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Schlagwortarchiv für: Fremdbesitzerexzess

Dr. Sebastian Rombey

Der Fremdbesitzerexzess – Ein Grundlagenbeitrag

Examensvorbereitung, Lerntipps, Sachenrecht, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis gehört zu den meistgeprüften Themengebieten des ersten Staatsexamens (vgl. dazu die Statistik in Preis/Prütting/Sachs/Weigend, Die Examensklausur, 6. Aufl. 2017, S. 7). Ein solides Grundlagenwissen ist hier unumgänglich (s. unseren Grundlagenbeitrag zum Eigentümer-Besitzer-Verhältnis). Zu diesem Grundlagenwissen zählt vor allem die Abschlussfunktion des EBV. Der gutgläubige und unverklagte, mit anderen Worten redliche Besitzer soll privilegiert werden, indem das Regelungssystem des EBV abschließende Geltung jedenfalls für Nutzungs- und Schadensersatzansprüche des Eigentümers bildet (streitig ist dies hinsichtlich etwaiger Verwendungsersatzansprüche). So gibt es § 993 Abs. 1 a.E. BGB vor. Gleichwohl sind auch Konstellationen denkbar, in denen diese Sperrwirkung zu unbilligen Ergebnissen führt. Dies deshalb, weil der unrechtmäßige Fremdbesitzer in einer derartigen Konstellation besser stünde als im Falle des bestehenden Besitzrechts, in dem keine Vindikationslage vorläge und die §§ 823 ff. BGB unstreitig Anwendung fänden. Die Problematik lässt sich in zwei Fallkonstellationen unterteilen und wie folgt ordnen:
I. Drei-Personen-Verhältnis
Im Drei-Personen-Verhältnis ist die Problematik durch § 991 Abs. 2 BGB geregelt: „War der Besitzer bei dem Erwerb des Besitzes in gutem Glauben, so hat er gleichwohl von dem Erwerb an den im § 989 bezeichneten Schaden dem Eigentümer gegenüber insoweit zu vertreten, als er dem mittelbaren Besitzer verantwortlich ist.“ Es handelt sich um eine eigene Anspruchsgrundlage; § 991 Abs. 2 BGB sollte also nicht im Rahmen der §§ 989, 990 BGB geprüft werden. Die Norm regelt den Fremdbesitzerexzess jedenfalls für Fälle, in denen der redliche Fremdbesitzer (der Besitzmittler) dem Oberbesitzer (also dem mittelbaren Besitzer) gegenüber wegen der Beschädigung der Sache verantwortlich ist. Es geht also um Fälle, in denen der Fremdbesitzer sein vermeintliches Besitzrecht gutgläubig nicht vom Eigentümer, sondern von einem Dritten ableitet. Dahinter steht letztlich der Rechtsgedanke der richterechtlich begründeten Drittschadensliquidation (a.A. BeckOK-BGB/Fritzsche, 46. Ed. 2018, § 991 BGB Rn. 12), denn der Vertragspartner hat keinen Schaden, da er nicht zugleich Eigentümer ist, aber einen Anspruch; der Eigentümer hingegen hat wegen der Sperrwirkung des EBV zwar einen Schaden, aber eigentlich keinen Anspruch; die zufällige Schadensverlagerung liegt in der unerwarteten Eigentumslage. Diese Konstellation lässt sich mit einem Blick in das Gesetz mithin relativ gut lösen – soweit man sie erkennt.
Beispiel 1: Albert (A) mietet von Berthold (B) einen schicken Porsche. Beide Parteien sind hinsichtlich der Eigentumslage gutgläubig; tatsächlich ist der Porsche allerdings der Clara (C) gestohlen worden. Durch eine Fahrlässigkeit des Mieters A, der den Porsche mit zu hoher Geschwindigkeit über den Nürburgring lenkte, wurde das Fahrzeug beschädigt. Es fragt sich nun, wie A gegenüber C haftet.
A ist im Verhältnis zu B unmittelbarer Fremdbesitzer; B dagegen ist mittelbarer Besitzer. Ansprüche der wahren Eigentümerin C gegen A lassen sich nicht auf die §§ 989, 990 BGB stützen, da zwar eine Vindikationslage gegeben ist – der Mietvertrag wirkt nur inter partes –, A aber im Zeitpunkt des Besitzerwerbs gutgläubig war, so dass nach § 993 Abs. 1 a.E. BGB auch deliktsrechtliche Ansprüche ausscheiden. Unter Heranziehung des § 991 Abs. 2 BGB kann C den Schaden aber dennoch von A ersetzt verlangen, da A dem B gegenüber verantwortlich wäre. Hier gilt es allerdings zu beachten, dass sich der Haftungsumfang nach diesem Innenverhältnis richtet, sodass auch vereinbarte Haftungsprivilegierungen greifen. Prütting fasst die dahinterstehende Wertung prägnant zusammen: § 991 Abs. 2 BGB beruht auf der Erwägung, „dass der Fremdbesitzer nur in dem Maße eine Haftungsfreistellung verdient, als er sich bei seinem Verhalten in den Grenzen des Rechts hält, das er zu haben glaubt.“ (Prütting, Sachenrecht, 36. Aufl. 2017, Rn. 539). Anders formuliert: „Der Fremdbesitzer wird nur insoweit von der Haftung freigestellt, als er im Rahmen des Schuldverhältnisses mit dem Dritten darauf vertrauen durfte, die schädigende Handlung entschädigungslos vornehmen zu können.“ (Vieweg/Werner, Sachenrecht, 8. Aufl. 2018, § 8 Rn. 16).
II. Zwei-Personen-Verhältnis
Schwieriger gestaltet sich dagegen das Zwei-Personen-Verhältnis, in dem der Fremdbesitzer sein vermeintliches Besitzrecht vom wahren Eigentümer herleitet. Dies lässt sich anhand eines kurzen Beispiels exemplifizieren:
Beispiel 2: Mieter M lebt in der Wohnung des Eigentümers und Vermieters V. Der geschlossene Mietvertrag ist jedoch unwirksam, was den Vertragsparteien unbekannt ist. Eines Abends entzündet sich in der besagten Wohnung ein Brand, der auf eine starke Unachtsamkeit des M im Umgang mit dem geschmückten Tannenbaum zurückzuführen ist und zu einer starken Beschädigung der Räumlichkeiten führt. Es fragt sich nun, inwieweit M dem V gegenüber haftet.
Ausgangspunkt der Überlegung ist wie bereits angedeutet, dass der unrechtmäßige Fremdbesitzer M allein auf Grund der Tatsache, dass der Vertrag zum Eigentümer und Vermieter V unwirksam ist, nicht besser stehen darf, als wenn der Vertrag wirksam wäre. Daraus folgt die Erkenntnis, dass der unrechtmäßige Fremdbesitzer dem Eigentümer genauso haften muss, wie er bei tatsächlich bestehendem Besitzrecht (dann als sog. Nicht-so-berechtigter Besitzer) gehaftet hätte. Einen Haftungsunterschied zwischen rechtmäßigem und unrechtmäßigem Fremdbesitzer zu Gunsten des letzteren darf es nicht geben. Es handelt sich also auch hier um einen Fremdbesitzerexzess, denn der Fremdbesitzer überschreitet sein vermeintlich bestehendes Besitzrecht und ist insoweit nicht schutzwürdig, denn er weiß, dass er im Besitz einer fremden Sache ist, mit der nicht nach Belieben umgehen kann. Nach den §§ 989 ff. BGB kann der Fremdbesitzer dem Eigentümer und Vermieter V jedoch auf Grund der gegebenen Gutgläubigkeit nach § 932 Abs. 2 BGB analog nicht haften. Da eine Vindikationslage im Sinne des § 985 BGB im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses aber dennoch gegeben war (V war Eigentümer, M war Besitzer, hatte aber wegen des unwirksamen Mietvertrages kein Recht zum Besitz gemäß § 986 BGB), sind deliktsrechtliche Ansprüche gesperrt, § 993 Abs. 1 a.E. BGB. Deshalb wird für derartige Fälle eine Ausnahme von der Sperrwirkung des EBV konstruiert. Schon das Reichsgericht hatte hier eine direkte Anwendung der §§ 823 ff. BGB bejaht (RGZ 157, 132, 135), der BGH war dem später gefolgt (BGHZ 31, 129, 132). Die heute ganz h.M. im Schrifttum konstruiert dies dogmatisch über eine teleologische Reduktion des Ausschließlichkeitsgrundsatzes, § 993 Abs. 1 a.E. BGB (näher BeckOK-BGB/Fritzsche, 46. Ed. 2018, § 993 BGB Rn. 10 m.w.N.). Gleichwohl kommt auch eine Herleitung über eine Analogie zu den §§ 989 ff. BGB in Betracht, die in der Lehre teilweise auf §§ 989, 990 Abs. 2 BGB gestützt wird (Baur/Stürner, SachenR, 18. Aufl. 2009, § 11 Rn. 32, wobei unklar bleibt, warum eine planwidrige Regelungslücke vorliegen soll, wenn der Gesetzgeber das Drei-Personen-Verhältnis mit § 991 Abs. 2 BGB doch eindeutig geregelt hat), teilweise aber auch über den Rechtsgedanken des § 991 Abs. 2 BGB begründet wird (MüKo-BGB/Raff, 7. Aufl. 2017, § 991 BGB Rn. 19; Wieling, MDR 1972, 650). Das heißt zusammengefasst: Bei bestehendem Besitzrecht müsste der Besitzer für die Überschreitung des Besitzrechts vertraglich und deliktisch haften, Nutzungen vertraglich bezahlen oder aber hilfsweise über die Regelungen der Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigten Bereicherung herausgeben. Da eine Privilegierung des unrechtmäßigen Fremdbesitzers hier aber nicht angezeigt und eine Schutzwürdigkeit ebenso wenig erkennbar ist, ist eine Haftung aus Bereicherungs- und Deliktsrecht gegeben. Damit haftet M dem V etwa aus § 823 Abs. 1 BGB.
III. Summa
Der Fremdbesitzerexzess lässt sich also in Abhängigkeit von der zu Grunde liegenden Fallkonstellation entweder mit einem Blick in das Gesetz (im Drei-Personen-Verhältnis) oder aber durch eine Vergleichsbetrachtung mit der Haftung des rechtmäßigen Besitzers (im Zwei-Personen-Verhältnis) in den Begriff bekommen.
Zum Schluss sei allerdings noch auf zwei Feinheiten hingewiesen, die erst in der jüngeren Literatur herausgebildet wurden. Erstens: Besteht Erbenbesitz im Sinne des § 857 BGB an einer Sache, bleibt die Sperrwirkung des § 993 Abs. 1 a.E. BGB erhalten (str.; instruktiv Magnus, NJW 2017, 1201, 1206). Zweitens: Ist der zu Grunde liegende Vertrag zwischen Fremdbesitzer und vermeintlichem Eigentümer unwirksam, kann auch eine Haftung aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB diskutiert werden. Wiederum ist der tragende Gedanke dahinter, dass der unrechtmäßige Fremdbesitzer im Falle der Unwirksamkeit des Vertrages nicht schlechter stehen soll als der rechtmäßige Fremdbesitzer, bei dem eine Haftung aus culpa in contrahendo ebenfalls denkbar ist (s. Neuner, Sachenrecht, 5. Aufl. 2017, Rn. 106).

10.09.2018/4 Kommentare/von Dr. Sebastian Rombey
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Sebastian Rombey https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Sebastian Rombey2018-09-10 09:01:512018-09-10 09:01:51Der Fremdbesitzerexzess – Ein Grundlagenbeitrag
Dr. Sabine Vianden

Grundlagenbeitrag Eigentümer-Besitzer-Verhältnis

Rechtsgebiete, Sachenrecht, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (EBV) gehört ganz eindeutig zum Standardwissen jedes Examenskandidaten. Allerdings kommt dieses Thema in der Vorlesung Sachenrecht häufig aufgrund des knappen Zeitplans zu kurz, sodass es regelmäßig auch zu den Themen gehört, die erst in der Examensvorbereitung das erste Mal richtig gelernt werden. Dabei handelt es sich – wie bei so vielen Themen des Sachenrechts – um eine äußerst dankbare Lernmaterie, denn „neuere“ Rechtsprechung ist rar gesät. So sind im Examen meistens Standardkonstellationen gefragt, auch wenn diese manchmal im unbekannten Gewand auftreten. Es lohnt sich also, sich die Grundprinzipien des EBV als abrufbares Wissen einzuprägen.
I. Wann ist das EBV anwendbar?
Am wichtigsten ist es natürlich zu wissen, wann die §§ 987 ff. BGB überhaupt anwendbar sind. Diese Ansprüche sind dann relevant, wenn der Eigentümer einer Sache von einer anderen Person, dem Besitzer der Sache, Schadensersatz oder Nutzungsherausgabe verlangt, weil diese Person irgendetwas mit der Sache angestellt hat. Der Eigentümer braucht solche Ansprüche, weil ansonsten zwischen ihm und der anderen Person kein Schuldverhältnis besteht. Gleiches gilt auch für den Besitzer, wenn dieser Verwendungen auf die Sache getätigt hat. Aus dieser Interessenlage ergeben sich auch die Anspruchsvoraussetzungen:
Es muss,

  1. Eine Vindikationslage bestehen, d.h. der Eigentümer müsste gegen den Besitzer einen Anspruch aus § 985 BGB haben, wobei der Besitzer kein Recht zum Besitz hat (kein Schuldverhältnis!)
  2. Diese Vindikationslage muss im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses (Beschädigung der Sache, Nutzung, Verwendung) bestanden haben.

Schon in diesem Bereich gibt es zwei umstrittene Konstellationen, in denen eigentlich keine Vindikationslage vorliegt, aber dennoch teilweise die Anwendbarkeit der §§ 987 ff. BGB bejaht wird.

  1. Das ist zum einen der Nicht-mehr-berechtigte Besitzer. Wie die Bezeichnung schon sagt, hatte dieser Besitzer ursprünglich ein Besitzrecht und zwar auch im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses, zum Zeitpunkt der Anspruchsstellung jedoch nicht mehr. Ernsthaft in Betracht gezogen wird diese Konstellation ohnehin nur dann, wenn es sich um ein Drei-Personen-Verhältnis handelt, klassischer Weise dann, wenn der Besitzer eine geliehene oder unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Sache reparieren lässt und das Besitzrecht (auch das abgeleitete des Werkunternehmers) dann nachträglich z.B. durch Kündigung entfällt. Dafür spricht, dass es unbillig erscheint jemanden schlechter zu behandeln, der nie ein Recht zum Besitz hatte, als jemanden der dieses nur nachträglich verloren hat. Dem kann man jedoch entgegenhalten, dass sich die Abwicklung regelmäßig nach dem beendeten Schuldverhältnis richtet.
  2. Auch diskutiert wird die Figur des Nicht-so-berechtigten Besitzers. Dieser hat zwar ein Besitzrecht, überschreitet dieses aber, indem er etwas tut, was nicht Inhalt des Besitzrechts ist, z.B. die Sache beschädigen. Hier sind aber nach ganz h.M. die vertraglichen und gesetzlichen Schadensersatzansprüche vorrangig und ausreichend.

 
II. Wie stelle ich die Anspruchsgrundlage zusammen?
So weit so gut. Schwierigkeiten bereitet vielen Examenskandidaten, die eine Vindikationslage entdeckt haben, welche Normen nun die richtige Anspruchsgrundlage bilden. Erster Ansatzpunkt ist dabei wie so oft die Frage: Wer will was von wem? Das woraus ergibt sich im Anschluss. Schadensersatz und Nutzungsersatz sind Ansprüche des Eigentümers, der Besitzer kann aus EBV nur einen Anspruch auf Verwendungsersatz haben. Der zweite Schritt, ist die Frage, ob der Besitzer bei Besitzerwerb gut- oder bösgläubig ist. Hinter den §§ 987 ff. BGB steht nämlich der Zweck, den gutgläubigen, also redlichen Besitzer zu privilegieren! Der Begriff der Gutgläubigkeit ist mit dem aus § 932 Abs. 2 BGB identisch, wird aber für das EBV durch § 990 Abs. 1 S. 2 auf die nachträgliche positive Kenntnis erweitert. Zu beachten ist dabei auch, dass der Besitzer sich die Bösgläubigkeit seines Besitzdieners zurechnen lassen muss, wobei allerdings umstritten ist, ob diese Zurechnung nach § 166 Abs. 1 BGB analog oder nach § 831 BGB erfolgt.
III. Ansprüche des Eigentümers
1. Schadensersatz, § 989 BGB
a. Gegen den gutgläubigen, unverklagten Besitzer
Ein redlicher unverklagter Besitzer muss für die Beschädigung der Sache oder deren Verlust keinen Schadensersatz leisten. Das macht § 993 Abs. 1 a.E. BGB deutlich, der auch andere Schadensersatzansprüche z.B. aus § 823 Abs. 1 BGB sperrt. Anders ist das nur beim sog. Fremdbesitzerexzess.
Im Drei-Personen-Verhältnis ist dieser sogar in § 991 Abs. 2 BGB geregelt. Gemeint ist die Konstellation, dass ein Besitzmittler die Sache beschädigt. Dem mittelbaren Besitzer wäre er bereits aufgrund des dem Besitzmittlungsverhältnis zugrundeliegenden Schuldverhältnisses schadensersatzpflichtig. Deshalb liegt es nahe, dass § 991 Abs. 2 BGB bestimmt, das der Besitzmittler in gleicher Weise auch gegenüber dem Eigentümer haften muss, denn dass er jemandem würde haften müssen, musste ihm klar sein. Der Eigentümer hat dann also einen Anspruch aus §§ 991 Abs. 2, 989 BGB.
Für das Zwei-Personen-Verhältnis ist dies zwar gesetzlich nicht geregelt, jedoch kann die Wertung aus § 991 Abs. 2 BGB übertragen werden. Häufiger Fall ist der, das beide Parteien von einem in Wahrheit nicht bestehenden Besitzrecht ausgehen. Würde ein Besitzrecht bestehen, könnte der Eigentümer daraus Schadensersatz verlangen – ohne soll er nicht schlechter stehen. Der Unterschied zum Nicht-so-Berechtigten Besitzer ist der, dass gerade kein Schuldverhältnis besteht. Durch die Sperrwirkung des § 993 Abs. 1 a.E BGB hätte der Eigentümer aber nicht einmal den Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB. Deshalb lockert hier die h.M. über die Wertung des § 991 Abs. 2 BGB die Sperrwirkung und gibt dem Eigentümer einen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB (soweit dessen Voraussetzungen vorliegen).
b. Gegen den gutgläubigen, aber verklagten Besitzer
Der redliche aber verklagte Besitzer haftet für Schäden die ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit entstehen gem. § 989 BGB. Das ist gerecht, denn spätestens dann musste er damit rechnen, die Sache eigentlich herausgeben zu müssen. Wie bei Schadensersatz üblich, ist auch ein Verschulden des Besitzers erforderlich.
c. Gegen den bösgläubigen Besitzer
Anspruchsgrundlage gegen den bösgläubigen Besitzer ist §§ 989, 990 Abs. 1 BGB. Dieser haftet verschärft, also auch für zufällige Beschädigungen (§ 287 S. 2 BGB), aus §§ 989, 990 Abs. 2 BGB, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschädigung bereits im Verzug befunden hat. Hier sind also zusätzlich die Voraussetzungen von § 286 BGB zu prüfen.
Hat der Besitzer den Besitzt durch Delikt, also verbotene Eigenmacht oder eine Straftat erlangt, so gilt ausnahmsweise nicht die Sperrwirkung aus § 993 Abs. 1 BGB, vgl. § 992 BGB. Dieser Besitzer haftet deshalb auch aus §§ 823 ff. BGB.
2. Nutzungsersatzansprüche
a. Gegen den gutgläubigen, unverklagten Besitzer, § 988 BGB
Ein redlicher Besitzer muss nur dann für Nutzungen, die er vor Eintritt der Rechtshängigkeit gezogen hat, Ersatz leisten, wenn er die Sache ursprünglich unentgeltlich erlangt hat, § 988 BGB. An dieser Stelle kommt ähnlich wie bei § 822 BGB zum Ausdruck, dass das BGB den unentgeltlichen Besitz für weniger schutzwürdig hält. Ein Problem, welches man sich an dieser Stelle noch einmal anschauen könnte wäre die Frage, ob § 988 BGB analog auch auf den rechtsgrundlosen Erwerb anzuwenden ist.
Weiterhin hat der redliche unverklagte Besitzer auch sog. Übermaßfrüchte herauszugeben, § 993 BGB.
b. Gegen den gutgläubigen, aber verklagten Besitzer, § 987 BGB
Nach Eintritt der Rechtshängigkeit hat der Besitzer sämtliche Nutzungen, auch  die schuldhaft nicht Gezogenen (§ 987 Abs. 2 BGB), zu ersetzen.
c. Gegen den bösgläubigen Besitzer
Der bösgläubige Besitzer muss die entsprechenden Nutzungen nach §§ 987 (Abs. 1 oder 2), 990 BGB ersetzen.
Auch hier gilt die Haftungsverschärfung des § 990 Abs. 2 BGB..
IV. Ansprüche des Besitzers auf Verwendungsersatz
Im Gegenzug kann der Besitzer von dem Eigentümer Ersatz für die von ihm getätigten Verwendungen (vgl. zum Verwendungsbegriff hier) verlangen. Hier ist zunächst zwischen notwendigen und nützlichen Verwendungen und im Anschluss wieder nach der Gut- bzw. Bösgläubigkeit des Besitzers zu differenzieren.
1. Notwendige Verwendungen, § 994 BGB
Notwendige Verwendungen liegen vor, wenn sie objektiv zur Erhaltung, ordnungsgemäßen Bewirtschaftung oder Wiederherstellung der Sache erforderlich sind.
a. Gutgläubiger und unverklagter Besitzer, § 994 Abs. 1 S. 1 BGB
Ein gutgläubiger und unverklagter Besitzer kann grundsätzlich alle notwendigen Aufwendungen verlangen, nur die gewöhnlichen Erhaltungskosten werden davon nicht erfasst, vgl § 994 Abs. 1 S. 2 BGB (z.B. das Futter für ein Tier, das kann aber u.U. im Rahmen von § 988 BGB ersatzfähig sein!).
b. Bösgläubiger oder verklagter Besitzer, § 994 Abs. 2 BGB
Für den bösgläubigen oder verklagten Besitzer verweist § 994 Abs. 2 BGB auf die Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA). Es handelt sich um eine teilweise Rechtsgrundverweisung auf §§ 683, 684 BGB, wobei es auf den Fremdgeschäftsführungswillen nicht ankommt. Über § 684 BGB wird wiederum weiter ins Bereicherungsrecht verwiesen.
2. Nützliche Verwendungen, § 996 BGB
Nützliche Verwendungen liegen vor, wenn sie den Wert der Sache bis zur Rückgabe an den Eigentümer erhöhen. Es handelt sich um sog. Luxusverwendungen, daher ist es auch einleuchtend, dass der Besitzer für sie nur dann Ersatz verlangen kann, wenn er zum Zeitpunkt ihrer Tätigung noch gutgläubig und unverklagt war.
V. Fazit
Das EBV schafft für seinen Anwendungsbereich ein grundsätzlich abschließendes Regelungsregime. Es in einer Klausur zu übersehen kann deshalb dazu führen, dass man entweder überhaupt nicht weiß, wie man den Fall lösen soll oder aber völlig an der Lösungsskizze vorbeischreibt. In diesem Beitrag konnten sicherlich nicht alle Probleme, die mit dem EBV zusammenhängen ausführlich diskutiert werden, er soll aber einen Überblick über das System der §§ 987 ff. BGB geben und ggf. aufzeigen, welche Probleme unbedingt zu wiederholen sind

18.04.2017/7 Kommentare/von Dr. Sabine Vianden
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Sabine Vianden https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Sabine Vianden2017-04-18 10:00:552017-04-18 10:00:55Grundlagenbeitrag Eigentümer-Besitzer-Verhältnis

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