Wir danken Nastassia für die Zusendung eines Gedächtnisprotokolls von der 2. Zivilrecht Examensklausur im April 2011 im 1. Staatsexamen in Berlin / Brandenburg:
A kauft von B (Händler) einen gebrauchten Pkw, für welchen er sich aufgrund der weißen Rennstreifen auf der Motorhaube, sowie der weißen Ledersitze und einzelner technischer Ausstattungen entscheidet. Im Vertragsformular gibt B in der Spalte „Unfallschäden lt. Vorbesitzer“ „Nein“ an.
Der Wagen soll 12.000 € kosten. Da der einkommens- und vermögenslose A das Geld nicht aufbringen kann, einigt er sich mit B, dass er den Kaufpreis erst in 2 Monaten entrichten muss. B möchte dafür aber eine Sicherheit.
A sucht daraufhin noch am selben Tag seinen Freund den C überraschend in seiner Wohnung auf und bittet ihn um eine Bürgschaft, das ganze sei nur eine Formalität, da er, A, die 12.000 € „mit links“ aus seinem Vermögen zahlen könne, wenn der Preis fällig würde. C unterschreibt daraufhin ein Papier, mit welchem er sich bereit erklärt, „selbstschuldnerisch für die Forderungen des B gegen A bis zu einer Höhe von 12.000 € zu bürgen“.
Am nächsten Tag schließen A und B schriftlich den Kaufvertrag und B übergibt den Pkw an A.
Kurz darauf stellt sich heraus, dass der Wagen einen schweren Unfall hatte, bei welchem die Motorhaube komplett eingebeult wurde und im Rahmen einer Reparatur ausgebeult, verspachtelt und neu lackiert werden musste.
Ein Sachverständiger stellt in einem Gutachten fest, dass der tatsächliche Wert des Pkw 9.000 € beträgt.
A teilt dem B daraufhin mit, dass er den Wagen wohl behalten möchte, nunmehr aber nur 9.000 € dafür bezahlen will. Der hypothetische Wert des Pkw ohne den Unfall beträgt 12.000 €.
Als der Kaufpreis nach 2 Monaten fällig wird, kann A nicht zahlen.
B wendet sich daraufhin sofort an C.
Dieser teilt dem B in einem Telefax mit, dass er die Bürgschaft rückgängig machen will, da er getäuscht und überrumpelt wurde.
Frage 1: Kann B von A den Kaufpreis verlange und ggf. in welcher Höhe ?
Frage 2: Kann B von C Zahlung von 12.000 € verlangen ?
Abwandlung:
Die D sieht sich bei B nach einem Pkw für Wochenendausflüge um. Sie entscheidet sich für einen Renault, der als Unfallwagen gekennzeichnet ist.
Jedoch wurden die Reperaturen an dem Wagen unsachgemäß ausgeführt (was für einen erfahrenen Händler – wie B – erkennbar gewesen wäre), was zur Folge hatte, dass der Wagen nunmehr nicht verkehrs- und betriebssicher war.
D kauft den Wagen bei B für 10.000 €.
Kurz Zeit später erfährt D von der nicht vorhandenen verkehrs- und betriebssicherheit des Wagen und fordert daraufhin den B auf, den Schaden zu beheben. Der B entgegnet, dass er gar nicht daran denke noch irgendetwas an dem Wagen der D zu tun.
Daraufhin teilt die D dem B mit, dass sie den Wagen dann nicht mehr möchte und fordert ihn auf ihr unverzüglich die 10.000 zurückzuzahlen.
B erwiedert, dass sie ihm 192,- € zahlen müsse, da sie in der Zeit, in welcher sie den Pkw in Gebrauch hatte, 2.400 km gefahren sei.
D ist der Meinung, nichts zahlen zu müssen, da sie das bei einer Reperatur auch nicht gemusst hätte.
In der darauffolgenden Zeit schaut sich die D nach einem neuen Wagen um. Es dauert jedoch 20 Tage bis sie fündig wird.
Dafür möchte sie von B 760,-€ erstattet haben, da sie den Wagen, den sie ja sonst genutzt hätte, nicht nehmen konnte. B meint, die D müsse sich schon entscheiden, ob sie nun den Kaufpreis zurückhaben möchte oder die 760,- €. Beides ginge jedenfalls nicht.
Frage 3: Kann D von B den Kaufpreis zurückfordern ?
Frage 4: Kann D von B Zahlung der 760,- € verlangen?
Bearbeitungshinweis: Bei den angegebenen Beträgen ist zu unterstellen, dass sie angemessen sind.
Update: In der Klausur wurde ebenfalls darauf hingewiesen, dass sich die 192€ aus den 0,08 €/km ergeben. Entsprechend die 760 € aus den 38€/Tag (Danke an Stephanie für den Hinweis).