäßig die zur Nacherfüllung erforderliche Vertrauensgrundlage, während der Verkäufer die Möglichkeit zur nachträglichen Mangelbeseitigung in der Regel nicht verdient, wenn er den ihm bekannten Mangel vor Vertragsschluss hätte beseitigen können und damit im Vorfeld der vertraglichen Beziehungen bereits die Chance hatte, eine Rückabwicklung des später geschlossenen Vertrags zu vermeiden […].“
(BGH, Urt. v. 29.9.2021– VIII ZR 111/20, juris Rn. 24)
V hatte als Händler im Zeitpunkt der Einigung zwischen V und K keine Kenntnis von der Mangelhaftigkeit des Wagens und diesen somit auch nicht arglistig verschwiegen.
Allerdings hatte der Hersteller des Wagens, die Volkswagen AG, Kenntnis von der Mangelhaftigkeit.
„Zwar kann die Vertrauensgrundlage zwischen einem Käufer und einem Verkäufer unter Umständen auch dann gestört sein, wenn der Verkäufer sich bei Vertragsabschluss ordnungsgemäß verhalten hat, jedoch der Hersteller des Fahrzeugs dieses mit einer ihm bekannten und verschwiegenen unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebracht hat und der Verkäufer nun allein eine Nachbesserung in Form eines von diesem Hersteller entwickelten Software-Updates anbietet. Dabei kommt es darauf an, ob spätestens bei Erklärung des Rücktritts […] die Vertrauensgrundlage zwischen den Parteien so gestört war, dass eine Nacherfüllung (vgl. § 323 Abs. 1 BGB), also eine Nachbesserung oder eine Ersatzlieferung, für den Käufer unter Einbeziehung des Herstellers nicht zumutbar war. Ob dies der Fall ist, hängt jedoch von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, die der Tatrichter nicht schematisch, sondern in sorgfältiger Abwägung zu würdigen hat.“
(BGH, Urt. v. 29.9.2021 – VIII ZR 111/20, juris Rn. 27)
Solche Anhaltspunkte dafür, dass K die Nacherfüllung unter Einbeziehung des V nicht zumutbar war, lassen sich dem Sachverhalt nicht entnehmen.
V könnte sich allenfalls die Kenntnis von der Mangelhaftigkeit und ein arglistiges Vorgehen des Herstellers nach § 278 BGB, 166 BGB analog zurechnen lassen müssen.
Dazu müsste die Volkswagen AG als Herstellerin Erfüllungsgehilfin des V i.S.v. § 278 BGB gewesen sein. Erfüllungsgehilfe ist, wer nach den tatsächlichen Gegebenheiten mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig wird (BeckOK BGB/Lorenz, 59. Ed. Stand: 1.8.2021, § 278 Rn. 11). Die Volkswagen AG könnte bei der dem V gem. § 433 I BGB obliegenden Verbindlichkeit, dem K ein mangelfreies Fahrzeug zu übereignen, tätig geworden sein. Dagegen spricht aber, dass ein Hersteller bei der Herstellung künftiger Kaufsachen eigene Aufgaben erfüllt und nicht solche des späteren Händlerverkäufers. Eine Stellung der Volkswagen AG als Erfüllungsgehilfin des V ist somit abzulehnen.
Damit muss sich V etwaiges arglistiges Verhalten der Herstellerin nicht zurechnen lassen. Eine Entbehrlichkeit der Frist lässt sich aus der Kenntnis der Mangelhaftigkeit der Herstellerin somit nicht begründen.
(2) Eine Entbehrlichkeit der Fristsetzung gem. § 323 II Nr. 3 BGB könnte aus dem Umstand herrühren, dass die Installation des Software-Updates zu anderen Mängeln am Wagen führen könnte. Ob das Software-Update solche Konsequenzen hat, lässt sich dem Sachverhalt nicht entnehmen. Es genügt nach Auffassung des BGH hier auch nicht, dass solche sich anschließenden Mängel nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ausgeschlossen sind (BGH, Urteil v. 29.9.2021 – VIII ZR 111/20, juris Rn. 33 ff.).

– die Ausführungen des BGH beziehen sich hier auch auf Fehler der Beweiswürdigung durch das Berufungsgericht. Für die Ausführungen im Gutachten kann an dieser Stelle festgehalten werden, dass der Entbehrlichkeitsgrund nach § 323 II Nr. 2 BGB eine umfassende Interessenabwägung im Einzelfall fordert. Ein nicht hinreichend belegter Verdacht einer Vertragspartei, wie in diesem Fall, genügt nicht, um die Entbehrlichkeit zu begründen (BGH, Urt. v. 29.9.2021 – VIII ZR 111/20, juris Rn. 38).

Hilfsweise sei an dieser Stelle die Interessenabwägung bei angenommener Unzumutbarkeit der Nacherfüllung durch Nachbesserung für K aufgezeigt.
„Selbst wenn die Nacherfüllung für den Kläger unzumutbar wäre, träte damit das Interesse der Beklagten an einer vom Gesetzgeber durch das Instrument der Nacherfüllung grundsätzlich eingeräumten „zweiten Andienung“ nicht automatisch zurück. Denn der Beklagten war das Vorhandensein der unzulässigen Abschalteinrichtung vor oder bei Vertragsschluss nicht bekannt. Sie hatte daher nicht die Möglichkeit, diesen Mangel frühzeitig zu beseitigen. Gerade diesem Umstand kommt aber nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung entscheidendes Gewicht für ein Zurücktreten der Belange des täuschenden Verkäufers im Rahmen der Interessenabwägung nach § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB zu […]-. Der Beklagten ist eine Berufung auf eine „zweite Andienung“ auch nicht per se deswegen zu versagen, weil ihr eine mögliche Arglist des Herstellers zuzurechnen wäre. Denn eine Zurechnung eines solchen Herstellerverhaltens gemäß § 278 BGB, § 166 BGB analog scheidet aus […].“
(BGH, Urt. v. 29.9.2021 – VIII ZR 111/20, juris Rn. 37)

Die Fristsetzung war auch unter Berücksichtigung der Behauptung des K entbehrlich gem. § 323 II Nr. 3 BGB.
bb) § 440 BGB
Die Fristsetzung könnte entbehrlich sein gem. § 440 BGB. Hiernach bedarf es einer Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht, wenn dem Käufer die ihm zustehende Art der Nacherfüllung unzumutbar ist. Eine solche Unzumutbarkeit lässt sich aus den geschilderten Umständen – wie dargestellt – aber gerade nicht begründen. Die Frist ist somit auch nicht gem. § 440 BGB entbehrlich.
cc) § 326 V BGB
Zuletzt könnte die Fristsetzung entbehrlich sein gem. § 326 V BGB. Dazu müssten beide Arten der Nacherfüllung unmöglich i.S.v. § 275 I – III BGB sein.
„Vorliegend steht nicht fest, ob eine mangelfreie Nachlieferung des ursprünglichen Modells zum Zeitpunkt des Rücktritts noch möglich war oder nicht. Auch hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, ob eine Nachbesserung durch das Software-Update oder gegebenenfalls durch andere Methoden (etwa „Hardware-Lösung“) unmöglich war […].“
(BGH, Urt. v. 29.9.2021 – VIII ZR 111/20, juris Rn. 42)

– Auch hier sind unzureichende Erhebungen des Berufungsgerichts Grundlage der Bewertung durch den BGH. In der Klausur kann es dieser Stelle zu einer Inzidentprüfung der Unmöglichkeit der Nacherfüllung kommen. Dann ist deutlich darzustellen, dass der Bezugspunkt für die Unmöglichkeit i.S.v. § 275 BGB nicht der ursprüngliche Erfüllungsanspruch, sondern der Nacherfüllungsanspruch gem. § 439 I BGB ist.

dd) Zwischenergebnis
Die Setzung einer Frist zur Nacherfüllung war nicht entbehrlich. K ist somit nicht wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten.
– Hilfsgutachten –
5. Kein Ausschluss
Bei der Annahme einer Entbehrlichkeit der Fristsetzung wäre schließlich noch zu prüfen, ob der Rücktritt durch K ausgeschlossen ist. In Betracht kommt ein Ausschluss des Rücktritts gem. § 323 V 2 BGB. Demnach kann der Gläubiger bei nicht vertragsgemäßer Leistungserbringung durch den Schuldner nicht vom Vertrag zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist. Dies
„erfordert eine umfassende Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls […]. Bei behebbaren Mängeln ist von einer Geringfügigkeit und damit von einer Unerheblichkeit in der Regel auszugehen, wenn die Kosten der Mangelbeseitigung im Verhältnis zum Kaufpreis geringfügig sind, was jedenfalls regelmäßig nicht mehr anzunehmen ist, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag von fünf Prozent des Kaufpreises übersteigt […]. Bei unbehebbaren Mängeln ist regelmäßig auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung abzustellen […].“ (BGH, Urt. v. 29.9.2021 – VIII ZR 111/20, juris Rn. 44).
Für die Annahme einer Geringfügigkeit könnte sprechen, dass das Software-Update ohne größere Schwierigkeiten und mit geringen Zeitaufwand durchführbar ist.
„Jedoch steht derzeit nicht fest, dass das Software-Update zu einer ordnungsgemäßen Nachbesserung führt, also nicht mit dem Auftreten von (nicht zu vernachlässigenden) Folgemängeln verbunden wäre. Eine Nachbesserung im Sinne von § 439 Abs. 1 BGB setzt eine vollständige, nachhaltige und fachgerechte Behebung des vorhandenen Mangels voraus […] und liegt nicht vor, wenn zwar der ursprüngliche Mangel beseitigt, hierdurch aber Folgemängel hervorgerufen werden. Ob dies der Fall ist, ist mangels rechtsfehlerfreier Feststellungen des Berufungsgerichts offen. Damit kann nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht davon ausgegangen werden, dass sich die unzulässige Abschalteinrichtung mit geringem Kostenaufwand folgenlos in dem vorbeschriebenen Sinne beseitigen ließe.“
(BGH, Urt. v. 29.9.2021 – VIII ZR 111/20, juris Rn. 47)
Im Ergebnis kann die Unerheblichkeit der Pflichtverletzung nicht angenommen werden. Der Ausschluss gem. § 323 V 2 BGB ist somit nicht einschlägig.
– Ende des Hilfsgutachtens –
6. Ergebnis
K hat gegen V keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus §§ 437 Nr. 2 At. 1, 346 I BGB.
III. Fazit
Auch wenn viele Bewertungen des BGH bezüglich der Entbehrlichkeit der Frist auf den Umstand zurückzuführen sind, dass bestimmte Umstände auf Tatsachenebene von den Vorinstanzen nicht hinreichend erforscht wurden, lassen sich einige Ausführungen finden, die im Gutachten hilfreich sein können.
Zum einen macht der Fall deutlich, dass zwischen den am Sachverhalt beteiligten genau zu unterscheiden ist. Das Verhalten und die Kenntnis des Herstellers/Lieferanten von der Mangelhaftigkeit der Kaufsache, kann dem Händlerverkäufer nach Auffassung des BGH nicht zugerechnet werden.
Zum anderen ist festzuhalten, dass für die Entbehrlichkeit der Fristsetzung gem. § 323 II Nr. 3 BGB eine umfassende Abwägung der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen ist. Für die Klausur bedeutet dies insbesondere die Informationen des Sachverhalts hierzu fruchtbar zu machen und einen eher strengen Maßstab anzulegen. Dabei darf die Bedeutung des Rechts des Schuldners zur zweiten Andienung nicht übersehen werden. Da es hier auf eine Wertung im Einzelfall ankommt, ist das Ergebnis bei sorgfältiger Verwertung der Informationen des Sachverhalts und Gewichtung der Argumente eher nebensächlich. Hier gilt es, das Ergebnis klausurtaktisch zu wählen und ggf. weitere Probleme des Sachverhalts im Hilfsgutachten zu besprechen.

04.11.2021/3 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2021-11-04 08:22:272021-11-04 08:22:27Neues zum Dieselskandal: Rücktritt vom Kaufvertrag ohne Fristsetzung?
Dr. Melanie Jänsch

BGH: Abgrenzung von Schadensersatz statt und neben der Leistung beim Werkvertrag

Examensvorbereitung, Lerntipps, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Werkvertragsrecht, Zivilrecht

In seinem Urteil vom 7.2.2019 (Az.: VII ZR 63/18) hat sich der BGH der Abgrenzung von Schadensersatz statt und neben der Leistung beim Werkvertrag gewidmet. Der Fall ist ein Paradebeispiel, anhand dessen die extrem klausur- und examensrelevante Problematik ausführlich erörtert werden kann.
 
A) Sachverhalt (vereinfacht)
Im Januar 2016 beauftragte die Klägerin B den Beklagten U mit der Wartung ihres Pkw. Im Zuge der Wartungsarbeiten tauschte der U unter anderem den Keilrippenriemen, den Riemenspanner und den Zahnriemen aus. Am 9. Februar 2016 traten – so die Behauptung der B – erhebliche Probleme mit der Lenkung auf, sodass sie das Auto in eine andere Werkstatt abschleppen lassen musste, weil der U bis zum 10. Februar 2016 Betriebsferien hatte. Dort habe sich herausgestellt, dass der U den Keilrippenriemen nicht richtig gespannt habe. Der aus diesem Grund gerissene Riemen habe sich um die Welle und das Gehäuse der Lichtmaschine gewickelt und diese beschädigt. Überreste des Riemens hätten sich um die Riemenscheibe der Servolenkungspumpe gewickelt mit der Folge, dass die Riemenscheibe gebrochen und die Dichtung der Servolenkungspumpe beschädigt worden sei. Zudem seien Teile des Riemens in den Riementrieb des Zahnriemens gelangt. Die B ließ Keilrippenriemen, Riemenspanner, Zahnriemen, Servolenkungspumpe und Lichtmaschine ersetzen und verlangt nunmehr von U die hierbei unstreitig entstandenen Reparaturkosten i.H.v. 1.715,57 € nebst Zinsen.
 
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter.
 
B) Rechtsausführungen
Der BGH hat mit Urteil vom 7.2.2019 das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Den Schwerpunkt der Entscheidung bildet die höchst klausur- und examensrelevante Abgrenzung von Schadensersatz statt der Leistung von Schadensersatz neben der Leistung, insbesondere die Einordnung sog. Mangelfolgeschäden.
 
I. Allgemeine Grundsätze zur Abgrenzung des Schadensersatzes statt vom Schadensersatz neben der Leistung
Ist eine Pflichtverletzung in Form einer mangelhaften Werkleistung i.S.v. § 633 BGB gegeben, ist in der Folge zwischen dem Schadensersatzanspruch statt der Leistung gemäß § 634 Nr. 4 i.V.m. §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB und dem Schadensersatzanspruch neben der Leistung gemäß § 634 Nr. 4 i.V.m. § 280 Abs. 1 BGB zu differenzieren. Der Schadensersatzanspruch statt der Leistung gemäß § 634 Nr. 4 i.V.m. §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB tritt an die Stelle der geschuldeten Werkleistung und erfasst das Leistungsinteresse des Bestellers. Grundsätzlich ist hierfür – abgesehen von den normierten Ausnahmen – eine Fristsetzung zur Nacherfüllung erforderlich, damit der Unternehmer eine letzte Gelegenheit erhält, seiner Pflicht zur geschuldeten Leistung, also der Herstellung eines mangelfreien Werks, nachkommen zu können. In Abgrenzung hierzu sind über § 634 Nr. 4 i.V.m. § 280 Abs. 1 BGB, der ausweislich keine Fristsetzung verlangt, die über das Leistungsinteresse hinausgehenden Vermögensnachteile, insbesondere Folgeschäden an anderen Rechtsgütern des Bestellers als dem Werk selbst oder an dessen Vermögen, zu ersetzen (vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 14/6040, S. 225, 263). Mit dem Schadensersatzanspruch neben der Leistung gemäß § 634 Nr. 4 i.V.m. § 280 Abs. 1 BGB kann also Ersatz für Schäden verlangt werden, die aufgrund eines Werkmangels entstanden sind und durch eine Nacherfüllung der geschuldeten Werkleistung nicht beseitigt werden können. Man muss sich daher stets die Testfrage stellen, ob der aufgrund eines Werkmangels entstandene Schaden durch eine Nacherfüllung der geschuldeten Werkleistung beseitigt werden kann – und dann auf dieser Grundlage ermitteln, ob § 634 Nr. 4 i.V.m. § 280 Abs. 1 BGB oder §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB einschlägig ist.
 
II. Die Entscheidung des BGH vom 7.2.2019
Nach diesen Maßstäben nahm der BGH hinsichtlich der verschiedenen Schäden eine dogmatisch konsequente differenzierte Betrachtungsweise ein: So wurde bezüglich der Lichtmaschine und der Servolenkungspumpe ein Anspruch aus § 634 Nr. 4 i.V.m. § 280 Abs. 1 BGB hergeleitet; ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für den Austausch des Keilrippenriemens, des Riemenspanners und des Zahnriemens konnte sich allerdings nur aus § 634 Nr. 4 i.V.m. §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB ergeben.
 
1. Über § 634 Nr. 4 i.V.m. § 280 Abs. 1 BGB ersatzfähige Mangelfolgeschäden
Anders als das Berufungsgericht kam der BGH zu dem Ergebnis, dass es sich bezüglich der Kosten für Lichtmaschine und Servolenkungspumpe um über §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB neben der Leistung ersatzfähige Mangelfolgeschäden handelte, für die es keiner Fristsetzung bedurfte: „Für derartige Folgeschäden kommt die Setzung einer Frist zur Nacherfüllung gemäß § 634 Nr. 4, § 281 Abs. 1 BGB nicht in Betracht. Denn der Zweck dieser Fristsetzung, dem Unternehmer eine letzte Gelegenheit einzuräumen, ein mangelfreies Werk herzustellen, kann nicht erreicht werden in Bezug auf Schäden, die durch eine Nacherfüllung der geschuldeten Werkleistung nicht zu beseitigen sind.“ (Rn. 19) Der BGH argumentiert also mit dem Telos des Fristsetzungserfordernisses, der darin besteht, dass dem Unternehmer eine letzte Gelegenheit zur mangelfreien Leistung gewährt werden soll. Gerade diesem Sinn und Zweck entspreche es aber nicht, wenn bei Schäden an anderen Rechtsgütern des Bestellers als dem Werk selbst eine Fristsetzung verlangt würde.
Allerdings bedarf es in einem vorherigen Schritt im Wege der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB der Ermittlung der konkret geschuldeten Werkleistung. Denn nur dann kann auch festgestellt werden, wann Schäden vorliegen, die an anderen Rechtsgütern als dem Werk selbst eingetreten sind. Besonders schwierig ist dies in der – wie hier vorliegenden – Konstellation, in der die einzelnen Teile, bei denen Schäden eingetreten sind, einer Gesamtsache – hier: dem Auto – zugehörig sind. Der BGH kam basierend auf diesen Erwägungen zu folgendem Auslegungsergebnis:

„Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war der Beklagte mit der Wartung des Kraftfahrzeugs der Klägerin beauftragt. Ein Wartungsvertrag über ein Kraftfahrzeug beinhaltet regelmäßig dessen Überprüfung auf Funktions- und Verkehrstüchtigkeit im vereinbarten Umfang und damit insbesondere auch die Aufdeckung etwaiger Schäden der zu überprüfenden Bereiche. Auch der Austausch von Verschleißteilen kann davon umfasst sein. Die Reparatur von im Rahmen der Wartung aufgedeckten Schäden gehört dagegen nicht zur geschuldeten Leistung eines Wartungsvertrags. Sie ist nur bei einer entsprechenden Vereinbarung durchzuführen. Entgegen der Auffassung der Revision umfasste der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts ferner den Austausch des Keilrippenriemens, des Riemenspanners und des Zahnriemens. Dabei kann dahinstehen, ob derartige Arbeiten regelmäßig zum geschuldeten Leistungsumfang eines Vertrags über die Wartung eines Kraftfahrzeugs gehören. Denn die Parteien haben diese Arbeiten hier – spätestens mit der (konkludenten) Abnahme der ausgeführten Arbeiten seitens der Klägerin durch Abholung des Kraftfahrzeugs und Begleichung der Rechnung des Beklagten – zum Gegenstand ihrer vertraglichen Vereinbarungen gemacht. Die vom Beklagten geschuldete Werkleistung bestand danach in der ordnungsgemäßen Wartung des Kraftfahrzeugs einschließlich des Austauschs des Keilrippenriemens, des Riemenspanners und des Zahnriemens. Hierauf beschränkte sich indes auch die Leistungspflicht des Beklagten. Demgegenüber handelt es sich bei den Schäden an der Lichtmaschine und der Servolenkungspumpe um Folgeschäden, die durch die mangelhafte Werkleistung des Beklagten – das mangelhafte Spannen des Keilrippenriemens – entstanden sind, und die durch eine Nacherfüllung der geschuldeten Werkleistung nicht mehr beseitigt werden können. Diese Schäden betreffen vielmehr zuvor unbeschädigte Bestandteile des Kraftfahrzeugs und nicht das geschuldete Werk selbst.“ (Rn. 21-25)

Der BGH nahm also aufgrund der Vereinbarung der Parteien, der U habe das Fahrzeug ordnungsgemäß zu warten sowie den  Keilrippenriemen, den Riemenspanner und den Zahnriemen auszutauschen, an, dass sich hierauf die geschuldete Werkleistung beschränkte. Bei den Schäden an Lichtmaschine und Servolenkungspumpe handelt es sich daher um Schäden, die an anderen Rechtsgütern als dem Werk selbst eingetreten sind.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus Entscheidungen des BGH, nach denen die Nacherfüllung alle Arbeiten umfasst, die zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes erforderlich sind (vgl. beispielhaft BGH Urt. v. 22.3.1979 – VII ZR 142/78, juris, Rn. 17, und Urt. v. 29.11.1971 – VII ZR 101/70, juris, Rn. 41) Denn: „Jene Entscheidungen betreffen allein die Frage, welche Maßnahmen im Rahmen einer Nacherfüllung geschuldet sind, um ein mangelfreies Werk herzustellen. Erfordert die Nacherfüllung der geschuldeten Werkleistung Eingriffe in das sonstige Eigentum des Bestellers, sind auch die hierdurch entstehenden Schäden zu beheben. Von solchen Schäden, die im Zuge der Nacherfüllung zwangsläufig entstehen, sind diejenigen Schäden an anderen Rechtsgütern des Bestellers oder an dessen Vermögen zu unterscheiden, die durch die mangelhafte Werkleistung verursacht wurden. Sie werden von der Nacherfüllung nicht erfasst, sondern können nur Gegenstand des – verschuldensabhängigen – Schadensersatzanspruchs gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB sein (vgl. zur Abgrenzung bereits BGH, Urteil vom 7. November 1985 – VII ZR 270/83, BGHZ 96, 221, juris Rn. 14 ff.). So liegt der Fall hier. Denn hinsichtlich der Lichtmaschine und der Servolenkungspumpe geht es nicht um die Nacherfüllung der Wartung oder der vereinbarten Austauscharbeiten und hierdurch erforderlich werdende Maßnahmen, sondern um die Beseitigung weiterer, aufgrund der mangelhaften Werkleistung eingetretener Schäden am Kraftfahrzeug der Klägerin.“
Zusammenfassend kann sich ein Anspruch aus § 634 Nr. 4 i.V.m. § 280 Abs. 1 BGB daher nur für die Schäden an Lichtmaschine und Servolenkungspumpe ergeben, nicht aber bezüglich Keilrippenriemen, Riemenspanner und Zahnriemen.
 
2. Über § 634 Nr. 4 i.V.m. §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB ersatzfähige Mangelschäden
Hinsichtlich der Kosten für den Austausch des Keilrippenriemens, des Riemenspanners und des Zahnriemens kam indes ein Anspruch aus § 634 Nr. 4 i.V.m. §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB in Betracht. Wie bereits dargelegt, tritt der Schadensersatz statt der Leistung an die Stelle der Leistung und umfasst das Leistungsinteresse des Bestellers. Er knüpft daran an, dass keine ordnungsgemäße Nacherfüllung stattgefunden hat. Damit deckt sich sein Anwendungsbereich mit der Reichweite der Nacherfüllung, die gemäß § 634 Nr. 1 i.V.m. § 635 BGB auf die Bewirkung der geschuldeten Leistung gerichtet ist. Die geschuldete Leistung bestand im konkreten Fall – wie bereits im Wege der Auslegung ermittelt wurde – in der ordnungsgemäßen Wartung des Kraftfahrzeugs einschließlich des Austauschs des Keilrippenriemens, des Riemenspanners und des Zahnriemens. Der BGH führte wie folgt aus:

„Soweit der Keilrippenriemen durch den mangelhaft ausgeführten Austausch – das mangelhafte Spannen – gerissen ist und deshalb dessen erneuter Austausch erforderlich wurde, betrifft dies den bei Abnahme vorhandenen Mangel des Werks. Die Beseitigung dieses Mangels wird von der Nacherfüllung erfasst, so dass die Kosten für den Austausch des Keilrippenriemens als Schadensersatzanspruch statt der Leistung nach § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB zu ersetzen sind. Gleiches gilt hinsichtlich des Austauschs von Riemenspanner und Zahnriemen. Auch insoweit ist das geschuldete Werk betroffen. Ohne Belang ist, dass Riemenspanner und Zahnriemen bei Abnahme noch nicht mangelhaft waren. Denn der jeweilige Mangel hat seine Ursache in dem mangelhaften Spannen des Keilrippenriemens und damit in der vertragswidrigen Beschaffenheit des Werks bei Abnahme. Der erforderliche erneute Austausch wird damit ebenfalls von der Nacherfüllung erfasst, so dass sich der Ersatz der Austauschkosten nach § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB richtet.“ (Rn. 35, 36)

Es bedurfte damit grundsätzlich einer Fristsetzung. Allerdings hat der BGH festgestellt, dass eine solche ausnahmsweise nach § 281 Abs. 2 Var. 2 BGB entbehrlich ist. Es lägen besondere Umstände vor, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigten: Es „besteht ein besonderes Interesse der Klägerin an einer einheitlichen Reparatur, bei der die erforderlichen Austauscharbeiten im Zuge der Beseitigung der wirtschaftlich im Vordergrund stehenden Folgeschäden an der Lichtmaschine und der Servolenkung miterledigt werden. Demgegenüber tritt das – grundsätzlich bestehende – Interesse des Beklagten an der Möglichkeit einer Nacherfüllung betreffend Keilrippenriemen, Riemenspanner und Zahnriemen zurück, zumal dies im Anschluss an die Reparatur (allein) der Folgeschäden ein aufwendiges Verbringen des Kraftfahrzeugs in die Werkstatt des Beklagten erfordert hätte.“ (Rn. 37)
Nach Ansicht des BGH musste mithin keine Frist gesetzt werden, sodass auch ein Anspruch aus § 634 Nr. 4 i.V.m. §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB in Betracht kommt.
 
C) Fazit
Die Entscheidung des BGH ist dogmatisch konsequent. Bei verschiedenen Schäden – auch an einer „Gesamtsache“ – ist bei der Abgrenzung von Schadensersatz statt und neben der Leistung stets zu differenzieren, ob das Leistungsinteresse des Bestellers betroffen ist oder ob Vermögensteile des Bestellers, die nicht das geschuldete Werk betreffen, beschädigt wurden. Hier bedarf es einer Auslegung im jeweiligen Einzelfall, worin die geschuldete Werkleistung liegt. Auf dieser Grundlage kann dann die Reichweite der Nacherfüllung und somit der Anwendungsbereich des § 634 Nr. 4 i.V.m. §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB bestimmt werden. Hiervon nicht erfasste Schäden können dann über § 634 Nr. 4 i.V.m. §§ 280 Abs. 1 BGB ersatzfähig sein. In der Klausur ist daher unter Ausschöpfung aller im Sachverhalt genannten Aspekte der Umfang der geschuldeten Werkleistung auszulegen, um auf dieser Basis eine Abgrenzung von Schadensersatz statt und neben der Leistung vornehmen zu können.
 
 

11.06.2019/1 Kommentar/von Dr. Melanie Jänsch
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Melanie Jänsch https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Melanie Jänsch2019-06-11 09:20:242019-06-11 09:20:24BGH: Abgrenzung von Schadensersatz statt und neben der Leistung beim Werkvertrag
Dr. David Saive

BGH: Vorführeffekt im Kaufrecht

Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Jeder von uns kennt ihn, den sog. Vorführeffekt. Den ganzen Tag wird man von einem technischen Defekt des neuen Gerätes geplagt, der natürlich genau dann nicht auftreten will, wenn man ihn beim Verkäufer reklamiert.
Wie in solchen Fällen zu verfahren ist, hat der VIII. Zivilsenat des BGH heute in seinem Urteil vom 26.10.2016 entschieden (Az. VIII ZR 240/15).
 
I. Der Sachverhalt
Der Kläger kaufte von der Beklagten einen gebrauchten PKW zum Preis von 12.300 €. Kurz nach der Übergabe bemängelte der Kläger, dass das Kupplungspedal nach Betätigung nicht mehr in seine ursprüngliche Position zurückkehrte, sondern am Fahrzeugboden hängenblieb.
Daraufhin vereinbarte er mit der Beklagten eine Probefahrt, bei der das schadhafte Pedal vorgeführt werden sollte. Allerdings zeigte sich auch nach mehrmaliger Betätigung der Defekt nicht erneut, woraufhin die Beklagte die umgehende Reparatur des Pedals verweigerte. Sie würde vielmehr erst dann tätig werden, wenn sich der Defekt ein weiteres Mal zeigen würde.
Nachdem der Kläger nach erneutem „Hängenbleiben“ des Pedals einige Tage später die Beklagte zur Reparatur aufforderte, verweigerte die Beklagte dies weiterhin. Daraufhin trat der Kläger vom Kaufvertrag zurück und verlangte Schadensersatz.
Vor Gericht bekam der Kläger auch in zweiter Instanz Recht, woraufhin die Beklagte Revision einlegte.
 
II. Das Urteil
Rufen wir uns an dieser Stelle noch einmal die Voraussetzungen eines wirksamen Rücktritts i.S.d. §§ 437 Nr. 2 1 Alt., 323 BGB in Erinnerung:
 

  1. Wirksamer Kaufvertrag
  2. Mangel i.S.d. § 434 BGB
  3. Erfolgloser Fristablauf oder Entbehrlichkeit der Fristsetzung
  4. Kein Ausschluss

 
Ein wirksamer Kaufvertrag lag zwischen den Beteiligten vor. Auch stellt der Defekt am Kupplungspedal einen Mangel i.S.d. § 434 BGB dar:

Bei dem durch Sachverständigengutachten bestätigten und bereits bei Gefahrübergang vorhandenen sporadischen Hängenbleiben des Kupplungspedals handelte es sich nicht um einen bloßen „Komfortmangel“, sondern um einen sicherheitsrelevanten Mangel. Denn eine solche Fehlfunktion kann, selbst wenn sie nur das Kupplungspedal selbst betrifft, unter anderem wegen des beim Fahrer hervorgerufenen Aufmerksamkeitsverlusts die Unfallgefahr signifikant erhöhen.

 
Fraglich war jedoch, ob der Kläger der Beklagten erfolglos eine Nacherfüllungsfrist i.S.d. § 323 I BGB setzen musste, oder ob diese gem. § 440 BGB entbehrlich war. Hierzu hat der VIII. Senat folgendes entschieden:

Der Kläger konnte ohne Fristsetzung vom Kaufvertrag zurücktreten, da es ihm nicht gem. § 440 S.1 BGB zumutbar war, ein weiteres Auftreten des Defekts abzuwarten.
Mit ihrer Erklärung anlässlich der Vorführung des Fahrzeugs, es bestünde kein Grund für die Annahme einer Mangelhaftigkeit und damit ein Tätigwerden, solange der behauptete Mangel nicht (erneut) auftrete und der Kläger damit nochmals vorstellig werde, ist die Beklagte dem Nacherfüllungsverlangen nicht gerecht geworden.
Denn eine verantwortungsvolle Benutzbarkeit des Fahrzeugs war ohne Abklärung des Mangels weitgehend aufgehoben, da der verkehrsunsichere Zustand fortbestand und es dem Kläger – der das Fahrzeug insofern auch tatsächlich noch im Juli 2013 stilllegt.

 
Im Übrigen ist das Rücktrittsrecht auch nicht ausgeschlossen:

Ein Rücktritt war im vorliegenden Fall auch nicht wegen Unerheblichkeit des Mangels (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB) ausgeschlossen, auch wenn dieser letzten Endes (nachdem der Kläger den Rücktritt bereits erklärt hatte) mit geringen Kosten (433,49 €) beseitigt werden konnte. Denn solange die Ursache eines aufgetretenen Mangelsymptoms unklar ist, kann die Erheblichkeit des Mangels regelmäßig nur an der hiervon ausgehenden Funktionsbeeinträchtigung gemessen werden, die vorliegend aufgrund der Gefahren für Verkehrssicherheit des Fahrzeugs jedenfalls als erheblich anzusehen war.

 
III. Ausblick
In kürzester Zeit hat sich der BGH erneut mit grundlegenden Fragen der Mängelgewährleistung im Kaufrecht befasst (siehe unser Beitrag hier). Es lohnt sich also, hier nachzuarbeiten. Schließlich steigt die Prüfungsrelevanz mit jedem Urteil weiter an.

26.10.2016/0 Kommentare/von Dr. David Saive
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. David Saive https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. David Saive2016-10-26 16:16:062016-10-26 16:16:06BGH: Vorführeffekt im Kaufrecht
Dr. Sebastian Rombey

AG München: Rücktritt vom Vertrag über Ferienwohnung nur bei Nachfristsetzung zur Mängelbehebung

Mietrecht, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Startseite, Zivilrecht, Zivilrecht

Das AG München hat mit rechtskräftigem Urteil vom 26. Juni 2013 entscheiden, dass der Rücktritt von einem Mietvertrag über eine Ferienwohnung nur möglich ist, wenn zuvor eine Nachfrist zur Mängelbehebung gesetzt wurde (AZ 413 C 8060/13).
Die nachfolgenden Überlegungen des AG München bieten Gelegenheit dazu, die Systematik des Schuld- bzw. Mietrechts anhand einer neuartigen Fallkonstellation nachzuvollziehen.
Sachverhalt
Einer Münchenerin gehört ein Ferienhaus in Italien. Dieses vermietet sie über das Internet. Das Mietobjekt wird dort beschrieben als „romantisches Landhaus voller Atmosphäre in einem Naturparadies mit Meerblick“. Der Kläger mietet das Ferienhaus über die besagte Internetseite zu einem Mietpreis i. H. v. 1070 Euro für zwei Wochen an. Der Kläger ist jedoch bei Betreten des Ferienhauses mit dessen Zustand nicht einverstanden und teilt dies der Beklagten mit. Beschreibung und tatsächlicher Zustand des Mietobjektes würden wesentlich voneinander abweichen. Das Grundstück sei verwahrlost, während die Einrichtung teils veraltet und teils defekt sei. Die Münchenerin entgegnete, sie sei mit dem Saubermachen des Objektes noch nicht fertig und benötige noch etwas Zeit. Daraufhin kündigte der Kläger mündlich den Vertrag und reiste ab. Die bereits bezahlte Miete forderte er zurück.
Die Beklagte bestreitet im Nachhinein etwaige Abweichungen von Beschreibung und tatsächlichem Zustand des Hauses. Zudem sei ein gepflegtes Grundstück, welches das Haus umgibt, nicht vertraglich zugesichert worden. Bzgl. des inneren Zustandes des Objektes wiederholte sie ihre Äußerung, dass sie die Räumlichkeiten in kürzester Zeit hätte wieder in Ordnung bringen können.
Entscheidung
Das AG München wies die Klage auf Rückerstattung der bereits bezahlten Miete aus folgenden Gründen ab.

  • Nach der Rechtsauffassung des Gerichts sei das Mietverhältnis nicht wirksam beendet worden, denn die mündliche Kündigung des Klägers sei unwirksam. Der Kläger hätte, um das Formerfordernis des § 568 Abs. 1 BGB zu wahren, die Kündigung schriftlich einreichen müssen.
  • Es bestehe zwar grundsätzlich auch die Möglichkeit, mündlich von einem solchen Mietvertrag zurückzutreten. Dafür müsse dem Vermieter aber zunächst eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt werden.Es sei dem Kläger zumutbar gewesen, zuerst eine Nachfrist zur Nacherfüllung zu setzen, bevor der Rücktritt vom Vertrag erklärt wird. So wäre es der Vermieterin möglich gewesen, entweder den Zustand des Mietobjektes zu verbessern oder dem Beklagten eine andere Unterkunft anzubieten. Gerade weil eine Verbesserung der Gesamtsituation für den Mieter hier problemlos und ohne lange Wartezeiten hätte erfolgen können, nahm das Gericht die Zumutbarkeit der Fristsetzung an.
  • Letztlich lehnt das Gericht auch die Möglichkeit einer Mietminderung im Sinne des § 536 BGB ab. Die Gebrauchsmöglichkeiten der Wohnung seinen nicht in erheblicher Weise eingeschränkt gewesen, außerdem sei bei dem Gestaltungsrecht der Minderung der ohnehin niedrige Mietpreis des Domizils zu berücksichtigen. Des Weiteren müsse in südlichen Ländern grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass einerseits der Qualitätsstandard der Wohnungseinrichtung nicht dem des Inlandes entspreche und andererseits Ferienhäuser durch häufig wechselnde Mieter ohnehin einer stärkeren Abnutzung unterlägen als andere Mietobjekte.
29.08.2014/0 Kommentare/von Dr. Sebastian Rombey
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Sebastian Rombey https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Sebastian Rombey2014-08-29 08:00:452014-08-29 08:00:45AG München: Rücktritt vom Vertrag über Ferienwohnung nur bei Nachfristsetzung zur Mängelbehebung

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