In unserer regelmäßigen Interviewserie “Meine 18 Punkte” stellen wir bekannten Juristen und ehemaligen Jurastudenten 18 Fragen zu ihrem Studium und wie es danach weiterging.
Unser Gesprächspartner ist diesmal Dr. Frank-Walter Steinmeier. Der ehemalige Bundesaußenminister und Vizekanzler und aktuelle Fraktionsvorsitzende der SPD hat, wie viele andere Politiker auch, vor seiner politischen Karriere erfolgreich ein Studium der Rechtswissenschaften abgeschlossen und darin auch promoviert.
1. Name:
Frank-Walter Steinmeier
2. Alter:
57 Jahre
3. Studiert von bis:
1976 – 1982
4. Studienort:
Justus-Liebig-Universität Gießen
5. Beruf:
Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, MdB
6. Herr Steinmeier, bitte ergänzen Sie folgenden Satz: Jura ist für mich…
…ein Handwerkszeug von unschätzbarem Wert in vielen beruflichen Herausforderungen.
7. Was hat Sie dazu bewogen Jura zu studieren?
Die Breite der Möglichkeiten nach dem Studium, die Offenheit des Studiums für verschiedene Berufsbilder.
8. Würden Sie Ihren Studienort wieder wählen?
Die Studienbedingungen für Juristen waren in Gießen vergleichsweise ideal. Der Fachbereich war neu wiedergegründet, gut ausgerüstet und hatte Ehrgeiz Ausbildungsqualität zu zeigen. Gießen und das ganze Land Hessen waren damals eine Art Experimentierzone für neue bildungspolitische Konzepte und das schuf viel Freiraum für Professoren und neugierige junge Studenten wie mich.
9. Was hat Ihnen am Studium am meisten gefallen und was vielleicht nicht?
Am meisten gefallen hat mir, dass so viel Zeit und Raum zum Lesen und Nachdenken war. Nie mehr in meinem Leben habe ich so intensiv und so viel gelesen wie während des Studiums- und das in einer Umgebung, in der wir alle politisiert waren und jede Lehrmeinung, alles Althergebrachte hinterfragt haben. Viele meiner politischen Grundüberzeugungen haben sich in der Zeit gebildet. Was mir nicht gefallen hat? Stures Büffeln für die Prüfungen – aber das geht wohl jedem Jurastudenten so!
10. Welche Vorurteile hatten Sie vor dem Studium über Jura und Juristen?
Das Gerede über das angeblich trockene Jurastudium war natürlich auch bei mir angekommen. Ob das so ist, hat man aber zu einem guten Stück selbst in der Hand, wie ich später merkte.
11. Was war Ihr größter Fehler während Ihres Studiums und was können Sie einem Jurastudenten, der gerade mit dem 1. Semester begonnen hat, raten anders zu machen?
Den Einstieg nicht zu leicht nehmen!
12. Es gibt ja auch ein „Leben neben dem Jurastudium“: Was war Ihre wichtigste Erfahrung außerhalb des eigentlichen Studiums?
Das WG-Leben! Vierzehn Jahre lang habe ich in Gießen in einer alten Zigarrenfabrik mit verschiedenen Leuten zusammengewohnt. Ein offenes Haus, ein politisches Haus! Ich erinnere mich an Lesegruppen mit Gästen, endlose Diskussionsabende – und an einen nie kleiner werdenden Abwaschberg.
13. Und nun natürlich die Gretchenfrage: Wie halten Sie es mit dem Rep?
Habe ich nie gemacht, nicht einmal eine Probestunde.
14. Was haben Sie als Erstes nach den Staatsexamina getan?
Als Mitarbeiter der Universität Klausuren und Hausarbeiten korrigiert.
15. Sie sind jetzt Politiker und Fraktionsvorsitzender der SPD. War das schon immer ihr Traumberuf?
Wenn wir von echten Träumen reden, dann war mein Traumberuf Architekt. Mit Blick auf die Arbeitsmarktentwicklung in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre habe ich mich damals dagegen entschieden. Ob zu Recht oder zu Unrecht, das ist fast 40 Jahre später schwierig zu beurteilen. Die Juristerei war jedenfalls eine gute Studienwahl!
16. Wo würden Sie sich heute sehen, wenn Sie nicht Jura studiert hätten?
Wahrscheinlich wäre ich auch ohne die juristische Ausbildung irgendwann in der Politik gelandet. Aber ich bin froh, dass ich auf meine juristischen Kenntnisse nicht verzichten muss, weil sie auch in Positionen mit politischer Entscheidungsverantwortung extrem nützlich sind.
17. Sie sind für einen Tag Justizminister. Was würden Sie an der Juristenausbildung ändern?
Ein Tag reicht nicht. Aber die frühzeitigere Integration von Praxisphasen ins Studium ist dringend erforderlich.
18. Bitte ergänzen Sie zum Schluss diesen Satz: Jura macht sexy, weil…
…Jura und sexy? Die ganze Welt hält das für einen Gegensatz. Wollen wir das wirklich korrigieren?
Herr Steinmeier, wir danken Ihnen für das Gespräch!
Das Interview führte Tom Stiebert.
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