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Dr. Marius Schäfer

Das juristische Staatsexamen im Öffentlichen Recht aus der Perspektive des Prüfers – Teil 4/4

Examensvorbereitung, Fallbearbeitung und Methodik, Für die ersten Semester, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Referendariat, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes

Der Verfasser ist u. a. seit 2013 als Korrektor für den Klausurenkurs bzw. für das schriftliche/gecoachte Probeexamen im Fachbereich Rechtswissenschaften an der Universität Bonn sowie seit 2021 als nebenamtliches Prüfungsmitglied für das Erste und Zweite Juristische Staatsexamen bei dem Landesprüfungsamt für Juristen Rheinland-Pfalz tätig.

Fortsetzung des Artikels vom 23.02.2024.

Klausurbearbeitung im Zweiten Staatsexamen

Die zuvor erläuterten Hinweise gelten selbstverständlich entsprechend für die Klausurbearbeitung auch im Zweiten Staatsexamen. Dennoch gilt es diesbezüglich, auf weitere Besonderheiten einzugehen, welche charakteristisch für verwaltungsgerichtliche oder behördliche bzw. anwaltliche Klausuren im Assessorexamen sind.

Anwaltliche bzw. behördliche Klausur

Die hier inbegriffenen Klausuren haben vor allem einen beratenden Charakter, da zumeist entweder ein Mandant einen anwaltlichen Rat oder aber ein Behördenleiter eine juristische Stellungnahme vom Klausurbearbeiter hinsichtlich des weiteren rechtlichen Vorgehens erwartet. Entsprechend sollte der erste Gliederungspunkt mit der korrekten und einschlägigen Bezeichnung als „Mandantenbegehren“ oder „Arbeitsauftrag“ benannt werden. Unprofessionell wirkt es, wenn in einer behördlichen Klausur vom Mandantenbegehren die Rede ist, obwohl es sich bei dem behördeninternen Vorgesetzen gerade nicht um einen Mandanten handelt. Noch unverständlicher wirkt es auf den Korrektor, wenn die Verwendung des Gutachtenstils im anschließend zu fertigenden Gutachten zu den Erfolgsaussichten eines Antrages, eines Widerspruchs oder einer Klage konsequent ausgelassen und ausschließlich im Urteilsstil begutachtet wird. Gerne vergessen wird, dass Anträge im Assessorexamen häufig zunächst einer Auslegung unterzogen werden müssen. Kaum mehr vernünftige Erläuterungen liest man als Prüfer an der Stelle des zweckmäßigen Vorgehens zu prozess- und kostentaktischen Aspekten, was den Schluss zulässt, dass fast alle Bearbeiter durchweg so gut wie gar nicht zu wissen scheinen, was sie hierzu zu Papier bringen sollen. Ein Mangel in der juristischen Ausbildung zeigt sich zuletzt auch bei der Anfertigung des praktischen Teils in Gestalt eines Bescheides, Widerspruchsbescheides, einer Antrags- bzw. Klageerwiderung oder Klageschrift bzw. Widerspruchserhebung, welcher oftmals nur noch in Eile und unter Verwendung von zu weitgehenden Verweisen auf den gutachtlichen Teil abgefasst wird. Zwar ist dem Korrektor der häufig unmenschliche Umfang einer Klausur durchaus bewusst, doch ändert dies nichts an dem anzuwendenden Bewertungsmaßstab, sodass der Prüfling sein Augenmerk darauflegen sollte, eine möglichst vollständige und lückenlose Klausurbearbeitung fertigzustellen, um zumindest eine praktisch brauchbare Lösung abzuliefern. Dazu gehören nicht zuletzt auch die Nebenentscheidungen, etwa die Entscheidung über die Anordnung der sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO), die Entscheidung zum Verwaltungszwang sowie die Kostenentscheidung bei einem Ausgangsbescheid. Es sollten im Ansatz zumindest auch eher selten anzutreffende Klausurgestaltungen bekannt sein, wie z. B. die Anfertigung eines Abhilfe- bzw. Beschwerdebescheides oder Vorlageberichtes. Aufgrund des noch umfangreicheren Inhalts solcher Klausuren im Vergleich zum Ersten Staatsexamen, kommen den Hinweisen des Bearbeitervermerks sowie dem Zeitmanagement eine jeweils noch größere Bedeutung zu, was wiederum eine gewisse Übung zwecks effektiver Zeiteinteilung voraussetzt.

Verwaltungsgerichtliche Klausur

In der Regel dürfte hier ein Urteil anzufertigen sein, bestehend aus dem Rubrum, dem Tenor, dem Tatbestand sowie den Entscheidungsgründen zu sämtlichen Haupt- und Nebenentscheidungen. Zuweilen kann aber auch die Anfertigung eines Beschlusses im vorläufigen Rechtsschutzverfahren verlangt sein. Eher selten gefordert wird das Erstellen eines Vorlage-, Prozesskostenhilfe-, Normenkontroll-, Berufungszulassungs- oder Beschwerdebeschlusses. Auch der Gerichtsbescheid fristet ein eher kümmerliches Dasein in der juristischen Klausurenpraxis, kommt aber durchaus vor. Häufiger als das Erstellen eines Gerichtsbescheids wird aber etwa die Anfertigung eines Urteils nach einem Antrag auf mündliche Verhandlung infolge eines Gerichtsbescheides verlangt. Hier gilt es, die prozessualen Besonderheiten im praktischen Entwurf korrekt einzukleiden. So gehört der Sachverhalt zum Ergehen des Gerichtsbescheides in die große Prozessgeschichte nach dem Beklagtenvorbringen. Darüber hinaus ist zu Beginn der Entscheidungsgründe festzustellen, dass der Gerichtsbescheid aufgrund des rechtzeitigen Antrages auf Durchführung der mündlichen Verhandlung gemäß § 84 Abs. 3 Hs. 2 VwGO als nicht ergangen gilt und deshalb durch Urteil über die Klage zu entscheiden ist. Da diese Klausuren vor allem von Praktikern korrigiert werden, sind die Bewertungsmaßstäbe hier besonders streng, sodass gerade die Formalien der gerichtlichen Entscheidung unbedingt korrekt sein und wenigstens die Ausführungen zum Tenor Sinn ergeben müssen. Nicht vernachlässigt werden sollte der Tatbestand, da es Prüfer gibt, die bei einer lückenhaften Darstellung dessen sodann auch den Entscheidungsgründen insgesamt wegen fehlender Verwertbarkeit eine großzügige Bewertung versagen. Die relevanten Informationen für den Tatbestand lassen sich oft wortwörtlich der Prüfungsakte entnehmen und sollten sachgerecht übernommen werden. Die Entscheidungsgründe müssen ausreichend fundierte aber letztlich zielgerichtete Ausführungen im Urteilsstil enthalten, gerne auch mit aus den einschlägigen Kommentaren abgeschriebenen Passagen. Eine vollständige Entscheidung wissen die meisten Korrektoren zu schätzen, denn speziell bei den verwaltungsgerichtlichen Klausuren kommt es nicht auf den bis ins Kleinste ausgeführten Meinungsstreit, sondern die praktische Brauchbarkeit der Bearbeitung an, angefangen mit der lückenlosen Darstellung von Rubrum bis zur Rechtsmittelbelehrung.

Hinweise für die mündliche Prüfung

Den Schlusspunkt setzt die am Ende der jeweiligen Ausbildung stehende mündliche Prüfung, die schon allein aufgrund des nicht unerheblichen prozentualen Anteils an der Gesamtbewertung keinesfalls unterschätzt werden sollte, obwohl es sich dabei nur um lediglich einen Prüfungstag handelt.

Vorbereitung

Die Protokolle der vorangegangenen Prüfungen zu den namentlich im Voraus bekannten Prüfern sind auf entsprechenden Web-Seiten oder den Studentenvertretungen zu erhalten und helfen dabei, nicht nur die späteren Prüfungsinhalte, sondern auch die Persönlichkeit des Prüfers besser einschätzen zu können. Ratsam kann es sein, sich zudem das berufliche Umfeld des Prüfers anzuschauen, denn was liegt näher für einen Prüfer, als Fälle aus der eigenen Erfahrung heraus in die Prüfung einfließen zu lassen? Handelt es sich z. B. um einen hauptamtlichen Richter, dann sollten wenigstens die einschlägigen Pressemitteilungen seines Gerichtszweiges der letzten Monate Eingang in die Prüfungsvorbereitungen finden – übertrieben bis übergriffig wäre aber etwa der Besuch einer mündlichen Verhandlung dieses Richters.

Vorgespräch

In der Regel führen die Examenskandidaten der Reihe nach vor Beginn der Prüfung ein Gespräch mit dem Prüfungsvorsitzenden, in welchem dem jeweilige Prüfling Gelegenheit gegeben wird, seinen juristischen und vielleicht auch sonstigen Werdegang zu schildern sowie die weiteren Ziele und Wünsche hierfür auch in Bezug auf den anstehenden Prüfungstag zu äußern. Dies dient dazu, dass zumindest der Vorsitzende der Prüfung einen näheren Eindruck der Kandidaten gewinnen kann, um etwa auch im Verlauf der Prüfung besser auf deren Persönlichkeit eingehen zu können. Die Gelegenheit zu diesem offenen Gespräch sollte von jedem Prüfling genutzt werden, um über das persönliche Empfinden im Vorfeld der Prüfung zu sprechen, denn in der Regel sind die Vorsitzenden der Prüfungskommissionen besonders wohlwollende und verständnisvolle Persönlichkeiten. Zudem sei an dieser Stelle angemerkt, dass auch die übrigen Prüfer die jeweiligen Vorpunktzahlen der Examenskandidaten aus den schriftlichen Prüfungen kennen. Die Diskussion um die Fairness der teilweise auch aus dieser Kenntnis heraus entstehenden Bewertungen soll jedoch an dieser Stelle schon allein deswegen nicht dargestellt werden, da diese äußerst selten zu Ungunsten der Kandidaten ausfällt und durch die mündliche Prüfung ohnehin zumeist eine Punktesteigerung eintritt.

Aktenvortrag

Nach dem etwa zehn- bis fünfzehnminütigen Gespräch wird der zu Prüfende alsbald in den Vorbereitungsraum gebeten, um den Kurzvortrag vorzubereiten, sofern dieser von der einschlägigen Prüfungsordnung vorgesehen ist. Die Tendenz zeigt allerdings, dass diese Aktenvorträge allmählich aus den Prüfungsordnungen zum Ersten Staatsexamen verschwinden, was die Vorbereitung auf die mündliche Prüfung erheblich vereinfacht, denn diese beinhaltet ansonsten einen nicht unerheblichen weiteren Übungsaufwand. Spätestens aber zum Zweiten Staatsexamen werden sämtliche Examenskandidaten letztlich unweigerlich mit diesem Prüfungsteil konfrontiert. Wegen der äußerst kurz bemessenen Vorbereitungs- und Vortragszeit ist für den Aktenvortrag noch viel mehr als im Rahmen der schriftlichen Prüfung eine Fokussierung auf die wesentlichen Punkte ausschlaggebend für eine positive Bewertung. Ein strukturiertes Vorgehen erlangt hier also eine noch größere Bedeutung als im Rahmen der schriftlichen Prüfungen, sodass grundsätzlich kurze und prägnante Informationen zu geben sind, während lediglich die problematischen Punkte einer näheren Ausführung bedürfen. Entscheidend für eine positive Beurteilung durch die Prüfungskommission ist, dass man als Vortragender die Prüfer, welche die Prüfungsakte mit Sachverhalt und Lösung zwar bereits Tage zuvor erhalten aber hierzu keine eingehende Prüfung vorgenommen haben dürften, “an der Hand führt“ und in der sehr knapp bemessenen Zeit durch den Sachverhalt und die Lösung in verständlichen und effektiven Worten begleitet. Das Zeitmanagement hierzu lässt sich daher nur durch eine gezielte Vorbereitung erlernen, was sich jedoch wunderbar in Lerngruppen erarbeiten lässt. Die Zeiteinteilung ist eminent wichtig, sodass der Vortrag ungefähr folgendermaßen getaktet werden sollte:

  • Einleitung (0:00-0:30 min.)
  • Sachverhalt (0:30-4:30 min.)
  • Allgemeiner Entscheidungsvorschlag (4:30-4:40 min.)
  • Rechtliche Würdigung (4:40-9:40 min.)
  • Konkreter Entscheidungsvorschlag (9:40-9:55 min.)
  • Abschließender Gruß (9:55-10:00 min.)

Mit einer solchen Einteilung verbleibt dem Vortragenden ein großzügiger Puffer von circa zwei Minuten, denn letztlich gilt die ungefähre Maßgabe, dass ein Vortrag nicht länger als 12 Minuten dauern sollte. Selbstredend ist die Zeiteinteilung nicht der einzige Punkt, auf den ungeachtet des ohnehin wichtigen fachlichen Teils ein Augenmerk zu richten ist. Trotz der allseits angestrebten Objektivität sei aus Sicht eines Prüfers doch zugegeben, dass man sich von einem souveränen Aktenvortrag beeindrucken bzw. von einem sprachlich und strukturell fehlgehenden Kurzvortrag verschrecken lässt. Für den ersten Eindruck wird der Examenskandidaten selten eine zweite Chance erhalten, sodass bereits der Aktenvortrag zumindest mit Blick auf das Auftreten und die groben Punkte stimmen sollte. Nicht zuletzt gehört zu diesem Eindruck, neben einem souveränen und freundlichen Auftreten, auch immer noch eine angemessene Bekleidung.

Teilprüfungen

Sodann werden die Examenskandidaten je vorgesehenem Rechtsgebiet von einem Kommissionsmitglied geprüft. Auf den einzelnen Kandidaten sollen dabei für jedes Rechtsgebiet circa 10 Minuten entfallen, was eine faire Verteilung der Prüfungszeit durch den Prüfer voraussetzt. Sollte die Prüfungsordnung ein Wahlfach vorsehen, wie es häufig im Zweiten Staatsexamen der Fall ist, beginnen die einzelnen Prüfungen in der Regel mit diesem entsprechenden Abschnitt. Dazu sei gesagt, dass es besonders peinlich wirkt und sich der Prüfling an dieser Stelle insofern auch den kompletten Prüfungstag nahezu ruinieren kann, wenn dieser im Wahlfach nicht sattelfest wirkt, etwa weil er noch nicht einmal über eine grobe Übersicht zu den dies beinhaltenden Themen verfügt. Ohne eine angemessene Vorbereitung wird man insbesondere hier auf Unverständnis der Kommissionsmitglieder bei einer schwachen Leistung stoßen. Die allermeisten Prüfer teilen den Kandidaten einen oder mehrere Fälle schriftlich aus bzw. mündlich mit und stellen hierzu ihre mehr oder weniger üblichen Fragen. Gerade bei erfahrenen Prüfern wiederholen sich diese Fälle oft. Gelegentlich fragen einige Prüfer die Kandidaten auch über aktuelle oder datumsspezifische historische Ereignisse aus, sodass sich ein Blick auf eine Reihe unterschiedlicher Pressemedien lohnen kann, um wenigstens kurzzeitig eine (juristische) Allgemeinbildung dem Schein nach vorzuweisen. Die Prüfungsreihenfolge der Kandidaten kann von Prüfer zu Prüfer variieren. Manche Kommissionsmitglieder bevorzugen eine strikte Reihenfolge, während andere einen freien Diskurs präferieren. Über das Studium der Prüfungsprotokolle ist man als Kandidat aber auch hierauf bestens vorbereitet.

Bewertung

Nach jeder Teilprüfung werden die Prüflinge für einen kurzen Zeitraum nach draußen gebeten, in dem die Kommissionsmitglieder über die einzelnen Teilpunkte der vorangegangenen Prüfung beraten. Im Anschluss an die letzte Teilprüfung werden alle Punktzahlen zusammengerechnet und bei Grenzfällen oft noch einmal “ein Auge zugedrückt“, um einen Kandidaten nicht kurz vor einer bedeutsamen Hürde vor einem Punkte- oder Notensprung scheitern zu lassen. Zwar sehen Prüfungsordnungen auch sogenannte Sozialpunkte vor, doch sind diese Fälle, in denen es hierüber zu einer Sonderbewertung gekommen ist, eine absolute Ausnahme. Abgeschlossen wird die Prüfung mit der Verkündung der Prüfungsergebnisse und den herzlichen Gratulationen der Kommissionsmitglieder, verbunden mit den besten Wünschen für die weitere Zukunft der hoffentlich erfolgreichen Absolventen.

Abschließende Worte

Das Erlernen von juristischem Wissen alleine macht aus einem Studenten weder einen guten Juristen noch lässt sich damit allein eine rechtswissenschaftliche Prüfung bestehen. Vielmehr muss dieses Wissen zielgerichtet und sachgerecht angewendet werden und einem Korrektor, der trotz allen Unkenrufen zum Trotz (noch) ein Mensch ist, nahegebracht werden. Solange eine computerbasierte KI Klausuren nicht korrigiert oder mündliche Prüfungen abnimmt, muss es für den Prüfling in erster Linie darum gehen, den menschlichen Korrektor von seinen juristischen Fertigkeiten sach- und zielgerichtet zu überzeugen. Hierfür müssen zumindest die oben dargestellten Grundlagen beachtet werden, ohne die dem Prüfer Zweifel an den Fähigkeiten des Examenskandidaten kommen werden. Immerhin vermag es ein Prüfer aus Fleisch und Blut, sich von der Leistung des Prüflings einen Gesamteindruck zu verschaffen, den es schließlich zu bewerten gilt und welcher bestenfalls zum Positiven ausfällt. Examenskandidaten haben in dem Zusammenspiel mit dem Prüfer einen weit größeren Einfluss auf die Bewertung ihrer Leistung, als ihnen manchmal bewusst ist.

01.03.2024/1 Kommentar/von Dr. Marius Schäfer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Marius Schäfer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Marius Schäfer2024-03-01 12:28:302024-03-01 12:28:34Das juristische Staatsexamen im Öffentlichen Recht aus der Perspektive des Prüfers – Teil 4/4
Dr. Marius Schäfer

Das juristische Staatsexamen im Öffentlichen Recht aus der Perspektive des Prüfers – Teil 3/4

Examensvorbereitung, Fallbearbeitung und Methodik, Für die ersten Semester, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Referendariat, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes

Der Verfasser ist u. a. seit 2013 als Korrektor für den Klausurenkurs bzw. für das schriftliche/gecoachte Probeexamen im Fachbereich Rechtswissenschaften an der Universität Bonn sowie seit 2021 als nebenamtliches Prüfungsmitglied für das Erste und Zweite Juristische Staatsexamen bei dem Landesprüfungsamt für Juristen Rheinland-Pfalz tätig.

Fortsetzung des Artikels vom 17.02.2024.

Hinweise zur Prüfung der Begründetheit

In der Regel wird die Klausurbearbeitung mindestens eine Prüfung der Begründetheit eines Antrages oder einer Klage zum Inhalt haben, wobei nicht immer zwangsläufig schematisch exakt, dafür aber ausführlicher argumentiert werden muss, sodass an dieser Stelle die meisten Bewertungspunkte verteilt werden. Immerhin lassen sich auch für den schwerpunktmäßigen Prüfungsbereich der Begründetheit einige typische Examensfehler identifizieren, die es unbedingt zu vermeiden gilt.

Obersatz

Als Einleitung und Hinweis für die weitere Prüfung kommt dem Obersatz gerade an dieser Stelle eine große Bedeutung zu, weil damit dem Korrektor signalisiert werden sollte, was im weiteren Verlauf des Gutachtens geprüft wird. Für die Begründetheit sollte hier der rote Faden beginnen, an dem sich der Korrektor im weiteren Verlauf “entlanghangeln“ kann.

Rechtsgrundlagen

Die wenigen üblicherweise relevanten Rechtsgrundlagen sind Ausgangspunkt der Prüfung einer jeden Begründetheit. Kommen mehrere Rechtsgrundlagen in Betracht, ist im Vorfeld zu prüfen, welche davon im vorliegenden Fall anzuwenden ist, bevor die formelle und materielle Rechtmäßigkeit einer Maßnahme auf Grundlage eben dieser Rechtsgrundlage geprüft wird. Bei belastenden Maßnahmen ist immer ein Wort zum Rechtsstaatsprinzip und als Ausdruck davon zum Vorbehalt des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) zu verlieren. Bei der Anwendung von Rechtsgrundlagen zeigt sich vielfach, dass mit Blick auf die angewendeten Normen zum einen keine korrekte Trennung zwischen der Tatbestandsseite sowie der Rechtsfolgenseite stattfindet, und zum anderen zwischen den einzelnen Tatbestandvoraussetzungen nicht sauber differenziert wird und so folglich keine sachgerechte Subsumtion stattfinden kann.

Prüfungsmaßstab

Noch bevor die Rechtmäßigkeit einer irgendwie gearteten staatlichen Maßnahme geprüft wird, sollte nicht vergessen werden, dass gegebenenfalls zuerst noch der einzelne Prüfungsmaßstab klarzustellen ist, insbesondere bei verfassungsprozessualen Klausuren, z. B. der Hinweis bei der Urteilsverfassungsbeschwerde, dass das BVerfG keine Superrevisionsinstanz ist. Mindestens notwendige Stichworte zum gerichtlichen Prüfungsmaßstab bei einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO lauten: Eigenständige Interessenabwägung des Gerichts und summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache.

Definitionen

Ein absolutes Muss ist die sichere Kenntnis über die einschlägigen Definitionen oder die Bedeutung gerade von im Verfassungsrecht besonders relevanten Begriffen, denn sonst kann eine fundierte Subsumtion, auf die im Öffentlichen Recht besonderen Wert gelegt wird, nicht erfolgen. Beispielhaft dazu sei die Verhältnismäßigkeitsprüfung angeführt, denn hier ist zunächst zu definieren, wann eine Maßnahme verhältnismäßig ist und was unter den aufgeführten Merkmalen zu verstehen ist. Beispiel:

Eine Maßnahme ist verhältnismäßig, wenn diese zur Erreichung eines legitimen Zieles geeignet, erforderlich sowie angemessen ist. Als legitime Zwecke kommen […] in Betracht. […]. Die Geeignetheit verlangt die Förderung des gewünschten Erfolges und die Möglichkeit der Zweckerreichung. […]. Die Erforderlichkeit einer Maßnahme ist nicht gegeben, wenn der Behörde ein gleich wirksames, aber für den Adressaten weniger und Dritte und die Allgemeinheit nicht stärker belastendes Mittel zur Erreichung des Ziels zur Verfügung steht. […]. Angemessen ist eine Maßnahme, wenn diese den Adressaten bei einer Gesamtabwägung der kollidierenden Rechtsgüter nicht übermäßig oder unzumutbar belastet. […].

Auslegung

Vor allem im Öffentlichen Recht ist stellenweise eine an dem klassischen Auslegungskanon orientierte, methodische Herangehensweise gefragt, wie z. B. bei der Frage nach einem materiellen Prüfungsrecht des Bundespräsidenten. Aus diesem Grunde müssen die Methoden der grammatikalischen, systematischen, historischen und teleologischen Auslegung verinnerlicht werden, denn die weitere Argumentation ist sinnvoll hierauf zu beziehen.

Analogien

Gerade im Hinblick auf Examensklausuren im Bereich des Öffentlichen Rechts können unbekannte Fallkonstellationen und -gestaltungen auftreten, die sich zum Teil nur mit dem Ziehen von vergleichbaren Wertungen oder mit dem Herstellen von Analogien zu regelmäßig bekannten Grundsätzen lösen lassen. Fundierte Ideen können hier Goldwert sein und den Korrektor veranlassen, ins “oberste Bewertungsregal“ zu greifen, da in solchen Fällen auch vieles vertretbar ist. Dennoch schadet es nicht, die Rechtsprechung sogar zu eher exotisch anmutenden Entscheidungen zumindest in groben Zügen zu kennen.

Schwerpunktsetzung

Insbesondere bei Klausuren im Öffentlichen Recht werden Examenskandidaten mit verschiedenen Begehren und Argumenten der beteiligten Personen sowie staatlichen Stellen konfrontiert, welche streng auseinanderzuhalten sind und vollständig im Gutachten wiederzufinden sein sollten. In der Regel lässt sich schon durch eine intensive Lektüre des Sachverhalts und aufgrund des dort ausgeführten Vorbringens der Beteiligten der Schwerpunkt der späteren gutachtlichen Prüfung entnehmen, während irrelevante oder gar irreführende Aussagen eher die Ausnahme bilden. Die dort ausgeführten Rechtsansichten sind zwar nicht eins zu eins zu übernehmen, doch können diese zumindest bei einer Abwägung wertvolle Hilfe leisten. Im Übrigen kommt es auf ein mittels Fallübung antrainiertes Gespür des Bearbeiters an, wo im Einzelnen die jeweiligen Klausurschwerpunkte innerhalb der gutachtlichen Prüfung an entsprechender Stelle zu verorten sind. Schwerpunktsetzung bedeutet damit, unproblematische Punkte kurz aber sachgerecht und vielerorts mit auswendig gelernten Formulierungen abzuhandeln, während die im Sachverhalt aufgeworfenen und noch unklaren Streitfragen ausführlich zu diskutieren sind, dabei allerdings einer eindeutigen Lösung zugeführt werden müssen. Sofern der Sachverhalt vermeintlich wichtige Informationen schuldig geblieben ist, verbietet sich aber eine Sachverhaltsüberdehnung bzw. Sachverhaltsquetschung. Gleichsam sollten bekannte Probleme nicht in die Lösung hineininterpretiert werden, nur um den Korrektor zu zeigen, dass man eben dieses Problem besonders gut beherrscht, obwohl es mit einer sachgerechten Lösung in diesem Falle nichts gemein hat. Keinesfalls schadet es, dem Korrektor eine Gewichtung zu verdeutlichen, etwa indem der Bearbeiter auf ein eher zu vernachlässigendes Problem und dessen geringe Relevanz hinweist, dieses aber ohne aufwendige Diskussion kurz und knapp löst. Diese Methodik findet der Korrektor gerade auch an manchen Stellen innerhalb der Musterlösung zu nicht zielführenden Meinungsstreitigkeiten, die lediglich akademischer Natur sind, vor. Hinsichtlich einer ausgewogenen Schwerpunktsetzung kann zuletzt recht sicher davon ausgegangen werden, dass die meisten Argumentationen auf der Rechtsfolgenseite an Stelle der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu führen sind.

Verfassungsrecht

Mit Blick auf die rechtsgebietsspezifischen Problemfelder lässt sich zunächst zum Verfassungsrecht beschreiben, dass verfassungsrechtliche Prinzipien im Grunde zu jeder Problemstellung im Staats- und Verfassungsrecht eine Rolle spielen dürften. Wer etwa die wesentlichen Inhalte zu den demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht genau kennt, dem fehlen häufig auch wertvolle Argumentationslinien, insbesondere zur Begründetheit eines Antrages. Oftmals geht aus der Erörterung etwa bei einer Verfassungsbeschwerde nicht genau hervor, was im Rahmen des Prüfungsumfanges des BVerfG, welcher im Übrigen nur bei einer Urteilsverfassungsbeschwerde anzusprechen ist, unter der Verletzung spezifischen Verfassungsrechtes zu verstehen sein kann. Insofern gelingt auch die Subsumtion nicht zufriedenstellend. Zu prüfen sind im Rahmen der Begründetheit unbedingt nur die Grundrechte sowie die grundrechtsgleichen Rechte, die den Beschwerdeführer möglicherweise selbst, gegenwärtig und unmittelbar betreffen könnten. Auf die Konnektivität der Beschwerdebefugnis sowie der Grundrechtsprüfung innerhalb der Begründetheit ist stets zu achten. Ebenso ist dies für die Benennung des Beschwerdegegenstandes im Fall einer Urteilsverfassungsbeschwerde zu verzeichnen, denn hier ist vielen Klausurbearbeitern oftmals unklar, dass es sich bei mehreren Exekutiv- und Judikativakten um einen einheitlichen Beschwerdegegenstand handelt, welche jedoch einzeln zu prüfen und an der Stelle des Eingriffs wieder zu thematisieren sind. Mit Blick auf den letzten Punkt ist hervorzuheben, dass die Subsumtion unter den klassischen Eingriffsbegriff leider nur selten gelingt, obwohl dieser immer wieder angeführt wird. Schwierigkeiten bereitet vielen Bearbeitern auch die Maßgabe, dass kollidierendes Verfassungsrecht im Rahmen schrankenlos gewährleisteter Grundrechte dennoch von einer einfach-gesetzlichen Regelung konkretisiert werden muss. Grundrechtskonkurrenzen werden leider nur von wenigen Klausurbearbeitern beherrscht, sodass man sich als Bearbeiter hier ganz besonders von seinen Mitstreitern absetzen kann. Beispielhaft sei hier nur das Verhältnis von Art. 5 GG zu Art. 8 GG angeführt. Ein Grundrecht mit einem spezielleren Schutzbereich verdrängt das Grundrecht, welches einen allgemeinen Schutzbereich bietet. Sofern ein Eingriff in den Schutzbereich eines speziellen Grundrechtes vorliegt, wird dadurch eine Sperrwirkung gegenüber Art. 2 Abs. 1 GG entfaltet. Innerhalb der Verhältnismäßigkeitsprüfung vernachlässigen viele Bearbeiter oftmals, dass strikt zwischen der Normauslegungs- und der Normanwendungsebene zu unterscheiden ist. Auch die Begriffe „Wechselwirkungslehre“ und „praktische Konkordanz“ sind in diesem Zusammenhang nur selten bekannt. Dass die relevante Maßnahme einen legitimen Zweck verfolgen muss, wird insbesondere von Anfängern nur allzu oft vergessen. In Anbetracht der Häufigkeit, mit der die Verhältnismäßigkeitsprüfung zu leisten ist, ist es daher kaum verständlich, wenn diese nicht sicher beherrscht wird.

Europarecht

Zum Europarecht sollten wenigstens die Grundzüge dessen, wie beispielsweise die Wirkweise einer Richtlinie, die Voraussetzungen der gängigsten Klagearten und Grundfreiheiten sowie die Lissabon-Rechtsprechung, beherrscht werden. Es schadet auch nicht, einen Überblick über die jeweilige Struktur und die Inhalte des EU-Vertrages sowie der EU-Grundrechtecharta zu kennen. Besonders relevant wird das Europarecht allerdings deshalb, weil Einwirkung in andere Rechtsgebiete gerne geprüft werden, was sich exemplarisch bei den europarechtlichen Anforderungen hinsichtlich der Rücknahme eines Bewilligungsbescheides zeigt, sodass das Europarecht selten isoliert zu betrachten ist, sondern auch in andere Rechtsgebiete, wie hier im Falle des allgemeinen Verwaltungsrechtes, einzuwirken vermag.

Staatshaftungsrecht

Das Staatshaftungsrecht ist ebenfalls zumindest in den Grundzügen zu beherrschen, was die Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs, des enteignenden und enteignungsgleichen Eingriffs, des Folgen-/Vollzugsbeseitigungsanspruchs, der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag sowie der öffentlich-rechtlichen culpa in contrahendo einschließt, denn im Examen sind Fallkonstellationen zu eben diesen Ansprüchen nicht gänzlich unüblich, doch lassen sich gerade diese keinesfalls nur allein mit dem Gesetz lösen. Im Hinblick auf die Rechtsfolgen dieser Ansprüche muss zu den einzelnen Anspruchsgrundlagen unbedingt zwischen Schadensersatz und Entschädigung unterschieden werden.

Allgemeines Verwaltungsrecht

Das Gebiet des allgemeinen Verwaltungsrechts ist geprägt von Prinzipien, die in die übrigen verwaltungsrechtlichen Rechtsgebiete hineinspielen, angefangen mit der Lehre vom Verwaltungsakt. Wissenslücken in diesem Bereich wirken sich fatal auf die Bewertung aus und kommen der Missachtung des Abstraktionsprinzips im Zivilrecht gleich. Ein souveräner Umgang mit den Themen zu der VA-Qualität einer Maßnahme, den Nebenbestimmungen, der actus-contrarius-Theorie, der Bekanntgabe oder der Rücknahme bzw. dem Widerruf eines VAs sind unablässig für das Gelingen einer Klausur im Verwaltungsrecht. Zu empfehlen ist eine wiederholte Gesetzeslektüre, um wenigstens eine gesicherte Normkenntnis vorweisen zu können, denn aus der systematischen Anwendung des Gesetzes heraus, lässt sich schon einiges für die Fallbearbeitung gewinnen. Dies zeigt sich etwa auch bei der immer wieder in Klausuren anzutreffenden Fristberechnung, die mittlerweile scheinbar kaum noch von Klausurbearbeitern im Ersten Staatsexamen beherrscht wird, was den Korrektor schockiert und mit völligem Unverständnis bei der Korrektur zurücklässt, obwohl dies eigentlich “im Schlaf“ beherrscht werden sollte.

Besonderes Verwaltungsrecht

Unsicherheiten und erhebliche Wissenslücken zeigen sich insbesondere im Kommunalrecht, da dieses Teilrechtsgebiet relativ selten in Klausuren abgeprüft wird. “Auf Lücke“-Lernen ist riskant und lässt sich in der Klausur gegebenenfalls nur mit einer aufmerksamen Studie der kommunalrechtlichen Regelungen überwinden, die bestenfalls nicht erst in der Klausur zum ersten Mal in Augenschein genommen werden sollten. Oftmals bieten sich vertiefte Kenntnisse gerade im Kommunalrecht an, Analogien zu ziehen, um unbekannte Fallkonstellationen zu exotischen Rechtsgebieten einer sachgerechten Lösung zuzuführen. Jedoch darf man Vergleiche nicht übereifrig bemühen. Beispielsweise ist die Abwägungsfehlerlehre im Bauplanungsrecht nicht mit der allgemeinen Ermessensfehlerlehre zu verwechseln, auch wenn sich hier gewisse Ähnlichkeiten zeigen. Überhaupt ist im Bereich des Baurechtes stets sauber zu differenzieren, vor allem zwischen dem Bauordnungs- und Bauplanungsrecht. Immer wieder zeigen sich auch Schwächen im Bereich der Vollstreckungsvoraussetzungen, obwohl die im Prinzip völlig schematischen Voraussetzungen des Normal- und des Sofortvollzuges sicher auswendig beherrscht werden sollten. Probleme im Zusammenhang etwa mit der Rechtmäßigkeit eines Kostenbescheides sind die mangelnde vollständige Normzitierung im Obersatz sowie Unsicherheiten hinsichtlich des verschachtelten Prüfungsaufbaus. Die Thematik rund um den Kostenbescheid bietet sich auch an, um darauf hinzuweisen, dass den Ermächtigungsgrundlagen im Gefahrenabwehrrecht eine kaum zu unterschätzende Bedeutung zukommt. Die jeweils korrekte Rechtsgrundlage für eingreifende gefahrenabwehrrechtliche Maßnahmen muss hinreichend dargelegt werden, was eine gesicherte Kenntnis von der Materie voraussetzt. Ebenso muss die Abgrenzung von Ersatzvornahme und unmittelbarer Ausführung ausführlich bekannt sein, da Fallkonstellationen zu dieser Thematik nicht selten sind. Die Polizeifestigkeit der Versammlung wird leider häufig missachtet. Aus dem abschließenden Charakter des Versammlungsrechts als speziellem Gefahrenabwehrrecht folgt im Umkehrschluss, dass versammlungsbezogene Eingriffe allein auf der Grundlage des Versammlungsgesetzes und nicht auf der Grundlage des Polizeirechts zulässig sind. Der spezielle Schutz öffentlicher Versammlungen findet dabei seine Rechtfertigung in der grundlegenden Bedeutung der Versammlungsfreiheit für ein freiheitlich-demokratisches Gemeinwesen, weshalb entsprechende Freiheitsausübungen einem privilegierenden Sonderrecht unterstellt werden.

Zur Fortsetzung, siehe den Artikel vom 01.03.2024.

23.02.2024/1 Kommentar/von Dr. Marius Schäfer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Marius Schäfer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Marius Schäfer2024-02-23 15:39:472024-03-01 12:31:44Das juristische Staatsexamen im Öffentlichen Recht aus der Perspektive des Prüfers – Teil 3/4
Dr. Marius Schäfer

Das juristische Staatsexamen im Öffentlichen Recht aus der Perspektive des Prüfers – Teil 2/4

Examensvorbereitung, Fallbearbeitung und Methodik, Für die ersten Semester, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Referendariat, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes

Der Verfasser ist u. a. seit 2013 als Korrektor für den Klausurenkurs bzw. für das schriftliche/gecoachte Probeexamen im Fachbereich Rechtswissenschaften an der Universität Bonn sowie seit 2021 als nebenamtliches Prüfungsmitglied für das Erste und Zweite Juristische Staatsexamen bei dem Landesprüfungsamt für Juristen Rheinland-Pfalz tätig.

Fortsetzung des Artikels vom 09.02.2024.

Hinweise zur Prüfung der Zulässigkeit und zu prozessualen Besonderheiten

Im weiteren Verlauf sollen die Grundlagen zur Anfertigung einer Klausur im Öffentlichen Recht im Zusammenhang mit dem im Grunde stets zu prüfenden Abschnitt der Zulässigkeit eines wie auch immer gearteten Antrages skizziert werden.

Aufbauschemata

Vielleicht noch mehr als in jedem anderen Rechtsgebiet zählt im Öffentlichen Recht das sichere Beherrschen aller gängigen Schemata zu sämtlichen Antrags- und Klagearten, aber auch zur Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Grundrechtseingriffes oder VAs, zum Normal- und Sofortvollzug, zum Eingriff in eine Grundfreiheit usw., denn hierauf darf in der Klausursituation keine Zeit zum Überlegen verschwendet werden. Überdies frustriert den Korrektor nichts mehr, als dass bereits diese absoluten Basics bei den Bearbeitern nicht sitzen.

Begrifflichkeiten

Zu den unabdingbaren Grundlagen gehört auch eine korrekte Bezeichnung der einschlägigen Begrifflichkeiten. So heißt es etwa „Verwaltungsrechtsweg“ und nicht „Verwaltungsgerichtsweg“, im Eilverfahren „Antragsbefugnis“ sowie „Antragsgegner“ und nicht „Klagebefugnis“ sowie „Klagegegner“. Überdies sind verfassungsgerichtliche Anträge keine Klagen, was stellenweise leider nicht nur juristischen Laien gänzlich unbekannt ist. Soweit dies sachgerecht ist, sollte gerade für sämtliche Anträge verfassungsprozessualer Klausuren eine einheitliche Begrifflichkeit gefunden werden, um ein einheitliches Schema leichter verinnerlichen zu können.

Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs

Nach den sauber formulierten Obersätzen zum Erfolg des Antrags sowie zur Zulässigkeit ist der “Türöffner“ einer jeden verwaltungsgerichtlichen Klausur der Prüfungspunkt zur Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs. Oft trügt hier der erste Eindruck, den der Korrektor bereits beim Lesen dieser ersten Zeilen erhält, nicht. Eine souverän wirkende Standard-Formulierung könnte exemplarisch lauten:

Zunächst müsste der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sein. Mangels aufdrängender Sonderzuweisung ist der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO eröffnet für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art, die nicht durch Gesetz einer anderen Gerichtsbarkeit explizit zugewiesen werden (abdrängende Sonderzuweisung). Eine Streitigkeit ist öffentlich-rechtlicher Natur, wenn […].

Deutlich wird anhand des Beispiels, dass in Bezug auf die Sonderzuweisungen klar zu unterscheiden ist und diese nicht zusammen geprüft werden dürfen, denn die abdrängende Sonderzuweisung ist Voraussetzung bzw. Tatbestandsmerkmal der Regelung von § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO, welche erst dann zu prüfen ist, nachdem man aufgrund des Fehlens einer aufdrängenden Sonderzuweisung überhaupt erst zur Anwendung der Vorschrift gelangt. Bekannt sein sollten zumindest § 126 Abs. 1 und 2 BRRG als aufdrängende und § 23 Abs. 1 S. 1 EGGVG sowie § 98 Abs. 2 S. 2 StPO (analog) als abdrängende Sonderzuweisungen. Wenn es darum geht, die Frage zu beantworten, ob eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht-verfassungsrechtlicher Art gegeben ist, sollten üblicherweise die Begriffe „modifizierte Subjekttheorie“ und „doppelte Verfassungsunmittelbarkeit“ Erwähnung finden. Beachtet werden sollte auch immer die präzise Nennung aller in Betracht kommenden streitentscheidenden Normen.

Statthaftigkeit

Im Zusammenhang mit der Statthaftigkeit einer Klage oder eines Antrages ist zuallererst auf das Begehren des Klägers oder Antragstellers Bezug zu nehmen, statt unreflektiert auswendig gelernte Sätze zu formulieren, ohne dabei aber weiter auf den Inhalt dessen einzugehen. Ernüchternd ist es für den Korrektor, wenn er lesen muss, dass sich die Statthaftigkeit nach dem Begehren des Klägers oder Antragstellers richtet, der Bearbeiter Ausführungen hierzu aber gänzlich schuldig bleibt. Formulierungsvorschlag:

Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Begehren des Klägers (§§ 88, 86 Abs. 3 VwGO). K begehrt die Aufhebung des Bescheids vom […]. Statthaft könnte demnach eine Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO sein. Dann müsste es sich bei dem Bescheid vom […] um einen Verwaltungsakt i. S. d. § 35 S. 1 VwVfG handeln, d. h. um eine hoheitliche Maßnahme einer Behörde, auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts zur Regelung eines Einzelfalls. […].

Für Eilverfahren gilt:

Die Statthaftigkeit des Antrages richtet sich nach dem Begehren des Antragstellers (§§ 122 Abs. 1, 88, 86 Abs. 1 VwGO). […].

Sofern eine Entscheidung in der Sache für den Antragsteller besonders zeitkritisch ist, sollte man immer auch an den entsprechenden Eilrechtsschutz denken, den Rückgriff hierauf aber auch nicht überstrapazieren. Dennoch ist und bleibt der Eilrechtsschutz weiterhin ein beliebtes Prüfungsthema, mutmaßlich aufgrund der verschachtelten und damit komplizierteren Prüfung. Bei der Ermittlung der statthaften Klageart kann an die Möglichkeit eines Annexantrages nach § 113 Abs. 1 S. 2 und S. 3 VwGO zu denken sein. Häufig wird bei der Ermittlung der statthaften Klageart leider auch die actus-contrarius-Theorie übersehen.

Klage-/Beschwerdebefugnis

Insbesondere an dieser Stelle zeigt sich ein allgemein festzustellendes Phänomen, Theorien unbedacht und teilweise in falschem Zusammenhang anzuwenden, speziell etwa die Adressatentheorie im Rahmen eines Leistungsbegehrens. Bei der Verwendung der Adressatentheorie ist also Vorsicht geboten, weil diese nur dann zur Anwendung gelangen kann, wenn auch eine belastende Maßnahme, wie z. B. ein VA mit der notwendigen Außenwirkung, vorliegt und sich ein Rückgriff bei Verpflichtungs- und Leistungssituationen ohnehin verbietet, da Art. 2 Abs. 1 GG prinzipiell nur ein Abwehr- und kein Leistungsrecht beinhaltet. Sofern der Sachverhalt durchblicken lässt, dass daneben noch speziellere Grundrechte betroffen sein könnten, sind diese ebenfalls zu nennen. Im Falle der Anfechtungssituation sollte sich demnach nicht bloß auf der Adressatentheorie ausgeruht werden. Dies lässt sich mit dem folgenden Beispiel abbilden:

Die Anfechtungsklage ist gemäß § 42 Abs. 2 VwGO nur zulässig, wenn sich aus dem Vorbringen des K die Möglichkeit ergibt, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Als Adressat eines belastenden Verwaltungsaktes könnte K zumindest in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) verletzt sein, wobei die Möglichkeit der Rechtsverletzung genügt. Überdies könnte K möglicherweise auch in seinen Grundrechten aus Art. […] GG betroffen sein, […].

Im Übrigen kann wie folgt formuliert werden:

A ist klagebefugt gemäß / analog § 42 Abs. 2 VwGO, wenn die Möglichkeit besteht, dass er durch […] in seinen subjektiven Recht verletzt wird / dass er einen Anspruch auf die begehrte Leistung hat. Ein Anspruch auf […] könnte sich aus § […] / Art. […] ergeben.

Im Rahmen der Klagebefugnis sollte im Übrigen immer auf die jeweils konkretere Normebene (lex specialis) abgestellt werden. Geht es also beispielsweise um das Recht, an einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen, sollte § 1 Abs. 1 VersammlG genannt werden und nicht nur Art. 8 GG.

Vorverfahren

Nur dann, wenn der Sachverhalt durch explizite Hinweise oder das Vorbringen der Beteiligten durchblicken lässt, dass es an der ordnungsgemäßen Durchführung eines Vorverfahrens fehlt, ist dieser Prüfungspunkt entsprechend ausführlich zu prüfen. Ansonsten genügt der folgende Verweis:

Der Kläger hat ordnungsgemäß ein Vorverfahren i. S. d. §§ 68 ff. VwGO eingeleitet, indem er gegen den Bescheid vom […] form- und fristgerecht am […] Widerspruch erhoben hat (§ 70 VwGO).

Zwar sollten alle Examenskandidaten aus NRW immer die Regelung zum Absehen vom Vorverfahren gemäß § 110 Abs. 1 JustG NRW im Hinterkopf behalten, doch geht der bloße Verweis auf die Vorschrift im Rahmen der allgemeinen Leistungs- sowie der Feststellungsklage fehl, da hier grundsätzlich kein Vorverfahren vorgesehen ist. Die Rückausnahmen nach § 110 Abs. 2 JustG NRW werden an dieser Stelle ebenfalls gerne übersehen. Grundsätzlich reicht die folgende Formulierung aus:

Der Durchführung eines Vorverfahrens bedarf es nach § 68 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 VwGO i. V. m. § 110 Abs. 1 S. 1 JustG NRW nicht.

Nicht vergessen werden darf schließlich, dass ein Vorverfahren auch bei Untätigkeit der Behörde nach § 75 S. 1 VwGO entbehrlich ist. Wenn bereits ein Widerspruchsbescheid ergangen ist, dann möchte der Korrektor keine weitergehenden Ausführungen zur ordnungsgemäßen Einleitung des Vorverfahrens präsentiert bekommen, es sei denn, die Thematik ist im Sachverhalt ausdrücklich als streitig dargestellt, sodass im Übrigen formuliert werden kann:

Der Widerspruchsbescheid vom […] ist dem K am […] zugestellt worden. Von der ordnungsgemäßen Durchführung eines Vorverfahrens i. S. d. §§ 68 ff. VwGO ist mithin auszugehen.

Klage-/Antragsfrist

Darzustellen ist zunächst der Fristlauf nach § 70 Abs. 1 bzw. § 74 Abs. 1 und 2 VwGO, bevor auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe des VAs (vgl. § 41 VwVfG) bzw. der Zustellung des Widerspruchsbescheides (vgl. § 74 VwGO) abzustellen ist. Über die Anwendung der §§ 187 bis 193 BGB (vgl. hierzu § 57 VwGO) ist sodann der Fristbeginn sowie das Fristende darzustellen. Zuletzt ist gegebenenfalls auf Ausnahmen vom Fristlauf, etwa da eine rechtsfehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung vorliegen könnte und insoweit § 58 VwGO zu beachten ist, oder auf eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (siehe § 60 VwGO) einzugehen. Für die Klausurpraxis lässt sich bestätigen, dass eine (endgültige) Verfristung des eingelegten Rechtsbehelfs nur äußerst selten vorkommt und nur dann hilfsgutachtlich weiter zu prüfen ist. Eine beispielhafte kurze Formulierung für den Fall, dass im Sachverhalt für die Fristberechnung relevante Datumsangaben fehlen, stellt sich im Übrigen wie folgt dar:

Die Klage wurde auch innerhalb der Klagefrist gemäß § 74 Abs. 1 VwGO erhoben.

Doch immer dann, wenn der Sachverhalt genaue Datumsangaben im Zusammenhang etwa mit der Bekanntgabe von Bescheiden, der Zustellung eines Widerspruchsbescheides oder aber der Antrags- bzw. Klageerhebung enthält, erwartet der Prüfer eine Darstellung der Fristenthematik. Eine kurze Formulierung in unproblematischen Fällen stellt sich wie folgt dar:

Die Klage müsste auch innerhalb der Klagefrist gemäß § 74 Abs. 1 VwGO erhoben worden sein. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom […] wurde dem Kläger mittels Übergabeeinschreiben gemäß § 73 Abs. 3 Satz 2 VwGO i. V. m. § 4 Abs. 1 Alt. 1 und Abs. 2 S. 2 VwZG am […] zugestellt. Die einmonatige Klagefrist gemäß § 74 Abs. 1 VwGO beginnt mithin i. S. v. § 57 Abs. 2 VwGO i. V. m §§ 222 Abs. 2 ZPO, 187 Abs. 1 BGB am […] und endet i. S. v. § 57 Abs. 2 VwGO i. V. m §§ 222 Abs. 2 ZPO, 188 Abs. 2 BGB am […]. Somit ist die Klageerhebung vom […] innerhalb der Frist erfolgt.

Sofern ein Antrag oder eine Klage schon gar keiner Frist unterliegen, sollte dies klarstellend z. B. wie folgt erwähnt werden:

Die allgemeine Feststellungsklage ist nicht fristgebunden.

Ordnungsgemäße Klage-/Antragserhebung

Solange der Sachverhalt keine eindeutigen Informationen dahingehend hergibt, dass es an einer ordnungsgemäßen Klageerhebung mangelt, ist zumeist von dem Vorliegen der erforderlichen Form auszugehen und kurz wie nachfolgend festzustellen:

Laut Sachverhalt erfüllt die Klagschrift die formellen Anforderungen nach den §§ 81 f. VwGO.

Neuerdings zu beachten und bereits in einigen Examensklausuren geprüft wird die Nutzungspflicht für Rechtsanwälte, Behörden und vertretungsberechtigte Personen nach § 55d VwGO zur Übermittlung von vorbereitenden Schriftsätzen und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichenden Anträgen und Erklärungen an das Gericht in elektronischer Form. In diesem Zusammenhang lassen sich zahlreiche Klausurprobleme einbauen. Insbesondere wird hier sicherlich gerne geprüft werden, ob die binnen der Klagefrist vom Rechtsanwalt zunächst schriftlich und erst nach Ablauf der Klagefrist per beA (besonderes elektronisches Anwaltspostfach, über welches nach § 55d VwGO nunmehr zu übermitteln ist) eingereichte Klageschrift fristgemäß in der erforderlichen Form nach § 55a VwGO bei Gericht eingegangen ist. Ferner kann sich etwa die Frage stellen, wie damit umzugehen ist, dass die elektronische Übermittlung per beA vorübergehend aus technischen Gründen nicht möglich war (§ 55d S. 3 VwGO) und ob eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand i. S. d. § 60 VwGO wegen Versäumung der Klagefrist infolge unverschuldeter fehlerhafter Übermittlung in Betracht kommt. Vor diesem Hintergrund empfiehlt sich im Rahmen der Examensvorbereitung eine genaue Lektüre der §§ 55a ff. VwGO sowie des § 60 VwGO.

Zuständigkeit des Gerichts

Selten problematisch dürfte die Zuständigkeit des Gerichts sein, sodass es mit folgender Formulierung z. B. für eine Anfechtungsklage sein Bewenden haben dürfte:

Das angerufene Verwaltungsgericht […] ist nach § 45 VwGO sachlich und gemäß § 52 Nr. 3 S. 1 VwGO örtlich zuständig.

Klage-/Antragsgegner

Völlig unverständlich ist es, wenn den Klausurbearbeitern bei der Nennung des richtigen Klage- oder Antragsgegners Fehler unterlaufen, da lediglich der Rechtsträger der im Streitfall handelnden Behörde zu identifizieren ist. Wenn etwa bei einer Maßnahme der Polizei der Klagegegner im Sinne von § 78 Nr. 1 VwGO in einer kreisfreien Stadt erkannt wird, so lässt sich ein solch schwerwiegender Fehler kaum mehr wiedergutmachen, da sich im Kopf des Korrektors festgesetzt hat, dass der Bearbeiter nicht einmal die einfachsten Grundlagen beherrscht. Eine exemplarische Formulierung auf kommunaler Ebene lautet:

Nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist die Klage im Sinne des Rechtsträgerprinzips gegen die Stadt S, deren Behörde den Verwaltungsakt erlassen hat, zu richten.

Im Widerspruchsverfahren oder bei der allgemeinen Leistungsklage ist auf § 78 VwGO jedoch nicht zurückzugreifen, wohl aber auf das aus § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO abgeleitete allgemeine Rechtsträgerprinzip:

Richtiger Klagegegner ist nach dem in § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsträgerprinzip die Stadt S als Trägerin der Kommunalverwaltung.

Beteiligten- und Prozess-/Verfahrensfähigkeit

Ein Fehler im Rahmen des Klage- oder Antragsgegners setzt sich bei der Beteiligtenfähigkeit fort, welche rein logisch erst nach der Nennung des Klage- oder Antragsgegners zu prüfen ist. Ebenso seien hier übliche und bestenfalls auswendig beherrschte Formulierungen empfohlen:

P ist als natürliche Person gemäß § 61 Nr. 1 Var. 1 VwGO beteiligten- und gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO prozessfähig. Die Beteiligtenfähigkeit der Stadt S folgt aus § 61 Nr. 1 Var. 2 VwGO. Für sie handelt gemäß § 62 Abs. 3 VwGO der Oberbürgermeister O (z. B. §§ 63 Abs. 1, 62 Abs. 3, 41 Abs. 3, 40 Abs. 2 GO NRW).

P ist als natürliche Person, das Land XY als juristische Person gemäß § 61 Nr. 1 VwGO beteiligtenfähig. P ist gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, das Land XY gemäß § 62 Abs. 3 VwGO prozessfähig.

Ein beliebter und ärgerlicher Fehler ist es, trotz zutreffender Anwendung des Rechtsträgerprinzips und Bestimmung des richtigen Klagegegners, im weiteren Verlauf für die Beteiligtenfähigkeit auf § 61 Nr. 3 VwGO abzustellen, denn diese Vorschrift gilt nur für Behörden. Bei dem richtigen Klagegegner, mithin dem Rechtsträger der handelnden Behörde, handelt es sich aber gerade nicht um eine Behörde, sondern in aller Regel um eine Gebietskörperschaft, also eine juristische Person des öffentlichen Rechts im Sinne des § 61 Nr. 1 Alt. 2 VwGO.

Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis

Im Kontext der verwaltungsgerichtlichen Klagen kommt es eher selten vor, dass über die im Folgenden dargestellte Formulierung hinaus, weitergehende Ausführungen erforderlich sind:

K wäre nicht rechtschutzbedürftig, wenn er sein Ziel entweder in einem anderen gerichtlichen Verfahren oder ohne Anrufung des Gerichts in gleichwertiger Weise einfacher, umfassender oder schneller erreichen kann oder bereits erreicht hat. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Mithin ist das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis gegeben.

Die wenigen Fallgruppen, bei denen ausnahmsweise näher erläuternd auf das Vorliegen des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses einzugehen ist, sollten mehr als nur im Ansatz beherrscht werden. Insbesondere unter dem Stichwort „Fortsetzungsfeststellungsinteresse“ wird eine dezidierte Subsumtion des Sachverhalts unter die vier bekannten Fallgruppen erwartet. Ebenso wird dies stets im Falle des Eilrechtsschutzes relevant, wie dies die folgende Passage exemplarisch verdeutlicht:

Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt insbesondere, wenn das Rechtsschutzziel mit den Anträgen nicht erreicht werden kann oder wenn Rechtsschutz zur Wahrung der geltend gemachten Rechte nicht erforderlich ist, weil Schutz auf andere Weise leichter und schneller erreicht werden kann. Dem Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses können die offensichtliche Unzulässigkeit des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die Möglichkeit eines Antrags bei der Behörde auf Aussetzung der Vollziehung und die Möglichkeit zivilgerichtlichen Rechtsschutzes entgegenstehen. […].

Prozessuale Besonderheiten

Oftmals fehlt in diesem Zusammenhang eine auch gedanklich klare Trennung von Haupt- und Hilfsantrag. Unsicherheiten bestehen ferner im Hinblick auf die Voraussetzungen der objektiven Klagehäufung nach § 44 VwGO. Eine beispielhafte Kurzformulierung lautet:

K kann seine Klagebegehren in einer Klage zusammenfassen, da die Voraussetzungen des § 44 VwGO erfüllt sind. Beide Klagen richten sich gegen denselben Beklagten, nämlich […], und stehen in einem sachlichen Zusammenhang. Darüber hinaus ist für beide Klagebegehren dasselbe Gericht zuständig (§§ 45, 52 Nr. 3 VwGO).

In erster Linie sind den Examenskandidaten des Ersten Staatsexamens viele prozessuale Grundlagen nicht bekannt, sodass mit den Kategorien der Streitgenossenschaft oder der Klagehäufung wild umhergeworfen wird, ohne aber sicher zu wissen, was dies prozessual bedeutet. Um solche Peinlichkeiten zu vermeiden, ist es ratsam, die relevanten Normen hierzu vor und nicht während der schriftlichen Prüfung zum ersten Mal zu studieren.

Verfassungsprozessuale Anträge

Die Begrifflichkeiten der einzelnen Sachentscheidungsvoraussetzungen werden hier oft nicht konsequent und dem jeweiligen Antrag entsprechend verwendet, etwa wenn im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle von einer Antrags- bzw. Beschwerdebefugnis die Sprache ist, obwohl hier nur der Antragsgrund Relevanz erhält. Bei einer Verfassungsbeschwerde ist innerhalb des Prüfungspunktes der Rechtswegerschöpfung darauf zu achten, dass gegen Gesetze des Bundes kein Rechtsweg existiert und § 90 Abs. 2 S. 1 BVerfGG bei Rechtssatzverfassungsbeschwerden keine Anwendung finden kann. Falsch ist es jedoch, wenn man in diesem Zusammenhang die Formulierung liest: „Mithin ist der Rechtsweg erschöpft.“, denn ein Rechtsweg steht in dem Fall ohnehin nicht offen. Die Zulässigkeit des Organstreitverfahrens ergibt sich nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG i .V. m. den §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG. Zu beachten ist dabei insbesondere, dass § 63 BVerfGG den Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG nicht wirksam einschränken kann, sodass sich die Parteifähigkeit der insoweit nicht erfassten Organe und Organteile direkt aus Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG ergibt. Der Meinungsstreit hierzu ist aber wenigstens zu skizzieren.

Zur Fortsetzung, siehe den Artikel vom 23.02.2024.

17.02.2024/1 Kommentar/von Dr. Marius Schäfer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Marius Schäfer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Marius Schäfer2024-02-17 15:57:192024-02-23 15:41:47Das juristische Staatsexamen im Öffentlichen Recht aus der Perspektive des Prüfers – Teil 2/4
Dr. Marius Schäfer

Das juristische Staatsexamen im Öffentlichen Recht aus der Perspektive des Prüfers – Teil 1/4

Examensvorbereitung, Fallbearbeitung und Methodik, Für die ersten Semester, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Referendariat, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes

Der Verfasser ist u. a. seit 2013 als Korrektor für den Klausurenkurs bzw. für das schriftliche/gecoachte Probeexamen im Fachbereich Rechtswissenschaften an der Universität Bonn sowie seit 2021 als nebenamtliches Prüfungsmitglied für das Erste und Zweite Juristische Staatsexamen bei dem Landesprüfungsamt für Juristen Rheinland-Pfalz tätig.

Die juristischen Staatsexamina bleiben, ungeachtet der zahlreichen Stimmen für einen als dringend empfundenen Reformbedarf, eine jeweils nach wie vor nicht leicht zu nehmende Hürde auf dem Weg zur späteren beruflichen Karriere. In Inhalt und Aufbau unterscheiden sich die Prüfungen, welche aus mehreren Klausuren zu den unterschiedlichen Rechtsgebieten sowie einer mündlichen Prüfung bestehen, nur in unwesentlichen Nuancen im Vergleich zu denen von vor zehn Jahren. Eine der bedeutsamsten Änderungen dürfte hier sicherlich die bald flächendeckende Einführung des digitalen Examens sein. In Rheinland-Pfalz können die Aufsichtsarbeiten der zweiten juristischen Staatsprüfung seit Oktober 2021 und die Aufsichtsarbeiten der staatlichen Pflichtfachprüfung ab der Herbstkampagne 2023 elektronisch angefertigt werden. Aber auch andere Bundesländer wie z. B. Sachsen oder Sachsen-Anhalt sowie ab 2024 auch Nordrhein-Westfalen haben diesen Quantensprung in der juristischen Ausbildung gewagt.

So wenig die Prüfungen im Übrigen in den letzten Jahren einer Veränderung unterzogen wurden, erkennen hingegen die Prüfer der juristischen Staatsexamina nahezu durchweg eine klare Tendenz dahingehend, dass das Niveau der angefertigten Aufsichtsarbeiten fortschreitend schlechter zu werden scheint. In einzelnen Klausurdurchgängen mangelt es teilweise geradezu übereinstimmend bereits an den grundlegenden “Skills“ der notwendigen Klausurtechniken, sodass etwa der Aufbau oder Prüfungsschemata, Begrifflichkeiten oder Fristberechnungen, etc. nicht beherrscht werden und sich der Prüfer hin und wieder unweigerlich bei der Frage ertappt fühlt, was der einzelne Bearbeiter in den vielen Jahren des Studierens überhaupt erlernt haben will.

Welche Hintergründe dies neben der freilich unangenehmen Corona-Zeit haben mag, sei an dieser Stelle dahingestellt. Eine Prüfung im öffentlichen Recht erfolgreich zu bestehen, ist jedoch kein “Hexenwerk“, wenn man die Lösung zu den hier zu bearbeitenden Fällen im schriftlichen und mündlichen Examen als Puzzle betrachtet. Das Wissen um die Struktur der Prüfung ist das A und O, welches als Schablone gewissermaßen über jeden Fall gelegt werden sollte, indem der Prüfling nicht nur über einen Gesamtüberblick verfügt, sondern auch die relevanten Schemata sowie Definitionen als jederzeit verfügbares Wissen bereithält. Wenn aber vor lauter Detailkenntnissen der Überblick verloren geht, wird sich dies in aller Regel negativ auf die Bewertung auswirken. Hier gilt: Lieber einen Meinungsstand weniger kennen, dafür aber eine sauber strukturierte Klausur mit prägnanten Obersätzen und einer argumentativ fundierten Subsumtion erstellen. Dies wird den Korrektor sicherlich mehr erfreuen, als die Wiedergabe auswendig erlernter Theorien und Meinungsstände aus Literatur und Rechtsprechung. Die weiter erforderlichen Puzzleteile erhält der Examenskandidat teils explizit als Argumentationsbasis für eine ordentliche Subsumtion in Form von Tatbestandsmerkmalen und Rechtsfolgen durch die relevanten Gesetze und Vorschriften sowie durch die sich aus dem Sachverhält ergebenden Informationen und Vorträge der Beteiligten. Wie das “Zusammenpuzzeln“ bestmöglich gelingen kann, soll in den folgenden Abschnitten ausnahmsweise einmal anhand der Perspektive eines Prüfers geschildert werden, indem der Blick insbesondere auf solche typischen Examensfehler gerichtet wird, die mit der richtigen Vorbereitung in jedem Fall vermeidbar sind.

Perspektive des Prüfers und Bewertungsmaßstab

Um eine Klausur erfolgreich zu absolvieren, lohnt es sich bereits deswegen, zuallererst die Perspektive des Prüfers einzunehmen, da dieser letztlich allein über das „Wohl und Wehe“ der Prüfung zu urteilen hat und hierfür einen meist individuellen, aber doch in der Regel gewöhnlichen Bewertungsmaßstab anwenden dürfte. Zu beachten ist hier, dass dem Korrektor ein Beurteilungs- bzw. Bewertungsspielraum zusteht, welcher nach neuester Rechtsprechung des BVerwG (Beschluss vom 14.12.2023 – 6 B 12.23) sogar so weit gefasst ist, dass bei einer Neubewertung einer Prüfungsleistung eine anderweitige Benotung trotz gleichbleibender Bewertungskriterien als zulässig erachtet wird. Dieser Spielraum ist hinsichtlich solcher Fragen zur Gründlichkeit und Überzeugungskraft der Argumentation weiter gefasst, mit der Folge, dass die Prüfungsbewertung nur dahingehend überprüfbar ist, ob die Wertung so aus dem Rahmen fällt, dass diese Fachkundigen unhaltbar erscheinen muss. Schon allein deshalb sollte die Klausur so aufgebaut und formuliert werden, dass der Korrektor “abgeholt“ und durch die Klausur bis zum Ende “mitgenommen“ wird. Im Einzelnen:

Bewertungsmaßstäbe

Bevor ein Korrektor mit seiner Korrekturtätigkeit beginnt, ist ein intensives Studium der zusammen mit den Klausurbearbeitungen übersendeten Musterlösung obligatorisch, welche so umfassend gestaltet ist, dass man diese selbst in fünf Stunden nicht einmal abschreiben könnte. Deshalb enthält die Musterlösung an einigen Stellen den Hinweis, dass eine derart vertiefte Erörterungsdichte, wie dort zuweilen dargestellt, nicht von den Bearbeitern erwartet werden könne. Daneben zeigt die Musterlösung alternative Lösungswege auf, die bei entsprechender Begründung gleichfalls als vertretbar zu bewerten sind. Dabei ist zu beachten, dass je weiter sich der beschrittene Lösungsweg von dem im Muster dargestellten Ansatz entfernt, die Begründung umso ausführlicher und stichhaltiger zu sein hat, denn ansonsten besteht die Gefahr, dass der Prüfer den vom Klausurbearbeiter beschrittenen Weg im Rahmen seines Beurteilungsspielraums umso bereitwilliger als nicht überzeugend erachtet. Vorangestellt ist der Musterlösung stets eine Auflistung der zu bearbeitenden Problemschwerpunkte, die sich aus dem Sachverhalt ergeben und im Rahmen der Klausurbearbeitung zu meistern sind. Den Fokus auf diese Problemschwerpunkte zu legen, ist letztlich ein ausschlaggebendes Kriterium zum erfolgreichen Bestehen einer Klausur.

Bewertungskriterien

Generelle trennscharfe Bewertungskriterien existieren leider nicht, womit es jedem Prüfer selbst überlassen bleibt, diese auf einer sachlichen Grundlage zu entwickeln. Dennoch gibt es allgemein übliche Standards, welche sich durch die geübte Bewertungspraxis durchgesetzt haben. Grundsätzlich entscheidend für die Bewertung einer Klausur ist, dass der Prüfling bei der Fallbearbeitung ein systematisches Verständnis der Rechtsordnung sowie die Fähigkeit zu methodischem Arbeiten zeigt oder dies immerhin deutlich erkennen lässt. Das bedeutet konkret, dass die Bearbeitung die maßgeblichen Problemschwerpunkte wenigstens ansatzweise erörtern und lösen sollte, damit die Klausur als „bestanden“ bewertet werden kann. Ein Vollbefriedigend lässt sich dann erreichen, wenn alle hauptsächlichen Problemschwerpunkte erkannt und – unter Beachtung des Gutachtenstils sowie einer angemessenen Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt samt überzeugender rechtlicher Argumentation – vollständig gelöst werden. Schließlich müssen für eine noch höhere Bewertung in der Regel alle Problemschwerpunkte sowie sämtliche kleineren Probleme entsprechend erörtert und einer sachgerechten Lösung zugeführt werden. Dieser Maßstab gilt, solange Lücken nicht durch anderweitig positive Ausführungen ausgeglichen werden können bzw. grobe Fehler oder sonstige Unzulänglichkeiten eine negativere Bewertung erforderlich machen.

Bewertungsmatrix

Anhand der Musterlösung sowie dieser Bewertungskriterien entwickeln viele Prüfer eine Lösungsskizze mit integrierter Bewertungsmatrix, welche für die einzelnen Prüfungsabschnitte Teilpunkte festlegt. Eine übliche Aufteilung sieht für die Prüfung der Zulässigkeit circa 5 und für die der Begründetheit in etwa 13 Punkte vor. Die Verteilung der Teilpunkt hängt im Einzelnen jedoch von der Problemdichte der jeweiligen Abschnitte ab. Dieses Vorgehen entspricht der Empfehlung vieler Prüfungsämter, für die Klausurbewertung sinnvolle und abgrenzbare Teileinheiten zu bilden, welche schließlich zu einer Gesamtnote zusammengefügt werden.

Korrekturverfahren

Die Organisation des Korrekturverfahrens wird zwar von den jeweiligen Landesprüfungsämtern vorgegeben, doch dürfte der Ablauf in den einzelnen Ländern überwiegend recht ähnlich gestaltet sein. Verbunden mit der bereits erwähnten Musterlösung erhält der Korrektor von dem entsprechenden Landesjustizprüfungsamt einen Stapel zu jeweils 15 bis 20 Klausuren sowohl für die Erst- als auch die Zweitkorrektur übersendet. Sofern das Prinzip der verdeckten Zweitkorrektur zum Tragen kommt, sind die Klausurblätter ohne Korrekturanmerkungen versehen, während der Bewertungsbogen des anderen Korrektors, mit dem man ein Tandem bei der Korrektur bildet und der oftmals auch zumindest namentlich bekannt ist, ebenfalls nicht enthalten ist. Diese Vorgehensweise verhilft der einzelnen Korrektur zu mehr Gerechtigkeit, da die Noten-Ausschläge von besonders großzügigen oder strengen Korrektoren über den insoweit in seiner Relevanz gestiegenen Stichentscheid ausgeglichen werden können und sich die Zweitkorrektoren nicht mehr bloß an der Bewertung des Erstkorrektors orientieren, der sowohl nach oben als auch nach unten für viele Zweitprüfer eine schwer zu missachtende Tendenz vorgegeben hat. Angewendet wird der Stichentscheid grundsätzlich ab einer Differenz der Bewertung des Erst- und Zweitkorrektors von vier Punkten. Ausschlaggebend ist im Ergebnis allein die Bewertung des Stichkorrektors, der dabei – soweit bekannt – auf die Begründungen der vorangegangenen Korrekturen einzugehen versucht.

Klausurbearbeitung “für den Prüfer“

Mit dem Wissen um diese Bewertungsumstände sollte der Bearbeiter darum bemüht sein, die Klausur zumindest ein Stück weit auch derart für den Prüfer zu schreiben, damit diesem die Bewertung einfach gestaltet und er mit Blick auf die Punktevergabe letztlich wohlgesonnen gestimmt wird. Präsentiert werden sollte dem Korrektor ein anschauliches und übersichtliches Gutachten, das einen verständlichen Lösungsweg aufzeigt und genügend Erörterungen zu Problemstellungen mit den dazugehörigen Schlagworten bietet, welche der Prüfer ohne Weiteres mit einem Haken versehen kann, statt angestrengt darüber nachdenken zu müssen, was mit dieser oder jener Formulierung wohl gemeint sein könnte. Zwar steht sowohl den Prüflingen ein Antwort- als auch den Prüfern ein Bewertungsspielraum zu, doch sollten diese auf beiden Seiten nicht allzu oft ausgereizt werden, um es insgesamt nicht an einer stimmigen Klausur zweifeln zu lassen. Unbedingt sollte es vom Examenskandidaten bewerkstelligt werden, möglichst viele Problemschwerpunkte zu erkennen, diese an den dafür passenden Stellen zu erörtern und schließlich eine fundierte Lösung aufzubereiten, um viele Teilpunkte zu erlangen.

Allgemeine Bemerkungen zur Klausurbearbeitung und -darstellung

Den ersten Eindruck von der Leistung des Examenskandidaten erhält der Prüfer unweigerlich bei der Ansicht der gutachtlichen Bearbeitung an sich, welcher mehr Bedeutung zu kommt, als es so manchem Kandidaten bewusst zu sein scheint. Die Grundlagen und die optimale Vorgehensweise zur Darstellung der äußeren Form sowie zur generellen inhaltlichen Gestaltung der Klausurbearbeitung bilden die folgenden Punkte:

Grundgerüst

Das Grundgerüst der Klausurbearbeitung bildet eine lesbare Schrift sowie ein übersichtlicher Aufbau, etwa indem Überschriften und Absätze verwendet werden. Auf Einschübe am Seitenrand oder gar zwischen den Zeilen sollte unbedingt verzichtet werden. Stattdessen sind fehlende Passagen auf einem weiteren Blatt niederzuschreiben und im Gutachten mit einem Stern kenntlich zu machen. Die zusätzliche Seite kann dann mit einem Buchstaben (z. B. „S. 1a“) beschriftet werden.

Sprachliche Gestaltung

Inhaltlich lebt das Gutachten von sprachlicher Genauigkeit, einer rechtsgutachtlich angemessenen Ausdrucksweise und selbstverständlich auch einer korrekten Rechtschreibung. Unprofessionell wirkt demgegenüber beispielsweise die Verwendung unsinniger Füllwörter, Floskeln oder umgangssprachlichen Formulierungen, wie z. B. „unzweifelhaft“, „völlig klar“ oder „eindeutig“, welche lediglich dazu dienen, argumentative Schwächen zu kaschieren. Außerdem ermüdet es den Korrektor, Wortwiederholungen lesen zu müssen, wenn beispielsweise auf das Wort „problematisch“ inflationär zurückgegriffen wird und in jedem zweiten Satz auftaucht. Eine Argumentation lässt sich im Übrigen nicht mit einem Verweis auf die herrschende Meinung oder Rechtsprechung “ins Blaue hinein“ ersetzen. Es ist ein Irrglaube, anzunehmen, dass Korrektoren solchen bloßen Behauptungen nicht nachgehen und über abwegige Erfindungen nicht verärgert wären.

Schlagworte und Definitionen

Was hingegen stets gut ankommt, ist die sachgerechte Nennung der relevanten Schlagworte, gegebenenfalls samt den dazugehörigen Definitionen, weil es dem Korrektor so erleichtert wird, sich innerhalb des Gutachtens in argumentativer Hinsicht zurecht zu finden, den roten Faden zu erkennen und Passagen positiv abzuhaken.

Gutachtenstil

Des Weiteren sollte sich der sprachliche Stil im Ersten Staatsexamen in angemessener Weise am Gutachtenstil orientieren. Angemessen bedeutet, dass der Gutachtenstil üblicherweise zu verwenden ist und nur da, wo das Ergebnis offenkundig und ohne weitere Erläuterung erkennbar ist, der Urteilsstil zum Tragen kommen darf. Beispiel:

Die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts für die Entscheidung über Anträge im Rahmen des abstrakten Normenkontrollverfahrens folgt aus Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG i. V. m. § 13 Nr. 6 BVerfGG.

Statt:

Fraglich ist, ob das Bundesverfassungsgericht für den Antrag des XY zuständig ist. Das Bundesverfassungsgericht müsste für Anträge im Rahmen des abstrakten Normenkontrollverfahrens zuständig sein. Hier ergibt sich die Zuständigkeit gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG i. V. m. § 13 Nr. 6 BVerfGG. Im Ergebnis ist das Bundesverfassungsgericht für den Antrag des XY zuständig.

Obersätze und Ergebnisse

Die Struktur des rechtswissenschaftlichen Gutachtens sollte an Obersätzen und (Zwischen)ergebnissen ausgerichtet werden und sich dabei streng an der Fallfrage aber auch dem Bearbeitervermerk orientieren, welche den Weg vorgeben, den die Prüfung vom Anfang bis zum Ende zu gehen hat. Während die Fallfrage den Prüfauftrag festlegt, grenzt der Bearbeitervermerk das Prüfprogramm ein. Sofern z. B. die Erfolgsaussichten einer verwaltungsgerichtlichen Klage zu prüfen sind, müssen sowohl der Obersatz als auch der Satz zum Endergebnis hierauf abgestimmt sein (sog. Echo-Prinzip). Die Prüfung beginnt mit folgendem Satz:

Die Klage hat Erfolg, soweit diese zulässig und begründet ist.

Die Prüfung wird zum Ende dementsprechend beispielsweise wie folgt abgeschlossen:

Die zulässige Klage ist begründet und wird Erfolg haben.

Bearbeitervermerk

Schließt der Bearbeitervermerk einzelne Teilprüfungen aus oder unterstellt bereits das Ergebnis weiterer Prüfungsabschnitte, ist dies im Gutachten kurz und prägnant festzustellen. Beispiel:

Ausweislich des Bearbeitungsvermerks ist die formelle Verfassungsmäßigkeit der Regelung anzunehmen.

Sachverhaltshinweise

Freilich kann auch der Sachverhalt wertvolle Hinweise bieten, um die weitere Prüfung etwa wie folgt zu erleichtern:

Der Antrag ist ausweislich des Sachverhalts form- und fristgerecht gestellt worden.

Gesetz und Zitierung

Nicht weniger Schwierigkeiten bereitet manchen Bearbeitern ein adäquater Umgang mit dem Gesetz, was umso gravierender wiegt, weil es das Ziel des Bearbeiters sein muss, Argumentation und Lösung so nah wie möglich am Gesetz zu entwickeln. Die fehlende Normkenntnis der Prüflinge bemerkt der erfahrene Korrektor an der Art und Weise, wie zwischen Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolge oder zwischen mehreren Alternativen bzw. Varianten differenziert wird. In dieser Hinsicht werden Normen oft nicht präzise zitiert, etwa weil der ausschlaggebende Satz oder die einschlägige Alternative bzw. Variante nicht weiter genannt werden. Nicht zuletzt werden Normen zum Teil fortwährend falsch zitiert. Der “Klassiker“ dürfte an dieser Stelle § 35 Abs. 1 VwVfG sein, der in Wahrheit § 35 S. 1 VwVfG lauten müsste. Häufig wird z. B. geschrieben:

Die Statthaftigkeit der Individualverfassungsbeschwerde richtet sich nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG i. V. m. §§ 13 Nr. 8a, 90 ff. BVerfGG.

Letzteres ist nicht ganz korrekt, denn vielmehr müsste wie folgt zitiert werden:

[…] nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG i. V. m. den §§ 13 Nr. 8a, 90, 92 ff. BVerfGG.

Schließlich betrübt es den Korrektor, wenn es an einem Normbezug vollständig fehlt, beispielsweise wenn das Rechtsstaatsprinzip ein ums andere Mal bemüht wird, doch dabei nie erläutert wird, dass sich dieses aus Art. 20 Abs. 3 GG ableiten lässt. Eine weitere Unsitte unter Juristen, die einer leider weit verbreiteten Unwissenheit geschuldet ist, ist der sich widersprechende Rückgriff auf das Wort „gemäß“ im Zusammenhang mit der analogen Anwendung von Normen. Die analoge Anwendung einer Norm bedeutet, dass die Regelung lediglich entsprechend zur Geltung kommt, wohingegen eine direkte Anwendung durch die Formulierung „gemäß“ beschrieben wird, was sich denklogisch jedoch ausschließt, weil eine Norm entweder nur direkt oder aber entsprechend angewendet werden kann.

Zur Fortsetzung, siehe den Artikel vom 17.02.2024.

09.02.2024/3 Kommentare/von Dr. Marius Schäfer
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