Im Zuge des Syrienkonfliktes macht die UN darauf aufmerksam, dass 2014 mit mehr Flüchtlingen als je zuvor gerechnet werden muss. Aber auch aus anderen Konfliktherden kommen Menschen, um Schutz auch hier in Deutschland zu suchen.
Dies soll zum Anlass genommen werden, einmal einen Kurzüberblick über das in der Verfassung verbürgte Recht auf Asyl, Art. 16a GG, zu geben.
A. Entwicklung
Schon das Grundgesetz von 1949 enthielt ein derartiges Recht in Art. 16 II S2 GG: “ politisch Verfolgte genießen Asylrecht“. Dies ging vor allem auf die Erfahrungen im und mit dem Dritten Reich zurück, da es damals schwierig war, für rassistisch und politisch verfolgte Deutsche Schutz zu finden und man nun selber Menschen in ähnlichen Lagen im neuen Deutschland helfen wollte, Pieroth, § 24 Rn. 961.
Art. 16a GG wurde schließlich am 28.06.1993 durch Gesetz eingefügt. Gleichzeitig wurde durch Änderung des AsylVfG das Asylverfahren verkürzt, vereinfacht und beschleunigt. Auch Abschiebungen sind schneller möglich.
Das Asylrecht aus Art. 16a GG hat wie jedes Grundrecht einen Schutzbereich(B), in den eingeriffen werden kann (C), wobei dieser Eingriff, um Bestand zu haben, verfassungsmäßig gerechtfertigt sein muss (D).
B. Schutzbereich
I. Überlick Schutzbereich
Geschützt ist, wer politisch verfolgt wird.
Politisch verfolgt ist, wer „wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozielen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung Verfolgungsmaßnahmen mit Gefahr für Leib oder Leben oder Beschränkungen seiner persönlichen Freiheit ausgesetzt ist oder solche Verfolgungsmaßnahmen begründet befürchtet“, BVerfGE 67, 184; v. Arnauld in v. Münch/Kunig, GGK I, 6. Aufl. 2012, Art. 16a Rn. 13.
Der Begriff der Verfolgung ist dabei eng zu fassen, Mannsen, § 30, Rn. 737.
Verfolgung ist insoweit die „Beeinträchtigung von Rechtsgütern, die den betroffenen in eine ausweglose Lage bringt“, BVerfGE 74, 51. Dabei ist zu beachten, dass nicht jeder Eingriff in Rechte der Bürger, der nach deutscher Rechtslage verfassungswidrig wäre, ausreicht; es muss vielmehr auch die Menschenwürde beeinträchtigt sein, Mannsen, § 30, Rn. 737; Pieroth/Schlink, § 24, 927; BVerfGE 54, 341; 76, 143; 80, 321.
Anerkannt ist zB:
– nicht ganz unerhebliche Eingriffe in das Leben und die körperliche Unversehrheit, Mannsen, § 30, Rn. 737
– Beeinträchtigung des sog. religiösen Existensminimums, dh. die Religionsausübung im häuslich-privaten Bereich, BVerfGE 76, 143
-keine inländische oder ausländische Fluchtalternative
Nicht einbezogen sind jedoch Folgen von Armut, Hunger und Naturkatastrophen,
allgemeine Folgen von Unruhen, Revolutionen und Bürgerkriegen,
drohende Folter oder Todesstrafe aus nichtplitischen Gründen(aber Abschiebeverbot), vgl. auch BVerfGE 80, 315; v. Arnauld in v. Münch/Kunig, GGK I, 6. Aufl. 2012, Art. 16a Rn. 15; Mannsen, § 30, Rn. 737.
Die Verfolgung muss eine eigene sein, Pieroth/Schlink, § 24, Rn. 978. Es ist nicht ausreichend, dass der Betroffene lediglich einer Gruppe angehört, die sich das gleiche asylerhebliche Merkmal teilt und Verfolgung fürchten muss, Pieroth/Schlink § 24, Rn. 987, BVerfGE 83, 216; 125, 243. Unstreitig ist allerdings der Schutz von Ehegatten und minderjährigen Kindern, vgl. auch § 26 AsylVfG, Mannsen, § 30, Rn. 742; BVerwGE 75, 304.
Weiterhin hat die Verfolgung politisch zu sein.
Eine politische Verfolgung liegt nur dann vor, wenn die Verfolgung an bestimmte asylrelevante Merkmale wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung anknüpft, Mannsen § 30, Rn. 738; BVerfGE 54, 341.
Vielfach wird hier auf die Genfer Flüchtlingskonvention zurückgegriffen, welche jedoch nicht bindend ist: Eine politische Verfolgung ist beispielsweise auch anerkennt worden bei Verfolgung aufgrund der sexuellen Orientierung wie Homosexualität, BVerfGE 79, 143.
Die politische Verfolgung muss vom Staat ausgehen, Pieroth/Schlink § 24, Rn. 983; BVerfGE 9, 174; 54, 341. Denkbar ist aber auch, dass Verfolgungshandlungen Dritter dem Staat zugerechnet werden, Mannsen § 30, Rn. 739; BVerfGE 54, 341; v. Arnauld in v. Münch/Kunig, GGK I, 6. Aufl. 2012, Art. 16a Rn. 18.
Schließlich ist Voraussetzung, dass die Verfolgung gegenwärtig oder gegenwärtig zu befürchten ist.
Nur ausnahmsweise werden sog. Nachfluchtgründe, also solche, die erst nach Verlassen des Verfolgerstaates entstanden sind, anerkannt, Pagendorf/Will, in: Sachs, GG, Art. 16a, Rn. 29-34.
II. Art. 16a II S1 GG
Dogmatisch gesehen stellt Art. 16a II S1 GG eine sog. Schutzbereichsgebrenzung dar. Aus dem Schutzbereich des Art. 16a GG ist demnach herausgenommen, wer aus einem Mitgliedstaat der EU einreist, Pieroth/Schlink, § 24 Rn. 985.
Bei Art. 16a II S2 GG handelt es sich um einen Gesetzesvorbehalt, der erst auf der Ebene der verfassungsmäßigen Rechtfertigung anzusprechen ist.
C. Eingriffe
Als Eingriff sind alle aufenthaltsverweigernden und- beendenden Maßnahmen gegenüber den vom Asylrecht geschützten politisch Verfolgten zu nennen, Pieroth/Schlink, § 24, Rn. 986. Nicht erfasst ist die Vorenthaltung von Hilfeleistungen, Unterbringung und Versorgung.
D. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
Art. 16a II S2 und III S1 GG enthalten qualifizierte Gesetzesvorbehalte.
Art. 16a II S2 verwehrt Personen, die aus einem nicht den Europäischen Gemeinschaften angehörenden sog. sicheren Drittstaat einreisen, die Berufung auf Art. 16a GG, Pieroth/Schlink, § 24, Rn. 987. Welches Land ein sog. sonstiger sicherer Drittstaat darstellt, regelt der Gesetzgeber. Dazu gehören etwa die Schweiz oder Norwegen. Damit ist es nicht möglich, aus einem Nachbarland Deutschlands auf dem Landweg einzureisen und ein Recht auf Asyl nach Art. 16a GG zu haben.
Art. 16a III S1 GG ordnet bei gesetzlich bestimmten sog. sicheren Herkunftsstaaten die widerlegliche Vermutung
fehlender politischer Verfolgung an. Pieroth/Schlink, § 24, 987.
E. Fazit
Die Examensrelevanz dieses Grundrechts mag schwindend gering sein. Angesichts der dauerhaften politischen Aktualität (Syrienkonflikt, Lampedusa, Demonstrationen von Flüchtlingen in Berlin und München etc) schadet ein Blick in die Verfassung jedoch nicht. In der mündlichen Prüfung kann bei einem aktuellen Ereignis durchaus auch mal ein unbekannteres Grundrecht angesprochen werden. Wer hier allein schon rudimentäres Grundwissen anbringen kann, wird gewiss beeindrucken.
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